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13.03.2014: Enkel und Großväter

Es erben sich Gesetz’ und Rechte
Wie eine ew’ge Krankheit fort;
Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte,
Und rücken sacht von Ort zu Ort.
Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage;
Weh dir, daß du ein Enkel bist!

Nach Wikipedia will der alte Goethe darin ein zweifaches Bedauern ausdrücken: Die von den Vorgängern angehäuften Kulturschöpfungen seien eine Bürde, weil sie in solche Menge vorhanden sind, dass a) ihre Bewältigung unsere Energie überfordert und dass b) die darin enthaltenen Großtaten schon nicht mehr zu übertreffen seien.

Diese Interpretation ist schlichtweg falsch. Genauso falsch wie meine unwillkürliche Gedankenverknüpfung an diesen mephistophelischen Leitspruch, wenn wir neu herausgebrachte Spiele spielen, deren Elemente uns vor Jahren einmal hübsch und innovativ vorkamen, die heutzutage für uns aber nur noch ausgelutscht und lästig sind. Richtig müsste es heißen:

Es erben sich Spielbrett und Karten
wie eine geile Neuheit fort;
dabei sind’s stets die gleichen Arten
das wird uns langsam schon zum Tort.
Idee wird Abklatch, Glanz wird trübe;
Weh’ dir, dass du ein Opa bist.

Concordia – Eintracht, trotz ungewohnter Sitzordnung
Concordia – Eintracht, trotz ungewohnter Sitzordnung
1. “Concordia”
Auf einer sechs-seitigen Beilage macht uns der Verlag zunächst mit den römischen Göttern, den antiken Provinzen und der Geschichte des römischen Reiches bekannt. Auf den ersten Blick kein Plagiat aus den sattsam bekannten Quellen im Internet. (Einen zweiten Blick haben wir uns erspart.) Zur Erklärung von Spielmaterial und Spielregeln braucht es dann nur noch vier Seiten. Ausreichend und erschöpfend. Angesichts dieser Art von Aufbauspielen sogar höchst erfreulich. Allerdings ist alles schon einmal dagewesen, keine einzige neue Spielidee wird uns präsentiert.

  • Aus wieviel Spielen kennen wir nicht die antike Mittelmeer-Szenerie zwischen Spanien und Kleinasien? Lieber nicht nachzählen, das Leben ist kurz!
  • Aktionskarten, von denen jeder das gleiche Anfangsset hat, und die wir zur Auswahl unserer Züge sequentiell ausspielen … Das soll vorkommen. Es kommt sogar vor, dass man eine dieser Karten ausspielen muss, um alle bisher gespielten Aktionskarten wieder auf die Hand zu nehmen. „Nichts neues unter der Sonne“ hätte auch schon der Prediger Salomo gesagt, wenn er den „Diplomaten“ von “Concordia” entdeckt hätte, mit der man die letzte Aktion eines beliebigen Mitspielers wiederholen darf.
  • Schiffe und Pöppel, die wir auf festgelegten Routen durch Länder und Provinzen bewegen … OK, irgend eine Bewegung sollte in einem Entwicklungsspiel ja wohl erlaubt sein.
  • Häuser bauen, um unsere Präsenz zu beweisen und in unseren Vorgärten angebautes Getreide und Wein ernten zu können … Auch Steinzeitmenschen haben das schon so gehalten.
  • Handel treiben und unsere Waren in Geld einzutauschen oder umgekehrt Geld in Waren … Schön, wenigstens gibt es keinen Engpass an einer bestimmten benötigte Waren, wenn wir sie in unseren eigenen Vorgärten nicht selber produzieren können.
  • Neue Aktionskarten erwerben … Keine neue Aktionsqualität und unwesentliche Verbesserung der Aktionsquantität. Die Musik hierin steckt lediglich in der daraus resultierenden Vervielfältigung unserer Siegpunkt-Einzelposten. Immerhin.

Immerhin ist das Spielmaterial hübsch und solide. Die Aktionskarten sind großzügigerweise sogar in zwei verschiedenen Sprachausgaben beigelegt, so dass wir mit einer einzigen Ausstattung gleich zwei getrennte Fünferrunden in Eintracht versammeln können.

Ein Spieltipp: Baut Häuser und legt euch, falls angeboten, die Jupiter-Aktionskarten zu. Rein theoretisch winken Euch damit 120 Siegpunkte; mehr als Peter heute zum Sieg gereicht haben. Oder besiedelt verschiedene Provinzen und haltet Euch an Saturn. Im Extremfall warten dann 84 Siegpunkte auf euch. Und wenn ihr alle Euere Kolonisten aufs Spielbrett gebracht und alle Mars-Aktionskarten an Land gezogen habt – eine der leichteren Übungen – dann wird das mit 60 Siegpunkten belohnt.

Günther ging das Spiel ungewohnt locker an. Er propagierte sogar mehrfach die Lockerheit zur ersten (für ihn zweiten) Kennenlernpartie. Das war sein Fehler. Ganz locker hatte er alle Kolonisten aktiviert, aber ebenso locker den Mars komplett an sich vorüberziehen lassen. Zwei winzig kleine Mars-Karten hätten ihm zum Sieg genügt.

WPG-Wertung: Günther: 7 (man kann es locker spielen [WS: wenn man nicht unbedingt gewinnen will]) , Moritz: 6 (das Spiel sieht interessanter aus, als es ist. Letzlich ist es vollkommen wurscht, was man tut. Es fehlt ein Rondell!), Peter: 6 (genau! Es fehlt ein Bordell!) Walter: 6 (rund und schön und ausgelutscht).

2. “Verflixxt!”
Ein simples Würfelspiel. Es funktioniert fast wie das bald tausendjährige „Mensch-ärgere-Dich-nicht!“ Wir würfeln unsere drei Pöppel vom Start zum Ziel. Dabei können wir uns nicht gegenseitig rauswerfen und nicht der erste hat gewonnen, sondern wer unterwegs die meisten, besten Spielfelder abgeräumt hat. Das ganz normale (und im Sinne einer lockeren Spielerei auch wünschenswerte)) Würfelglück ist gepaart mit einer gerade richtig großen Handlungsfreiheit für taktische Rechnereien. Freude bei kleinen Zwischenerfolgen gemischt mit Schadenfreude beim Vermaseln solcher Erfolge bei der Konkurrenz addieren sich, ohne auf der Gegenseite Frust auf kommen zu lassen.

Keine neue WPG-Wertung für ein 7,5 Punkte Spiel. (Wenn Peter wüsste, dass er vor 9 Jahren nur 6 Punkte vergeben hat, würde er das schleunigst ändern.)

3. “Bluff”
Moritz fiel auf: „Irgendwann landen wir immer bei Fünf.“ Walter: „Schade, dass wir mit Bluff nicht bei Sex landen können.“ Peter: „Ich möchte zu Protokoll geben: Günther begann frivol zu stöhnen!“

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

05.03.2014: Nations und Nauschions

“Bevor ich so bin wie Du, bin ich lieber zweiter Sieger!” (Sportfreunde Stiller)

1. “Nations”
Michael Andersch hatte das Spiel schon letzte Woche bei seinem – am Ende gescheiterten – Besuch am Westpark mitbringen wollen. Die Erwartungen waren reserviert. „Kannst es ja mal mitbringen, wenn wir uns nicht gerade auf ein 3+ Stunden Card Drafting Spiel einlassen müssen …“. Michael konnte in bezug auf die zeitlichen Anforderungen beschwichtigen: „Zu viert haben wir es immer in so ca. 1:45 Stunden geschafft“. Aaron traf dann am Wochenende auf der Spieleerfinder-Messe in Haar ein paar Leute, die “Nations” in 15 Minuten erklären und es zu viert selbst beim ersten Mal in nur 2 Stunden spielen konnten. Deshalb heute also grünes Licht für ein großes Werk, was „Nations“ zweifellos ist.

Jeder Spieler erhält ein Tableau, das er im Laufe des Spieles mit Fortschrittskarten füllt und damit sein Potential zum Gewinnen von Stabilität, militiärischer Macht, Bildung, Geld, Nahrung und Kohle erhöht.

Die Fortschrittskarten liegen öffentlich aus und kosten je nach der Ebene, in der sie zufällig aufgedeckt wurden, ein, zwei oder drei Geldeinheiten. Zusätzlich hat jeder Spieler noch Arbeitskräfte, die er auf diesen Karten platzieren muss, um ihre Segnungen zu erhalten. Das Plazieren kostet Kohle, das Dort-Behalten nichts. Eigentlich könnte man seine Arbeiter ingesamt nur einmal zu Spielbeginn aussenden und dann in bewährter kapitalistischer Manier Runde für Runde ihren Mehrwert einstreichen. Doch mit immer den gleichen Monopol-Erzeugnissen kommt man in „Nations“ nicht zu Potte. Wir brauchen immer mal wieder Kohle UND Geld, Macht UND Stabilität, um effizient zu bestehen. Schon allein um ertragreiche Kolonie-Fortschrittskarten erwerben zu dürfen, müssen wir unsere militärische Stärke erheblich entwickelt haben.

Außerdem kann (und wird) der militärisch stärkste Spieler regelmäßig Kriegs-Fortschrittskarten aktivieren und damit jeden zögerlichen Pazifisten zwangsweise zur Kasse bitten: Geld, Nahrung oder auch Bildung werden dann geschröpft. Glücklicherweise sind diese Verluste aber tragbar. Wer sich in friedlichen Kategorien entsprechend hoch entwickelt hat, kann auch die Kriegsschäden einigermaßen glimpflich überstehen. Schließlich hat der Militarist für seine Aufrüstung ebenfalls erhebliche Investitionen tätigen und dabei seine zivile Entwicklung vernachlässigen müssen.

„Nations“ ist ein schwedisches Produkt. „Und das sind Gutmenschen!“ sagten Horst und Moritz beinahe unisono. So darf ein Spieler, der sich in seinem spielerischen Intellekt für stärker hält, als die anderen, freiwillig ein Handicap auf sich nehmen: Pro Runde erhält er dann weniger Standard-Einkommen als die anderen. In welchem Spiel der Neuzeit wurde je so etwas geboten? Welch’ ein Glauben an den bezwingbaren Siegeswillen eines jeden Brettspielers!

