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04.06.2013: Vom Bingo in die Traun

50 Netto-Stunden lang hat Günther in Traun (A) an der Traun, weit hinten im Ösiland, dem Brettspielvergnügen frönen können. Bei dem Dauerregen war ja wohl auch kaum an etwas anderes zu denken. Neben den bekannten Alt und Neu-Klassikern wie „Die Paläste von Carrara“, „Village“ und „Vasco da Gama“ konnte das lockere, lustige Gaudi-Spiel „Kalimambo“ von Zoch-Verlag überzeugen.

Zum Traunkönig hat es diesmal voraussichtlich nicht gereicht, höchstenfalls zum Traunkaiser ehrenhalber: für seine Rekord-Teilnahme und die Rekord-Stunden am Spieltisch.

Neben dem Spielen hätte er sich besser um die Verkehrshinweise kümmern sollen. Die Ö3-Information war diesbezüglich ziemlich verklausuliert. Unsere Nachbarn wollten die Piefkes möglichst schnell hinter ihrer Grenze haben. Dafür dufte Günther dann vier Stunden bei Traunstein (D) im Stau auf der Autobahn stehen, und sich dann überlegen, wie er den Chiemsee großräumig umfahren konnte. Doch bis zur nächsten Ausfahrt dauerte es weitere zwei geschlagene Stunden!

Aaron hatte es besser. Er brauchte seine Urlaubsreise ins Ösiland erst gar nicht antreten, sondern konnte in seinen behaglichen vier Wänden abwarten, bis Hochwasser und Stimmung wieder den gewünschten Pegel erreicht hatten.

1. “Ascension”
Ohne Widerstand konnte Moritz seinen Spielvorschlag durchsetzen. Mit vielen Karten gilt es zu hantieren. Die Aufschrift: „Steal from an opponent …“ fiel gleich negativ auf. Doch darf man hier nicht willkürlich von einem beliebigen Mitspieler stehlen, sondern ganz dezidiert von demjemnigen mit dem größten Besitz einer entsprechenden Resource. Tolerierbar.

Moritz, die Bingo-Fee
Moritz, die Bingo-Fee

Doch Moritz hatte die Hälfte der Karten zuhause vergessen. Bevor das Spiel angefangen hatte, war er auch schon zu Ende und Horst konnte sich mit seinen Mitbrinseln durchsetzen.

2. “Augustus”
In der engeren Auswahl als Kanditat für „Spiel-des-Jahren 2013“ wurde es mit großen, erfahrungsgemäß aber auch gemischen Erwartunten empfangen. „Bingo“ ist seine Grundidee, weder original noch orginell, doch Millionen netter älterer Damen, die sich Tag für Tag auf Traumschiffen oder Club-Metz die Zeit damit vertreiben, sollten auch ein gewisses Gewicht haben. Wenigstens auf dem Markt. Das reicht zur Nominierung für das „Spiel des Jahres 2013“. Schließlich werden bei der SdJ-Jury weniger originelle Ideen, als vielmehr der vereinigte Spielspaß älterer Damen (und natürlich auch der ganzer Familie) honoriert.

Statt Kugeln mit den Zahlen 1 bis 25 werden in „Augustus“ Chips mit Symbolen aus einem Säckchen gezogen. Damit werden Treffer auf Wett-Karten auslösen, von denen jeder Spieler drei Stück offen vor sich liegen hat. Wenn alle Symbole einer Karte getroffen sind, hat sie der Spieler erworben, bekommt dafür Siegpunkte und darf, falls dafür vorgesehen, im weiteren Spielverlauf ihre Vorteile nützen: z.B.

  • neu gezogene Symbole durch besser passende Symbole ersetzen
  • die Treffer auf seinen Karten umsortieren
  • eine beliebige weitere Wett-Karte als erworben werten.

Wie es sich für ein prämierfähiges Spielgut gehört, gibt es natürlich auch Ärger-Effekte auf gewonnenen Karten, z.B. müssen die Mitspieler eine Anzahl Treffer bei sich wieder rückgängig machen oder sogar eine ganze bereits gewonnene Karte in den Orkus werfen. Ein bißchen Spaß muss sein!

Um das Bingo-Motiv noch ein bißchen zu umhäckeln, gibt es für bestimmte Kombinationen erworbener Wett-Karten Sonderprämien. Und nach jedem Erwerb einer Wettkarte darf sich der Spieler aus einen Angebot von fünf Wett-Karten frei heraussuchen, welche er als nächste in seine offene Auslage übernimmt. Das entspricht dann schon fast einem Quadrat-Bingo.

Die Ausstattung ist gediegen, das Material stabil, die Regelauslegung klar und übersichtlich. Auch diese Qualität ist würdigenswert.

WPG-Wertung: Günther: 5 (das Spiel funktioniert aber hat keinen Pfiff), Horst: 5 (nicht zu lang und nicht zu anspruchsvoll, sein heißer Tipp für das SdJ), Moritz: 2 (unausgewogen, einfach öd, ich hasse Bingo. „Ich schäme mich als Deutscher, wenn Augustus SdJ wird.“), Walter: 3 (ohne die negativen Karten hätte es einen Punkt mehr gegeben).

3. “Seasons”
Wir sind die Zauberer der vier Jahreszeiten. Zu Spielbeginn werden an jeden Spieler neun „Magierkarten“ verteilt; daraus darf er nach dem „7-Wonders“-Prinzip eine zur Seite legen, den Rest muss er an seinen Nachbarn weitergeben. Das geht so lange, bis alle Karten einen Besitzer gefunden haben und jeder Spiele neun ausgewählte Magierkarten vor sich liegen hat. Damit ist gewährleistet, dass jeder Spieler

  1. in etwa die gleiche Chance auf „gute“ Karten hat,
  2. bei der Auswahl der Karten eine gewisse „Strategie“ verfolgen kann: es gibt Objekt-Karten, die ausschließlich dem Besitzer Gutes tun, und es gibt Gefährten-Karten, die den Mitspielern Schaden zufügen, ihnen Fortschritte erschweren und zudem noch dem Kartenbesitzer Vorteile verschaffen, d.h. früher oder später Siegpunkte einbringen.

Um den Nutzen einer Magierkarte in Anspruch zu nehmen, muss man sie erst „aktivieren“. Dafür muss man

  1. eine entsprechende Magierkarten-Potenz erreicht haben und
  2. genügend „Elemente“ (Wasser, Erde, Feuer, Luft) oder „Kristalle“ (Siegpunkte) zum Bezahlen gesammelt haben.

Basis-Motor der Spielgestaltung sind Spezial-Würfel, fünf an der Zahl, und zwar für jede Jahreszeit fünf andere. Der Startspieler würfelt für alle und sucht nach dem Ysphahan-Prinzip für sich einen Würfel heraus. Die anderen Spieler folgen im Uhrzeigersinn.

Die Würfel erlauben:

  • ein oder zwei definierte Elemente zu nehmen
  • ein bis drei Siegpunkte zu kassieren
  • seine Magier-Potenz zu erhöhen
  • Elemente in Siegpunkte zu tauschen
  • Eine weitere Magier-Karte vom verdeckten Stapel zu ziehen

in verschiedenen Kombinationen. Der übrig gebliebene, von keinem Mitspieler ausgesuchte Würfel bestimmt, wieviele Schritte die Seasons-Uhr weiterrückt. Es sind ein bis drei Schritte möglich, nach drei Schritten ist eine Jahreszeit zu Ende, nach vier Jahreszeiten ein ganzes Jahr und nach drei Jahren das ganze Spiel.

Der Knackpunkt des Spiels ist die Auswahl der „richtigen“ Karten zu Beginn des Spiels. Der Rest, Auswürfeln der zuteilten Ressourcen, Aktivieren der Karten, Auslösen der Karteneffekte läuft dann eher mechanisch ab. Je mehr Karten aktiviert sind, desto länge dauert der Spielzug eines Spieler, desto heftiger sind die externen Ärger-Effekte auf Besitzstand und Planungen der Mitspieler. Und hier macht es sich dann bezahlt, wenn man ganz am Anfang

  1. die richtigen Magierkarten für das richtigen Jahr ausgewählt hat und
  2. die Würfel so gnädig fallen (und die Negativ-Effekte der Mitspieler-Magie nicht zu sehr ins Kontor schlägt), dass man seine Karten auch rechtzeitig zur Geltung bringen kann.

Walter war, wie immer, erbost über einige Ärgerkarten. Warum muss ich den Mitspielern auch noch Siegpunkte wegnehmen? Reicht es nicht, wenn nur der Kartenbesitzer Siegpunkte erhält. Im Endeffekt ist das absolut das gleiche, wenn man den Minimal-Effekt vernachlässigt, dass manche Spieler-Ambitionen unter Umständen an seinem zu niedrigen Siegpunkt-Level scheitern. Warum muss man den Mitspielern Elemente wegnehmen können oder sie – der Gipfel des Nicht-Nutzens für den Magier – in andere Elemente verwandeln. Ist „Seasons“ ein Planspiel? Dann darf es solche unberechenbaren Querschüsse nicht geben. Ist „Seasons“ ein zufalls-orientierter Zeitvertreib? Dann darf es keine zwei Stunden dauern.

Horst war mit dieser Wertung nicht einverstanden. Aber die Geschmäcker hierhinieden sind verschieden.

WPG-Wertung: Günther: 5 (zu viel Brimborium für ein solitäres Optimierungsspiel. Schlecht, dass man gleich zu Beginn des Spieles bei der Kartenauswahl seine komplette Strategie festlegen muss.), Horst: 8 (Das Spiel ist geil! [Seine weiteren Elogen wurden für das Protokoll nicht freigegeben.], Moritz: 7 (hat Spaß gemacht, etwas zu lang; Regeltexte sind verbesserungsbedürftig), Walter: 3 (möchte nicht zwei Stunden lang chaotische Negativ-Effekte über sich ergehen lassen.)

Magierkarten-Analyse
Post-Mortem haben wir die verschiedenen Karten analysiert und sie nach ihrem Nutzen bewertet. Der Nutzen errechnet sich aus den Siegpunkten, die ein Spieler für das Aktivieren erhält, plus dem Schaden, den er damit im Laufe des gesamten Spieles seinen Mitspielern zufügen kann, abzüglich der Kosten für den Erwerb und das Aktivieren einer Karte.

Dabei wird zur Vereinfachung des Models von folgenden – nur ungefähr zutreffenden – Voraussetzungen ausgegangen:

  1. Alle benötigten Elemente sind in der richtigen Zusammensetzung vorhanden
  2. Jeder Spieler hat immer genügende Kristalle (Siegpunkte) um seine Aktionen durchzuführen.
  3. Die geforderte Magier-Potenz ist immer rechtzeitig vorhanden
  4. Beim Hinzufügen / Abwerfen einer Magierkarte werden nicht die Nebeneffekte berücksichtigt, die eine früheres oder späteres Aktivieren der Machtkarte nach sich ziehen.
  5. Bei der Werte-Berechnung einer Magierkarte werden keine Negativ-Effekte von Magierkarten anderer Spieler berücksichtigt.

Weiterhin werden folgende Spiel-Konstante direkt oder indirekt abgeleitet:

Anzahl Saisons: 12
Anzahl Spielrunden (1 ½ pro Saison): 18
Anzahl Spieler: 4
Erworbene Magierkarten pro Spieler: 11
Wert eines Elements E (in Siegpunkten): 2
Anzahl Elemente die pro Runde erworben werden: 1,5
Werte einer Magierpotenz P (in Siegpunkten): 2
Kosten für den Erwerb einer Magierkarte M (in Sp): 6
Durchschnittlicher Wert einer Magierkarte M (in Sp): 10

Nutzen-Tabelle der Magier-Karten in Seasons
N1 ist der Nutzen einer Karte (Wert in Siegpunkten), wenn sie zu Beginn des Spieles aktiviert wird. (Ist in der Regel zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich.)
N2 ist der Nutzen einer Karte (Wert in Siegpunkten), wenn sie etwa zur Spielmitte aktiviert wird.

In der Tabelle werden die Gefährten und die Objekte getrennt aufgeführt. Beide Tabellen sind nach dem Nutzen absteigend sortiert.

