Alle Beiträge von Walter

12.06.2019: Dizzle, Dassel, Dusel

1. “Dizzle”

Ablage-Tableau in Dizzle

Ein Würfelspiel. Ein Spieler würfelt mit 13 Würfeln für sich und alle seine Mitspieler. Reihum nimmt nun jeder einen Würfel aus dem gemeinsamen Angebot und baut ihn in sein privates Würfel-Ablege-Tableau ein, bis alle Würfel weg sind. Dann wird neu gewürfelt.

Für jedes Feld auf dem Tableau ist genau eine feste Augenzahl vorgeschrieben. Zudem müssen beim Einbauen alle Würfel waagrecht oder senkrecht benachbart sein. Besonderheit: Wenn man keinen Würfel in sein Tableau einbauen kann, darf man entweder passen und in diesem Durchgang keinen weiteren Würfel mehr nehmen, oder man würfelt mit allen noch vorhanden Würfeln nach. Wenn danach aber immer noch kein Würfel passt, hat man mit Zitronen gehandelt: man muss einen Würfel aus seinem Tableau wieder zurück ins Angebot geben.

Nach 12 Durchgängen wird gewertet, wer sein Tableau am besten gefüllt hat. Bestimmte Felder darin liefern hübsche Siegpunkte, manche Feldkombinationen liefern hübschere Siegpunkte, und komplett ausgefüllte Zeilen oder Spalten liefern die hübschesten Siegpunkte. Wer am meisten davon hat, ist Sieger. (Claro.)

Das Spiel läuft schnell und angenehm. Man darf die ausliegenden Würfel taxieren und in Korrelation zu den zulässigen (und angestrebten) freien Feldern seines Tableaus setzen. Eine gewisse analystische Arbeit ist also durchaus von Vorteil, wird aber nicht in einer solchen Tiefe benötigt, dass die Denkzeit lästig werden könnte. Jeder ist jederzeit involviert, zumindest was das noch freie Würfelangebot betrifft.

Bei aller lockerer Spielfreude sind zwei kleinere technische Schwächen jedoch nicht zu übersehen: 1) Es ist unhandlich, zu kontrollieren, ob ein Spieler einen gewählten Würfel auch auf ein Feld mit der entsprechenden aufgedruckten Augenzahl setzt. Natürlich könnte man bei jedem Zug nachschauen, ob alle das auch tun, aber das würde den Spielfluß gewaltig stören. 2) Genauso unpraktisch ist es, zu kontrollieren, ob ein Spieler vor dem Nachwürfeln wirklich keinen Würfel der Auslage nutzen konnte. Wir glauben das einfach, obwohl der Glaube auch bei lockeren Spiel-Konkurrenzen nicht angebracht ist.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (besser als „Ganz schön clever“, keine Herum-Optimiererei), Günther: 7 (obwohl der Spielreiz vielleicht doch bald ausgelutscht sein könnte), Moritz: 7 (nett, abwechslungsreich, eines des besseren aus diesem Genre), Walter: 7 (hübsche Mischung aus Kombinieren und Hoffen).

2. “Werwörter”

Eine Kombination von „Werwolf“ und „Begriffe-Raten“. Wir finden den Werwolf wieder, den Bürgermeister, die Seherin und die Dorfbewohner. Diese Rollen werden zu Beginn des Spieles verdeckt an die Mitspieler verteilt. Der Bürgermeister bekommt zwei.

Danach bestimmt der Bürgermeister ein Wort, das die anderen Mitspieler mittels beliebig vieler, frei formulierter Ja-Nein-Fragen („Ist es ein Gegenstand?“) erraten sollen. Außer dem Bürgermeister kennen auch der Werwolf und die Seherin das zu erratende Wort. Beide können / dürfen / sollen sich an der Raterei beteiligen.

Die Seherin könnte natürlich sofort und zielgerichtet mit ihren Fragen auf das Lösungswert hinsteuern, ja es sogar sofort nennen: „Heißt Du etwa Rumpelstilzchen?“ Doch das hat einen Haken: Wenn das Wort erraten wurde, dann darf der Werwolf angeben, welchen Mitspieler er für die Seherin hält. Stimmt das, so hat er gewonnen. Die Seherin muss also mit ihren Fragen sehr vorsichtig umgehen, um sich nicht zu verraten.

Konnte das Wort aber nicht erraten werden, so haben die Dorfbewohner die Chance, den Spieler zu benennen, der der Werwolf ist. Haben sie ihn herausgefunden, so haben sie gewonnen. Auch darin liegt ein gewisser Antagonismus für die Fragerei des Werwolfes.

In unserem ersten Durchgang war Günther Bürgermeister und Werwolf zugleich. Er brauchte also bloß darauf zu achten, wer als Seherin zu viele gute Fragen stellte. Und da die Seherin diese Gefahr noch nicht verinnerlicht hatte, lief sie ihm auch prompt ins offene Messer.

Im dritten Durchgang war Moritz Bürgermeister und Seherin zugleich. Da durfte er a priori keine klugen Fragen stellen und die Dorfbewohner waren von Haus aus zu unbedarft dazu, so dass der arme Werwolf (Walter), keinerlei Hinweis bekam, die Seherin zu entlarven.

In diesen Konstellationen, die in einer 4er Runde statistisch gesehen oft genug vorkommen, funktioniert „Werwörter“ einfach nicht. Vielleicht in einer größeren Runde. Vielleicht.

Das beste am Spiel war die App, mit der das Spiel gesteuert wurde. „Alle schließen die Augen.“ – „Bürgermeister mache die Augen auf und suche dir ein Wort heraus.“ „Bürgermeister, mache die Augen zu! Werwolf, mache die Augen auf und sieh dir das ausgewählte Wort an!“ Und so weiter. Mit einer sehr angenehmen Stimme, einer funktionell angebrachten Geschwindigkeit und mit klaren Ansagen. Das war gekonnt. Dem hätte man noch stundenlang zuhören können.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bezogen auf unserer 4er Runde), Günther: 7 (in größerer Runde OK, aber für ein SdJ doch etwas zu hoch gehandelt) , Moritz: 7 (besser als „Werwolf“, allerdings in einer größeren Runde), Walter: 5 (mag Begriffs-Raterei grundsätzlich nicht. Nur die App wäre noch einen weiteren Sympathiepunkt wert).

Moritz mit der gigantischen Spieleschachtel von “Glorantha”

3. “The Gods War – Glorantha”

Wie funktioniert ein Götterkrieg? Genauso wie die Spiel-Kriege hier auf Erden auch. Als kleine Sippe fangen wir an, breiten uns aus, bis der unbevölkerte Platz erschöpft ist. Dann – oder auch schon etwas früher – fangen wir mit dem Militär an. Entweder zerstreut, um unsere Siedlungen zu schützen, oder konzentriert, um unvorhergesehens zum Nachbarn zu ziehen und dort loszuschlagen, seine Leute umzubringen und seine Häuser zu übernehmen.

Nichts Neues unter der Sonne, auch wenn unsere Häuser hier Shrines, Temples, Zikkurats oder sonst wie heißen, unsere Krieger sterbliche oder unsterbliche Barbarians, Champions, Stormbrothers und Thunderkings sind, und die Gebiete außer irdischen Phantasienamen auch noch Himmel und Hölle beinhalten. Gekämpft wird mit Würfeln, wie denn sonst, und Sieg, Tod, Vertreibung werden fast statisch abgewickelt.

In „Glorantha“ führt jeder Spieler einen eigenen Götterclan mit spezifischen statischen und dynamischen Eigenschaften. Die einen sind von Start weg eher schwach, werden aber im Laufe des Spiels immer stärker, bei anderen ist es eher umgekehrt. Die einen dürfen nicht in Gebieten bauen, die bereits besetzt sind, die anderen dürfen das und müssen das sogar, weil sie nur dafür Siegpunkte bekommen. Jeder legt sich im Laufe des Spiels weitere – für die anderen unerwartete – Eigenschaften zu, mehr Kampfkraft, mehr Widerstandskraft, mehr Bewegungsfreiheit oder mehr Siegpunkte. Alles ist höchst asymmetrisch ausgelegt.

Orlanth-Zeus (Mitte) mit der stürzenden Europa (links)

Das Ganze ist früher bzw. eher später ein chaotisches Aufeinanderschlagen. Natürlich könnte man einen systematischen militärischen Aufmaschplan verfolgen, um zu einem entscheidenden Zeitpunkt gezielt loszuschlagen und massig Siegpunkte einzuheimsen. Moritz versuchte das. Doch leider ging das Spiel schon eine Runde zu früh zu Ende. Er konnte weder Günther noch Walter dazu überreden, auf den führenden Aaron einzuschlagen, so dass Aaron die finale Siegpunktmarke überschreiten konnten, bevor Moritz den Knalleffekt seiner geballten himmlischen Heerscharen zum Einsatz bringen konnte.

Bemerkenswert: Die Hälfte der unkalkulierbaren Spielelemente sind reine Kingmakerei. Da kann man z.B. „Runen“ gewinnen, mit denen man Siegpunkte bekommt und IRGENDEINEM BELIEBIGEN Mitspieler Siegpunkte wegnimmt. Absolut regelgerecht darf nach jeder Runde ein Spieler einen Teil seiner Potenz dafür einsetzen, um 4 Siegpunkte für sich einzukaufen und anschließend den Mitspielern in BELIEBIGER Zuordnung 1, 2 oder 3 Siegpunkte zuzuschustern. Allein für diese – am Westpark absolut indiskutablen – Effekte kann das Spiel bei uns nicht punkten.

Moritz brachte es auf den Tisch. Er kannte von Kindesbeinen an die Geschichte und war mit jedem der Götter innerlichst vertraut. Die Spielfiguren sind tatsächlich in extrem aufwändiger Machart realisiert. „Orlanth“, der König der Sturmgötter ist z.B. eine gigantische Mischung aus Karl Marx, Dschingis-Khan, Flaschengeist und Cassius Clay, sein Champion ist ein gestreckter Stier, der gerade versucht, die auf ihm reitende Europa abzuschütteln. Doch all das konnte die Herzen der Westpark-Gamers nicht höher schlagen lassen.

Nur das von Moritz. Der liebt solche Figuren und solcher Szenerien. Es ist Ihm dabei auch fast egal, wie seine Mitspieler darauf reagieren. Natürlich wäre ihm lieb gewesen, wenn sie sich ebenfalls in ihre Götterrolle hineinsteigern würden. Aber notfalls reicht es ihm auch, wenn sie nur die Kulisse bilden, in der er seine Freude an prügelnden Göttern und Menschen ausleben kann.

WPG-Wertung: Moritz: 8 (ohne Kommentar) Aaron, Günther ,und Walter vergaben keine Noten. Es ist einfach nicht ihr Spiel.

15.05.2019: Bluff über Rätselraten mit Werwölfen

1. “L.A.M.A.”

