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18.12.2007: Vorweihnacht auf “Jamaika”

Als viel beschäftigter Künstler kommt Moritz weit in der Welt herum. Diese Woche war er in Minsk. Nach seinen Hobbies befragt, nannte er “Brettspiele”. Doch damit konnten die russischen Interviewer nichts anfangen? “Schach”? Nein, das ist nur bedingt das, was wir unter “Brettspielen” verstehen. “Monopoly”? Das ist in Russland unbekannt. So wird es für die Weißrussen wohl für immer ein Geheimnis bleiben, was Moritz in seiner Freizeit treibt.
Aaron brachte von seinen Dienstreisen nach Helsinki noch einen Witz mit: Kommt ein Mann mit einem Schaf nach Hause zu seiner Frau und sagt: “Das ist die Ziege, mit der ich dich manchmal betrüge”. Entgegnet ihm seine Frau: “Du bist ja so blöd, daß du nicht mal weißt, daß das keine Ziege ist!”. Darauf der Mann: “Und du hast gar nicht gemerkt, daß ich zu meinem Schaf gesprochen habe …”.
1. “Jamaika”
Zwei Amerikaner und ein Franzose (“Yspahan”!) haben sich zusammengetan, um ein neues spielerisches Spiel zu schaffen: “Jamaika”. Die Spieler segeln mit ihren Booten einmal um die Insel herum, sie laden Kanonen, Gold und fränkische Würste in ihren Laderaum und finden Schätze, die manchmal kontraproduktiv sind, d.h Minuspunkte statt Pluspunkte einbringen.
Mit den Kanonen fördern sie ihre Kampfstärke in den unvermeidlichen Konflikten mit den Mitspielern, das Gold und die Würste brauchen sie, um manche Spielfelder befahren zu dürfen, zusätzlich wird das Gold, das sie ins Ziel bringen, in Siegpunkte umgesetzt.
Hübsch ist der Bewegungsmechanismus: Jeder bekommt die gleichen 10 Aktionskarten, die ihm beim Ausspielen erlauben, Gold, Kanonen oder Würste auf sein Schiff zu laden oder sich vorwärts oder rückwärts zu bewegen. Die Spieler sind weitgehend frei, die Aktionskarten in beliebiger Reihenfolge zu spielen; dabei wird mit einem Würfel ausgewürfelt, wieviele der begehrten Objekte sie sich aufladen dürfen oder um wieviel Felder sie ihr Schiff bewegen dürfen.
Es ist ein ewiges Aufladen und Abladen. Man darf sich nicht änstlich an die paar Goldstücke klammern, die man zufällig mal in seinem Laderaum verstaut hat. Mit dem richtigen Timing die hohen Würfel für die Vorwärtsbewegung zu nutzen und bei der Zuladung nur eben darauf zu achten, daß man den nächsten Spielfeld-Obolus entrichten kann, das sollte ein erstrebenswertes Vorgehen sein.
Allzuviel Tiefgang darf man sich nicht dabei erwarten. Moritz wurde nach dem Spiel gefragt: “Was würdest du jetzt anders machen!” Seine Antwort: “Nix, man wird gespielt!” Aus dem Mund eines passionierten Adventure-Gamers ist das eine bemerkenswerte Einschätzung. Doch “Jamaika” ist in jedem Fall ein lockeres, kurzweiliges Spielchen, das in einer Spielerfamilie gut ankommen sollte.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (“ist keine schlechte Note”), Günther: 5 (wird keine Computerversiopn bereitstellen), Moritz: 6 (“als 10-Jähriger hätte ich es super gefunden”), Walter: 6 (es funktioniert)
Vielleicht wird Aaron eine Rezension schreiben.
2. “Galaxi Trucker”
Moritz und Günther mußten unser (wahrscheinlich) nächstes “Spiel des Monats” noch kennenlernen. Aaron durfte es erklären, und obwohl wir das Regelwerk schon einigermaßen im Griff hatten, dauerte es eine ganze Stunde, bis die Kabinen, die Ladeflächen, die Auspuffe und die Dildos mit den dazu notwendigen Batterien alle erklärt waren.
Das Spiel enthält erfrischend viele innovative Spielelemente. Das konstruktive Bauen der Raketen, unter Zeitlimitierung, aber doch ohne Zeitdruck, der Flug durchs All mit all den guten und bösen Ereignissen, die vom Startspieler angefangen bei allen ihre segensreichen oder zerstörerischen Wirkungen hinterlassen, das ist alles äußerst vielseitig und erzeugt eine kurzweilige spielerische Spannung.
Moritz war sehr angetan und vergab 9 Punkte, Günther wollte nicht zurückstehen und vergab nach kurzem Zögern 8 Punkte; so ist der bisherige WPG-Durchschnitt gleich um einen ganzen Punkt nach oben geschnellt.
Aaron hat schon eine Rezension geschrieben.
3. “Filou”
Das kleine Spielchen etabliert sich bei uns langsam als Standard-Absacker. Doch gibt es keine so großen psychologischen Endspiele wie bei “Bluff”; der Zufall sorgt dafür, daß der Sieger mit ein bis zwei guten Stichen sein Schäfchen ins Trockene bringen kann. Wie und warum es zu den Superstichen kommt, das liegt wohl ausschließlich am hypergeometrischen Gauss.
Keine neue WPG-Wertung

12.12.2007: “Agricola” und alte Männer

Anläßlich Walters Geburstag (3 Jahre unter hexadezimal 40) ging das Vorgespräch um alte Männer. Da liegen natürlich auch die Golf-Klischees nicht sehr weit entfernt. “Spielen Sie schon Golf oder haben Sie noch Sex?” Von verstorbenen Bridgefreunden geerbte Golfschläger habe ich Duzende im Keller, selber nutzen tue ich sie noch nicht. Aaron warnte auch davor. “Wenn ältere Männer Golf spielen, ist es, wie wenn sie masturbieren. Es macht ihnen selber Spaß, aber für die Zuschauer wirkt es etwas peinlich”. – Ich werde meine geerbten Golfschläger wohl besser ungenutzt weitervererben!
1. “Agricola”
Uwe Rosenberg hat wieder zugeschlagen und ein neues Werk präsentiert, das mit seinen komplizierten Querwirkungen dem “Zepter von Zavandor” nicht nachstehen dürfte. Beim Zusammenbau des Spielplans war Peter vom “innovativen Konzept” ganz begeistert: eine gelungene Umsetzung von Asymmetrie in der Symmetrie. (Kauft Euch das Spiel, und Ihr werdet verstehen, was damit gemeint sein könnte.) Dann fing Günther mit der Erklärung an. Erst mal das Grobe und Allgemeine, dann die Details. Nach anderthalb Stunden (90 Minuten) waren wir einigermaßen durch und Günther lobte die Zuhörer für ihre Disziplin und Geduld. Dabei brannten wir förmlich darauf, endlich anfangen zu können.
Die Spieler sind – wie der Lateiner schon weiß – Bauern und betreiben Landwirtschaft. Aufbau von Ackerbau und Viehzucht, Ausbau von Haus und Hof, Vermehrung von Vieh, Kinderkriegen in der Agricola-Familie, Ernährung sichern und lauter gute Entwicklungszüge tun, die in der Zukunft tausendfältige Frucht tragen sollen. Doch die Zukunft hat noch längst nicht begonnen. Zunächst zieht sich alles ziemlich zäh dahin.
In den zwei Züge, die jeder Spieler pro Runde frei hat, rangeln sie sich um die lukrativsten Aktionsfelder, auf denen sie Baumaterial erwerben oder Entwicklungskarten ausspielen dürfen. Nach einer knappen Stunde Spielzeit hatte noch keiner ein Haus gebaut, keiner ein Kind gekriegt, Günther hatte als einziger ein Kornfeld umgepflügt, doch für die Aussaat hatte seine Zugkapazität noch nicht gereicht.
Das mächtigste Spielelement sind die zu Spielbeginn zufällig verteilten Sonderkarten für “kleine Anschaffungen” und “Ausbildung”. Damit kann man künftige Investitionskosten reduzieren und seine Effizient beim Brezel-Backen und Schweine-Verwursteln erhöhen. In bestimmten Rundenabständen gibt es “Ernährungsphasen”, in denen man seine Familie mit Nährwerten versorgen muß. Wer nicht genug hat, bekommt “Bettelkarten”, die bei Spielende als Minuspunkte zählen.
Hier entzündete sich eine lebhafte Diskussion über die Regelauslegung. Nach dem Aufdruck auf den Kochstellen-Sonderkarten darf man Getreide nur dann mit einem besseren Tauschkurs zu Brot verbacken, wenn man die Aktion “Brot-Backen” gewählt hat. Nach dem Text im Regelbuch, erlauben in der Ernährungsphase “Feuer und Kochstellen, sowie andere geeignete Ausbildungen und Anschaffungen, Getreide und Gemüse zu einem besseren Tauschkurs umzuwandeln”. Darf man jetzt in der Ernährungsphase, aber außerhalb der Aktion “Brot-Backen” mit einer Kochstelle Getreide zu Brot verwandeln oder nicht? Peter fand in den Regeln den “Beweis”, daß man es nicht darf. Walter bestritt den Beweis, und hielt Peters Argumentation lediglich für eine (zweifelhafte) juristische Auslegung. “Beweise gibt es nur in der Mathematik”.
Doch die Diskussion verlief bei aller Kontroverse äußerst friedlich. Es ging nicht um Sieg oder Niederlage, sondern nur um die gemeinsame Kritik an den unglücklichen Formulierungen in der Spielregel. Aaron meinte, die unnötigen Erklärungssätze im Regelheft seien nur eine Hilfestellung für die Dummen. Die Klugen würden die Situation auch ohne diese Sätze problemlos verstehen; doch mit diesen Sätzen könnten sie stundenlang um die Auslegung streiten. Wir waren offensichtlich Halbgebildete, denn unsere Diskussion dauerte nur eine halbe Stunde!
Es ging auf Mitternacht zu, und Peter drängte wie immer auf die letzten Züge (und auf seinen U-Bahn-Anschluß). Es sah nicht schlecht für ihn aus, aber Günther hatte seinen “Agricola”-Erfahrungsvorsprung in die letzten benötigten Siegpunkte umsetzen können.
Dann durften wir noch alle gemeinsam eine halbe Stunde lang das Spielmaterial wieder wegräumen. Für Schafe, Wildschweine und Rinder, für Gemüse und Getreide, für Lehm, Holz und Stein, und für tausenderlei anderes Zubehör hatte Günther tausenderlei Plastikbeutelchen, in denen alles wieder fein säuberlich eingetütet wird. Bei vier Stunden Spielzeit ist das ja wohl auch noch zu verkraften.
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 7, Peter: 5, Walter: 7
Walter wird eine Rezension schreiben.
2. “Flaschenteufel”
Nach der schweren Kost noch ein kurzer, aber keineswegs leichter Absacker. Aaron machte uns dreimal den Wolfgang, Günther und Walter schnellten sich bis in die Gegend von 150 Punkten hoch.
Weiterhin eine ungebrochen hohe WPG-Wertung.

