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02.07.2014: Schwindel mit dem Schwindel

Aus gegebenem Anlass:
Wenn die schlichtbemittelte Notärztin behauptet, dein plötzlich aufgetretener und leider schon seit Stunden anhaltender Schwindel sei eine Magen-Darm-Infektion, glaube ihr nicht. Lass sie davontraben.

Wenn die professionelle HNO-Ärztin konstatiert, der Schwindel gehe von alleine vorbei, dann hat sie – vielleicht – recht. Wenn sie aber zum leichteren Aushalten der Symptome auch noch ein Anti-Schwindel-Mittel auf narkotischer Basis verschreibt, nimmt es nicht ein. Es ist für die Selbstheilung des Gleichgewichtsorgans kontraproduktiv.

Wenn ein mitfühlender Freund dich beruhigt: „Meine Mutter hat diesen Schwindel seit ca. 10 Jahren, seitdem kann sie nicht mehr alleine gehen!“, vergiss es! Sein nachgeschobener Satz: „Schwindel ist zusammen mit Tinnitus eins der großen Themen in der Medizin bei denen meist völlige Ahnungslosigkeit seitens der Ärzte zutage tritt“ mag zutreffen. Oder auch nicht. Die Hilfestellung dieser Bemerkungen ist unbestritten.

Könnte man mit dem Thema der alltäglichen ärztlichen (Fehl-)Diagnosen nicht ein super Spiel erfinden. Der erst kürzlich inkriminierte Satz aus der Spielbox zu einem Anwärter auf den SdJ-Titel passt wie die Faust aufs Auge: „Das Spiel … hat einen hübschen Spannungsbogen, läßt sich ein klein wenig beeinflussen und hat dennoch einen so großen Glücksanteil, dass es sowohl als Familienspiel wie auch als witzig chaotischer Absacker durchgeht.“

1. “Race for the Galaxy”
Ein Maultier im Pferdegeschirr, will sagen: ein Kartenspiel (und nichts als ein Kartenspiel) in einem ausgewachsenen Brettspielkarton! Das einzige Spielmaterial, das den Rahmen eines normalen Skat-Päckchens sprengt, sind Regelheft und Spielhilfen. Aber das hätte man auch kleiner hinkriegen können.

Das bereits 2007 erschienene Spiel von Tom Lehmann hat einige Ehrungen eingeheimst: Eingereiht in „Top du Classement“ bei TricTrac und auf der „Ewigen Bestenliste“ vom Österreichischen Spielepreis, Nominee für den International Gamers Award 2008 und Dritte bei „Japan Boardgame Prize 2008“. Aaron hatte auch bei BGG viel Gutes darüber gelesen und das Spiel bestellt. Es ist nur noch als englische Ausgabe lieferbar.

Jeder bekommt einen festen Satz von (identischen) Aktionskarten und zieht im Laufe des Spiels massig viele verschiedene Baukarten. Pro Runde wählen wir verdeckt eine unserer Aktionskarten, und alle decken sie gleichzeitig auf. Damit steuern wir, ob wir

  • neue Baukarten vom verdeckten Stapel ziehen und auf die Hand nehmen
  • Baukarten aus der Hand als neue Fähigkeiten auslegen
  • Baukarten aus der Hand als neues Gelände auslegen
  • auf unsere Geländekarten Güterkarten (= Baukarten mit der Rückseite nach oben) legen dürfen
  • Güterkarten gegen Baukarten eintauschen

Fähigkeiten und Grundstücke müssen auch noch mit Baukarten bezahlt werden. Nur militärische Grundstücke kosten nix; um sie auslegen zu dürfen, braucht man aber jeweils eine militärische Mindeststärke, die man allerdings nur peut à peut erwerben erwerben kann.

Alle ausliegenden Karten bringen a) Siegpunkte und b) Vorteile beim Erwerben und Auslegen weiterer Baukarten: Ziehen zusätzlicher Baukarten, billiger bauen dürfen, zusätzliche Militärstärke, besserer Umtauschkurs von Güterkarten in Baukarten und ähnliches. Die Kombinationsmöglichkeiten der unterschiedlichen Vorteile sind ungezählt.

Bemerkenswert ist das Ausspielen der Aktionskarten. Jede Aktion, die ein Spieler gewählt hat, dürfen allen anderen Spieler auch ausführen. Aktionen, die keiner ausgewählt hat, finden nicht statt. In diesem Mechanismus liegt auch eine gewisse (die einzige!) Interaktion des Spiels (wenn man das überhaupt so nennen will!): man darf vorauszuahnen, welche Aktionskarten die Mitspieler wohl auswählen werden, um bei dieser Aktion als Trittbrettfahrer dabei zu sein, eine andere Karte zu wählen und dadurch ein (halbes) Tempo zu gewinnen. Immerhin.

Aaron hatte sich für das Militär entschieden und seine Militärstärke schnell auf ein omnipotentes Niveau gehoben. In der Endphase – wie könnte es bei ihm auch andere sein – zog er allerdings keine weiteren Baukarten mit militärischem Gelände. Sein Overkill-Potential verpuffte im Leerlauf. Günther war auch auf das Militär ausgegangen, er zog dann auch noch die richtigen Entwicklungskarten mit tollen Vorteilen bei Aktionen und Schlußabrechnung. Mit nahezu der doppelten Spiegpunktzahl gegenüber seinen beiden Mitspielern konnte er sich aufs Treppchen schwingen.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Hab mir das Spiel anders vorgestellt, es ist völlig unnötig aufgeblasen), Günther: 6 (das Spiel ist nicht meines, das Aufmotzen der Ideen von „San Juan“ macht kein besseres Spiel), Walter: 4 (sehr subjektiv; mag solche Optimierungs-Irrgärten einfach nicht; die Hoffnung beim nächsten Mal bessere Karten zu ziehen, erzeugt noch lange keinen Wiederspielreiz)

2. “Istanbul”
Vor zwei Wochen lag das gut strukturierte, flotte Spielchen um Wandeln und Handeln auf den Märkten von Istanbul zum ersten Mal bei uns auf dem Tisch. Von Mal zu Mal wird man klüger und kann sich einen besseren Plan für sein Vorgehen zurechtlegen.

Achtet auf die Möglichkeiten, blaue Waren zu bekommen! Es gibt viel mehr davon als nur das Postamt und den Schwarzmarkt. Auch das Ausnutzen spontaner Optionen wie Schmuggler und „andere Familienmitglieder“ gehört dazu, und zu einem erfolgreichen Gesamtplan.

Auch in „Istanbul“ gilt es – wie in „Race for the Galaxy“ -, eine große Vielfalt von Abläufen zu optimieren; doch ich empfinde es fast als Sakrileg, diese beiden Spiele in einem einzigen Atemzug zu nennen. Hier liegt das ganze Optimierungsschema von vornherein offen vor uns, und wird nicht erst durch neue und zufällig gezogene Karten, aufgebaut. Die Abläufe sind überschaubar und durch die graphische Gestaltung des Spielplans mnemotechnisch vorzüglich unterstützt. Dort … ach, was soll ich weiter Mäuse mit Elefanten vergleichen …

Diesmal konnte Aaron das Spiel im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu Ende spielen und es gefiel ihm gleich noch besser.

WPG-Wertung: Aaron: 8 (von bisher 7: Das Spiel ist schon sehr schön; wenn dieses Spiel auch noch „Kennerspiel des Jahres“ wird, bin ich versöhnt mit der Wahl von jedem beliebigen S… zum “Spiel des Jahres”), Günther: 8 (bleibt), Walter 8 (bisher 7, das Spiel ist einfach rund, spielerisch, planbar, und enthält wohldosierte Glückseffekte).

“Heimlich & Co” in der Camel-Up-Variante “Up & Co”
“Heimlich & Co” in der Camel-Up-Variante “Up & Co”

3. “Heimlich & Co”

Über das Lamentieren und Schwärmen beim Durchgehen der Liste aller Preisträger von „Spiel des Jahres“ seit 1979 gerieten wir zu diesem Preisträger von 1986. Walter hatte noch ein jungfräulich verschweißtes Original von Ravensburger im Schrank, und alle waren mit Freude zum ersten Spatenstich bereit.

Beim Suchen im Internet nach Informationen zur aktuellen Spielpositionierung stieß Aaron auf die Verkaufswerbung für die Neuauflage von Amigo:

Number of players: 2-7 Playing time people over 8 years old: Age Group: 45 minutes
It is a remake of the game that won the German Game Awards year 1986.
The hidden Supaikoma which they are responsible is whether the which, while to avoid Barre to other players, But we must complete the game score is higher is their last.
Variation two rules is also provided, which is as a rule enjoy a variety with and reasoning in the game the way, and adjustment of difficulty.

Auf eine Rückwärtsübersetzung in gleichgutes Schriftdeutsch wird jetzt verzichtet. Immerhin hat der Google Translator erkannt, dass „Supaikoma“ Litauisch ist und im Deutschen mit dem gleiche Fachausdruck übersetzt wird …

Welch ein schönes Spiel! Welche hübschen Ideen sind hier eingebaut! Würfeln – aber nur spielerisch, ohne essentielle Bedeutung, Bluff und Einfühlungsvermögen, absolut spielimmanente Möglichkeiten zum Beschleunigen und zum Verlangsamen. Aaron: „Es hat schon Charme, mit so wenigen Elementen eine so hübsche spielerische Wirklung zu entfalten.”

WPG-Wertung: Aaron: hob seine bisherigen 6 Punkte auf 7 (Widerlegung unserer Altersdiskussion: es ist keinesfalls so, dass mit steigenem Alter die vergebenen Noten immer schlechter werden), Günther blieb bei 7, Walter bei 8.

4. “Up & Co”
Nach dem ersten Spiel schlug Günther gleich die „Camel-Up“ Version vom „Heimlich & Co“ vor: Die Detektive können huckepack aufsitzen und gemeinsam über den Parcours bewegt werden.

Das Spiel wird noch schneller (weil mehrere zurückgefallene Detektive gemeinsam als Sammelladung wieder Anschluß finden können) und für die Tarnung des eigenen Spielers gibt es mehr Möglichkeiten, weil man sich unter Sammelladungen verstecken kann.

WPG-Wertung: Aaron und Günther geben für die „Up & Co“-Variante jeweils einen – nicht darstellbaren – halben Punkt mehr; Walter bleibt auch hier bei seinen 8 Punkten.

25.06.2014: In Memoriam Hans Frey

Heute wäre Hans 51 Jahre alt geworden. Von Peter kam die Idee, den Spielabend am heutigen Tag als „Westpark-Gedenkspieleabend“ für Hans zu gestalten. Hansens Geist sollte über unserer Begegnung schweben, und seine Lieblingsspiele sollten im Mittelpunkt stehen. Alle fanden die Idee großartig.

In der Halbzeit las Andrea einen privaten Brief von Hans aus dem Jahre 2003 vor, aus dem Hansens ernsthaftes Ringen über Wahrheit und Klarheit in den Themen Familie, Nähe, Verständnis, Prägung, Konventionen, Ethik und Perfektionismus zum Ausdruck kamen. Vielen Dank dafür, liebe Andrea.

Peter hat einen Nachruf auf Hans verfasst, der heute veröffentlicht wurde (unter dem Menüpunkt „Hans“ in der Rubrik „Kontakt“ von unserer Startseite aus direkt zugreifbar). Auch Dir, lieber Peter, vielen Dank für Dein geist-, pietät- und liebevoll zusammengetratenes Werk.

Acquire - MEGAcquire
Acquire – MEGAcquire

1. “MEGAcquire”
Zu Hansens Zeiten hieß das Spiel noch „Acquire“. Aus einem Vorrat von rechteckigen Hotelsteinen mit festen Koordinaten legen wir reihum jeweils einen Stein auf ein rechteckig strukturiertes Spielbrett. Sobald zwei Steine nebeneinander zu liegen kommen, wird damit eine Hotelkette begründet. Der Gründer bekommt eine Bonusaktie und kann sich anschließend noch weitere Aktien kaufen – von dieser oder von anderen bereits gegründeten Hotelketten. Der Kaufpreis für die Aktien steigt mit der Anzahl von Hotelsteinen, aus denen sie gebildet ist.

Wird ein Stein gelegt, der zwei Hotelketten verbindet, so verschmelzen die beiden Ketten: Die größere schluckt die kleinere. Die Aktionäre der kleineren erhalten einen erklecklichen Verschmelzungs-Bonus, die Aktionäre der schluckenden Kette freuen sich über der Wertzuwachs ihrer Aktien durch der erheblich gestiegenen Anzahl von Hotelsteinen, aus denen die Kette besteht.

