Thomas der Jüngere ist wieder in unsere Reihen zurückgekehrt. Lange Zeit hat er sich an den prallen Brüsten der nährenden Mutter festgesogen, jetzt muß er selber Milch geben, und das kostet offensichtlich weniger Zeit und Energie als das Einsaugen. Er findet wieder Muße zum Spielen.
Die Halbfinal-Begegnung zwischen Deutschland und der Türkei hatte unsere Reihen gelichtet und so kam der Rückkehrer gerade richtig, einen neuen Kampfabend mit “Friedrich” zu komplettieren.
1. “Friedrich”
Thomas kannte das Spiel noch nicht, hatte sich aber schon im Internet mit den verschiedenen Rezensionen und Kommentaren beschäftigt. Er wußte sogar, daß in den letzten beiden Jahren jeweils Friedrich-Weltmeisterschaften ausgetragen worden waren, und daß dabei jedesmal die Preußen gewonnen hatten.
Aaron durfte diesmal die Preußen spielen. In meinen Augen ist es ein “dürfen”, denn der Preußenspieler hat das ganze Spiel über die größten Spielanteile. Hinterher war Aaron damit gar nicht so glücklich geworden, denn die preußischen Gegner haben alle ein klares Kriegsziel vor Augen, dem man Schritt für Schritt näher kommen kann, die Preußen können nur lavieren und taktieren, um bei allen anderen das Erreichen des Kriegszieles zu verhindern. Eine deutlich weniger klare Aufgabenstellung.
Walter übernahm die Österreicher, immerhin die zweitstärkste Militärmacht und Thomas bekam das Ränder-Trio Frankreich, Rußland und Schweden.
Als alter Kriegsspieler trieb Thomas seine russischen Generäle gleich an alle Fronten. Nach zwei, drei Runden tummelten sie sich schon bei den blonden Schwedinnen. Doch ihre ureigenste Hausaufgabe hatten sie nicht gelöst: die preußischen Stellungen im äußersten Nordosten hatten sie nicht eingenommen. General Lehwaldt konnte hier die preußischen Städte über viele Runden hin halten, verteidigen oder zurückerobern. Mit einem einzigen General war die gesamte preußische Ostfront stabilisiert. Als Klose das 2:1 für die Deutschen köpfelte, verlor Rußland bei Stettin gerade eine ganze Schlacht und drei Armeen. Die russischen Generäle, die in Schweden das süße Leben kennengelernt hatten, kehrten nicht mehr lebend auf die Schlachtfelder zurück.
Aaron zog die Hannoveraner zurück bis an Nord- und Ostsee und setzte gegen die Franzosen lieber seine mächtigen Preußen ein. Ein guter Schachzug; damit gewann er weitaus mehr Flexibilität an der Westfront und konnte dosiert auf den französischen Vormarsch reagieren. Die a priori schwach ausgestatteten Hannoveraner hatten ihrerseits keine Schwierigkeiten die ebenfalls schwachen Schweden im Zaum zu halten. Die Schweden verloren auch als erste die Lust an weiteren Kampfhandlungen. Ziemlich zeitgleich mit Lahm’s wunderschönem Siegestreffer zogen sie sich vollständig aus dem Schlachtengetümmel zurück.
Walter hatte seine Österreicher sehr zurückhaltend eingesetzt. Sollte das Abwarten für die Alliierten nicht von Vorteil sein? Die Preußen ziehen neun Kampfkarten pro Runde, die Alliierten dagegen elf, also zwei mehr. Das muß das Zünglein an der Waage auf Dauer doch zugunsten der Alliierten ausschlagen lassen. Preußens Taktik muß es doch sein, durch kurze, gezielte, überlegene Scharmützel die Kampfkraft der Gegner zu schwächen. Oder täusche ich mich da? Wir haben dieses Hypothese bis zum Spielende kontrovers diskutiert.
Thomas ließ nicht nur als Russe die Ostpreußen überleben, er ließ sich als Franzose auch viel zu lange von den Hannoveranern in die Suppe spucken. Cumberland und Ferdinand von Braunschweig ritten immer noch lustig über die Lüneburger Heide, als Ballack und Schweinsteiger schon längst wieder frisch gewaschen und gestriegelt aus der Kabine kamen. Vielleicht lag das allerdings auch an Aaron’s vorzüglichem preußisch-hannoveraner Rochieren.
Aaron ließ auch die beiden preußischen Generäle Keith und Seydlitz nahezu bewegungslos als drohende Wacht an der Neiße zurück, und Walter fand mit seinen Österreichern lange kein Mittel, die notwendigen Städteeroberungen in Oberschlesien anzugehen. Das Schicksal hatte ihm zu viele Herzkarten und zu wenig Kreuzkarten in die Hand gegeben. Schließlich vereinigte er die 24 Armeen von drei Generälen zu einem einzigen Armeecorps und versuchte mit einer längerfristigen Ermüdungsschlacht die Preußen zu vertreiben. Doch dann verlor er die Geduld, setzte alles auf eine Karte und focht in einer Schlacht den Kreuzkampf bis zur bitteren Neige aus. Wie im richtigen Leuthen zogen die Österreicher trotz materieller Überlegenheit den Kürzeren. Ihre 24 Armeen wurde bis fast in die Ukrainischen Steppen vertrieben; sie fanden keinen Anschluß mehr an ihren Troß und mußten elendiglich verhungern.
Inzwischen hatte Beckenbauer die ZDF-Rabauken Kerner, Klop und Meier mit Lob überschüttet und die Lichter auf der Bregenzer Seebühne waren ausgegangen. Österreich hatte sich praktisch verabschiedet, die Entscheidung konnte nur noch zwischen Franzosen, Rheinarmee und Preußen fallen. Es war abzusehen, daß dies noch ein langes, zähes Ringen werden konnte. Unser Maxvorstädter wäre schon seit 2 Stunden mit der letzten U-Bahn nach Hause gefahren. Aaron räumte freiwillig Magdeburg und Halberstadt, um den Franzosen den Weg in die letzten beiden Siegstädte zu öffnen. Doch Thomas wollte sich nicht so einfach zum Sieger küren lassen. Wir brachen ab.
Fünf Stunden Kriegsspiel, fünf Stunden hartes Ringen, aber zugleich fünf Stunden spannendes Spiel um Geschichte und Geschichten war zu Ende.
Thomas drückte die WPG-Wertung durch vorläufige 7-Punkte um einen zehntel Punkt nach unten.
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17.06.2008: Senjische Samurais auf Bacchusschen Banquet
Aaron hat mal wieder an unserer Homepage-Oberfläche herumgebastelt. Jetzt kann man darauf Spiele für eine x-beliebige Spielerzahl suchen und gleichzeitig dabei noch die Auswahl danach sortieren, wie einem (oder beliebig vielen) Mitspielern der Westpark-Gamers das Spiel gefallen hat.
Geschlagene 57 Mails haben wir in den letzten drei Tagen hin und her geschickt, um den letzten Schliff an der Oberfläche anzubringen. Allein die Frage, ob man nur für eine feste Mitspieleranzahl oder aber auch für einen variablen Bereich von Mitspielern die Spielliste abfragen können soll, hat die verschiedenen Ansichten ganz schön aufeinanderprallen lassen. Und was soll z.B. bei “4-5” Spielern ausgegeben werden? Spiele, die man AUCH mit 6 oder mehr Spielern spielen kann UND Spiele, die man nur für maximal 4 Spielern gehen? Frage über Fragen und Lösung über Lösungen. Noch herrscht kein einheitliches Meinungsbild, aber Aaron wird’s schon richten.
Um bei der Ausgabe der Spiele mehr über den Charakter eines Spiels zu erfahren, muß man nur wissen, welche Vorlieben wir WPG-Kritiker haben, und schon erhält man für jede Spielerzahl gleich eine ganze Latte von Spielen, die der gewünschten Eigenschaft entsprechen sollten.
Das Problem dabei ist natürlich, daß die Außenwelt unsere Vorlieben nicht so genau kennt und mit der Aussage, daß z.B. Moritz einem bestimmten Spiel außerordentlich gute Noten vergeben hat, nicht viel anfangen kann. (Bei Moritz sowieso nicht!)
Hier mal, ohne Gewähr, ein erster Versuch, unseren Vorlieben zu klassifizieren:
Aaron mag Spiele, “über die man spricht”.
Andrea mag Chaos- und Nightmare-Spiele.
Günther mag Spiele, die man SPIELT.
Hans mag Spiele, die man denkt.
Walter mag Spiele, die man plant.
Peter mag Diplomatiespiele.
Loredana mag alle Spiele ihres Peters.
Moritz mag Würfelkampfspiele mit Hintergrund.
Natürlich sind nicht alle Spiele der Welt in unserer Datenbank enthalten, sondern nur solche, die wir selber bewertet haben. Immerhin sind das nach heutiger Zählung schon 500 Stück!
Wenn “ihr” also z.B. wissen wollt, welches Spiel sowohl dem Würflkampf-Charakter als auch einem Strategie-Charakter am nahesten kommt, dann landet ihr bei
jawohl “Junta”. Wenn ihr den Normalo-Kern Aaron, Günther und Walter nach ihrem Lieblingsspiel abklopft, dann landet ihr
na klar, bei unserem historischen Untertitel: “1830”. And more.
Moritz hat der Euphorie über dieses unser Angebot gerade einen Dämpfer versetzt. Bei Boardgame-Geek gibt es schon lange eine Oberfläche, über die man sich Spiele nach den verschiedensten Selektionskriterien herausfiltern kann. Hundert mal mehr Kriterien als bei uns, und das für zwanzig mal mehr Spiele.
Für uns selbst bleibt bei unserer Lösung gegenüber Boardgame-Geek nur der Vorteil:
1) Kennen wir die Spiele
2) Haben wir sie im Keller oder unter dem Sofa griffbereit.
Wie es hier die Non-Westparker halten, das darf zum Glück jeder für sich entscheiden.
1. “Senji”
Für Moritz war es neu, Günther biß in den sauren Apfel, Aaron und Walter wollten dem Spiel noch eine zweite Chance geben, Mit ungewöhnlich intelligenten und sensiblen Strategieabsprachen, mit wohldosiertem Militarismus wollten sie prüfen, ob das Spiel noch zu retten wäre.
Unserem Warrior Moritz konnte Aaron binnen 10 Minuten die Regeln erklären. Moritz vermißte gleich ein paar neutrale Aufmarschgebiete, damit die Kriegshandlungen nicht gleich so unvermittelt losbrechen konnten und man auch noch Chancen für Drohgebärden hatte. Gab es nicht! Alles geht ansatzlos in den Krieg über.
Moritz behielt sich in der Startaufstellung einen Samurai, der ihm erlaubte, mit einen beliebigen Spieler verdeckt eine Handelskarte zu tauschen. “To exchange” heißt es in der Spielregel. Heißt das jetzt “blind ziehen” oder “sehend austauschen”. Moritz war natürlich für die zweite Interpretation, doch Aaron verteidigte vehement Bruno Cathalas “gutes Englisch”, es muß “blind” heißen. Moritz durfte seinen Start-Samurai nochmals gegen einen besseren umtauschen.