Fazit. Eine saubere Konstruktion. Vielfalt und Ausgewogenheit innerhalb der zahlreichen Fortschrittskarten. Umsteigmöglichkeiten (und Notwendigkeit dazu) innerhalb der verschiedenen Entwicklungsschienen. Das Spiel kommt grundsolide daher. Die Autoren zeigen deutliches Verständnis für die Schwierigkeiten von Einsteigern. „Um Spieler einzuführen, die mit längeren und komplexeren Spielen noch nicht vertraut sind”, kann ein Spiel auf zwei (statt vier) Runden begrenzt werden.

Wir sind in solchen Spielen zweifellos nicht unbewandert, doch dieser verständnisvolle Hinweis stand von vorneherin über unserm Einstieg bei „Nations“. Und ebenso über unserem Ausstieg. Nur Moritz, der sich von Beginn an konsequent und erfolgreich mit Wundern eingedeckt hatte, war nach den zwei Spielrunden noch voll dabei und hätte gerne zwei Stunden weitergespielt. Die anderen wunderten sich, dass sie nach der Hälfte des Spieles in bezug auf Einnahmen, Kohle, Geld, Nahrung und Siegpunkten gegenüber dem Anfangsbestand noch kaum etwas zugenommen hatten.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (für mehr Punkte ein Zeitalter zuviel), Horst: 7, Moritz: 8 (deutlich, logisch, einsichtig, ohne grundsätzliche Desaster, man kann seine Strategien umbauen, man kann alle Mankos irgendwie ausgleichen), Walter: 6 (Dynamik fehlt, vermißt Durchsichtigkeit im diffizilen Fortschrittskarten-Optimierungs-Labyrinth.)

2. “Nauticus”

Nauticus – Wer hat da seine Hand im Spiel?
Nauticus – Wer hat da seine Hand im Spiel?

Eine Spielidee von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling ist genauso krisenfest wie eine Gewürz-Boutique von Alfons Schubeck. Unbestritten ist ihre Designer-Begabung, reichhaltig ihr Repertoire an Spiel-Elementen und erfolgreich ihre Findigkeit, auch fremde Ideen zu adaptieren. Bei „Nauticus“ haben sie (in meinen Augen) zweifellos Anleihen bei „Die Werft“ von Czech Games Edition gemacht. Doch vielleicht liegt das Thema Schiffe-Bauen und damit Handel-Treiben quasi in der Brettspiel-Luft. Schließlich tummelt sich Aarons „Trawler“ ja auch in diesen Gefilden.

In „Nauticus“ bauen wir aus Heck-, Bug- und Mittelteilen unsere Schiffe zusammen, bestücken sie mit Masten, hängen Segel daran, laden Fracht auf, verkaufen sie im nächsten Hafen und bekommen am Spielende aus der Stattlichkeit unserer Flotte und aus Menge und Struktur unserer verkauften Waren Siegpunkte. Bekannt, bewährt, gut. Trivial!

Hübsch ist die Auswahl der Spieleraktionen mit dem Aktions-Rondell. Aus acht Segmenten, in denen die Aktionen Rumpfteile, Masten und Segel kaufen, Waren laden und transportieren, sowie Lager, Bank und Kronzeugung angeboten werden, wählt der Startspieler eines aus. Alle Spieler müssen dann die gleiche Aktion ausführen. Eine geglückte zeitliche Abstimmung der einzelnen eigenen und fremden Aktionen trägt wesentlich zur Effizienz bei. Was hilft eine Warenlade-Aktion, wenn die eigenen Schiffe gerade alle voll sind? Oder was hilft die Möglichkeit zum Mastkaufen, wenn man keinen passenden Schiffsrumpf dazu hat? Immerhin kann man bei jeder Aktion auch passen und bekommt dafür als Trostpreis immerhin ein paar Siegpunkte.

Der Startspieler erhält bei der Auswahl seiner Aktion noch einen zusätzlichen Bonus in Form von Arbeitskräften, Geld, Ware, Siegpunkten oder Schiffsbaumaterial. Dieser Bonus ist den einzelnen Aktionen flexibel zugeordnet, so dass jeder Spieler bei seiner Wahl die gewünschten Aktionseffekte, sein eigenes Entwicklungsstadium und die angebotenen Sonderprämien gegeneinander abwägen muss.
Leider ist es damit auch schon getan. Fünf Runden, neuzig Minuten.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (dröge und zäh; es tut ihm weh, dass dieses Spiel bei BBG versucht, seinem Yunnan den Rang abzulaufen), Horst: 5 (unspektakulär, unspannend, öde), Moritz: 6 (ach ja), Walter: 6 (vermißt die ganz normale Aggressivität eines Geschäftslebens).

Zu unserem Bild: Wer als erster mit einer plausiblen Begründung herausfindet, wem die Hand auf dem Bild gehört, bekommt eine Flasche Frankenwein.

3. “Bluff”
Aaron stand mit einem einzigen Würfel gegen zwei von Walter im Endspiel. Er hatte einen Stern gewürfel. Ein toller Wurf! Aber eigentlich bringt er nur Probleme. Schon bei der ersten Vorgabe?
Immer-4 oder Immer-5, das ist hier die Frage! Beider nur beschränkt zielführend! Bei jeder Reaktion des Gegenüber steht man vor neuen Problemen: nach der Antwort 2 mal die Vier bzw. 2 mal die Fünf ist man wohl verloren. Nach 2 mal die Eins, Zwei oder Drei könnte man sein Glück noch mit 3 mal Eins, Zwei oder Drei versuchen. Doch nichts ist sicher, das Spiel heißt ja „Bluff“.

Aaron versuchte als Startvorgabe ein 2 mal die Eins. Sein Gegenüber hatte keine Eins unter dem Becher und konnte leicht anzweifeln. Wie groß war Aaron’s Chance, mit dieser Vorgabe einen Würfel zu gewinnen? Wäre die Startvorgabe 2 mal die Fünf theoretisch (und praktisch) nicht besser gewesen?

Und wie steht es mit 1 mal die Eins?
Behauptung: Wer mit 1 mal die Eins anfängt und nach einer 1 mal die Zwei, Drei oder Vier-Antwort seines Gegenüber auf 1 mal die Fünf erhöht, hat einen Stern unter dem Becher!
(Der Beweis bleibt den Lesern überlassen.)

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

26.02.2014: Cuba mon amour

„Wenn ich Freude daran hätte, mit Nüßchen und Kreiseln zu spielen, warum nicht? Das Vergnügen kennt keinen Ehrgeiz. Es dünkt sich aus sich selbst reich genug und begehrt nicht zusätzlich Ruhm und Ehre.“ (Michel de Montaigne)

1. “Cuba Libre”
Kuba fasziniert immer (noch). Zuckerrohr, Rum, Samba-Rhythmen und heiße Tänze werden auch heute noch zu einem bewegenden Buena Vista gebündelt. Und selbst Kubas Politik läßt uns schon seit mehr als 50 Jahren staunen, bewundern, fürchten und beten.

Cuba libre - die Roten warten auf ihren Einsatz
Cuba libre – die Roten warten auf ihren Einsatz

In „Cuba libre“ wird die Politik von aller Hintergrundlastigkeit befreit und wir können in vier verschiedenen Parteiungen der Reinkultur der demokratischen Korruption, des Casino-Kapitalismus, des revolutionären Terrors und des studentischen Protests frönen.

Jede Partei darf eigene Operationen ausführen: neue Mitglieder, Polizei, Armee oder Guerillas ins Spiel bringen, Stützpunkte bzw. Casios bauen oder zerstören, sich gegenseitig enttarnen, abspenstig machen oder abmurksen, Terroranschläge inszenieren und damit die öffentliche Unterstützung für die Roten oder Blauen auf die eine oder andere Seite kippen lassen.

Bemerkenswert ist die Auswahl der jeweiligen Operationen. Im eingeschwungenen Zustand agieren pro Runde jeweils zwei Spieler, die anderen beiden erholen von ihrem gerade getätigten Zug. Es wird jeweils eine „Ereigniskarte“ aufgedeckt, die individuelle konstruktive oder destruktive Aktionen erlaubt. Zusätzlich definiert diese Ereigniskarte, in welcher Reihenfolge die Spieler handeln dürfen. Der Erstziehende darf wählen, ob er die spontane Ereignis-Aktion ausführt oder eine seiner Standard-Operationen, die er auch noch mit Spezial-Aktivitäten verstärken kann. Der Zweitziehende ist im Aktionsradius eingeschränkt und muss sich auch noch mit dem halben Effekt begnügen.

Man kann als aktiver Spieler auch passen und verzichtet damit in der aktuellen Runde auf seinen Zug. Dafür ist man dadurch nicht abgeschlafft, sondern ist kann sich im Vollbesitz seiner luderischen Kräfte auf die Abhandlung der nächsten Ereigniskarte stürzen. Dort darf man dann ggf. mit Priorität einen besonders wirksamen Schlag gegen Regierung oder Castraner ausführen.

Jede Partei hat ein eigenes Spielziel. Die Regierung muss alle Städt kontrollieren und ein bestimmtes Zustimmungsniveau erreichen. Castros Bewegung des 26. Juli muss im gesamten Land ein bestimmtes Oppositionspotential überschreiten. Das Syndiakat muss 8 Casinos eröffnet haben und damit eine bestimmte Gewinnsumme erzielen. Das Direktorium muss einen vorgegebenen Einfluss innerhalb der Bevölkerung erworben haben.

In einer guten halben Stunde hatte Moritz die Regeleinführung hinter sich gebracht und jeder wußte, welche Züge er machen konnte. Doch welche davon die aktuell wirksamsten waren, dazu brauchten wir noch eine Hilfestellung. Moritz spielte die Regierung, gab aber bereitwillig auch Castro und dem studentischen Protest uneigennützigste Ratschläge.

Er hätte jedem Spieler auch den Wegweiser in die Hand drücken können, wie die entsprechende Partei agieren soll, falls sie von keinem Spieler geführt wird. Solche Anleitungen sind dem Spiel nämlich beigelegt, so dass man in einer Solo-Variante auch ganz alleine seine Verdienste um die Befreiung Kubas erwerben kann. Klar, dass die Regierung, die über reichlich Geldmittel verfügt, ständig Truppen requirieren muss, um damit Städte und Wirtschaftszentren zu schützen. Klar, dass Castro’s wichtigsten Aktionen die Terroranschläge sind. Das Direktorium zieht mit Aufklärung durch das Land, und das Syndikat baut und schützt Casinos und seine Einnahmen.