28.11.2007: Essen 2006, 2007, 2008

Schon voriges Jahr auf der Essen 2006 waren Moritz und Aaron dem englichen Spieleautor Alan Paull begegnet, der mit seinem Spiel “Confucius” schwanger ging. Aaron fand die Spielidee schon durchaus präsentabel, doch Alan meinte, er müsse noch mindestens 2 Jahre daran arbeiten. Das sind die Zeitspannen, in denen wirklich ambitionierte Spieleerfinder denken und arbeiten müssen.
Dieses Jahr hat Alan uns versprochen, eine Testversion seines Spieles zur Begutachtung zu übersenden. Jetzt kam das Spiel an, Moritz hat es übernommen und uns damit das Vergnügen eines neuen Spiels und zugleich die Pflicht einer kritischen Beurteilung geboten. Hier ist der erste Eindruck.
1. “Confucius”
Die Material der nagelneuen Testausstattung besaß einen professionellen Anstrich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die frische Farbe an den großen Holzpöppeln duftete, als wären sie gerade erst beim chinesischen Spiele-TÜV durchgefallen. Doch ansonsten war das Material von bestechender Qualität. Alle Teile fein ausgestanzt und handbeklebt. Karten und Geldscheine waren einzeln in eine Plastikhülle eingeschweißt, damit der Zahn der Zeit nicht so schnell daran nagen kann. Ein schwarzes Säckchen aus edler chinesischer Seide mit einem aufgestickten goldenen Drachen dient dem verdeckten Nachziehen von Ministerialbeamten. Von beeindruckendender Eleganz, doch nach Moritz “das unwichtigste Teil des Spiels”.
Hans durfte die Vorgaben zur Startaufstellung vorlesen. Allein das dauerte seine 10 Minuten. Dann übernahm Moritz die Regie und begann mit der Erklärung der Spielregeln: 20 Seiten Regelheft mit durchaus noch unausgegorenen Formulierungen vor kritischen Westparkern vorzutragen, ist schon eine Herausforderung. Mehrmals ging er freiwillig in die Defensive und entschuldigte sich dafür, daß er selber die Regeln noch nicht beherrschte. Er nahm auch gleich prophylaktisch einer entstehenden Ungeduld den Wind aus den Segeln: “Das Spiel ist wahnsinnig kurz und wir erklären ewig lang!” Doch keiner hatte ihn angegriffen, wir hingen alle ganz geduldig an seinen Lippen und waren hingerissen von der Fülle an Regelwerk, das auf dem Spielbrett untergebracht war. Nach einer guten Stunde intensiven Studiums waren wir durch und konnten anfangen.
Denken, lavieren, schlechte Züge zurücknehmen (ohne Widerspruch), normale Züge zurücknehmen (mit Widerspruch), argumentieren, warum die normalen Züge schlechte Züge waren (wegen des Widerspruchs), lavieren, denken. So zog sich das Spiel in die Länge.
Es geht um Macht und Einfluß am chinesischen Hof. Pro Runde haben die Spieler 3-5 Aktionen frei, in denen sie
– sich Geld- oder Einflußscheine besorgen
– Beamte in den Ministerien unter ihren Einfluß bringen
– sich selbst als Kandidaten für das kaiserliche Examen bewerben
– Armeen oder Schiffe kaufen und sie in Einsatzgebiete entsenden
– Geschenke kaufen und sie ihren Mitspielern als Bestechung darreichen
Wenn eine Aktion nicht gerade Geld einbringt, dann kostet sie welches; deshalb müssen die Spieler regelmäßig einen Teil ihrer Züge in die Geldbeschaffungsaktionen investieren.
Um den Einfluß auf Beamte gibt es einen Verdrängungswettbewerb unter den Spielern, jeder kann den anderen ausbooten. Wer zuletzt zahlt, macht das Rennen. Hans wunderte sich, doch der erfahrene Aaron konnte ihn beruhigen “So funktioniert Korruption!”
Billige Beamte sind besonders beliebt, sie wechseln schnell mal für zwei, drei Mark die Seiten. Die teueren Beamten für sechs, sieben Mark bleiben länger im Besitz eines Spieler, dafür werden sie umso lieber in Zuge des Ämterkarussels durch die examinierten Kandidaten ersetzt.
Irgendwann werden die Mehrheitsverhältnisse in den Ministerien ausgewertet und dafür Siegpunkte verteilt. Es ist nicht immer einfach zu erkennen, wer bei den verschiedenen Wertungskriterien die Nase vorn hat. Die Einflußfaktoren Machtanteile, aktive Bestechung, Zugreihenfolge, Führungsposition und Geldmittel spielen ziemlich kompliziert ineinander. Am Ende winkte hier die Erkenntnis: Nur hohe Bestechungen zahlen sich aus. Ein Mittelmaß ist selbst bei Bestechungen keinen Pfifferling wert.
Siegpunkte bekommt man auch für ausreichend Schiffe in den Zielgebieten und für Armeen in vollständig eroberten Ländern. Zu seiner ersten Eroberung zog Moritz ganz alleine aus. Doch weil das ohne Hilfstruppen zu teuer ist, bot er seine gesamte Überzeugungskraft auf, die Mitspieler reihum in den Krieg zu locken. Nach einigen Fehlversuchen mangels Masse oder aus Regelunkenntnis lies sich Hans schließlich “für sichere Siegpunkte” dazu überreden, seine Pflugscharen in Schwerter zu verwandeln.
Dabei hatte Moritz absolut recht: die Siegpunkte sind allgemein sehr dünn gesät und man muß dankbar und glücklich sein, wenn man beim harten Gerangel um Posten und Positionen ein paar wenige, nicht mehr wegnehmbare Siegpunkte auf seine Seite gebracht hat. Dieses flache Punktegefälle geht natürlich zu Lasten der Spannung. Wer kann heutzutage schon für einen einzigen Siegpunkt seine Emotionen hochsteigen lassen? Die elendige Rechnerei bei der Vorausschau auf Teilergebnisse und die nicht steuerbaren Abläufe durch die unbekannten Ambitionen der konkurrierrenden Mitspieler, denen man wehrlos ausgeliefert ist, kann man nur mit einer gelassenen, konfuzianischen Lebenseinstellung über sich ergehen lassen. Doch diese hatten wir.
Es gibt noch einiges zu tun, bis “Confucius” wirklich ein spritziges Kampfspiel ist. Konfuzius meinte: Der Mensch hat dreierlei Wege, klug zu handeln; erstens durch Nachdenken, das ist das Edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist das Leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist das Bitterste. Den bitteren Weg hat der gute Alan Paull noch vor sich.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Hans: 7, Moritz: 7, Walter: 6.
Moritz schreibt einen Testbericht, doch der wird sicherlich nicht für die Öffentlichkeit sein.
2. “Bluff”
Den Übergang von der Schwerstarbeit mit “Confucius” zu unserem Standardabsacker kommentierte Hans mit: “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen”.
Er durfte das Endspiel mit 3:3 Würfeln gegen Moritz beschreiten. Moritz legte einmal die drei vor und Hans hob auf zweimal Stern. Das war bereits deutlich über Schnitt, doch Moritz hatte selber zwei Sterne unter seinem Becher. Er unterstellte Hans keine Bluff-Tollkühnheit und hob auf drei mal den Stern. 3:2 für Moritz!
In Unterzahl mußte Hans etwas riskieren. Er hob Moritz nichtssagende Vorgabe auf 2 mal die Fünf. Diesmal unterstellte ihm Moritz eine Bluff-Tollkühnheit, was es auch war: Keine einzige Fünf lag auf dem Tisch. Kantersieg für Moritz

