1. “Die Macher”
1986 hatte der Großvater von „Die Macher“ das Licht der Welt erblickt, und die Spielerwelt war überfordert: so viele geniale neue Erfindungen in einem einzigen Spiel hatte es noch nie gegeben. Aaron lernte 1986 die Mechanismen an einer Flipchart kennen, noch bevor Moskito Spiele die erste professionelle Produktion übernommen hatte. Sein damaliger Eindruck: „Was Autor Herr Schmiel da erklärte, ging in Bezug auf Komplexität weit über alles, was ich jemals in einem Spiel kennengelernt hatte.“ Zehn Jahre später schrieb der legendäre Brian Walker in seinem „Games International“: „’Die Macher’ ist in Bezug auf die Spielmechanismen unbestreitbar eines der raffiniertesten Spiele auf dem Weltmarkt“.
1997 – die geographische und politische Landschaft in Deutschland hatte sich geändert – kam bei HiG der Vater heraus. Mit welchem finanziellen Erfolg sei dahingestellt; Qualität und Verkaufszahlen in der Kunst waren ja noch nicht sehr eng miteinander korreliert. Jedenfalls verzichtete HiG auf eine weitere Generation und VAlley Games aus Kanada wurde 2006 der Geburtshelfer für das Kind dieser Adelsfamilie. Und letztes Jahr erschien bei Spielworxx der Enkel. Alles immer noch reinrassig aus den Genen von Karl-Heinz Schmiel hervorgegangen.
Das Thema des Spiel ist das Gehabe in und um die politischen Parteien in Deutschland, bei vier sequentiellen Wahlen in verschiedenen Bundesländern als Bester abzuschneiden. Zu sieben vorgegebenen Themen (Bildung, Digitalisierung, Gentechnik, Innere Sicherheit, Soziales, Umwelt und Verkehr) gibt es je Bundesland eine öffentlich bekannte Volksmeinung im Schwarz-Weiß-Raster: das Volk ist also entweder dafür oder dagegen. In jedem Bundesland kann diese Meinung anders sein. Jede Parteien hat zu vier dieser Themen eine Parteimeinung, im gleichen Schwarz-Weiß-Raster. Um Wahlen zu gewinnen, braucht die Partei eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen Partei- und Volksmeinung. Dazu gibt es, wie im richtigen Leben, die beiden Möglichkeiten, nämlich das Parteiprogramm zu ändern oder die Volksmeinung.
Jeder Spieler kann pro Spielzug grundsätzlich zu zwei Themen die Meinung der von ihm geführten Partei ändern. Installiert er für teures Geld einen Fraktionsvorsitzenden, kann er auch noch zu einem dritten Thema die Parteimeinung ändern.
An die Volksmeinung kommt man via Medien heran. Hat man in einem Bundesland eine relative Mehrheit an den Medien erworben, kann man zu einem Thema die Volksmeinung ändern. Natürlich versuchen die anderen Parteien mit Energie eine solche Medienmehrheit zu verhindern, vor allem wenn die Gegenpartei sich politisch erheblich unterscheidet. Bei Gleichstand gibt es keine Mehrheit. Aber mit dem – versteigerten – Startspielervorteil und mit Hilfe eines installierten Pressesprechers oder Generalsekretärs im Schattenkabinett kann man hier der Konkurrenz unliebsame Überraschungen bereiten.
Die Anzahl von Wahlveranstaltungen, die eine Partei abhält, hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Stimmen, die sie bei den Wahlen bekommt hat. Diese Veranstaltungen kosten aber Geld. Alles in „Die Macher“ kostet Geld, und mit der Summe, die zu Spielbeginn ausgezahlt wird, und mit den Beträgen, die Runde für Runde zusätzlich ausgeschüttet werden, kann man lange nicht alles das bezahlen, was wünschenswert wäre. Dazu gehören auch Umfragen, die reihum versteigert werden, und deren Ergebnis den „Trend“ einer Partei fördern oder beeinträchtigen. Bei schlechten Ergebnissen für eine Partei kann man eine Umfrage auch lediglich deshalb ersteigern, um sie unter den Tisch fallen zu lassen und den negativen Einfluss auf den Parteitrend zu verhindern.
So werden reihum in den vier Bundesländern die Wahlen abgehalten. Die erzielten Stimmen bringen Punkte und – früher oder später – Geld; die Wahlsieger, vor allem bei Anteilen von über 50 Stimmen, erhalten auch noch erkleckliche Siegpunkte.