Man kann mit vollster Leidenschaft seine Partei führen und entsprechend lustvoll auf die gegnerischen Gruppierungen draufschlangen. Man kann das Ganze aber auch wie eine Filmfiktion von Alain Resnai („Hiroshima mon amour“) und Steven Spielberg („Catch Me If You Can“) an sich vorbeilaufen lassen und darüber staunen, mit welcher Virtuosität Moritz die Regierung, das Kapital, die Revolution und die Aufklärung gegeneinander ausspielt. (Der Life-Ticker mit den Szenen zwischen Real Madrid und Schalke war nicht einmal halb so befriedigend!)

WPG-Wertung: Aaron: keine Note (die rein abstrakten Mechanismen funktionieren, besitzen aber keinerlei Thema; [Moritz:] als Herr des Syndikates war Aaron leider die langweiligste Rolle des Spiels zugefallen), Günther: 4 (kein Freund von Simulationsspielen; das Spiel lebt von den Karten, die man toll finden muss. [Oder es eben nicht tut.]), Moritz: 8 (mag dieses Genre. Fasziniert von Material und Mechanismen), Walter: 4 (es war höchst entspannend, sich von Moritz in allen kritischen Entscheidungen an der Hand führen zu lassen; wenn Castro gewonnen hätte, hätte das Spiel noch einen Punkte mehr bekommen …).

Günther’s Einsicht: „Spiele, die eine Solo-Variante beinhalten, sind mit Vorsicht zu genießen!“
Bei BGG wird „Cuba libre“ hoch gehandelt. 308 mal wurde es bewertet und kommt dabei einen Durchschnitt von 7,99 Punkten. Einer der wenigen 2-Punkte-Werter schrieb dazu: „Ich liebe das Thema, finde das Spiel aber extrem langweilig.“
Hallo Ralf, wir waschen unsere Hände in Unschuld!

2. “Blueprints”
Ein lockeres Bauspiel mit Würfeln.
Jeder Spieler bekommt einen eigenen Bauplan für ein Gebäude, das aus sechs zusammenhängenden Würfeln besteht. Aus einer Auslage von 7 Würfeln (in den Farben grün, orange, schwarz und weiß) muss er jeweils einen Würfel herauspicken und damit sein Gebäude sukzessive vervollständigen. Dabei ist lediglich darauf zu achten, dass ein Würfel, der auf einen anderen gelegt wird, mindestens die gleiche Augenzahl besitzt.

Für jeden herausgepickten Würfel wird ein neuer Würfel ins Spiel gebracht, die anderen bleiben in Farbe und Augenzahl unverändert.

Nach sechs Zügen hat jeder Spieler sein Gebäude fertiggestellt. (In seltenen Fällen, wenn zufällig für die oberen Etagen eines Gebäudes keine ausreichenden Augenzahlen ausliegen, ist eine Gebäudevorgabe auch nicht erfüllt.) Dann kommt die Wertung. Fertiggestellte Gebäude bringen Punkte ein. Dazu liefert jede Würfelfarbe noch eigene Beiträge für die Gesamtwertung: Grüne Würfel zählen, wenn besonders viele dafür verwendet wurden; bei gelben Würfeln zählt die Anzahl von Nachbarn, schwarze Würfel bringen besonders in den oberen Etagen viele Punkte, bei weißen Würfeln zählt die eingesetzte Augenzahl. Wer die höchste Gebäudewertung erzielt hat, bekommt eine Goldmedaille mit drei Siegpunkten, der zweite erhält zwei und der dritte einen Siegpunkt.

Weiterhin gibt es Sonderprämien für spezielle Topologien, z.B. lauter gleiche Augenzahlen oder lauter gleiche Würfelfarben.

Blitzschnell ist ein Durchgang zu Ende; die Siegpunkte werden notiert, neue Baupläne verteilt. Der Spieler mit der geringsten Wertungszahl wird neuer Startspieler.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (belanglos), Günther: 5 (das erfolgreiche Bauen ist zu nebensächlich, das hätte man stärker betonen sollen), Moritz: 6 (kurz und schnell; ein lockeres Familienspiel; durch das umfangreiche Bewertungssystem ist die hübsche Spielidee leider etwas überfrachtet), Walter: 6 (freut sich auf ein Spiel mit seinen Großneffen).
Moritz: Das Säckchen, woraus man die Würfel nachzieht, ist zu klein.

3. “Bluff”
Bei insgesamt 15 eingesetzten Würfeln zweifelte Günther Aarons Vorgabe von 12 mal die Fünf an. (Die Wahrscheinlichkeit dafür ist geringer als ein Promille.). Später zweifelte er bei insgesamt 8 Würfeln die Vorgabe von 6 mal den Stern an (Die Wahrscheinlichkeit dafür ist etwas größer als ein halbes Promille!) Beide Male kostete das ihn und Walter einen Würfel. Aaron erfocht einen Kantersieg.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

19.02.2014: Bruxelles vs. Arsenal

Champions-League-Spiele gehen nicht spurlos an unseren Spielabenden vorbei. Aaron grummelt über die Unruhe am Spieltisch, wenn immer mal wieder per Lifeticker der Spielstand abgefragt wird. Horst legt größten Wert auf diese Information; heute ist er sogar eigens zuhause geblieben, um sich doch lieber das 2:0 vom FC Bayern bei Arsenal reinzuziehen. Moritz möchte ebenfalls auf keine Online-Information verzichten; an Fußball-Abenden hat gewöhnlich sein Tablet vor sich liegen, auf dem die entsprechenden Szenerien angezeigt werden. (Auch sonst ist sein Handy höchst aktiv.) Peter ist beruhigt, wenn das Match nicht in der Arroganz-Arena stattfindet. Dann kann er in der Nacht nach Hause kommen, ohne von den „Fußball-Prolls“ in U-Bahn und Leopoldstraße behelligt zu werden. (Dieser Horror-Eindruck stammt noch aus den Zeiten des „Sommermärchens“.) Günther ist der einzige unbewegte Beweger. Und seine Frau freut sich, dass er außer Haus ist und ihr mit seinen dummen Sprüchen nicht den Fussballabend versaut.

1. “Bruxelles 1893”
Die belgische Hauptstadt wurde 1893 zur Wiege des Jugendstils. So steht es im Regelheft. Am Material, Design und Spielablauf ist davon allerdings nicht viel zu spüren. Kein Wunder, wenn sogar Martin Klein, ein professioneller Brüssel-Erklärer bei YouTube (http://youtu.be/PMvGUfBYq1Q) von Jugendstil-Architektur noch nie etwas gehört hat.

Bruxelles 1893 - keine Angst vor dem "Knast"
Bruxelles 1893 – keine Angst vor dem “Knast”

Wir setzen unsere Arbeiter auf – je nach Zufallsauswahl – zehn bis zwanzig Einsatzfelder und

  • besorgen Baustoffe
  • bauen daraus Häuser – angeblich im Jugendstil
  • schaffen Kunstwerke
  • verkaufen unsere geschaffenen Kunstwerke an stets kaufwillige Liebhaber
  • besorgen uns Geldmittel auf dem freien Markt (falls unsere Kunst zuwenig Geld eingebracht hat)
  • heuern Helfer an
  • nehmen die Dienste unserer Helfer in Anspruch (für Geld, Siegpunkte, neue Arbeiter, erhöhte Faktoren für die Siegpunke-Prämien u.ä.)

Alles hängt zusammen, überall sprudelt es, überall fließen uns Siegpunkte zu. Die Baupreise sind variabel, die Kunsterlöse flexibel, der Einsatz auf Geld- und Arbeitsmarkt multibel, die Prämien für unser Arbeiter auf Jugendstil- und Brüssel-Spielplan konkurrabel. Beim ersten Mal ist das Ganze nicht beherrschbar. Beim zweiten Mal ein bißchen. Beim dritten Mal kann man vielleicht schon einen Plan haben. Aber dann macht das Ganze schon keinen Spaß mehr. (Vielleicht!)

Interaktion? Ist bei der extremen Verzahnung der Spielelemente gar nicht zu vermeiden. Und immer mal wieder muss ein Spieler nolens volens (oder nativ vor sich hinspielend) seinem Nebenmann eine steile Vorgabe zuschustern. Aaron bedauerte, dass er nicht hinter Walter, sondern hinter Peter saß. Da wurden deutlich weniger Vorgaben losgetreten.

Peter heuerte zu Beginn – geplant oder zufällig – einen Helfer an, der seinen Faktor für Gebäudeprämien in den fünf Spielrunden von 3 auf den Maximalwert 10 hochhievte. Dazwischen errichtete er alle seine sechs Häuser. Allein für dieses Besitztum kassierte er in der Schlußabrechnung 60 Siegpunkte. Fast so viel wie Günther im ganzen Spiel. Von Aaron und Walter ganz zu schweigen. Das scheint in „Bruxelles 1893“ die Siegesschiene zu sein. Man kann einem Spieler dieser Zielrichtung allerdings in die Suppe spucken.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (unkalkulierbar, kurzweiliger als “Madeira”, 1 Punkt mehr), Günther: 6 (habe es heute zum dritten Mal gespielt; jedesmal ist die Note besser geworden; scheint aber jetzt am oberen Anschlag zu sein), Peter: 6 (zu viele Schräubchen; Schmetterlingseffekte – gemäß Chaos-Theorie; es hat heute Spaß gemacht, besonders, weil ich gewonnen habe. Aber noch einmal möchte ich es nicht spielen), Walter: 6 (wie bei Madeira: 4 Punkte für den Spielspaß und 8 Punkte für die reife Ingenieursleistung).

Hallo Ralf, im Prinzip hast Du recht: Weil uns „Madeira“ nur bedingt gefallen hat, hätten wir von „Bruxelles 1893“ von vornherein gleich „die Westpark-Games-Finger lassen“ können. “Auch hier sind ebenso nur diverse Spielmechanismen aufeinandergeschichtet, um daraus eine verschachtelte Optimierungsaufgabe zu machen!“ Aber Du hast natürlich ebenso unrecht, denn – wie Aaron treffend kommentiert hat – unseren Spielspaß ziehen wir aus dem Kennenlernen an sich. Das Spiel kriegt dann – vielleicht zum Leidwesen von Autor und Verlag – keine Höchstnoten, aber der Spieleabend hat sich für jeden einzelnen von uns trotzdem gelohnt. Wissen macht Spaß! Host mi?