Walter suchte zu Beginn in Moritz einen bekanntermaßen erfahrenen Kampfgenossen, doch der zögerte noch. Im Gegensatz zu Günther, der unverzüglich auf das Angebot einging. Sie teilten gegenseitig Geiseln aus, um ihr Militärbündnis zu unterstreichen, und gaben sich noch zusätzlich jeweils fünf blinde Diplomatenkarten, mit denen sie sich pro Runde fünf Siegpunkte zuschustern konnten. Fragwürdiges Spieldesign!
Walter spielte trotz verbalem Säbelrassen absolut friedlich. Er erwarb sich ausschließlich punkteträchtige Handelskarten, während Günther die vermutete Aufrüstung betrieb. Moritz und Aaron war eigentlich die Lämmerrolle zugedacht, doch das war die Rechnung ohne der Wirt gemacht. Sie wollten sich keinesfalls abschlachten lassen und rüsteten ebenfalls ganz gezielt auf. Und als Walter in der zweiten Runde immer noch ausschließlich auf Handelskarten spekulierte, fiel Moritz in gewohnter Krieger-Routine über ihn her und murkste ihn samt Kind und Kegel ab.
Das war für ihn ein entscheidender Vorteil. Er suchte mit seiner gewachsenen Potenz auch gleich neue Partner. Aber Günther ließ ihn konsequent abblitzen. Moritz war konsterniert: “Aber hallo, wie spielt ihr denn das Spiel!” Unser 3-Punkte-Mäzen ließ sich nicht erweichen: “Das kann man gar nicht vernünftig spielen”!
Walter stand bereits mit dem Rücken zu Wand, als er seine Resttruppen in ein Scharmützel gegen Aaron warf. Der Würfel war ihm hold und er konnte glückliche 12 Siegpunkte einstreichen. Zusammen mit allen sonstwie noch zusammenkratzbaren Siegpunkten brachte er es auf 62 Stück und läutete damit die Endrunde ein.
Moritz zog noch an ihm vorbei und unterstrich damit sein Warrior-Talent. Seine frühe Eroberung hatte ihm geholfen, aber zum Planen und Ausführen dieses Vorgehens gehört halt doch auch ein Quentchen Erfahrung. Trotz seines Sieges qualifizierte er das Spiel als “komplett broken” ab. Die Quartett-Sammelkarten sind bekloppt und die Samurais haben Eigenschaften, die man nie nutzt. Das Spiel weiß nicht, was es ist, Fisch oder Fleisch, Handel oder Krieg. Am Ende gewinnt der Würfel oder das Kartenglück. Unsere einzige Hoffnung, eine funktionierende Diplomatiephase, löste sich in Nichts auf.
WPG-Wertung: Aaron: 3 (2 Punkte weniger), Günther: 3 (konstant), Moritz: 2 (Sieger und Warrior!), Walter: 4 (konstant)
Walter hat schon eine Rezension geschrieben.
2. “Zug um Zug”
In einer Dreierrunde hatten wir es schon einmal angespielt, jetzt sollte es in einer Viererrunde seine Nageprobe bestehen.
Wie beim Brettspiel gibt es Eisenbahnkarten, die man sammelt, um damit ausgewählte Strecken abzudecken. Zu viert geht das Spiel über zwei Runden; nach der ersten Runde darf man seine Hand- und Steckenkarten behalten, muß aber die offene Kartenauslage und alle nicht genutzten Stapelkarten abgeben. Da muß man eine ganz andere Kartenpflege anwenden als in einer 3er Runde. Eine reichliche Kartenauslage zur Halbzeit ist rausgeschmissenes Kapital.
Wenn allerdings alle Spieler in der ersten Runde mit der Streckenumsetzung knausern, gibt es wenig Material für die zweite Runde und diese ist entsprechend schnell zu Ende. Dann bleibt jeder auf seiner Kartenhand sitzen.
Aaron gewann mit einem Riesenvorsprung und ließ verlauten, daß er “gut” gespielt habe. Walter bestritt das “gut”, er hätte das eher einem gewissen Zufallseffekt zuzuschreiben. Aaron konterte: “Dann lag das an euerer Dummheit.” Lassen wir es offen.
In jedem Fall bleibt festzuhalten, daß das große Brettspiel “Zug um Zug”, glänzendes Spiel des Jahres 2004, für seinen kleinen Bruder nicht viel Glanz übrig gelassen hat. Das entscheidende Element Spannung ist dahin und hat einem bißchen Chaos den Platz freigemacht. War unser Ergebnis vielleicht doch nur Aaron’s Glück?
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 5, Moritz: 6, Walter: 6
3. “Bacchus Banquet”
Die Spieler bekommen eine zufällige Rolle aus dem claudischen Kaiserhaus zugeteilt und müssen durch Fressen, Saufen, Singen und Morden je eine individuelle Siegbedingung erfüllen.
Auf einer offenen Auslage liegen sieben Karten mit Essen, Trinken, einem Dolch oder sonstige Utensilien, die einen Caligula, Cassius, Claudius oder Vespasian glücklich machen. Zum Spielablauf nimmt der Aktionsspieler drei der sieben Karten auf die Hand, behält verdeckt eine davon (Keep-Karte), schenkt verdeckt eine einem Mitspieler seiner Wahl (Gift-Karte) und wirft die dritte verdeckt auf den Ablagestapel (Discard-Karte).
Der beschenkte Mitspieler darf die Gift-Karte ohne anzusehen ablehnen und weitergeben. Wenn sie keiner haben will, muß sie der Startspieler wieder zurücknehmen. Jeder legt die erhaltenen Karten offen vor sich hin und hofft, so allmählich die benötigte Sammlung zusammen zu bekommen.
Für Essen und Trinken gibt es Minuspunkte und wer zuviel davon hat, stirbt und kommt mit Null-Besitztum als neuer Römer wieder ins Spiel.
Wer eine Gift-Karte angenommen hat, wird neuer Aktionsspieler. Die nicht involvierten Spieler schauen in die Röhre. Damit man aber nicht bis zum Schluß vom pulsierenden Leben ausgeschlossen bleibt, hat jeder noch eine Sonderkarte, mit der er das Gift zwangsweise an sich reißen oder sonstige Unberechenbarkeiten anstellen kann. Und wer mit seinem Kartenerwerb ganz in Rückstand gerät, darf sich auch regelrecht vordrängeln. Aber alles ein bißchen unbefriedigend. (Für mich.)
Ich war Vespasian und mußte für meinen Sieg fünf Tellergerichte verspeisen, ohne dabei zu platzen. Endlich mal als Aktionsspieler an der Reihe nahm ich ein 3er Essen, eine 2er Abnahmekarte und eine 6er Gift (Poison!)-Karte auf die Hand. Das Poison war zur Abschreckung, ich legte es auf den Ablagestapel und hoffte, auf meinen beiden Essenkarten sitzen zu bleiben und damit ohne Gewichtszunahme dem Ziel einen Schritt näher zu kommen. Am Ende vertauschte Moritz mit seiner Sondereigenschaft die Discard-Karte mit meiner Keep-Karte, ich bekam gar kein Essen sondern nur die 6 Poison-Punkte, die meinen ersten (oder zweiten) Tod bedeuteten. Dumm gelaufen? Nein, ganz normales Dödeln. Mehr liegt im BB nicht drin. Man muß nur dazu aufgelegt sein.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther: 6, Moritz: 8, Walter: 3 (nix, to have a plan)
Moritz redete wegen der mageren Wertungsnote auf Walter ein wie ein Bauer auf seine kranke Kuh. Doch der ließ sich nicht umstimmen. Allgemeine Schlußfolgerung: Er hat es immer noch nicht verstanden. (Wer?)
4. “Bluff”
Walters einleitende Bemerkung “wenigstens ein gutes Spiel pro Abend” war schon ein bißchen provokativ.
Seit langem mal wieder gab es ein Endspiel von drei Spieler mit je einem Würfel. Moritz kickte sich mit einer 1 mal Fünf-Vorgabe selbst aus dem Rennen.
Jetzt ging unser Immer-5-Stratege Günther mit einer 1-mal-die-Vier-Vorgabe ins Rennen. Walter hatte eine Zwei und versuchte es mit 2 mal die Zwei. Natürlich vergeblich, denn Günther konnte dies mit seiner Vier unter dem Becher leicht anzweifeln.
Post mortem gab es von allen Seiten Vorschläge, was Walter hätte besser machen können: 1 mal die Fünf, 1 mal der Stern, 2 mal die Vier. Doch wenn selbst der Immer-5-Stratege mit 1-mal-die-Vier anfängt, dann muß das wohl eine Vorgabe sein, gegen die kein Kraut gewachsen ist.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
11.06.2008: Gewöhnliche Bestechlichkeit
Der heutige Viererabend war als Verifikation unserer ausgedehnten Diskussionen über die Wölfe und Schafe in “Senji” geplant, doch dann mußte Moritz kurzfristig seinen Milo hüten. Vielleicht wollte er auch nur in Ruhe die Griechen verlieren und die Türken gewinnen sehen, eine Szenerie, die bei uns selbst dann nicht so wichtig genommen wird, wenn die Deutschen am Ball sind.
Loredana & Peter sprangen trotz der Trieb’schen Lockangebote nach Milbertshofen unverzüglich ein und ergänzten das Rumpftrio zu einer Quintett. Aber nur unter der Voraussetzung, daß wir bewährte, gute Spiele spielen würden. Mindestens eines dieser Attribute trifft für “Senji” in unserem Kreis nicht zu.
Peter brachte vorsorglich eine passende Spielauswahl mit. Und damit es erst gar nicht zu einer Abstimmung über die zu spielenden Spiele kommt, brachte er als Bestechung dem Hausherrn gleich drei bemerkenswerte Geschenke mit:
1) eine Flasche seines Hausweins
2) einen geilen nicht-tropfenden Weinausgießer (eine Silberscheibe, die man halbwegs in den Flaschenhals hineinstopft)
3) ein “Zoff im Zoo”, das als weiteres Absackerspiel am Westpark stationiert bleiben soll.
Walter hatte schon ein besonderes Tröpfchen aus seinem Weinkeller vorbereitet: Einen Saint-Emilion Grand Cru, Jahrgang 2003. Etwas jung, aber er bekam natürlich den Vorrang vor dem Hauswein. (Keine Angst, wir sind keine Krösusse, dieser Wein ist gerade weltweit im Angebot.)
1. “Canyon”
Ein zehn Jahre altes Spiel, vom Abacus-Willi mit den besten Empfehlungen bei uns eingeführt. Erstaunlich, wie wenig man von der Spielregeln eines ehemaligen Favoriten behält. Es lag garantiert nicht am Wein, eher am Alter (nicht von dem des Weines). Der Wein machte uns eher enthemmt. Blitzschnell gerieten wir in eine Dödelstimmung, die auch vor Verbalinjurien nicht haltmachte. Peter übernahm die Regelwiederholung, und befahl Loredana das Mischen der Karten. Bei ihrer ersten Regelnachfrage kam gleich die harsche Aufforderung: “Misch Du mal weiter!”, von Aaron (!) ergänzt: “Halt’s Maul und misch weiter!”