In den Beispielen der Spielanleitung gewinnt „die Linke“ mittels exakter Übereinstimmung von Partei- und Volksmeinung. Kann man daraus etwas über die Vorliebe des Autos ablesen? Bei uns gewann die FDP (gelb, na klar, der Günther) u.a. mittels großen Engagements in Umfragen und durch starke Medienbeeinflussung. Aber das waren wohl eher gute Spielzüge als politische Überzeugung.
Moritz hatte gleich zu Beginn ein Mitglied seines Schattenkabinetts irrtümlich falsch eingesetzt – ihm fehlte nach der Inthronisierung seines Pressesprechers das nötige Kleingeld, um hinterher auch noch den Medienvertreter der Gegenpartei herauszukicken -, ein Fehler, den ihn Walter nach dem Aufdecken und der Teilauswertung der übrigen Schattenkabinette nicht korrigieren ließ. Das warf ihn weit zurück und ließ seine Lorbeeren Trauer tragen. Dafür konnte er sich damit trösten, dass sein 12-jähriger Milo mit kluger Dominanz in Bayern nur von Günthers FDP knapp geschlagen worden war.
WPG-Wertung: Günther: 8 (bleibt, nicht mehr Punkte, weil der „Schmetterlingseffekt“ [eine einzige Einheit Differenz kann bei vielen Aktionen gewaltige Auswirkungen haben] zu groß ist), Milo: 9 (alle Aktionen einschließlich der Geldwirtschaft sind cool, ebenso die Interaktion, weil jeder jedem jederzeit an den Wagen fahren kann), Moritz: 9 (bleibt, es ist ein Klassiker, einen Punkt-Abzug wegen fast nicht nennenswerter Kleinigkeiten und wegen des starken Shifts), Walter: 8 (eigentlich ein 10 Punkte Spiel, doch die Zufallseffekte und das Mitspielerchaos beim blinden Bieten um den Startspieler sowie beim Versteigern der Umfragen mit unvorhersehbaren Umfrageergebnissen und ihren Effekten, sind zu krass für dieses überwältigende Planspiel).
2. “Bluff”
Nach der harten, dreistündigen Auseinandersetzung in der Politik waren alle mit „Bluff“, dem idealsten aller Absackerspiele, zufrieden. Seit über einem halben Jahr nicht mehr gespielt. Das letzte Mal, als Willi bei uns zu Gast war.
Im Endspiel 1:1 Moritz gegen Walter versuchte es Ersterer mit der Immer-4-Strategie. Man muss solche Strategien aber nicht nur in der Theorie kennen, man muss sie auch in der Praxis richtig anzuwenden verstehen. Das Ergebnis war für ihn aber weniger peinlich als für Günther, der mit seinem Setzen auf „5 mal Stern“ gleich alle seine (restlichen) 4 Würfel abgeben musste.
Nach Günthers Fehlen von letzter Woche war klar, dass „Maracaibo“ heute nochmals auf den Tisch kommen würde. Moritz hatte es eine Woche lang studiert und durfte Günther aufklären. Mit Engelszungen versuchte er, die Vorzüge des Spiels rüberzubringen. Er versprach Walter sogar, ihn zu coachen; aber der hatte sich innerlich schon zu Beginn mit dem voraussichtlich dreistündigen Gewurrl von „Maracaibo“ abgefunden, so dass Moritz offene Türen einrannte.
Aaron verlegte sich im Spielablauf ganz auf die Nationenwertung und konnte damit in der Schlusswertung in der Größenordnung von 100 Punkte gutmachen. Damit sind alle Kleckerlesbeträge z.B. auf den Projektkarten nur Makulatur.
Walter war von Start weg sehr gut mit dem Einkommen davongekommen, pro Runde bekam er mehr als das Doppelte seiner Konkurrenten, doch er schaffte nicht den Absprung von der Geld-Schiene auf die Siegpunkt-Schiene. Hier versagte irgendwie auch Moritz’ Coachen. Oder hätte Walter häufiger nachfragen sollen?
Günther war der Neuling. Sehr früh hatte er sein Geld verpulvert und hielt mit Tränen in den Augen nach Geldquellen Ausschau. Doch er wäre nicht Günther, wenn es in diesem Spiel dank seiner genialen Intuition (auch dank seines Engagements in der Nationenwertung) nicht noch aufs Treppchen geschafft hätte.