Günther sollte das Spiel als solches und wir anderen alle seine Warming-Up-Qualitäten kennenlernen. Vor drei Wochen zum ersten Mal bei uns in einer 3er Runde gespielt, konnte es uns trotz seines Mau-Mau-Charakters überzeugen. Selbst Moritz bekannte überrascht: „Doch nicht ganz so schlecht.“

Wie schon an anderer Stelle beschrieben, müssen wir hier unsere Kartenhand Karte für Karten nach einem festgelegten Schema ablegen. Als deutliche Verbesserungen gegenüber Mau-Mau kam uns vor, a) dass man – mit minimalen Strafpunkten in der Hand – vorzeitig passen und b) beim „Ausmachen“ auch wieder erhebliche Strafpunkt abgeben kann.

Natürlich gibt es auch so etwas wie Kartenpflege. (Vorschläge dazu werden angenommen!) Doch in einer Viererrunde zieht das längst nicht mehr so gut. Das Bremsen bzw. Beschleunigen bei der Steigerung der abgelegten Augenzahl verliert erheblich an Effizient. Der Spielausgang liegt mehr oder weniger doch nur im Glück der zufällig ausgeteilten Karten. Aus „deutlichen Verbesserungen“ gegenüber Mau-Mau“ wurden jetzt nur noch „zwei-drei Modifikationen“. Nur Moritz als Sieger konnte stolz verkünden, „ich habe einfach taktisch gespielt“, fand das Spiel hinterher aber doch nur „einfach läppisch“. Unsere Noten wurde alle nach unten korrigiert:

WPG-Wertung: Aaron 6 (statt bisher 7), Günther: 6 (ganz nettes Spielchen, eine mögliche Einordnung als „Spiel des Jahres“ ist allerdings etwas zu hoch gegriffen), Moritz: 3 (so war seine nicht-quantifizierte Einschätzung „doch nicht ganz so schlecht“ vom letzten Mal also zu verstehen), Walter: 5 (statt bisher 6).

2. “One Week Werewolf”

Das Spiel lag schon einmal bei uns auf dem Tisch, doch da hatte Moritz wichtiges Spielmaterial zu Hause vergessen, und er musste es unverrichteter Dinge wieder einpacken. Diesmal war alles dabei und Aaron stimmte ohne rechte Überzeugung zu: „Dann lasst es uns hinter uns bringen.“

Spielmaterial im “Werewolf”

Drei verschiedene Charaktere, böser Werwolf, tricky Gerber und braver Bauer, werden verdeckt unter die Spieler und zwei Dummies aufgeteilt. Alle tragen ihre Charakterzuordnung als Scheibchen mit ihrer jeweiligen Spielfigur herum.

Die Spieler bewegen sich am Tag in einem Gebilde mit fünf Räumen beliebig vorwärts oder rückwärts und führen bei Nacht eine geheime Aktion durch: Vertauschen der Charakter-Scheibchen einer fremden Spielfigur mit der unsrigen oder Ansehen fremder Charakter-Scheiben; beides aber nur, wenn die Figuren mit unserer Figur in einem Raum oder in definierten Nachbarräumen stehen. Natürlich ist es auch sinnvoll, öfters mal wieder die eigene Charakter-Scheibe zu sichten, sie kann ja praktisch in jeder Nacht verändert worden sein.

Bewegung und Nacht-Aktion erfolgt mittels Karten, von denen jeder Spieler einen identischen Satz hat, und die pseudo-wrap-around genutzt werden.

Am Ende des Spiels, nach fünf Runden, sollen die Spieler den Werwolf identifizieren. Jeder deutet gleichzeitig, aber mittels eines langen Palavers abgesprochen, auf den Spieler, den er für den Werwolf hält. Bekam der „richtige“ Werwolf die meisten Stimmen, so hat er verloren; bekam der Gerber die meisten Stimmen, so hat er gewonnen, ansonsten gewinnen die Bauern.

Technische Schwächen im Design:

  1. Wofür brauchen wir extra Karten für die Bewegung, wenn wir in unserer Bewegungsfreiheit ohnehin kaum eingeschränkt sind. Es wäre viel effizienter, ohne Karten einfach beliebig 0 bis 3 Felder zu ziehen zu dürfen.
  2. Das Ausspielen der Karten für die Nachtaktion ist noch bescheuerter: Wir können eine beliebige Karte ausspielen und eine GANZ ANDERE Aktion durchführen. Die ausgespielte Karte ist absolut unrelevant für unsere Aktion. Die stark geäußerte Vermutung, dass hier ein Regel-Missverständnis vorliegen müsse, konnte sich nicht durchsetzen.
  3. Bedenklich: Während eines Zuges sollen die Mitspieler die Augen zu machen und die vom handelnden Spieler durchgeführte Aktion nicht verfolgen. Absichtliches oder unabsichtliches Blinzeln kann niemals ausgeschlossen werden. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass der handelnde Spieler mogelt und sich die Charakter-Scheiben aller Spieler anschaut.

Fazit: Aus unbekannten, ungesehenen, fragwürdigen Aktionen unserer Mitspieler sollen wir also herausfinden, unter welcher Spielfigur sich am Ende das Werwolf- und/oder das Loge-Scheibchen befindet. Nicht einmal bei Boardgame-Geeks wurde das für gut befunden.

Das einzige Schöne am Spiel ist die Diskussion nach Ende der fünf Aktionsrunden, wenn die Spieler ihre gemachten Aktionen und die dadurch erzielten Effekte erläutern und auf diese Weise versuchen, das Dunkel des verdeckten Rollenspiels zu lichten. Dabei darf natürlich jeder Spieler beliebig viel lügen. Es gilt also auch noch, aus der Fülle von Aussagen und Schlussfolgerungen die bewussten Irreführungen von ernsthafter Deduktion ahnungsvoll zu unterscheiden.

In dieser Diskussion hielt sich Günther extrem zurück. Seltsamerweise fiel das keinem auf. In der post-mortem Analyse wurde aber klar, dass er der Werwolf gewesen sein musste, denn mit jeder Aussage, die er gemacht hätte, hätte er entweder noch unbekannte Informationen offenlegen oder sich eindeutig als Lügner, und deshalb als Werwolf zu erkennen geben müssen. Günther hatte sich diese Rolle in seiner allerletzten Nacht-Tausch-Aktion zugelegt. Das hätte ohnehin keiner mehr verifizieren können.

Schwerfälliges Hantieren mit Aktionskarten, wahre und unwahre Schlussfolgerungen aus unbekannten Spielzügen und am Ende nochmals eine Alles-oder-Nichts-Lotterie, das ist “Werwolf”. Doch selbst mit solchen Kakoludien wird die Kickstarter-Welle wohl nicht gebrochen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (einschließlich 1 Punkt für das Material), Günther: 3 (darin 1 Minuspunkt für Charakter-Scheiben und 1 Pluspunkt für das restliche Material), Moritz: 4 ([AbN: NUR,] in der jetzigen Form, hofft auf Verbesserung), Walter: 2 (einschließlich 1 Punkt für das Material).

3. “UNLOCK!”

Rätselraten in “UNLOCK!”

Wir sollen gemeinsam eine umfangreichen Rätselaufgabe lösen. Auf Zahlenkarten mit Bildern (sekundär) stehen „interne“ Zahlen, meist klar sichtbar, manchmal aber auch extrem versteckt, klein, und von der Untergrundfarbe kaum zu unterscheiden. Diese „internen“ Zahlen erlauben, das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Die Zahlen von roten oder blauen Karten sollen – anhand der aufgedruckten Bilder passend – kombiniert werden und erlauben ebenfalls das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Zuweilen muss auch ein Bilderrätsel gelöst werden, das – in die zugehörige Applikation eingegeben – ebenfalls Zahlenkarten freigibt. Und wenn man alles richtig gefunden und gelöst hat, ist man am Ziel und wir haben alle gemeinsam gewonnen. Wobei aber noch eine Uhr mitläuft, und wenn die Zeit abgelaufen ist, bevor wir fertig sind, haben wir halt alle verloren.

Wir operierten die Anfängerversion mit optionaler Hilfestellung. Oft genug hielten wir die Zeit an, weil für unsere geballte Intelligenz die 1 Stunde Lösungszeit ohnehin viel zu kurz war. Tröstliche Erkenntnis: „Bis jetzt haben wir nur gute Augen, aber keinen Verstand gebraucht“, und schlechte Augen sind weitaus leichter zuzugeben als ein beschränkter Verstand.

Schlussendlich fanden wir wortwörtlich nicht „die Nadel im Heuhaufen“ (Hinweis der Hilfestellung). Auf einer der Zahlenkarten gab es braun in braun eine ländliche Szene mit auch irgendwo einem Heuhaufen und in einer Ecke des Heuhaufens gab es mittelbraun in hellbraun eine winzige 25! Das war die Erlaubnis, die Zahlenkarte 25 mit dem Heuhaufen aufzudecken, der die Luftballons zum Platzen brachte, mit dem die stinkende Rohrleitung verstopft wurde, so dass sich die Maus die Schnorchelbrille aufsetzen und im Milcheimer untertauchen durfte.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (mein Ding ist es nicht, die Story ist unlustig, die Rätsel sind unlogisch, die Sucherei nach klein geschriebenen und versteckten Zahlen passt überhaupt nicht dazu), Günther: 4 (bin mir unklar, was ich von diesem Spiel-Prinzip erwarten darf), Moritz: 3, Walter: 3 (das Schönste daran war, meine Westpark-Gamers bei der Sucherei und Raterei zu beobachten; das Lösen von solchen künstlichen, von Menschen erfundenen Aufgabenstellungen hat bei mir ohnehin eine sehr geringe Priorität. Die Natur bietet so viele verborgene Rätsel, deren Entschlüsselung um Größenordnungen schöner ist).

4. “Bluff”

Nach einem ganzen Jahr Bluff-Enthaltsamkeit wollten wir mit diesem Absacker dann doch noch einen spielerisch befriedigenden Abschluss des Spielabends erreichen. Mit Erfolg, Bluff hat einfach alles, was ein großes Spiel benötigt.

Walter gewann den ersten Durchgang, Moritz wurde Letzter. Moritz gewann den zweiten Durchgang, Walter wurde Letzter. Bluff ist über allem auch noch ein reines Glücksspiel!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

08.05.2019: Wundern und Staunen im Opiumkrieg

1. “7 Wonders – Armada”

Schiffs-Tableau für die Armada

Wenn ein Spielmechanismus unverwüstlich ist, kann ihn auch die hundertste Expansion nicht umbringen. Ein solcher Mechanismus ist das Kartendrafting bei „7 Wonders“. Alle Karten sind gut, manche sind besser. Kein Frust, nur Lust. Wir dürfen dabei nur nicht in die Auslage der Mitspieler schauen, die bei 4 Spielern halt zu 75% besser ist als unsere.

Die Expansion „Armada“ bringt als zusätzliches Element ein Tableau, auf dem jeder Spieler seine vier farbigen Schiffchen auf Stufenleitern nach oben bewegt. Es ist ein reiner Nebeneffekt der Kartenfarbe, die wir jeweils in unsere Auslage nehmen. Bei jeder Schiffchen-Stufe handeln wir uns entweder Geld oder Siegpunkte oder Kampfesstärke ein. Vom Prinzip her ein wohlbekanntes Modell, dem Siegpunktschwall des „7 Wonders“-Basisspiels wird halt ein zusätzlicher Aufguss verpasst.