Hinter der Mischerin Loredana erklärte sich Peter zum Startspieler. Walter hielt das für eine Moritz’sche Trickserei, doch Peter konnte schwarz auf weiß im Regelheft nachweisen, daß der Startspieler links vom Kartengeber sitzt. Günther wendete noch ein, daß Karten-Mischen und Karten-Verteilen nicht das gleiche bedeuten, doch das – und manches mehr – wurde als Günnikologie abgetan.
Jeder Spieler bekommt wie beim Tarock eine bestimmte Anzahl von Karten und muß schätzen, wie viele stinknormale Stiche er damit macht. Pro gemachtem Stich darf man mit seinem Pöppel ein Feld in Richtung Ziel rücken. Zusätzlich noch ein paar Felder für das Raten der richtige Stich-Anzahl. Das Gute am Spiel ist, daß die letzten 20% der Zielstrecke ein deutlich schwierigeres Pflaster sind, und man demnach 80% der Spielzeit das richtige Schätzen und das optimale Umgehen mit den weiteren Spielelemente üben kann, bevor es ins Eingemachte geht.
Eine wirklich gelungene Expansion von “Canyon” sind die Indianer, die einem das Fortkommen auf der Zielstrecke erleichtern. Einer gewährt eine Toleranz beim Stiche-Raten, einer anderer erlaubt einmal das Nicht-Farbe-Bedienen, der dritte hilft Mitspieler zu überspringen und mit dem vierten kann man einen Mitspieler aus dem Weg schubsen. Der Schubser-Indianer heißt “Pushing Bull”. Nach einer Flasche St. Emilion fand jeder dafür eine andere Übersetzung. Alle die gleiche.
Peter kannte die richtigen Indianer-Prioritäten. “Bumsen ist besser als Springen”. Aaron meinte, das gelte erst ab einem gewissen Alter. (Vom St. Emilion?) Gibt es dazu keine glückliche Kombination? Bis zu einem gewissen Alter?
Als Peter gegen Aaron den Pusher in Anspruch nahm, entwickelte sich folgender Dialog: “Was machst Du denn da?” “Ich bumse Dich!” “Du Sau”. Ist hier noch offen, wer welchen Part gespielt hat? Es kam zumindest genauso lyrisch heraus wie die Florentiner Elegie von Oscar Wilde. Der passive Part konnte am Ende noch ergänzen: “Wenn der mich bumst, dann darf ich nachher noch einmal auf ihn drauf!” Wo er recht hat, hat er recht.
Walter hatte seine gewöhnlichen Schwierigkeiten mit dem Merken der Spielregeln. Wie geht die Zugreihenfolge, wer darf sich zuerst seinen Indianer auswählen, welche Bonusse werden wie fällig? Und dergleichen! Aaron blieb ganz geduldig! Ganz im Gegenteil zum aufbrausenden Moritz (“Das habe ich doch gerade vorhin erklärt!”) entschuldigte er Peters Vergeßlichkeit, die Regel zu erklären. Und sogar Peter sagte ganz sanft: “Erklär’ ihm BITTE die Regel!” Macht St. Emilion etwa lammfromm?
Es ging auf die zweite Flasche zu. Diesmal vom Jahrgang 2005. Walter benutzte zum Öffnen einen geilen Korkenzieher vom Juliusspital Würzburg. Aber er kam mit dem Mechanismus nicht zurecht. Aaron kannte sich da besser aus: “Entweder bist Du noch nicht richtig drin oder
”. Beide Alternativen waren jedermann genauso klar und vertraut wie der St. Emilioner Grand Cru. Peter übernahm das Szepter. “Ich bin ein großer Stecher!”. Was er damit andeuten wollte, blieb etwas undeutlich. Zumindest wurde kein Tropfen auf dem Tisch verschüttet, alles gelangte verlustfrei in unsere Kehlen. (Zum Weinausschütter siehe oben.)
Peter erinnerte Günther an seinen “Willi”, den er neulich Walter auf der Terrasse gezeigt hatte. Hallo Wilhelm, das bist Du! Ist allerdings schon einige Jährchen her. Abacus läßt grüßen!
Mit diesen Seitensprüngen verloren wir Aaron aus den Augen, der sich mit riesigem Vorsprung auf das schwierige Gelände vor dem Ziel begab. Doch anstatt ruhig und gelassen die letzten Meter zurückzulegen, fing er auf einmal an, mit Händen und Füßen alle Regelvarianten auszuloten und umzubiegen, die ihn noch ein paar Zentimeter näher zum Ziel bringen könnten. Er wollte unbedingt einen suboptimalen Zug machen um in eine optimale Position zu kommen. Peter verdonnerte ihn regelgerecht zum optimalen Zug, und Walter konnte diese Regelauslegung mit seinem phänomenalen Gedächtnis bestätigten. Doch Aaron setzte sich mit Gewalt suboptimal durch. Unisono quittierten alle sein Verhalten: “Aaron, Du machst uns den Moritz!”
Statt jetzt gegen den Winner zu kämpfen, miesnickelten die Loser untereinander. Peter wollte von Walter nicht gebumst werden und neutralisierte den Pusher. Bei einer unglücklichen Bumsrichtung hätte er sonst Letzter werden können. So wurde er nur Vorletzter. Welch eine Steigerung! Aaron kam unangefochten ohne einen einzigen Stich an Ziel.
Keine Veränderung zur bisherigen 7,4-Punkte-Wertung vom Westpark
Aaron und Moritz haben sich schon um Rezensionen verdient gemacht.
2. “Zoff im Zoo”
Das dritte Gastgeschenk von Peter heute an den Gastgeber. Ein lustiges Stichkartenspiel, logisch, chaotisch, lustig. Auch wenn man Tiere mit Tieren stechen muß, läuft alles ganz gesetzlich geregelt ab.
Aaron übernahm konsequent wie immer die Rolle des fünften Rads am Wagen und ließ sich deshalb nur ein eingeschränktes Frohlocken entlocken. Ohne Partner und ohne Hilfe fällt das Stechen natürlich sehr viel schwerer. Auch der Punkte-Bonus kann hier nicht über das Lust-Defizit hinweghelfen.
Keine Veränderung zur bisherigen 8,1-Punkte-Wertung vom Westpark
Walter hat schon zwei Session-Reports geschrieben.
3. “Bluff”
Bis zu Peters U-Bahn war noch über eine Stunde Zeit und lange wurde diskutiert, welcher Halbstünder da noch am besten hineinpaßte. Kein Spiel erhielt die erforderlich Mehrheit, nicht mal die Kandidaten aus der allerneuesten Auswahlliste zum Spiel-des-Jahre. Doch Bluff kann alle Kontroversen zu einem sympathischen Ende bringen.
Im ersten Endspiel Peter mit drei gegen Walters einen Würfel fing Peter mit der Immer-4-Strategie an. Walter hatte eine Fünf geworfen und hob auf 2 mal die Fünf. Für Peter mit seiner Eins, Zwei und Vier unter dem Becher war es leicht, hier anzuzweifeln.
Was wäre gewesen, wenn Walter auf 1 mal Fünf gesetzt hätte? Wie hätte Peter agieren müssen, um trotzdem noch mit mindestens 66 % Wahrscheinlichkeit zu gewinnen?
Im zweiten Endspiel Peter mit zwei gegen Walters einen Würfel fing Peter wieder mit der Immer-4-Strategie an. (Hi Günther, das ist doch zweifellos der beste Beginn, oder?!) Walter hob auf 2 mal Zwei. Er mußte zweifellos eine Zwei geworfen haben. Jetzt wendete Peter eine wichtige Technik an, die unbedingt zum erfolgreichen Bluff-Spiel gehört:
[glowred]Beim Bluff muß man auch dann denken, wenn es gar nicht nötig ist![/glowred]
Nach einigem Überlegen hob er auf 2 mal Fünf. Welchen Sinn macht das?
Beim Bridge-Spielen heißt es: In einer verzweifelten Lage muß man die fehlenden Karten beim Gegner genau so positionieren, wie man sie zur Erfüllung braucht. Was heißt das auf die hier gegebene Bluff-Situation?
Peter mußte mindestens eine Zwei haben, sonst hätte er Walters 2 mal Zwei angezweifelt. Peter mußte aber auch mindestens zwei Fünfen haben, sonst hätte er nicht auf 2 mal Fünf gehoben. Folglich mußte einer seiner beiden Würfel ein Stern sein.
Was muß Peters zweiter Würfel anzeigen, damit Walter den Kampf noch gewinnen kann? Nur post mortem konnte er diese Überlegungen erfolgreich zu Ende führen, die ihm den Sieg gebracht hätten. (Zumindest) Das unterscheidet ihn noch von einem richtigen Bridge-Nationalspieler.
Im dritten Endspiel standen sich Peter und Aaron mit zusammen 7 Würfeln gegenüber. In einem regelrechten Titanenkampf mußt sich Peter erst bei 6 mal die Fünf geschlagen geben. Dann fingen für beide die mageren Jahre an, in denen Peter den 1:4 Rückstand noch auf 1:2 verkürzen konnte. Jetzt wollte er den Stier bei den Hörnern packen und fing mit 1 mal Stern an. Aaron durchschaute die Lüge. Aus. Hi Peter, warum hast Du nur die Immer-4-Strategie verlassen!
Das vierte und letzte Endspiel konnte Peter ausnahmsweise nicht mehr erreichen. Im ersten Spiel verlor er gleich zu Beginn vier Würfel. Er hatte sich gerade von seinem Schreck erholt und find an, über seinen armen letzten Würfel zu lamentieren, da war er auch schon froh, nicht noch weitere vier Würfel zu besitzen. Er wäre sie ebenfalls alle auf einen Schlag losgeworden. Freudig hinterließ er dem Rest des Feldes Schulden von drei Würfeln und eilte beschwingten Fußes zur vorletzten U-Bahn.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
4. “Moritz und der Spieleverlag”
Lieber Peer Sylvester, die Geschichte mit Moritz und dem Auftrag zur Spiele-Erfindung ist wirklich keine Ente vom Westpark. Wenn Du Genaueres darüber erfahren willst, dann ruf doch bei ihm an. Oder warte noch die paar Jährchen, die eine professionelle Spiele-Entwicklung dauert. Unser Genie Moritz wird aber garantiert schneller damit fertig sein. Soviel ich aus seinen Andeutungen entnehmen kann, wird es ein echtes Kampfspiel (Historienspiel?) OHNE Kingmaker-Effekt sein. Das ist doch schon etwas ganz Außergewöhnliches, oder!
5. “Noch ein PS”
Hallo Peter, als Du fort warst, entdeckte Aaron, daß Dein Stuhl ganz naß geworden war. Kannst Du uns bitte schnell dafür eine Erklärung geben, noch bevor die Spielerwelt hierzu ins Grübeln gerät
21.05.2008: Römische Zufälle
Auf dem Fernseher im Erdgeschoß lief die Champignons Lieg. Im Dachgeschoß versammelte sich ein harter Kern der Westpark-Gamers und ignorierte die Meisterschaftsentscheidung in der höchsten Flußball-Klasse mit der gleichen Ignoranz wie der Präsident des FC Bayern die Meisterschaftsfeier auf dem Marienplatz. Vom Kaiser von China ganz zu schweigen. Wir nahmen uns statt dessen die Kaiser des alten Roms zur Brust.