2. “Nobiles”
Wir sind nicht in Italien und auch nicht bei Umbertos umstrittenen Polarfahrten. Aaron fünfte Eigenentwicklung spielt in Ostfriesland. Wir kämpfen gegen natürliche Unbilden wie Sturmfluten und Quallen. Wenn wir sie besiegen, bekommen wir Land, Deiche und ähnliche Besitztümer; und die Nobiles des Landes, als da sind Richter und Häuptling, bekommen dafür Siegpunkte. Wenn wir die Sturmfluten nicht besiegen, geht Land unter, und der Häuptling wird abgesetzt.

Gegensätzliche Interessen von Bürgern und Nobiles beim Besiegen der Elemente, sowie eine Semi-Kooperation und Semi-Konkurrenz innerhalb der freien Aktionen der Mitspieler sind die Leitmotive des Designs. Doch bis zur gelungenen Balance von Kosten und Nutzen, von Einsatz und Gewinn, Mangel und Überfluss, sowie von Beteiligung und Sabotage ist noch ein weiter Weg.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

3. “Bluff”
Peter schielte schon auf die vorletzte U-Bahn und wollte nur noch kibitzen. Günther war allerdings noch vor der U-Bahn-Abfahrt ausgeschieden. Reihum krottenschlechte Würfe aller Spieler hatten ihm das Genick gebrochen. Mit 5:5-Würfeln gingen Aaron und Walter ins Endspiel. Schlagartig wendeten sich die Würfel. Bei der Vorgabe 10 mal die Fünf (alle zehn Würfel Fünf oder Stern!) verlor Aaron seinen ersten Würfel. Der Anfang vom Ende.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

13.02.2014: Der Untergang von Madeira

Dort sitzen die Verbrecher
Dort sitzen die Verbrecher
Diese Woche hat man versucht, den Zugang zu unserer Internet-Seite zu knacken. Glücklicherweise erfolglos. Von unserem Provider erhielten wir die Mitteilung:
3 ungültige Anmeldeversuche von IP: 178.35.177.242
Letzter Anmeldeversuch erfolgte mit dem Benutzernamen: walter
IP wurde gesperrt für 20 Minuten.

Das gleiche auch noch ein paar Stunden später unter dem Benutzernamen „günther“.
Nachforschungen über www.utrace.de ergaben, dass der Betrugsversuch aus Kolumbien kam. Was wollten die Betrüger? Unsere Informationen über Spiele und Spielen zerstören? Pornos oder Schleichwerbung unterbringen? Wer weiß!

Ist das Internet tatsächlich so schutzlos Verbrechern ausgeliefert? Kann der Gesetzgeber nicht vorschreiben, dass jeder Provider eine Identifikation für alle Sender in seinem Netz bereithalten muss? Und gegebenenfalls verantwortlich ist für alles, was seine Kunden tun? Gibt es keine internationale Zusammenarbeit für die Bekämpfung solcher Machenschaften? Können die öffentlichen Behörden keine Kriminal-Zentrale einrichten, an die sich die wehrlosen Bürger wenden können, wenn sie von solchen Verbrechern geschädigt wurden?

Ich könnte solchen Leuten glatt den Hals rumdrehen. Aber vorher noch die Gesetzgebung der Scharia anwenden! Hat Mohammed nicht schon verordnet, dass Einbrecher in fremde Portale mit 100 Stockhieben auf die nackten Fußsohlen zu bestrafen sind …

1. “Madeira”
Im Vorfeld gab es schon Positionskämpfe darum, ob wir das von Moritz mündlich protegierte „Cuba Libre“ oder das von Horst schriftlich gewünschte „Madeira“ auflegen sollen. Bei einer im Internet prognostizierten Spieldauer von je 3 bis 6 (sechs) Stunden konnte heute nur eines davon aufgelegt werden. Die Schrift gewann.
Ach Gott, was soll ich jetzt über das Spiel schreiben? Ein riesiges Räderwerk von Würfeln, Pöppeln, Schiffen, Zählscheiben, Waren, Feldern, Ernten, Städten, Gilden, Charakterplättchen, Aufträgen, Belohnungen und Piraten. Alles hängt zusammen, alles wird für alles benötigt, alles bringt alles als Ertrag hervor.

  • Aus Würfel + Pöppel + Arbeiter + Felder + Ernte mache Holz, Getreide, Zuckerrohr oder Wein.
  • Aus Würfel + Pöppel + Ware mache Gilden.
  • Aus Getreide + Windmühle mache Brot zur Ernährung deiner Pöppel.
  • Aus Würfel + Pöppel + Holz + Kommandant mache Schiffe und Geld und – früher oder später – Waren und Siegpunkte.
  • Aus Aufträgen + Geld v Gilden v Schiffe v Mehrheiten mache Siegpunkte.
  • und vieles mehr

Madeira. Viel Holz vor der Hüttn. Im Hintergrund verfolgt Moritz den Untergang des HSV
Madeira. Viel Holz vor der Hüttn.
Im Hintergrund verfolgt Moritz den Untergang des HSV
Aaron hatte vorgeschlagen, die Spielanleitung nicht komplett vorzutragen, sondern nach einer kurzen Einführung in Material und Spielbrett das Spiel einfach zu beginnen. Jeder solle dann irgendeinen erlaubten Zug machen, die Querwirkungen würden wir ohnehin auf Anhieb nicht (alle) verstehen. Der Vorschlag wurde angenommen. Aber schon bein ersten Zug tauchte unweigerlich die Frage auf: Soll ich jetzt irgendeinen Scheißzug machen, oder soll mein Zug eine vernünftige Weichenstellung bewerkstelligen? Was ist mit „to have a plan“? Zurück zum Regelheft!

(Das wäre für Walter aber nicht notwendig gewesen. Er hat ohnehin die vielen Rädchen des Spiels nicht begriffen. Bis jetzt nicht. Das Spiel lief total an ihm vorbei. Der Satz im Live-Ticker der Sportschau: „Die Hamburger kommen überhaupt nicht an den Ball“ traf genau auch seine eigene mentale Situation.)

Nach knapp zwei Stunden (Madeira-)Spielzeit hatte Robben gerade das 3:0 für den FC Bayern geschossen, wir hingegen hatten erst zwei von fünf Madeira-Runden absolviert. Und es war kein Land in Sicht. Walter war zu einem Abbruch bereit, Aaron stand einem solchen neutral gegenüber, Horst hätte gerne noch die dritte Runde angehängt. Nur Moritz wollte das Spiel bis zu bitteren Neige auskosten: „Ich möchte schon wissen, wie am Ende die dicken Punkte verteilt werden!“

Wir kämpften uns noch durch eine weitere Spielrunde, dann wurde dreimal das Handtuch geworfen und Moritz fügte sich, erst noch zögerlich, später dann aber auch mit Überzeugung.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel hat kein Thema – im Gegensatz zu Kohle & Kolonie; eine gute Balance aber kein Spielspaß, es würde 7 Punkte bekommen, wenn es jetzt – nach der dritten Runde – zu Ende wäre), Horst: 5 (noch eine Spur konstruierter als K&K, dabei kommt jeglicher Spielspaß abhanden), Moritz: 5 (der Würfel-Aussuchen-Mechanismus ist sehr gut gelungen, ansonsten fehlt eine Steigerung), Walter: 6 (4 Punkte für den Spielespaß, 8 Punkte für die Ingenieursleistung).

Horst versteht die Freak-Spieler nicht: je komplexer desto hyper! Das kann doch nicht das einzige Kriterium für die Güte eines Spieles sein! „Es sollten pro Spiel eine A- und eine B-Note vergeben werden, für Technik und Ausstrahlung.“ … „Wie bei Frauen!“ „Technik allein macht es nicht.“ „Aber auch Technik für sich hat eine gewisse Ausstrahlung.“ „Doch ohne Ausstahlung zählt selbst die beste Technik nicht!“ Jeder der Westparker hatte hier eine eigene Weisheit zum Besten gegeben. (Die einzelnen Sprecher werden nicht aufgeschlüsselt.)
Über unsere anschließend ausgetauschten Eindrücke von den Liebedienerinnen auf den verschiedenen Kontinenten dieser Erde schweigt des Sängers Höflichkeit.

“Cub Libre”
Moritz trauerte immer noch seinem verschmähten Spielvorschlag nach. Was wäre „Cuba Libre“ gegenüber einem „Madeira“ gewesen! Soviel wie ein Bankraub gegenüber der Gründung einer Bank. Leider kann man an einem Abend nicht beides haben.

Als Trost tischten wir uns einen „Cuba Libre“ in flüssiger Form auf. Hier das Rezept:

4 cl Cuba-Rum
Saft von einer Limette (heute taten es Zitronen)
etwas Rohrzucker (harte Männer können darauf verzichten)
Cola zum Ausfüllen (seit Weihnachten vom Schwiegerfreund noch zufällig im Haus)

Die – nicht abgefragten – WPG-Wertungsnoten lagen zwischen 8 und 10 Punkten.

2. “Panthalos”
Bernd Eisenstein hat seine Spielentwicklung “Pandora und Titania”, die er uns letztes Jahr zum Testen überlassen hatte, für Essen-2013 nicht rechtzeitig fertig gebracht. Jetzt hat er das Spiel überarbeitet und will es dieses Jahr als „Panthalos“ herausbringen. Wir durften am Beta-Test (Abnahme der Produktionsreife) teilnehmen.

Gestern hatten Aaron und Walter das Spiel in einer Zweier-Runde ausgiebig studiert. Zu aller Zufriedenheit. Heute war auch die Vierer-Runde davon sehr angetan. Nach der vorhergegangenen ermüdenden Holzhackerei waren wir nach der ersten Eingewöhnungsrunde schnell wieder auf dem Dampfer. Alle. Vielleicht lag es auch am Cuba-Rum!

Noch keine WPG-Noten, dafür aber kommentierende Wertungen: Aaron: (erfrischend; wenige, aber sehr gut funktionierende Elemente), Horst: (Klasse; es fehlt nur noch eine entsprechende Graphik; natürlich müssen auch noch die dicken Pappkärtchen des Prototypes in dünne professionelle Spielkarten umgesetzt werden, dann ist es ein hübsches Freak-Spiel), Moritz: (flott; keine Schwachstelle; das Thema ist etwas aufgesetzt), Walter: (rund und schön).