Abkürzungen
E = Element
M = Magierkarte
P = Magier-Potenz
Sp = Siegpunkt

GefährtenEffektN1N2Bemerkung
Diebische Fee2 Sp pro neue M + Mitspieler muss 1 Sp pro neue M hergeben74,337,1
Titus Kullerauge3 Sp pro Runde + jeder Mitspieler verliert 1 Sp7034
Figrim der Habgierige3 Sp an jedem Jahreszeitenwechsel + jeder Mitspieler verliert 1 Sp4622
Magischer Parasit1 Sp pro neue M + Mitspieler muss 1 Sp pro neu M abgeben41,320,6
Karin der Vernichter1 E pro Runde abgeben + jeder Mitspieler verliert 4 Sp40,521
Sid NachtschattenSpieler erhält 15 Sp + jeder Mitspieler verliert 5 Sp2020
Syllas der Gewissenhaftejeder Mitspieler verliert 1 M1818
Lewis von Unruhsowiele plus-E wie der E-Besitz eines Mitspielers1212
Amsung Langhalsjeder Mitspieler muss 1 M zurück auf die Hand nehmen88
LuftelementeAlle E aller Mitspieler verwandeln sich in Luft66Effekt nicht qantifizierbar
Naria die Prophetinje 1 M an alle Spieler verteilen55
Dämon von Argosjeder Mitspieler verliert 1 P und erhält 1 M44
Verfluchte Seele von Onyssolange im Besitz 3 Sp pro Runde abgeben33muss schleunigst weitergegeben werden
ObjekteEffektN1N2Bemerkung
Würfel der Boshaftigkeitneu würfeln + 2 Sp4426Würfel-Risiko
Bildnis der Gefährten1 Sp pro Objekt pro Runde43,54,9
Waage von Istharabgeben 4 E für 12 Sp3416
Stab des Frühlings3 Sp pro neue M3318
Wundersame Kistefalls bei Rundenende >=4 E übrig 3 Sp32,416,2
Geldbeutel von Io1 Sp pro E-Umwandlung2915,5
Wasseramulett4 E2626
Horn des Bettlers1 E, falls bei Rundenende <= 1 E übrig25,614,8
Ragfields Helm20 Sp, falls am Spielende die meisten M2424erhebliches Risiko
Versiegelte Truhe von Urmfalls am Spielende nur Gegenstände: 20 Sp2424nicht sinnvoll
Zepter der großen Macht3 Sp pro Gegenstand22,211,1
Stundenglas der Zeit1 E pro Saison2210
Yiangs vergessene Vase1 E pro neue M2211
Hand des Schicksalsjede neue M ist um 1 E billiger2111
Laterne von Xidit3 Sp pro 1 E bei Spielende2121
Nimmersatter Kesselsammeln 7 E für 15 Sp1515nur einmal möglich
Olafs gesegnete Statue20 Sp einmalig1414
Amulet der Elementeumtauschen verschiedene E's in E + Sp + M + P1111
Erdamulett9 Sp einmalig1111
Opferdolchpro Runde 1 Mg für 4 E abgeben1111
Runenwürfel von Eolis10 Sp einmalig1010
Trank des Lebens4 Sp pro E1010
Medaillon von Ragnor1 E pro Objekt8,81,4nur am Ende
Baum der Lichterumwandeln 3 Sp in E oder umgekehrt88
Feueramulett1 M einmalig88
Kelch der Prophezeihung1 M einmalig88
Stiefel der ZeitZeitachse um 3 Schritte verschieben88
Verzaubertes Grimoire2 E + höherer Speicher88Effekt nicht qantifizierbar
Luftamulett2 P einmalig66
Trank des Wissensverwandeln in 5 E66
Spiegel der JahreszeitenSp-Abgabe erlaubt Umwandlung von E55
Verfluchtes Traktat von Arun2 E + 10 Sp + 1 P44
Blutsaugende Kroneerhalten zufällige Anzahl von Sp2,42,4
Kristallkugelfür 4 E darf man 1 M aufnehmen00
Trank der MachtM-Tausch + 2 P00
Trank der TräumeM-Tausch-4-4
Drachenschädelumwandeln 3 M in 15 Sp-12-12funktioniert nur, wenn man "schlechte" M's hat

Kurze Wertung der Tabelle
Die „Diebische Fee“ ist mit einem Nutzenfaktor von 74,3 Sp zu Beginn des Spieles und mit einem Nutzenfaktor von 37,1 Sp bei Spielmitte der unangefochtene Favorit. Wer diese Karte in der Tasche hat und sie frühzeitig aktiviert, hat schon die halbe Miete in der Tasche.

Böse Wertung von Walter: Mehr ist das Spiel auch nicht wert! Der Rest ist solitärer Zufall.

29.05.2013: Belfort on Pergamon

„Der Charakter einer Nation spiegelt sich nirgends aufrichtiger ab als in ihren Spielen: keine Veränderung in diesen, die nicht entweder die Vorbereitung oder die Folge einer Veränderung in ihrem sittlichen oder politischen Zustande wäre.“ (Christoph Martin Wieland, 1733 – 1813)
Der gute Mann lebte offensichtlich lange vor der Zeit der Globalisierung.

1. “Belfort”
Für Essen 2011 war das Spiel der kanadischen Autoren Jay Cormier & Sen-Foong Lim mit viel Vorschußlorbeeren angekündigt, dann aber doch nicht rechtzeitig fertig geworden. Umso größer waren die Erwartungen, als es dann endlich erschien. Aaron wollte zugreifen, Horst hat zugegriffen. Heute kam es erstmals bei uns auf den Tisch.
Wir haben es mit „einem der tausend Workerplacement Spiele” zu tun, die den geplagten Spiele-Redakteuren großer Verlage ununterbrochen das Haus einrennen. An diesem Spielcharakter ändert sich bei „Belfort“ auch nichts, wenn unsere Arbeiter „Elfen“ und „Zwerge“ heißen, und wir „Gnomen“ einsetzen müssen, um unsere Einnahmequellen kräftiger sprudeln zu lassen.
In sieben Spielrunden zu je fünf Phasen

  • werben wir Arbeiter an.
  • lassen wir unsere Arbeiter Rohstoffe und Geld nach Hause tragen.
  • tauschen wir unseren aktuellen Rohstoffbesitz in die benötigte Zusammensetzung um.
  • kaufen wir Baugenehmigungen
  • bauen wir Gebäude, „Gilden“, Türme und Festungen in den fünf verschiedenen Städten, und versuchen damit Mehrheiten zu bekommen, die in drei Wertungen honoriert werden.
  • kassieren wir die Einnahmen für unser aktuelles Besitztum.
  • zahlen wir linear steigende Steuern für unseren Besitz

Beim Nutzen von “Gilden” erhalten wir Vorteile in Form von Rohstoffen oder Geld. Das ist ja noch in Ordnung. Doch es gibt auch z.B. eine „Diebes-Gilde“ oder eine „Banditen-Gilde“, die es erlauben, einem beliebigen Mitspieler Geld oder Rohstoffe entschädigungslos wegzunehmen. Herrschaftszeiten, sterben denn solche unberechenbaren, anstößigen, willkürlichen Spielelemente mit Kingmaker-Potential nicht aus?!

"Crazy Horsts Handelsposten
Horst neben “Crazy Horsts Handelsposten” in Belfort

Walter wurde Startspieler und belegte sofort das einzige Feld, auf dem man weitere Belegschaft anheuern darf. Es ist ja schon seit Marxens Zeiten ein triviales Wissen, dass die Erweiterung der Produktionsmittel eine exponentialle Steigerung der Erträge mit sich bringt. Je früher desto ponenter.
Kein Mitspieler opferte Personal, um Walter diese Startspielerrolle zu nehmen, so dass er sich auch in der zweiten Spielrunde noch einen Arbeiter zulegen konnte. Diesmal schon quasi umsonst, da er ja mit dem zusätzlichen Arbeiter aus der ersten Runde bezahlt werden konnte. Dann erst griff Aaron ein und reservierte für sich die Startspielerrolle. Walter kam ans Ende der Zugreihenfolge. Doch das war für ihn zu diesem Zeitpunkt eher ein Geschenk: In einem Spiel, in dem an allen Ecken und Enden Mehrheiten honoriert werden, erlaubt es ein besonderes Schwelgen im eigenen massigen Einsatzpotential, wenn man als Zug-Letzter überall die Zünglein an der Waage zu seinen Gunsten umkippen lassen kann. Runde für Runde baute er diesen Vorteil zu einen uneinholbaren Vorsprung aus.
Nach der dritten und der vierte Runde bot er jeweils einen Spielabbruch an. Immerhin hatten wir bereits anderthalb Stunden gespielt und das Spiel ausreichend kennengelernt. „Es ändert sich nichts mehr!“ Aaron unterstrich leicht frustriert : „Es ändert sich seit der ersten Runde nichts mehr!“ Trotzdem warfen beide abgeschlagenen Konkurrenten nicht das Handtuch, sondern bissen tapfer die Zähne zusammen und tranken das Belforter Met bis zur bitteren Neige.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (Hat leider so gar nichts, was mich vom Hocker reißt, keine neue Idee, ungelöste Startspieler-Problematik, dass die führenden Spieler „Strafsteuern“ zahlen müssen – ein vergeblicher Versuch, die fehlende Balance zu retten – , ist „fast peinlich“.), Horst: 5 (belanglos; „im Fußball würde ich sagen, es läuft unrund“), Walter: 5 (einschließlich eines Sympathiepunktes für das Brettspiel-Entwicklungsland Kanada: das Spiel funktioniert, aber plätschert emotionslos vor sich hin.)

Wir mußten die Tür zum Spielzimmer nicht schließen, um die Ohren der Hausfrau vor unseren orgiastischen Begeisterungsstürmen zu schützen. Es gab keine. Nicht einmal einen Lacher.
Bei Boardgamegeek steht “Belfort” in der ewigen Bestenlisten unter sechzigtausend Spielen mit vorzüglichen 7,47 Punkten in 1972 Bewertungen an 119ter Stelle. Schauen wir mal hin, wie die Höchst-Noten-Vergeber ihre Euphorie kommentieren:
Melissa: „From my mom for Xmas – 2011!” – Pietät oder Einfältigkeit?
Rick: “Any game my wife likes and plays… I love.” – Gelten Rick’s 10 Punkte jetzt für das Spiel oder für seine Ehefrau?
Simon: ”It is astonishing how well the theme works in this game.” – Horst hat uns bei seiner Regeleinführung das Thema total unterschlagen. Jetzt erst, beim Verfassen des Reports suchte ich das Thema in der Spielanleitung, und was finde ich? Den lapidaren Satz: „In Belfort lassen die Spieler ihre Mannschaften aus Elben und Zwergen unterschiedliche Aufgabe erfüllen.“ Mann-o-mann, ist das ein Thema! Man kann die Elfen regelrecht trapsen hören! Horst hat uns gewaltig etwas vorenthalten.
Boom: “I adore Belfort and might want to marry it. Maybe someday when that’s legalized …” – Jetzt mußte ich doch glatt bei Wikipedia nachschauen, ob „Boom“ und „Belfort“ Mädchen- oder Jungennamen sind, und ob in Kanada die Homoehe schon erlaubt ist …
Wir am Westpark gingen eher konform mit den Kommentaren am unteren Ende der Skala. Godonow vergab 5 Punkte für “beautiful but booooring” Für Eric war Belfort als ”too long and too slow-paced for my taste” nur 4 Punkte Wert und Dvonn bildete mit seinen 3 Punkten für “absolutely no dynamics” keinesfalls das Schlusslicht.

2. “Pergamon”
Nein, wir sind keine alten Griechen, wir leben in der Neuzeit und lassen uns vom Forschungsministerium Gelder auszahlen, um auf dem Boden der antiken Stadt Pergamon Ausgrabungen durchzuführen.
Fünf Stollen stehen als Fundstätten zur Auswahl. Pro Runde dürfen wir einen davon ausbeuten. Die Stücke in den Stollen kommen peut-a-peut ans Tageslicht. Wenn in einem Stollen mangels Interesse nicht gegraben wird, häufen sich dort die Fundstücke. Mit den Fundstücken bestreiten wir Ausstellungen, die periodisch (mit Siegpunkten) bewertet werden. Die Ausstellungen bleiben für mehrere Wertungen erhalten, verlieren aber im Laufe der Zeit, vor allem aber auch bei der Präsentation höherwertiger Ausstellungen ständig an Wert.
Bemerkenswert ist das Einheimsen der Forschungsgelder. Wir wissen nicht genau, wieviel der Minister zu spendieren bereit ist, wir kennen nur die Größenordnung seiner Dotierung: 2 bis 8, 6 bis 12 oder 10 bis 16 Forschungsdollar werden pro Runde ausgeschüttet. Wer bescheiden ist und nur wenig fordert, wird als Erster bedient und darf sich auch als Erster einen Stollen aussuchen; wer viel bzw. am meisten fordert, bekommt den Rest des Geldes – viel oder auch gar nichts, je nachdem wieviel Gelder insgesamt zur Verfügung standen – und darf als letzter seinen Spaten in die Hand nehmen.
Von unserem eingereichten Forschungsauftrag hängt auch ab, in welchen Stollen wir graben dürfen. Um z.B. in dem tiefsten Stollen mit den aktuell meisten Fundstücken zu graben, müssen wir schon eine erkleckliche Summe an Forschungsgeldern fordern. Es sei denn, wir schießen dafür aus eigener Tasche zu.
Es ist ein hübsches Lavieren um die Höhe der geforderten Gelder, um die Priorität bei Graben, um die Anzahl, den Zeitpunkt und den Wert der Ausstellungen, und um die nächste Startspieler-Position. Schnell, pfiffig und ausbalanciert. Eine gelungene Mischung aus Glück, mittelfristiger Planung und opportunistischem Zugreifen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (solide; netter Bietmechanismus), Horst: 7 (kurz, flott, kein Schweißtreiber), Walter: 7 (spielerisch mit kalkulatorischen Einlagen, hübsche neue Ideen – oder zumindest alte Ideen im neuen Gewand – gut präsentiert.)