Das Spiel beinhaltet ein Maximum an Interaktion. In irgend einer Ecke ein eigenes Süppchen zu kochen, bringt eigenen ungeteilten – aber auch bescheidenen – Gewinn. Sich ins Getümmel zu werfen und im Brennpunkt des Geschehens von dem Früchten der Wachstumspolitik aller Mitspieler mitzuprofitieren, das macht satt und reich. Und natürlich auch das langfristige Investieren in die Gesellschaften, die am Spielende noch übrig bleiben.

Das neue „MEGAcquire“ ist eine im Jahr 2012 fertig gestellte Kickstarter-Weiterentwicklung von Sid Sackson’s 50 (!) Jahre altem „Acquire“ mit folgenden Änderungen:

  • Die Spielsteine sind hexagonal. Sie haben demnach 6 anstatt nur 4 Nachbarn. So bieten sie deutlich mehr Kombinationen beim Hotelketten-Gründen und Hotelketten-Verschmelzen.
  • Jeder Spieler bekommt zu Spielbeginn zwei Jokersteine ausgeteilt, die er auf beliebigen Koordinatenpositionen im Spielbrett ablegen kann. Das erhöht die Flexibilität, vermeidet Engpässe, gleicht Benachteiligungen beim Austeilen und Nachziehen von Hotelsteinen aus und gibt berechtigte Hoffnungen auf zwei kalkulierbare Superzüge.
  • Jeder darf jetzt pro Zug statt nur 3 gleich 6 Aktien kaufen. Das beschleunigt der Spielablauf, was in unserer schnelllebigen Zeit zweifellos als Vorteil empfunden wird.
  • Man darf neue Aktien auch durch den Verkauf alter Aktien bezahlen. Das erlaubt ein ungehindertes Umschichten des Aktienbesitzes, gestattet aber auch einen etwas sorgloseren Umgang mit seinem Portefeuille. Kann man positiv oder negativ sehen, für ein lockeres Drauflos-Spielen ist das aber wohl eher positiv.

Bei BGG gibt es eine große Diskussion darüber, ob „MEGAcquire“ ein böses Plagiat ist oder nicht. So blindlinks abgekupfert wie der geschniegelte Karl Theodor hat der Autor Lloyd Solon aber nicht. Er hat neue Qualitäten hineingepackt. Im Übrigen würde mich hier eine Stellungnahme der SAZ unter dem Aspekt von Urheberrechtschutz brennend interessieren. Damit könnte die Zunft in ihre ziemlich ausgelutschte Urheber-Kampagne eine neue Geschmacktsrichtung hineinbringen …

WPG-Wertung für „MEGAcquire“: Andrea: 8, Günther: 9, Moritz: 9 (eigentlich 10, wenn die Idee nicht geklaut wäre), Walter: 8.

In memorian Hans wurden auch die Noten für das alte „Acquire“ heute neu justiert (in Klammern die bisherigen Punkte): Andera: 6 (7), Günther: 10 (9), Moritz: 10 (8), Walter 7 (7).

Hallo Peter, Du hast für „Acquire“ magere 2 Punkte vergeben. War das jetzt ein selbstloses Opfer für Hans, dass Du dieses Spiel für den heutigen Abend vorgeschlagen hast? Oder wußtest Du, dass wir es bereits über die Bühne gebracht haben, bevor Du von Deinem Tübinger Seminar zurückkommen und bei uns erscheinen würdest?

Bausäcke
Bausäcke

2. “Bausack”
Brettspieler waren zunächst etwas verdutzt, als ihnen dieses Spiel von Klaus Zoch als „Brettspiel“ untergejubelt wurde. Hochgejubelt wurde es auf alle Fälle, denn 1988 schaffte es immerhin die Aufnahme in die erlesene Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Verdientermaßen.

Das Bieten um Bausteine, die man in sein Gebäude einbauen möchte oder muss, bzw. nicht einbauen möchte, sondern seinen Mitspielern als häßliches Entlein zukommen läßt, hat zweifellos Brettspielcharakter. Und das taktisch und statisch richtige Einbauen der Steine in sein individuelles Hundertwasser-Gebilde ist konstruktiv, lustig, spannend und entspannend. Ein großes Spiel.

Unser Hans hat dafür 9 Punkte vergeben. Die übrigen Westparker stehen ihm mit jeweils 8 Punkten aber kaum nach.

Keine neue WPG-Wertung.

19.06.2014: Wenig beeinflußbar

Die Spiele-Autoren-Zunft e.V. (SAZ) ist ein 1991 gegründeter Zusammenschluss (überwiegend) deutscher Autoren als gemeinsame Interessenvertretung gegenüber Öffentlichkeit und Verlagen. Eines der Satzungsziele ist die Stärkung des Kulturgutes Spiel in der Gesellschaft. Sie veranstaltet Seminare, in denen angehenden Autoren das Rüstzeug für Spielentwicklung und Produktion vermittelt wird. Auf den großen Spielemessen und Autorentreffen im deutschsprachigen Raum zeigt sie ihre Präsenz. In den letzten Jahren ist sie insbesondere mit ihrer Kampagne zur Anerkennung von Spieleautoren als Urheber hervorgetreten.

Seit dem 14. Juni dieses Jahres ist unser Aaron Pressesprecher der SAZ. Mal sehen, ob es jetzt dort (noch) lauter wird.

1. “FarbX”
Ohne eine Tasche mit Spielen kam Moritz am Westpark an. Den verwunderten Blicken hielt er aber sofort ein „Ich habe trotzdem ein Spiel dabei“ entgegen. Auf einer DIN-A-4-Seite waren die Regeln von Christof Tisch’s neuem Prototypen „FarbX“ aufgeschrieben. Ein Satz mit Romme-Karten ist das einzige Material, das dazu benötigt wird. Das sollte in einem Bridger-Haushalt doch vorhanden sein. (Achtung Christof: Wenn weiter nichts dazukommt, wirst Du es schwer haben, für diese Spielidee Dein eigenes Kartenmaterial auf den Markt bringen zu können!)
Auf dem Tisch ist Platz für vier Stapel in den verschiedenen Spielfarben Kreuz, Pik, Herz und Karo. Zu Spielbeginn bekommt jeder drei Karten auf die Hand ausgeteilt. Jetzt kann man reihum

  • Beliebig viele Handkarten einer Farbe offen vor sich auslegen. Bestehende Auslagen der gleichen Farbe müssen erweitert werden.
  • Eine Handkarte zu dem farblich passenden öffentlichen Farbstapel hinzufügen. Anschließend darf man vom verdeckten Nachziehstapel soviele Karten auf die Hand nachziehen, wie sich aktuell Karten in diesem Farbstapel befinden. Ein munterer Springbrunnen für neue Karten.
  • Für eine Kartenfarbe in seiner Auslage eine Wertung auslösen: Die Anzahl der Karten in der Auslage mal die Anzahl der Karten im zugehörigen öffentlichen Stapel ergibt die Anzahl Siegpunkte, die man dafür erhält. Ein gigantisches quadratisch wachsendes Potential für Siegpunkte.
  • Eine bliebige Handkarten verdeckt auf einen geheimen Endwertungsstapel legen. Bei Spielende werden alle Auslagen aller Spieler mit Faktoren gemäß den Farbkarten in diesem geheimen Endwertungsstapel additiv gewertet.

Das ist alles. Schnell erklärt und schnell begriffen. Aber noch längst nicht beherrscht. Ist es besser, seine Auslage zu erweitern oder den Faktor zu erhöhen, mit dem sie gewertet wird? Wenn ein – nicht einmal übermäßig gewitzter – Mitspieler zuerst wertet, wird der Faktor wieder auf 1 zurückgesetzt. Dann hat man das falsche Pferd gefüttert.

Soll man zunächst mal nur so prophylaktisch von jeder Farbe eine Droh-Auslage schaffen, damit man bei ausreichend hohen öffentlichen Faktoren sofort als erster zuschlagen kann? Die kärgliche Erstausstattung von 3 Karten läßt dafür nicht viel Spielraum.

Soll man überhaupt auf Zwischenwertungen verzichten und sein Glück allein mit dem geheimen Endwertungsstapel und riesigen Auslagen in allen Farben versuchen? Walter sollte diese prophezeite Gewinnstrategie mit einer einzigen Farbe versuchen, was wegen seiner unglücklichen Kartenhand total daneben ging.

Das Spiel hat mehr Tiefe, als wir in den ersten drei Runden erkennen konnten. Allerdings bleibt das Glück beim Nachziehen der Karten eine wesentliche Einflußgröße für den Sieg. Neben der Unberechenbarkeit der Mitspieleraktionen.

WPG-Wertung: Aaron: (Der Funke ist nicht übergesprungen. Für die Zugauswahl gibt es keine rationalen Entscheidungshilfen, unbefriedigend sind die unvermeidlichen Killerwertungen, die den Sieg bedeuten, ohne dass man sie in der Hand hat), Günther: (Modifizierungsvorschlag: Bei den Wertungen sollten die Mitspieler mitprofitieren können; evtl. nur prozentual, dafür dürfen sie aber die Karten in ihrer Auslage behalten), Moritz: (schnell und locker. [Oder hieß das nicht locker?]), Walter: (Das Spiel hat was, aber es fehlt auch was.)

Da hat doch gerade in der Spielbox jemand zu einem potentiellen Anwärter auf das Spiel-des-Jahres 2014 geschrieben: „Das Spiel sieht gut aus, ist günstig, macht Spaß, hat einen hübschen Spannungsbogen, läßt sich ein klein wenig beeinflussen und hat dennoch einen so großen Glücksanteil, dass es sowohl als Familienspiel wie auch als witzig chaotischer Absacker durchgeht.“

Das trifft alles auch auf die aktuelle Fassung von „FarbX“ zu. Doch ist es wirklich zutreffend, dass „ein klein wenig beeinflussen“ und „großer Glücksanteil“ Voraussetzungen für ein Familienspiel sind? Und dass das dann gleich auch als „witzig“ gilt?! Oh sancta simplicitas, jetzt verstehe ich die Juroren von SdJ! Und das Gro der Familienspieler.

Istanbul - and the winner is ... Moritz
Istanbul – and the winner is … Moritz

2. “Istanbul”
Wir sind Kaufleute im Basar von Istanbul und eilen mit unseren Gehilfen von Stand zu Stand, von Lager zu Lager, zum Schwarzmarkt, Juwelier, in die Teestube und zum Sultanspalast. (Liegt der eigentlich auch im Basar?)

Wir besorgen uns Waren (schön abstrakt in den vier Farben rot, grün, gelb und blau), verkaufen diese gegen bare Münze und besorgen uns für Waren und/oder Geld Diamanten, die den Sieg bedeuten. Der Ausbau unseres Ladens bringt effizienteren Warenumschlag, für den Gelderwerb dürfen wir auch würfeln, und in der Karawanserei bekommen wir Bonuskarten, die unsere Aktionen unterstützen.

Vier bis fünf Gehilfen gehen uns beim Agieren zur Hand. Regelmäßig müssen wir sie wieder in die Zentrale zurückholen, es sei denn, wir sammeln sie mit unserem Boss selber wieder ein.

Der optimale Weg durch den Basar ist wichtig, denn unsere Schrittweiten sind begrenzt und die richtige Reihenfolge beim Erwerben und Tauschen ist essentiell. Ein Transportoptimierungsprogramm wäre nicht schlecht, doch dafür geht es in Istanbul viel zu locker zu. Man darf allerdings nicht blind durch den Basar laufen und immer nur das Naheliegendste nehmen; bei allen Aktionen sollte der Erwerb von Diamanten immer im Auge behalten sein.

Moritz fand eine gelungene Combo von Anlaufstellen, die er reihum mit seinen Gehilfen besuchte, ohne durch die periodische Sammelaktion Tempo zu verlieren. Niemand kam ihm in die Quere (was in Istanbul auch nicht so leicht ist – leider) und mit Hilfe der schnell erworbenen Moschee-Plättchen steuerte er unangefochten seinen Sieg an. Beim nächsten Mal wird der Basar neu zusammengestellt, da muss er – und die anderen auch – eine neue Combo suchen. Höchst spielerisch.

Mit seiner enormen Erfahrung als Spieleautor hat Rüdiger Dorn ein reifes Spiel geschaffen, das überaus rund und flüssig abläuft, an keiner Stelle Ärger oder Frust erzeugt, für jede Situation leicht auffindbare Lösungen oder Lösungsalternativen bereitstellt, und reine, konstruktive Spielfreude vermittelt.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (der Bewegungsmechanismus ist toll), Günther: 8 (kein Monster, kein simples [dröges] Worker-Placement-Spiel, [sondern alles gut oder besser]), Moritz: 8 (offene Konkurrenz, deutliche Interaktion u.a. beim „Erster-Sein“, nicht miesnickelig oder fies, die Diamanten-Lösung ist sehr gut designt), Walter: 7 (flüssig, hübsche, überschaubare Abläufe).