Und damit die „Armada“ auch thematisch noch etwas abbekommt, wird dem Vergleich der Infanterie-Kampfstärke aus dem Basisspiel ein identischer Vergleich der Marine-Kampfstärke zu Seite gestellt. Nichts Neues, nichts Weltbewegendes, nur weitere Optionen und zusätzliche Jagdgefilde zu Siegpunkten. Glücklicherweise bleiben die Gesamteffekte überschaubar – wenn sie es jemals waren.

WPG-Wertung: Keine wollte seine Notengebung gegenüber dem Basisspiel ändern. 7 bleibt der ordentliche Schnitt. Günther konstatierte einen Mehrwert für Vielspieler, aber keinen für Wenigspieler.

2. “An Infamous Traffic”

Geht noch was im Opiumkrieg?

Opiumkrieg. Vor zwei Wochen ging er bei uns gründlich in die Hose. Da waren die Regeln noch unschuldig. Heute mit besserem Regelverständnis. Aber weiterhin mit unübersehbaren Designschwächen.

Ach, was hätte man nicht alles aus dem kriegerischen Wirtschaftsthema machen können. Es gibt Militär und Kirche, Einheimische und Okkupanten, Polizisten und Rebellen, Schmuggler und Stabilisatoren. Wir bauen Handelswege vom Anbau der Ware über Transport und Vertrieb bis zum Verbraucher. Dabei kooperieren wir mit unseren Mitspielern und verdrängen sie wieder aus dem Geschäft, wenn wir genügend Eigenmittel aufgebaut haben.

Doch im aktuellen Spieldesign fehlt’s an Korn genauso wie am Winde. Viele Spielzüge gießen ihren Segen oder Unsegen gleichmäßig über alle Spieler aus, da ist überhaupt nicht erkennbar, warum man sie überhaupt tun soll. Geschweige denn solche positiven Entwicklungszüge, die weitere Zugmöglichkeiten – für alle – eröffnen, von denen unsere Mitspieler aber in ihrer Zugreihenfolge zuerst profitieren. Da sind wir immer die Letzten!

Das größte Übel aber sind die Bremsen, die absichtlich überall ins Spiel eingebaut sind und den Spielfluss behindern. Mal ist der Hafen nicht offen, mal besteht keine – per Würfel ausgelöste – Opportunität, mal steht der „Leader“ mit seiner Sperrmajorität davor, mal sind die Prioritäten zu niedrig, als dass sich ein Eingreifen lohnt.
„Ich kann nix mehr tun, ich kann nur noch ärgern, und auch das nur beschränkt“ – das sind die Stoßseufzer, die ein Spieler nach dem anderen ausstößt. Oder auch: „Es gibt so vieles, was ich NICHT tun möchte.“

Eine Krankheit ist hier auch die Siegpunkt-Ausschüttung. Pro Runde werden drei zufällige Plättchen mit Siegpunkt-Werten zwischen Plus 3 bis Minus 1 gezogen und verdeckt ausgelegt. Jeder darf sich eines davon anschauen. Nach seinem letzten operativen Zug schickt jeder Spieler seinen Lehrling mit Barmitteln ausgestattet nach London, um dort eines dieser Plättchen zu erstehen. In der Reihenfolge der Barschaften MUSS jeder Lehrling eines nehmen. Wer Pech hat, muss dann auch noch für teures Geld ein Minus-Plättchen nehmen, während der ärmste Lehrling, der bei vier Spielern naturgemäß in die Röhre schaut, dann wenigstens ungeschröpft davonkommt.

Walter war Startspieler, legte sich mit seinen ersten Investitionen lauter Merchands zu, so dass er hier bald uneinholbarer „Leader“ war, und die Mitspieler sich in teurem Opium-Anbau und Verschiffung engagieren mussten. Unangefochten konnte er in den ersten drei Runden sich auch das jeweils wertvollste Siegpunkt-Plättchen aneignen. Etwas frivol proklamierte er sich schon vor der vierten und letzten Runde als uneinholbarer Sieger. Nur Moritz war damit nicht einverstanden. Und tatsächlich, er konnte sich in der letzten Runde das – zufällig vorhandene – 3er Siegpunkt-Plättchen aneignen und zudem auch noch Aaron den Schiffs-Leader abnehmen und damit zwei weitere (von Walter unerwartete) Siegpunkte auf seinem Konto gutschreiben. Mit 9 gegenüber 8 Punkten trug er den Sieg davon.

Bemerkenswert: Nahezu die Hälfte seiner Siegpunkte bekam Moritz durch seine Leadertümer, die er weder sicher erwerben noch mit irgendeiner Technik hätte verteidigen können. Sie nahm ihm halt keiner weg. Und noch bemerkenswerter: Günther, der letzte in der Startspieler-Reihenfolge, bekam überhaupt keinen einzigen Siegpunkt! Soviel zur strategischen Herausforderung des Spiels und zu seiner Balance. (Vielleicht funktioniert es in einer 3er Runde – geringfügig – besser.)

Ach, was könnte man aus einem wohlgestalteten Opiumkrieg nicht alles machen!

WPG-Wertung: Aaron: 7 (extrem interaktiv; für die [missglückte] Leader-Technik im 4er-Spiel möchte ich ihm 1 Punkt abziehen), Günther: 3 (völlig unausgereift, vor lauter Blockaden hatte ich die Hälfte des Spiels überhaupt keine Option), Moritz: 7 (es hat was, die Grundmechanismen stimmen), Walter: 3 (nichts stimmt, keine Logik, nichts Zielführendes, alles ist zwiespältig, und die zufällige Siegpunktausschüttung ist in einem Planspiel der Gipfel der Ungereimtheit).

24.04.2019: „Opium Krieg“ ohne Opium

1. “An Infamous Traffic”

Aarons neueste Kauf-und-bastele-dir-das-Material-zusammen-Erwerbung geht um den Opiumkrieg in China. Eine unrühmliche Geschichte für den gesamten europäischen Imperialismus. Aber das Thema vereinigt natürlich eine ganze Legion schönster Konfrontationen und Kooperationen. China hat zunächst mal alle Häfen geschlossen. Die Handelsketten von der Opium-Erzeugung, dem Transport in die Häfen und den Vertrieb dazu müssen wir erst aufbauen.Jeder für sich oder in beliebiger Arbeitsteilung mit beliebigen Mitspielern. Ohne Schmuggler geht im Handel zunächst mal gar nichts. Normale bestechliche Beamte vervollständigen die Primär-Routen. Dann kommt die Polizei und eliminiert die Schmuggler; die Handelsketten brechen unverzüglich auseinander. Sogleich aber dürfen private Händler in die Bresche treten. Es gibt einen Verdrängungskampf um die Beteilung an erfolgreichen Ketten. Und diese sind knapp. Bis die Engländer antreten und Opiumkriege provozieren.

Viele schöne und innovative Elemente enthält das Spiel. Wir haben es nur falsch gespielt. Wir haben das unweigerlich stattfindende Auslösen der Opiumkriege übersehen. So wurde kein einziger Opiumkrieg abgewickelt, und so war bis zum Ende des Spiels auch nur ein einziges Gebiet für den Opiumhandel freigegeben. Hier hatte sich Moritz blitzschnell (mit Hilfe von Walters unbekümmerten Naiv-Zügen) eine Monopolstellung aufbauen können, von der er nicht mehr zu verdrängen war. Er dominierte alle Arbeitsbereiche und alle Handelsketten. Wenn sich ein solches Run-away-leader-Problem auch ohne unseren gravierenden Regelverstoß ergeben kann, dann würde ich dahinter einen Konstruktionsfehler sehen. “An Infamous Traffic” sollte doch kein Schachspiel sein, bei dem ein einziger kleiner Fehler über Sieg oder Niederlage entscheidet. Da wir das aber jetzt noch nicht beurteilen können, nehmen wir alle unsere jetzigen Wertungen zurück.

Nächste Woche wissen wir vielleicht mehr. Und dann können wir endlich mal wieder Günther mit einem Spiel überraschen, das wir bereits angespielt haben, nicht aber er. Und zwar eines, „das sehr viele Facetten besitzt, und deren Effekte und Zusammenhänge man erst lernen muss“ (Aaron).

WPG-Wertung: keine Wertung wegen gravierend falscher Regelhandhabung.

Moritz schickte während des Spiels ein Foto zu einem chinesischen Freund und erhielt von ihm postwendend folgende Antwort zurück, die ich unseren geneigten Lesern nicht vorenthalten möchte:

wowwwww ! Omg , very shame about that history, cuz China was very weak in the last century , anyhow these provinces all in the south of China , see in this map ,廣東 you could eat baby Suppe and baby mouse , 廣西 a lot of worms there , tasty very good ,湖南 (sh… MAO come from 湖南) but girls very hot like their food. professional always ,江蘇 more sweet dishes, they like sweet as same as 江蘇 girls , they are sweet , very soft pronunciation , shy ,exquisite skins ,the felling is like the first time you put a very fresh cherry in your mouth .江西 福建 安徽 浙江food and girls I don’t really like , 江蘇 is best on this map ,BTW , Opium is not good stuff , cherish your life and say no to Opium .

2. “CIV: Carta Impera Victoria”

Vollgepumpt mit Opium wollten wir uns kein zweites abendfüllendes Spiel mehr antun und begnügten uns mit leichten Kartenspielen.

„CIV“ lag bereits letzte Woche auf dem Tisch, und Aaron hat es wohlwollend beschrieben. Moritz sollte bei den unterschiedlichen Einschätzungen von Aaron, Günther und Walter ein weiteres Urteil abgeben.

Der erste Durchgang verlief schnell und linear. Bevor irgend ein Spieler sich auch nur irgend etwas Böses gedacht, geschweige denn ausgeführt hatte, hatte Aaron schon gewonnen: Das Kartenglück hatte ihm 7 Religionskarten zugespielt und keiner hatte seinem Sieg einen Stein in den Weg gelegt bzw. legen können oder wollen. (Walter wollte mit ebenfalls 7 Religionskarten einen Zug später schlussmachen.)

Im zweiten Durchgang war Walter der glückliche. Es dauerte etwas länger, und es wurden sogar zwei Steine geworfen. Trotzdem war es Walter gelungen, 5 Wissenschafts- und 6 Kulturkarten ausliegen zu haben. Dabei war seine Kulturpflicht mittels einer Utopiakarte bereits auf 8 Karten erhöht worden. Aaron stand jetzt vor dem Dilemma, entweder Walters Wissenschaft oder seine Kultur zu bremsen. Er entschied sich für die falsche Kategorie.

Mehr ist in diesem Spiel ja wohl nicht drin: 6 hübsche triviale Positiv-Effekte, die man sich aber erst einzeln erarbeiten muss, gegenüber 6 hässlichen Miesnickel-Effekten, deren Einsatz sehr viel leichter möglich ist, die auch entscheidend weh tun können, dem Miesnickel selber aber keinen Vorteil bringen. Warum sollte man die spielen?

WPG-Wertung: Die bisherigen Noten von 5, 6 und 7 ergänzte Moritz nach unten mit einer 4: (nicht wirklich gut, ein ähnliches Sammeln gibt es auch in „Res Publica“, dort aber viel besser; in CIV ist alles total glückslastig).

3. “L.A.M.A.”