21.11.2007: 18xx-Dampf über Holland

Zweimal im Jahr hat eine Lufthansa-Stewardess Bereitschaftsdienst. Dann ist sie rund um die Uhr verpflichtet, nach einer telefonischen Aktivierung innerhalb von einer Stunde am Flughafen zu sein. Da kann sie nicht mehr viel nebenher unternehmen. Am besten sitzt sie mit gepacktem Koffer zu Hause und wartet auf den Anruf.
Wie gerufen kommt dann ein Spielabend im Hause des Vaters! Die alten, fast zwanzig Jahre zurückliegenden Kampfgenossenschaften werden aufgewärmt und neue Spielleidenschaften entfacht. Die Tochter ist hat die Zerstreuung und der Vater den Erzeugerstolz!
1. “Steam over Holland”
Das neueste Mitglied der 18xx-Familie. Das Markenzeichen “18xx” kommt nicht im Namen vor, aber sonst ist alles wachechtes Familienerbe: Gelbe, grüne und braune Hexatiles werden auf die Landschaft um die Zuiderzee gelegt und stellen Zugverbindungen zwischen Apeldorn und Gouda dar. Privatbahnen helfen beim Einschwingen der Startaufstellung, die staatlichen Linien kämpfen gegen den Verfall ihrer Lokomotiven, und die Spieler kämpfen auf dem Aktienmarkt und auf dem Streckennetz um Positionsvorteile und Siegesgulden.
Der Autor Bart van Dijk hat sich erfolgreich bemüht, die hohen Spielzeiten der 18xx-Spiele zu verkürzen: Es gibt weniger Linie, die Szenerie in Holland ist ohnehin kleiner als in anderen Teilen der Eisenbahnwelt und das Spielende wird zwangsweise nach 5 Bankrunden und 10 Operationsrunden erreicht.
Bei uns bekam gleich in der ersten Runde jeder eine Linie in die Hand und war glücklich, Streckenallianzen anbieten, Monopol-Token legen und Zugkäufe manipulieren zu können. Es wickelten sich harte Kämpfe ab, doch die Grundstimmung war nicht verbissen, sondern eher neugierig. Galt es doch für alle, die Geheimnisse dieses neuen Ablegers eines weltberühmten Stammes zu ergründen.
Nach einer Stunde Klönen und Erklären und drei Stunden Spielen waren wir durch. Günther hatte gewonnen. Ohne Zweifel bleibt anzuerkennen, daß er in seinen Koalitionen und Antikoalitionen die übliche Übersicht an den Tag legte und rechtzeitig seine Pfeile gegen die schärfsten Konkurrenten abschoß. Doch muß ich ihm auch einen Zacken aus der Krone brechen: Er hatte das Spiel jetzt schon zum dritten Male gespielt und wußte besser als die anderen, wo sich in Holland die neuen Brennpunkte abzeichnen würden.
WPG-Wertung: Aaron: 8, Günther: 8, Sabina: 8, Walter: 10.
Walter schreibt eine Rezension.
2. “Filou”
Die Lufthansa hatte sich noch nicht gemeldet und glücklicherweise gibt es in München ja Nachtflugverbot. Sabinas Nacht würde also aus mindestens 5 Stunden Schlaf bestehen. Für den kleinen 10-minütigen Absacker “Filou” wird da wohl noch Platz sein.
Ein gelungener Absacker ist “Filou” allemal. Nicht viel mehr, aber das ist doch schon eine ganze Menge.
Sabina blieb mit ihren 7 Punkten fast einen ganze Punkt unter dem bisherigen WPG-Durchschnitt.
3. “Bluff”
Im ersten Endspiel kämpfte der David Aaron mit einem Würfel gegen den Goliath Günther mit 3 Würfel. Nach dem Standard-Vorgeplänkel 1 mal die Vier und 1 mal die Fünf hob Aaron auf 1 mal den Stern! War sein einziger Würfel ein Stern oder hatte er Günthers Würfel mit einbezogen. Günther zog auf 3 mal die Drei, und das war es dann auch: Er hatte zwei Sterne und eine Drei unter seinem Becher, Aaron nur eine Vier.
Im zweiten Endspiel waren die Rollen vertauscht, David Günther mußte mit einem Würfel gegen Goliath Aarons drei Würfel antreten. Er konnte noch auf 2:1 verkürzen und die Spannung steigern. Mit 1 mal die Fünf versuche er es dann mit seiner Standard-Vorgabe. Aaron dachte kurz nach und steigerte dann auf 2 mal die Eins.
Günthers richtige Nicht-Geblufft-Schlußfolgerung: Aaron mußt einen Stern und eine Eins haben! Günther hob auf 2 mal die Zwei. Aarons richtige Nicht-Gebluff-Schlußfolgerung: Günther mußte eine Zwei haben. Was konnte er da noch tun? Aaron legte seinen Stern raus, hob auf 3 mal die Zwei und würfelte nach. Eine … ZWEI!