3. “Diggers”
Aarons Eigenentwicklung eines flotten, spielerischen, planerischen Kartenspiels mit einem Höchstmaß an Interaktion hat bei uns höchste Anerkennung gefunden. Doch bei den professionellen Verwaltern von Lieschen Müllers Feld-Wald-Wiesen-Geschmack ist seine feine Balance zwischen Zufall und Berechnung noch nicht erkannt worden: „Für ein Glücksspiel zu viel Planung, für ein Planspiel zu viel Glück!“ lautete ein Bescheid.
Aaron hatte nun zusammen mit seinem Autoren-Kollegen Frank versucht, Lieschen Müller mehr gerecht zu werden und neue Zufalls-, Chaos- und Miesnickeligkeits-Komponenten einzubauen. Bei uns fiel er damit durch. Nach zwei Runden war Walter nicht länger bereit, mit diesen neuen Regelvarianten weiterzuspielen. Das Spiel ist perfekt, so wie es war. Lieschen Müller ist es nicht.
Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

Gruss
Hallo Ulf, falls Du das hier liest: Viele Grüße an Dich, an Frau Heusinger und Deinen BC Nürnberg Museum.

22.05.2013: Champagner für die Pferde

Aaron brachte zum Empfang eine Flasche Champagner mit. Er ehrte damit Moritz, der gerade mit seinem provozierenden Stück „The Tragedy of a Friendship“ über Nitzsches Haßliebe zu Wager, genährt aus Moritzens Haßliebe zu Wagner, in Antwerpen Welturaufführung feierte.
Eine Premiere am Westpark waren die vorzüglichen, hausgemachten Schoko-Mandeln-Muffins. Nicht vom Hausherrn gebacken, sondern von unserem Gastspieler Frank Zurmühlen aus Holzminden, den Aaron bei seinen Aktivitäten als Spieleautor kennen und schätzen gelernt hatte.
Das lockere Vorgeplänkel wurde von Moritz abrupt unterbrochen „Spiel auf den Tisch!“

1. “Horse Fever”
Es geht um Pferderennen. Wir setzen auf Platz oder Sieg in einer Auswahl von sechs Pferden und gewinnen im Erfolgsfall Geld – für unsere nächsten Wetteinsätze – und Siegpunkte für den Endsieg.

Frank und Moritz im Pferde-Fieber
Frank und Moritz im Pferde-Fieber

Das Rennen wird ganz simpel entschieden: Es werden Karten gezogen, die nach einer halb zufälligen, halb Wettquoten-orientieren Verteilung die Anzahl der Schritte angeben, die jedes Pferd vorwärts zieht. Anschließend werden noch zwei Pferde ausgewürfelt, die einen Zusatzschritt tun. Diese Prozedur wird solange wiederholt, bis alle Pferde die Ziellinie überschritten haben. Das alles geht blitzschnell! Innerhalb von ein bis zwei Minuten ist ein Rennen abgewickelt.
Doch wia im richtigen Leben ist um dieses Rennen herum eine gewaltige Menagerie aufgebaut, in der wir unsere Ambitionen als Profis im Pferdesport austoben können:

  • Wir kaufen Pferde mit unterschiedlichen Renn-Qualitäten: Schnellerer Start, schnellerer Spurt, Vorteile als Schlußlichter, Vorteile im Ziel. Von allen gekauften Pferden dürfen wir aber nur eines an den Start schicken.
    Es gehört nicht viel Durchblick dazu, vorauszusehen, dass jeder Spieler nur eines, nämlich sein bestes Pferd ins Rennen schickt. Eigentlich brauchte jeder nur ein einziges Pferd.
  • Wir kaufen Rennställe um damit zusätzlich Gelder und Siegpunkte einstreichen zu können.
    Allerdings gibt es nur einen einzigen freien Rennstall auf dem Markt. Etwas wenig für fünf Mitspieler. Weitere Rennställe könnten wir versuchen, von unseren Mitspieler abzukaufen. Doch so blöd war keiner (der Verkäufer). Nicht einmal der Versuch dazu wurde gemacht.
  • Wir kaufen „Aktionen“, mit denen wir die Qualität des eigenen oder der fremden Pferde manipulieren können, z.B. schnellerer oder kein schnellerer Start, schnellerer oder kein schnellerer Spurt, Strafgelder für das Setzen auf das Pferd, Punktabzüge für Sieg oder Platz.
    Die Aktionskarten dazu werden verdeckt gezogen (Auswahl 1 aus 4) und verdeckt dem jeweiligen Pferd zugeordnet, so dass die Siegesaussichten eines Pferdes für die nachfolgenden Wetten umso „einsichtiger“ abgeschätzt werden können.
  • Wir kaufen „Aufgaben“, deren Erfüllung uns in der Schlußwertung ein paar Zusatzpunkte zuschustern, z.B. wenn wir die meisten Pferde besitzen, die meisten Rennställe, das meiste Geld oder die wenigsten (!) Primär-Siegpunkte.
  • Wir kaufen „Helfer“, die uns bei unseren späteren Käufen finanzielle Vorteile gewähren, z.B. kostenloser kauf weiterer „Helfer“.
    Ich weiß nicht, was das Ganze mit Pferderennen zu tun hat, wenigstens erhöht es unseren Freiheitsgrad im Spielablauf. Und ein bisschen Unberechenbarkeit mehr kann nicht schaden (, sagten sich die Spieleautoren).
  • Wie nehmen Kredite bei der Bank oder bei der Mafia auf, um nach einer Pechsträhne wieder flüssig zu werden, ohne einen Offenbarungseid leisten zu müssen.
    Wer sich nicht rechtzeitig mit liquiden Mitteln eingedeckt hat, solche aber für Zwangswetten oder Geldstrafen benötigt, scheidet aus. Das Ende des Spiels kann er dann von den Parkplätzen aus weiterverfolgen.

Es gibt tausende (nicht ganz) verschiedene Karten unterschiedlicher Bedeutungen, aus denen wir uns jeweils aus einer vorgegenen, blind zu ziehenden Anzahl die Gewünschtesten heraussuchen dürfen. Leider sind die erklärenden Piktogramme ziemlich uneinsichtig, so dass wir ständig in der Spielregel nachschauen mussten, welche Wirkung sie besitzen. Damit ging eine Menge Zeit verloren. Sicherlich nicht die Hälfte der benötigten Spielzeit von zwei-ein-halb Stunden, aber doch ein erheblicher Teil davon.
Über fünf Rennen geht ein Spiel. Nach zwei Rennen war Moritz sein gesamtes Geld losgeworden und lag aussichtslos am Ende; ihm drohte ein Zuschauerdasein als Insolvent. Da wandte er sich an die Mafia. Großzügig finanzierte sie seine durchaus konservativen Ambitionen: Er investierte die Massen seines Geldes grundsätzlich in den Mainstream, und er deckte sich mit jeder Menge Aufgaben ein, die ihm bei Spielende Siegpunkte bringen sollten. Seine „Strategie“ war erfolgreich. Er konnte alle seine Aufgaben (z.B. die meisten Aufgaben (!), die wenigsten Siegpunkte (!), das meiste Geld …) alle erfüllen. Mit dem letzten Spurtwürfel im letzten Rennen konnte sein Pferd „Blue Blood“ auch noch den führenden „Fragor Rojo“ auf der Zielllinie abfangen und drei rote Siegwetten seiner Mitspieler zunichte machten. Das reichte zu seinem Sieg.
Aber es zeigte auch, was an strategischer Herausforderung in „Horse Fever“ eingebaut ist: Ein einziger Würfelwurf für „Blue Blood“. Dank unseres Gastes waren wir in einer sehr lockeren, spieligen Stimmung. Kein Vorschlag zu vorzeitigem Spielabbruch, keine vorzeitige Meckerei, kein gelangweiltes Sich-Zurücklehnen. Frank konnte nach eifrigem Studieren des Regelheftes immerhin konstatieren: „Es gab Testspieler!“. Vielleicht sollten wir immer mit einem Champagner anfangen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel dauert zu lang, das ganze Drumherum ist eher nervig, ich spiele lieber „Favoriten“), Frank: 8 (das Thema – u.a. langes Vorgeplänkel um Manipulationen und Wetteinsätze vor dem Rennen, anschließend kurzer Rennverlauf – ist gut umgesetzt, hübsche und originelle Grafik), Günther: 5 (die Hälfte der Karten hätte man weglassen können, zu viel Brimborium für ein simples Pferderennen), Moritz: 7 (das Rennen ist spannend, ich habe mich nicht gelangweilt), Walter: 6 (wohlwollend; Chaos durch die undurchschaubaren Regelelemente, Chaos durch die verdeckten Mitspieleraktionen)
Aaron lies irgendwann mal die Bemerkung los „all looks no brain“, doch ich weiß nicht mehr genau, worauf er das beziehen wollte.
Liebe italienische Spieleautoren, lieber Verlag Cranio Creations: Der „Mond“ ist im Deutschen männlich und „nero“ schreibt man mit „sch“!

2. “Poison”
Eines der frühen Knizia-Spiele, aus der Zeit, als der Autor noch mit Lust, Liebe und Leidenschaft jedes seiner vielen Kinder zeugte. Mit Erfolg. Im August 2009 wurde “Poison” unser „Spiel des Monats“. In drei Session-Reports haben wir das hübsche, schnelle, pfiffige Kartenspiel bei uns bereits beschrieben. Der erste davon war am 13.08.2009
WPG-Wertung: Frank siedelte sich mit seinen 7 Punkte genau innerhalb der Vier-Fünftel-Mehrheit der Westpark-Gamers an.

3. “Flaschenteufel”
Eines der wenigen Spiele, die häufiger, um nicht zu sagen regelmäßig, bei uns gespielt werden. Oft als Absacker, wenn die geistigen Batterien noch mehr Leistung bringen als für ein „Bluff“ benötigt werden.
Aaron freute sich, einen Neuling dabei zu haben und noch dazu in der Sitzreihenfolge genau vor ihm. Im gnadenlosen Kampf um die Hauptaufgabe, seine niedrigsten Karten loszuwerden, ohne damit auf dem Teufelsstich sitzen zu bleiben, ist es von großem Vorteil, wenn ein Vorgänger aus Unerfahrenheit seine Kartenhand etwas weniger gnadenlos abspielt.
WPG-Wertung: Frank lobte die vorzügliche spielerische Umsetzung von Stevensons Märchen-Motiv und vergab hervorragende 9 Punkte. Nicht als einziger in unsere Gruppe, sondern als Dritter von vierzehn.

08.05.2013: Errate den Rialto

Seit langem mal wieder am Westpark ein flotter Dreier. Birgit wurde explizit dazu eingeladen, aber sie wollte weder teilnehmen noch zuschauen. Schade.
Was hast Du verpaßt, Birgit? Zwei neue und zwei altbewährte Spiele für Erwachsene. Na ja, im Grunde genommen ist das doch immer wieder alles dasselbe.

1. “Rialto”
Stefan Feld war in den letzten Jahren ganz schön produktiv. Seit 2011 zeichnete er für sechs renommierte Spiele als Autor: „Die Burgen von Burgund“, „Strasbourg“, „Trajan“, „Kaispeicher“, „Bora Bora“ und „Brügge“.