Wer bei diesem Namen an keine buddhistische Mönchen und an keine südamerikanischen Haustiere denken will, darf die Buchstaben ruhig zu einem „lmaa“ verschieben. Im positiven Sinn. Denn früher oder später wird er in diesem mau-mau-ähnlichen Karten-Ablegespiel bei Sichtung seiner Kartenhand und dem Ablagestapel diesen Seufzer ausstoßen müssen, und die Mitspieler werden sich darüber freuen können.

Jeder Spieler hat eine Kartenhand aus Zahlenkarten und muss davon eine Karte nach der anderen auf den gemeinsamen Ablagestapel geben. Die abgelegte Karten muss mit der Zahl auf der obersten Karte des Ablagestapels übereinstimmen oder um genau 1 Zahlenwert höher sein. Das geht wrap-around, nach der sieben (die hier durch ein Lama dargestellt ist) geht es mit 1 weiter.

Wer auf der Hand keine passende Karte hat, muss vom verdeckten Stapel eine Karte nachziehen.

Warum das Spiel deutlich besser ist als Mau-Mau, liegt an zwei Effekten: Erstens: Ein Spieler kann beliebig vorzeitig passen, d.h. aussteigen, keine Karte ablegen und keine weitere Karte vom Kartenstapel mehr nachziehen, und bekommt die Summe der Zahlen in seiner aktuellen Kartenhand angeschrieben. Natürlich wie in Mau-Mau als Minuspunkte. Allerdings: Karten mit gleichen Zahlen zählen nur einmal; z.B. zählt ein Hand mit vier 3er Karten nur 3 Minuspunkte.

Der zweite Effekt: Wer seine Kartenhand total abspielen konnte, darf Minuspunkte abgeben: Wer 10 oder mehr Minuspunkte auf seinem Konto hat, darf davon 10 Punkte abgeben, wer weniger als 10 Minuspunkte hat, darf nur 1 Minuspunkt abgeben. So kann sich auch ein mehrfacher Loser schnell wieder in die Gewinner-Ränge bringen.

Walter versuchte sich in einem besonderen Trick: Er legte keine einzige Karte ab, sondern zog ausschließlich Karten vom Kartenstapel nach, bis er vielleicht 20 Karten auf der Hand hatte und seine beiden Mitspieler mit nur ganz wenigen Minuspunkten in der Hand passten. Jetzt durfte er noch beliebig lang seine Kartenhand abspielen, den Regeln nach aber keine einzige Karten mehr nachziehen. Doch da er eine lückenlose Kette aller Zahlenwerte auf der Hand hatte, war es natürlich ein Kinderspiel, die 20 Karten seiner Hand eine nach der anderen restlos ablegen zu können. Zwei Risiken gibt es innerhalb dieser Technik: man muss, bevor die Mitspieler passen, eine lückenlose Kette aller Zahlenwerte haben. Die Mitspieler dürfen nicht gleichzeitig die gleiche Technik anwenden, denn dann ist der Nachziehstapel verbraucht, ein Durchgang ist aus und die Handkarten werden gewertet.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (schnell erklärt und lustig, man kann es gut und weniger gut spielen), Moritz: x (doch nicht ganz so schlecht. [Der Zahlenwert hinter dieser Aussage wurde nicht genannt]), Walter: 6 (zum Warming-Up, hoffentlich ist der aktuell angenehme psychologische Effekt darin nicht zu bald ausgelutscht).

27.03.2019: Keine Werwölfe in Coimbra

1. “One Week Werewolf”

Moritz legte eine brandneue Werwolf-Kickstarter-Modifikation auf den Tisch und mit gebremster Euphorie – eingedenk der Mutterversion – machten wir uns ans Auspöppeln der Stanzteile. Dann vermisste Moritz zuerst den Startspieler-Pfeil – OK; den hätten wir uns zu Not auch noch selber schnitzen können -, dann aber einen ganzen Bogen weiterer Stanzteile. Ohne den konnten wir den Werewolf nicht spielen.

Mit ungebremster Euphorie packten wir wieder alles ein.

2. “Coimbra”

„Coimbra“ : Welche Hand gehört Günther und warum?

Das ist keine Stadt in Südamerika und auch keine Ort der Schande für den deutschen Fußball, sondern eine Universitätsstadt in Portugal, die 2003 sogar dort die Kulturhauptstadt war. Und was hat das alles mit dem Spiel „Coimbra“ zu tun? Nichts, rein gar nichts! In „Coimbra“ sind wir offiziell zwar „Schwarze Sheriffs“ für das Sicherheitsbedürfnis von Ratsmitgliedern, Händlern, Geistlichen und Gelehrten, aber das ist noch mehr als ein Trumpscher Fake. „Coimbra“ ist ein absolut abstraktes Spiel mit abstrakten Mechanismen, und weder Sheriffs noch Bürger sind weit und breit zu sehen.

Herz des Spiels ist ein – sehr gelungenes – Würfel-Placement. Ein Spieler würfelt mit 13 Hexawürfeln für alle, und reihum nimmt sich jeder Spieler jeweils einen davon (insgesamt 3 mal, ein Würfel bleibt übrig) und legt ihn in vier mögliche öffentliche „Einkaufsflächen“ (EF, eigenes Wording). Danach wird eingekauft.

In jeder EF fängt der Besitzer des Würfels mit der höchsten Augenzahl mit dem Einkaufen an. Wer hier als erster einen Würfel mit 6 hingelegt hat, ist von der EF-spezifischen Einkaufspriorität (fast) nicht mehr zu verdrängen. Wer hier allerdings nur eine 1 hingelegt hat und kein weiterer Spieler hat in dieser Runde in dieser EF Ambitionen gezeigt, sich hier zu bedienen, darf ebenfalls als erster einkaufen. In diesem Fall sogar als einziger.

Was gibt’s zu kaufen? Einwohnerkarten! Sie bringen

  • Direkte Siegpunkte
  • Direkte Einnahmen
  • Rabatte für die nächsten Einkäufe
  • Bewegungspunkte auf dem Pilgerpfad (kriegen wir später)
  • Raubgeld und Raubsiegpunkte von den Mitspielern
  • Freie Auswahl für einen weiteren Einkauf

Und was dergleichen mehr ist. (In jedem Fall alles klug konstruiert und ausbalanciert.)

Was kosten die Einwohnerkarten? Sie kosten genauso viel Geld- oder Sheriff-Einheiten, wie unser Würfel an Augenzahlen aufweist. Ein überraschend sinnvoller antagonistischer Mechanismus, der uns das Auswählen des jeweils nächsten, besten Würfels nicht so einfach macht.

Die eingehandelten Karten haben aber auch noch einen generellen Nebeneffekt: Abhängig von der gewählten Kartenfarbe schreiten wir auf 4 verschiedenen Gunst-Leitern hoch, erhalten dort spezifische Boni und am Ende nochmals dicke Siegpunkt-Batzen für dort erzielte Spitzenpositionen.

Die ausgewählten Würfel besitzen ebenfalls noch einen Nebeneffekt: Abhängig von ihrer Farbe erhalten wir neue Geld- oder Sheriff-Einheiten, Schritte auf dem Pilgerweg oder Siegpunkte.
Für einen optimalen Zug müssen wir also

  • unser vorhandenes und en-passant erwerbbares Vermögen
  • mit der gesamten zur Verfügung stehenden Würfel-Menge (Augenzahl + Farben)
  • den Farben und Effekten der angebotenen Einwohnerkarten
  • und ggf. mit Potenz und den Ambition unserer Mitspieler

in Einklang bringen. Und als guter Spieler müssen wir mindestens auch noch die jeweils erste Würfel-Wahl unser Mitspieler und auch noch unseren zweiten Zug durchkalkulieren. Insgesamt gilt es also 13 x 16 x 12 x 15 + 11 x … kurz und gut, wenn Excel richtig gerechnet hat, 81 Milliarden Kombinationen durchzurechnen. Da ein älterer Herr aber spätestens nach der einhundertsten Berechnung die ersten Ergebnisse bereits schon wieder vergessen hat, ist die Würfelauswahl eine unendliche Sisyphos-Arbeit. Das ist die Crux des Spieles, warum es von uns nur begrenztes Lob ernten konnte.

Bei den Milliarden-Kombinationen muss ich ja auch noch berücksichtigen, ob und wie ich mich damit auf dem Pilgerweg engagiere und in welcher Reihenfolge ich die dort liegenden Vergünstigungen für das weitere Spiel einheimse. Ich kann auch noch optional “Expeditionen” ausstatten, um damit in der Schlusswertung weiteren Punktesegen für mich herauszuholen.

Alles wunderschön konstruiert, alles bestens ausbalanziert, alles verdient höchstes Lob. Aber es ist einfach zu viel. Wir wollen doch SPIELEN!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (der Würfel-Auswahl-Mechanismus ist schön, die Auswahl, das Setzen und der ganze Rest ist ätzend), Günther: 6 (zu viel des Guten; ein Expansion-Set ist schon in Vorbereitung, ich warte eher auf ein Reduction-Set!)), Moritz: 6 (Thema 0 –z.B. im Vergleich zu „Puerto Rico“), Walter: 6 (eigentlich nur 5 Punkte für das „arbeite & optimiere”, aber die Architektenleistung für die Gesamt-Konstruktion verdient zweifellos eine Anerkennung).

3. “AZUL”

Reine, kurzweilige Spiel- und Schaden-Freude. Es gibt sogar eine ganze Reihe ernsthafter „Strategien“!

WPG-Wertung: Keine Änderung für ein 8,3-Punkte Super-Spiel.

03.04.2019: Der zweite Versuch mit den Architekten

Nachdem der Musenkuss zum Schreiben des Spielberichtes so lange hat auf sich warten lassen, können wir hier auch gleich den nächsten Session-Report anhängen.

1. “Architects of the West Kingdom”
Walter hatte nach der ersten Kostprobe vor zwei Wochen angedeutet, dass es das Spiel zum besseren Kennenlernen noch genau einmal spielen würde, und weil Günther damals nicht, dafür aber heute dabei war, packte Aaron den Stier bei den Hörnern und schlug „Architects“ als Auftakt vor.

Wir haben wieder etwas gelernt und sind den (spärlichen) Geheimnissen dieses Spiels ein Stück näher gekommen. Die Gewinnstrategie muss wie folgt sein:

  • Lege dir in den ersten Schritten ausschließlich Gebäudekarten zu. Treffe dann eine Auswahl, welche 5 oder 6 Stück du jetzt in Angriff nehmen willst.
  • Versuche bei der Gebäudeauswahl ein Minimum an Gehilfen-Kunst zu beanspruchen und dabei die Vielfalt an erforderlichen Ressourcen zu minimieren. Von einer definierten Ressource kannst Du ruhig das fünffache benötigen, falls du dann von einer anderen Ressource (fast) gar nichts brauchst. Denn wenn du dich bei einer Ressource konzentriert engagierst – egal bei welcher -, dann fällt sie dir in rauhen Mengen in den Schoß; du musst nur aufpassen, dass dich die Menge nicht erschlägt.
  • Nach der Gebäudeauswahl geht es darum, jetzt die erforderlichen Ressourcen zu beschaffen. Und natürlich sollten dabei die positiven Effekte der bereits errichteten Gebäude berücksichtigt werden. Aber bei fünf oder sechs unabhängigen Einzelvorteilen sollte man auch als älterer Herr nicht den Überblick verlieren.