14.11. 2007: “Tribun” ohne Sextett

Loredana hat es geschafft. Nach einer Rekordzeit von 4 Jahren hat sie ihr Diplom abgelegt und kann unseren WPG-Kreis um den dritten Diplom-Mathematiker erweitern. Herzlichen Glückwunsch! Jetzt fehlt nur noch eine gute Arbeitsstelle zum Glück! Doch mit Deiner Gewitztheit und dem Dir angeborenen Charme wirst Du diese Hürde auch noch meistern. Den besten aller Lebensabschnittspartner hast Du Dir ja immerhin schon ergattert!
Und auch das wollen wir in unserem Tagebuch festhalten: Für Dein frischgebackenes Diplom hat Moritz heute sogar freiwillig auf seinen Stammplatz am Westpark verzichtet! Alle Achtung!
1. “Tribun”
Schon im Vorfeld hatte Günther dieses Spiel zur Sprache gebracht: “denn das müssen wir aus gegebenen Anlass auf jeden Fall spielen und diskutieren”. Dessen Autor, Karl-Heinz Schmiel, hatte ihn nämlich angesprochen, ob er nicht eine Computer-Version vom “Tribun” herstellen möchte. Bevor Günther hierfür aber 200 private Arbeitsstunden investiert, allein aus Spaß an der Freud, wollte er sich vergewissern, ob es der Spielmechanismus überhaupt lohnt.
Die Spieler müssen sich als Macher in der römischen Republik bewähren. Sie setzen pro Runde ihre Pöppel auf ausgewählte Aktionsfelder auf dem Spielbrett, wo sie im wesentlichen Einflußkarten oder Geld erwerben. Mit den Einflußkarten kämpfen sie um die Fraktionsführung der verschiedenen Gruppierungen – vom Plebs über die Patrizier bis zu den Senatoren. Geld spielt eine wichtige Rolle, weil die Einflußkarten gekauft oder ersteigert werden müssen, und Kartenpflege ist von Bedeutung, weil zur Fraktionsübernahme gezielte Kartenkombinationen benötigt werden.
Wer als erster eine Anzahl von Siegbedingungen erfüllt hat, beendet das Spiel als Sieger. Die Siegbedingungen erfordern ein Engagement in den verschiedenen Arealen der Spielelandschaft: Es gilt Legionen zu rekrutieren, die Gunst der Götter zu erringen, den Tribun zu stellen oder schlicht Geld anzuhäufen. Jedes Besitztum gewährt Vorteile für die weiteren Aktionen. Welche Elemente hier in der Anfangsphase die größten Vorteile erbringen, ist nicht leicht auszumachen. Auch nach mehreren Spielrunden wissen wir es noch nicht. Vielleicht wird Günthers Simulation dazu ein paar entscheidende Erkenntnisse hervorbringen.
Sicherlich wird der Sieg nicht ohne eine gehörige Portion Glück errungen: die zufällig austeilten Einflußkarten und ihre pro Runde neue Verteilung auf dem Spielbrett bestimmen den Radius der Veränderungsmöglichkeiten eines Zuges; wer Glück hat, kann seinen Besitztum ungefährdet halten, wer Pech hat, dem kommt in der undurchsichtigen Konkurrenzsituation schon beim nächsten Zuge alles unter die Räder.
Walter beendete das Spiel als Sieger, aber warum, das konnte er auch nicht sagen. Es war wohl das Gegenteil von “dumm gelaufen”.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (1 Punke weniger), Günther: 7, Loredana: 7, Peter: 7, Walter: 7
Walter schreibt eine Rezension.
2. “Filou – Die Katze im Sack”
Ein leichtes lockeres Versteigerungsspiel, bei der man erst am Schluß einer Versteigerung erkennen kann, ob man sich einen Stich mit einer lohnenswerten Menge Siegpunkte oder gar nur Minuspunkte eingehandelt hat.
Jeder Spieler gibt verdeckt eine Punktekarte aus seiner Kartenhand zum Versteigerungsstich. Die Karten haben Werte zwischen Minus-8 und Plus-15. Hundekarten neutralisieren den höchsten bzw. den niedrigsten Punktewert, mehrere Hundekarten neutralisieren sich gegenseitig.
Die Spieler bieten reihum mit Plastikgeld um den Stich. Wer aussteigt, kassiert eine Aussteigerprämie; je später man aussteigt, desto höher ist sie. Pro Aussteiger wird eine Karte des Versteigerungsstiches umgedreht, so daß man immer besser abschätzen kann, wieviele Punkte wohl insgesamt zu ersteigern sind.
In welcher Reihenfolge soll man seine Karten zum Versteigerungstich zugeben? Welche Rolle spielt dabei der Startspieler bzw. die Zugreihenfolge? Um welchen Betrag soll man bei der Versteigerung erhöhen? Wieviel sind die ausliegenden Punkte wohl wert? Wann steigt man aus, um eine möglichst hohe Prämie zu kassieren? Lauter schwierige Fragen in einem ganz einfachen Spiel. Und keine kann befriedigend beantwortet werden. Es bleibt zu viel Unwägbares übrig in einem Spiel, in dem man ständig Entscheidungen treffen muß.
Ein guter Absacker ist es allemal, doch Peter konstatierte: “Kein Spiel kann “Bluff” ersetzen”!
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 8, Loredana: 9, Peter: 8, Walter: 7
3. “Bluff”
Es gab keinen einzigen großen Verlust, immer nur einzelne Würfel mußten hergeben, bis sich Peter und Walter in einem 4:4-Endspiel gegenüberstanden. Wieder gab es ein zähes Ringen Würfel für Würfel, bis zum Stand von 2:1 für Peter. Jetzt warf er jetzt zwei Sterne und konnte ganz leicht Katz und Maus spielen. Mit der Vorgabe 1 mal die Eins steckte er sich eine Menge Pfeile in den Köcher. Doch Walter warf schon ganz früh das Handtuch: er zweifelte an und aus war’s.
Er hatte eine Drei unter seinem Becher. Wie hätte hier wohl ein etwas hartnäckigerer Zweikampf ausgesehen? Irgendwie wären die beiden Sterne wohl doch immer der Sieger geblieben.

10.10.2007: W. Eric Martin mit “Uptown” und “Master of Rules”

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Nächste Woche fängt in Essen die Spiel 2007 an und die professionellen Spiele-Publizisten aus dem Ausland rücken jetzt schon langsam in Deutschland an. W. Eric Martin (lieber Eric, verzeih’ mir das Dabbeljuh!), Webmaster und Chefredakteur von Boardgame News, hat sich mit seiner Frau Linda bei uns angesagt, und ihm zu Ehren haben wir zwei Tische aufgemacht.
Gewohnt pünktlich um 20 Uhr hatten sich die acht Westparker eingefunden. Die amerikanischen Gäste ließen noch auf sich warten. Bange Blicke auf die Uhr: Hoffenlich haben sie ihre Uhren schon auf Mitteleuropäische Sommerzeit eingestellt! Wer weiß! Fangen wir schon mal an.
1. “Bluff”
Ein ideales Spiel, um die Zeit zu überbrücken, solange die amerikanischen Gäste noch nicht da sind und zum Warming-Up, als sie dann endlich erschienen waren. Für 10 Mitspieler braucht man zwei Sätze Würfelbecher und Würfel, aber nur ein Spielbrett und nur einen roten Vorgabe-Würfel. Nach einer Überrundung ist die “1” dann gleichbedeutend mit der “21” und bei Sternen mit der “11”. Die Varianz wächst mit der Anzahl Teilnehmer. Wer zu Unrecht anzweifelt oder mit Unrecht angezweifelt wird, ist ganz schnell ganz draußen. Aber “Bluff” hat ja die schöne Eigenschaft, daß man mit Lust und Spannung auch als Nur-Zuschauer dabei sein kann.
W. Eric konnte selbst die 40 Anfangswürfel mit Umsicht meistern. Sein haarscharf nochmal Davongekommensein quittierte er häufiger mit einem befriedigten “so close”! Das Endspiel bestritt er gegen Walter. Hier konnte er nochmal seine hervorragende Taktik und Psychologie ausspielen. Mit 2 gegen 2 Würfel legte er 1 mal den Stern vor. Walter hatte selber einen Stern und eine Zwei gewürfelt und fühlte sich schon als Sieger. Understatement war seine Devise: 2 mal die Eins! Eric zweifelte an, er hatte selber nur eine Zwei und eine Drei unter seinem Würfelbecher.
Beim 2:1-Stand ging Eric mit 1 mal die Eins ins Rennen. Walter hatte genau die 1 gewürfelt, was sollte er tun? Zwei mal die Eins? Das was sein Ende, denn Eric hatte wieder nur zwei mittlere Zahlen unter seinem Becher und konnte final anzweifeln.
2. “Uptown”
Jetzt teilte sich die Gruppe. Aaron, Birgit, Günther, Hans und Horst wendeten sich einem “Zooloretto” zu. Schließlich hatten sie es zum WPG-Spiel-des-Monats gekürt, da konnten sie ja nicht gleich mit “Nein, meine Suppe eß ich nicht!” die Nase rümpfen.
Andrea, Eric, Linda, Moritz und Walter durften dagegen ein nagelneues “Uptown” kennenlernen. Jeder Spieler hat den gleichen Satz von Plättchen, die reihum aufs Spielbrett gelegt werden. Jedes Plättchen gehört zu einer Gruppe, für die jeweils 9 der insgesamt 81 Felder des Spielbretts zugelassen sind: entweder eine vollständige Reihe, eine Spalte oder ein internes 3×3 Felder großes Quadrat. Man muß seine Plättchen so legen, daß sie am Ende möglichst wenige zusammenhängende Ketten bilden. Wer dann die wenigsten separaten Ketten hat, hat gewonnen.
In einer Fünfergruppe ergibt sich ein Menge Interaktion um die Felder, über die getrennten Ketten verbunden werden können. Man darf nämlich auch fremde Plättchen vom Spielbrett entfernen und seine eigenen dafür hinlegen, solange man damit eine fremde Kette nicht in zwei Teile zerlegt. Das Ergebnis ist ein spannender, kurzweiliger Kampf, der voller spielerischer Grundstimmung ausgetragen wird.
WPG-Wertung: Andrea: 8, Eric: 8, Linda: 7, Moritz:7. Walter: 8 (fast 9)
3. “Master of Rules”
Ein japanisches Kartenspiel von Susumsu Kawasaki, das heuer auf der Spiel 2007 in Essen vorgestellt wird. Jeder Spieler bekommt eine Reihe von Karten mit Zahlen und mit Bedingungen ausgeteilt und muß pro Runde je eine Zahlenkarte und eine Bedingungskarte ausspielen. Danach wird gewertet. Wenn die auf dem Tisch liegenden Zahlenkarten eine gespielte Bedingung erfüllen, bekommt der Spieler, der die Bedingungskarte gespielt hat, einen Siegpunkt.
Die Bedingungen lauten:
– Trio: Auf dem Tisch liegen mindestens 3 Karten der gleichen Farbe.
– Limit 23: Die Summe der ausgespielten Karten ist höchstenfalls 23
– Best of the Best: Ein Spieler hat die höchste Zahl in der meistgespielten Farbe ausgespielt.
– Unique: Die von einem Spieler ausgespielte Karte ist die einzige ihrer Art auf dem Tisch.
Hinter der Reihenfolge, ob man zuerst eine Zahl oder eine Bedingung ausspielt, können ganz komplexe Überlegungen stehen. Einerseits sollte man seine Bedingungen nicht zu früh verraten, andererseits muß man eine gewünschte Bedingungskarte rechtzeitig ausspielen, bevor es ein anderer tut, weil damit alle anderen gleichlautenden Bedingungskarten blockiert sind.
Dieses Blockieren ist ein ziemlich ärgerliches Element; der letzte Spieler hat oft keine freie Bedingung mehr, sondern muß zwangsweise eine Bedingung spielen, die er a priori schon nicht mehr erfüllen kann. Wir hätten es besser gefunden, wenn es deutlich mehr verschiedene Bedingungen gegeben hätte als Mitspieler.
WPG-Wertung: Andrea: 5, Eric: 6, Linda: 5, Moritz: 5, Walter: 5 (könnte mit leichten Regelvariationen verbessert werden)
4. Podcast beim “Pow Wow”
Während die Zooloretto-Gruppe sich noch mit Pow-Wow, einer Bluff-Variante, vergnügte, produzierten Eric und Moritz schnell noch on the flight eine Podcast-Aufnahme für die Dice-Tower-Reihe. Wir konnten es als verblüffte “Studiogäste” life miterleben. Gekonnt ist gekonnt.
5. “Verflixxt!”
W. Eric Martin und seine Frau Linda wollten mal wieder früher ins Bett kommen als die Tage davor. Auf Birgit wartete am nächsten Morgen eine anstrengende Untersuchung (was kann das bei einer Kriminalistin wohl sein?) und sie schleppte ihren Lebenspartner auch gleich mit ab. So blieben gegen 23 Uhr sechs reinrassige Westparker übrig und mußten sich auf einen Absacker einigen. Die Wahl fiel auf “Verflixxt! ” – Urversion, ein leichtes lockeres Würfelspiel um Plus- und Minuspunkte und um Zaubermittel, die Schlechten in die Guten zu verwandeln.
Günther gab Aaron Tips für gute Spielzüge, die ihm zwar auch selber zugute kamen, im Haupteffekt allerdings Moritz schadeten. Ausgerechnet Günther beging dieses große Sakrileg gegen unseren langjährigen Westpark-Gamers-Codex. Moritz fand das gar nicht gut. Er beklagte sich: “Wenn Günther gewinnt, dann nur wegen Aaron! ” Aaron verteidigte seine Züge: “Sonst hätte ich Dich begünstigen müssen!” Doch Moritz lies sich nicht beruhigen: “Ich habe aber nicht geführt!” Mit seiner genialen Spieleanalyse hatte er nämlich schon nach dem zweiten Würfelzug Günthers führende Position ausgemacht.
Womit er am Ende nach ungefähr einhundert Würfelzügen auch tatsächlich richtig lag! Dank Aaron?