3. “Trans Europa”
Von Gummibärchen, Kartoffelchips, dem Rheinriesling, Mineralwasser oder seinem Abendessen zuhause war es Aaron ganz plötzlich ganz schwindelig geworden. Auch eine Ruhelage im Sessel brachte keine Abhilfe. Seine Frau mußte ihn am Westpark abholen. Hallo Aaron, hoffentlich geht es Dir jetzt schon wieder besser!

Das zurückgebliebene Trio war zunächst ziemlich bedröppelt. Wir brauchten einen Aufmunterer. Da kam „Trans Europa“ gerade zurecht. Ein saustarke Komposition des seligen Franz-Benno Delonge. Das Spiel sieht sehr gut aus, ist günstig, macht sehr viel Spaß, hat einen hübschen Spannungsbogen, sehr viel Geist, Einfühlungsvermögen und Interaktion; alles läßt sich beeinflussen und dennoch bleibt ein bißchen Glücksanteil übrig. Es baut auf und es sackt ab. Kurzum: Ein Spielvergnügen im Quadrat.

Den Sprung auf die Auswahlliste zum „Spiel des Jahres“ hat es seinerzeit trotzdem nicht geschafft.

Für weitere Informationen siehe die zahlreichen Session-Reports sowie die Spielekritik vom 5. April 2008 auf unserer Seite.
WPG-Wertung: Keine Änderung der guten Noten mit einem Schnitt von 8.0. Eigentlich wäre das Spiel noch einen Punkt mehr wert.

4. “6 nimmt!”
Günther hat die neue Jubiläumsausgabe zum 20-jährigen Bestehen der Erstausgabe von „6-nimmt“ mitgebracht. Insgesamt 2,7 Millionen Exemplare dieses Spiels wurden bisher verkauft. Davon siebenhunderttausend im Ausland! (Nur!)

Die neue Ausgabe enthält zehn neue Joker-Karten. Sie haben die Werte 0,0 bis 0.9 und können hinter jede beliebige Zahlenkarte angelegt werden. Damit wird die bisherige vorherrschende „höchste-niedrigste“-Strategie (siehe Review vom 21.20.2001) total umgeworfen, aber durchaus „6-nimmt“-spielekonform. Eine echte Bereicherung.

WPG-Wertung: Keine Änderung der guten Noten, die sich zwischen 8 und 10 Punkten bewegen. Nur Peter leistete sich hier mit 6 Punkten einen Ausrutscher. Pfui!.

11.06.2014: Kosmische Verschlüsselung

Hans ist tot. Nach langer schwerer Krankheit hat ihn der Tod erlöst.

Schon seit Beginn unserer Aufzeichnungen war er dabei. Am 13. Oktober 2010 hat er seine letzte Wertung abgegeben: “Jede einzelne Aktion kostet eine Menge Gehirnschmalz und ist im Endeffekt irrelevant.“. Das war charakteristisch für ihn als großen Denker in unserer Runde.

Dabei war er immer ein lieber, angenehmer, fairer und integrer Mitspieler und Mensch. Sein Tod ist ein großer Verlust für uns alle, so wie sein Leben für uns eine große Bereicherung war.

Warum muss man nur solche bescheidenen 4er schreiben?!
Warum muss man nur solche bescheidenen 4er schreiben?!
1. “Cosmic Empires”
Horst hatte sich vorbereitet und freute sich, ein „einfaches Spiel“ vorstellen zu können. Kein Worker-Placement, keine komplexe Optimierung, ein freies lockeres Spielen war angesagt. Mit einer klaren Vorstellung über die Linienführung trug Horst die Regeln vor. Ernst und konzentriert war seine Stimme. Aber wer konnte schon ernst bleiben, wenn sich jeder erst mal „eine Fregatte nehmen und auf seinen Ständer stecken“ sollte. Die Assoziationen uferten aus, und nicht nur Peter fand, dass der Schlitz viel zu eng war. So dauerte es weit über eine Stunde bis Horst durch die Regeln durch war.

Wir erforschen und besiedeln den Weltraum, der in Form von verdeckten quadratischen Platten vor uns liegt. Jeweils ein Plättchen davon können wir erkunden, austauschen und / oder aufdecken. Allmählich entsteht so eine Allschaft aus Planeten, Kolonien, Werften, Forschungszentren, Piratennestern, Asteroiden und leerem Raum.

Mit unserer aufgesteckten Fregatte, später auch mit mehreren davon, sowie mit Kreuzern – Schiff-Nachbau ist eine der leichtesten Übungen im Cosmos – durchsegeln wir das All, besetzen Planeten und was da noch so kreucht und fleucht. Wir bekriegen die Piraten und vertreiben unsere Mitspieler. Kampf und Verdrängung wird mittels eleganten Kampfwürfeln entschieden: je größer die Flotte, desto mehr Würfel darf man einsetzen. Abhängig vom Würfelergebnisse gibt es Treffer, die ein Schiff beschädigen oder versenken. Nach dem ersten Schußwechsel darf sich sowohl der Angreifer wie auch der Angegriffene mit halbversenkten Schiffen zurückziehen. Für den nächsten Kampf im All sind unverzüglich alle Wunden wieder geheilt.

Fünf „Fraktionen“ gibt es im Spiel: Einheimische, Forscher, Piraten, Konzerne und Imperium. Jede Fraktion hat eine eigene Kampfeigenschaft: Die einen sind schneller vor Ort, die anderen schneller wieder weg, die Forscher forschen ertragreicher und die Piraten sind immer für eine Überraschung gut: Vor jedem Gefecht dürfen sie eine „Ereigniskarte“ ziehen und damit ihre Reichweite, Schusskraft, Verteidigung, Kampfwürfelanzahl und ähnliches erhöhen. U.U. bekommen sie sogar eine „Friedenskarte“ und können damit einen Angreifer sofort sanftmütig zum Rückzug veranlassen.

Einträchtig wurden die fünf Fraktionen charakterlich passend unter uns fünf Spielern verteilt. (Hallo Günther, kannst Du Dir vorstellen, wer welche Fraktion bekommen hat? Auch unsere Leserschaft darf raten!)

Jeder Spieler verfolgt beim Kämpfen (und beim friedlichen Weltraum-Erkunden) ein eigenes fraktionsspezifisches Ziel: der eine muss eine Anzahl Asteroiden und Stationen besetzen, ein anderer Forschungszentren und Werften, der dritte muss seine Potenz auf einen bestimmten Level bringen und dabei genügend Fregatten begattet haben. Und was es sonst noch für Aufgabenkombinationen gibt. Sobald ein Spieler sein Ziel erreicht hat, ist das Spiel zu Ende.

Die Spielziele sind eigentlich nicht schwer. Ein paar Quadrate zu erobern und besetzt zu halten, das sollte doch kein Kunststück sein. Ist es aber. Die Aufgabenstellungen sind nämlich nicht disjunkt, um manche Quadrate streiten sich mehrere Spieler. Wenn ein Spieler dann z.B. seine Aufgabe bis auf ein einziges Planetchen erfüllt hat, kommen die Mitspieler daher und nehmen ihm irgendwo wieder ein-zwei Planeten ab. Es ist mehr oder weniger Zufall, wie weit man seine Aufgaben ungestört erfüllen kann, und wann und wie man dabei auf gegenläufige Ambitionen eines Mitspielers stößt. Der Endsieg kann ziemlich lange auf sich warten lassen.

Das war bei uns auch der Fall. Jeder dümpelte mit halbwegs erfüllten Aufgaben dahin, doch die letzten 10% Prozent erforderten – wie im richtigen Projekt-Leben – nochmals 90% der Zeit. Nach zwei Stunden gaben wir auf, angeführt von Walter, der als einziger mit seiner Aufgabe noch gar nicht aus den Startlöchern gekommen war. 9 Planeten hätte er besetzen sollen. Dabei gibt es im gesamten Spiel, wenn alle Plättchen aufgedeckt sind, nur 10 Stück davon. Und wenn ein Mitspieler aus Bosheit und Pläsier zwei Planeten-Quadrate ausgetauscht hätte, wäre Walters Aufgabe überhaupt nicht mehr zu erfüllen gewesen. Da kann doch etwas nicht stimmen! Wir lasen (euphorische) Reviews im Internet, fanden aber nirgendwo einen Weg für das Haar aus der Suppe.

Erst als der Spielabend zu Ende war und die anderen Spieler schon längst zu Hause waren, nahmen Aaron und Walter nochmals Lust und Leid von „Cosmic Empires“ unter die Lupe. Für welches Alter wird das Spiel empfohlen? Ab 12. (Wird wohl stimmen. Wilhelm, diese Information ist für Dich!) Und welche Spielzeit ist dafür angesetzt? 95 bis 90 Minuten! Hallo, hier liegt der Hund begraben! Die erste 9 muss eine 4 sein! Die Schriftart ist so bescheuert gewählt, dass beide Ziffern nicht zu unterscheiden sind. Erst beim Schreiben des Spielberichtes entdeckten wir auch den Hinweis im Regelheft: „Achtung! Die Zahl 4 ist mit der Zahl 9 nicht zu verwechseln. Die Zahl 9 ist im Spiel nicht vertreten.“ Aber da war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Geehrter Autor Gyulai Sándor, geehrter Designer Benjamin Carré, ihr hättet Euch dieses „Achtung“ sparen können – und uns garantiert 50% mehr Spielfreude gemacht – wenn Ihr Euere Aufträge in einer vernünftigen, aber nicht in dieser beschissenen Comic-Cosmic-Schrift gedruckt hättet.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (als Zweierspiel ist es vielleicht 6 Punkte wert), Horst: 6 (das Weltraumfeeling war da, habe schon viel drögere Spiele gesehen), Moritz: 4 (8 potente Punkte für das Zweierspiel, die Mechanismen sind hübsch, es geht sofort los), Peter: 6 (im Vorahnung auf ein Spiel mit weniger Teilnehmern), Walter: 5 (mit der falschen „9“ wären es nur 3 Punkte gewesen! Dahinplätschernder Zeitvertreib; jeder spult engagiert seine Aktionen ab, doch wer gewinnt ist schließlich zu 100% davon abhängig, ob einem die Mitspieler zufällig in die Quere kommen oder nicht.)

Glanz mit Kühlung
Glanz mit Kühlung
2. “Splendor”
Es ist schon außergewöhnlich, dass ein Spiel, das bei uns so schlechte Kritiken bekommt, dreimal hintereinander aufgetischt wird. Aber schließlich ist es ein heißer Kandidat für SdJ-2014, und Horst und Moritz kannten es noch nicht. Da das Spiel nur zu viert geht, verzichtete Walter schweren Herzens und widmete sich seinen Pflichten als Mundschenk, was bei den hohen Temperaturen – das angekündigte Sommergewitter mit seiner ersehnten Abkühlung blieb leider aus – keine leichte Aufgabe war.

Moritz wartete mit Spannung auf die Spannung und registrierte jegliches Aufkeimen einer solchen. „Jetzt wird es spannend!“ „Es ist wahrsinnung spannend!“ „Das ist schon der Gipfel!“ Genauso spannend, wie wenn beim Roulette die Kugel anfängt, langsamer zu rollen. (Wenn dabei ein Vermögen auf dem Spiel steht.)

Aaron, Moritz und Peter hatten auf eine gewisse Diversifizierung gesetzt, kamen wegen der dabei entstehenden Konkurrenz um Farben und Kombinationen aber nicht in die Pötte. Horst ging zielgerichtet auf ein paar wenige punkteträchtigen Karten los. Dazu nahm er sich sogar mehrmals „nur“ zwei Chips, dafür aber von der gleichen Farbe. Die Auslage war ihm gewogen und er war schon bei 8 Siegpunkten angelangt, als seine langfristig planenden Mitspieler noch bei 0 (Null) herumkrebsten.

Etwas vorwitzig kündigte er ein „Matt in einem Zug“ an; Moritz konnte ihm die anvisierte Karte zum Sieg noch vor der Nase wegreservieren. (Das kommt einem Opferzug für die mitspielende Allgemeinheit gleich!) Doch nach zwei weiteren Chip-Nehme-Runden erreichte Horst mit den wenigsten Karten aller Mitspieler – sogar mit erheblichen Vorsprung – das Punktelimit für den Sieg.