1. “History of the Roman Empire”
Moritz versprach eine verkürzte Version von “History of the World”. Nur 7 Runden dauert das Spiel, falls Peters U-Bahn einen Strich durch die Rechnung machen sollte, könnten wir immer noch nach 6 Runden abbrechen. Es käme dann ohnehin nichts spektakulär Neues mehr ins Spiel.
Die Freude an der Art dieser Simulations-Würfel-Kampfspiele schwang bei jedem Satz mit, mit dem er die Regeln vortrug. Er konzentrierte sich dabei sogar auf die sachlichen Fakten und war in knapp 20 Minuten damit durch. So im Groben und Ganzen. Dann übernahm Peter das Regelheft und das Korrekturlesen, sowie das begleitende Nachschauen. Jeder tat halt das, was er kann, jeder im Sinne des Spiels und des Spielens; der eine ein Quentchen mehr für den eigenen Vorteil, der andere ein Quentchen mehr für die juristische Unanfechtbarkeit.
Die Spieler führen je einen Barbarenhaufen und einen römischen Legionsverband. Jeder darf gegen jeden kämpfen, die Barbaren natürlich vorwiegend gegen die Römer und ungekehrt, aber auch Römer gegen Römer ist an der Tagesordnung. Wie im richtigen Leben.
Die Bodenkämpfe werden mit Würfeln ausgetragen, je nach Geländemerkmal oder nach ausgespielter Zusatzkarte mit 1, 2 oder 3 Würfeln gegen 1, 2 oder 3 Würfel des Gegners, wobei für jeden Kampf noch Würfelbonus und Tiebreaker-Vorteil in Ansatz gebracht werden können. (Eine neue leichte Übung für unseren Günther, die Gewinnchancen bei jeder Würfel-Konstellation zu berechnen. Beispielsweise gewinnt man gegen den Tie-Breaker mit 1:1 Würfeln in ca. 42% aller Fälle, mit 2:1 Würfeln in ca. 58 % aller Fälle und mit 3:1 Würfeln in ca. 66% aller Fälle.)
Nach seinem Zug zählt jeder Spieler seine Siegpunkte zusammen. Einfache Präsenz, relative Mehrheit und absolute Kontrolle in Provinzen und Dekanaten ergeben Multiplikationsfaktoren zum Besitzstand auf dem Spielbrett. Dazu kommen Bonusse für wohlbehaltene und zerstörte Städte, wobei Barbaren und Römer sowie Rom und der Rest der Welt jeweils nach eigenen Schemata vergütet werden.
Ein jeder Spielzug kann ganz schön lange dauern, bis man seine 6 bis 12 Legionen und seine abzählbar vielen Barbarenhorden auf die Schlachtfelder geführt und die jeweiligen Kämpfe ausgewürfelt hat. Selbst Moritz, der in dieser Spielkategorie der unbestrittene Meister ist, konstatierte eine gewisse “unnötige Kompliziertheit”. Als Loredana zum ersten Mal dran war, hatte sie bereits zum zweiten Male herzhaft gegähnt. Dabei war Walter noch überhaupt nicht zum Zug gekommen. Der ist mit solchen Spielen ohnehin rettungslos überfordert und war froh, die anderen beim lustigen Eroberungswürfeln beobachten zu können, bevor er sich selber in das Schlachten stürzen mußte. Anschließend würfelte er wie ein Quadrat-Aaron und nur die Pietät gegenüber dem heiligen Moritz hielt ihn davon ab, nach jedem Wurf in das defätistische Westpark-Gamers-Stöhnen “I like it” auszubrechen.
Peter strahlte wie ein Honigkuchen-Titus, als er den Tempel in Jerusalem zerstören konnte. Gleich darauf, nicht ganz in historischer Chronologie, ließ er als Jubel-Nero auch noch Rom in Flammen aufgehen. Dabei ging es ihm nicht mal um die besten Bauplätze, sondern nur um schnöde Augenblickspunkte, denn als Moritz ihn kurz darauf wieder aus Rom verdrängte, bekannte er in der ihm eigenen Lustmolch-Pyromanie. “Ich wollte ja nur Rom anzünden”.
Moritz beschloß ganz kaltblütig, als Römer sogar seine eigene Stadt zu plündern, doch Peter konnte mit dem Regelheft in der Hand noch rechtzeitig darauf hinweisen, daß dies in der “History”, ganz im Gegensatz zu den üblichen Verfahren der damaligen römischen Halbstarken, nicht honoriert wird. Hier ist es eine Null-Summen-Elimination, es sei denn, man kann sich dabei en-passant noch zum Alleinherrscher in einer Provinz aufschwingen.
Das Spiel bietet ausreichend Gelegenheiten zur Kingmakerei, denn mit seinen Zusatzkarten kann man willkürlich irgendwelche Mitspieler schädigen. Daß dies meistens zu Lasten des Führenden eingesetzt wird, dürfte man jedoch wohlwollend als gelungenes Spielprinzip anerkennen. Es mag aber auch Zufall sein.
Überhaupt gibt es eine Menge Zufall: nicht nur beim Kampfwürfeln, beim Zerstören von Städten, bei Rebellionen, beim Zuteilen der mächtigsten Anführer, beim Auftreten neuer Barbarenhorden, sogar beim Auswürfeln von Siegpunkten. Wenn allein die Kampfentscheidungen etwas rationaler durchgeführt würden, hätte das durchaus substanzträchtige Spiel von uns sicherlich höhere Noten bekommen. Es hat selbstverständlich einige handwerkliche Regelprinzipien für spannende Endspiele eingebaut:
– Von Runde zu Runde steigendes Kampfpotential mit steigenden Siegpunkt-Quoten
– Ausgleich von zugeteilten Potenzschwächen durch Vorteile in der Zugreihenfolge. Der schwächste darf immer zuerst ran.
– Limitierungen des Handlungsspielraums der Führenden
In unterhaltsamem Kampfwürfeln spielten wir drei Stunden lang drei Runden lang und beschlossen dann einstimmig aufzuhören. Wir hätte es problem- und frustlos, plan- und hoffnungsvoll auch noch länger ausgehalten. Doch dann stand das Elfmeterschießen an, und das bekam sogar noch eine höhere Priorität eingeräumt als Peters Wunsch nach einem verlängerten Ausklang mit Bluff.
WPG-Wertung: Loredana: 6 (zu lange für den irgendwann monoton werdenden Splelablauf), Moritz: 6 (die originellen Ideen waren in “History of the World” alle schon mal vorhanden), Peter: 7 (funktioniert, aber es fehlt ein Pfiff), Walter: 6 (gigantischer Zeitvertreib).
Sicherlich wird Moritz die “History” irgendwann in irgendeinem Podcast nochmals erwähnen.
2. “Bluff”
Rinaldo verschoß seinen Elfmeter, trotzdem haben die Blauen nicht gewonnen und Ballack hat seinen Traum vom Sieg in der Königsklasse immer noch nicht Wirklichkeit werden lassen können. Bei uns reichte es reichte noch zu einem Bluff.
Moritz begann, seine Erstansagen auszuwürfeln. Er hatte – a priori vermutbar, a posteriori erwiesen – immer genügend Sterne unter dem Becher. Im Endspiel mit 4:2 gegen Peter zog er plötzlich seine Vorgabe von 2 mal Stern auf 1 mal Stern zurück. Was kann man daraus schließen? Peter zweifelte an, doch Moritz hatte nur eine durchschnittliche Sternzahl auf eine sichere Sternzahl reduziert.
Bei Stand von 2:1 hatte Peter mit seinem einen Würfel selber einen Stern gewürfelt und fing mit 2 mal die Fünf an. Das war eine Siegwahrscheinlichkeit von zwei Dritteln minus die Hälfte von einem Sechstel (ungefähr). Moritz mit einer Zwei und einer Vier unter dem Becher hatte keine Probleme, das Spiel für sich zu entscheiden.
Wie wäre es gekommen, wenn Peter mit 1 mal die Eins begonnen hätte? Hätte dann die Siegwahrscheinlichkeit für ihn auch nur bei ca. 58 % gelegen?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
07.05.2008: Eggert-Faktor für Toledo und Oregon
In seinem letzten Podcast “Why Games Are Loud or Silent” hat Moritz den “Eggert-Faktor” eingeführt, einen Indikator dafür, wie laut es am Spieltisch zugeht. Er hat auch gleich einige Kriterien aufgezählt, die ein Spiel laut oder leise machen. Zwei-Personen-Spiele sind naturgemäß leiser als Mehrpersonenspiele, strategische Spiele sind leiser als Spiele mit Würfeln und Überraschungen. Am leisesten ist für ihn das königliche Schach, der strategische Zweikampf um Kraft, Raum und Zeit auf einem 8×8-Felder-Brett: Eggert-Faktor 0.
Ein bißchen vermisse ich dabei die psychologische Betrachtung des Ambiente, das einen großen Einfluß auf die Lautstärke des Spielablaufes hat. Vor vielen Jahrzehnten lernte ich in einer kleinen Gruppe das kaiserliche Go kennen: In dem 100%ig hoch-strategischen Spiel setzen die Spieler abwechselnd schwarze und weiße Glaskugeln auf die insgesamt 361 Kreuzungspunkte der 19×19 Linien eines Spielbrettes. Dabei werden Ketten gebildet, Gebiete abgesteckt, gegnerische Steine umzingelt und in einem mörderischen Erstickungskampf die Freiheiten der Strukturgebilde abgezählt. Doch das ganze war – zumindest in unserer Gruppe – kein schweigendes Ringen der Geistesgrößen, es war immer ein ausgelassenes Spielen und lautstarkes Kommentieren des Geschehens auf dem Spielbrett.
Schon allein das Material reizt zum Geräusche Machen. Das laute Klacken beim Aufsetzen der Glassteine auf das Holzbrett klingt wie exotische Musik, und das rhythmische Wechseln von schnellen, aggressiven Stakkato-Zügen mit eingestreutem Killmayer-Schweigen für die Denkpausen schafft eine eigenartige akkustische Atmospäre von geilem Spaß und Vergnügen. Wenn hier einer die Idee aufbringen möchte, die Go-Steine zur Schalldämmung ähnlich wie die Schachfiguren mit Filzpolstern zu versehen, der würde unweigerlich ans Irrenhaus verwiesen werden.
Unsere Go-Runde ging solange gut, bis unser humorloser Gastgeber, ein Schachclub, unser lustvolles Spielen nicht mehr aushalten konnte, und uns herz- und schmerzlos vor die Tür setzte. Da sieht man mal wieder die Schachspieler
Doch wohl in jedem Spiel gibt es sonne und sonne. Ich kann mich an ganz verbissene Skatrunden mit meiner Oma erinnern, die in schweigender Spannung verliefen, wo jedes Kontra der Enkelkinder wie eine Majestätsbeleidigung aufgefaßt wurde, vor allem wenn es erfolgreich war. Dabei ist Skat doch ein lockeres Spiel, und jede gelungene Aktion des Alleinspielers oder der Gegenspieler sollte eher mit einem vergnüglichen Gelächter begleitet sein.