Moritz bekam vom Schicksal gleich in den ersten Runde eine „Wirtin“ (nach Aarons Forschungen ist das überhaupt die Winnerkarte von „Maracaibo“) und zwei „Baumeister“ in die Hand. Er bekam sie aber nicht nur in die Hand, er hatte auch den Verstand, sie festzuhalten. Damit konnte er fast ungebremst eine Projektkarte nach der anderen auslegen und sich eine tolle Erfolgsmaschinerie zusammenbauen. Zudem kannte er als einziger den Wert des Dschungels und ließ seinen Entdecker tatsächlich bis zum Endpunkt nach “Bluefields” vorrücken. Auch mit nur marginalen Punkten aus der Nationenwertung wurde er Sieger.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (bleibt: etwas fummelig), Günther: 7 (gar nicht so schlecht, aber für mehr Punkte etwas zu viel des Guten, schon eher eine Tendenz zu 6. Man hätte es verschlanken müssen), Moritz: 8 (bleibt), Walter: 5 (bleibt).
2. “Dual Clash Poker”
Ein Spielprinzip wie in „Hol’s der Geier“: Jeder Spieler hat das gleiche Handset mit Zahlenkarten von 1 bis 7, zusätzlich einen Joker, damit etwas mehr Flexibilität in die Taktik kommt. Jeder spielt verdeckt eine Karte zu einem Stich aus. Die höchste Karte gewinnt den Stich. Karten mit gleicher Zahl patten sich aus. Wenn 7 Stiche vorbei sind, ist eine Runde zu Ende.
Ein Joker kann nach dem Ausspielen und dem Aufdecken aller Karten für jeden beliebigen Zahlenwert hergenommen werden.
Das Besondere an DCP ist, dass es im Team gespielt wird: jeweils zwei Spieler sprechen sich bei der Auswahl ihrer Karten ab. Beliebig lange und mit jeder Art von Information. So können sie unter sich ausmachen, ob sie mit zwei hohen Karten angreifen, mit zwei niedrigen Karten Kartenhandpflege betreiben, mit mittelhohen Karten auf das Glück, oder mit Kombinationen hoch-niedrig bzw. hoch-mittel bzw. mittel-niedrig auf den Osterhasen warten. Vor allem werden sie es natürlich vermeiden, sich selber auszupatten. Es darf gelacht werden.
Nach 3 Runden ist das Spiel zu Ende, eine Partei hat mindestens 2 Runden gewonnen und ist damit Sieger.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (für das, was es ist), Günther: 5 (es war eigentlich lustig, man kann bisschen was absprechen), Moritz: 4 (öde, schon innerhalb der ersten 3 Runden habe ich mich gelangweilt), Walter: 4 (die Absprachen sind lächerlich, „Hol’s der Geier“ ist deutlich besser).
3. “Tricks and the Phantom”
Jedem Spieler werden 2 Karten aus einem gemeinsamen Set von 10 Karten zugeteilt. Die Karten haben den Zahlenwert von 1 bis 10 in den drei Farben rot, gelb und blau. Das Phantom mit dem Zahlenwert 1 gehört allen drei Farben.
Jeder Spieler spielt verdeckt eine Karte aus seiner Hand und gibt an, zu welcher Farbe sie gehört. Wer das Phantom ausspielt darf ihr jede beliebige der drei Farben zuweisen. Jetzt müssen die Spieler reihum raten, welche Karte wohl den Stich machen wird.
Wenn alles „normal“ läuft, macht ihn die höchste Karte, sprich: die blaue 10. Falls vorhanden. Doch „normal“ läuft nach den Regeln von „Tricks“ gar nichts.
Wurde die 5 ausgespielt, so wird die 10 neutralisiert.
Wurde die 4 ausgespielt, so wird die 9 neutralisiert.
Sind alle Zahlenkarten höher als 4, so hat die 3 gewonnen.
Wurde die 10 und die 2 ausgespielt, so hat die 2 gewonnen.
Siegpunkte bekommt wir dafür, dass
wir den Stich gewinnen,
wir richtig geraten haben, welche Karte den Stich macht,
andere uns zugetraut haben, den Stich zu machen, obwohl wir das “Phantom” gespielt haben.
Wenn wir jetzt noch „den Stich machen“ durch „der Verbrecher sein“ ersetzen und die Zahlenkarten durch Berufsgruppen wie Politiker, Detektiv oder Barkeeper, so haben wir das Thema und die bisher beiseite gelassene Terminologie vollständig eingebracht.