WPG-Wertung: Aaron reduzierte seine Note von 5 auf 4 (von Spiel zu Spiel wird das Spielgefühl schlechter), Moritz: 3 (funktioniert, ist aber ein wahnsinnig autistisches Wixxspiel; noch dazu ohne Höhepunkt), Horst: 5 (paßt voll in die SdJ-Philosophie [autistische Spiele]), Walter bleibt bei seinen 5 Punkten; nachdem er sich mit den themenlosen Trivialaktionen abgefunden hat, kann er sich von Spiel zu Spiel immer besser in die Spielfreude schlichter Gemüter hineinversetzen)

Ein Dementi und eine Bestätigung zu unseren früheren Behauptungen über die Splendor-Beherrschbarkeit von Sechsjährigen:
a) Peter stellte fest, dass es nicht genügt, den Zahlenraum bis 10 zu beherrschen: wenn man den eigenen Sieg feststellen möchte, man muss schon mindestens bis 15 zählen können.
b) Moritz bestätigte auf Rückfrage, dass sein siebenjähriger Milo eine Splendor-Partie auch schon gewinnen könnte. Aber vielleicht ist der geniale Sohn von genialen Eltern hier kein allgemeingültiger Maßstab.

3. “Abluxxen”
Irgend jemand erinnerte uns nochmals explizit daran, dass ein Spieler, dessen Auslage abgeluxxt wird, die Karten auch auf die Hand nehmen kann. Fälschlicherweise glaubten wir, die Entscheidung dafür läge beim Abluxxer. So legte jeder Spieler reihum irgendwelche kleine Karten vor sich hin und wurde umgehend von seinem linken Nachbarn gezwungen, die Karte(n) wieder aufzunehmen. Großes Entsetzen! Das Spiel funktioniert doch gar nicht.

Bis Peter den Fehler erkannte: Es liegt in der Entscheidung des Abgeluxxten, ob er die abgeluxxte Karten auf die Hand nehmen oder auf dem Ablagestapel ablegen will. Es funktionierte wieder. Bestens.

WPG-Wertung: Horst: 9 (super Kartenspiel, sehr viel Interaktion), Moritz: 8 (sehr, sehr gut; das Spiel hat Tiefe, es ist logisch und leicht zugleich; tausendmal besser als … [Wie hieß doch nochmal das Spiel …?]), die anderen blieben bei ihren Noten.

Hallo Peter, hältst Du Deine 6-Punkte für „Abluxxen“ heute immer noch für angemessen? Auch wenn ein erheblicher Glücksfaktor durch die initiale Kartenverteilung unbestritten ist!

04.06.2014: Wechselbäder in Lucca

Aus gegebenem Anlaß ein Wort über unser Selbstverständnis als Spieler und Kritiker.

Wir spielen ausschließlich zum Vergnügen. Als private Freizeitbeschäftigung. Wir tragen keine Verantwortung dafür, dass Nicht-Spieler ans Spielen herangeführt werden oder dass „die Stellung des Spiels als Kulturgut in der Gesellschaft“ gestärkt wird (sinngemäß vom „Verein Spiel des Jahres“). Wir sind keine Missionare.

Wir achten nicht darauf, ob ein simples Spiel auch von einem einfachen Gemüt noch verstanden werden kann, oder ob ein komplexes Spiel an Spielefreaks genügend Herausforderungen stellt. Wir spielen Spiele – zugegebenermaßen möglichst viele – um des Spielen und des Kennenlernen willens.

Unsere Kritiken sind keine juristischen Gutachten. Sie stellen subjektive Eindrücke von uns subjektiven Spielern dar. Auch wenn wir uns dabei bemühen, sachlich haltbare Tatsachen vorzubringen. Sachlich im Sinne von formulierbaren Qualitätsmaßstäben. Wer uns kennt, wer über unsere Spielberichte unsere Spielcharaktere kennengelernt hat, der kann unsere Aussagen einschätzen und sie als Wegweiser benutzen. Wegweiser zu UNSEREN Wegen, denen man folgen oder denen man ausweichen kann.

Wie andere spielen, ist uns nicht gleichgültig. Und wenn sie eine ähnliche Spielauffassung haben wie wir, freut uns das. Dabei ist es völlig egal, ob wir dann gemeinsam eine Mehrheit oder Minderheit sind. Möge jeder auf seine Weise glücklich werden.

"Lucca" in "Splendor" - kleine und grosse Schachteln
“Lucca” in “Splendor” – kleine und grosse Schachteln
1. “Splendor”

Aaron und Walter bemühten sich mit vereinten Kräften, Günther die Regeln beizubringen (siehe Spielbericht von letzte Woche). Doch wie sagt schon das Sprichwort: zwei Köche verderben den Brei. Wo einer ein Detail für höchst relevant hält, findet der andere das ganz nebensächlich. Und umgekehrt. Natürlich wollte Günther alles ganz genau wissen, z.B. die Verteilung der Farben, Preise und Prämien auf allen drei Karten-Ebenen. Das kann schließlich alles einen entscheidenen Einfluß auf die Gewinnstrategie haben. Wenn die schnurzige Antwort „Alles ist gleichverteilt!“ sachlich falsch ist, wird ein scharfer Dominion-Analyist gleich auf eine falsche Fährte geführt. Jedenfalls dauerte Günthers Einführung länger als 20 Minuten und es blieb immer noch ein vager Eindruck von Ungenügen in der Luft. Dabei schreibt Hachen Darkpact im Internet: „Die Regel ist kurz und schnell begriffen. Und sie ist auch so einfach, das sogar mein 7-jähriger problemlos mitspielen kann, wenn er auch noch nicht die besten Entscheidungen triff.“

Was sind schon richtige Entscheidungen? Eine einzige Farbe sammeln oder viele? Viele Chips horten oder immer voll investiert sein? Ist Wertkarten zu reservieren ein guter Zug oder verschenkt man damit grundsätzlich Tempo? Die Aussage von Tric-Trac „Wichtig ist das Reservieren: Ich kann mir eine Karte nehmen und bekomme dafür obendrein noch Gold“ halte ich schlichtwegs für eine Fehlinformation: Statt drei Chips, erhalte ich beim Reservieren nämlich nur einen Chip. Das kann nur in seltenen Fällen gut sein.
Ich wage mich jetzt auch mal selber an Spieltips und bin bereit, dafür öffentlich Prügel einzustreichen:

  • Nehme dir immer drei Chips, wenn du das darfst, d.h. wenn drei verschiedene Farben angeboten werden.
  • Nehme immer die Karte, für die du am wenigsten zahlen musst. Bei Preisgleichheit nimm’ die Karten mit dem größten Rabatt.

Das gilt zumindest für die erste Hälfte des Spiels. Und das läßt sich sogar theoretisch begründen. (Hier jetzt nicht!)

In der zweiten Spielhälfte geht es natürlich darum, die dicksten Siegpunkte einzufahren. Besonders auch über die kostenlosen Adeligen. Deswegen sollte man nach der halben Wegstrecke mal kurz innehalten, eine Bilanz ziehen und das eigene – ungerichtet erstandene – Besitztum mit dem der Mitspieler vergleichen, um entsprechend die finalen Ambitionen abzustecken. Jetzt kann es sogar noch einmal spannend werden. Die positive Spielstimmung von Das-SpielEn.de, wenn sie hier einen „Sog erleben, der durch das Kartensammeln und die Suche nach dem richtigen Zeitpunkt zum Umschwenken auf die Siegpunkte entsteht“, klingt durchaus glaubwürdig.

Aber „Strategien“ sind das nicht, was man bei „Splendor“ anwendet. Es gibt keine langfristigen, grundsätzlichen Erwägungen, in welche Richtung man sein Spiel gestalten sollte. Alles nützt für irgendwas. Hier akzeptiere ich eher Tric-Trac’s Aussage: „Das Zauberwort ist Flexibilität“, auf gut Deutsch: Man soll halt das tun, was sich im Augenblick gerade als günstig anbietet. Lebenswichtig ist aber kein einziger Zug, alles funktioniert eher vor sich pritschelnd. Und wenn das Glück richtig pritschelt, bekommt man mehr „Günstiges“ angeboten als die Mitspieler, und man gewinnt.

Das geht meistens recht knapp aus. „Oft gab es mehrere Spieler, die gleichzeitig die Grenze von 15 Siegpunkten überschritten“ schreibt die Pöppelkiste. Bei uns war das auch so. Das ergibt natürlich ein spannendes Finish. Und ein Unterlegener mag sein Glück erneut versuchen wollen und eine Revanche fordern. Wenn ihm danach ist. Uns war eher nicht danach. „Würdest Du jetzt mit Spaß noch eine Runde spielen?“ wurde Günther gefragt. „Nein, es ist ja noch nicht halb zwei in der Nacht!“

WPG-Wertung: Günther reihte sich mit seinen 5 Punkten im oberen Bereich der WPG-Noten ein (man kann drauf los spielen, ein bißchen in Richtung auf ein gezieltes Abräumen der höherwertigen Karten. Auf andere zu achten und gegen sie zu spielen: das kann man vergessen), Aaron unterstrich seine bisherige Wertung: „Auf keinen Fall mehr als 5 Punkte!“

„Wo ist hier der Pfiff für die Platzierung auf der Auswahlliste zum Spiel das Jahres?“ – „Da mußt Du bloß mal ’Camel up’ kennenlernen!“ – Oh Gott, was kommt da wieder auf uns zu?!

2. “Lucca the city of games”
Eines kleines Kartenspiel in einer hübschen, kleinen, dem Spielmaterial angemessenen Blechdose. Vor 9 Jahren wurde seine Mutter unter dem Namen “Lucca Città” geboren. Sie lag schon bei uns auf dem Tisch und wurde mit gebremtem Entzücken aufgenommen. Letztes Jahre erschien sein Ableger mit verschiedenen kleinen Wucherungen, den uns Günther heute servierte. Unsere größten Erwartungen gingen in die Richtung, ob sich unser 9-Jahre-älter-geworden-Sein in unserer Spieleinschätzung bemerkbar machen würde.

Das Spielprinzip in „Lucca“ ist gleichgeblieben. 110 Karten zeigen Gebäudeteile mit Fenstern, Wappen und Hausnummern in sechs verschiedenen Farben. Auf dem Tisch liegen davon jeweils zufällig gemischte 3er Kartensets in einer offenen Auslagen. Reihum nimmt jeder Spieler ein Set davon und sortiert die Karten nach Farben bei sich ein. Sobald fünf Karten einer Farbe beisammen sind, ist ein „Haus“ fertig gebaut und der Erbauer bekommt Siegpunkte. Je mehr Fenster, desto mehr Punkte. Je mehr Wappen, desto Startspieler.

In der nächsten Runde muss ein fertiges Haus auch noch „geöffnet“ werden. Dann bekommt man Siegpunkte für jede ausliegende Karte bei den Mitspielern. Kann ganz schön ertragreich sein. Allerdings nicht unbedingt kalkulierbar.

In der Spielerweiterung muss man nicht jede Karte für den Hausbau verwenden, man kann damit auch eine „Stadtmauer“ errichten und bekommt dafür am Ende Prämien für alle fertig gestellen eigenen Häuser. Oder war das früher auch schon so?

Neu sind vor allem Joker-Karten, die man für jede beliebige Hausfarbe verwenden kann. Und neu sind vielleicht auch die Festungen, die ebenfalls additive Siegpunkte in der Schlußwertung bringen. Doch wie sagte schon der alte Lateiner: „Im Süden nichts Neues!“ Oder stammt das von weisen Salomon?

WPG-Wertung: Keine Änderung, alle blieben bei ihren mäßigen 5 Punkten.

Wo würden wir jetzt lieber baden, im Glanz oder in Lucca? Aaron war für das nasse Angebot, Walter für das luftige. Aber nur, wenn es sein muß. Günther mußte nicht.

3. “Nobiles”

Aaron ließ mal wieder die aktuelle Fassung seiner neuesten Spielentwicklung testen. Wir sind immer noch bei den Ostfriesen und versuchen mit vereinten Kräften, die Naturkatastrophen abzuwehren. Der Häuptling hat davon den größten Nutzen, weshalb es für jeden Spieler zwei Ziele gibt: Entweder Häuptling werden und die Natur meistern, oder die Natur die Meisterschaft lassen und den Häuptling stürzen.

Bei einem sehr guten Spiel müssen die Anstrengungen, Häuptling zu werden und es bleiben können, korreliert sein mit dem Gewinn, den man daraus erzielen kann. Und die Mitspieler müssen die Chance haben, den König zu stürzen, gegebenenfalls mit erheblichen Verlusten. Einsatz und Gewinn, Besitztumswahrung und Verlust, Hoffnungen und Risiken müssen in eine optimale und zugleich spielerische Balance gebracht werden. Noch gibt es an den Nobiles etwas zu feilen.