Bei diesem Vorgehen gehören die Effekte für das Rückholen eigenen oder fremden Personals eher nur zum Hintergrundrauschen. Sie haben zwar noch einen gewissen Einfluss auf die Qualität und Geschwindigkeit, mit denen man sein Ziel erreicht, sind ansonsten aber kein unüberwindliches Hindernis.

Einer Widerlegung dieser Schnell-Schuss-Analyse oder auch nur einem halbwegs argumentierten Widerspruch dazu wird mit Freunden entgegengesehen.

WPG-Wertung: Die bisherigen Noten waren 2 mal 7 und 1 mal 6 Punkte. Günther schloss sich der unteren Wertung an, mit der Tendenz zu 5, wenn die Siegpunkt-Strategie tatsächlich so trivial ist, wie wir sie hier skizziert haben.

2. “AZUL”

Aaron musste vorzeitig die Lokalität verlassen, und bevor sie noch vor Mitternacht ihre geliebten Ehepartner beglückten, legten Günther und Walter ein Duell in AZUL ein.

Spannend, variabel, eine gute Mischung aus besten Zügen für den eigenen Vorteil und guten Zügen für den Nachteil des Gegenüber. Alles überschaubar, alles berechenbar, und trotzdem spielerisch.

Das heutige Duell ging 1:1 aus.

WPG-Wertung: Keine Änderung für ein Super-Spiel.

13.03.2019: Architekten und Köche

1. “Architects of the West Kindom”

“Architects of the West Kindom” – Moritz sucht sich neue Gebäudekarten, Aaron inspiziert die seinen

Ein Workerplacement-Spiel. Auf den ersten Blick. Wir setzen unsere Arbeiter in Feld, Wald und Wiese ein und produzieren mit ihnen Holz, Stein oder Erz. Beim Silberschmied können sie sich sogar geprägte Münzen abholen.

Die erste Besonderheit dieses Workerplacement besteht darin, das wir – nacheinander, reihum – mehrere Arbeiter an die gleiche Produktionsstätte bringen können und ihr Ertrag progressiv wächst: der erste Arbeiter erbringt eine Einheit, der zweite zwei, der dritte drei usw. Da fließen ganz schnell viele Ressourcen in unsere Taschen.

Auf die drei Anlaufstellen im „Schwarzmarkt“ darf nur jeweils ein einziger Arbeiter gehen. Er bekommt für sein Geld auch gleich eine ganze Menge Waren, klebt dann aber dort fest und kann erst wieder via Gefängnis in der Arbeitskreislauf eingeführt werden.

Im „Warenhaus“ können wir Waren ineinener umtauschen. Aus den drei Grundstoffen können wir somit auch Marmor und Gold erwerben. Das Zeug brauchen wir alles, um Häuser zu bauen oder an der Kathedrale mitzuwirken. Zuvor müssen wir uns noch die richtigen Handwerkergesellen zulegen, die eine Voraussetzung für das Bauen sind (, ansonsten aber zu gar nichts nutze).

Alles ganz normales Workerplacement. Alles rund und schön.

Die zweite und entscheidende Besonderheit dieses Spiel ist das Rückholen unserer Arbeiter. Es ist ein eigener Zug, den wir zum einen selber ausführen können und damit den Pool unserer verfügbaren Arbeiter wieder füllen. Aber auch unsere Mitspieler können unsere Arbeiter zurückholen, nur kommen sie bei denen in eine Quarantäne und müssen von uns per Geld ausgelöst werden. Die Mitspieler können unsere „gefangenen“ Arbeiter aber auch an das Gefängnis verkaufen. Das bringt ihnen ebenfalls Geld ein. Wir holen unsere Leute auch wieder per Geld aus dem Gefängnis, müssen aber weniger hinblättern als wenn wir sie direkt aus der Quarantäne unsere Mitarbeiter auslösen würden.

Dieses Rückholprinzip könnte ein interessantes Element des Spiels sein. Bei den 20 Arbeitern, die jedem Spieler zur Verfügung stehen, kann man aber leicht verkraften, dass immer einige davon irgendwo blockiert sind. Man hätte mehr daraus machen können. Dann hätte sich der Workerplacment-Eindruck des ersten Augenscheines durchaus in Richtung eines bemerkenswerten andersartigen Spieletyps verschieben können. War aber nicht so.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (ich hab mir von dem Rückhol-Mechanismus mehr versprochen), Moritz: 6 (gut, aber nicht zu dritt, irgendetwas fehlt), Walter:7 (würde gerne noch einmal einiges ausprobieren; das war’s dann aber auch).

2. “Festo”

Schon letzte Woche zum ersten Mal gespielt. Diesmal in einer Dreierrunde, was natürlich auf Kosten des Witzes vom Ganzen geht: die Konkurrenz um die Mehrheiten.

Die vielen eingebauten Nebeneffekte zum Aufweichen dieser nackten Konkurrenz, z.B. die Ereigniskarten, die Charakterfähigkeiten und die magischen Effekte der fertiggestellten Gerichte ließen diesmal Walters Mehrheiten-Phobie etwas zurücktreten. Er hob seine Wertung von 5 auf 7 an.

WPG-Wertung: Der akzeptable Schnitt wurde von 6,2 auf 6,8 angehoben.

3. “Tiefseeabenteuer”

Minimales Spielmaterial, minimales Regelwerk, maximale Interaktion, maximale Spannung. Keine Schwäche!
Bei der Welle der Trend-Spiele, die jeweils über Markt und Spieler hereinbricht, läßt es immer wieder Bewunderung aufkommen, wenn in einem neuen Spiel eine wirklich zündende neue Idee umgesetzt ist.

WPG-Wertung: Der gute Schnitt von 8,0 bleibt.

06.03.2019: Kalter Krieg und heiße Kartoffeln

1. “Quartermaster General : The Cold War”

Der arme Moritz quält sich Woche für Woche geduldig und ohne Klagen durch unsere „Eisenbahn-Aktien-Spiele“, die ihm ein Gräuel sind, und durch die Welle von Workerplacement-Spielen, die schon sein Jahren die Spieleszenerie überflutet. Wenn er nach vielen Leidenswochen dann mal seines seiner „Passionsspiele“ vorsetzt, ziehen die drei Mitspieler demütig ihre Köpfe ein und signalisieren ihm eine schweigende Zustimmung, egal um welche Passion es sich handelt.

Cold War – Aufmarsch in Europa

Diesmal war „Quartermaster General : The Cold War“ dran, eine Überarbeitung des „Quartermaster General“, das mit einem Durchschnitt von 4 Punkten von Aaron, Günther und Walter vor zwei Jahren nicht gerade Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Damals war Moritz mit 8 Punkten unangefochtener Spitzenreiter.

Im „Cold War“ wird uns wieder eine geschichtliche Welt-Szenerie vorgesetzt, die es zu gestalten gilt. Asymmetrisch spielt ein Spieler den „Westen“, d.h. mehr oder weniger die USA, der zweite Spieler spielt die UdSSR, und der dritte Spieler die „Neutralen“, sprich Indien, China und Serbien. Jeder Spieler hat ein spezielles Kartendeck für Aktionen, mit denen er aufrüsten und Militärschläge gegen die anderen ausüben kann, um nach insgesamt 19 Runden mit 10 Wertungen seinen Besitzstand an Panzern, Versorgungsbasen und Sondereigenschaften in Siegpunkte umzumünzen.

Alles ist äußerst statisch. Die Armeen bewegen sich nicht, zumindest nicht zum Angriff und können für einen Angriff nicht konzentriert werden; sie werden höchstens auf freien Gebieten locker verteilt: 1 Panzer maximal pro Feld. Nur wenn neue Armeen geboren werden (via „Create Army“ Karte), dürfen sie Seite an Seite mit einem Feind zur Welt kommen. Wer dann zufällig noch eine „Battle-Karte“ in der Hand hat und diese Karte auch noch ausspielen darf – ein höchst seltenes Ereignis – hat einen Feind geschlagen, d.h. seine Einheiten um 1 reduziert. Der „Feind“ darf aber anstelle eines Panzers ein Flugzeug opfern, so dass sein Panzer benachbart zu unserem stehen bleibt, und seinerseits in seinem nächsten Battle-Zug unser Neugeborenes in die Ewigen Jagdgründe befördern. Timing ist alles.

Mit ihrem Kartendeck sind die Russen leicht bevorteilt. Sie haben von der Startaufstellung her schon die meisten Panzer auf dem Brett, mit denen sie in den Wertungen auch gleich die meisten Siegpunkte einheimsen. In ihrem Deck sind zugleich auch noch mehr weit mehr „Build Army“-Karten als im Westen und bei den Neutralen zusammen. So tun sie sich mit ihrer Ausbreitung (und weiterem Siegpunkte Abgrasen) leichter als alle anderen. Die USA sind ihnen an Landstreitkräften unterlegen. Vielleicht könnten sie mittels „Air Power“ und „Navy“ den Russen zu Leibe rücken, aber Günther, der die USA führte, hatte keine Lust, sich mit ihnen, d.h. mit Aaron, einzulassen, denn ein mathematisch ausgerichteter Spieler kennt die Weisheit: „Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte“. Er war damit zufrieden, naturgegeben Runde für Rund ein, zwei, drei Siegpunkte weniger zu kassieren als Aaron und sich auf dem zweiten Platz einzuzementieren. Das war immerhin noch besser, als Moritz mit seinen Neutralen, der Runden für Runde um drei, vier,fünf Punkte hinter Aaron zurückfiel. Und das, obwohl er unbestritten bei uns der beste Wargamer ist. Das Kartendeck der Neutralen gab einfach nicht mehr her.

Moritz empfand Günther Verhalten mehr oder weniger als Spielverderberei. „Ist das alles, was du gegen Aaron tust?“ war sein entsetzter Kommentar nach jedem friedlichen Zug von Günther. Wie konnten die USA es nur zulassen, dass die Russen sich unbehindert auf Kuba und in Panama niederließen (und Siegpunkte dafür kassierten). Es musste doch ihr leidenschaftlichstes Bestreben sein, die Russen, das „Reich des Bösen“ (Reagan) „hinter die tatarischen Steppen“ (Göbbels) zurückzutreiben. Es musste doch auch aus Günther ureigensten Gewinner-Ambitionen heraus in seiner höchsten Priorität liegen, den führenden Aaron klein zu kriegen. Mit Engelszungen beschwor Moritz die USA, doch ihre Gott-gegebene Rolle auszufüllen, aber Günther segelte seelenruhig auf seinem zweiten Platz durch das Spiel.

So konnte Moritz nur zähneknirschend zuschauen, wie Aaron linear zu seinem unangefochtenen Sieg davonschwamm, Günther linear seinem unangefochtenen zweiten Platz und er selber linear auf der Verliererstraße dahindümpelte.