Bei uns Westpark-Gamers darf gelacht werden. In jedem Spiel. Schadenfreude wird von Siegern und Verlieren gleichermaßen akzeptiert und getragen. Bei meinem Nachbarn ist das schon anders. Wenn ich ihm in einem “Bluff”-Spiel – kommt einmal in zwei Jahren vor – vier Würfel auf einmal abknüpfen kann, werde ich das immer mit eisenem Schweigen quittieren. Schachspieler
Ist eigentlich allgemein anerkannt, daß beim Spielen ein größerer Lautpegel ein Qualitätsmerkmal ist? Zumindest für die soziale Qualität sollte es wohl so sein. Deswegen besitzen die Spiele von 1860 ja auch einen wesentlich höheren Spaßfaktor als die vom FC Bayern. Früher fürs eigene Publikum, heute für das des Gegners. Revised Eggert-Faktor (rEF) = 10 (Maximum)!
1. “Toledo”
Die Spieler dürfen ihre Züge beim Kaufen von Eisen und Edelsteinen, beim Schmieden von Schwertern (aus Eisen und Edelsteinen), in der Taverne (nutzlose Wartezeit mit dem Bonus von drei Geldscheinen) oder beim Künstler (Siegpunkte für das Erstehen von Gemälden) verbraten. Und beim Bauen von Geschäften zum Erwerben von Eisen, Edelsteinen und Schwertern. Erst pflastert man den Weg zum Alcazar mit seinen Geschäften, in denen sich jeder entsprechend bedienen dann, zieht man seine Pöppel mittels Bewegungskarten auf die gepflasterten Felder und erledigt sein Geschäft.
Es gibt Duelle, die ziemlich zufällig entschieden werden. Dann muß der unterlegene Pöppel zurück an den Anfangspunkt. Nicht nur dieses Prinzip erinnerte Aaron heftig an “Mensch-ärgere-Dich-nicht”, wovon ihn selbst der massive Hinweis auf das bunte Geschäftetreiben nicht abbringen konnte. “Deswegen wird Toledo noch lange kein Caylus!” Auch sonst machte er uns heute den Peter: Er motzte als erster über das Spiel und spielte es gleichzeitig von Anfang an am brilliantesten.
In der vorzüglichen Spielanleitung – “wie immer bei Kosmos” – fehlt nämlich ein entscheidender Spieltipp: Jeder Spieler sollte in seinen ersten Züge ausschließlich Geschäfte plazieren. Es gibt nämlich weitaus mehr legbare Geschäfteplättchen in den Spielerhänden als freie Felder, auf die sie gelegt werden können. Wer hier nicht gleich aktiv wird, muß im weiteren Spielverlauf alle seine Geschäfte für teures Geld in den Besitztümern der Mitspieler erledigen. Aaron hatte diesen Mechanismus als einziger durchschaut und alle seine Geschäftsplättchen gelegt, bevor den anderen das Licht aufging.
Der natürliche Vorwärtsdrang, unsere Pöppel in den Zielbereich zu bringen, den wir mit “Mensch-ärgere-Dich-nicht” seit unseren Kindertagen im Blut haben, ist in Toledo nicht angebracht. Es gewinnt nicht der erste, der drei seiner Pöppel ins Ziel gebracht hat und damit das Spiel beendet, sondern derjenige, der unterwegs in der richtigen Reihenfolge die richtigen Geschäfte besucht, dort in rauhen Mengen Eisen und Edelsteine erwirbt, damit eines oder zwei der wertvollsten Schwerter schmiedet und sie ins Ziel bringt.
Wer wie ein Irrer seine Pöppel ins Ziel treibt und dort mit leeren Händen ankommt, kann zwar auf die verbleibenden Mitspieler einen gewissen Druck ausüben, gewinnen kann er die Partie nicht.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (es fehlt was), Loredana: 5, Peter: 5 (schwach für Kosmos, schwach für Martin Wallace), Walter: 6 (wenigstens ist es schnell)
Revised Eggert-Faktor = 2-3.
Walter wird eine Rezension schreiben.
2. “Oregon”
Bevor wir uns dem jungfräulichen Land der weißen Westen zuwendeten, führte uns Peter am Rechner noch schnell seine jüngsten Eroberungen bei UPorn und/oder PornTube oder wie das heißt vor. Was wir dabei zu sehen und zu hören bekamen, das erfahrt ihr am besten von ihm persönlich
In Oregon sind wir Siedler, bringen Gebäude und Pöppel auf das Spielbrett und punkten damit. An Gebäuden gibt es Eisenbahn- und Poststationen, Läden, Hafen, Kirchen, Kohle- und Goldgruben. Jedes Gebäude bringt andere Vorteile in Form von Siegpunkten, sofern sie in der Nähe unserer Pöppel sind. Doch weder Gebäude noch Pöppel können frei plaziert werden. Jeder Spieler zieht zufällige Koordinatenkarten, die die möglichen Zielfelder auf dem Spielbrett bestimmen.
Wer am Zug ist, kann jetzt über alle möglichen Zielfelder für Pöppel und Gebäude eine Gewinn- und Verlustrechung aufstellen und danach seinen nächsten besten Zug machen. Anschließend wartet er auf das Ergebnisse der gleichartigen Denkprozesse aller seiner Mitspieler. Wer kein geborener Buchhalter ist, erspart sich die Bilanzierung von vielleicht zwölf oder mehr Alternativen pro Zug und zieht einen Pöppel auf das nächstbeste freie Feld..
Welche Zielfelder einem Spieler dabei geboten werden, ist reines Glück. Es gibt keine Kartenpflege, kein Ansparen von Kraft und Energie, nur Zug um Zug das Nutzen von Fortunas aktueller Gunst.
Gegen Ende des Spiels erkannten wir eine Regelwidrigkeit: Mit den Jokern wird nicht nur der Freiheitsgrad beim Errichten von Gebäuden gehoben, sondern sie gelten auch beim Plazieren von Pöppeln. Damit ändert sich natürlich gewaltig die Potenz der Joker, doch leider nur wenig die Potenz des Spiels.
Gemäß unserem Westpark-Gamers-Kodex durfte Aaron, der sich am meisten benachteiligt fühlte, die Gelegenheit zum Spielabbruch nutzen. Keiner erhob dagegen Widerspruch.
WPG-Wertung: Aaron: 4, Loredana: 4, Peter: 3 (keine Bemerkung zu HiG), Walter: 5
Revised Eggert-Faktor = 3, für das reguläre Spiel. Als wir anfingen, den Spielmechanismus zu durchschauen und zu kritisieren, sowie die eigenen Züge und die der Mitspieler lautstark zu kommentieren, stieg der rEF auf 6, zweifellos ein sozialkritischer Gewinn, nicht unbedingt einer des spielerischen Vergnügens.
3. “König von Siam”
Trotz des Desasters von letzte Woche und trotz Peters heftiges Drängen nach einem “Bluff” mußten die beiden Riedlbergers erst noch eine Kostprobe des neuesten Erzeugnisses von Histogames zu sich nehmen. Damit das “Spiel ohne Noten” doch noch Noten bekommt.
Wenigstens ging es schnell.
Es ist immer noch ungeklärt, wie man im 4-Personenspiel konsequent die Unsymmetrien erzeugt und auf seine Seite bringt, die für einen Sieg notwendig sind. Im Endeffekt liegt der Sieg an der Unfähigkeit aller anderen Mitspieler, ihre Chancen zu erkennen und zu nutzen. Oder sind die winzigen Chancen, die sich dem einen oder andere Spieler früher oder später vielleicht mal bieten, doch nur das zufällige Ergebnis einer im Grunde chaotischen Spielentwicklung?
WPG-Wertung: Aaron: 6, Loredana: 5, Peter: 4, Walter: 4
rEF = 2! Das Absprechen von Planungen der Partner ist per Spielanleitung ausdrücklich verboten. Was bleibt dann noch anderes übrig, als über www.PetersPornPropaganda.net zu sprechen?
4. “Bluff”
Walter verlor im ersten Spiel gleich drei Würfel. Befriedigt schauten seine drei Mitspieler in die Runde. Doch er schaffte es noch, das 2:2-Endspiel gegen Peter zu seinen Gunsten zu drehen.
Als sich beide auf 1:1 heruntergeschraubt hatten, durfte Peter vorgeben. Dabei leistete es sich einen bösen Schnitzer: Erst legte er 1 mal die Fünf vor, doch nach einem Zögern von Sekundenbruchteilen nahm er das auf 1 mal die Vier zurück. Hatte er hier erst seine Vorlieben zwischen Günther’s und Walter’s Lieblingsstrategien ins Gleichgewicht bringen müssen?
Nein, sowohl die Fünf als auch die Vier mußten richtig sein. Dazu paßte nur ein Stern unter dem Becher! So war es dann auch. Wer durchschaut ist, hat verloren!
Revised Eggert-Faktor: 7. Spielvergnügen 10!
30.04.2008: Der “König von Siam” fühlte sich im “Stone Age” “wie verhext”
Einfältigen Freuden sind nach Ansicht der Utopier auch die Spieler ergeben. Denn wo bleibt da das Vergnügen, sagen sie, wenn man Würfel über das Spielbrett rollen läßt, und das schon so oft getan hat, daß einem das bißchen Vergnügen, falls eines dabei wäre, schon durch die ewige Wiederholung möchte verleidet sein?
Thomas Morus (“Utopia”)
1. “Stone Age”
Es galt, Walters Rechnereien einer Nagelprobe zu unterziehen. Dabei waren Aaron und Hans noch Neulinge im Steinzeitalter und Walter durfte ihnen die Spielregeln erklären, ohne daß ihm Peter über den Mund fahren konnte.
Günther wurde Startspieler. In seinem ersten Zug wählte er sich von den “Potenz-Feldern” gleich die “Hütte” zum Kinder-Kriegen und offenbarte damit, daß er die Hungerstrategie einschlagen wollte. Walter klärte ihn nicht auf, daß Rüdiger Dorn (Vater von “Goa”) gerade erst mitgeteilt hatte, daß diese Strategie, seiner Erfahrung nach, auf die Verliererstrategie führen müßte.
Die früher mal befürchtete starre Startentwicklung blieb vollständig aus. Hans ging auf Zivilisationskarten aus, Aaron auf Rohstoffe, Walter als Letzter wurde nolens volens ebenfalls in die Hungerstrategie hinein gedrängt. Doch da er in der Sitz-Reihenfolge vor Günther drankam, hatte er natürlich die bessere Position.
Aaron würfelte entgegen seinem sprichwörtlichen Würfelglück wirklich wie ein Weltmeister. Günther tat das, wie schon beim letzten Mal, eher in der ironischen Bedeutung dieses Ausdrucks.
Die Rohstoffe sind nicht begrenzt. Wie schon gewohnt mußten wir fehlendes Holz durch Go-Steine ersetzen. Diese Ersatzmöglichkeit ist zweifellos ein Zugeständnis an einen familiären Spielerkreis. Unter harten Zockern kann der Mangel an Rohstoffen durchaus zu freudvoll-leidvoll aggressiven Spielweisen herangezogen werden.
Günther und Walter gerieten mit ihrer Hungerstrategie tief in die Minuspunkte, während sich die konstruktiv spielenden Hans und Aaron in ihren Siegpunkten sonnten. Doch nach wenigen Runden schlugen die überzähligen Pöppel voll durch. Mit 40 bis 50 Siegpunkte pro Runde über Gebäudeplättchen und Rohstoffe konnten sie sich blitzschnell an die Spitze setzen, und die regelmäßigen 10 Minuspunkte für das Hungern fielen kaum mehr ins Gewicht.