Politische Weisheit: „In Ostfriesland trifft es halt alle, nicht nur den Häuptling! – In Bayern würde es den Häuptling niemals treffen!“

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

28.05.2014: Friedrich glänzt

“Der Geist des Kartenspiels hat einen demoralisierenden Einfluss, weil man auf alle Weise, durch jeden Streich und jeden Schlich dem anderen das Seinige abgewinnen will. Die Gewohnheit wurzelt ein, greift über ins praktische Leben, und man kommt allmählich dahin, in den Angelegenheiten des Mein und Dein es ebenso zu machen.” (Arthur Schopenhauer)

Ganz ehrlich: Der Typ hat eine Menge Scheiß geschrieben. Warum ist er eigentlich ein Philosoph?

LauterFriedrichs1. “Friedrich”
Schon als sich für heute eine Dreierrunde abzeichnete, schlug Walter den alten Fritz als abendfüllendes Programm vor. Es gab keine Widerrede. Ganz im Gegenteil: Moritz meldete sich von einer Konzertreise mit: „Neid! Da wäre ich gerne dabei!“

Sechs Mal lag „Friedrich“ bei uns bereits auf dem Tisch. Das letzte Mal vor ziemlich genau sechs Jahren. Peter las sich zur Vorbereitung in die Reports ein und bekam erhebliches nostalgisches Herzweh, als er sich das damalige muntere Leben und Lieben von Hans und Loredana nochmals vor Augen führen konnte.

„Friedrich“ ist ein großes Spiel. Das Thema stimmt. Die für Freund und Feind faszinierende Figur von Friedrich, dem Großen, ist phantastisch umgesetzt. Welche Rolle auch immer wir spielen, Preussen, Russen, Österreicher oder Franzosen: der vielseitige Kampf gegeneinander spiegelt die historischen Gegebenheiten. So wie sie waren oder wie sie hätten sein können.

Dabei ist „Friedrich“ trotz aller Generäle und Armeen kein eigentliches Kriegsspiel, bei dem es um globales Morden geht. Viel mehr stehen im Vordergrund die absolut lokalen Spielziele, das kleine (und leichte) Erobern einiger weniger auserwählter Städte. Und dagegen steht Preussens Aufgabe, in jeder Ecke seines Territoriums wenigstens eine Stadt zu halten. Solange Colberg in preussischer Hand ist, können weder die Russen noch die Schweden gewinnen. Solange Magdeburg gegenüber den Franzosen verteidigt wird, können auch diese ihr SPIELziel nicht erreichen. Österreich und Preussen haben in Sachsen und Schlesien lange gemeinsame Frontlinien, in denen sie sich gegenseitig wehtun können und müssen. Es ist aber trotzdem kein vernichtendes Zuschlagen, sondern ein intelligentes taktisches Lavieren um lang- und kurzfristige Vorteile.

Wie man laviert, worauf jede Partei aufpassen muss, was man früher und was man später tun sollte: über die vielen hunderte vernünftigen und auch wichtigen Zugmöglichkeiten, und über die wunderbaren Mechanismen, mit denen Richard Sivél Balance und spielerische Momente in sein Werk eingebracht hat, will ich hier nichts mehr schreiben. In den acht Friedrich-Artikeln auf unserer Internetseite ist doch schon eine ganze Menge dazu gesagt. Ansonsten ist „Friedrich“ unerschöpflich wie das Meer.

Friedlich und konstruktiv verlief Peters Auffrischung der Spielregeln. Friedlich verteilten wir die Rollen: Walter bekam Preussen und Hannover, Aaron Österreich und die Reichsarmee, und Peter die Randstaaten Russland, Schweden und Frankreich. Die Russen machten sich unverzüglich auf zu ihrem Eroberungszug nach Ostpreussen und Pommern. Mit etwas Glück konnte aber Generalfeldmarschall Lehwald Königsberg entsetzen und einen voreiligen russischen Endsieg verhindern. Mit der ersten Schicksalskarte starb dann auch schon die Zarin Elisabeth und ihre Nachfolgerin Katharina die Große zog aus Sympathie zu Friedrich die russischen Truppen von den Vielvölkerschlachten zurück.

In Schlesien wurde heute zwischen Österreichern und Preussen lediglich ein recht unbeweglicher Stellungskrieg geführt. Kein Wunder, dass Aaron hinterher von seiner Rolle etwas enttäuscht war. Auch seine Reichsarmee konnte ihm nicht viel Freude machen. Statt aus Kruppstahl ist sie eher nur ein Espenlaub und gerät schon ins Zittern, wenn Preussen nur ein bißchen Säbelrasseln hören läßt.

Die Schweden wurden wie schon öfters stark überschätzt. Mit der Fliegenklatsche könnte man sie in Schach halten, wenn man keine Angst vor ihren Moskitostichen hat. Preussen ließ sich durch diese Angst viel zu viel Material aus seinem Arsenal binden.

Die Hannoverschen Generäle Ferdinand von Braunschweig und Cumberland hoppelten etwas hilflos über Heide und Kraut. Mit einem Winke-Winke aus der Ferne wollten sie sich bei den Franzosen Lieb-Kind machen. Doch davon ließ sich Madame de Pompadour nicht beeindrucken. Langsam aber zielstrebig rückten ihre Armeen die Fulda und Leine entlang nach Norden. Nirgends trafen sie auf nennenswerten Widerstand. Selbst Magdeburg und Halberstadt waren ihnen mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt, weil Preussen in der Verteidigung gegen Russland zu viele Herzkarten gelassen hatte. Fast friedlich konnte Frankreich diese beiden Städte einnehmen und hatte damit gewonnen.

Zwei Stunden friedlicher Kampf. Mindestens genauso lange hätten wir hinterher noch über unsere Strategien und Taktiken, über unsere Herausforderungen und Versäumnisse diskutieren können. Als Teil des Spiels, als Teil der Freude am Spiel. Preussen steht im Mittelpunkt aller Kritik. Diesmal vielleicht besonders, weil es von Walter geführt wurde. Vielleicht hat hier doch der Moritz gefehlt, der Peters militärischem Genie als gleichwertiges Pendant hätte Paroli bieten können.

Keine neue WPG-Wertung für ein 8,3 Punkte Spiel.

2. “Splendor”
Das Spiel liegt noch im Jackpot für das „Spiel des Jahres 2014“. Vielleicht können sein (bei uns) noch unbekannter Autor Mark André (falls es nicht der in Wikipedia ausgewiesene „deutsch-französische Komponist im Bereich der Neuen Musik“ ist) und der noch unbekannte Spieleverlag Space Cowboys in wenigen Wochen damit Millionen scheffeln …

Munter ziehen wir farbige Wertmarken von offen ausliegenden Stapeln und sammeln sie vor uns auf. Fünf der Regenbogenfarben und eine Jokerfarbe werden angeboten. Drei Stück auf einmal dürfen wir uns davon nehmen. Mit den Wertmarken tauschen wir Wertkarten die a) Siegpunkte bringen und b) wie Wertmarken für das weitere Eintauschen genutzt werden können. Haben wir das lange genug getan, ist einer von uns Sieger geworden – der mit den ersten 15 Siegpunkten auf seinem Konto.

Warum ist man Sieger geworden? Schwer zu sagen. Es gibt keine guten und kaum schlechte Züge: Was man tun kann, ist alles ziemlich gleich gut. Nur blinde Dyskalkulisten finden hier und dort einen Ausreißer. Vielleicht gewinnt der Startspieler! Wer kann es ihm verwehren?

Zehn Jahre alt soll man sein, bevor man mit „Splendor“ anfängt. Kann das sein? Wer seinen Kindern schon im Vorschulalter das Zählen im Zahlenraum bis 10 beigebracht hat – und welche normalen Eltern haben das nicht getan!? – kann sich schon vier Jahre vorher mit ihnen zu einem schnellen Glanz zusammensetzen. Eine halbe Stunde Spielzeit – zu meiner Zeit war das gerade das Richtige für ein entspannendes Betthupferl-Spiel. Das ist „Spendor“ allemal. Mehr nicht.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (wohlwollend; einschließlich 1 Punkt für die viele Luft! „Warum muss ein Spiel, das gerade mal aus 90 Spielkarten und ein paar farbigen Wertmarken besteht, eine so große Schachtel haben und noch dazu 30 Euro kosten!? Es fehlt jegliche Herausforderung; tragisch, dass es nicht einmal dödelig ist), Peter: 4 (wohlwollend; einschließlich ein Punkt für die Graphik, obwohl er sich dabei durchaus auch etwas Schärferes hätte vorstellen können), Walter: 5 (triviales, solitäres, abstraktes Aufbauspiel)

21.05.2014: Der abgelutsche Sonnengott

Nach Aarons sakrisch geilem Rezept ein Pistazieneis zubereitet. 250 g Pistazien (geröstet, ungesalzen, leider auch ungeschält) geschält und enthäutet. (Eine Haut haben die Pistazien ja auch noch!). Eine Stunde lang, immerhin bei Nachmittagssonne auf der Terrasse. 80% des Ergebnisses gemahlen (OK, das macht die Küchenmaschine), in 100 ml Milch aufgekocht und 30 Minuten ziehen lassen. Dann durch ein Tuch abgeseiht. (Entweder kommt da gar nix durch oder es bleibt fast kein Rückstand; das hätte man sich also auch sparen können!) Die übrigen Pistazien manuell gehakt. Und gesiebt, damit auch die Korngröße stimmt. (Aaron und Peter stellten später fest, dass nicht die durchgefallenen, sondern die im Sieb zurückgebliebenen Pistazienbrocken in das Eis gehört hätten.) Dann in der Pfanne mit Zucker karamellisiert, auf Backpapier abkühlen lassen und nochmals zerhackt. Da geht ebenfalls eine Stunde darauf. Der Rest ist schnell erledigt. Sahne geschlagen, Gelbei untergerührt, ach ja, Zucker brauchen wir auch, und eine Prise Salz. Alles verrühren und ab in die Eismachine. Eine Super-Eis-Maschine, die in knapp 20 Minuten ihre Arbeit erledigt hat. Den Rest macht das Gefrierfach im Kühlschrank.

Aber soweit kommt es gar nicht. Bevor die Menge im Kühlschrank verschwindet, greift die bester aller Ehefrauen zu und erspart Platz (wer hat schon im Gefrierfach Platz?) und Strom. Nur mit Mühe kann der Eis-Konditor Kostproben für die Westpark-Gamers retten.

Die Gattin frißt oft in Minuten
hinein die Sachen, die guten,
für die sich in Stunden
der Hausmann geschunden
das Herz möchte manchmal ihm bluten!
(Eugen Rot)

Helios
Helios
1. “Helios”
Vor genau einem Monat bei uns zum ersten Mal gespielt. Nur Peter war heute Neuling. Die Stimmung war auf orale Unterhaltung eingestellt, und so wurden in Günthers zielstrebige Einführung am laufenden Band Anekdoten und Wissenswertes aus Geschichte und Kultur eingeflochten. Z.B. über Brit Mila als natürlicher, leider nur volatil nutzbarer Erektometer. Heutzutage wird zur Erfassung dieses nächtlichen Phänomens eine Rolle Briefmarken als Null-Eins-Indikator empfohlen. (Für weitere Informationen zu dieser Messtechnik wendet euch bitte vertrauensvoll an unserem Webmaster.)

Nach 1 ½ Stunden (!) war Günther mit seiner Regelerklärung fertig und nach einer weiteren Stunde wir alle mit dem Sonnengott. Locker, rund und konstruktiv (siehe Session-Report vom 23. April dieses Jahres). In der individuellen Ausbaustrategie allerdings auch ziemlich solitär. Die Zugriffe der Mitspieler auf die Aktions- und Landschaftsplätten schränkten zwar die Restauswahl ein, doch so richtig kann man damit keinem an den Wagen pinkeln. Im Satz vom damalien Report „bei der Auswahl der farbigen Landschaftsplättchen herrscht große Konkurrenz“ würde ich heute zumindest das “groß“ streichen.

Wie schon beim ersten Mal wurde das Spielelement „Personen erwerben“ heftig kritisiert. Im Besitz von zwei oder drei der erwerbbaren Personen kann man bei Spielende mit Siegpunkten förmlich überschüttet werden; es winken 24, 28 oder noch mehr Punkte . Die anderen Personen sind dagegen mit 12 oder 15 Punkten hart limitiert. Hier kommt es wirklich darauf an, als Erster zugreifen zu dürfen. Nach der Spielregel ist das der Spieler mit dem meisten „Mana“. Dann geht es im Uhrzeigersinn weiter.