Bemerkenswert: Wenn der führende Spieler mehr als 20 Punkte Vorsprung vor dem dritten und letzten Spieler hat, so muss der zweite Spieler dem dritten Spieler so viele Punkte abgeben, bis die Differenz zum Führenden nur noch den Maximalabstand von 20 Punkte beträgt. Warum? Damit der zweite Spieler genügend Motivation besitzt, sich gegen den Führenden zu wenden und sich nicht faul auf seinem zweiten Platz ausruht. Günther ruhte sich trotzdem weiterhin aus, auch als er in der vorletzten Wertung durch diese Regel ganz schön gerupft wurde.

Wo war eigentlich Walter?

Der Verlag behauptet, das Spiel sei ein 3 bis 6 Personen-Spiel. Aber das ist eine glatte Lüge! Drei Mitspieler können die genannten Gruppierungen führen, jeder weitere Mitspieler muss diesen Part mit einem der bisherigen Mitspieler teilen: gemeinsames Kartendeck (jeder kriegt die Hälfte davon), gemeinsame Aktionen (keine einzige mehr als in der 3-Personen-Konstellation) und ausschließlich gemeinsame Punkte. Das ist keine Kooperation, das ist eine Krankheit-im-Doppel.

Walter teilte sich mit Moritz die Rolle der Neutralen. Da aber Moritz die englischen Aktionskarten besser lesen und einordnen konnte, dazu auch einmütig zugestanden der bessere Wargamer war, spielte Walter in dem bescheidenen Handlungsspielraum, den das Spiel via Aktionskarten überhaupt bietet, gerne den Neger. Er ordnete sich allem unter, was Moritz vorschlug. Er hätte sich problemlos auch ausklinken und nur als Zuschauer am Kalten Krieg beteiligen können. Lust und Freude wären wohl in der gleichen Größenordnung geblieben.

WPG-Wertung: Aaron: 2 (erinnert mich an [stumpfsinnige] Ereigniskarten-Spiele der 60er Jahre. 1 Punkt weniger als das Vorbild „Quartermaster General“), Günther: 4 (ohne Kommentar, aber er fängt grundsätzlich keinen Streit an, wenn beide Streithähne unweigerlich verlieren), Moritz: 7 (das Spiel ist thematisch und besitzt einfache Wargamer-Mechanismen), Walter: 2 (hatte gehofft, als Junior-Partner eines geborenen Kriegers mal wieder zu gewinnen, es war aber nichts. Das Spiel ist für amerikanische Geschichtsfreunde, die mit Herzklopfen wahrnehmen müssen, wie die Russen in Kuba einmarschieren, und sich fest vornehmen, das im nächsten Spiel zu verhindern.).

In der Nacht kam Aaron die Vermutung, dass die Kooperation der Neutralen, so wie sie Moritz und Walter praktiziert hatten, nämlich eine weitgehende Abstimmung über die zu spielenden Aktionskarten, nicht den Regeln entsprechen konnten. Am nächsten Morgen nahm er er sich die Spielregeln noch einmal genauer vor und fand dazu u.a.:

“Strictly, you cannot disclose the contents of your hand … to other players, even teammates.”
und
“Teammates cannot use each other’s Status, WMD, or Espionage cards.”

Das hatten wir großzügiger gehandhabt. Allerdings meinte Walter dazu, der Spielraum innerhalb der Kartenhände sei so eng, dass durch unsere Regelabweichung Mit- und Gegenspieler nur unwesentlich geschädigt wurden.  Aber sicherlich war das „vielleicht nicht 100% regelkonform“ (Moritz’ Wording).

Aaron fand in der Spielregel aber noch eine andere Information, bei der sich ihm die Haare sträubten:
“The Non-Aligned Bloc … need to encourage conflict between the Soviets and the West, as normally the Non-Aligned Bloc will take a bit of steam to catch up to the other two Blocs.”

Sein Kommentar: „The Cold War ist also ein 3-Spielerspiel, bei dem ein Spieler in der Rolle der „armen Sau“ ist, die nur dann eine Chance hat, wenn die beiden anderen Spieler ihn in Ruhe lassen und er es schafft, sie gegeneinander aufzuhetzen. Für mein Empfinden ist das Spiel alleine schon aus diesem Grund „broken“. Der blödsinnige Kartenmechanismus und der schwachsinnige Punkteausgleichmechanismus zwischen Zweitplatziertem und Letztem verstärkt das alles nur noch.

Zugegebenermaßen, ein gut funktionierendes 3-Spielerspiel zu designen ist schwierig und ein asymmetrisches 3-Spielerspiel zu entwickeln schon eine kleine Kunst. Leider ist für mich dieser Versuch mit “The Cold War” klar misslungen.

Ich reduziere meine Wertung daher auf 1.“

Dem widersprach Moritz: „Ich hatte nicht das Gefühl, dass Walter und ich nicht gewinnen konnten. Ich würde beim nächsten Mal mit besserer Kenntnis der Karten tatsächlich anders spielen. Zum Beispiel sollten die Non-Aligned tatsächlich früh eher viele Armeen und Luftwaffen bauen und sehr defensiv spielen, dann haben sie durchaus eine Chance. Bei Spielen dieser Art ist die Kenntnis der Karten absolut entscheidend, und es geht einfach darum, die zur Verfügung stehenden Karten gut zu timen und vom Timing her gut einzusetzen. Das würden wir beim zweiten Spiel deutlich anders machen, und es würde ganz anders verlaufen. Gerade diese Vielfalt finde ich sehr reizvoll und auch nicht frustrierend. Also für mich weiterhin Daumen eher hoch, auch wenn es jetzt für mich auch nicht direkt ein „Klassiker“ ist :-)“

2. “Festo!”

Festo – Aaron backt große Brötchen

„Wir sind fleißig beim Kochen und Backen“, steht im Regelheft. Wo, das wage ich jetzt gar nicht hinzuschreiben. Es kann durchaus auch München und der Viktualienmarkt sein. Jeder Spieler besitzt 6 Pöppel, die er auf beliebige der insgesamt 6 verschiedenen Märke schickt, um dort die sechs verschiedenen Zutaten (verschiedenfarbige Holzwürfel) zu ergattern, die er für seine späteren Rezepturen braucht. Diese Setzphase besteht aus zwei Phasen, bei denen – ausgewürfelt – jeweils verschiedene Märkte offen bzw. geschlossen sind.

Es geht darum, auf den richtigen und ggf. auch auf möglichst vielen Märken die alleinige relative Mehrheit an Pöppeln zu haben. Der Mehrheitsbesucher darf sich nämlich auf Wunsch die gesamte ausliegende Warenauslage aneignen. Den restlichen Besuchern stehen dann pro Markt nur noch eine Ersatz-Aktion zur Verfügung: Verschieben von Würfeln, Versetzen von Pöppeln, Zuteilung von Joker-Zutaten und ähnliches.

Der Mehrheitsbesucher braucht aber auch nicht die gesamte Warenauslage an sich reißen, er kann sich pro Pöppel mit einer einzigen Zutat begnügen und mit dem letzten seiner Pöppel die – keineswegs vernachlässigbare – Ersatz-Aktion durchführen.

Danach wird gekocht und gebacken. Falls man die richtigen und ausreichend viele Zutaten hat. Große Brötchen bringen überproportional viel Ehre ein, kleine Brötchen entsprechend unterproportional wenig.

Wie spielt man also richtig?

Erstens sollte man immer Letzter sein, damit man mit seinen letzten Pöppeln die Mehrheitssituation auf den Märken dominiert. Zweitens sollten man alle seine Zutaten bis zum Schluss zurückhalten, und erst am Ende – oder zu einem anderen späten Zeitpunkt, der durch geeignete Ereigniskarten das Kochen und Backen ratsam erscheinen lässt – alle zu den teuersten, höchsthonorierten Brötchen verbacken.

Günther praktizierte diese Siegstrategie. Die erste Verhaltensmaßnahme fiel ihm in den Schoß, weil Walter die Startspielerrolle falsch verstanden hatte und sie sich regelmäßig unter den Nagen riss. Die zweite Verhaltensmaßnahme wuchs auf seinem eigenem Acker. Er wurde mit großem Abstand Sieger.

WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6 (1 Minuspunkt für die Ereigniskarten), Moritz: 7 (lustiges Workerplacment-Spiel; der Wiederspielwert ist wohl nicht so hoch), Walter: 5 (solche Mehrheits-Haschereien liegen nicht auf meiner Linie).

27.02.2019: Nutze die 9. Symphonie

1. “Symphonie No 9”

Jedem Musikschaffenden läuft ein Schauer über den Rücken, wenn er sich an seine eigene 9. Symphonie heranmacht. Seit Beethovens epochalem Werk steckt in diesem Namen etwas Heiliges, Erschaudernd-Ehrwürdiges. In jedem Fall sind die Anstrengungen von Frank Liu und Hung-Yang-Shen anzuerkennen, die diesen Namen jetzt auch mit einem Spiel gewürdigt haben.

„Symphony No 9“ und ihre Orte des Geschehens

Sechs Musiker deutsche Zunge werden unserem Mäzentatentum empfohlen. In der ersten Phase eignen wir uns „Spendenwürfel“ an. Sie liegen auf farbigen Laufbahnen, die jedem der Musiker zugeordnet sind: Händel ist rot, Haydn grün und Mozart blau. Zwei Spendenwürfel bekommen wir pro Runde gratis. Optional können wir uns zwei weitere zulegen, müssen dafür aber (teils erheblich) bezahlen.

Mit dem Entfernen von Würfeln von der Laufbahn eines Musiker, geht ein Schwanken seiner Popularität einher. Im Prinzip eine hübsche didaktische Information, lernen wir doch daraus, dass auch) die Popularität eines (klassischen) Musikers a) keine Konstante ist und b) keine lineare Ab- oder Zunahme erfährt, sondern eine wellenförmige Größe darstellt, und dass es eine Zufalls- oder auch Modeerscheinung ist, wie hoch ein Komponist aktuell geschätzt wird.

Hier hätte es unserem allseits nicht unbeleckten Musikverständnis allerdings besser gefallen, wenn die jeweiligen Popularitätskurven eine gewisse Korrelation mit der Realität gehabt hätten. Dann hätten – nicht nur – wir sichtbar vor Augen geführt bekommen, dass es z.B. um Bach unmittelbar nach seinem Tod nahezu still geworden ist, bis ihn Mendelssohn wieder aus der Versenkung geholt und ihn ideel (und real) auf das Podest gestellt hat, das ihm gebührt. (Wikipedia: „Insbesondere von Berufsmusikern wird er oft als der größte Komponist der Musikgeschichte angesehen.“) Oder z.B. dass Schubert zeitlebens und noch hundert Jahre länger als zweitklassig am Katzentisch der Popularität sitzen musste, bis er im 20 Jahrhundert mit einem Schlag in den Musiker-Olymp emporgehoben wurde. Mit den gegebenen Popularitätskurven in „Symphony No 9“ waren wir jedenfalls nicht einverstanden.

Sei es wie es sei: Nachdem wir alle unsere Spendenwürfel genommen und ggf. auch bezahlt haben, gibt es für jeden Musiker einen Mehrheits-Mäzen. Wer von ihm die meisten Spendenwürfel erworben hat, erhält als Gegengabe das Manuskript einer Komposition, was bei der Siegpunkt-Berechnung am Spielende einen gewaltigen Einfluss ausübt.