Allerdings standen Aaron und Hans ein uneingeschränkter Ackerbau zur Verfügung, und bald hatten beide mehr Ackerland als sie zur Ernährung ihrer Pöppel brauchen. Beider Ernährungsfrage war vollständig gelöst, und wenn es in der Ernährungsphase ans Zahlen ging, konnten sie provokativ in die Runde rufen “Django zahlt heute wieder nicht”!
Am Ende konnte sich Hans 7 Kunstwerke zulegen und damit in der Schlußwertung nochmals 49 Siegpunkte auf seine Seite bringen. Auch mit seinen restlichen Zivilisationskarten hatte er ein glückliches Händchen bewiesen. Seine erhebliche Zusatzprämien brachten ihn – etwas überraschend – doch noch an die Spitze, vor Walter, dem Hungerer. Günther wurde mit seiner ebenfalls versuchten Hungerstrategie Letzter, aber etwas unglücklich, weil sich zwei Hungerer ja gegenseitig die Butter vom Brot nehmen. Und zugleich überlassen sie den anderen Steinzeitmenschen fast kampflos Ackerbau und Kunst für Punktgewinn und anderweitigen Pöppeleinsatz. Ein einzelner Hungerer hat durchaus Siegeschancen. Er muß aber trotzdem noch glücklich spielen, und alle anderen müssen sich innerhalb der anderen punkteträchtigen Spielelemente gehörig Konkurrenz machen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (neu), Günther: 7 (unverändert), Hans: 6 (vermißt Interaktion), Walter: 8 (verbessert, wenn alle wissen, wo es lang geht, wird das Spiel noch reichhaltiger)
2. “König von Siam”
Ein Spiel von Histogame, die mit “Friedrich” eines der besten Kriegs-Brettspiele der Welt herausgebracht haben. Das war einer der Gründe, warum sich Aaron das Spiel angeschafft hat.
Eigentlich ist es nur ein 2-3 Personen-Spiel. Bei 4 Mitspielern müssen jeweils zwei zusammenspielen und können nur gemeinsam siegen oder verlieren. Für hartgesottene Einzelkämpfer ist das natürlich ein Nachteil.
Es geht um die Eroberung von Siam und Umgebung. Jeder Spieler darf mittels Aktionskarten verschiedenfarbige Pöppel von einem gemeinsamen Vorrat auf die verschiedenen Ländereien im Spielbrett bringen. Er darf Pöppel innerhalb der Ländereien verschieben und Pöppel vom Spielbrett herunternehmen und in seinen Besitz bringen. Die Pöppel stellen Fraktionen dar, die in den Ländereien Mehrheiten bilden sollen; mit den gleichfarbigen Pöppeln im Eigenbesitz übt ein Spieler die Kontrolle über eine Fraktion aus. Wer bis Spielende die meisten Mehrheitsfraktionen kontrolliert, hat gewonnen.
Unser erstes Probespiel dauerte eine ganze Stunde, und am Ende wußte immer noch keiner, wie das Spiel eigentlich funktioniert. Wir diskutieren die verschiedenen Planungsmöglichkeiten, nach denen die Spielerallianzen vorgehen könnten, doch zu einem abschließenden Bild kamen wir nicht. Das sagt allerdings wesentlich mehr über das Spiel aus als über unsere geistige Potenz in der Stunde um Mitternacht. Vom ersten Augenblick an “to have a plan” erscheint schlichtweg nicht möglich.
Wenn ich das Spiel nochmals beginnen würde, dann würde ich bis zu Hälfte des Spieles meine Aktionskarten zurückhalten und die mehr oder weniger chaotische Spielentwicklung abwarten. Erst dann könnte ich Bilanz ziehen und – nach den Regeln – unabgesprochen aber doch einvernehmlich mit meinem Partner den Versuch einer Spielplanung aufsetzen. Doch wenn sich alle so verhalten, funktioniert das auch nicht.
Vielleicht gibt es Leute, die damit schon besser zurecht kommen. Wir nicht. Vielleicht müssen wir nochmals intensiver im Kleingedruckten der Spielanleitung nach etwas Aufklärung suchen.
Walter wollte schon mal mit 5 Punkten in die Vorgabe gehen, doch die anderen weigerten sich mangels gesicherter Spieleinschätzung eine Note abzugeben. Der “König von Siam” wird wohl als eines der wenigen gespielten Spiele ohne Noten in unsere Geschichte eingehen.
Keine WPG-Wertung!
3. “Wie verhext”
Passend zur Walpurgisnacht beschäftigten wir uns mit Zauberern, Hexe, Druiden und was sonst noch alles zauberhaft dahin kreucht und fleucht.
Jeder Spieler bekommt 12 Zauberkarten, mit denen er Zutaten in Gold, Gold in Zutaten, oder Zutaten bzw. Gold in Siegpunkte verwandeln kann. Jeder hat die gleichen Karten und muß jeweils 5 davon auswählen, mit denen er eine Runde bestreiten will. Der Startspieler legt die erste Karte heraus, z.B. “Ich bin der Zauberer und möchte mit den erforderlichen Zutaten einen Zaubertrank bereiten”. Hat ein Mitspieler – mit der Wahrscheinlichkeit 5 aus 12 ! – zufällig die gleiche Karte ausgewählt, so kann er sagen: “So sei es” und kann dann etwa die Hälfte des Kartenvorteils nutzen, oder er macht dem ersten Spieler die Zaubererrolle streitig. Dann bekommt der erste Spieler gar nix, und der zweite alles. Haben insgesamt drei Spieler die gleiche Karte ausgewählt, so bekommen die ersten beiden nix und der dritte alles. Wer Pech hat, bekommt nie etwas, ihm kommt der Spielablauf dann vor “wie verhext”- daher der Name.
Irgendwie erinnert das an “Hol’s der Geier”, wobei die gespielten Karten aber nicht abgelegt, sondern wieder in die Kartenhand zurückgenommen werden. Gedächtnis und Berechenbarkeit zählen nichts, nur Chaos und Schadenfreude.
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 4 (für eine lustige Runde, wenn man einen getrunken hat), Hans: 5 (Sieger-Bonus?), Walter: 4 (5 Punkte für einen anderen Spielerkreis)
Auch ein chaotisches Spiel sollte eine Rezension wert sein.
4. “Bluff”
Nix Neues. In Spielerkreisen ist bekannt, daß Günther zu 90% ehrlich und solide spielt, und zu 10% total blufft. Sehr oft trifft er damit seinen Hintermann, diesmal traf es voll ihn.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
24.04.2008: Linq und mancherlei zu Sechst
Sechserrunden sind bei uns verpönt. Nur bei begründeten Ausnahmen werden sie zugelassen. Diesmal hatte es sich so ergeben, und Günther und Aaron packten geeignete Sechserspiele aus. “6-Tage-Rennen” war zu brav, “Heckmeck am Bratwurmeck” zu wurmstichig und “Amulett” zu
ich weiß nicht mehr was. Doch die Auswahl in den beiden dicken Tragetaschen war mehr als ausreichend.
1. “Linq”
Im Untertitel heißt es: “Ein assoziatives Bluff-Spiel”. Eigentlich ist es kein Spiel, sondern eine psychologische Unterhaltung. Je zwei Spieler spielen paarweise zusammen, und müssen das herausfinden. Dazu bekommen sie verdeckt einen gemeinsamen Begriff zugeteilt und müssen ihn durch ein einziges Wort laut umschreiben. Haben sie z.B. das Wort “Krone” bekommen, dann würde dazu passen: “gold”, oder “Zacken” oder “Stephan” oder irgend eine andere geeignete Assoziation. Der Kniff besteht darin: Sie müssen sich zwar gegenseitig finden – nur wenn sie es beide gegenseitig herausgefunden haben, bekommen sie Siegpunkte – , sie sollten dabei aber nicht von den anderen als zusammengehörig erkannt werden, sonst müssen sie von ihren Siegpunkten etwas abgeben.
In dieser Balance zwischen Zeigen und Versteckspielen, wobei sich die bösen Gegenspieler durch getürkte Assoziationen dazwischendrängen können, liegt der Reiz des Spiels. Hübsch und kriminalistisch. Birgit war am richtigen Platz.
WPG-Wertung: Aaron: 8, Birgit: 9 (hübsche Unterhaltung), Günther: 7, Hans: 7, Horst: 6 (zu viel Zufall), Walter: 8
2. “Havoc”
Schon seit 2 ½ Jahren nicht mehr gespielt, und mühsam stöpselten wir die Spielregeln wieder zusammen. Es geht um Bluthunde, Söldner, Friedensfürsten und Bättelcards zum Sammeln von Pärchen, Drillingen, Fullhauses und Bigfullhauses, Sträits und Fläsches, eigentlich ein ganz normales Pokerspiel, allerdings hat jeder deutlich mehr als 5 Karten auf der Hand, von denen er pro Kampf maximal 6 Stück ausspielen darf. Wer rechtzeitig aussteigt oder gar nicht erst einsteigt, kann Kartenpflege betreiben und sich die besten Kombinationen für den Endkampf aufbehalten, wo es am meisten zu erben gilt. Doch wer einen Pokerkampf vom Zaun bricht, wenn die anderen sich gerade verausgabt haben, kann auch absahnen.
Leicht und locker.
Den bisherigen WPG-Durschnitt von 8 Punkten konnte Horst halten (er ist halt ein Zocker), Birgit blieb mit 6 Punkten deutlich drunter, sie spielt halt lieber “richtige” Brettspiele.
3. “Metropolys”
Birgit und Horst mußten frühzeitig von dannen ziehen, das Kernquartett konnte sich nochmals an das neue Metropolys aus dem französichen Ys-Verlag ranmachen.
Diesmal dauerte alles viel länger als beim ersten Mal, dabei war Hans der einzige zusätzliche Marathondenker. Offensichtlich reicht das schon. Es gibt genug zu denken. Wer sogar seine mächtigsten Steine gezielt für gigantisches Endspiel mit Domino-Effekt zurückhält, und dann mit einem einzigen und letzten Zug alle seine Steine auf einmal loswerden will, der kann morgen früh noch über seinem Zug brüten.
Egal ob schneller oder langsamer Brüter: Das Spiel ist pfiffig und kombiniert verschiedene Zugelemente zu einem ganz neuartigen Erlebnis.
Hans und Aaron drückten mit ihren jeweils 7 Punkten den bisherigen WPG-Durchschnitt von 8,0 Punkten auf 7,75.
Walter behält sich eine Rezension vor.
4. “Bluff”
Hans kam gegen Aaron in ein Endspiel mit 3:3 Würfeln. Seine Vorgabe von 2 mal die Fünf war der exakte und daher ziemlich undurchsichtig Durchschnitt. Aaron zog seine einzige Fünf aus dem Becher heraus, hob auf 3 mal die Fünf und würfelte nach. Erfolgswahrscheinlichkeit 66 %. Hans legte ebenfalls eine Fünf heraus, hob auf 4 mal die Fünf und würfelte ebenfalls nach. Das war seine beste Chance, immerhin noch in der Größenordnung von 4/9. Aaron zeigte freudestrahlend seine beiden Luschen, doch Hans zog freudestrahlend zwei Fünfen unter seinem Becher hervor.