04.02.2014: Adel in der Grube

23 Kommentare hat unser letzter Spielbericht mit „Kohle & Kolonie“ als Hauptdargestelltem provoziert. Unsere Notengebung reicht von deutlicher Ablehnung (Aaron, 4 Punkte) bis zu fast uneingeschränkter Euphorie (Peter: 9 Punkte). Selten gingen unsere Meinungen derart auseinander. Wirklich selten?

Ein kleiner analytischer Blick auf unsere Rangliste bringt zutage: Unter den aktuell aufgeführten 811 Spielen gibt es 48 Spiele mit einer Differenz von 5 oder mehr Punkten zwischen der besten und der schlechtesten Wertung. Bei diesen „bescheuerten“ Wertungen liegt Moritz auf der „guten Seite“ mit 25 Einträgen an der Spitze, Walter führt die „schlechte Seite“ mit 17 Einträgen an.

Naturgemäß gibt es demnach auch die meisten Kombinationen mit Walter als schlechtestem, und Moritz als bestem Werter. Insgesamt 6 mal kommt das vor. Kein Wunder: alternder Mathematiker gegenüber himmelsstürmendem Künstler. Immerhin kommt es aber auch 5 mal vor, dass Peter die schlechteste Note abgegeben hat, wo Moritz der beste war. Obwohl beide als anerkannte Hochgeister bei herausfordernden Spielen meist auf der gleichen Seite der Waagschale zu finden sind.

Es wäre doch mal interessant – zum besseren Verständnis beider Spielerseelen – zu untersuchen, warum bei den Spielen, „Meuterer“, „Princess Ryan’s Star Marines”, “Robo Rally”, “When Darkness Comes: The Awakening” und “Cosmic Encounter” Peter jeweils die schlechteste und Moritz die beste Note vergaben. Und warum es bei „Hanabi“ gerade umgekehrt war. Vielleicht könnt Ihr beide dafür am besten eine Begründung finden …

1. “Glück auf”
Obwohl das Bergbau-Thema gerade erhebliche animositäre Wogen hat hochschlagen lassen, konnte sich „Glück Auf“ als Starter heute problemlos durchsetzen. Das Autoren-Paar Kramer-Kiesling bürgt einfach für gleichbleibend gute Qualität.

Endstand bei „Glück auf“. Günther hat nicht gewonnen. Er konnte auch nicht mit seiner Lieblingsfarbe spielen! Warum gibt es kein Gelb?
Endstand bei „Glück auf“. Günther hat nicht gewonnen. Er konnte auch nicht mit seiner Lieblingsfarbe spielen! Warum gibt es kein Gelb?

In einem Worker-Placement-Spiel schicken wir unsere Arbeiter aus, um

  • Aufträge zum Abliefern von Kohle zu erwerben
  • Loren unterschiedlicher Kapazität, vollgeladen mit gelber, brauner, grauer oder schwarzer Kohle, zu kaufen
  • Die Kohle ans Tageslicht zu fördern
  • Die Kohle auftragsgemäß abzuliefern. (Das gibt leider kein Geld, sondern nur Siegpunkte.)
  • Geld von der Bank zu holen.

Die Aktionsplätze, zu denen wir unsere Arbeiter schicken, sind kein Monopol. Alle Spieler dürfen sich hier engagieren, jeder Spieler sogar mehrfach. Allerdings steigt der Preis: Man muss jedesmal einen Arbeiter mehr investieren als der Vorgänger, um die entsprechende Aktion ausführen zu dürfen.

In drei Wertungen wird die ausgeführte Steigerei bewertet:

  • In der ersten Wertung werden nur die abgelieferten Kohlesorten belohnt. Wer am meisten von einer Sorte abgeliefert hat, bekommt zwischen 2 und 5 Siegpunkten, der zweite bekommt 1 oder 2 Siegpunkte. Alle anderen gehen leer aus.
  • In der zweiten Wertung werden die Kohlesorten genauso wie oben belohnt. Zusätzlich noch die verschiedenen Lieferungsarten. Für die meisten Handwagen, Pferdekutschen, Lastwagen oder Eisenbahnen gibt es zwischen 6 und 9 Punkten, für die zweitmeisten wiederum jeweils die Hälfte.
  • In der dritten Wertung werden zusätzlich zu den Kohlesorten und den Lieferungsarten noch die verschiedenfarbigen Loren belohnt. Für die meisten Loren einer Farbe gibt es dann zwischen 10 und 13 Siegpunkten. Hier spielt die Musik.

Alles ist konstruktiv, alles verläuft rund. Ein ausgewogener Kampf zwischen Konzentration und Diversifizierung. Bei der Konzentration auf einen einziges Element wie Kohle, Lieferung und Loren können wir Rationalisierungseffekte nützen, durch die Diversifizierung sind wir an mehreren Siegpunktquellen beteiligt. Allerdings nur dann, wenn wir dabei jeweils mindestens die zweitbeste Position erreicht haben.

Ein bißchen Zufall ist durch die Verschiedenheit der ausliegenden Lieferungsaufträge eingebaut, der Rest ist solide Mitspieler-Aktion.

Geld ist knapp. Man bekommt es in Stückelungen zwischen 3 und 6 Mark von der Bank. Eine Lore mit zwei schwarzen Kohlen kostet aber bereits 8 Mark. Da muss man schon etliche Arbeiter zur Bank geschickt haben, um diese Summe heimzuholen. Die Bank-Konkurrenz ist am schärfsten. Der Startspieler tut gut daran, seinen ersten Arbeiter gleich auf das 6-Mark-Feld zu placieren.

Weiterhin tut man gut daran, in jeder Runde der Startspieler zu sein. Dazu muss man die meisten Arbeiter in der Lorenfabrik stehen haben. Bei uns war Moritz dreimal Startspieler: das erste Mal zu Spielbeginn per Zufallsentscheidung, die beiden anderen Male durch konsequentes Agieren bei den Loren. Dadurch konnte er sich in der Schlußrunde aus einer relativ abgeschlagenen Position noch an die Spitze setzen. Allerdings lag das Feld ziemlich dicht beeinander. Nur jeweils 1 Punkt Abstand zwischen den einzelnen Spielern. Ist das vielleicht ein Manko – im Sinne von zuviel Gleichförmigkeit – im „Glück auf“?

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Multiplayer-Solitärspiel mit ein bißchen Konkurrenz. Soll man sich alles merken, was die Mitspieler erworben haben, um hier eine eigene Prioriätenlinie fahren zu können!? Das Spiel wäre vor fünf Jahren vielleicht auf die Auswahlliste zum „Spiel des Jahres“ gekommen. Heute nicht mehr!), Günther: 6, Moritz: 6 (das Spiel ist OK, die Mechanismen erinnern etwas an „Coloretto“; es fehlt ein Spannungsbogen), Walter: 6.

PS: Der hübsche Förderturm aus gediegener Pappe hat sich leider etwas gewellt. Das wurde auch schon bei Boardgamegeek bemängelt. Dazu unsere Insider-Information: Das Spielmaterial wurde erst wenige Tage vor Essen ausgeliefert und mußte noch feucht eingetütet werden … Ein Bügeleisen kann hier noch Abhilfe schaffen.

2. “Legacy”
Wörtlich sollte man „Legacy“ wohl mit Erbe, Vermächtnis übersetzen. Im Spiel geht es um Familienpolitik innerhalb von drei Generationen.

In 9 Aktionsrunden mit je 2 bis 3 Aktionen dürfen wir heiraten, Kinder kriegen und unseren privaten Pool von Heiratskandidaten erweitern oder austauschen. Auf dem öffentlichen Markt erwerben wir Titel und Schlösser, initiieren Projekte, unternehmen „Missions“ (was immer das sein soll), oder engagieren uns in der Wohlfahrt. Alles dient der Steigerung unseres Ansehens und des zukünftigem Einkommens.

Ein paar Heiratskandidaten in „Legacy“
Ein paar Heiratskandidaten in „Legacy“

Alle Spieler können ziemlich das Gleiche tun. Die einzige Varianz kommt mit den Heiratskandidaten ins Spiel. 75 Stück gibt es davon und alle unterscheiden sich durch die Kosten, die ihre Heirat verursacht, den Zuwachs an Einkommen und Ansehen, der eine Allianz mit ihnen einbringt, und weitere vorteilhafte Sondereigenschaften. Die richtige Mischung macht’s.

Allerdings ist es – für nüchterne Spielertypen – auch ein höchst lästiges Vorgehen, sich aus dem reichlichen Angebot an Kandidaten den jeweils den besten Schwiegersohn heraussuchen zu müssen. Und genauso lästig ist es, diesen Auswahlvorgang bei den Mitspielern abwarten zu müssen. Glücklicherweise hielten sich diese siegentscheidene Prozeduren heute in Grenzen. Aber wenn man das wirklich ernst nehmen würde …

WPG-Wertung: Aaron: 5 (nette Idee, zu clumsy [= bayrisch „dodschert“], die Sonderprämien für die „Missions“ sind unausgewogen, zu viele verschiedene Personen-Eigenschaften), Günther: 5 (riecht verdächtig nach einem Solospiel; das suggeriert auch eine entsprechende Passage im Regelhelft), Moritz: 6 (dauert zu lang, verbraucht – für die Generationenablage – sehr viel Spielfläche, würde es aber nochmals spielen), Walter: 3 (möchte es nicht noch einmal spielen; hat keine Lust, in die tausenderlei Qualitäten der Jet-Set-Heiratskandidaten tiefer einzusteigen).

29.01.2014: Müh-seliger Bergbau

Ein den Westpark-Gamers nahestehender junger Mann arbeitet an einem Vertriebskonzept für ein neues Verhütungsmittel. Uns spielenden Laien fällt dazu nur eines ein: Vögeln, vögeln und nochmals vögeln.
Vielleicht hat unsere intelligente Leserschaft dazu noch weitere Ideen. Kluge Tips werden von unserem Web-Master empfangsfreudig entgegengenommen. Eine mögliche Prämierung ist noch offen.