Das Spiel geht über zwei Runden, wobei jeder Spieler in der zweiten Runde zwangsweise die zweite zugeteilte Karte ausspielen muss. Jetzt kennt jeder schon die offenen vier Karten der ersten Runde und weiß also, welche Karten nicht mehr vorkommen können. Dabei ist das Schlussfolgern auf die Siegerkarte aber keineswegs leichter geworden.
Einen zusätzlichen Reiz bekommt das Spiel dadurch, dass die Spieler in umgekehrter Reihenfolge wie sie ihre Karten – verdeckt – ausgespielt haben, die Siegerkarte bezeichnen müssen. Wer eine blaue Karte legt und nicht auf sich selbst setzt, macht sich verdächtig. Bzw. falls er auf eine andere ausliegende blaue Karte tippt, verleitet er Mitspieler dazu, ebenfalls auf diese Karte zu setzen, womit er selber keinen Blumentopp gewinnen kann.
Moritz träumte von einer Wahrscheinlichkeitsmatrix, in der für jede Farbkombination ausliegender Karten angegeben ist, welche Farbe mit welcher Wahrscheinlichkeit der Sieger ist. Einfach ist das, wenn lauter blaue Karten ausliegen: Dann ist eine davon notwendigerweise das Phantom und die blau 10 hat gewonnen.
Überschaubar ist es ebenfalls noch, wenn drei blaue und eine rote Karte ausliegen: es gewinnt die höchste blaue, mit der Einschränkung: falls die rote Karte eine 5 ist, gewinnt die blaue 9 anstelle der blauen 10. Die rote gewinnt in keinem Fall.
Komplizierter wird es, wenn drei blaue und eine gelbe Karte ausliegen:
Ist die gelbe Karten eine 6, so gewinnt die höchste blaue.
Ist die gelbe Karten eine 3, so gewinnt sie, falls unter den blauen das Phantom war, anderenfalls gewinnt die höchste blaue.
Ist die gelbe Karten eine 2, so gewinnt sie, falls unter den blauen Karten die 10 an, andernfalls gewinnt die höchste blaue.
Dieses Logik-Spielchen kann man beliebig weit treiben. Ernsthaft untersucht haben wir es nicht. Es stehen die Behauptungen im Raum:
Falls man das Phantom zugeteilt bekommen hat, soll man es immer in der ersten Runde spielen. (Solange noch die Maximalanzahl blauer Karten “unverdächtig” ist.)
Falls man das Phantom spielt, soll man ihm immer die Farbe blau geben. (Auf blaue Karten wird am häufigsten gesetzt.[siehe nächster Punkt]).
Liegen blaue Karten aus, so soll man auf eine davon setzen (, außer es liegt nur eine da und man weiß, dass es ein Phantom ist …).
Setze auf den, der gezuckt hat … !
Beweise oder Gegenbeweise sowie Behauptungen und Gegenbehauptungen werden gerne entgegengenommen. Jedenfalls kann man vor, während und nach dem Spiel beliebig lange darüber palavern.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (netter kleiner Absacker mit wenig Pfiff, das Konzept kann mich aber nicht vom Hocker reißen), Günther: 6 (Absacker, lustig, minimalst konzentierter Gag), Moritz: 8 (würde ich als schnelles Spiel jederzeit wieder spielen), Walter: 6 (als Absacker wird zuviel Logik gefordert).
Alle hundert Jahre kommt der Spieler, Spieleautor und Spielegrafiker Christof Tisch zum Westpark und bringt seine Spiellaune sowie seinen Charme mit. Diesmal wollte er Aarons Eigenentwicklung „Saami“ kennenlernen, mit der Aaron schon seit 6 Jahren schwanger geht und dessen letzte pränatale Untersuchung am Westpark schon anderthalb Jahre her ist.
Einiges hat sich geändert. Das Haupt ist herausgewachsen und das Immunsystem stabiler geworden. Das schwächste Glied bekommt jetzt in jeder Runde eine gewaltige Vitaminspritze.
Immer noch lavieren wir offen und versteckt um die Entscheidung, ob wir uns für oder gegen die Gemeinschaft entscheiden, um damit am Ende einen gewaltigen Coup zu landen, der uns vom letzten auf den ersten Platz bringen kann.
Wir gestandenen Westparker sind zufrieden. Das Spiel funktioniert gut, die Balance stimmt. Jeder Spieler ist ständig am gesamten Spielgeschehen beteiligt und muss die Ambitionen der Mitspieler vorausahnen.