Rialto
Rialto
In Rialto sind wir wieder in einer weltbekannten Stadt und betätigen uns als

  • Doge, um Startspieler zu werden und verschiedenen Prioritäten zu genießen
  • Bauherr und bauen Gebäude, die uns Spielvorteile für das weitere Spiel gewähren geben: z.B. mehr und flexibleres Material
  • Münzer, um mit dem erworbenen Geld die Vorteile der Gebäude erst finanzieren zu können/li>
  • Gondoliere, um als solcher Ratsherren zu zeugen
  • Ratsherr und versuchen in den sechs Stadteilen die Mehrheiten zu erringen
  • Brückenbauer, um den Wert der Stadtteile, in der wir die Mehrheit anstreben, zu erhöhen

Welche Rolle wir spielen, wird durch Rollenkarten vorbestimmt. Pro Runde liegt für jeden Spieler ein Stapel mit sechs solcher Rollenkarten aus. Vom Startspieler ausgehend wählt jeder Spieler einen Stapel und zieht zusätzlich noch zwei Karten verdeckt nach.

Diese Karten bestimmen ziemlich prädestinierend unser Schicksal. Zu Glück gibt es Jokerkarten – sogar viele – , die variabel eingesetzt werden können. Und wir können Gebäude mit der Eigenschaft bauen, die Qualität unserer Kartenhand zu verändern. Doch der damit gewonnene Freiheitsgrad für unsere Zugmöglichkeiten hält sich in Grenzen. Alles ist gut, am Ende war irgendetwas besser.
Bei Spielende sprudeln, wie es sich für ein gutes Feld-Spiel gehört, reichlich Siegpunktquellen. Während des Spiels ist allerdings nur schwer erkennbar, wo die ergiebigsten Quellen sprudeln werden. Keiner kann am Ende genau sagen, warum er gewonnen hat. Glücklicherweise trifft dieses Schicksal ja auch nur einen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (dümpelt wenig planbar vor sich hin), Horst: 5 (nicht locker, nicht leicht, dafür aber nervig), Walter:6 (kein Spaß, kein Spiel, aber rund).
Hallo Pegasus-Verlag: Wir vermißten eine Spielhilfe, auf der jeder Spieler die Effekte und Prämien der einzelnen Rollen jederzeit klar und deutlich nachlesen kann.

2. “Divinare”
Der erste Blick auf den Namen täuscht. Es geht um nichts Göttliches, es handelt sich schlichtwegs um das englische Verb für „erraten“.

Von den vier Farben rot, grün, gelb und blau gibt es insgesamt 36 Karten. Die Karten werden gemischt und 12 davon zur Seite gelegt. Jetzt gilt es zu erraten, wieviele Karten von jeder Farbe übrig geblieben sind.

Das ist der nackte Kern des Spiels, doch darum herum ist ein hübsches intellektuelles, psychologisches und chaotisches Szenarium aufgebaut.

Die übrigen Karten werden nämlich verdeckt an die Spieler ausgeteilt und jeder Spieler deckt abwechselnd eine Karte auf, bis alle Karten offen liegen. Aus der Reihenfolge, in der die Spieler die verschiedenen Kartenfarben offenlegen, läßt sich so peut-a-peut erschließen, wieviele Karten es wohl ingesamt werden könnten. Doch dieser Ablauf wäre noch zu stumpf, es ist noch mehr Raffinesse eingebaut: Von den zu Spielbeginn erhaltenen Karten gibt jeder Spieler die Hälfte an seinen rechten Nachbarn weiter und erhält entsprechend viele Karten von seinem linken Nachbarn. Damit kennt jeder Spieler schon mal (in einer 3er-Runde) die Hälfte aller zur Verfügung stehenden Karten und auch die Hälfte der Kartenhand eines Nachbarn.

Auch das Raten der Karten jeder Farbe geht nicht ohne Schikane ab. Jedesmal wenn ein Spieler die Karte einer Farbe ausspielt, darf er einen Tipp für die Gesamtzahl der Karten dieser Farbe bei Spielende abgeben. Er muss sogar einen Tipp abgeben, d.h. er muss beim Spielen einer Karte seinen bisherigen Tipp verändern. Für jede Farbe darf jede Gesamtzahl nur einmal getippt werden. Wer zu spät kommt, findet seinen Lieblingstipp bereits besetzt. Wer aber zu früh gleich die (vermutlich) richtige Zahl tippt und hat noch eine Karten dieser Farbe auf der Hand, muss seinen richtigen Tipp-Platz wieder verlassen – und ihn ggf. einem besser getimed habenden Mitspieler überlassen.

Sind die Hälfte der Karten gespielt, werden nochmals zwei Karten an die Nachbarn weitergegeben. Damit kann man das Feld nochmals aufmischen, d.h. ggf. die Mitspieler nochmals zwingen, ihre guten Tipp-Plätze zu verlassen. Ganz schön trickreich. Ganz schön psychologisch. Und rechnerisch. Und planerisch. Und spielerisch!

Nach etwa 15 Minuten ist ein Spiel zu Ende. Horst verlangte spontan eine Wiederholung und bekam sie auch ohne Widerrede. Während die anderen immer noch im Dunkeln tappten „Es läuft ganz schlecht. Ich hab’s noch nicht verstanden“, konnte er triumphieren: „Aber ich hab’s jetzt verstanden!“ Mit großem Vorsprung wurde er Sieger. Doch er verriet nicht das Geheimnis seines Erfolges!

Wenn Günther dabei gewesen wäre, dann wäre es jetzt schon Mitternacht gewesen. Die vielen Varianten an möglichen Kartenverteilungen (sie gehen in die Millionen), die Auswahl der vier Karten für die erste Weitergabe an den Nachbarn (etwa fünfzig Auswahlmöglichkeiten), die Schlussfolgerungen aus dem Empfang der Karten vom Nachbarn auf die Gesamtverteilung (jetzt nicht quantifiziert), die Reihenfolge der Abspiels der ersten vier Karten einschließlich der zweiten Weitergabe von zwei weiteren Karten an den Nachbarn (bis zu zwanzigtausend Kombinationen), das hätte er versucht, bis ins letzte Detail auszurechnen. Nicht weil er will, sondern weil er es von seiner Natur her einfach muss. Mit ihm darf man am Westpark nicht auf der Flucht sein! Wie gut, dass wir nur ein flotter Dreier waren!

WPG-Wertung: Aaron: 7 (schnell erklärt, schnell gespielt), Horst: 7 (interessant, regt die grauen Zellen an), Walter: 7 (vielfältige Herausforderungen in einem ausgereiften, spielerischen Spiel).

3. “Verflixxt!”
Günthers ausgefallene Denkzeit mussten / konnten wir jetzt noch mit einer Auswahl von Oldtimern des Hausherrn am Westpark füllen. Nachdem „Ein solches Ding“ nach kurzem Vorstellen erneut verworfen wurde, gelangte „Verflixxt!“ auf den Tisch.

Ein lockeres leichtes Würfelspiel. Zum Erholen nach geistigen Höchstleistungen sowie als Einstieg in solche. (Letzteres war heute nicht mehr vorgesehen.) Trotz vieler Material- und Regel-Erweiterungen ist die Basisversion immer noch am stimmigsten. Wir spielten nach der Variante 4: Das Spiel endet, wenn der erste Spieler alle seine Figuren im Ziel hat. Dadurch wird der trivialen Siegstrategie, nämlich niedrige Zahlen zu würfeln, und wann immer es geht, nur die Wärter zu bewegen, ein Riegel vorgeschoben.

Spielerisch, taktisch, opportunistisch, glücklich. Und schnell. Selbst unser Günther hätte hier keine Stunden Denkzeit unterbringen können. Wahrscheinlich hätte er es sogar nicht einmal versucht. Ein großer Wurf aus dem Hause Ravensburger.

Keine neuen Noten für ein 7,4 Punkte Spiel.

4. “Anno Domini”
Wer genau weiß, ob der erste Bummerang in Europa gebaut wurde, bevor der Papst die Diskussion über die Evolutionstheorien erlaubte und ob die Sicherheitsnadel davor, dazwischen oder danach erfunden wurde, wird seine neun Karten mit Datumsfragen am ehesten los. Wer immer falsch rät und sich dabei auch noch erwischen läßt, häuft dagegen Strafkarte nach Strafkarte vor sich auf.
Nach einer halben Stunde blickten Aaron und Walter immer noch auf einen unverändert strammen Besitz von neun Karten. Horst hatte deutlich abgebaut, durfte sich aber gerade mal wieder drei Strafkarten nehmen.

Nach einem vergnüglichen Anfang verzichteten wir weise auf den letzten Teil der Reise.

Keine neuen Noten für ein rundes 7 Punkte Spiel.

24.04.2013: Desaster, Debakel, Prügel

Wir sehen uns im Finale.
“Wir sehen uns im Finale!” – “Bei Dir oder bei mir?”

Munich était simplement meilleur. «Il faut féliciter le Bayern. Ils ont été très forts, très physiques.»
El fútbol va por un camino diferente, el que ahora simboliza el Bayern, un equipo poderoso físicamente, muy bien organizado tácticamente, lleno de matices técnicos y recursos, muy científico, inmisericorde con los rivales que desfallecen progresivamente como el Barcelona.
Una debacle como la que sepultó al ‘Dream Team’
Hacía casi 20 años que el club azulgrana no recibía una goleada de estas magnitudes en Liga de Campeones.

Juegan en 3D. Corren en 3D. Definen en 3D. Al Bayern Munich se lo ve en otra dimensión.
“Barcelona heeft Europa de afgelopen vijf jaar gedomineerd. We kunnen er trots op zijn dat we ze op deze manier hebben verslagen.”
Szenzációs Bayern-győzelem a Barcelona ellen.

Man muss kein großer Sprachenkenner sein, um die Schlüsselwörter in diesen Sätzen zu erkennen und damit ein Gefühl für die darin enthaltenen Aussagen zu bekommen. Aber man muss ein Bayern-Fan sein, um sich diese Wörter auf der Zunge zergehen zu lassen und ihren Sinn ausgiebig zu genießen.

1. “Yunnan”
Aaron wollte die Korrektur des vorletzten Bugs in seiner Spielentwicklung testen. Wie soll es gehandhabt werden, wenn ein Spieler im Auktionsprozess für mehr Geld bietet als er besitzt? Hart bestrafen, so dass dieses Vergehen in jedem Fall den Sieg kostet? Oder nur einen milden Ausgleich dafür verlangen, so dass dieses Vorgegen als taktische Option offenbleibt? Der Argentum-Verlag wird entscheiden. Hoffentlich im Einvernehmen mit dem Autor.

Aaron hatte versehentlich nur für vier Spieler das Spielmaterial mitgebracht, und sein Test wäre schon fast wieder in der Schublade gelandet. Doch es gibt natürlich Ersatz. Hättet Ihr sofort gewusst, in welchen Spielen ein adäquates Ersatzmaterial vorhanden ist? Zielgerichtet (!) mussten wir immerhin vier Spiele plündern, („Euphrat und Tigris“, „La Cittá“, „Trans Europa“ und „Viva Java“), um alle Marker, Pöppel, Brücken, Teehäuser und Tempel beisammen zu haben.

Der Spielverlauf ähnelt einem Radrennen. Alle versuchen sich in die besten Positionen zu lavieren, um dann plötzlich in den Endspurt auszubrechen und hoffen, von den Verfolgern nicht mehr eingeholt zu werden. Günther lief diesmal als erster los, er hatte aber das notwendige Potential noch nicht beisammen und verlor beim Nachfassen wertvolle Punkte. Außerdem mußte er sich in den Niederungen des Himalaya mit zuviel Konkurrenz herumschlagen. Peter hatte sich die größte Reichweite zugelegt und konnte konkurrenzlos die fettesten Weiden im tibetanischen Hochland abgrasen. Mit den dabei noch zusätzlich eingeheimsten Gastgeschenken (die französischen Tester waren von der „cadeaux“-Idee ganz begeistert) reichte es zum Sieg.

Obwohl „Yunnan“ ohne Zufallselemente auskommt, verläuft jedes Spiel anders. Es gibt keine erkennbare Gewinnstrategie. Sie würde durch die zahlreichen Einwirkungsmöglichkeiten der Mitspieler auch sofort sabotiert werden können.

Im Nachspann diskutierten wir hierzu eine grundsätzliche Frage: Ein Spieler, der sich mehr „Einfluß“ zugelegt hat, kann einen schwächeren Mitspieler auf der Tee- und Pferderoute von einem lukrativen Platz verdrängen. Falls mehrere schwächere Spieler zum Verdrängen bereitstehen, sollte der Einflußreiche dann willkürlich einen beliebigen Spieler verdrängen dürfen oder sollte dies nach genau definierten Regel über Einfluß und Zugprioriäten fest vorgegeben sein?