1. “Kohle & Kolonie”
Unser Kohle-Meister von letzter Woche mußte diesmal wegen Überfüllung aussetzen. Moritz, der letzte Woche während Günthers Regelerklärung das englische Regelheft parallel-las, sprang diesmal ein, um die Neulinge Aaron und Horst in den Bergbau-Kapitalismus im Ruhrgebiet einzuführen.

Moritz erklärt „Kohle&Kolonie“. Such' die Andrea!
Moritz erklärt „Kohle&Kolonie“. Such’ die Andrea!

Sein didaktisch überaus wohlstrukturierter Vortrag dauerte ebenfalls eine Stunde. Dann ging es ans Werk. Den Neulingen war klar, dass sie allein aus der Theorie für K&K heute noch keineswegs den für einen Erfolg notwendigen strategische Ansatz finden konnten. Mitspielen und kennenlernen war die Devise. Das ging sogar relativ schnell. Sehr viel schneller (gefühlt) als beim letzten Mal, wo drei geborene Strategen noch die letzen Promille aus ihrer Zugplanung herausquetschen wollten.

Trotzdem brauchten wir zwei Stunden für die ersten drei der insgesamt fünf Runden. Andrea und Moritz hatten die Regeln konsequent verinnerlicht und freuten sich auf das dicke Ende. Walter hatte – von vorne herein – die Stimmung mitgebracht, seine bisherigen 6 Wertungspunkte geduldig über die Runden zu tragen. Horst wurde von den Grubenunglücken überdurchschnittlich oft (über die 3-Sigma-Grenzen hinaus) getroffen, jedesmal sogar als einziger. Seine Spiellaune sank unter den Nullpunkt. Aarons gebremste Begeisterung kann man an seiner Notengebung (siehe unten) ablesen. Wir brachen ab. Nicht ganz einvernehmlich aber friedlich. Mit einer Drei-Viertel-Mehrheit – bei einer Enthaltung.

Warum muss man in das Spieldesign so viel detaillierte Variation reinbringen. Z.B. bei der Versicherung gegen Grubenunglücke: Warum geht es zweimal nur mittels eines Arbeiters, zweimal nur mit Geld und zweimal alternativ mit Arbeiter oder Geld? Warum verdoppeln sich ab einem variablen, von den Mitspielern beeinflussten Zeitpunkt die Preise für das Einsetzen von Arbeitern oder Ingenieure? Durch das Spielmaterial sind diese Regeldetails zwar aufwändig und sinnvoll unterstützt, aber bringt das dem Spielablauf etwas? Wir haben unsere Zweifel. Nach Aarons Einschätzung ist „die Hälfte der Spielelemente überflüssig“. Obwohl er dahinter ein ausgiebiges Balance-Tuning vermutet.

WPG-Wertung: Der bisher gute Notendurchschnitt von 8,0 wurde von Aaron und Horst total verwässert. Aaron: 4 (zu viele Elemente, zu fummelig, alles mühsam und undurchsichtig, es fehlt das Spielerische), Horst: 5 (habe mich schon lange nicht mehr so gelangweilt, bezüglich der Spieleraktionen ein Mangelspiel; beim Warten auf den nächsten Zug keinerlei Interaktion, humorlos. In abgespeckter Version wäre das Spiel vielleicht der Renner der Saison, so nicht).

Christoph mag unsere Wertung hier wieder als „bescheuert“ einordnen. Wir stehen dazu.
Als Trostpflaster für Thomas Spitzer ein Kommentar von Moritz: „K & K ist ein wunderschönes Spiel mit vorzüglich ausgewogenen Mechanismen.“

Gerade als wir beim Abräumen waren, schoss Thiago das hinreißende Siegestor für den FC Bayern gegen den VfB. Horst war fast dazu geneigt, noch einen Wertungpunkt zuzulegen.

2. “Diggers”
Aaron hatte sein „Diggers“, ein schnelles Karten-Ablege-Spiel, bei dem man oft genug zur richtigen Zeit der Erste gewesen sein sollte, auf dem Spiele-Workshop in Ruppichteroth auf den Prüfstand legen lassen. Herausgekommen ist eine neue Progression in den Punkte-Wertungen, eine längere Rundendauer bis zur Abrechung eines Saison, vor allem aber die Einführung von „Schicksalskarten“, die etwas Unberechenbarkeit in den ansonsten weitgehend planbaren Spielablauf bringen.

Wie schon häufiger erfahren, scheiden sich hier die Geister der verschiedenen Spielertypen. Der chaotische Auto-Emphat freut sich, dass er mittels einer ihm zufällig zugeteilten Zauberkarte das Glück zu seinen Gunsten drehen kann; die Frustration der Mitspieler ist ihm dabei wurscht. Der linear ausgerichtete Psychotherapeut betrachtet bei jedem Zug die Summe allen Spielerglücks und ist keineswegs amused, wenn hier der Erwartungswert negativ wird. Man kann es nicht allen recht machen.
Noch keine WPG-Wertung

22.01.2014: Tunnelbrand und Grubenunglück

Peter war pünktlich. Um 18:59 stand er auf der Matte am Westpark. Von Odeonsplatz aus hatte er sich ein Taxi genommen. Er konnte froh sein, dass er überhaupt eines erwischen konnte. Moritz und Andrea konnten lange keines erwischen. Ein Tunnelbrand an der Münchener Freiheit hatte die U-Bahn lahmgelegt und hunderttausend Fahrgäste suchten verzweifelt ein Weiterkommen. Erst 20 Minuten später trudelten sie – ebenfalls per Taxi -am Westpark ein. Immerhin.

Wenn das morgen passiert, habe ich keine Chance, den Bridgeclub noch rechtzeitig zu erreichen. Dann müssen sich Partner und Komplementäre ungespielt wieder nach Hause begeben. Noch dazu ohne U-Bahn …

1. “Kohle & Kolonie”
Nach „Ruhrschifffahrt“ das zweite Spiel von Thomas Spitzer um die Kohleförderung an Rhein und Ruhr. Ein drittes Werk zu dieser Thematik hat er bereits in der Backröhre liegen.

Kohle & Kolonie
Kohle & Kolonie

Die Szenerie zeigt Grubenfelder auf den Stadtgebieten um das heutige Essen und Bochum herum. Wir sind Investoren, und mache in Kohleminen oder Zechen. Zechen kosten Geld und benötigen lokale – in der Startaufstellung auf dem Spielbrett verteilte – Arbeiter. Ohne Arbeiter keine Zechen. Wenn die lokalen Arbeiter alle wegengagiert sind, müssen wir Siedlungen bauen und eigene Clansleute für diese Aufgabe heranziehen.

Zechen bringen Geld und Siegpunkte. Die Art und Höhe der Einnahmen können wir in gewissen Grenzen beeinflussen, indem wir unsere fünf „Übertage-Tableaus“ entwickeln: Arbeiter und Ingenieure darauf positionieren sowie mittels Geld und lokaler Arbeitskräfte verbesserte Gewinn-Umsetztabellen aktivieren.

Der Gewinn, den die Zechen abwerfen, steigert sich mit der Anzahl der Mitspieler, die sich hier als Investoren beteiligt haben. Es geht also nicht darum, in seiner kleinen und übersichtlichen Spielfeldecke ein Monoimperium aufzubauen. Ganz im Gegenteil, man muss mitten im Zentrum einsteigen und hoffen, dass auch die Mitspieler hier ihr Interesse bekunden.

Dem freien Unternehmertum sind allerdings scharfe Grenzen gesetzt. Maximal vier Anteile stehen pro Zeche zur Verfügung. Kleinzechen sind schon ausgebucht, wenn auch nur ein einziger Mitspieler hier eingestiegen ist. Viele Anteile komme auch erst im Laufe des Spiels ins Spiel. So gibt es in der ersten Runde nur insgesamt zwei Zechen, an denen sich überhaupt ein einziger weiterer Mitspieler beteiligen kann. Der zweite macht das Licht aus!

Und wer ist der Erste? In einem hübschen Bonusmarkerauswahlverfahren suchen sich die Spieler zu Beginn einer Runde reihum ein Bonus-Plättchen aus – es gewährt Geld-, Sach-, oder Aktionsvorteile – und legen damit gleichzeitig die jeweilige Position in der Zugreihenfolge fest. Klar, dass in jeder Runde bei der Auswahl der Bonunsmarker die umgekehrte Spielerreihenfolge der Vorrunde zum Zuge kommt.
Mehrere Teilhaber an einer Zeche sind zunächst also grundsätzlich von Vorteil. Bis in einer definierten späteren Runde die Zeche „konsolidiert“ wird. Hier werden sie dann auf einmal Konkurrenten um den Alleinbesitz der konsolidierten Zeche. Wer jetzt am meisten bietet, wird Alleinbesitzer der konsolidierten Zeche und kassiert die folgenden Rundenerträge für sich alleine; alle früheren Mitbesitzer erhalten aber eine vernünftige Entschädigung.

Was gibt es noch? Wir können unsere Clansleute in den Siedlungen mit der Eisenbahn auf Reisen schicken: jede Station enthält positive Überraschungen (an Geld, Arbeitern oder Siegpunkten) bereit. Und wenn wir eine der insgesamt vier Eisenbahnlinien vollständig abgegrast haben, erhalten wir weitere Siegpunkte gutgeschrieben.

Und dann gibt es pro Runde noch die unvermeidlichen Grubenunglücke. Davon sind die Zechen aller Spieler regelmäßig bedroht. Nach einem Zufallsverfahren wird ermittelt, welche Zechen konkret betroffen sind. Sie verlieren Arbeiter und bekommen Strafpunkte. Man kann sich dagegen versichern, doch das kostet Ressourcen. Die ganze Konstruktion ist einerseits gegen die Mehrheitsbesitzer gerichtet: je mehr einer besitzt, desto höher ist sein Versicherungsaufwand. Die Grubenunglücke sollen aber andererseits ein bisschen spielerischen Zufall in das ansonsten strikte Planspiel hineinbringen.