Peter pochte darauf, als Änderung hier die „Peter-Regel“ zu protokollieren: Auch die weiteren Zugriffe sollten über den Mana-Besitz geregelt sein, und nicht nach der Uhrzeiger-Regel. Günther fürchtete, dass „Helios“ damit den Charakter eines „Familienspiels“ verliert; doch dann gestand auch er zu, dass „Helios“ diesen Charakter auch ohne dieses Detail niemals bessen habe. Es ist ohne jeden Zweifel ein „Kennerspiel“ und reif für die „Auswahl des Jahres“: Überschaubare Regeln, große Handlungsfreiheit, ganz verschiedene zielführende Strategien, und trotz der vielen Überlegungs-Möglichkieten ist es sogar noch schnell.

WPG-Wertung: Peter vergab 7 Punkte, wie alle anderen bisher auch (solides Spiel, hat einen gewissen Spielreiz, spielt sich schön).

Noch eine Information für die Statistiker: Die heute erzielten Siepunkte lagen zwischen 83 und 133.

2. “Abluxxen”
Dreimal hat es „Abluxxen“ bereits bei uns auf den Tisch gebracht. Als Vorabsacker ist es nach wie vor noch nicht ausgereizt.

Kann man gut und schlecht spielen, oder ist jeder total abhängig vom heiligen Distributor? (Das ist der Schutzheilige im Spielehimmel, der auf Erden die Joker verteilt?)

Wollen wir diese Fragestellung nicht allzu scharf unter die Lupe nehmen! Man kann etwas tun, man kann sogar viel tun. Und man kann das ganze Spiel über hoffen, mit jedem Zug das Richtige getan zu haben. Was kann man von einem Kartenspiel eigentlich mehr erwarten?

Alte Erkenntnis vom letzten Mal: Fremde Ablagen nicht zerstören, sondern nach Möglichkeit auf die Hand nehmen, besondern wenn dadurch die Anzahl der verschiedenen Karten in der Hand nicht steigt. Neue Erkenntnis von heute: Bei der Kartenpflege muss man nicht unbedingt die niedrigsten Einzelkarten oder Pärchen zuerst abwerfen. Hierzu findet man viel häufiger Nachschub im Nachziehstapel als von hohen Karten. Außerdem: Wenn man gegnerische Karten abluxxt, sind es in der Regel kleinere Karten. Die kann man dann problemlos in die eigene Kartenhand einreihen, ohne die ungewünschte Vielfalt zu erhöhen. Höchst komplexe Interaktivität!

Jeden Tag ein neuer Tip! Das zeigt die Größe des kleinen Spiels!

Keine neue WPG-Wertung für ein 7 Punkte-Spiel.

3. “Bluff”
Im Endspiel kämpfte David-Peter mit einem Würfel gegen drei von Goliath-Walter. „Zweimal die Fünf“ war sein erster Schachzug. Walter hatte eine Drei, eine Fünf und einen Stern unter dem Becher. Was konnte er anderes tun als auf dreimal die Fünf zu heben. Peter hatte geblufft und Walter war einen Würfel los.

„Einmal die Fünf“ war Peters zweiter Schachzug. Wie konnte Walter mit einer Drei und einer Fünf unter dem Becher reagieren? Die Fünf herausnehmen, auf zweimal die Fünf heben und nachwürfeln! Hat Erfolgsaussichten von 33% Erfolg, besser als nix. Heute aber nix. Es stand jetzt ausgeglichen 1:1.

Weiter will ich nicht erzählen. Die Geschichte hat bereits jetzt einen Haken.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

14.05.2014: Seide und Wolf

Was bedeutet der Begriff „all in“ beim „Bluff“-Spiel?

„Bluff“-Runde in einem Kreis mit fünf Poker-Freaks. Den Vorteil der Augenzahl 5, beim Würfeln, Setzen oder Bluffen, hatten alle weidlich ausgekostet. Die Vorgaben steigerten sich zügig von 8 mal die Fünf („Unter Durchschnitt ist geblufft.“) bis auf 14 mal die Fünf. Dann bekam der Erste kalte Füße und zweifelte an! 19 Fünfen fanden sich unter den vereinigten Bechern. Unisono ein auffordernder Kommentar aus – jetzt nur noch – vier Poker-Kehlen: „all in“! Bedeutung: alle Würfel abgeben, wie üblich in die Mitte, auf das Zählbrett.

1. “24/7 The Game”
Peter schwimmt noch mitten in unserer Klassiker-Nostalgie-Welle und hat ein Spiel mitgebracht, dem er und Loredana von acht Jahren euphorische 9 bzw. 10 Punkte vergeben haben. (Die Resonanz der anderen Westparker hatte sich damals schon in Grenzen gehalten.)

Reihum legen wir quadratische Plättchen mit Ziffern zwischen 1 und 10 auf ein 6 mal 6 Felder großes Spielbrett. Wir erhalten Prämien, wenn unser neu gelegtes Plättchen mit den bereits ausliegenden Nachbarplättchen eine Kombination gleicher Ziffern bildet oder bestimmte Zahlensummen erreicht. Z.B. bringen zwei benachbarte Plättchen mit der Summe 7 bescheidene 20 Siegpunkte, vier gleiche Ziffern nebeneinander immerhin schon 40, und das Maximum von 6 nebeneinander liegenden Plättchen mit der Summer 24 gleich stolze 110 Punkte. – Ganz ähnlich wie die Wort-Kombinationen beim „Scrabble“. Scrabbler mit Defiziten in den Sprachkenntnissen ihres jeweiligen Gastlandes, aber mit einem guten Gefühl für Kombinatorik in kleinen Zahlen sind die Zielgruppe dieses Spiels.

Auch für kommunikative Strickrunden (ja genau, die Tätigkeit mit Nadel und Garn) ist „24/7“ bestens geeignet. Man unterhält sich frei und ungezwungen, und ab und zu legt jemand ein Zahlen-Plättchen. Fast nebensächlich. Für die gehetzten Spieler auf der anderen Seite der Spieler-Temperament-Skala – für uns Westparker – bräuchte man für ein befriedigendes „24/7“-Spielen eine Multiplayer-Uhr wie den DGT-Cube, so dass bei Spielende die Summe der erreichten Punkte auch noch durch die Summe der dafür benötigten Zeit geteilt wird! Diese Uhr hatten wir heute leider nicht. Wir ließen uns dadurch aber die positive Einschwing-Stimmung auf den heutigen Spieleabend nicht vermiesen.

Peter sieht noch einen weiteren Anwenderkreis für „24/7“ : Verliebte Mathematiker-Pärchen zum Warming-Up.

WPG-Wertung: Aaron: reduzierte seine bisherigen 7 Punkte auf 6, Peter seine 9 Punkte auf ebenfalls 6 ! [Hi, Peter, wirst selbst Du älter!?] Günther und Walter blieben bei ihren Bewertungen, die schon vor 8 Jahren in dieser Größenordnung lagen.

Seidenstraße bei Tageslicht
Seidenstraße bei Tageslicht

2. “Kashgar”
„Kashgar – Händler der Seidenstraße“. Aaron konnte schon fast fürchten, dass ihm jemand auf seiner „Yunnan – Teestrasse“ in die Quere kommen würde. Ist aber nicht. In „Kashgar“ bewegen sich keine Händler durch den fernen Osten, sondern lediglich die Marker für Besitzstände an Gewürzen, Gold und Maultieren auf lokalen Spielertableaus auf und ab.

Wodurch? – Durch Aktionskarten, die jeder Spieler in drei Stapeln vor sich liegen hat und wrap-around (rundummadumm) nutzt: der „Quacksalber“ kostet eine Einheit Gewürznelken und bringt dafür 4 Geldeinheiten, der „Schmied“ kostet nix und bringt eine Maultier-, zwei Gold- und eine bliebige Gewürzeinheit, und mit dem „Bootsmann“ gewinnt man entweder fünf Pfeffereinheiten oder man zahlt vier Pfeffereinheiten und darf dafür ein beliebiges Gewürz auf 9 setzen. Man sieht schon, Berufe und Waren sind Schall und Rauch, es geht lediglich darum, die verschiedenfarbigen Zählmarker rauf und runter zu schieben. Einhundert solcher Aktionskarten gibt es. Natürlich nicht alles verschieden, bei dem einheitlichen Wirkungsprinzip wäre das für Lernschwächlinge aber auch kein Unglück gewesen.

Welche Aktionskarten hat jeder Spieler? – Am Anfang in jedem Stapel einen „Patriarchen“ und einen weiteren, zufällig zugeteilten Seidenstraßler. Mit dem Patriarchen darf (kann / muss) man zwei Karten von einem verdeckten Aktionskartenstapel ziehen, sich eine davon aussuchen und einem seiner Zieh-Stapel zufügen. Die Stapel werden immer länger und schwerfälliger. Falls man eine besonders gelungene Aktionskarte in seinem Stapel hat, dauert es immer länger, bis sie wieder nach oben durch den Stapel gewandert ist und genutzt werden kann.

Wofür das ganze? – Manche Aktionskarten sind direkt ein paar Siegpunkte wert. Schön, wenn man sie gezogen hat. Andere Aktionskarten erlauben es, einen „Auftrag zu erfüllen“. Endlich kann man dann die bis zum Geht-nicht-Mehr angehäuften Resourcen ausgeben und gegen eine der offen ausliegenden Auftragskarten eintauschen. Auch das bringt ein paar Siegpunkte ein. Wer Glück hat, konnte auch einen „Bauern“ in seine Stapel einreihen. Wenn der Bauer dann am Zug ist, darf man zwei Auftragskarten vom verdeckten Auftragsstapel ziehen und hoffen, dass zufällig ein „Getreideauftrag“ darunter ist; den bekommt man dann ohne weitere Bezahlung mit den entsprechenden Siegpunkten zugeschustert. – Doch vielleicht lohnt sich bei so viel Glücksabhängigkeit ein Bäuerchen gar nicht ….

Alles ist ziemlich solitär. Absolut solitär! Jeder spielt periodisch seine Patriarchen, zieht irgendwelche zufälligen Aktionskarten, reiht die „bessere“ davon in einem seiner Aktionstapel ein, und bekommt nach und nach auch ein paar Siegpunkte. Bei 27 Siegpunkten ist Schluss.

Aber der Autor hatte auch Interaktion im Sinn gehabt, zumindest ein gegenseitiges Knüppel-zwischen-die-Beine Werfen: mittels optionaler Erweiterungskarten. Z.B. erleichtert der „Bettler“ jeden Mitspieler um zwei Geldeinheiten, die „Taschenspielerin“ kostet zwei Siegpunkte und wird im Uhrzeigersinn von Mitspieler zu Mitspieler weitergereicht, der „Hirte“ zwingt die Mitspieler, die oberste Karte aller ihrer Aktionsstapel zu entfernen. Und ähnliches. Halt die üblichen Ärgerkarten für gemeine Spaßgemüter. Natürlich müssen auch diese Zusatzkarten erst ihren Rundummadumm-Weg durch einen Aktionsstapel gemacht haben, bevor sie ihre Wirkung entfalten können. Vor den Preis haben die Götter den Schweiß gesetzt.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (1 Punkt mehr als „Dominion“, leichter Frusteffekt: man weiß, was man will, kann es aber nicht tun), Günther: 7 (mag solche Spiele vom Prinzip her), Peter: 6 (mag solche Spiele vom Prinzip her nicht; immerhin ist das Spiel schnell, würde es u.U. nochmals spielen), Walter: 5 (Blindflug um das Suchen von Aufträgen und den notwendigen Resourcenmmarker-Verschiebe-Karten, ein kastriertes Spielgefühl beim Wollen und nicht Können).

3. “Wooolf!!”
Ein Deduktionsspiel für bis zu acht (!) Mitspieler. Jeder Spieler bekommt einen Charakter zugeteilt (Schaf, Hund, Jäger, Hirte oder Wolf) und muss herausfinden, welchen Charakter die Mitspieler bekommen haben. Zum Herausfinden darf man sich

  • die Charakterkarte eines Mitspielers ansehen (und muß hinterher das Ergebnis öffentlich verkünden).
  • einen Mitspieler fragen, ob er einen bestimmten Charakter darstellt oder zu einer Gruppe von Charakteren gehört. (Das Ergebnis ist ebenfalls öffentlich.)

Aber ganz so trivial, wie hier verkürzt dargestellt ist, ist der Deduktionsvorgang dann doch nicht, sondern ganz schön aufgemischt.