Christof hat das Geschiebe um die Position, von der aus man zum Gewinnzug antritt, nicht so gefallen. Er fand das zu repetitiv. Ihm haben hier geile Zwischenzüge gefehlt, die während des Spielablaufs immer mal wieder unser Mütchen anfachen und Freude (mit oder ohne Schaden) aufkommen lassen. Auch „das Hopp oder Topp [der End-Entscheidung] ist ihm nicht so sympathisch“.
Andere Zungen, andere Geschmäcker. Ich persönlich finde gerade diesen finalen Coup das Herausragende an „Saami“, auch wenn die Vorbereitungen darauf noch etwas variabler und subtiler ablaufen könnten.
WPG-Wertung: Keine Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.
2. “Maracaibo”
Ein super Spiel. Hier hat Christof endlich sein Aufbauspiel gefunden, in dem stundenlang lang für fleißiges Planen und Agieren ein konsequenter Punktesegen herabrieselt. Moritz fand sogar das Thema in den Spielablauf gut eingebunden.
Mit unserem Schiff durchfahren wir vier Runden lang einen Rundkurs durch die Karibik, legen an gewählten Städten oder Dörfern an, führen dort definierte Aktionen aus und kassieren dafür Punkte oder Geld oder beides.
Als Aktionen können wir Waren liefern, Quests erfüllen, Projektkarten auslegen oder Kämpfe absolvieren. Wir kommen uns dabei nicht ins Gehege, jedes Feld des Rundkurses darf von beliebig vielen Spielern gleichzeitig betreten werden. Nur beim Waren-Abliefern könnte es zu Engpässen kommen: Wenn innerhalb einer Runde schon alle maximal benötigten Waren geliefert wurden, gehen wir dort leer aus.
Welche Waren wir liefern können steht auf den Projektkarten, von den wir jeweils vier Stück auf der Hand haben. Auf ihnen ist weiterhin vermerkt, wie viel das Auslegen dieser Karte kostet, wie viele Siegpunkte sie einbringt, ob dafür einer unserer wenigen Pöppel eingesetzt werden muss und eine ganze Reihe verschiedener Nebeneffekte, die beim Auslegen oder beim Betreten des zugehörigen Feldes ausgelöst werden.
Jeder Spieler darf beliebig 1 bis 7 Felder vorwärts ziehen. Der Rundkurs besteht aus 20 plus 1 Feldern, in 4 Zügen kann er durchlaufen sein (was Walter auch regelmäßig praktizierte), so dass nach insgesamt 16 Zügen pro Spieler das Spiel beendet war. Natürlich müssen die Nebeneffekten ebenfalls abgewickelt werden, sonst hätte sich unsere 4er Runde ja niemals geschlagene drei Stunden in der Karibik herumtreiben können. Christof und Moritz konnte jede Minute genießen.
Ich nicht.
Es ist jetzt nicht die Grundmeinung der Westpark-Gamers, was ich hier niederschreibe, sondern meine ganz persönliche.
Alexander Pfister hat in sein Spielgebäude an jeder Ecke, Seite und auch noch auf dem Dach ungezählte Balkone angebracht, so dass man gar kein Haus mehr sieht. Deswegen braucht es auch 24 Seiten eng beschriebenes Regelwerk, um die vielen Einfälle des Autors zu beschreiben.
Das fängt schon mit den 8 Projektkarten an, die jeder Spieler zu Spielbeginn erhält und von denen er vier Stück behalten darf. Alle Karten, 157 verschiedene an der Zahl, sind – selbstverständlich – ausbalanziert. Warum soll ich dann von 8 Karten, die alle vergleichbare Effekte aufweisen, mir 4 Stücke heraussuchen, wo ich doch gar nicht weiß, in welche Richtung das Spiel laufen wird, und wofür schlussendlich die gewählten Projektkarten auch keinerlei Aufschluss geben. Es ist ja nicht so wie in „Terraforming Mars“, wo uns pro Runde eine erkleckliche Summe zur Verfügung steht, mit der wir ein Auslegen unserer Handkarten taktisch angehen können. In „Maracaibo“ ist es bei der ständigen Geldknappheit überhaupt fraglich, ob ich eine gewählte Projektkarte jemals bezahlen und auslegen kann, oder ob ich sie nur irgendwann mal als läppische Ware bei irgendeiner Stadt abliefere. Vielleicht kann ein Experte mal mitteilen, nach welchen Kriterien er seine Anfangskarten auswählt; ich selber stehe hier immer noch wie ein Ochs vor dem Berg.