Aaron plädierte für Freiheitsgrad und Willkür. Damit kann sich ein Spieler auch in den hinteren Rängen noch relative Platzvorteile erarbeiten. Walter war strikt dagegen. Erstens ist es ein Kingmaker-Element, dem er schon grundsätzlich ablehnend gegenübersteht und zweitens kostet es unnötig Zeit, beim Verdrängen auch noch den optimalen Gegner herauszusuchen. Und es kostet beim Plazieren seiner Händler deutlich mehr Zeit, die viele Unwägbarkeiten und Risiken des subjektiven Verdrängtwerdens abzuschätzen. Kein einheitliches Meinungsbild. Walter drohte mit 2 Wertungspunkten Abzug, falls das Kingmaker-Element in der Endfassung erhalten bleiben sollte.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Ein solches Ding”
Peter freute sich schon auf eine lange Bluff-Session, aber es war noch viel zu früh am Abend. Im Repertoire am Westpark suchte er ein Füller-Spiel.

„”Ein solches Ding”“ ist kein richtiges Spiel, eher eine Unterhaltung. Die man zudem noch ganz locker angehen muss, was am Westpark in der Regel nicht gewährleistet ist. Es wird ein Begriff gesucht, der zu einer steigende Anzahl sehr vager Umschreibungen paßt, z.B. „Gehört zu einem richtigen Rummelplatz“ + „Würde – wenn es jetzt hier auftauchte – grosse Heiterkeit erregen“ + „Hat Haare (Borsten, Zotten) und doch keine Zähne“ . Gilt das alles z.B: für eine Damenunterhose? (Herzliche Grüße an Susanne!)

Strittige Punkte werden nicht nach Lexikon oder via Recherchen im Internet entschieden, sondern durch demokratische Abstimmung unter den Spielern. Subjektivität und Miesnickeligkeit sind Tor und Tür geöffnet. Wir verzichteten bereits vor dem ersten Durchgang auf das Spiel.

Die WPG-Wertung liegt bei knapp 6 Punkten.

3. “Linq”
Noch so eine Art Unterhaltungsspielchen.

Je zwei Mitspieler bekommen geheim den gleichen Begriff zugeteilt und müssen dazu assoziierende Worte nennen, so dass sich die Partner finden, die anderen Spieler aber nicht so leicht erkennen können, wer zusammengehört. Wem z.B. der Begriff „Reifen“ zugeteilt ist, kann versuchen, sich mit dem Wort „Auto“ erkennen geben. Beim Stichwort „Bordeaux“ muss der Partner schon ein Dégustateur sein, um die gemeinsame „Reife“ zu erkennen. Ein bayerischer Krustenbratler hätte damit unüberwindliche Schwierigkeiten. (Hatte er auch!)

Welches Wort war wohl Aaron zugeteilt worden, für das er sich mit den Begriffen „Opferabo“ und „Fliesenleger“ zu erkennen geben wollte? Nicht nur für seine Partnerin Loredana war es zu schwer. Es handelte sich um „Wetter“. Eine Frage an die findige Spielergemeinde: Welches Wort, oder besser, welchen Namen hat Aaron mit seinem Suchbegriff assoziiert? Der erste Einsender (als Kommentar auf unserer Seite) erhält eine Flasche Wein.

Loredana, die die deutsche Sprache perfekt beherrscht, zeigte überraschenderweise Schwierigkeiten mit deutschen Wortverbindungen. „Papier“ bringt sind nicht so selbstverständlich mit „Tiger“ zusammen wie ein Eingeborener. Dann gab es sogar ein Wort, bei dem sie passen musste, weil sie es gar nicht kannte: „Floh“! Pulex simplex. Sie kannte das Wort nur in der Mehrzahl „Flöhe“. Daraus wollen wir aber bitte keine voreiligen Schlüsse für ihr Herkunftsland ziehen.

Die WPG-Wertung liegt bei knapp 7,3 Punkten.

4. “Bluff”
Keine besonderen Vorkommnisse. Peter verlor beim Anzweifeln von 5 mal der Stern alle seine Würfel. Und noch einen mehr. Es gab insgesamt 11 Sterne unter den 25 Würfeln.

Aaron gewann das Endspiel gegen Walter und Peter behauptete, dies sei Aarons erster Sieg bei „Bluff“ gewesen. Dabei hat Moritz schon vor über zehn Jahren Aarons ersten Bluff-Sieg in einem Spielbericht gebührend erwähnt.

Die Anmerkungen zu Bluff in unserem Session-Report stellen nur einen winzigen Ausschnitt der genussvollen Beschäftigung mit diesem Spiel dar. Peter verlangte eine vollständige Aufzählung aller Sieger. Doch das geht entschieden zu weit.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

17.04.2013: Mach’s nochmal, Hans (im Glück)

Aaron war vor Kurzem noch ein business-excellenter Siemens-Manager. Heute ist er ein hoffnungsvoller Spiele-Autor, siehe „Yunnan“, „Diggers“, „Trawler“ und noch mehr. Dass er auch ein begnadeter Brot-Bäcker ist, haben wir schon im Session-Report vom 16.6.2010 angedeutet. Jetzt kam noch ein weiteres Talent zum Vorschein: Er erfindet auch Pudding-Rezepte! Solche, mit denen er in seiner Kindheit glücklich wurde, und die es plötzlich nicht mehr auf dem Markt gab. Und er veröffentlicht sie (vorerst nur eines) unter seinem Pseudonym „cavesham“ im Internet, nachzulesen unter www.chefkoch.de/rezepte/1247011229598400/Zitronenpudding-la-Majala.html.
ZitronenpuddingMajala
Sein Rezept hat von den Nachköchern immerhin 4 von 5 Punkten bekommen. Und kein Leser hat gemerkt, dass man anstelle der angegebenen 50 Gramm Maisstärke besser nur 30 nimmt. Sonst wird die Masse zu steif, und das ist bei oralen Genüssen in der Regel kein Vorteil.

1. “Brügge”
Aaron hat tagelang von unserer spielerischen Hauptspeise der letzten Woche geträumt, und meinte, darin weiteren unentdeckten Schönheiten auf die Spur gekommen zu sein. Sein Vorschlag zu einer Spiel-Wiederholung wurde einstimmig angenommen. Immerhin kannte es Peter noch nicht.

Wir bauen weiterhin Häuser in Brügge, installieren Personen und Berufsgruppen darin, vom Amüsement über Handwerk bis zur Unterwelt und lassen ihren Punktesegen auf uns und in gewissen Grenzen ihren Fluch auf unsere Mitspieler herab.

Wie es sich für ein Hans-im-Glück-Spiel gehört (Entschuldigung, lieber Stefan Feld, Du bist ja der Autor), ist alles sauber austariert, alles läuft flüssig. In allen vom Zufall beeinflußten Konstellationen gibt es immer genügend Zugoptionen, etwas Sinnvolles, etwas Hoffnungsvolles, etwas Zielführendes zu tun. Für alle Nischen des Spielablaufs gibt es im Regelwerks Anreize, sie kennenzulernen und ausprobieren. Die 165 Personenkarten sind in ihren Effekten und in ihrer Kosten-Nutzen-Relation alle in der gleichen Größenordnung. Eben so, wie es sich für ein qualifiziertes Eurogame gehört.

In einer Situation stießen wir allerdings auf eine Regelunsicherheit, und wunderten uns darüber, dass sie HiG noch nicht aufgefallen war: Peter zwang mit seinem „Siegelmeister“ alle Mitspieler dazu, eine Handkarte abzuwerfen. Mit seinem Astronom konnte er dieses Effekt gleichzeitig verdoppeln, so dass alle Mitspieler schlagartig mit zwei Karten weniger dastanden und den nach dem Regelheft beschriebenen Spielablauf: reihum eine Karte zu spielen und entsprechend zu agieren „bis jeder Spieler 4 Karten aus seiner Hand ausgespielt, d.h. 4 Aktionen ausgeführt hat“ nicht mehr erfüllen konnte.

Dürfen sich die Spieler jetzt vom Nachziehstapel eine Karte ziehen oder verfällt ihre vierte Aktion? Wir diskutierten 10 Minuten über die plausibelste Lösung, dann suchte Peter im Internet unter FAQ, ob es dazu bereits Klarstellungen gibt. Es gab keine. Spielerisch in ihr Schicksal ergeben, aber auch etwas unbefriedigt verzichteten drei Spieler auf ihren vierten Zug.

In seinem vorletzten Zug schusterte Aaron mit seinem „Räuber“ allen Mitspielern noch einen gelben Bedrohungsmarker zu. Für Walter war es der dritte. Das kostete ihn sein gesamtes Barvermögen, 2 Siegpunkte für die verlorenen Bedrohungsmarker (er hatte den „Heerführer“), 3 Siegpunkte für den nicht mehr finanzierbaren „Ritter“ und 4 Siegpunkte für die nicht mehr verwertbaren Schutz-Figuren in seiner Auslage. Das waren 6 Siegpunkte zuviel, als dass es noch zum Sieg gereicht hätte. Kein Jammern. Schließlich hatte auch er ausgiebig einer Miesnickeligkeit gefrönt und seine Mitspieler zu schröpfen versucht. Doch immerhin ein Indiz für den Charakter des Spiels. Hallo Bernd, ich habe immer mehr Sympathie für Deinen Kommentar bei BGG.

WPG-Wertung: Mit 7 Punkten lag Peter mitten in der fast uniformen Wertung vom Westpark (schnell genug; die Interaktion ist – trotz eines gewissen negativen Touches – gut; man darf es nur nicht zu verbiestert spielen. Für mehr Punkte ist es zu unberechenbar). Die anderen sahen keinen Grund zu einer Änderung ihrer bereits vergebenen 7 Punkte.

2. “Die Paläste von Carrara”
Günther erklärte den heutigen Spielabend zum HiG-Tag und legte nochmals „Die Paläste von Carrara“ auf den Tisch. Diesmal wurde der versiegelte Umschlag mit den Erweiterungen geöffnet. Günther durfte das legal tun, denn er hatte das Spiel verschriftsmäßig schon dreimal gespielt. Uns Erst-Einmal-Gespielt-Habenden nahm er dann unter seine Fittiche.

Gemäß Erweiterungsregeln erwerben wir weiterhin mittels einer sehr hübsch ausgeklügelten Drehscheibe für den Rohstoffmarkt und seinen dynamischen Preisverfall Bausteine und bauen damit Villen und Paläste in sechs ausgewählten oberitalienischen Städten. Es gibt zusätzlich:

  • variable, bei Spielbeginn jeweils zufällig gezogene Endebedingungen
  • eine variable Prämierung der jeweiligen Bausubstanz bei Spielende
  • zusätzliche Wertungsfelder
  • neue Gebäudetypen mit Aufwertungen bei der Prämienausschüttung
  • die Möglichkeit, Gebäude zu überbauen
  • die Erlaubnis, Rohstoffe zu kaufen, ohne dafür die Drehscheibe zu drehen

Peter stellte sofort fest: „Ich bin überhaupt nicht sicher, ob ich die Erweiterungen mag.“ Am Ende waren sich alle sicher, dass sie nicht sicher waren. Die vielen variablen Siegpunkt-Quellen machen des Spiel unübersichtlich bis chaotisch. „Wie beim Blindflug!“ konstatierte Peter. Natürlich ohne Instrumente und ohne Instrumentenflugerfahrung.

Wir rätselten, wie die Erweiterungen entstanden sein mögen. Wahrscheinlich hatten die Autoren das Spiel fix und fertig designed, und der Verlag hat es später abgestrippt, um es selbst innerhalb einer anspruchsvollen Spielergruppe noch genießbarer zu machen. Doch weil man den Koryphäen Kramer und Kiesling nicht so einfach Kopf und Schwanz abschneidet, konnten sie es durchsetzen, dass ihr Gesamtwerk wenigstens in der Erweiterung den volle Erfindungsreichtum präsentiert. Hallo Günther, kannst Du diese sensible Frage klären?

Keine Änderung der WPG-Wertung, einhellig 8 Punkte. Man kann „Carrara“ bis zu seinem Lebensende wohl auch ohne die Erweiterungen spielen.

3. “Bluff”
Nach vielen Wochen der Abstinenz war Peter kurz vor der vorletzten U-Bahn noch einmal ganz scharf auf unseren unverwüstlichen Absacker. Er kam auch gleich mit 2:1 Würfeln Vorteil ins Endspiel gegen Günter.

1 mal die Fünf legte er vor. Günther zweifelte unverzüglich an. Diese Vorgabe ist nur ihm, dem Erfinder der Immer-5-Strategie erlaubt. Und richtig: keine Fünf lag unter den Bechern; es stand 1:1.
Klar, dass Günther jetzt mit seiner Immer-5-Strategie die Fünf in die Offensive ging. Das war auch sein Gesamtsieg.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

Hans
Nicht an den im Glück, sondern an unseren geschätzen ehemaligen Mitspieler Hans dachten wir zum Ausklang des Abends. Vor zwei Jahren bekamen wir von ihm die letzte Mail. Sein Geist schwebt über den Wassern, nur noch sein Körper lebt hier. Viel Glück.