26.09.2007: Wiederholung vor der Uraufführung

Unsere Spielabende dauern in der Regel bis gegen 1 Uhr Nachts. Dann setze ich mich an meinen Computer und schreibe noch schnell das Session-Tagebuch. Damit die Eindrücke des gemeinsamen Spielens ganz frisch und ungefiltert festgehalten werden. Und wenn die anderen morgens aufstehen, können sie gleich lesen, wie der letzte Abend verlaufen ist.
Gestern hat mein Computer den Geist aufgegeben. Ventilator oder Graphikkarte oder Netzteil. Jedenfalls wurde der Bildschirm schlagartig schwarz und auf keinen Knopfdruck wollte der Aparillo noch mal eine Lebenszeichen von sich geben.
In einem modernen Haushalt hat natürlich jedes Familienmitglied einen eigenen Rechner. Glücklicherweise kann ich jetzt auf dem Rechner meiner Frau meine nächtlichen Schreiberein erledigen. Sie liegt um diese Zeit ja schon längst im Bett und schläft den Schlaf der Gerechten. Vorsorglich habe ich die beste aller Ehefrauen auf meine Situation aufmerksam gemacht und ihr mitgeteilt, daß ich heute auf ihrem Rechner schreiben werde.
Jetzt ist der Spielabend vorbei. 1 Uhr ist auch längst vorbei. Aber was macht meine Beste? Sie sitzt vor ihrem Rechner und macht Datensicherung! Ihr Computer könnte ja auch mal den Geist aufgeben. Es wurde höchste Zeit!
1. “Sechsstädtebund”
Das Spiel wird erst nächsten Monat in Essen der Welt vorgestellt, aber die Proberunden haben uns so gut gefallen, daß wir das Hauptprogramm von letzter Woche gleich einem erweiterten Teilnehmerkreis vorstellen wollten.
Die Spielmechanisman sind unbestritten vorzüglich. Die Spieler bieten um die beste Stadt, suchen sich dort das optimale Angebot an Waren, Geld oder Pferden aus und machen damit Siegpunkte.
Das geilste Regel-Element ist der Verdrängungswettbewerb in den Städten. Jeder Spieler geht zu einer beliebigen Stadt auf dem Spielbrett. Ist die Zielstadt noch unbesetzt, so platziert man sich dort und fertig ist der Zug. Steht dort aber bereits ein Spieler, so muß man ihm Geld bezahlen, wenn man ihn von dort verdrängen will. Der Platzhirsch kann aber auf seiner Stadt beharren und dort bleiben wollen; dann muß er seinerseits dem Bedränger Geld anbieten, damit dieser weiterzieht. Diese Geldangebote können beliebig wiederholt werden, sie nehmen immer höhere Werte an, bis einem Spieler die Luft oder die Lust ausgeht. Er streicht dann die Verdrängungsprämie ein und kann sein Glück beim nächsten Mitspieler versuchen. Die gebotenen Geldsummen gehen also nicht an die Bank, sondern bleiben unter den Spielern.
Die Bewegungen von Stadt zu Stadt kosten ebenfalls Geld, so daß der Verdrängte von der gerade eingeheimsten Prämie gleich wieder etwas ausgeben muß. Diesmal muß man aber an die Bank zahlen. So werden die liquiden Mittel immer weniger und irgendwann gibt ein jeder Ruhe und benügt sich mit der Stadt, die seiner finanziellen Potenz entspricht.
Im “Sechsstädtbund” heißt das Geld “Knappen”. Damit soll ein mittelalterliches Kolorit hineingebracht werden, obwohl richtige Münzen hier sicherlich funktioneller wären. Aaron führte bei seiner Regelerklärung dieses Zahlungsmittel ganz im Sinne seiner Anwendung mit “Geh-Punkte” ein. Hier hakte Moritz sofort ein und fragte: “G-Punkte?”
Birgit wollte noch wissen, woher man die bekommt, doch Aaron ersparte es sich, ihr zu sagen, daß diese zur Grundausstattung gehören.
WPG-Wertung: Aaron bleibt bei seinen 8 Punkte, Birgit und Moritz vergaben je 7, und Walter machte aus seinem 7 Minus ein 7 Plus.
Aaron hat schon eine Rezension schreiben.
2. “Manila”
In memoriam von Franz-Benno Delonge legten wir nach langer Zeit mal wieder sein “Manila” auf. Aaron hatte das Spiel mitgebracht, obwohl er es gar nicht mehr so gut findet wie früher. Er konnte gar nicht verstehen, was Peter hieran so gut gefällt. Dabei hat Peter es noch gar nicht gespielt, sondern leidet hier immer noch unter dem weißen Fleck auf seinem Spieleglobus.
Walter kämpfte in alter Gewohnheit um den Hafenmeister. In der ersten Runde konnte er ihn schon für 11 Rupien ersteigern, und die Preise zogen nur langsam an. Aaron bekam dadurch oft genug die undankbare Position des Letzten in der Zugreihenfolge. Zuerst stachelte er seine Mitspieler auf, die Hafenmeisterrolle doch nicht so billig herzuschenken, dann verlegte er sich aufs Lamentieren über seine unglückliche Sitzposition. Schließlich gingen die Preise in die Höhe, und es wurden auch schon mal stolze 36 Rupien für diese Rolle hingeblättert.
Am Ende gewann aber nicht Walter, der am häufigsten den Hafenmeister gespielt hatte (und sogar als Pirat zweimal erfolgreich war), auch nicht Moritz, der den Hafenmeister am teuersten ersteigert hatte (das war ja eher seine Tragik), sondern an – AARON!
Doch der Sieg konnte seine Vorbehalte nicht ausräumen. Während sich Birgit mit 8 Punkten im guten WPG-Durchschnitt positionierte, trotzte Aaron: “Ich gebe ihm nur noch Sex”. Oder war das etwa kein Trotz?
3. “Feuerteufel”
Die Kontroverse um den Charakter dieses Spiels ist entschieden: Allen Unkenrufen zum Trotz ist es nur zu 20 Prozent ein Glücksspiel, aber zu 80 Prozent ein Spiel, in dem der Beste und Erfahrenste gewinnt.
Birgit wurde als Neuling gleich mal mit der Loser-Rolle bedacht. Sie behielt auch wirklich im ersten Spiel den Teufelsstich, schaffte es aber bereits im zweiten Spiel auf Plus-Minus 0 Punkte und hatte nach dem dritten Spiel bereits den Anschluß an das Hauptfeld gefunden.
Als Spielende hatten wir ein niedriges Absacker-Limit von 100 Punkten festgesetzt. Nach 5 Spielen war Moritz der sichere Sieger, doch Birgit hatte sich auf den zweiten Platz vorgearbeitet und die Experten Aaron und Walter weit hinter sich gelassen.
Ist der Flaschenteufel doch nur ein Glücksspiel? Was ist die Alternative zu dieser Schlußfolgerung? – Birgit ist eine geniale Spielerin! Ganz einfach, oder?
WPG-Wertung: Aaron: 8 (ein Punkt mehr), Birgit: 8, Moritz: 9 (zwei Punkte mehr!), Walter: 8 (ein Punkt mehr)
Walter hat schon eine Rezension geschrieben.