  • Jeder Spieler bekommt zwei Charakterkarten zugeteilt, von denen aber nur eine – die höherrangige – seinen wahren Charakter angibt. Beim Anschauen und Verkünden einer Charakterkarte kennt man also nur die halbe Wahrheit. Oder gar keine!
  • Manche Charaktere haben eine mehrdeutige Erscheinung. Wer sich eine solche Charakterkarte angesehen hat, braucht seinen Mitspieler nicht öffentlich kundtun, was er gesehen hat.
  • Manche veröffentlichte Informationen über die Charaktere der Mitspieler sind schlichtwegs falsch. So sieht der Hirte hinter jedem Mitspieler immer nur einen Wolf.
  • Jeder Charakter muss eine andere Charakterkombination herausfinden: z.B: muss das Schaf einen Hund und einen Jäger herausfinden, der Hirte muss den Wolf und ein Schaf herausfinden und der Wolf braucht bloß ein Schaf zu finden – oder zu erkennen, dass überhaupt kein Schaf-Charakter anwesend ist.

Jede Frage und jede Antwort der Mitspieler ist für die eigene Aufgabe relevant. Man ist immer am Ball, und man muss höllisch (na ja) aufpassen, denn blitzschnell haben zwei Mitspieler ihre Deduktionsaufgabe erfüllt und ein Spiel ist zu Ende.
In der zweiter Runde platze es etwas voreilig aus Aaron herau: „Ich weiß alles!“ Das war verräterisch. Es war noch keinerlei Information über den Wolf sichtbar. Daher musste er der Wolf sein. So war es denn auch! In einer Deduktionsaufgabe muss man auch aus peripheren, ja unerlaubten Beobachtungen seine Schlussfolgerungen ziehen.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Pluspunkte für die deutliche Dödelkomponente, verteidigte den schwierigen Zugang zum Spiel mit unseren ersten Erfahrungen mit „Bluff“ – da waren wir auch alle überrascht, dass so ein läppisches Produkt „Spiel des Jahres“ werden konnte), Günther: 7 (lustig, locker, nicht so trivial, wie es auf den ersten Blick aussieht, man ist immer involviert), Peter: 2 ([Mehr aus Nibelungen-Sturheit denn aus Überzeugung: als er seine ersten zwei Siegpunkte kassierte, sagt er nämlich: „Das Spiel gab mir 2 Punkte, ich gebe dem Spiel 2 Punkte!], „das Spiel mit Bluff zu vergleichen, ist ein Sakrileg“), Walter: 6 (mag keine Deduktionsspiele, aber die Dödelkomponente und die schnellen Runden geben dem Spiel eine spielerische Ausrichtung).

4. “Abluxxen”
Taktisches „Kampf-Rommee“ als Absacker. Lag im April schon zweimal bei uns auf dem Tisch und hat auf Anhieb überzeugt.

Zum Gewinnen braucht man gute Karten. Wie beim Skat. Aber vielleicht kann man auf Dauer doch durch gutes Kartenmanagement, durch Merken der Karten im Spiel (und nicht-im-Spiel), sowie durch Beobachten des Mitspielerverhaltens seine Erfolgschancen erhöhen. Fast wie beim Skat. Vielleicht.

Doch in jedem Fall ist das Spiel schnell, einfach, lustig, interaktiv, spannend und bietet jedem Spieler eine gerade richtig große Handlungsfreiheit. Ansätze über eine erfolgreiche Gewinnstrategie, insbesondere bei der Aufnahme fremder Karten, sind noch lange nicht in Sicht. Und das ist auch gut so!

WPG-Wertung: Trotz Aarons „Fühlte mich heute stark gespielt“ und Peters „Halte es heute nicht mehr für so steuerbar“ keine Änderung der bisherigen guten WPG-Noten.

07.05.2014: Klassiker

In seinem zweiten Hobby ist Horst ein DJ. Er besitzt eine riesige Plattensammlung und legt auch gerne auf. Dabei weiß er genau, wie man das Publikum zum Tanzen bringt: ABBA und Bee Gees. Ach, was waren die 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts doch für goldene Zeiten! In der musikalischen Entwicklung ab es förmlich eine Explosion! Viele der damals geschaffenen Produkte sind echte Klassiker geworden. Und wie sieht es heute aus, mit House und Mouse und Rapp und Bumm-bumm? …

Genauso wie auf dem Spielesektor gibt es auch in der Unterhaltungsmusik ein Lamento über das Ausbleiben neuer Impulse. Oder klagen hier wie dort nur die gleichen älteren Semester? Also die über 30-Jährigen?

Viele Grüße an den ABBA-Fan Birgit! Wachsen und Gedeihen für Maximilian als Vertreter der allerjüngsten Generation.

1. “San Juan”
Ein echter Klassiker! Schon im März 2004 wurde es zu unserem dritten Titelträger von „Spiel des Monats“ gekürt. Ein paar (keineswegs unübersichtlich viele) verschiedene „Schienen“ gibt es, auf denen man sein Glück versuchen kann: Produzieren und Handeln, Privilegien an Land ziehen oder zielstrebig auf die siegpunktträchtigen Gebäude losgehen. Alles ist in jeder Richtung ausblanciert: die Effekte der wählbaren Aktionen, ihre unterschiedlichen Auswirkungen innerhalb der Mitspieler und die Progressionen im Zuge der allgemeinen Weiterentwicklung.
In zehn Minuten ist alles erklärt, in weiteren fünf Minuten auch verinnerlicht, und schon kann man auf vertrauten Pfaden seine Spiellust ausleben. Ein echtes KartenSPIEL! Und während man sich noch über die hübsche Konstruktion freut (und ggf. räsoniert, warum heute alles um so viel komplexer und freudloser geworden ist, ist ein Spiel auch schon wieder vorbei. Die Kinder können ins Bett gehen und die Erwachsenen zur vorletzten U-Bahn.

WPG-Wertung: Horst hatte das Spiel heute zum ersten Mal gespiel; er vergab 9 Punkte, einen Punkt mehr als unser ohnehin guter Median (schnelle Erklärung, stimmig, locker, konstruktiv, akzeptabler Glücksanteil.

DJ Horst als Craftsman
DJ Horst als Craftsman

2. “Craftsmen”
Günther kündigte beim Auspacken des Spieles schon prophylaktisch an: „Jetzt müssen wir wieder eine Stunde lang erklären“. Und so war es denn auch. Mindestens! Eine Menge Material, Szenerie, Effekte und Randbedinungen gilt es zu erläutern.

Lassen wir das Königreich, in dem wir agieren, mal beiseite, ebenso das versprochende Denkmal und den ewigen Ruhm, die dem Sieger winken, all das trägt zum Verständnis das Spielablaufs nichts bei. In einem „Gehilfenplacementspiel“ dürfen wir in zwölf Runden je fünf Aktionen ausführen, in denen wir

  • Geld abholen – es liegt kostenlos in der Bank herum
  • ein bis zwei Werkstätten bauen, in denen wir später Rohstoffe, Halbfertiges oder Ganzfertiges produzieren können
  • uns eine neue Werkstatt aussuchen – die wir leider aber frühestens erst in der nächsten Runde bauen können
  • in unseren Werkstätten produzieren, die Produkte veredeln, auf den Markt bringen und vielleicht sogar auch noch verschiffen
  • handeln, um Zubehörteile für unsere Fertigprodukte zu erwerben, die wir selber nicht herstellen

Acht verschiedene Produktionsketten gibt es, die früher, aber eher später von Holz, Erz, Vieh und Ähnlichem über Papier, Eisen, Leder und Ähnlichem zu Bier, Waffen, Kleidung und Ähnlichem führen. Zuerst tröpfeln unsere einsamen Trauben nur spärlich in die Tröge, und wir sind froh, wenn wir auf dem Markt noch genügend Platz zum Unterbringen finden. Später können wir ihre Öchslegrade mit Bienenhonig anreichern, und sie nach ihrem Reifeprozess in selbstgemachten Bierfässern zum Export rollen.

Bau- und Produktionsengpässe gibt es eigentlich nicht. Wir sind von Haus aus mit genügend Geld ausgestattet, um uns die nächstbesten Produktionsstätten leisten zu können. Falls im späteren Spielaufbau mal ein Glied zu einer vollständigen Produktionskette fehlt, können wir es durch Nachkäufe aus Markt oder Speicher problemlos, d.h. mit geringem zusätzlichem Gehilfenaufwand zukaufen.

Eigentlich läuft alles ziemlich solitär ab. Beim Placieren der Gehilfen auf den – für mehrfach Belegung zugelassenen – Aktionsplätzen genießt der Erstplacierte zwar bestimmte Privilegien, doch die Unterprivilegierten können sich diesen Vorteil durch verbriefte Urkunden, die an mehreren Stellen des Spielbretts recht wohlfeil angeboten werden, babyleicht in gleichem Maße zunutze machen. Entsprechend kann jeder unabhängig vom anderen planen und agieren.

Die Konkurrenz beim Verschiffen ist marginal. Da Fertigprodukte sowieso nur sporadisch erzeugt werden, und es weder freudvoll noch angemessen ist, auch noch bei allen Mitspielern nachzurechnen, wann ihr Brot und Wein zur Verschiffung anstehen wird, darf man es mehr oder weniger dem Zufall überlassen, wann welcher Spieler hier die Prämien für Präsenz und Dominanz bekommt.

Eine absolut neue Erfindung ist die Mehrfachwertung des Geldes. Die Geldkarten kommen in Stückelungen zu einer, zwei oder drei Einheiten vor, jede Einheit dann auch noch in vier verschiedenen Farben. Zwei Geldkarten der gleichen Farbe, unabhängig von der Stückelung, sind 5 Einheiten wert, drei gleichfarbige Geldkarten 10 Einheiten, usw. in einer arithmetischen Reihe. Das Geld kann man außerdem, wenn man Geldkarten von allen vier Farben besitzt, in einer bestimmten Phase des Spiels direkt in Siegpunkte umwandeln.

Soweit so gut. Das Spiel ist rund und schön, das Spielmaterial von erlesener Qualität, die Regeln klar, die möglichen Spielzüge durch Bilder und Symbole auf Karten und Spielbrett mnemotechnisch verständlich dargestellt. Die verschiedenen Effekte in sich sind gut ausbalanciert, es gibt keine Mangelerscheinungen und keine Sackgassen. Nur: die Spieldauer ist viel zu lang! In drei Stunden Spieldauer – ohne Erklärung – haben wir nur knapp zwei von drei Runden zu Ende gebracht. Dann musste Horst glücklicherweise zur U-Bahn und wir konnten ohne Affront abbrechen.

Eine ganze Latte von Regelchen bringen Umständlichkeit ins Spiel, ohne dass damit ein spielerischer Mehrwert gewonnen wird. Die Behandlung der Geldkarten ist an sich schon kompliziert. Dazu muss man für bestimmte Kaufgeschäfte auch noch Geldscheine einer bestimmten Farbe hinblättern. Zu diesen unnötigen „Regelchen“ gehört auch, dass man darf nur farbgleiche Gebäude nebeneinander bauen darf, eine Erschwernis, die man mit trival zu bekommenden Privilegien auch schon wieder unterlaufen kann.

Mehrere Karten ziehen (Geldkarten von der Bank, Werkstattkarten von drei verschiedenen Stapeln), sich davon die besten heraussuchen und den Rest wieder abzugeben, erfordert Auswahlzeit, die eigentlich nur Tempo kostet. Wir waren glücklicherweise nur zu dritt. Wie wäre die Wartezeit für die Mitspieler erst geworden, wenn wir das Spiel zu fünft gespielt hätten?! Länger als zwei ausgewachsene „1830“-Sessions hätte ein Spiel gedauert!

Trotz Aufbau und verkürzten Wegen bei der Produktion besitzt das Spiel keine wirkliche Dynamik. Alles geht gemächlich seinen Weg. Wir warten auch nicht in Spannung, ob uns gleich ein besonders geiler Zug gelingen wird. Es gelingt immer alles. Dazu sind viel zu viele Sicherungen eingebaut, die ein Mißlingen verhindern. Außerdem gibt es ohnehin keine „besonders geilen“ Züge: niemand kann einem Mitspieler etwas wegnehmen oder verbauen, und umgekehrt können wir das auch nicht. Jederzeit wird jedermann eine erschöpfende Palette ähnlichwertiger Züge angeboten. Früher oder später muss das doch recht einförmig wirken.

Mehr Kritik möchte ich zum Erstlingswerk (?) von Krzysztof Matusik nicht äußern. Wenn eine Gruppe von Freak-Spielern gerne zusammenkommt, um sich fünf bis sechs Stunden lang beim konstruktiv Aufbau einer blühender Craftsmen-Gemeinschaft miteinander zu messen, dann können sie sich mit „Craftsmen“ ausgiebig verlustifizieren. Uns dreien war das heute etwas zu lang und zu langatmig.