10.04.2013: Brugge am Snowdon

Ist Brettspielen eine männliche Domäne? Man sollte es nicht vermuten. Traditionsgemäß sind es in Deutschland doch die Mütter, die ihren Sprößlingen die ersten Würfelspiele beibringen und vor dem zu-Bett-Bringen noch schnell ein Gänsespiel einlegen.

Bei uns am Westpark stehen aber zweifellos die Männer im Vordergrund. Wochenlang reine Männerrunden. Bei dreien von uns bleiben die einstens mitspielenden Ehefrauen heute meistens bis immer zuhause. Der Nachwuchs ist dran schuld. Oder vielleicht auch das rauhe Klima am Westpark?

Immerhin haben wir manchmal doch noch ein Exemplar des schönen Geschlechts am Tisch. Und das sind dann auf einen Schlag gleich 20 bis 25 Prozent. Auf dem diesjährigen Autoren-Treff waren unter 45 Teilnehmern gerade mal zwei Damen dabei. Auf Aarons Spiele- Test-Seminaren waren es drei von 22. Und bei den Münchener Spuiratzn, einem lockeren Kreis von Spielern lockererer Brettspiele, sind es auch nur im zwei bis drei von 30. Ist das symptomatisch? Für was?

Es ist ein Klischee und es trifft auch die Realität, dass in Bridgeclubs 70-80% der Kartenspieler weiblichen Geschlechts sind. Da sieht man mal wieder den Unterschied.

1. “Brügge”
Aaron apostrophierte das jüngste Kind von HiG als „Kartenspiel“, obwohl es ein richtiges Spielbrett, jede Menge Holz- und Pappteile und sogar fünf reguläre farbige Würfel besitzt.
Bemerkenswerterweise hat man in der Spielregel keinen einzigen der lumpigen Themen-Sätze a la „Wir sind Kaufleute in Brügge“ verschwendet. Was wir sind und was wir in dem abstrakten Brett- bzw. konkreten Kartenspiel tun, das darf sich jeder selber ausdenken.

Brugge
Brugge

Im Wesentlichen geht es darum, von zwei offenen Kartenstapeln die richtigen Karten zu ziehen und sie in der richtigen Reihenfolge auf den angebotenen Ablagemöglichkeiten so abzulegen, dass sie optimal eingesetzt sind.

Pro Runde stehen einem Spieler fünf Karten zur Verfügung. Damit bestreitet er die vier Aktionen, die aus dem Ausspielen jeweils einer Karte bestehen. Die letzte Karte bleibt übrig und kann / muss in die nächste Runde übernommen werden.

Die Vorderseite einer Karte zeigt ein Haus in fünf verschiedenen Farben. Wenn wir die Karte mit dieser Seite vor uns auslegen, haben wir ein Haus gebaut. Als Baupreis müssen wir einen Handwerker von der gleichen Farbe wie das Haus abgeben.

Auf den Rückseiten der Karten sind lauter verschiedene Personen abgebildet, mit lauter verschiedenen Eigenschaften, die im weiteren Spielverlauf unsere Züge effizienter machen und mehr Geld und Siegpunkte einbringen. Die Personenseite darf nur auf ein bereits ausliegendes Haus gelegt werden. Zudem kostet das Geld, unterschiedliche Summen, abhängig von der Mächtigkeit der Person. Ein fester Anteil diese Summe wird am Ende allerdings auch in Siegpunkte umgewandelt.

Anstatt ein Haus zu bauen oder es mit einer Person zu besetzten, können wir eine Karte auch einfach auf den Abwurfstapel legen und erhalten damit Handwerker oder Geld, mit denen wir unsere weiteren Züge finanzieren können.

Ein spielerischer Modifier des ganzen Spielverlaufs sind die farbigen Würfel, die pro Runde einmal für alle Spieler geworfen werden. Die Summe der Augenzahlen von Einsern und Zweiern bestimmt den Preis, für den wir im Rathaus um eine Stufe vorwärtskommen. Damit ist während des Spiel kein besonderer Vorteil verbunden; bei Spielende bekommen wir dafür ein paar Siegpunkte.
Alle Würfel mit Fünfern und Sechsern erzeugen bei allen Spielern „Plagendrohungen“. Eine Plage tritt endgültig ein, wenn ein Spieler drei gleichfarbige Plagendrohungen auf seine Seite gebracht hat. Als Plagen sind der Verlust einer Personen, eines Hauses, des gesamten Geldes, aller Handwerker oder von ein paar Siegpunkten vorgesehen. Ärgerlich.

Dass die „richtigen“ Karten angeboten werden, dazu gehört eine Portion Glück. Dass die Würfel auch die richtigen Faktoren liefern, dazu gehört auch Glück. Der Rest ist dann das geschickte Schicksal beim Zopfe fassen.

Interaktion wird klein geschrieben. Lediglich mit ein paar der ausgelegten Personen bzw. derer Karteneigenschaften können wir unsere Mitspieler ärgern: Sie müssen eine Karte ablegen, ein Haus einreißen, eine Person entlassen oder bekommen eine Plagendrohung zugesteckt. Manche mögen’s fies. Es gibt nicht viele dieser Ärgerkarten, doch da sie das einzige Interaktionselement darstellen, kommentiert unser guter Bernd Eisenstein bei BGG wohl mit einer gewissen Berechtigung: „Only for people who have fun destroying other players turns. Some nice elements, but in general this is not a good Feld’ [Autor des Spieles]”.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (angenehme Spiellänge), Günther: 7 (die Interaktion könnte besser sein), Horst: 8 (locker, überschaubar, ausgereiftes Kartenspiel), Walter: 7 (gelungene Mischung aus Glück und Können).

2. “Snowdonia”
Horst hatte seinen Archipelago-Frust von letzte Woche aufgearbeitet und legte unverdrossen ein neues Spiel auf den Tisch. Der „Snowdon“ ist der höchste Berg in Wales und in „Snowdonia“ spielen wir den Bau der Eisenbahnlinie auf seinen Gipfel nach.

Wir

  • räumen das Geröll von der Strecke
  • beschaffen Rohmaterial (Kohle, Sand und Eisen)
  • schmieden Gleisteile und pressen Steine
  • legen Gleise
  • bauen die Stationen aus
  • verschaffen den Säufern im Pub einen geregelten Arbeitsplatz
  • legen uns Bonuskarten zu, mit denen wir während des Spiels eine (für die Mitspieler chaotische) Sonderaktion durchführen dürfen und nach denen die Gesamtleistung unsere Bautätigkeit bei Spielende besonders honoriert wird
Waldorf & Statler bei Snowdonia
Waldorf & Statler bei Snowdonia

Um eine Aktion auszuführen setzen wir einen unsere Pöppel auf ein entsprechendes Aktionsfeld. Die Aktionsfelder können von verschiedenen Spielern, oder auch vom gleichen Spieler mehrfach besetzt werden. Dabei kann jeder Spieler wählen, ob er als Erster, Zweiter oder Dritter die entsprechende Aktion ausführt.

Ein erfolgreiches Vorgehen in „Snowdonia“ erfordert in eine exakte Abstimmung in der Zugreihenfolge. Gleise kann man z.B. nur bauen, wenn auf dem entsprechenden Abschnitt das Geröll vollständig abgeräumt ist. Ist aber das Geröll aber gerade abgeräumt und ein andere Spieler ist am Zug, so kann der den Gleisbau übernehmen (falls er beim benötigten Baumaterial vorgesorgt hat), und man selber schaut in die Röhre.

Ja, neben der eigenen optimalen Reihenfolge-Planung muss es geradezu ein wesentliches Ziel des Spieles (und des Spiel-Spaßes) sein, die Reihenfolge-Planung seiner Mitspieler durcheinander zu bringen. Dadurch wird der Spielablauf, insbesondere nach einer gewissen friedlichen Einschwungphase ziemlich undurchsichtig, eine sichere Spielplanung schwierig bis unmöglich. Fehler verzeiht „Snowdonia“ nicht. Aber vielleicht ist das – in einer gewissen Zocker-Stimmung – auch gut so.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (die planerischen Elemente sind durch zuviel Mitspielerchaos getrübt), Günther: 6 (fast 7, extreme Karten-Effekte; nicht fehlertolerant), Horst: 7 (solide), Walter: 7 (erhebliche aggressive Spieler-Interation – kann man auch mögen).

03.04.2013: Semi-Kooperativ

Das Spielzeug an sich ist Nebensache, die phantasievolle Beschäftigung damit ist alles. (Peter Rosegger)

1. “Archipelago”
Horst war schon wochenlang mit dem Archipel schwanger gegangen und hatte das Spiel Tage vorher schriftlich vorgeschlagen. Bei der Vorbereitung bekam er aber dann aber kalte Füße und fragte sicherheitshalber nochmals nach:

„Beim Durchlesen und bei Rezensionen im Netz stellte ich fest, dass es für die Westpark Gamers eventuell problematisch werden könnte, betreff Spieldauer, Überfrachtung von Elementen, Möglichkeiten der Absprachen und Bestechungen und einem unbefriedigendem Ende. Trotzdem glaube ich, dass es kein schlechtes Spiel ist, aber die Frage ist, tun wir uns das an?“

Neue Spiele, noch dazu von einem Westparker persönlich vorgeschlagen, werden aber immer freudig begrüßt. Horst bekam grünes Licht. Allerdings überlegten wir unverzüglich, wie wir die am Westpark ungeliebten Verhandlungselemente entschärfen können. Sie sind in „Archipelago“ aber so fest in viele Abläufe eingebaut, dass nur die Alternative alles oder nichts praktikabel erschien. Deshalb akzeptierten wir schließlich alles. Nur den „Separatisten“, eine Art Verräter unter den Spielern, der genau dann gewinnt, wenn die semi-kooperativen Bemühungen der Spieler scheitern, ließen wir weg.

Schon 20 Minuten vor Session-Beginn erschien Horst, um das Spiel aufzubauen. Anschließend brauchte er noch geschlagene zwei Stunden für seine wohlvorbereitete Einführung in die Spielregeln. Eine so lange Zeit darf natürlich nicht als Schuld angerechnet werden; dieser Teil des Spiel-Kennenlernens mit neugierigen Vorgriffen und kritischen Rückfragen zum Regelwerk gehört bei uns umbestritten zum Genuss eines Spielabends. (Aaron hatte allerdings im Internet ein Erklär-Video des Verfassers von Archipelago gesehen, wo man innerhalb einer halben Stunden das Spiel erklärt und bereits zwei Runden gespielt hatte. Das war halt der übliche Verkaufstrick einer Demo-Version.)

In Archipelago sind wir Entdeckter und besitzen Bürger, Schiffe und Aktionen, mit denen wir die Spielzüge eines klassischen Workerplacement- und Aufbauspieles durchführen:

  • Wir entdecken, indem wir neue Hexateile aus dem Vorrat an den bereits bekannten Archipel (nach Wikipedia: „Meeresregion mit vielen Inseln“) anlegen. Dafür bekommen wir einen Entdecker-Bonus und landwirtschaftliche Erzeugnisse des neu entdeckten Landes.
  • Wir ernten oder fischen Produkte aus den von uns besetzten Teilen des Archipels
  • Wir handeln, d.h. wir kaufen oder verkaufen ein Produkt auf dem Markt.
  • Wir migrieren zu Fuß und per Schiff in andere Hexateile des Archipels
  • Wir bauen Häfen, Städte, Märkte und Kirchen, die uns Handelsvorteile bringen und uns (als Kirchen, na klar!) gegebenenfalls vor dem Unmut de Eingeborenen schützen.
  • Wir rekrutieren arbeitslose Eingeborene und reihen sie in die Sklavenbelegschaft auf unserem Archipel ein.
  • Wir ziehen Steuern ein , d.h. pressen einfach eine bestimmte Geldsumme aus unserem archipelagischen Besitztum und lassen dafür die Eingeborenen in Rebellionsbereitschaft zurück.
  • Last, but not lease: Wir vermehren uns, “poppen” genannt, wobei diese Aktion – leicht phasenverschoben – durch eine Babyflasche angezeigt wird, wonach gemäß Regelheft aber bereits fertige 15-jährige Bürger auf unserem Archipel erscheinen.

So weit, so gut. Es gibt viele Möglichkeiten, viel zu tun, und dafür bei Spielende nach einer zu 20 Prozent veröffentlichten und zu 80 Prozent geheim (!!!) gehaltenen Skala Siegpunkte einzuheimsen. Ungebremst können wir in der fremden Inselwelt einem rücksichtslosen Ausbeutertum frönen. Soweit ist das Spiel in der Einheitlichkeit seines Themas, in der Vielseitigkeit seiner Ideen und in der Menge und Qualität seiner Ausstattung mindestens 7 Westpark-Gamers-Punkte wert.