Claro, mit maximal vier Würfeln in der ersten Runde zu insgesamt sechs Musikern, bewegt sich unser Besitztum in der Größenordnung von 0 bis 2 Würfeln pro Musiker. Gleicher Besitzstand zu einem Musiker ist bei vielen Spielern die Regel. Hier wird der Tiebreak in Startspieler-Reihenfolge aufgelöst. Je nachdem, welche Position man hier in einer Runde einnimmt, muss man einen bis alle Mitspieler im Auge haben, um wenigstens bei einem der Musiker die Majorität zu haben und ein Manuskript zu ergattern. Die Startspieler-Position spielt eine große Rolle, und – mein Kritikpunkt – eine „gerechte“ Handhabung im Regelwerk ist bei 6 Durchgängen für 4 Mitspieler einfach nicht möglich.

Jetzt wird der aktuelle Popularitätsstand eines jeden Komponisten angeschaut. Der einzige populärste Komponist kommt in die Elite-Kategorie, die beiden am wenigsten populären Komponisten kommen in die Arme-Leute-Kategorie, und die drei übrigen Komponisten in das Mittelfeld.

Danach beginnt die zweite Phase des Spiels: Wir müssen ein königliches Konzert finanzieren. Blind (BLIND) spendiert jeder einen beliebigen Betrag in die öffentliche Aufführungskasse. Kommt hier nur wenig Geld zusammen, reicht es nur für die am wenigsten populären Musiker. Nur von ihnen werden Stücke in das königliche Konzert übernommen. Bei etwas mehr Geld in der Kasse, kommen die Komponisten aus dem Mittelfeld zu Zuge, und bei noch mehr Geld, wird ausschließlich der Elite-Komponist aufgeführt.

Die Spielregel empfiehlt, sich hierbei Zeit zu lassen und darüber zu diskutieren, welchen Betrag ein jeder zusteuern soll. Ansatzweise haben wir das auch versucht, aber am Westpark sind solche Diskussionen ziemlich verpönt. In „Symphony No 9“ nochmals ganz besonders, denn je nach eigenen Engagement in Spendenwürfeln und je nachdem, in welcher Aufführungs-Kategorie unsere geförderten Musiker gelandet sind, hat jeder Spieler unterschiedliche Ambitionen. Warum soll man für „die anderen“ die Kohlen aus dem Feuer holen? Ein Engagement hier ist mehr oder weniger Geldverschwendung.

Es gibt dabei allerdings einen kleinen Fallstrick: Wenn weniger Aufführungsgeld zusammenkommt, als für die Arme-Leute-Kategorie mindestens gefordert ist, fällt das Konzert ganz aus. Wer am geizigsten war, verliert einen Spendenwürfel. Etwas Ähnliches kann sogar passieren, wenn zuviel Geld gespendet wurde, mehr als für die Höchstgrenze des Elite-Komponisten angegeben ist. Dann „randalieren die Bauern gegen den hier gezeigten Luxus“ und das Konzert findet ebenfalls nicht statt. Jetzt werden diejenigen Spieler bestraft, die am meisten für die Aufführung hingelegt haben. Eine seltene Konstellation, aber wenn ein Spieler als einziger mit z.B. drei Würfeln den aktuellen Elite-Komponisten gefördert hat, dann kann er problemlos schon mal 15 Geldeinheiten für dessen Konzert hinblättern, um danach 27 Geldeinheiten ausgeschüttet zu bekommen. Und die Mitspieler können ihm diesen sicheren Gewinn vermasseln, indem sie alle zusammen ein paar wenige Geldeinheiten für die Aufführung dazulegen.

Damit sind wir auch schon bei der Refinanzierung der Mäzene: Nach dem Konzert fließt auch etwas Geld zurück in ihre Privatschatullen. Für jeden Spendenwürfel eines aufgeführten Komponisten bekommen wir “Gönner“ drei, vier oder gar neun Geldeinheiten zurückerstattet. Zusätzlich erhält derjenige, der am meisten in die Aufführungskasse spendiert hat, eine erkleckliche Provision in klingender Münze oder in Spendenwürfeln.

Am Ende des Spiels werden Siegpunkte ausgeschüttet. Für jeden Musiker gibt es ein eigenes Ausschüttungsmodell, aber Basis ist immer der Besitz an Manuskripten. Einmal wird jedes einzelne Manuskript honoriert, einmal die Mehrheit darin. Einmal wird für einen Musiker die Anzahl der erworbenen Manuskripte mit der Anzahl von verbliebenen Spendenwürfeln multipliziert, ein andermal wird mit der Anzahl von Manuskripten anderer Musiker multipliziert. Und was dergleichen mehr ist. Für den Sieg muss man sich diese sechs verschiedenen Berechnungsmodelle genau anschauen. Für Walter, der erst in den letzten fünf Jahren seine Liebe zu Schubertscher Kammermusik entdeckt hat, hatte Schubert in allen seinen Entscheidungen die höchste Priorität. Damit wurde er weit abgeschlagen Letzter. Ist Schubert denn schon wieder out? Günther gewann, und Aaron kommentierte treffend: „Dann ist Symponie No 9 also kein Glücksspiel“.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zuviel Chaos, die Behandlung der Beliebtheit ist ein hübsches Element), Günther: 4 (möchte es eigentlich nicht noch einmal spielen, das Bieten ist ein Chaos, ich habe nur zufällig gewonnen), Moritz: 5 (maximal 5; das Spiel ist nicht schlecht designed, das Bieten ist spannend aber zufällig, thematisch ist es ein Quatsch, abgesehen davon, dass Händel und Bach keine Symphonien geschrieben haben), Walter: 5 (dabei bereits ein Sympathiepunkt für Schubert eingerechnet; das blinde Bieten steht in krassem Widerspruch zu den strengen Anforderungen an die Planung von Würfel-Mehrheiten. Würde es nur noch ein einziges Mal spielen wollen, um dann für die Aufführungskasse keinen einzigen Pfennig mehr zu opfern).

2. “Carpe Diem”

Auf sieben Feldern liegen je vier Bauteile aus, Villen, Kulturlandschaften, Märkten, Unterkünfte, Backstuben, Brunnen und ähnlichem. Mit seinem einen Pöppel läuft jeder Spieler vorwärts oder rückwärts durch die topologische Struktur der Felder, nimmt sich jeweils ein Bauteil und baut es in sein privates Grundstück ein. (Die gegebene „topologische Struktur“ der Felder dient rein der Verschleierung, welche der Felder benachbart sind, bzw. welche Felder ich und welche meine Mitspieler in ihrem nächsten Zug erreichen können. Funktionell ist das identisch damit, dass jeder Pöppel zu genau dem rechten oder linken Nachbarfeld laufen kann.)

Viermal werden die Felder gefüllt und viermal dürfen wir sie komplett „abernten“, d.h. die gewünschten Bauteile in unsere Grundstücke einlegen. Darin entstehen dann Häuser und Betriebe, und werfen bei ihrer Fertigstellung Güter ab: Hühner, Fische, Trauben und Gemüse, Brot oder auch Geld. Viermal, nach jedem kompletten Abernten der Spielfelder, dürfen wir mit unseren erworbenen Gütern verschiedene Siegpunkt-Bedingungen finanzieren. Diese Bedingungen sind auf Kärtchen festgelegt, die in einer drei mal vier Matrix als Wertungstableau ausliegen, z.B. „3 Hühner ergeben 7 Siegpunkte“, oder „2 Brunnen ergeben 3 Siegpunkte“.

Die Crux dabei ist, dass man bei jeder Wertungsaktion gleich zwei nebeneinander liegende Bedingungen erfüllen muss, nach dem obigen Beispiel also 3 Hühner und zugleich 2 Brunnen erworben haben muss. Das ist besonders in den ersten Runden fast nicht zu schaffen. Dann muss man sich also eine erfüllbare und eine nicht-erfüllbare Wertung aussuchen, und für die nicht-erfüllbare Bedingung Strafpunkte bezahlen.

Welche „nicht-erfüllbaren“ Wertungen sind hierbei von Interesse? Natürlich diejenigen, die ein Mitspieler ggf. erfüllen könnte. Wir müssen also das gesamte Besitztum aller Mitspielers danach abscannen, welche Siegbedingungen sie damit erfüllen könnten und welche dieser erfüllbaren Bedingungen auch noch nebeneinander liegen. Davon reißen wir dann eine an uns, obwohl wir sie nicht erfüllen können und dafür Strafpunkte bezahlen müssen. Und dabei muss unser Scannen so gründlich sein, dass wir auf dem Wertungstableau keine Kombination übersehen, die der zu schädigende Mitspieler dann doch noch erfüllen kann. Ein hässliches Prinzip!

WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Siegpunkte-Bedingungen sind „interessant“. [AbN: Habe gerade vom Sternenkoch Lafer die Belehrung bekommen, die Aussage, das Essen habe „interessant“ geschmeckt, komme einer Backpfeife gleich.], nichts Neues, mal wieder ein Feldsche Siegpunkt-Salat), Günther: 7 (besitzt erhebliche Interaktion), Moritz: 7 (man ist ständig „engaged“), Walter: 6 (die privaten Landschaftsgärten und das Zusammentragen der Bauteile sind hübsche Spielelemente, die Konkurrenz auf dem Wertungstableau dagegen ist blödsinnig).

13.02.2019: Barbara in Teotihuacan

1. “Teohihuacan: Die Stadt der Götter”

Günthers Spiel lag noch von letzter Woche hier am Westpark auf der Couch, entweder als Info-Quelle für den Session-Report oder um uns dieses Spielemonster doch tatsächlich noch einmal antun. Bis auf den Hausherrn war die Belegschaft total disjunkt von der letzter Woche, was lag also näher, als die Gelegenheit gleich beim Schopfe zu packen und “Teotihuacan” nochmals auf den Tisch zu bringen, um die Anzahl der Wiederholungstäter möglichst klein zu halten.

Moritz war dafür und Aaron nicht dagegen. Er biss in den sauren Apfel, den er sich schon bereitgelegt hatte, als er einstens einer ersten Runde paralysierter Teotihuacanisten vom Nebentisch aus zuschauen musste. Wenig Spiel, viel Arbeit war damals sein Eindruck, von dem er auch heute keinen Deut abweichen wollte.

Diesmal verlief das Spiel glücklicherweise ganz anders als letzte Woche. (Das ist doch ein Zeichen für ein gutes Design!) Damals sind wir über die Spielfelder geschlendert und haben uns nur so en passant mit den notwendigen Rohstoffen eingedeckt. Entsprechend langsam kam der Pyramidenbau vorwärts. Diesmal ging alles sehr viel schneller vor sich. unverzüglich wurde mit dem Bau der Pyramide begonnen, und wir hatten auch blitzschnell – nach zweieinhalb Stunden – die zweite Eklipse noch nicht vollendet, da war sie auch schon fertig, das Spiel zu Ende und Aaron erlöst.