WPG-Wertung: Günther: 6 (das Spiel funktioniert, ist übersichtlicher als ein „Rosenberg“, enthält aber trotzdem noch viele unnötige Verkomplizierungen), Horst: 5 (eigentlich ganz sympathisch, aber zu lange Spieldauer und zu langes Warten), Walter: 5 (langer Aufbau ohne wirkliche Dynamik, kein Spannungsbogen).

23.04.2014: Sonnengott und Glasperlenspiel

Walter hat von seinem Sohn eine Eismaschine geerbt und probiert jeden Tag eine neue Rezeptur aus. Heute gab es „Walnussparfait“ nach einem Vorschlag von www.chefkoch.de. Es wurde auch gleich zur Einstimmung am Westpark serviert.

Doch Aaron kann man mit lucullischen Erzeugnissen nicht überraschen. Er kennt einfach alles. Seine feine Zunge verriet ihm auch sofort, dass die Walnüssen mit Hasennüssen verlängert worden waren. Und dass vorher ein Krokant daraus gekocht worden war.

Natürlich besitzt auch er eine Eismaschine. Und sein Lieblingseis ist Pistazieneis. Nach einer Kostprobe in Frankreich selbst nach-er-empfunden: u.a. Pistazien kleinhacken, in Milch auskochen, absieben – und das Abgesiebte dann wegwerfen! Die teuren Pistazien! Ja, was ein richtiger Gourmet-Koch ist, der wirft unheimlich viel weg. Eine tüchtige Hausfrau könnte davon noch eine zehnköpfige Familie ernähren …

Günther kämpft sich durch das Material der Glasstraße
Günther kämpft sich durch das Material der Glasstraße
1. “Die Glasstraße”
Günther hatte das Spiel schon letzte Woche angedroht. Zwar der übliche Rosenberg-Schinken (= „tausenderlei Materialien zum Umwandeln und Hochrüsten“), aber ein Kennenlernen sind diese gigantischen Konstruktionen allemal wert. Noch dazu wo „die Glasstraße“ bei BGG als Neuzugang praktisch aus dem Nichts heraus in höchste Wertungsebenen emporgestoßen ist. Einführungstrost für alle: „Die Glasstraße“ ist ein „minimalistischer (+) Rosenberg (-)“, d.h. die relative Zurückhaltung in der gewohnt üppigen Ausstattung macht das Spiel auch für uns noch genießbar.

Jeder Spieler bekommt ein Landschaftstableau mit sehr viel Urwald und ein bißchen Nutzfläche in Form von Sandgruben, Tümpeln und Büschen. Der Wald muss gerodet und ebenfalls in Nutzfläche umgewandelt werden. Die Nutzfläche liefert Erträge, als da sind: Lehm, Holz, Kohle, Wasser und Nahrung. Wenn genügend davon beisammen ist, muss man daraus Glas herstellen oder Ziegel brennen. Mit diesen Materialen errichtet man schließlich Gebäude, die sich am Ende in Siegpunkte auszahlen.

Unsere Aktionen wählen wir in Form von Berufskarten aus einem für alle Spieler identischen Handset aus. Z.B. gewinnt der „Brandroder“ aus dem Urwald Holz und Nahrung, und der „Muldenarbeiter“ wandelt ein gerodetes freies Feld in eine Sandgrube um und gewinnt aus jeder bereits vorhandenen Sandgrube wahlweise Sand oder Lehm. Aus fünfzehn Berufen besteht das Handset. Fünf Berufskarten davon dürfen wir pro Runde vorauswählen, von diesen aber nur drei nutzen. Die anderen vorausgewählten Berufe treten nur dann in Aktion, wenn ein Mitspieler zufällig den gleiche Beruf ausgewählt hat und ausspielt. Dann partitionieren (!) wir an seinem Zug und schmälern gleichzeitig den Nutzeffekt des Mitspielers. Ein gewollter Zufallseinfluß! Gut oder schlecht, das ist hier die Frage! Ohne diesen Mechanismus wäre die „Glasstraße“ ein dröges Optimierungsspiel. Mit diesem Mechanismus ist es ein unberechenbares Optimierungsspiel. Verschlimmbesserung?

Sehr geistreich sind die Resourcen-Rondells konstruiert, nach denen man Primär-Rohstoffe in die veredelten Rohstoffe Ziegel und Glas verwandeln kann (oder muss!). Die Rohstoffe liegen innerhalb zweier ziffernblattartiger Kreise. Je zwei Zeiger teilen jedes Ziffernblatt in zwei Sektoren. In dem einem Sektor befinden sind sich die Zählmarker für die Rohstoffe, im anderen die für die Edelstoffe. Kommt eine Rohstoffeinheit hinzu, so wird der entsprechende Zählmarker im Uhrzeigersinn vorwärts geschoben; wird eine Rohstoffeinheit verbraucht, wird rückwärts gezogen. Sobald vom geringsten Rohstoff wenigstens eine Einheit vorhanden ist, muss der Sektorenzeiger weitergedreht werden. Dabei wird von jedem Rohstoff automatisch eine Einheit abgezogen, und vom Edelstoff kommt automatisch eine Einheit hinzu. Eine hübsche Idee. Schon allein sie ist für die Freaks unter den Spielern eine Anschaffung des Spiels wert.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (fast 8, die Spiellänge stimmt; etwas zu solitär, das Thema ist rein abstrakt; er konnte sich für die Zufälle bei der Berufszufall nicht erwärmen. [A.b.N: Wären es sonst wohl 10 Punkte geworden?]), Günther: 6 (fand das Glückselement eher lustig), Walter: 6 (sammeln und bauen, hoffen und leiden. Ein Nochmals-Spielen wäre rein zum Zeitvertreib).

Aaron gewann mit 21 Siegpunkten. Das zeigt, dass man hier mit jedem Punkt geizen muss. Frage an die erfahrenen Glasstraßer: Ist das jetzt normal“ oder haben wir in unseren vier Runden ungewöhnlich wenig Siegpunkte eingefahren?

2. “Helios”
Wir sind „Hohepriester“ in einer „entfernten Welt“ und suchen „Ruhm“ für einen „Eintrag in die Geschichtsbücher“. Na, wenn das kein konkretes Thema ist!

Wie in der „Glasstraße“ bekommt jeder Spieler ein Landschaftstableau, das er sukzessive mit Landschaftsplättchen ausbaut. Diemal sind die Plättchen aber nicht rechteckig sondern hexagonal. Die Erträge bestehen auch nicht aus Lehm, Holz oder Wasser, sondern aus grauen, grünen, blauen, braunen oder schwarzen Holzklötzchen. (Ehrlich gesagt, die abstrakten Farben gefallen mir hier mindestens genauso gut wie irgendwelche zusammengefaselten konkreten Begriffe.)

Mit den geernteten Holzklötzchen dürfen wir in einer Tempelstadt Tempel errichten, die unseren weiteren Landschaftsbau fördern, uns Mana (in Form von roten Plastik-Knöpfen) spenden, Siegpunkte einfahren und unseren Sonnenwagen auf Touren bringen.

Mit der Mana kaufen wir Personenkärtchen, die uns – nach Aktivierung über entsprechende Rohstoffzahlung – weitere Siegpunktquellen eröffnen. Beispielsweise bringt uns die „Prophetin“ am Ende für jedes Hexagon in unserem Landschaft zwei zusätzliche Siegpunkte ein. Eine wahre Feldsche Siegpunkt-Suppe im Kallenborn & Prinzschen Pelzmantel.

Und der Sonnenwagen? Das ist überhaupt die geilste Idee in „Helios“. Jeder Spieler hat einen Sonnenwagen (gelber Knopf), mit dem er um seinen Landschaftsgarten herumfahren kann. Jedes Landschaftsplättchen, das er dabei berührt, trägt Früchte. (Rohstoffe in den bereits genannten Farben). Hat der Sonnenwagen die Landschaft einmal umkreist – das geht natürlich schneller a) je größer seine Geschwindigkeit und b) je kleiner unser Garten ist -, gibt es ebenfalls Siegpunkte.

Die Aktionen der Spieler – Landschaftsbau, Tempelbau und Helios-Bewegung – sind nicht frei wählbar. Pro Runde wird von jeder Aktion eine begrenzte Anzahl freigegeben. Die Spieler greifen reihum zu. Und wenn eine bestimmte Aktion vergriffen ist, muss man sich – in dieser Runde – mit einer anderen begnügen. Das kann u.U. sehr peinlich werden, besonders wenn man seinen Sonnenwagen nicht mehr bewegen kann, so dass in dieser Runde keine Rohstoffe mehr nachwachsen.

Auch bei der Auswahl der farbigen Landschaftsplättchen herrscht große Konkurrenz. Jeder Farbe ist nur einmal vorhanden. Und da man für den Tempelbau bestimmte Farben vordringlich braucht, gibt es immer eine große Nachfrage nach den besonders einträglichen Farben. Dieses deutliche Interaktionselement ist aber eher defensiv als aggressiv: Es geht nicht darum, einem Mitspieler eine Aktion oder eine Farbe wegzuschnappen, man schielt nicht nach fremden Plänen, um sie zu durchkreuzen. Die Spielzüge haben eher zum Ziel, sich selber die unbedingt notwendige Aktionen für die eigene Weiterentwicklung abzusichern. Absolut familientauglich. Auch wenn das Spiel erst ab zehn Jahre empfohlen wird.

Walter suchte sein Glück als Speedy mit dem Sonnenwagen und ganz kleiner Landwirtschaft. Doch ohne ein Mindesteinkommen an Brot und Wein läßt sich nicht gut beten. Weit abgeschlagen wurde er Letzter. Günther ging sofort auf das Mana los, riß sich – mit Mana-Priorität – die besten Personenkarten unter den Nagel, und machte sich dann konsequent an den Ausbau seiner Latifundien. So wurde er mit 122 Siegpunkten Sieger vor Aaron mit 108 Punkten.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (einfaches rundes Spielchen, mit leider hunderttausend Siegpunktquellen und leider entsprechend umfangreichem Regelwerk), Günther: 7 (deutlich mehr Konkurrenz und Interaktion als beim Rosenberg), Walter: 7 (das Spiel ist schnell und funktioniert).

Frage am Rande: Warum heißt in „Helios“ der Sonnengott AHAU? Wäre MaKaMaPri (nach dem Autoren-Duo) nicht ein viel sinnigerer Name gewesen?

3. “Abluxxen”
Unsere Wahl zum „Spiel des Monats“ steht vor der Tür, und wir haben erst wenige Kandidaten zur Auswahl. Da sollten wir uns mit „Abluxxen“ (Spielbericht vom 1. April) doch noch mal einen der beiden Titelanwärter unter die Lupe nehmen.

Im ersten Spiel gab es eine üppige offene Auslage und keiner gönnte dem anderen das Nachziehen. Fast unbehelligt brachte jeder peut-a-peut seine Kartenhand im eigenen Auslage-Stapel unter. Aaron machte fertig und bekam 13 Siegpunkte; Günther und Walter hatten noch eine bzw. zwei Karten auf der Hand und bekamen entsprechend weniger.

Dann wurde uns allen bewußt, dass man nur dann gut punkten kann, wenn man die Anzahl seiner Handkarten systemmatisch erhöht. Und das geht nur durch Abluxxen: ein spannender Kampf um die höchsten und dicksten Kartenmultitupel begann. Höchstmaß an Interaktion. Bei jedem Zug, auch dem der Mitspieler, ist man involviert. Und der Glücksgöttin ist auch ein hübsches Plätzchen eingeräumt. Aber nach dem Gesetz der großen Zahl gleicht sich der Glückseinfluß früher oder später wieder aus. Wie beim Skat.

Aaron: „Das Spiel hat etwas von der Qualität von „6 nimmt“. Immerhin eines unsere beliebtesten Absacker-Spiele.

WPG-Wertung: Aaron, Günther und Walter erhöhten unisono ihre Wertungsnoten um einen Punkt auf je 8. Das nächste Spiel des Monats scheint gesichert.

Es lohnt sich offenbar doch, ein funktionierendes Spiel noch ein zweites Mal auf den Tisch zu bringen. Man kann dabei gelungene Details entdeckten, die einem beim ersten Mal schlichtwegs entgangen sind.

“El día de la bestia”

Ein Spiel von heute. Aber nicht auf dem Spieltisch am Westpark. “La Marca“ schrieb dazu im Internet:«Otra vez ellos, los alemanes. Otra vez él, Josep Guardiola. Otra vez el Bayern de Múnich, actual rey de Europa. »

Horst war deswegen extra zuhause geblieben, um am Fernseher die Bestie zubeißen zu sehen. Irgendwie war sie dann doch ziemlich zahnlos. Schaun wir mal, was am kommenden Dienstag passiert. Auch die Bayern tienen cojones. Hoffentlich.