Archipelago
Archipelago

Doch um nicht das hunderttausendste Spiel dieser Art auf den Markt zu bringen, baute der Autor noch ein ganz artfremdes Element in den Spielablauf ein; im Regelheft ist es mit den Begriffen „Humanismus“ und „semi-kooperativ“ ausgedrückt und soll die Rücksichtslosigkeit beim Ausbeuten bremsen: Wir werden in bestimmten Spielphasen verpflichtet, etwas für die einheimische Bevölkerung zu tun, damit diese nicht rebelliert. Wir müssen ihr Rohstoffe in den Rachen werfen.

WER muss das tun? Alle Spieler gemeinsam nach einer freiwilligen Einsicht in die Notwendigkeit. Wie diese Freiwilligkeit funktioniert, hat man ja schon bei der Rettung des griechischen Finanzsystems durch die zivilisierte Bankerwelt unserer Tage gesehen. Wieviel besser funktioniert diese Solidarität erst unter den altruistischen Ausbeutern des 17. Jahrhunderts, respektive unter den sieg-geilen Westpark-Gamers des 21. Jahrhunderts! Todsicher!

Wir hatte noch keine halbe Stunde gespielt, Aaron hatte ein paar Entdeckungen gemacht, Günther die erste Stadt gegründet, Horst sich doppelte Erträge beim Fischhandel gesichert und Walter wußte noch nicht, in welche Richtung er seine Ausbeuterschaft wenden sollte. Ausgiebiges Poppen, bevor es in den Kolonialkrieg geht, konnte wohl auch keine schlechte Devise sein. Da wurden alle unvermutet vor die humanistische Aufgabe gestellt, der einheimischen Bevölkerung mit einem Appel und Ei den Revolutionseifer abzukaufen. Walter opferte ein Ei, schließlich hatte er noch genügend, um auch noch eine Stadt zu gründen. Horst hatte kein Ei und passte. Aaron und Günther behaupteten, auch keine Eier zu haben. Oder keine Äpfel. Jedenfalls schnellte das Rebellionspotential der Einheimischen schlagartig über den zulässigen letalen Pegel, und das Spiel war mit einer Niederlage aller Spieler zu Ende.

Zum Wegräumen deckten jetzt Aaron und Günther ihre bis dahin geernteten Produkte hinter dem Sichtbildschirm auf und siehe da: Sie hatten genügend Äppel und Eier, um die ganze Weltbevölkerung zu ernähren. Dass sie mit ihrer Knausrigkeit das Spielende herbeiführten, war ihnen nur halbwegs bewußt gewesen. Aaron hatte das Risiko noch auf Günther abwälzen können, der hatte aber bereits die Lust am linearen, noch stundenlangen Weiterspielen verloren! Vielleicht hätten wir doch den „Separatisten“ als Motivation für mehr Opferbereitschaft im Spiel lassen sollen.

Horst bekam einen Wutanfall. „Das ist der Wahnsinn! Durch reinen Egoismus habt Ihr das Spiel nach 30 Minuten mutwillig beendet. Respektlos! Null-Punkte für die Spielerqualität am Westpark!“ Stundenlang hatte er sich auf dieses Spiel vorbereitet. Jede Minute seiner Mittagspausen hatte er geopfert, um das Spiel zu erforschen. Am liebsten hätte er sich seine Vorbereitungszeit mit 50 Euro pro Stunde durch den – nicht vorhandenen – Etat der Westpark-Gamers vergüten lassen.

Erst als das verdutzte Rest-Trio ihm klarmachte, dass wir offensichtlich ein ganz normales und vorgesehenes Spielende erreicht hatten, dass dies offensichtlich eine Designschwäche des Spiels war, und dass Horst höchstpersönlich durch Verhandlungen – a la „ich spende 5 Florin für ein Ei, wer gibt mir eines für die hungrige Bevölkerung?” – das jähe Spielende hätte hinausschieben können, kam er langsam von seinem Brass herunter.

Die anderen waren – abgesehen von dem tiefen Bedauern für Horsts frustierend belohnte Vorbereitung – mit dem Spielverlauf zufrieden. Sie hatten ein neues Spiel kennenlernen dürfen. Sie hatten mit Lust und Eifer stundenlang über die – an vielen Stellen missdeutig bis schlechten – Spielregeln diskutieren dürfen, und sie hatten den Spielablauf bis zu dem Eindruck praktizieren können, dass jetzt wohl kein neues, bemerkenswertes Steigerungselement mehr auftauchen würde. Wir konnten sogar hinterher noch eine ganze Stunde lang friedlich über die Schwächen des Spiels diskutieren, über das Unding an Startspielerversteigerung (dazu hier jetzt keine Einzelheiten), über das Unausgegorene des verpflichtenden „Humanismus“, über die unglückliche Häufung an unwägbaren Zufallselementen in einem im Prinzip auf geschickte Zieleverfolgung ausgerichteten Planspiels. Walter verstieg sich sogar zu den Behauptung: „Die vielen Verhandlungselemente sind in das Spiel nur eingebaut worden, um die gravierenden Designschwächen zu verbergen.“

Horst konstatierte das „Unwort des Jahres“: semi-kooperativ!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (einfach zu spielen. Zieht sich dahin wie „Monopoly“ mit Geldleihen, Günther: 4 (fand im Spiel keine Lust und keine Lust an einer Spielwiederholung), Horst: (keine Note für die Westparker, keine Perlen vor die Säue), Walter: 2 (zu linear, unstimmig; die Semi-Kooperation ist weder Fisch noch Fleisch.

Bei Boardgame-Geeks gibt es schon eine ganze Reihe positiver und negativer Kommentare zu „Archipelago“. Bemerkenswert: Die guten Kommentare beschränken sich auf wenige Zeilen höchsten Lobes, die schlechten Kommentare bringen ausführliche Begründungen zu ihren Kritikpunkten. Hier dürfte wohl die sachlich zutreffende Feststellung angebracht sein, dass die bösen Kommentare die sachlich zutreffenderen Feststellungen sind.

2. “Sequence”
Nach dem schweren Tobak vom Archipel galt es nur noch, mit leichter Kost den Adreanalinspiegel wieder runter und die Stimmung wieder rauf zu bringen.

Das leichte, partnerschaftliche Kartenspiel „Sequence“ mit einem Spielziel ähnlich wie in Gobang konnte die Wogen einigermaßen glätten. Erst gibt es eine Menge zu denken und zu lavieren, am Ende gewinnt diejenige Partei, die als nächstes vom verdeckten Stapel die Pique-Dame zieht. Oder den Herz-Buben. Aber im Prinzip ist das wurscht.

In unserem Spielbericht vom 27. Juni 2012 steht (geringfügig) mehr darüber.

Keine neue WPG-Wertung für ein im Schnitt 6-Punkt-Spiel.

3. “Love Letter”
Das dünne Kartenspiel wurde in den letzten sechs Monaten bereits vier mal am Westpark aufgelegt. Aber nur, weil Günther es behaarlich protegiert. Und er protegiert es deshalb, weil er in Essen eines der wenigen Exemplare mit einem geilen roten Luxus-Lederbeutel gekauft hat.

Personen aus dem britischen Adel, vom Leibwächter über Priester und König bis zur Prinzessin, kicken sich mit ihren unterschiedlichen Kickfähigkeiten aus dem Spiel. Der niedere Adel kann besser kicken, der höhere Adel gewinnt, wenn er die Kickerei bis zum Verbrauch der 16 Spielkarten überlebt hat. Herzlos, aber nicht ganz schmerzlos.

Keine neue WPG-Wertung für ein 6,2 Punkte-Spiel, wobei sich Horst über seine bereits vergebenen 7 Punkte wunderte.

27.03.2013: Ora et Formica

Zu der Zeit kam eine große Teuerung über das ganze Land. Eine Weile hielt das Volk geduldig aus; als aber kein Ende war, sannen sie darauf, wie sie sich dagegen helfen könnten, und erfanden allerlei Mittel. Und so wurde um diese Zeit das Würfelspiel, das Knöchelspiel, das Ballspiel und alle anderen Arten von Spielen erfunden, mit der Ausnahme des Brettspiels [; denn dessen Erfindung halten sich die Lyder nicht zugute.] Mit diesen Spielen erwehrten sie sich des Hungers, indem sie an einem Tag spielten, um ihre Eßlust vergessen zu machen, am anderen aßen sie aber und ließen das Spiel und erhielten sich auf diese Weise achtzehn Jahre am Leben. (Diese Geschichte ist kein verfrühter Aprilscherz. Herodot, um 450 v. Chr, erzählt sie in seinen Historien, lange bevor der 1. April erfunden wurde.)

1. “Myrmes”

Myrmes: Nach 3 Stunden Spielzeit sind die Vorratsschüsseln alle leer
Myrmes: Nach 3 Stunden Spielzeit sind die Vorratsschüsseln alle leer
Die Humanisten finden im Namen etwas von Achilles und seinem Ameisenvolk, den Myrmidonen. Ystari hat ein „Y“ darin gefunden und das reichte ihm für seine traditionelle Namensgebung. Wir spielen im Ameisen-Millieu und lassen unsere Ammen tanzen. Sie erzeugen Larven, Arbeiter, Soldaten und neue Ammen, graben Ausgänge aus unserem Ameisenhaufen, lassen uns auf der Entwicklungsleiter zu verbesserten Zugoptionen voranschreiten und setzen unser Besitztum in das Gros der zu erzeugenden Punkte um. Die Arbeiter-Ameisen graben die Erde um (zum Einsammeln von Sand, Erde, und Nahrung, aber auch ein paar Siegpunkte können dabei herausspringen), die Soldaten-Ameisen töten herumkrabbelnde Insekten und liefern sie als Nahrung und Siegpunkte nach Hause).
Eigentlich liefern sie die Früchte ihrer Arbeit nicht selber ab: nach jedem Beutemord hauchen sie ihr eigenes Ameisenleben aus. Das Spiel ist ein ständiges Erzeugen und Opfern von Arbeitern und Soldaten, die jeweils nur eine einzige Lebensaufgaben erfüllen, um dann wieder für die nächste Reinkarnation zur Verfügung zu stehen.
Nur die Ammen besitzen ein ewiges Leben. Neue Ammen können aber nicht direkt erzeugt werden, sonst wären die ersten optimalen Spielzüge ziemlich trivial. Man muss den Umweg über Arbeiter und Soldaten und deren Werkeln in der Außenwelt wählen, um sie zu vermehren.
Damit noch etwas mehr Variablität in die große Schöpfung des Ameisendaseins gerät, gibt es Würfel, mit denen die Effekte der einzelnen Spielzüge (Erzeugung neuer Ameisenwesen etc.) verbessert werden können. Die Würfel werden zu Beginn jedes der drei „Spieljahre“ geworfen und gelten für alle Spieler. Allerdings kann jeder Spieler durch Einsatz von Larven das Würfelergebnis zu seinen Gunsten modifizieren. Wenn z.B. für eine Jahreszeit eine Vier gilt, mit der standardmäßig die Bewegungsfreiheit der Arbeiter erweitert wird, kann man ein Larve opfern und damit aus der Vier eine Fünf machen, womit sich bei der Erzeugung von Ameisensoldaten die Geburtenrate erhöht. Da früher oder später im Prinzip reichlich Larven vorhanden sind, werden die Unbilden schlechter Würfel weitgehend eliminiert; dafür werden dadurch die Möglichkeiten planerischen Vorgehens weiterhin erhöht.
Kein Wunder, dass in Essen die Spielergemeine wie paralysiert vor dem Spielbrett saß: Kein Peil für durchschlagend beste nächste Züge. Deshalb verzichtete Aaron vorsichtshalber auf einen Kauf. Günther aber ließ sich nicht abschrecken. Dafür hat schon allein der Name Ystari bei uns einen zu guten Klang.
Günther plädierte in seiner Regel-Einführung für ein „nicht-denkerisches“ Vorgehen, also ein schnelles Spielen aus dem Bauch heraus, um die vielfältigen Mechanismen und Abhängigkeiten des Spiels erst einmal kennen zu lernen. Das erinnerte fatal an die „Haltet den Dieb“-Taktik. Es gibt kaum eine Aufforderung, die bei ihm selbst auf weniger fruchtbaren Boden fällt. Er kann einfach nicht soeben mal seine Ammen auf irgend ein Aktionsfeld setzen. Er muss einfach – mehr oder weniger zwanghaft – ausrechnen, welcher Zug jetzt, gleich und übergleich den besten Ertrag ergibt.
In einer Situation hatte er ganz alleine noch 4 Arbeiter und 4 Soldaten auf seinem Tableau, während für die anderen mit dem Ammenziehen die Spielzüge bereits vorbei waren. Damit durfte er eine halbe Stunde lang (na ja, leicht übertrieben) ganz allein seine Zugoptionen analysieren und bewerten. Weidlich kostete er diese Situation aus. Leider gab es für die anderen weder eine Papstwahl noch ein Spiel der Nationalelf im Fernsehen, um die Wartezeit kurzweilig zu überbrücken.
In diese Szene ist ein sachlicher Fehler eingebaut.
In diese Szene ist ein sachlicher Fehler eingebaut.