19.09.2007: Zu Fünft im “Sechsstädtebund”

Die Einleitung schreibe ich diesmal von Wikipedia ab:
“Die Oberlausitz ist eine Region, die zum größten Teil zu Sachsen, sowie zu kleineren Teilen zu Polen und Brandenburg gehört. In Sachsen umfasst die Oberlausitz in etwa die Landkreise Kamenz, Bautzen, Löbau-Zittau und den Niederschlesischen Oberlausitzkreis, sowie die beiden kreisfreien Städte Görlitz und Hoyerswerda.
Ihren Namen hat die Oberlausitz Ende des 15. Jahrhunderts von ihrem nördlichen Nachbarland Niederlausitz bekommen. Ursprünglich wurde nur dieses Lausitz genannt, was sich vom dort lebenden sorbischen Volksstamm der Lusici ableitete.”
Die Oberlausitz führt uns direkt zu unserem ersten Spiel.
1. “Sechsstädtebund”
Das Paläo-Ostdeutschland ist die Szenerie für ein nagelneues Handelsspiel, das der junge tschechische Spieleverlag Czech Games Edition dieses Jahr in Essen herausbringen will. Die Spieler bieten auf Städte in der Oberlausitz, treiben dort Waren ein, versuchen sie schneller als ihre Mitspieler an den Königshof zu transportieren und sie dort höchstbietend zu verkaufen.
Peter fand bei Aarons Regelerklärung sofort wieder einen “intelligenten Mechanismus”: Die Art, wie Spieler auf die Städte bieten, sich gegenseitig verdrängen und dafür berappen müssen, funktioniert ausgezeichnet. Aaron unterbrach sich selber in seinem Regelvortrag mit dem Zwischenruf “cool”! Später im realen Spiel ließ er sich hier allerdings beim Verdrängt-Werden zu einem “Blödmann” hinreißen. Doch das war weder böse gemeint, noch wurde es so aufgenommen. Es war einfach eine Anerkennung für die gekonnte Ausnutzung eines gelungenen Spieldesigns durch einen kühl rechnenden Konkurrenten.
Sehr intelligent ist auch das Prinzip, wie die Warenausbeute am Königshof in Punkte und Bonuskarten umgesetzt wird. Etwas überaschend kann man auch gute Punkte machen, wenn man gar keine eigenen Waren mitgebracht hat, sondern nur schnell genug ist und bei den Lieferungen der anderen mitabsahnt.
Das Spiel ist sehr gut ausbalanciert. Harte Spielkonstante (z.B. Priorität und Ausstattung der Städte) sind mit sanften Zufallsvarianzen (z.B. Stadtauswahl, Warenergiebigkeit, Kombinationen im Warenlager) organisch verschmolzen. Das Rad der Fortuna dreht sich schnell, und wir stehen ständig vor der Herausforderung, uns neu zu orientieren.
Es gibt viel zu rechnen und zu optimieren. Wieviel Geld bezahle ich für das Steuerrecht in welcher Stadt? Welche Waren treibe ich ein? Wieviel investiere ich in schnelle Pferde? Welche Warenregale suche ich in welcher Reihenfolge für die Ablage aus? Wir befürchteten schon im Vorfeld, daß unser Profidenker Hans mit seiner Optimierungsgeilheit unsere Geduld allzusehr strapazieren würde, doch er brauchte nicht (wesentlich) länger als die anderen.
Die letzten drei der sechs Spielrunden absolvierten wir sogar in je 10 Minuten; das ergäbe genau die angegebene Gesamt-Spieldauer von 1 Stunde. Dazu kommt noch die Schlußabrechnung. Doch bei uns waren zusammen mit unserer genüßlichen Märchenstunde für die Regelerklärung insgesamt zwei gute Stunden vergangen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (gut), Hans: 7, Loredana: 7, Peter: 7, Walter: 7 (knapp)
Aaron wird eine Rezension schreiben.
2. “Zoff im Zoo”
Eigentlich stand jetzt “Manila” auf dem Programm. Peter hatte es sich schon letzte Woche gewünscht und Aaron hatte es zum zweiten Mal mitgebracht. Doch um 22:30 Uhr wollte Peter kein zweites abendfüllendes Spiel mehr anfangen. In gekonnter Parteivorsitzender-Manier ließ er mit 1 gegen 4 Stimmen dieses Spiel von der Tagesordnung absetzen. Ein “Vorabsacker” sollte her. Er hatte ihn mit “Zoff im Zoo” auch gleich mitgebracht.
Mit (angeblich) mickrigen Karten in der allerletzten Runde konnte er sich vom Mittelplatz zum unangefochtenen Spitzenreiter emporschwingen. Kommentar: “Dieser Sieg macht mich richtig stolz!”
Keine neue WPG-Wertung für ein 8.1 Punkte Spiel
Reports gibt’s bei uns schon genug, doch für eine Rezension ist ein Achtjähriger schon zu alt.
3. “Bluff”
Im ersten Spiel ging Hans mit 5 Würfeln gegen zwei Konkurrenten mit einem und mit zwei Würfeln ins Endspiel. Wer hat jetzt wohl gesagt: “Du, Aaron, der Hans hat mehr Würfel als wir beide zusammen!” Es gibt nicht viele in unserer Reihen, die für solche sachlichen Aufmerksamkeiten in Frage kommen. Es gibt aber nur einen, der dem hinzufügen kann: “Dafür habe ich mehr Meilen als ihr beide zusammen!”
Auch im zweiten Spiel kam Hans groß raus und lag mit 4 Würfeln in sicherer Führung. Er wurde auch sogleich geschmeichelt: “Du hast ganz neue Bluff-Qualitäten entwickelt”. Doch mit dem Lob kam Hans nicht zurecht. In der folgenden Warmduscherrunde verlor er einen Würfel und in der nächsten Runde seine restlichen drei. Mit der hämischen Bemerkung “Das Mittelspiel mußt Du noch lernen” wurde er verabschiedet.
Walter fühlte sich zwischen Aaron und Hans eingeklemmt und plädierte auf Platzwechsel. Aaron und Hans blieben sitzen, Loredana machte uns den Günther und Walter machte allen den Moritz. Das ergab einen ganz neun Spielverlauf. Mit sauguten Vorgaben konnte Loredana im Endspiel gegen Walter von 1:4 auf 1:2 verkürzen. Dann hätte ihr 1-mal-die-Fünf den Gleichstand gebracht. Hätte …