So ging es dann weiter. Hans bekannte zwar am Ende, daß er selber nicht mehr genau wußte, was er tat, doch es war offensichtlich alles richtig.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
08.04.2008: Metropolys im Stone Age
“Lästern” kommt zweifellos von “Lust” und nicht von “Last”, das können wir am Westpark an jedem Spielabend bestätigen. Episoden aus dem richtigen Leben oder Ungereimtheiten innerhalb von Spielregeln sind allemal eine Portion erfrischenden Spotts wert, der wie beim Triumpfgeschrei der Wildgänse die Truppe in Lust und Laune zusammenschweißt. Schon vor 200 Jahren sagte ein Spötterfreund: “Jede Lobhudelei ist langweilig, jede Spötterei dagegen kurzweilig
”.
Wenn Walter in seinen nächtlichen Session-Reports unsere Spielstimmung wiedergeben will, dann möchte er unserer Lästerei natürlich einen erheblichen Stellenwert einräumen. Doch muß er dabei scharf aufpassen: was im Allerheiligsten unserer Spielhölle durchaus noch erlaubt ist, hat auf der öffentlichen Bühne einer Internetseite oft nichts zu suchen hat. Manchmal sticht ihn allerdings der Hafer und er galoppiert über die wohlberatenen Grenzen hinaus.
Wie urteilt darüber der Volksmund: “Wer lacht, zündet ein Feuer im Ofen an; wer spottet, zündet das Haus des Nachbarn an.” Glücklicherweise gibt es unter uns mindestens einen verantwortlichen Feuerwehrmann, der dann Alarm schlägt und aus Walters Bericht die schärfsten Pointen herauslöscht. Deutlich sichtbar in unserem letzten Session Report. Und er sah, daß es gut war. Heißt es doch schon beim Chronisten: “Treibe den Spötter hinaus, so gehen Zank und Hader weg, und es kehren ein eitel Freude und Wohlgefallen.”
1. “Stone Age”
Tummelhofer – ihr wißt schon, der von “Sankt Petersburg” – hat wieder zugeschlagen. Mit “Stone Age” geht er dieses Jahr wieder ins Rennen um den Deutschen Spielepreis, und die Vorkritiken sind alle sehr gut.
Günther wurde am Montag bei Hans-im-Glück vom Sohn des Autors persönlich in das Regelwerk eingeweiht und konnte es noch ganz brühwarm an uns weitergeben. Jeder Spieler verfügt über eine Reihe von Manschgerln, mit denen er seine Spielzüge ausführt. Wie bei “Agricola” kann man sie vermehren und muß regelmäßig für ihre Ernährung sorgen. Ihre Hauptaufgabe ist das Sammeln von Rohstoffen, die über Bauwerke und über Sonderkarten in Siegpunkte verwandelt werden. Die Erträge werden ausgewürfelt. Je mehr Manschgel man z.B. in den Wald schickt, mit desto mehr Würfeln darf man auswürfeln, wieviele Bäume gefällt werden. Legt man sich rechtzeitig Werkzeug zu, kann man am Würfelergebnis noch etwas drehen. Wer sich einen Kartoffelacker zulegt, braucht weniger Energie in die Ernährung zu investieren.
Es gibt eine ganze Menge ganz einfacher Dinge zu tun, viele haben einen kumulativen Effekt, aber alle sind sehr leicht überschaubar. Ein Spieler, der die Augen von 7 Würfeln zusammenzählen kann, kann vollwertig mitspielen, dazu braucht er gewiß keine 10 Jahre alt zu sein, wie es auf der Schachtel empfohlen ist.
Peter durchbrach unser traditionelles Ritual zum Bestimmen des Startspielers: er saß auf Moritz’ Platz, machte aber Walter zum Moritz und würfelte ihn mit einer Eins zum Startspieler.
Günther mußte uns (sitzplatzmäßig) den Aaron machen und reklamierte auch sofort dessen sprichwörtliches Würfel(un)glück für sich. Bei den ersten schlechten Würfen meinte er noch großmütig: “Ich würfele heute wie ein Weltmeister”. Als es später nicht besser wurde, hätte er gerne wieder seinen Stammplatz eingenommen. Doch beim genauen Hinschauen gab es fast nur Aarons am Tisch. Peter beschwerte sich, daß er mit 4 Würfeln keine einzige Sechs geworfen hatte. Dann griff er zum Taschenrechner und beruhigte sich mit dem Ergebnis, daß die Wahrscheinlichkeit für eine Sechs deutlich unter 50% liegt: 1-(5/6) hoch 4 = 0,42.
Bald ging uns das hölzerne Baumaterial aus. Nach Moritz’ (des anderen) Aussage darf man sich hier mit Ersatzmaterial behelfen. Im Zeitalter der Nichtraucher gibt es keine Streichhölzer mehr, die sehr gut gepaßt hätten. Als Aushilfe standen die Baugleise aus “Trans Europa” oder schöne gläserne Go-Steine zur Auswahl. Das kaiserliche Spiel hat gewonnen, auch wenn es in der Form unterlegen war. Es lag halt griffbereit im Regal.
Wie schon gesagt, reicht für eine normale Spielbeherrschung die erste Klasse Grundschule. Nur um gezielt miesnickelig zu spielen, braucht man etwas mehr mentale Reife. Loredana vermasselte Walter einen Zug, bei dem er das letzte Bauwerk eines Stapel gebaut und damit das Spiel als Sieger beendet hätte. Bösartig blockierte sie mit allen ihren Manschgerln das Goldbergwerk und Walter konnte sich das noch benötigte Gold nicht besorgen. Als Vergeltung hätte ihr Walter im Gegenzug ein Bauwerk vermasselt, das mit 7 mal Gold 42 Siegpunkte wert gewesen wäre, wenn das nicht bereits Günther für ihn getan hätte.
Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte. Und der Vierte. In der Schlußwertung zogen Günther und Peter weit an Walter und Loredana vorbei. Hier werden nochmals nach unterschiedlichen Kriterien Sondernprämien ausgeschüttet. Allein durch konsequentes Sammeln von Zivilisationkarten (analog der Adeligen-Strategie in Sankt-Petersburg) kann man hier zusätzliche 64 Siegpunkte ergattern. Diese Karten sind der Knüller, zumindest solange die Konkurrenz das noch nicht weiß.
Das Spiel funktioniert, zeigt in Aufbau und Reife die Handschrift eines Meisters, war vom Anfang bis Ende recht kurzweilig, dauert für die einfachen sich wiederholenden Grundmechanismen aber vielleicht ein weniges zu lang: Publikum zwei Stunden lang, spielte ohne Bumerang.
WPG-Wertung: Günther: 7, Loredana: 6, Peter: 6, Walter: 7.
Walter schreibt eine Rezension.
2. “Metropolys”
Ein Stadtplan mit Stadtteilen, Häuserzeilen, Straßen und Flüssen. Jeder Spieler hat 13 Holzklötzchen (Häuser) mit den Werten 1 bis 13. Die Spieler setzen reihum ein Holzklötzchen auf das Spielbrett. Jedes Klötzchen muß benachbart zum Vorgänger sein und einen höheren Wert aufweisen. Wer das letzte (höchst-wertige) Klötzchen gesetzt hat, hat eine Zugfolge gewonnen. Er darf dieses letzte Klötzchen stehen lassen und die nächste Zufolge in einer beliebigen Häuserzeile starten. Alle anderen Klötzchen werden abgeräumt.
Die Werte, die den Spielern noch übrig bleiben, werden immer niedriger. Durch die auf dem Spielplan stehenbleibenden Klötzchen entstehen schnell Sackgassen, auf denen ein Spieler seine niedrig-wertigen Klötchen loswerden kann und immer noch am Zug bleibt.
Sobald ein Spieler alle seine Holzklötzchen verbaut hat, ist Schluß und die Belegung des Stadtplans wird bewertet.
Das Spiel zeigt neue, elegante Zugmechanismen, die Bebauung der Stadt öffnet überraschende topologische Winkelzüge. Es geht alles ganz flott über die Bühne und ist doch ein dankbares Feld für strategische Überlegungen.
WPG-Wertung: Günther: 8, Loredana: 8, Peter: 8, Walter: 8.
Das Spiel ist eine Rezension wert.
3. “Bluff”
Günther ging mit 3:1 Würfeln ins Endspiel gegen Walter. Für ihn gibt es hier nur eine wahre Vorgabe: 1 mal die Fünf. Walter hob auf 1 mal Stern. Das war eine Suggestiv-Antwort, aber was versucht man nicht alles, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht.
Günther hob auf 3 mal die Vier. Was kann man daraus schließen? Hat er Walter den Stern geglaubt oder nicht?
Post Mortem ist es klar, daß Günther selber einen Stern und mindestens eine Vier haben sollte. Walter hätte mit dem Stern, den er tatsächlich unter seinem Becher hatte, auf 2 mal Stern heben müssen. Doch auch dafür hätte Günther noch einen Konter parat gehabt: Er hatte neben dem Stern nämlich gleich zwei Vierer; mit 4 mal die Vier hätte er den Sack zugemacht.
Er wurde allerdings schon im Prae-mortem angezweifelt und durfte seinen letzten Pfeil im Köcher behalten.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
02.04.2008: Riesen-Bluff nach dem “Zeitalter der Entdeckungen”
“Vollbeschäftigung” ist ein Zauberwort aus alten Tagen, von dem heutige Wirtschaftspolitiker nur noch träumen können. Früher – zu meiner Zeit! – fand vom Aakademiker bis zum Zzuschneider jeder nach seiner Ausbildung unverzüglich eine Stelle. Heute ist das oft genug ein mehr als mühsames Glücksspiel!
Loredana hat jetzt ihr Mathematikstudium beendet, und zunächst mal stand das allgemeine große Fragezeichen über ihrer Zukunft: Kriegt sie einen Job? Am Können sollte es nicht liegen, am Charme auch nicht, aber vielleicht an dem Phänomen, das wir seit einer ganzen Generation nicht mehr haben: Vollbeschäftigung!
— der nächste Abschnitt wurde von unserem Zensor gestrichen —
Hallo, ihr dreieinhalbmillionen Arbeitslose auf Deutschlands Straßen: Spielt mehr Brettspiele, und ihr kriegt im Nu alle einen Job!
1. “Zeitalter der Entdeckungen”
Walter brütet schon über seiner Rezension zum “Zeitalter der Entdeckungen”, aber er traute sich nicht, vor den kritischen Zuhörern die Regeln vorzutragen. Diese Rolle durfte Aaron übernehmen. In konstruktiver Atmosphäre kämpften wir uns durch die Schiffskarten, die Handelsaufträge, die Entdeckungsreisen und die Sonderaufträge. Ein Sonderauftrag lautet, man muß “die einfache Mehrheit erringen, also mehr Schiffe als alle anderen zusammen”. Peter bemerkte hier: “Wir Politiker nennen das die absolute Mehrheit.” Wo er recht hat, hat er Recht!