Ja, Planspiel! Eine Stunde brauchte Günther zu seiner sehr reif dargebotenen Spieleinführung. 28 gut gegliederte Seiten Regelheft galt es zu erläutern. Drei geschlagene Stunden dauerte hinterher dann das Spiel: Fünf Runden, in denen jeder Spieler je zwei Aktionen (Grube kaufen, Siedlung bauen, Arbeiter versetzen etc.) durchführen durfte. Achtzehn Minuten für eine Aktion! (OK, da in einigen der Bonusmarkern auch noch Aktionen enthalten waren, kam jeder Spieler also vielleicht alle fünfzehn Minuten zu einer Aktion.) Der Rest der Zeit vergeht mit dem Ausrechnen von Geld- und Siegpunkte-Einnahmen, mit dem Bieten innerhalb der Konsolidierungsprozesse und mit dem Warten auf das Planen und Ausrechnen der Mitspieleraktionen. Und wer in den ersten beiden Runden der ersten Stunde die richtigen Weichen gestellt hat, der kann in den beiden folgenden Stunden unabdrängbar seinem Sieg entgegendenken.

Peter optimierte am besten. In der letzten Runde optimierte er sogar noch die Differenz zu seinen stärksten Verfolger Günther. Mit 148 zu 130 Siegpunkten gingen sie weit vor den anderen Mitspielern durchs Ziel.

WPG-Wertung: Andrea: 8 (interaktiv, thematisch gelungen, großer Handlungsspielraum), Günther: 7 (das Spiel wäre mit ein paar abgestrippten Schnörkeln noch besser), Moritz: 8 (hübsche Konstruktion, erlaubt verschiedene Strategien und darin sogar noch einen fliegenden Wechsel), Peter: 9 (von der Komplexität her das schönste Spiel der letzten Jahre), Walter: 6 (hübsche Ideen, stimmige Abläufe, gelungene Balance, aber zu fieselig und zu rechenintensiv).
Vielleicht könnte Peter in seiner 9-Punkte-Euphorie noch mehr dazu schreiben, ich kann
es nicht.

PS: Worauf das Wort “Kolonie” im Titel anspielt, habe ich nicht herausbekommen.

Nichts mehr
Kein Bluff, kein Flaschenteufel, kein Diggers und kein Mau-Mau. Mitternacht war vorüber. Hoffentlich fährt die U-Bahn wieder.

15.01.2014: Mit Eisenbahn, Kanu und Pferd

Hallo Christoph, Du hältst uns für „bescheuert“, weil wir Lewis & Clark nicht so viel abgewinnen können wie Du meinst, dass darinnen steckt. Äußere Dich doch schriftlich und erkläre unserer Leserschaft, was Du an diesem Spiel so besonders gelungen findest.
Nur wegen Dir kam L&C bei uns heute nochmals auf den Tisch. Aaron wollte verifizieren, ob das Spiel in einem 4-Personenkreis für ihn mehr als seine bisherigen 4 Punkte wert ist. Und Moritz möchte Dir bei Deiner nächsten C&L-Bescheuerung sachkundig Paroli bieten könnten.
Aber zunächst mal verlor C&L die Kampfabstimmung gegen Russian Railroads, das als unser frisch zu kürendes Spiel des Monats zum dritten Mal seine Stärken (und Schwächen) demonstrieren können sollte.

1. “Russian Railroad”
Schon im Vorfeld überlegten sich die Koryphäen, welche Strategie sie diesmal einschlagen wollten. Und Moritz versuchte gleich, das Fußvolk auf Günthers Ambitionen zu hetzen. Denn Konkurrenz kostet Federn – natürlich die der anderen.
Unser überlegener Stratege Günther hatte sich wie immer die Industrie vorgenommen. Man muss relativ früh damit anfangen und dann auch noch einen zweiten Industriemarker auf die Reise schicken, um die gewaltigen Prämien am Ende der Strecke einzustreichen. Dass hier die unterwegs passierten Fabriken auch noch erkleckliche Vergünstigungen abwerfen, das weiß nur der, der diese Strecke schon einmal gegangen ist. (Oder der mit tränenden Augen wahrnehmen mußte, wie ein Mitspieler hier zum Krösus wurde.)
Günther kam in den ersten beiden Runden nicht so schnell in die Pötte, wie er sich das vorgestellt hatte. Aber dann ging es los. Unbehindert von Mitspieleraktionen baute er eine Fabrik nach der anderen. In der letzten Runde kassierte er geschlagene 186 (einhundertund …) Siegpunkte. Mit einer Gesamtsumme von 427 Siegpunkten konnte er alle seine Konkurrenten um 1-2 Hunderter-Stufen überrunden.
Moritz und Walter konzentrierten sich auf die Linie nach Wladiwostok, doch ihr – keineswegs als sich behindernd empfundener – Wettlauf um Lokomotiven und schwarze, graue, braune, vor allem aber beige und weiße Gleise konnte mit Günthers Industrien nicht mithalten. Aaron wollte in seinem ersten RR-Spiel ohnehin die gegebenen Optionen erst mal mehr oder weniger kontemplativ kennenlernen.
Wie Sturzbäche strömen am Ende die Siegpunkte aus allen Kanälen über die Spieler herab und schwemmen alles weg, was nicht niet und nagelfest ist. Vor allem bei den Mitspielern. Selbst Günther bekannte danach: „Man hätte manches weglassen sollen. Aber wahrscheinlich wäre dann die Balance verloren gegangen.“ Genau! Weil für die Railroad-Tycoons der Streckenbau nach Wladiwostok so unheuere Verdienstmöglichkeiten bietet, wurden auch die Strecken nach St. Petersburg und Kiew mit gewaltigen Siegpunkt-Sturzbächen ausgestattet. Wie wenn ein Koch in eine Suppe zuviel Salz reingetan hat, und dann versucht, das Gericht durch eine Überdosis von Curry doch noch in den Griff zu bekommen.
Moritz bemängelte, wie schon beim letzten Mal, dass das Spiel eine Mono-Strategie fordert. Eine der vielen möglichen siegpunktträchtigen Pfade muss man vom ersten Augenblick an konsequent verfolgen, um Chancen auf den Sieg zu haben. Ein Wechsel in der Strategie ist weder hoffnungsvoll noch ertragreich. Wer auf das falsche Pferd gesetzt hat, der kann von den richtigen Pferden bald nur noch die Schwanzwurzel sehen.
Ein Trost für Dich, lieber Autor Helmut, das alles ist Jammern auf hohem Niveau. Russian Railroad bietet eine Menge spielerischer guter Unterhaltung.
WPG-Wertung: In die bisherige gute Notengebung mit Günthers 9 Punkten an der Spitze reihte sich Aaron mit 6 Punkten am Ende ein („Ist nicht mein Spiel, solitäre Optimiererei.“)

2. “Lewis & Clark”
Eigentlich hat L&C eine Menge Ähnlichkeiten mit RR. Workerplacment auf dem Indianertableau. Verschiedene grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten, das Spiel anzugehen. Relativ unbeeinflusstes Werkeln mit dem Potential für Rohstoff- und Fortschrittsmanagement.
Sehr gut ausbalanciert, nichts ufert aus. Rohstoffe sind gut, aber nicht in rauhen Mengen. Periodisch muss man sie zurückfahren, um dafür keine Strafpunkte zu kassieren. Früher oder später wird jeder bescheiden und streicht nur noch einen Bruchteil des zulässigen Ertrages ein. Das richtige Maßhalten ist eine der Herausforderungen des Spiels.
Leider kennt das Spiel keine – wesentliche – Steigerung. Erträge, Umsätze, Fortschritte – alles verläuft von Anfang bis Ende im gleichbleibenden Trott und in mehr oder weniger gleichbleibender Größenordnung. Was bei RR zu viel des Guten ist, ist in L&C zu wenig. Bis zum Ende erwerben wir Schrittchen für Schrittchen die benötigten Mengen Felle, Holz und Büffel (und Indianer), tauschen sie in Kanus und Pferde um, und bezwingen damit Mississippi und Missouri flußaufwärts über die Rocky Mountains bis zum Pacific.
Moritz war der Erste. Warum? „Ich habe mir mit größter Sorgfalt die richtigen Begleitcharaktere herausgesucht!“ Er deutete auf den Indianerhäuptling „Hawk’s Feather“, der ihm pro Büffel drei Schritte (anstatt nur zwei) auf dem Wasserweg zum Ziel vorwärts bringt. Günther verwies noch auf „Three Egles“, mit dem man jeweils zwei Ausrüstungen in ein Pferd umtauschen kann, und auf den Trapper Geierschnabel, der für je drei Felle zwei Schritte über Fels und Eis erlaubt.
Ist L&C also ein Spiel, bei dem man darauf lauern muss, dass recht bald die richtigen Charaktere auftauchen, um sie – bei vier Mitspielern mit 25% Erfolgswahrscheinlichkeit – vor seinen Mitspielern einzukaufen und mit ihnen seine Produce&Walk-Maschinerie in Gang zu setzen? Hallo Christoph, Du bist dran! Welche Qualitäten machen dieses Spiel für Dich zu einem Highlight von Essen 2013?!
WPG-Wertung: Moritz: 7 (man kann sich in einem Plan engagieren, ihn ausrechnen und erfüllen. [WS: Und das Ganze dann auch noch solitär.]), Aaron: blieb bei seinen 4 Punkten.