13.09.2007: “Galaxy Trucker” zum Ersten

Schnell noch vor Essen hat uns der kleine tschechische Spieleverlag Czech Games Edition mit zwei Spielen eingedeckt, die wir ausprobieren und bewerten sollten. Peter ist gegenüber solchen Muß-Spielen äußerst skeptisch, er fürchtet, daß wir uns dann allein aus Verpflichtung gegenüber Autor und Verlag stundenlang durch ein Spiel quälen, das keinem mehr gefällt.
Seine letzte einschlägige Erfahrung liegt ziemlich genau 5 Jahre zurück. Damals fühlten wir uns aus Rücksicht vor dem freundlichen Mike Lasher gemüßigt, mehrere Abende mit seinem “Globopolis” zu verbringen, einem Spiel das in seinem Regelwerk auf halbem Wege stehen geblieben ist.
Als Alternative schlug Peter schon im Vorfeld ein “Manila” vor. Der besondere Grund: dessen Autor Dr. Franz-Benno Delonge, Autor auch von vielen anderen gelungenen Spielen, ist vorgestern in München zu Grabe getragen worden. Aus Pietät vor dem Meister sollte nochmal sein Werk aufgelegt werden.
In unserer üblichen Rundum-Koordination per EMail einigten wir uns auf ein Sowohl-als-Auch. Die tschechischen Spiele zu Beginn und nur solange sie uns gefallen, und hinterher den Delonge, als sichere Krönung des Abends. Nach den angegebenen offiziellen Spielzeiten sollte es für alle Spiele reichen. Meine Ungarin würde dazu sagen: “A kecske is jól lakott és a káposzta is megmaradt”.
1. “Galaxy Trucker”
Aaron und Walter hatten die Spielregeln aus dem Internet heruntergeladen und sich einverleibt. Walter erhielt von Peter das übliche Redeverbot; seine Rolle als Partner-Echo mit strategischen Zwischenrufen stößt bei den Linearkonsumenten auf keine Gegenliebe. Aaron durfte alleine das Regelwerk vortragen, von Peter mit Zwischenrufen wie “nett” oder “toller Mechanismus” unterbrochen.
Die Spieler bauen sich Raumschiffe und gondeln damit durch die Galaxis. Unterwegs laden sie Waren auf, die sie am Ziel für bare Siegpunkte verscherbeln. Auf ihrer intergalatischen Reise fahren sie durch Meteoritenschwärme, die Bauteile aus dem Raumschiff herausschlagen; sie müssen Kämpfe gegen Weltraumpiraten bestehen, und diese entweder besiegen oder die eigene Besatzung in die Sklaverei geben. Wer nach drei Runden die ertragreichsten und verlustärmsten Weltraumtransporte durchgeführt hat, ist Sieger.
Die Raumschiffe werden aus Einzelstücken (Plättchen) zusammengestellt, die verdeckt auf dem Tisch liegen. Es gibt Kanonen zum Abwehren von Meteoriten und Piraten, Laderäume zum Aufnehmen von Waren, Motoren zur Vorwärtsbewegung, Mannschaftsräume zum Aufnehmen der Weltraumpiloten, Batterien zum Antreiben von Sonderaggregaten und ähnliche Bauteile. Die Bauteile liegen zunächst verdeckt auf den Tisch. Alle Spieler langen gleichzeitig zu, nehmen ein Bauplättchen auf, probieren, ob es in ihren Bauplan paßt und legen es bei Nichtgefallen offen auf den gemeinsamen Haufen zurück.
Als wir in der Vorbereitung diese Regel gelesen hatten, haben wie befürchtet, das diese Phase bei uns in ein Chaos ausarten könnte. Jeder drängt sich vor, jeder greift gierig und rücksichtslos zu den besten Stücken auf dem Tisch und haut dem Konkurrenten auf die Finger; am Ende haben wir alle blutende Finger und die Bauteile sind verbogen. War aber nicht so. Ganz diszipliniert griffen die Spieler zu, prüften die Paßbarkeit und legten die Teile wieder zurück. Da man das Vorgehen der einzelnen Spieler ohnehin nicht kontrollieren kann (oder will), sollte hier sogar mehr Freiheit geboten werden. Jeder sollte die Teile zu seinem Raumschiff an beliebiger Stelle ablegen und die Teile auf seinem Bauplan beliebig verschieben dürfen. Zuviel eingeheimste und nicht-passende Teile werden am Ende ohnehin bestraft.
Jedenfalls verlief die Bauphase in allen Runden sehr konstruktiv und friedlich. Was man von der anschließenden Transportphase nicht sagen kann. Da waren aber nicht die Mitspieler die bösen Buben, sondern die Spielregeln, die uns Meteoriten und Piraten nur so in Kontor hageln ließen. Man muß verinnerlicht haben, daß nur ein Bruchteil des Raumschiffes und nur ein Bruchteil der Ladung sein Ziel erreichen wird, dann kann man die unausweichlichen Verluste viel leichter ertragen.
Natürlich wäre es vielleicht spiel-psychologisch erfreulicher, wenn man beim Transport immer reicher würde. In “Galaxy Trucker” wird man immer ärmer: man verliert durch Beschädigung, Verbrauch oder Kampf immer mehr von seinen Leuten, seinen Kanonen, Motoren, Schutzschilden oder Energiervorräten und darf froh über jedes Überbleibsel sein, das man am Ziel in Siegpunkte verwandeln kann.
Doch das Spiel funktioniert. Es ist eine gelungene Mischung aus gekonnter Bau-Kombinatorik unter Zeitdruck mit anschließender Bewährung gegenüber zufallsgesteuerten Belastungsproben. Sehr positiv fällt auf, daß es keinerlei Totzeiten gibt, wo man das Ende der Denkprozesse von Mitspielern abwarten muß. Gebaut wird gleichzeitig und die Schicksalsschläge treffen so zielgerichtet und unbarmherzig ein, daß keiner überlegen muß, wie er sich dagegen wehrt. Er kann es nicht!
Peter fand noch die geistige Verwandtschaft mit “Sternschiff Catan” und “Ubongo”. Doch die jetzt angebotene Mischung ist in der Summe sehr viel besser.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Loredana: 7, Peter: 7 (leicht gezögert), Walter: 7
Aaron schreibt eine Rezension
2. “Sechststädtebund”
Das wäre das zweite Spiel der Czech Games Edition gewesen. Doch es war schon 23 Uhr: 1 Stunde Erklärung und 2 Stunden Spiel und Diskussion im Weltraum waren vergangen. Mit Aarons Feststellung: “Das zweite ist auch nur ein 1 Stunden Spiel” waren die Tschechen und war auch Herr Delonge vom Tisch. (Verzeiht mir die despektierlicher Formulierung!) Anmerkung für die Ungarn: Die Ziege ist zwar satt geworden, aber der Kohlkopf ist dabei darauf gegangen.
Jetzt ging es nur noch darum, einen gut angefangenen Spielabend auch gut abzurunden.
3. “Tichu”
Eines von Peters Lieblings-Kartenspielen. Beim Einführen von Neulingen (diesmal war das Aaron) erzählt er immer die Story, wie er es zum ersten Mal im Spiellokal der Münchener Spuiratzn spielte und sein Adrenalinspiegel den ganzen Abend lang durch den ständig wiederkehrenden Aufschrei “Bombe” (eine besondere potente Kartenkombination) in die Höhe geschnellt wurde.
Nach Peter Ansicht ist dieser berühmte Münchener Spielclub ohnehin nur ein verkappter “Tichu-Verein mit angeschlossener Brettspiel-Abteilung”. Günther darf dementieren, wenn er aus seinem Urlaub zurück ist.
WPG-Wertung: Aaron war von “Tichu” nicht hingerissen, durfte aber keine Erste-Eindrucksnote vergeben um den den WPG-Durchschnitt von guten 8,3 Punkten nicht zu gefährden.
4. “Bluff”
Peter war mit 2 Würfeln im Endspiel gegen Aarons und Walters je einen Würfel. Er hatte eine Zwei und eine Drei unter dem Würfelbecher. Was sollte er vorgeben?
1 mal die Eins? Das verschiebt sein Problem nur auf sein nächstes Gebot.
1 mal die Zwei oder 1 mal die Drei? Dann hat er bei seinem nächsten Gebot ebenfalls keine Chance mehr.
Er packte den Stier bei den Hörnern und bot 1 mal die Fünf. Aaron hatte keine Fünf unter seinem Becher und zweifelte an. Peter deckte seine Luschen auf, die Spannung stieg, doch Walter hatte eine tragische Fünf geworfen! Nach der Standard-Non-Warumduscher-Regel waren die beiden Armhälse ausgeschieden. Peter pochte darauf, diese seine grandiose Bluff-Leistung morgen im Spielbericht zu lesen!
Doch dann darf ich auch vom nächsten Spiel berichten:
Aaron gab mit drei Würfeln 3 mal die Vier vor. Walter hatte unser seinen beiden Würfeln auch eine Vier und erhöhte auf 4 mal die Vier. Peter hatte mit drei Würfeln eine Zwei, eine Drei und eine Fünf. Absolut uncool ging er auf 4 mal die Fünf. Das kostete ihn alle seine restlichen Würfel, denn seine Fünf war die einzige unter den acht Würfeln des Endspiels. Den Rest konnte Aaron für sich entscheiden.
Wo ist hier eigentlich die Loredana geblieben? Sie hatte jedesmal bereits beim Vorspiel alles hingeben müssen!