Nächstes Thema: Das „Schiff“ mit den vielen Scheiben, die es abzuräumen gilt, um verschiedenen Vorteile zu gewinnen. Jedes Schiff besitzt 12 Plätze, an denen jeweils 2 – abstrakte – Scheiben liegen, die als Nebeneffekte unserer Hauptaktionen peu-a-peu abgeräumt werden. In welche Reihenfolge soll ich die Scheiben abräumen? Soll ich auf Vorteile beim Kämpfen, Vorteile in der Kartenhand, stärkere Dorfeffekte, direkte Siegpunkte oder direktes Geld un wat et all jibt ausgehen? Für mich ist das alles nur ein zähles, diffuses Herumgewurstele. Auch dazu kann ein Experte mal kundtun, welche Linie er hier einschlägt und warum.
Und so weiter und so fort. Es gibt – für mich – KEIN EINZIGES Spielelement, das dem Spielgeschehen, das meinen Ambitionen eine bestimmte Richtung vorgibt. Alles ist ein recht einheitlicher Aktionsbrei von der Hand in den Mund.
Mir graut schon vor nächstem Mittwoch, wenn Günther wieder dabei ist und wir „Maracaibo“ noch einmal spielen müssen. Nochmals zwei bis drei Stunden gute Miene zum bösen Spiel machen. Ich werde als Vorbedingung stellen, dass wir nach zwei Runden abbrechen. Dann hat Günther alle Spielmechanismen bereits zu 100 Prozent kennen- und praktizieren gelernt und wir haben eine gute Stunde Zeit für die schönen Dinge des Lebens gewonnen.
Aaron, der dem Spiel am Spielabend noch wohlwollend gegenüberstand, schrieb am nächsten Morgen eine dringliche Korrekturmail:
„Ich reduziere meine Maracaibo-Wertung von 7 auf 5 (die 7 Punkte waren wohl meiner Freude über den Fast-Sieg geschuldet). Wie ich gestern Abend schon sagte, ist mir das Spiel zu kleinteilig und es macht zu wenig Spaß, als dass ich es noch einmal spielen möchte.
5 Punkte trotzdem, weil ich damit die Designleistung anerkennen möchte. Die Mechanismen sind gut miteinander verzahnt und das Spiel scheint trotz der Zufallselemente gut ausbalanciert. Letztendlich ist aber auch nur ein „same, same, but different“-Pfister.
Leider hat das Spiel aber Schwächen, die meine Spielspaß deutlich reduzieren: Die Ikonografie, obwohl gut gewählt, ist an vielen Stellen zumindest für meine Altersklasse zu schlecht. Die Ressourcen und Gegenstände auf den Karten sind zu klein und farblich bei nicht optimaler Beleuchtung kaum zu unterscheiden. Gleiches gilt für die Questplättchen. Ich finde das anstrengend.
Dann sind mir in einem Spiel dieser Spieldauer zu viele Zufallselemente: Die Projektkarten, die Kampfplättchen und die Questplättchen. Bei mir hat das dazu geführt, dass ich gestern rein opportunistisch und ohne langfristigen Plan gespielt habe. Immerhin bin ich damit mit nur 2 Punkten Abstand zum Sieger 2. geworden mit fast doppelt so vielen Punkten wie der Verlierer. Wäre die Spieldauer nur halb so lange, hätte ich das akzeptabel gefunden aber bei einem 2 bis 3 Stundenspiel möchte ich doch so etwas wie eine längerfristige Planbarkeit.
Ich frage mich, warum es so viel Variabilität im Aufbau gibt: Die Stadtplättchen, die Quests, die Aufträge, die Prestigegebäude. Braucht es das für den Wiederspielreiz? Genauso wie der Storymodus. Gibt das Spiel ohne diese Elemente längerfristig nicht genug her?
Bleibt noch die Spielerinteraktion. Die Liefermengen der Städte, die Quests, die Einflussleisten der 3 Nationen und deren Präsenz auf dem Spielplan wären hier zu nennen. Die Konkurrenz bei der Belieferung der Städte und dem Erfüllen der Quests hält sich in deutlichen Grenzen und wird eher durch die eigene Kartenhand gesteuert, so zumindest mein Eindruck. Die Interaktion bei den Nationen wird wiederum durch die Kampfplättchen beeinflusst. Beides Zufallselemente die eine geplante Interaktion deutlich einschränken.
Alles in allem ein solides Werk, das mir aber wegen der oben genannten Punkte deutlich weniger Spaß macht als das ähnliche Great Western Trail oder Mombasa vom gleichen Autor, die ich beide mit 6 Punkten bewertet habe.