Nach 1 ½ Spieljahren schlug Walter vor, die insgesamt 3 Spieljahre auf 2 zu verkürzen. Sein Vorschlag fand aber keine Resonanz. Geschlagene 3 Stunden wollten sich seine Mitameisen weiter durch den Insektenwald schlagen. Brav, linear, gefahrlos, spannungslos.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (viel zu wenig Interaktion, viel zu viel Fummelei, keine wachsende Spannung), Günther: 6 (schweißtreibend, leider nicht sehr locker), Horst: 6 (das Spiel funktioniert, die Mechanismen greifen alle, aber spaßig ist es nicht), Walter: 6 (gewaltige ausbalancierte Konstruktion, aber solitär und wenig spielerisch).

2. “Trans Europa”
Eine gute Stunde bis zum Zapfenstreich, da konnte kein weiteres Hauptprogramm mehr auf den Tisch gebracht werden. Aaron packte sein „Viva Java“ wieder ein. Vor dem abschließenden Bluff-Absacker war noch ein Vor-Absacker angesagt. „Trans Europa“ kam da gerade richtig.
Jeder Spieler zieht 5 Karten mit Namen von 5 Städten irgendwo in Europa und muss sie durch ein reihum Gleisstück für Gleisstück zu legendes gemeinsames Eisenbahnnetz verbinden. Wer zuerst damit fertig ist, hat gewonnen. Zumindest eine Runde. Alle Mitspieler bekommen Strafpunkte für jedes noch fehlende Verbindungsstück. Leicht, locker, konstruktiv, spielerisch.
Aber auch ein bißchen ungerecht. Wessen Städte in allen Ecken Europas verstreut liegen, wie z.B. bei der Kette Madrid-Glasgow-Charkiv-Thessaloniki plus eine weitere Mittelstadt a la Berlin, hat keine Chance, die Runde zu gewinnen. Wer mit mehr zentral gelegenen Städten gesegnet ist, wie z.B. London, Malmö, Vilnius und Florenz, der tut sich damit wesentlich leichter. Wie könnte man dieser Ungerechtigkeit des Schicksals begegnen? Mehrere Lösungsvorschläge wurden diskutiert:

  • Jeder zieht ein paar mehr Karten und darf sich daraus die besten auswählen. Nicht absolut gerecht aber deutlich gerechter als die starre Zuordnung gemäß Regelheft.
  • Jeder darf eine Anzahl “schlechter” Städte zurückgeben, ggf. gegen Strafpunkte, und sie durch neue Karten zu ersetzen
  • Alle Städekarten werden nicht blind gezogen, sondern öffentlich versteigert. (Unsinn! Damit wäre der ganze psychologische Reiz des Geheimhaltens der eigenen Zielstädte dahin.

Nun ja, Gerechtigkeit ist nicht alles. Auf Dauer gleichen sich Vor- und Nachteile bei der Städteverteilung wohl aus. Man muss nur lang genug spielen. Allerdings sorgte heute Horst dafür, dass noch nicht einmal jeder Spieler wenigstens einmal Startspieler wurde.
Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte-Spiel.

3. “Bluff”
Aaron konnte ein 2:3-Endspiel gegen Walter für sich entscheiden.
Im ersten Durchgang hatte er die 1-mal-Vier-Standard-Eröffnung auf 2 mal die Zwei gehoben. Was sollte Walter jetzt mit einer Zwei, Fünf und einem Stern unter dem Becher bieten? Seine Erhöhung auf 2 mal Stern war falsch! Schon von der – post mortem – Theorie her. 4 mal die Zwei wäre es gewesen.
Im zweiten Durchgang ging die Steigerung 1 mal Drei (Aaron), 1 mal Fünf, 2 mal Drei , 2 mal Fünf. Aaron gewann mit 3 mal die Fünf! Was hatte beide wohl unter ihren Bechern?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

13.03.2013: Habemus Papam

Das Ergebnis der heutigen Papstwahl wurde per Internet-Nachrichten zwischen Würfeln und Setzen genauso intensiv verfolgt wie das anschließende Spiel des FC Bayern. Wir wünschen dem neuen Papst Franziskus I ein erfolgreiches Wirken auf dem Weg der Liebe und der Brüderlichkeit.
Und wenn sein Vorgänger Benedikt XVI sich auf seine alten Tage einmal langweilen sollte, dann kann er ruhig am Westpark vorbeikommen. Für ihn würden wir sogar einen Extra-Spieltisch aufmachen.

1. “Lords of Waterdeep”
Ein martialisches Titelbild mit Rittern und Ritterinnen von eisener Faust und Busen. Moritz kannte sogar die Geschichte, die dahintersteckt, denn „Waterdeep“ ist eine richtige imaginäre Stadt aus einem richtigen Fantasy-Roman. Auf dem Spielplan ist sie abgebildet. Allerdings ist dies das einzige Element, das vom Thema herüberkommt. Ansonsten ist vom Spielmaterial bis zum Spielablauf und der Punktwertung am Ende alles höchst abstrakt.

Lords of Waterdeep
Lords of Waterdeep

In einem reinrassigen Workerplacement-Spiel setzen wir unsere Pöppel auf den verschiedenen Arbeitsplätzen ein und streichen die Früchte ihres dort Herumstehens ein:

  • Pappgeld
  • Holzwürfel, „Adventurers“ genannt, die, auch wenn sie Phantasie-Namen wie „Clerc“, „Fighter“, „Rogue“ und „Wizard“ tragen, doch nur schlichte einfarbige weiße, schwarze, braune und lila Holzwürfel sind.
  • Bonuskarten, „Quests“ genannt, die wir nach der Inbesitznahme noch mit Geld und Holzwürfeln einlösen müssen, und für die wir dann kleine Spielvorteile und große Siegpunkte bekommen.
  • “Intrigen-Karten“, die dem Besitzer meist ein bißchen Geld und/oder Holzwürfel einbringen, und allen anderen eben diese Materialien wegnehmen.
  • Gebäude, die wie neu geschaffene Arbeitsplätte wirken, und nach Art von „Caylus“ (Moritz erwähnte öfters die Ähnlichkeit dieses Elements mit dem große französischen Spiel) sowohl dem dort plazierten Arbeiter als auch dem Gebäudebesitzer Geld, Holzwürfel und/oder Siegpunkte einbringen.

Friedlich und konstruktiv bastelte jeder an seinen Siegpunkten. Auch ein bißchen gleichförmig. Die Konkurrenz an den verschiedenen Arbeitsplätzen hält sich in Grenzen. Zu viele Wege führen nach Waterdeep. Walter bekam die Larissa Neathal als Charakter zugeschustert, die ihm in der Schußwertung pro Gebäude 6 Siegpunkte garantierte; zudem wurde er auch noch als Startspieler ausgelost, so dass ihm die Gebäude praktisch in den Schoß fielen. Mit 42 Larissa-Punkten war ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen. Auch nicht von Brianne Byndraeth Moritz, der sich mit seinen Arcana-Quests eine hübsche Reihe aufeinander aufbauender Vorteile verschaffen konnte.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (nicht wirklich ausbalanziert, insbesondere bei den kumulativen Effekten), Horst: 7 (hat Spaß gemacht), Moritz: 7 (nett; der Spaß liegt in den kumulativen Effekten), Walter: 6 (rund, aber flach).

2. “Il Vecchio”
Diesmal sind wir in Florenz und der „Vecchio“ (sprich Wekkio) ist der alte Cosimo von Medici. Er hat sich aber schon längst zurückgezogen und uns das Feld um die Siegpunkte in Florenz, Mailand, Vendig und den Kirchenstaat überlassen.
Mit unseren Pöppeln laufen wir in den umliegenden Toskana-Städtchen umher, streichen dort Geld, Gefolgsmänner und Kampfutensilien ein, und betreten hin und wieder eine der Hauptstädte, um dort Ämter, Würden und Siegpunkte zu kaufen.
Neben den üblichen Workerplacement-Aktionen

  • können wir Runde für Runde unsere Belegschaft erhöhen
  • müssen wir unsere Belegschaft periodisch aufwecken, weil sie nach getaner Arbeit regelmäßig einschläft
  • ist eine gewisse Transport-Optimierung angesagt, denn wir müssen für die Wegstrecken, die unsere Arbeitskräfte zurücklegen, Geld bezahlen
  • können wir uns Zaubermittel zulegen, um das Einschlafen einzelner Subjekte zu verhinderten und das Weggeld zu ersparen

Bemerkenswert sind die beweglichen Arbeitsplätze: sie liegen geographisch nicht fest an Ort und Stelle, sondern sie kreisen im Uhrzeigersinn durch die Toskana. Um jetzt z.B. an das Objekt „Schriftrolle“ heranzukommen, das ich für einen Sitz im Florentiner Rathaus benötige, kann ich meinen Pöppel zum entsprechenden Arbeitsplatz transportieren (kostenpflichtig), ich kann aber auch in San Gimignano warten, bis der Arbeitsplatz dort wieder vorbeigerollt kommt (kostenlos).
Als strategische „Schienen“ gibt es die Alternativen: Zuerst die Belegschaft auf das Maximum zu bringen, um später mit einem einzigen Weckvorgang gleich alle eingeschlafenen Gefolgsleute auf einmal zu wecken, oder unverzüglich zu Ämtern und Würden zu streben, weil die ersten Ämter die billigsten sind, am meisten Siegpunkte einbringen, und auch noch gewisse Vorteile für das laufenden Spiel gewähren.
Moritz konnte mit dem frühen Vogel den Wurm fangen (und fressen).
WPG-Wertung: Aaron: 5 (ziemlich autistisch), Horst: 5 (hatte optische Probleme, fand die symbolischen Darstellungen „nervtötend“), Moritz: 6 (das Spiel ist rund und überlegt, enthält aber wenig Spannung), Walter: 6 (funktioniert flüssig, doch keine Dynamik).
Oh Gott, schon wieder ein Spiel von unserem geschätzten Rüdiger Dorn, das nur im Westpark-Mittelfeld gelandet ist. Mach’ Dir nichts draus, lieber Rüdiger. Vielleicht sind wir von dieser Spielkost einfach überfüttert.

3. “Zombie Würfel”
Zur Auflockerung schlug Horst jetzt einen No-Brainer vor. Auf Grund von launigen Kommentaren im Internet hatte er sich die „Zombie-Würfel“ über Amazon zugelegt.
Wir würfeln mit Hexawürfeln, auf denen die Symbole Gehirn, Knall und Fußspuren abgebildet sind. Unterschiedlich oft pro Würfel. 17 Würfel stehen insgesamt zur Verfügung, mit jeweils drei Würfeln wird gewürfelt. Gute Würfel (Gehirne) und schlechte Würfel (Knall) werden herausgelegt und die Wurfhand zum Weiterwürfeln wieder auf drei ergänzt.
Hat jemand insgesamt mindestens drei Knaller herauslegen müssen, so ist sein Wurf nichts wert; verzichtet der Spieler schon vorher aufs Weiterwürfeln, so werden ihm die bis dahin herausgelegten Gehirne als Pluspunkte angeschrieben.
Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor? Eine der vielen hundertausend Spielerfindungen, die bei Spieleverlagen alljährlich eingereicht werden, und die meist nicht einmal ein einzigen Schritt weit durchs Gartentürchen schaffen. Pegasus war da im Abweisen offensichtlich nicht so hartnäckig. Vielleicht wollten sie schlichwegs auch nur etwas Hirnmasse mampfen.
WPG-Wertung: Aaron: keine Wertung, Horst: 4, Moritz: 2 (es gibt tausend bessere gleichgelagerte Würfelspiele), Walter: 2 (ein Gehirn macht noch keinen Schmalz).

4. “Diggers”
Aaron hat in seiner aktuellen Eigenentwicklung eine neue Idee gefunden, wie das Alterungsprinzip eleganter zu handhaben ist. Hat prima funktioniert und allseitig Lob gefunden.
Horst als Neuling fand das Spiel „cool“. Moritz lobte: „Es gibt nichts, was man daran ändern müßte.
Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.