05.09.2007: Bereicherung mit alten Camelots

Ziemlich genervt kam Moritz von der Uraufführung seiner Oper “Freax” aus Bonn zurück. Sein bis dahin bestes Werk hatte vom Publikum eine überaus freundliche Zustimmung erhalten, doch die Nebenerscheinungen bei der gescheiterten Zusammenarbeit mit Schlingensief waren mehr als aufreibend. Moritz wollte keinen Kommentar dazu abgeben, er wollte nur noch spielen! Brettspiele!
Dafür sind die Westpark-Gamers natürlich bestens geeignet. Nach Peters schriftlichem Zeugnis gilt “dennoch und ohne Übertreibung: Westpark hat Top Prio. Eine bessere und gemütlichere Spielrunde kenne ich nicht und habe ich nicht erlebt.” – Das ist zweifellos das Gegenteil von Netzbeschmutzung!
1. “Schatten über Camelot”
Der Kampf aller Guten gegen den einzigen Bösen.
In Camelot ziehen die Spieler reihum weiße Karten, mit denen sie die Machtposition der Guten stärken. Haben sie genügend Kampfkraft gehortet, ziehen sie aus, um die “Quests” gegen das Böse zu bestehen. Das Böse gewinnt in jeder Runde an Boden, und die Guten haben nur bei guter Koordination ihrer Mittel und durch Aufopferung einzelner Leben und Machtpunkte eine Chance, am Ende zu obsiegen.
Die Guten gewinnen gemeinsam, keiner von ihnen kann sich als Einzelkämpfer profilieren. Insofern ist “Camelot” ein echtes Kooperationsspiel, und zwar eines von der besseren Sorte. Die Entscheidung steht ständig auf der Kippe und wer sich mit dem Gral, mit Excalibur und ähnlichen Accessoires identifiziert, findet den Kampf auf Messers Scheide richtig spannend. Wer allerdings danach strebt, das Spielfeld als einziger Sieger zu verlassen, der muß hoffen, vom Schicksal die Rolle des Bösen zugeschustert zu bekommen. Wenn dann gewinnt, hat alleine gewonnen.
WPG-Wertung: Gegenüber ihrer bisherigen mäßigen Wertung haben Günther und Walter je einen Punkt zugelegt, Moritz bleibt bei seinen 8, Birgit fand es ebenfalls 8 Punkte wert, und Wolfgang liegt mit 7 Punkten noch knapp über dem Schnitt.
Moritz hat noch keine Rezension geschrieben.
2. “Modern Arts”
Auktionen um Künstler und ihre Werke. Wer am Ende den beste Riecher für die Entwcklung von Kunstrichtungen und erzielbare Preise hatte, wird Sieger.
Außergewöhnlich kurze Runden kennzeichneten diesmal den Ablauf. In der ersten Wertung waren nur Krypto und Christin P. in den Handel gekommen, in der zweiten Wertung auch noch Lite Metal. Yoko und Karl Gitter blieben bis zum Ende im Magazin. Offensichtlich haben sich da zu viele Mitspieler verspekuliert und sind dann auf ihren Kunstschätzen sitzen geblieben.
Christin P. konnte auch die dritte und vierte Wertung für sich entscheiden und brachte es am Ende auf 100 Dollar pro Stück. Wer sich hier engagiert hatte, wurde Sieger. Günther war es nicht, aber als der Sieger am Ende befriedigt seine 500 Eier in die Schachtel zurücklegte, konnte er dessen Euphorie dämpfen: “So hoch ist der Abstand gar nicht!” – Immerhin waren es noch fast 7 Prozent!
Keine neue WPG-Wertung. Birgit hielt sich zurück. Diese Art von Spielen liegt ihr nicht und sie wollte den WPG-Durchschnitt nicht vermasseln.
3. “Kunst-Box”
Es war erst halb Elf und viel zu früh für ein “Bluff”. Moritz schlug deshalb gleich noch ein weiteres Spiel um Gemälde vor: “Kunst Box”. Auf die kritischen Fragen, wie lange das Spiel dauert, konnte er beruhigen: “Solange ihr wollt!”. Es werden einzelne Gemälde unabhängig voneinander präsentiert; jede Präsentation dauert ca. 20 Minuten, und die Spieldauer ergibt sich aus der Anzahl der vorgestellten Bilder!
Eigentlich ist es kein Spiel, sondern eine Art Quiz für Kunstkenner und solche, die vorgeben, es zu sein. Das jeweils zu präsentierende Gemälde ist zu Beginn von Plättchen zudeckt und der aktive Spieler darf jeweils ein Plättchen entfernen, so daß die Einzelheiten peut a peut sichtbar werden. Dann darf er eine Behauptung zur Eigenschaften des Gemäldes aufstellen, z.B. von welchem Künstler es ist, wann dieser geboren wurde, welches Motiv es darstellt, aus welcher Epoche es stammt, ob Einzelteile des Gemäldes gefälscht sind und dergleichen. Die behaupteten Eigenschaften muß der aktive Spieler frei aus seinem Kunstverständnis schöpfen, und wer einen Niederländer nicht von einem italienischen Renaissancemaler unterscheiden kann, hat schon mal schlechte Karten.
Wer von den nicht-aktiven Mitspielern der Behauptung des aktiven Spielers glaubt, gibt ihm einen Chip aus der Bank. Am Ende bekommen sie selbst für die richtige Antwort auch einen Chip. Wer nicht glaubt, gibt keinen Chip und bekommt am Ende auch nichts. Wer am Schluß die meisten Chips einnehmen konnte, ist Sieger.
Dieses Chip-Verteil-Prinzip hat Moritz entweder nicht richtig vorgelesen, oder es ist einfach unausgegoren. Warum sollte ich dem aktiven Spieler freiwillig einen Chip gegen, wenn ich am Ende höchstenfalls ebenfalls nur einen Chip bekomme? Schon aus Prinzip gab niemand keinem keinen Chip. So setzen sich schließlich die Kenner von “Öl auf Leinwand” gegen die Scharlatane mit “Öl auf Holz” durch. Die Kunstbanausen entschieden sich einstimmig, die bunte Kunst links liegen zu lassen.
WPG-Wertung: Birgit: 2, Günther: 3, Moritz: 5 (Künstler!), Walter: 3, Wolfgang: 5 (Kunstkenner!)
4. “Verflixxt!”
Es war nicht viel Zeit vergangen, für ein richtiges Vor-Absacker-Spiel war immer noch Zeit.
“Verflixxt!” in der Basisversion ohne Fisimatenten kam da gerade recht, um die spielerische Stimmung wieder auf Vordermann zu bringen.
Ein Würfelspiel ohne jeden Fehl und Tadel. Der Glücksfaktor liegt sicherlich in der Nähe von 1, doch wo er genau liegt, darüber können die Experten noch streiten. Der Spaßfaktor liegt zweifellos bei 100%. Als alter Backgammonese konnte Moritz das Spiel für sich entscheiden, Birgit mit ihren Vorlieben für strategische Adventure-Games kam immerhin auf den zweiten Platz.
Keine neue WPG-Wertung für ein ehemaliges “Spiel des Monats” vom Westpark.
5. “Bluff”
Nichts Neues im Westen, doch Moritz ergriff schnell die Gelegenheit, seine überaus geschätzen Fähigkeiten, Spiele zu erklären, beim Neuling Birgit unter Beweis zu stellen.
Apropos Birgit: Für alle Westparker, die neugierig sind. Sie war eine Bereicherung!