Die Schlußwertung ist ziemlich undurchsichtig. Die Zusatzpunkte aus den Sonderaufträgen werden nach einer Tabelle in einen Faktor umgerechnet, mit dem die Anzahl der Entdeckungsreisen multipliziert wird. Oder ist es umgekehrt. Zumindest konnte Peter konstatieren: “Die haben das deshalb so gelöst, damit keiner die Schlußwertung überblicken kann, und somit keine Kingmaker-Effekte auftreten können!” War das etwa eine verschleierte Kritik?
Aaron würfelte mit unserem Arpad den Moritz aus! Diesen Satz verstehen nur Insider. Doch die Lösung verstehen nicht mal diese alle, sondern nur die Anwesenden. Jedenfalls wurde Walter Startspieler und machte sich sofort ans Geldverdienen. Er erinnerte sich noch gut an seine Fehlinvestitionen aus der ersten Begegnung mit dem Spiel.
Loredana fragte: “Lohnt es ich, Schiffe von möglichst allen Farben zu sammeln?” Peter hielt ihr vor, bei der Erklärung der Spielregeln nicht aufgepaßt zu haben, doch sie konterte: “Du kapierst gar nichts, und dann machst Du Dich noch lustig über alle!” Hier komme ich leicht ins Zweifeln, ob meine Notizen stimmen, aber so ähnlich sollte es gewesen sein.
Das Spiel lief etwas an Peter vorbei. Für sein taktisches Genie eine absolut ungewohnte Tatsache. Mühsam mußte er mehrfach die zwei Aktionsgulden in seinen Sparstrumpf legen und auf die zweite Aktion gänzlich verzichten. Als letzter erfüllte er seinen ersten Handelsauftrag. Hallo Peter, hast Du Dir etwas dabei gedacht?
Tropfen auf Tropfen fing er den Unmut in seinem Gemütskelch auf, bis der überlief. “Falangisch” nannte er das Spiel. Bevor Walter bei Wikipedia nachschauen konnte, was das heißt, erläuterte Peter, das heißt “Spielmechanik nicht bis ins Letzte verfeinert”. Aaron fügte erklärend hinzu: “Phalanx heißt der Spielverlag”. Dann wird “falangisch” wohl die falsche Schreibweise sein. Doch gewiß leitet sich die spanische “Movimiento Nacional” von der altgriechische Kampfformation ab!
Unmittelbar vor dem Einläuten des Spielendes konnte Loredana mit zwei Handelschiffen 24 Gulden einstreichen. Dann zog sie die Karte für die Schlußwertung, legte ihr ganzes Geld in Schiffen an und belegte damit fast alle noch freien Plätze auf den Entdeckungsreisen. Der Sieg war ihr nicht mehr zu nehmen. Auf die Frage, warum Loredana gewonnen hat, gab Peter die sarkastische Antwort: “Weil sie die Spielregeln nicht verstanden hat!”
Als Alternative zu Peters Räsonieren wollen wir Aaron zu Wort kommen lassen: “Das Spiel funktioniert, aber mit dem Stinkstiefel (P.) kann man es nicht spielen.” Walter fügte – an seine Rezension denkend – noch beschwichtigend hinzu: “Das Spiel ist doch ein netter Zeitvertreib”.
Die bisherige gute WPG-Wertung von 4 mal die 7 wurde total versaut: Peter vergab 4 Punkte und Loredana zunächst 6 – weil das Spiel zweifellos funktioniert. Doch als ihr Peter klarmachte, warum sie gewonnen hatte, reduzierte sie ihre Note um einen Punkt.
Walter brütet immer noch über seiner Rezension.
2. “Bluff”
— auch hier hat unser Zensor eingegriffen und einen Teil weggeschnitten —
Im ersten Spiel hatte sich Aaron nach drei Runden selber herausgeblufft, Walter konnte sich in einem harten 4:4 Endkampf gegen Loredana durchsetzen.
Im zweiten Spiel war Walter als erster draußen, gefolgt von Loredana. Aaron entschied das Endspiel gegen Peter für sich. Ihm blieben alle 5 Würfel auf der Hand. Die Einlauf-Reihenfolge war genau umgekehrt zum ersten Spiel! Also ist “Bluff” schlußendlich doch nur/auch ein Glücksspiel!
Im dritten Spiel mußte Aaron gegen Walter und Loredana auf drei Sterne heben und dann mit einem einzigen Würfel einen Stern nachwürfeln! Es gelang ihm und mit der daraus resultierenden Euphorie konnte er auch das Endspiel für sich entscheiden.
Im vierten Spiel war er wieder als erster draußen. Peter konnte 10 Einser sehen und hob Walters Durchschnitts-Vorgabe sehr gefühlvoll auf 6 mal die Eins. Als er wieder dran war, stand der Pegel bei 9 mal die Eins. Natürlich konnte er noch auf gefahrlos auf 10 heben. Er wurde angezweifelt, doch weil Loredana auch noch eine Eins unter dem Becher hatte, war sein Gewinn (d.h. der Verlust der Konkurrenten) nur minimal. Mit dieser Enttäuschung konnte er im Endspiel nicht bestehen.
Dafür konnte er das fünfte Spiel für sich entscheiden. Er verließ die heute sehr oft erfolgreich praktizierte Immer-4-Strategie und fing im 1:1 Endspiel gegen Aaron mit 1 mal die Fünf an. Mit einer Fünf unter dem Becher sollte das wohl auch eine gute Wahl sein! Hallo Günther, bitte keine falschen Schlüsse daraus ziehen!
Im sechsten Spiel schied Peter als erster aus. Wer gewonnen hat, habe ich vergessen.
Im siebten Spiel fing Aaron mit einem Würfel gegen 5 Würfel in Summe bei Loredana und Walter mit der Immer-4-Strategie an. Loredana zweifelte eiskalt an. Das war sein Ende. Loredana konnte anschließend auch das Endspiel gegen Walter für sich entscheiden.
Und es gab noch ein achtes Spiel.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
3. “Restroom”
Nein, das ist kein Spiel, sondern nur eine von den vielen Flieger-Anekdoten, mit denen Peter heute aufwartete:
In der alten Version der Boeing 747 gab es noch keinen Schlafraum für das Kabinenpersonal. Eine ältere Dame wendet sich an die junge, mit dem amerikanischen Englisch noch nicht vertraute Flugbegleiterin: “Where is the restroom”! Antwort “This aircraft has no restroom!”
Nachdem die Passagierin aber doch beharrlich auf eine Lösung ihrer dringlichen Problematik drängte, klärte die Flugbegleiterin sie auf, wie das Personal damit umgeht: “Wir setzen uns auf einen normalen Sitz, legen eine Decke über uns und entspannen uns dann
”. – Erst jetzt soll der Purser eingegriffen haben.
01.04.2008: Nostalgie am Westpark
Um seiner dahinsiechenden Rubrik “Juwel des Monats” neue Impulse zu verleihen, hatte Moritz am Dienstag zu einem zusätzlichen Spielabend in den Herkulessaal der Maxvorstadt eingeladen. Ausnahmsweise gab es diesmal keinerlei Teilnahmebeschränkungen. Jeder durfte mitmachen und war zudem aufgefordert, “the one game”, sein Leib- und Magenspiel aus Kindheit und Jugend vorzustellen.
Moritz fing den Abend sogleich mit “Schwerter statt Pflugscharen” an, einem taktischen Hieb- und Stichspiel aus dem Bellum-Verlag, mit dem schon zu Sions Zeiten sich die Völker die Köpfe eingeschlagen haben. Aber Moritz wäre nicht Moritz, wenn er nicht noch einen zweiten Pfeil im Köcher gehabt hätte. Die “Venus von Milo” ist ein traditionelles Gesellschaftsspiel, dessen Hauptreiz darin besteht, durch eine gelungene Kombination von fest vorgegebenen Regeln mit frei erfundenem Beiwerk ein Maximum an Lustgewinn zu erzielen.
Andrea’s Augen glänzten, als sie ihren Favoriten “Before the Pampers” auf den Tisch legen durfte. In dem spannenden Zwei-Personenspiel muß einer die Gedanken des anderen erraten, um mit ihm im Endspiel das zu machen, was der andere ohnehin schon immer gewollt hatte.
Hans trat mit “Schlaraffenland” an, einem von McDonalds gesponsorten Partyspiel, bei dem es darum geht, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Chicken and Wings zu vernichten. Früher hatte er im Freundeskreis Tag und Nacht damit verbringen können. Heute sind seine Mitspieler meist schon nach der Haribo Vorspeise abgeschlafft.
Günther schwelgte in Erinnerungen an “Zeppelin“, einem Reisespiel aus dem Ravenshafener Aero Verlag. Was waren das doch für herrliche Zeiten – lange vor 1830 -, als man noch unabhängig von den engstirnigen schwarzen Linien auf gelben Hexagons, unbehindert von gegnerischen Tokens, quer durch den Äther seine Reise von Baltimore nach Ohio antreten durfte!
Loredana brachte eine alte Schuhschachtel mit, in der sie die Reste vom “Haus des Volkes” aufbewahrte, einem Wirtschafts- und Aufbauspiel aus dem längst vergessenen Conducator-Verlag. Dieses Spiel hatte einst in ihrer Heimat sogar zum Pflichtunterricht gehört; jeden Morgen wurde damit die euphorische Weichenstellung für eine unerreichbare Zukunft gelegt.
Peter träumt immer noch von “Weiß-blaue Bananenrepublik“, einer Realutopie des präpotenten Selbstverlages “Tiger-und-Trapez” aus Wildpark-Kreuz. Hier spielen die Ananaszüchter aus Alaska gegen die Globalplayer aus Wittelsbach um die Weltherrschaft in der Lazarettstraße. Schon früh hatte er sich hier regelmäßig die begehrte Rolle des Megaphonogogen unter den Nagel reißen können. Unerwarteterweise hat sich die Erde inzwischen schon so viele Male weitergedreht, daß schon allein mit der Lokaltopologie heute keiner mehr zurechtkommt.
Walter hatte in seiner Mördergrube noch ein gut erhaltenes “Mit Gift und Galle” entdecken können. In seiner Jungzellenzeit hatte er sich mit gleichgesinnten Freunden nächtelang daran aufgeilen können. Auch heute noch versucht er zuweilen, ein paar Prinzipien dieses Spiels in den Abenden am Westpark zur Geltung zu bringen, doch nimmt ihn damit keiner mehr ernst.
Aaron packte sein “Robin Hood und die 40 Räuber” aus. Mit diesem vorzüglichen Feld-Wald-und-Wiesen-Spiel hatte er vor ca. 50 Jahren die Westpark-Gamers begründet. Das Spiel enthält ungezählte individuell geformte Zinnfiguren, die in der Originalausstattung leider alle unbemalt sind. Schon vor Jahren hatte Aaron begonnen, die Hauptfiguren eigenhändig zu bemalen. Jetzt hoffte er, das Werk mit den vereinten Kräften der Teilnehmer aus dem Herkulessaal vollenden zu können.
Er hatte sich nicht getäuscht. Wir steckten mental alle noch ganz tief in unserer gerade erst bewunderten Ostereierkunst und vertauschten mit Feuereifer die Würfel gegen den Pinsel. In Fließbandtechnik machten wir uns über Sherwood-Ali, Maid Marian und Tricky-Morgane her, und als das kreisende Rad der Sonne den Rappen der Nacht mit goldenem Huf beschlagen hatte, waren wir alle genauso blau wie die englischen Araber von Nottingham.