Hier noch ein paar Kommentare aus BGG-Bewertungen, die ich voll unterschreibe:
Maracaibo is a largely self-absorbed card combo builder
Just too much crammed in to one game
Most of the game is parsing your options, not making decisions
The sheer amount of icons and nonsense on the board will make your eyes bleed
This is too messy and somehow the interesting parts of the strategy all fell away
This much luck has no place in a heavy euro efficiency game
The game is trying to do too many things at the same time while not excelling at anything in particular
Pfister’s heaviest game so far, but also his messiest and least focused
Kurz vor Redaktionsschluß noch eine Stellungnahme von Moritz: Bei „HaL 9000“ (eher eine sehr kritische Profiseite wie wir) gibt es einige ausführliche Bewertungen über das Spiel, einige durchaus kritisch, aber die meisten vergeben die Höchstpunktzahl für dieses meiner Ansicht nach exzellente Spiel. https://www.hall9000.de/html/spiel/maracaibo
Wir haben es auch noch gar nicht „richtig“ gespielt, da gerade der Storymodus anscheinend besonders reizvoll ist. Ich habe mir das Spiel sofort bestellt, weil ich es so gut fand!
Dieser Rezension von Fred Lehner (auf Hal 9000) kann ich mich voll anschließen:
„Maracaibo ist auf sovielen Top 2019 Listen #1, viele bezeichnen es als bestes Pfister Spiel oder auch als Terraforming Mars Killer. Und in der Tat, dem kann ich nach nun 4 Partien tatsächlich zustimmen. Thema spricht mich voll an, wunderschöne Karibik-Grafik, dicke Playerboards, gutes Material. Das Spiel ist komplex, aber nach ca. einer Runde kommt man langsam und dank einer , tolle Spielübersicht rein. Es gibt auch schon viele Erklärvideos, die einem einen guten Überblick geben. In der Anleitung ist alles gut erklärt, vor allem am Schluß noch alle Karten und Quest-Symbole aufgelistet. Das Spiel hat alles was man sich vorstellen kann: Quests, Kampagne, Hunderte Multiuse Karten, Synergien, Legacy Teile, Story, Rondel usw. Das Wichtigste ist jedoch: Es macht einfach Spaß und nach ca. 3 Stunden ist man überrascht, dass bereits die letzte Runde angebrochen ist und man eigentlich noch soviel vor hat. Die Story ist so, wie ich es am liebsten habe: Spannend, aber nicht aufdringlich. Ich will schlussendlich spielen und nicht alle 5 Minuten eine Seite aus einem Buch lesen. Was ich auch genial finde ist, dass sich die Story auf das Spiel auswirkt und die Spieler gemeinsam entscheiden können was sie in der Story tun wollen. Zu kritisieren gibt es auch was: Der Spielplan sollte größer sein und die Playerboards sollten Löcher für die Scheiben haben. Ich erwarte mir aber eine ähnliche Entwicklung wie bei Terraforming Mars: Erweiterungen, Overlays usw.“
Bei den Westparkgamers ist man inzwischen eine gewisse Miesnickeligkeit gewohnt, aber bei diesem Spiel finde ich es ungerecht. Walter, Du mochtest Terraforming Mars am Anfang überhaupt nicht, auch wegen der komplexen Karteninteraktionen, dennoch hast Du es (gottseidank) immer wieder mitgespielt, und beim letzten Spiel hatte ich z.B. den Eindruck, dass Du die Karteninteraktionen voll durchschaust und supereffizient und intelligent gespielt (und auch verdient gewonnen) hast. Es braucht vielleicht einfach eine Weile, aber gerade die Karteninteraktionen machen den Reiz bei sowohl Maracaibo als auch Terraforming Mars aus. Diese Chance könnte man Maracaibo auf jeden Fall geben, es wird beim Wiederspielen sicherlich immer interessanter, denn wir haben nur einen winzigen Teil des Spieles erlebt. Ich spiele es gerne wieder und bringe es vielleicht auch nochmal mit. Ich ahne, dass es Günther ähnlich gehen wird…oder, wie siehst Du es, Günther?
Von mir 8 Punkte, Christof Tisch hatte das Spiel mitgetestet und findet es auch nach wie vor super…
WPG-Wertung: Aaron: 5, Christof: 8 , Moritz: 8, Walter: 5 (einschließlich 1 Punkt als Honorierung von Fleiß und Schweiß des Autors).