Moritz hatte sogleich die Zeichen der Zeit erkannt. Als Startspieler mit ausreichend Gold ausgestattet, ging er gleich in der ersten Runde die beiden höchst profitablen Technologien an: die Zusatzressource für das Arbeiten in Wald, Steinbruch oder Goldmine und das geschenkte Fortschreiten bei einem beliebigen Tempel ansehen für jeden Baustein in der Pyramide. (Sich letzteres so früh wie möglich zuzulegen, erscheint fast als eine Killerstrategie. Mögen uns Teotihuacan-Experten doch bitte eines Besseren belehren!)

Moritz eiste auch als einziger den vierten Pöppel-Würfel los (Aaron und Walter hofften, mit ihren nur drei Würfel schneller die begehrten Alterungen abschöpfen zu können) und ging konsequent die Rohstoffe mit drei eigenen Würfeln an. Massen von Ressourcen fielen ihm dabei in den Schoß; zugleich kam er durch den zusätzlichen vergebenen Alterungsprozess trotz seiner vier Würfel noch schneller in die ewigen Jagdgründe als seine Konkurrenten. Mit großem Vorsprung wurde er Sieger!

WPG-Wertung: Aaron: 4 (insgesamt extrem langweilig, kein Spannungsbogen, elende Fummelei und Fieselei; nur Schweiß, keine Steigerung; super Solitär-Spiel, was die anderen machen, ist schnurzegal), Moritz: 7 (bei jedem Zug gibt es – leider – sehr viele Abhängigkeiten, von denen man leicht einige übersehen kann; fast eine Rosenberger-Maschinerie; man hat aber tatsächlich auch taktische Möglichkeiten gegen die Mitspieler), Walter: 7 (bleibt; der Pöppel-Würfel-Zugmechanismus spielt sich wirklich sehr schön, auch wenn der Psalmist Recht hat mit seiner Erkenntnis:

und wenn es hoch kommt, so ist es doch nur Mühe und Arbeit gewesen

 

2. “Barbara”

Aaron brachte die Spiele-Erfindung eines Autoren-Freundes mit, die erst noch hoppelt. Ein Party-Spielchen für möglichst viele Teilnehmer. Es gibt Kärtchen und es gibt Würfel. Und es gewinnt das Team, das am schnellsten „Barbara Schöneberger“ sagen kann.

Na ja, nicht ganz, aber Aaron hat mir verboten, mehr davon zu verraten. Es ist ja überhaupt noch nicht entschieden, wer gewinnt und wie man gewinnt. Daran wird es dereinst liegen, ob die „Barbara“ erfolgreich sein wird oder nicht.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

3. “Ohanami”

Für Nicht-Japanologen unter uns Deutschen hat Doris Dörrie mit ihrem Film „Hanami“ einen bleibenden Eindruck von der Kirschblüte in Japan hinterlassen. „Ohanami“ scheint die englische Version dieser Kirschblüte zu sein. Das gleichnamige Spiel von Steffen Benndorf hat allerdings wenig mit Kirschen oder Blüten zu tun, auch wenn einige Graphiken das suggerieren möchten; es ist ein ausgewachsenes, abstraktes Kartenspiel.

Jeder Spieler bekommt drei mal acht Karten auf die Hand, auf denen die Zahlen von 1 bis hoch-genug aufgedruckt sind. Davon darf er jeweils zwei Karten behalten, die anderen muss er nach bekannter Drafting-Weise an seine Mitspieler weitergeben. Die beiden behaltenen Karten darf / muss er vor sich auslegen, und zwar an ein bis drei Stapeln. Die Karten dürfen oben oder unten an einen der vorhanden Stapel angelegt werden oder es wird mit ihnen ein neuer Stapel angefangen. Die Zahlen auf den Karten müssen mit vorhandenen Zahlenkarten eines Stapels eine streng aufsteigende Zahlenreihe bilden. Karten, die nicht an den Anfang oder an das Ende der Stapel eines Spielers passen, müssen wirkungslos abgeworfen werden.

Dieses Zwei-Karten-Auswählen-und-Ablegen wird jetzt mit den Karten fortsetzt, die man von seinen Mitspielern bekommen hat, so dass jeder Spieler am Ende eine Menge Karten in den maximal drei Spalten vor sich liegen hat.

Diese Stapelkarten werden gewertet: Jede blaue Karte liefert – von der ersten Runde an – drei Siegpunkte, jede graue (oder grüne ?) Karten liefert sieben Punkte, aber erst ab der zweiten Runde, und in der Schlusswertung liefern alle roten Karten zusammen Siegpunkte gemäß ihrer Gesamtzahl nach der bekannten arithmetischen Reihe: 1, 3, 6, 10 …

WPG-Wertung: Aaron: 6 (ein leichtes Gefühl von „6 nimmt!“), Moritz: 5 (keine Spannung, kein Reinreißen der Gegner, es fehlt ein Schaubild über die Verteilung der Farben, so wie beim „Flaschenteufel“, würde es maximal noch 1 mal spielen wollen), Walter: 6 (mag Kartenspiele mit Gesamt-Abhängigkeiten, würde es gerne noch einmal spielen, um es besser zu spielen).

30.01.2019: Teotihuacan – Die Stadt der Götter

1. “Teotihuacan”

Ein Workerplacement-Spiel der neueren Art. Vieles ist anders, alles ist gut.

„Teotihuacan“ – es muss ein guter Zug gewesen sein!

Wir laufen mit unseren drei Pöppeln (Würfeln) um das Spielfeld herum, besorgen uns Ressourcen, erhöhen unsere Effizienz, verschaffen uns Privilegien, bauen an der gemeinsamen schönen Stufenpyramide und steigen in der Gunst der Tempelgötter.

Das Besondere, Schöne und Spielerische daran ist der Zugmechanismus. Wir können einen beliebigen unserer Würfel-Pöppel um beliebig 1, 2 oder 3 Felder vorwärts ziehen und dann die Zielfeld-spezifische Aktion ausführen. Eigentlich sind zwei, wenn nicht gar drei Aktionen möglich:

  • die Basis-Aktion ist “Kakao ernten”, auf Kapitalisten-Deutsch: Geld einnehmen. Dies ist auf allen acht Feldern möglich.
  • die sakrale Aktion ist “beten”: d.h. unsere Potenz in einem der drei Tempel erhöhen und dazu noch einen variablen Profit einstreichen
  • die Haupt-Aktion besteht aus Ressourcen-Nehmen, Pyramide-Bauen und den üblichen Workerplacement-Effekten.

Soweit ist alles noch ziemlich normal. Das Ganze wird erst spannend durch eigene und fremde Pöppel, die bereits auf dem Zielfeld stehen. Je mehr verschiedene Mitspieler dort sind, desto höher ist der Kakao-Ertrag. Stehen wir alleine auf einem Feld, gibt es nur eine einzige Einheit. Das wäre dann ein Zug, denn man nur im größten Notfall tun würde. Stehen aber z.B. bereits drei verschiedenfarbige Pöppel dort, dann bekommen wir für unseren vierten Pöppel, der auf dieses Feld zieht, gleich 4 Kakao-Einheiten. Damit können wir schon ein paar unserer weiteren Aktionen finanzieren.

Wollen wir die Hauptaktion ausführen, müssen wir Kakao bezahlen, und zwar abhängig von der Anzahl der verschiedenfarbigen Pöppel, die bereits dort stehen. Falls wir unbedingt eine bestimmte Ressource brauchten, auf dem betreffenden Feld aber einige Mitspieler stehen und stehen und stehen, kann es ganz schön in den Kakao gehen, bis wir hier zum Zuge kommen.

Die Anzahl von Ressourcen (Holz, Stein oder Gold), die wir auf einem Ressourcenfeld bekommen, ist von zwei Faktoren abhängig:

  • Von der Anzahl unserer eigenen Pöppel-Würfel, die wir auf dem Feld haben.
  • Von der Augenzahl, die unsere Pöppel-Würfel dort haben.

Je mehr Pöppel und je höher die Augenzahl, desto größer die Ausbeute.

Und damit kommen wir zu einem anderen wichtigen Mechanismus in “Teotihuacan”: Mit jeden Zug, den ein Pöppel-Würfel tut, wird seine Augenzahl um 1 erhöht. Mit niedrigen Pöppen auf Ressourcen ausgehen, ist ein ziemliches Pyrrhus-Geschäft. Niedrige Einheiten sind eher zum Beten zu gebrauchen.

Hat ein Würfel die Augenzahl 6 erreicht, so geht er mit großem Pomp in die ewigen Jagdgründe ein und hinterlässt seinen Nachkommen ein erkleckliches Erbe an Siegpunkten, Geld, Tempel-Potenz und ähnlichem. Zugleich ist die Anzahl gestorbener Pöppel ein Faktor, mit dem später in der Eklipsenwertung die ausgeschütteten Siegpunkte multipliziert werden.

Ich will hier jetzt nicht die weiteren Effekte von Tempelbau, Verzierungen und Eklipsen alle aufzählen. Das Regelheft umfasst 24 ausreichend instruktive, intensiv bebilderte Seiten, in denen alles dargestellt wird. Nur zum Spielgefühl: Einerseits spielt jeder für sich, lässt seine Würfel „altern“ und sterben, besorgt Kakao und Rohstoffe und plant, an welchen Felder er kleckern und wo er klotzen will. Andererseits sind Kosten- und Nutzen aller Züge durchaus abhängig von den Positionen der Mitspieler, was zwar manchmal reines Mitspielerchaos sein kann, aber durchaus auch vernünfig kalkulierbar und beherrschbar ist.

Natürlich darf man in „Teotihuacan“ denken, sollte es auch, doch die einzelnen Züge sind leicht, übersichtlich, erfordern wenig Regel-Merkleistung und halten keine unvorhersehbaren Überraschungen bereit. Wenn Aaron es einmal nur vom Nebentisch aus sehen konnte und den Eindruck bekam, „es sah nach viel (Solitär-) Arbeit und Grübelei aus“, so mag das zwar in der Tendenz stimmen, doch auch bei jedem Zug jedes Mitspielers kann man mitdenken und an seiner eigenen Zugplanung feilen, so dass diese fremde Denkzeit nicht als verloren angesehen werden muss.

WPG-Wertung: Günther: 8 (schön, rund, zügig, hohe Variabilität), Horst: 7 (tolles Spiel, gute Autorenleistung, für mehr Punkte müsste man mit den Würfeln aber auch würfeln dürfen …), Walter: 7 (gelungenes, dynamisches Workerplacement-Spiel, für mehr Punkte hätte man ein paar der absolut unnötigen Querwirkungen weglassen müssen, u.a. auch die Richtungsorientiertheit der „Verzierungen“).

Außer Konkurrenz:

Am Wochenende war meine Schwägerin aus Ungarn da. Schon im Vorfeld hatte sie sich ein „Programm“ gewünscht. Gleich am ersten Tag legte ich ihr ein „AZUL“ vor. Wir spielten es – zuerst viermal in einer dreier Runde, dann noch achtmal nur zu zweit – mit wachsender Begeisterung. Sie brauchte kein weiteres Programm, keine Oper und kein Sternerestaurant. Drei Tage lang gierte sie schon gleich nach dem Abendessen auf die nächste AZUL-Session. Zu zweit. Zehnmal pro Abend. Anschließend durfte sie mein Exemplar auch mit nach Ungarn mitnehmen. Ich wünsche ihr dort die gleichen begeisterten Mitspieler.