3. “Valeo”

Clusterstrategie in "Valeo"
Clusterstrategie in “Valeo”

Auf der Spielfläche von Aarons Eigenbau über Würfel mit römischen Ziffern gibt es jetzt in der Mitte ein „großes zentrales Loch“. (Schallendes Männergelächter.) Es soll verhindern, dass alle Spiele mit der Besetzung genau dieses Feldes beginnen. Jetzt muss der Startspieler am Rande dieses Loches anfangen.
Lohnt es sich, seinen Zahlenwürfel gleich daneben zu setzen und so zu versuchen, dem Vorgängerspieler eine Zahlenkombination streitig zu machen? Eine einfache Überlegung spricht dagegen: Sofern eine Zahlenreihe nicht zwangsläufig durch das Bildungsgesetz für römische Ziffern begrenzt ist, wird der Vorgänger immer einen Würfel mehr unterbringen und damit am Ende die gesamte Zahl auf seinem Siegpunktkonto verbuchen können. Der Zweite geht leer aus.
Wir überlegten hin und her und fanden keine Situation, wie zwei Spieler durch geeignete Kooperation sich gegenseitig beim Zahlenbau unterstützen können. Immer nur einer profitiert, der andere guckt in die Röhre. Folglich sollte jeder Spieler an einer eigenen separaten Stelle um das zentrale Loch herum anfangen.
Damit ist eine „Clusterstrategie“ nahegelegt: jeder legt seinen Würfel möglichst für sich alleine zu einer Zahlenfläche zusammen und profitiert von jedem seiner eigenen Würfel doppelt: einmal waagrecht und einmal senkrecht. Das hat aber den Nachteil, dass nur noch gutes Würfels belohnt wird, nicht aber das gute Auge für römische Ziffern und das Gobang-artige Ausnutzen der Flächen-Topologie. Hier muss eine sinnvolle Nachwürfel-Regel eingeführt werden. Unter anderem.
Soll von einer Zahlenreihe ausschließlich der Spieler mit den meisten Würfeln profitieren, oder alle Spieler, die daran beteiligt sind? Nach welchem Schlüssel?
Sollte vielleicht nicht die gebildete römische Zahl die Anzahl der vergebenen Siegpunkte bestimmen, sondern die Länge der Zahl, d.h. die Anzahl der beteiligten Würfel – in einem quadratischer Maßstab – , unabhängig von der daraus resultierenden Zahl? Damit wäre schon mal das Würfelglück – am Westpark nicht besonders beliebt – ausgeschaltet.
Fazit: „Valeo“ ist zunächst mal nur ein hübscher Geistesblitz für eine Spielidee. Für uns ist es spannend, mitzuverfolgen, wie sich die verschiedenen Regelvarianten auf den Spielablauf auswirken. Doch bis das Spiel tatsächlich funktionert, wird noch viel Wasser die Isar hinunterfließen.
Noch keine WPG-Wertung
PS: Mein Google-Translator übersetzt „zentrales Loch“ übrigens mit „media cisterna“. Ich glaube, der hat etwas überhaupt nicht verstanden!

08.01.2014: Picnic am Pacific

In eigener Sache
Hallo Ihr Unknows! Mit Interesse haben wir Euere Seite http://www.unknowns.de/wbb4/index.php/Thread/6467-Meinungen-zu-A-Study-in-Emerald/?postID=75361 gelesen. Im Grunde können wir ALLES, was Ihr dort über uns geschrieben habt, unterstreichen.

Hallo Sankt Peter: Jawohl, wir sind in unseren Rezensionen ein bißchen „speziell“. Ist doch schön, dass wir ein Profil haben. Dass einige unserer Spielberichte in sich unschlüssig und deshalb fragwürdig sind: einverstanden. Wer ist schon vollkommen?

Hallo Attila: Die Spieleweissheit haben wir garantiert nicht mit Löffeln gefressen! Siehe die von Sankt Peter aufgedeckte Unschlüssigkeit. Und wenn wir das manchmal glauben, dann verzeih uns bitte unseren Aberglauben. Er soll weit verbreitet sein. Der Mensch ist mit nichts mehr zufrieden als mit seinem Verstand. Außerdem kann man über unperfekte Mitmenschen sich doch viel besser aufregen als über perfekte.

Hallo f-p-p-m: Gratuliere zu Deiner scharfen Schlussfolgerung, dass dieser eine Westpark-Gamer, der Emerald nur aus Frust beendete, offensichtlich nicht zur Zielgruppe dieses Spiels gehört. Das hast Du sachlich absolut korrekt formuliert. Und zudem verständnisvoll-tolerant für anders Geartete. Mindestens drei weitere Westpark-Gamers gehören ebenfalls nicht zur Zielgruppe des Spiels, mindestens zwei andere aber doch.

Hallo Bernd68: Dein Eindruck, dass wir das Spiel a) nicht verstanden und b) einiges falsch gemacht haben ist völlig berechtigt. Wir sind für solche zuweilen „paranoid“ (f-p-p-m) ablaufenden Spiele nicht potent genug.

Und noch etwas, warum ich hier auf Euere Bemerkungen eingegangen bin. Wir Westpark-Gamers gehören zweifellos zu den Vielspielern. Deren gibt es in Deutschland sicherlich zehn- wenn nicht hundertausende. Zusätzlich macht uns das Schreiben Spaß. Unsere Session-Reports sind deshalb zum großen Teil Ausfluß unserer Spiel- und Schreiblust, und für uns selbst so etwas wie ein „Tagebuch“ über die Spiele und Teilnehmer unserer Sessions. Wenn daraus für manche Leser auch noch eine gewisse Leselust resultiert, dann hat sich der Aufwand gelohnt. Danke für jede Art von Feed-Back.

Allen unseren Lesern ein glückliches, spielerisches Neues Jahr 2014.

1. “Lewis und Clark”

WPG-Quartett bei Clark & Lewis
WPG-Quartett bei Clark & Lewis

Alle Spieler erhalten zunächst mal ein identisches Kartendeck von sechs Karten zum Erwerben von Rohstoffen (Nahrung, Felle, Holz oder Ausrüstung), zum Vorwärtsgehen auf dem Trampelfluß in Richtung Pazifik oder zum Anheuern der gerade frei herumlaufenden Indianer als Hilfstruppen.

Die Menge der Rohstoffe, die jeder Spieler beim Auslegen von Karten erhält, ist abhängig von der Anzahl gleichartiger Karten seines rechten und linken Nachbarn. Sie multipliziert sich noch mit der Anzahl eingesetzter Indianer. Zu viele Rohstoffe sollten wir uns allerdings nicht auf einmal zulegen. In den einzelnen Etappen, an denen wir unser Lager aufschlagen (um unsere ausgespielten Karten wieder auf die Hand zu nehmen), wird alles überflüssige Besitztum mit Strafpunkten belegt.

Zum Vorwärtsgehen brauchen wir Nahrung, oder Boote (, die wir für unser Holz erhalten) oder Pferde (die wir aus einer Mischung verschiedener Rohstoffe erhalten). Mit Fellen und Ausrüstung können wir unser Kartendeck um potentere Karten erweitern, die höhere Einnahmen oder schnelleres Fortkommen ermöglichen.

Eine Menge kleinerer Rädchen wirken zusammen, damit unsere Maschine läuft. Im Zentrum liegen Einnahmen und Bewegungen, in der Peripherie geht es um Kapazitäten, Kartenpflege und Potenzen. Die Kartenhaltung hat Ähnlichkeiten mit „Dominion“, der Einsatz der Indianer ähnelt „Stone Age“ und Günther hat im gesamten Räderwerk auch noch „7 Wonders“ gefunden. Aber alles in einer sauberen, absolut eigenständigen Kombination. Leider etwas zu solitär. Jeder plant (wenn überhaupt) und spielt seine Entwicklung für sich allein. Ob die Nachbarn gleichartige Karten ausgelegt haben, bleibt größtenteils dem Zufall überlassen, nur beim Anheuern und beim Einsatz der Indianer gibt es leichte Konkurrenz.

Günther fand die Regeln beim Überspringen der Mitspielersteine auf dem Trampfelfluss recht chaotisch, doch Peter hielt dagegen: „Kritele bitte nicht die einzige Interaktion im Spiel!“
Nach 1 ½ Stunden war ersichtlich, dass Peter gewinnen würde. Er hatte sich gezielt – oder zufällig? na ja, bei Peter eher gezielt – einen hübschen Zyklus für Rohstoffe und Vorwärtskommen zugelegt, mit dem er unaufhaltsam als erster das Ziel erreichen mußte. Günther träumte von einer Karte: „Gehe in das Gefängnis. Begebe dich direkt dahin …“, doch solche Ereigniskarten gibt es bei „Lewis & Clark“ nicht. Noch eine weitere halbe Stunde weiteres solitäres Wirtschafteln, dann hatte Peter den Pacifik erreicht.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (fast 5, hasst solche Multi-Player-Solitär-Engine-Spiele), Günther: 5 (solitär und Rosenberg-ähnlich, ist nicht mein Ding), Horst: 5 (zu lange Wartezeiten; die geselligen Franzosen machen zwischendurch sicherlich ein Fondue), Peter: 5 (ab 6 Punkte fangen die Spiele an, die er nochmals spielen würde; würde nur 4 Punkte vergeben, wenn er nicht gewonnen hätte), Walter: 6 (eigentlich hübsche Mechanismen, es fehlt halt die Interaktion).

Immerhin erfährt man aus dem Regelheft, dass Meriwether Lewis und William Clark im Jahre 1804 von Thomas Jefferson zur Erkundung in das frisch erworbene Louisiana gesendet wurden. Ist das nix?

2. “Picnic Panic”
Ein Geschenk vom Yodaprint-Verlag an Peter, das einer Lieferung neuer Dr.Dr.-Visitenkarten beigefügt war.

In einer Art von Mau-Mau bekommen wir Karten ausgeteilt, auf denen Insekten oder Insektenvernichtungsmittel (Fliegenklatsche, Stiefel und Insektenspray) abgebildet sind. Wir spielen sie einzeln oder bündelweise reihum zu einem gemeinsamen Stapel aus. Liegen mindestens zwei gleiche Insekten im Stapel, wird damit ein Angriff gegen den Spieler ausgelöst, der als nächstes an der Reihe ist. Er kann den Angriff weiterleiten, indem er ein weiteres „gleiches“ Insekt dazulegt, er kann ihn mit entsprechend vielen Vernichtungsmitteln abwehen, oder er kann ihm erliegen. Entsprechend werden Siegpunkte vergeben.

Das war die „Rache“-Variante. Es gibt auch noch eine „Gaudi“-Variante.

WPG-Wertung: eigentlich alles außer Konkurrenz, da wir nicht zur Zielgruppe dieses Spiels gehören.
Aaron: 3 (typisches Spiel von jemandem, der eine Druckerei betreibt), Günther: 3 (es funktioniert), Horst: 3 (lustiger als ??? [keine Schleichantiwerbung], Peter: 3 (schnell), Walter: 3.

Nach Peters Angaben ist Yodaprint ein sehr empfehlenswertes Druckunternehmen, dessen Erzeugnisse höchste Druckqualität aufweisen.

3. “Bluff”
Günther stand in Unterzahl mit einem Würfel gegen drei Würfel von Walter im Endspiel. Er hatten einen Stern geworfen, was sollte er damit vorgeben? Seine Immer-die-5 oder Walter immer-die-4? Er packte den Stier bei den Hörnen und bot zweimal den Stern! – Ein grandioser Schachzug, der ihm den Weg zum Gesamtsieg öffnete.

Wie groß waren hier eigentlich die Chancen auf den Sieg? Und welche Alternativen standen Walter, der genau einem Stern unter dem Becher hatte, statt des defaitistischen Anzweifeln noch zur Verfügung?

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.