Henning Poehl hat mal wieder eine abstrakte Assoziation, die absolut nichts mit Spielen gemein hat – genauso wie sein geschmackloses „Popeln“ oder gar der kriminelle „Hexenhammer“ – , gewaltsam zu einer Spielidee umgeformt. Diesmal geht es um Gestalten aus dem Cthulhu-Mythos. Moritz kannte sie alle und hätte zu jedem eine ganze Geschichte erzählen können. Doch uns am Westpark geht es fast ausschließlich um Spielmechanismen, und da ist es nebensächlich ob wir „Ritualplätze“ entdecken und „geheime Einflüsse“ gewinnen: Im “Wahnsinn” nehmen wir schlichtweg Karten auf die Hand, spielen gleichzeitig und verdeckt jeweils eine davon aus, drehen sie um, legen sie in der Reihenfolge ihrer Ranges auf zulässige Anlegeplätze auf dem Tisch und machen damit Siegpunkte.
Jeder Spieler bekommt zu Spielbeginn einen definierten eigenen Anlegeplatz zugeteilt, den er bei sich „öffnet“. Zusätzlich bekommt jeder Spieler noch 9 Ablegekarten auf die Hand. Jede Ablegekarte besitzt eine Wertigkeit zwischen 1 und 5 und kann an drei verschiedenen, genau definierten Anlegeplätze angelegt werden. Gibt es mehrere geöffnete Anlegeplätze, an denen eine Ablegekarte abgelegt werden kann, so darf der Spieler beliebig einen davon auswählen. Dabei ist es egal, ob der Anlegeplatz dem aktiven Spieler gehört oder einem Mitspieler.
Vier Ablegekarten passen an jeden Anlegeplatz. Ist das Quartett beisammen, wird der Ablegeplatz abgerechnet: die erste Ablegekarte geht leer aus: sie muss sofort bei einem Mitspieler angelegt werden. Die zweite und dritte Karte bringt je einen Siegpunkt pro Wertigkeit. Die vierte Karte wird mit dem Fünffache ihrer Wertigkeit belohnt; im Idealfall hat sie eine Wertigkeit von 5 und bringt dementsprechend allein für sich satte 25 Siegpunkte ein. Jeder Spieler strebt natürlich solche hohen Erträge an. Deswegen liegt es natürlich innerhalb der Ambitionen der Spieler, diese Erträge zu vermindern, indem man z.B. bei diesem Mitspieler schnell mal eben als vierte Karte eine Ablegekarte mit der Minimalwertigkeit von 1 anlegt. Lustig, was?!
Befindet sich für eine ausgespielte Ablegekarte kein zulässiger Anlegeplatz offen auf dem Tisch, darf bzw. muss der Spieler einen geeigneten neuen Anlegeplatz aus dem öffentlichen Reservestapel wählen und zusammen mit der ausgespielten Karte bei sich „öffnen“. Dieser Zug ist auch die einzige Möglichkeit, an neue, lebenswichtige Anlegeplätze heranzukommen, andernfalls muss man seine Anlegekarten notgedrungen bei den Mitspielern loswerden und schustert ihnen auf diese Weise unweigerlich Siegpunkte zu, selbst wenn diese nur gering sein sollten.
In dieser Situation befand sind Moritz über länger als die Hälfte des Spieles: Sein einziger, bei Spielbeginn zugeteilter Anlegeplatz war abgerechnet, und er hatte rundenlang keine einzige Anlegekarte, mit der er einen neuen hätte eröffnen können. Das ist nicht „lustig“, das ist „broken“! Aaron schickte am Morgen danach eine Eilmail, um noch einmal in der Spielregel nachschauen zu lassen, „ob wirklich nirgendwo steht, dass man einen neuen Anlegeplatz nehmen darf, falls man keinen mehr hat. Ich kann gar nicht glauben, dass Henning dieses offensichtliche Problem nicht erkannt haben sollte“. Nein, darüber steht in der Spielregel tatsächlich kein einziges Sterbenswörtchen! Andere Leute haben halt andere Vorstellung von Lustigkeit und Spiel!
Ansonsten besteht der ganze Spielablauf lediglich darin, die insgesamt 27 Ablegemöglichkeiten seiner 9 Ablegekarten danach abzuchecken, an welche der vier bis fünf Anlegeplätze auf dem Tisch man sie hinlegen kann, wo sie am meisten einbringen, wo sie einen Mitspieler am meisten schaden oder ob sie nirgendwohin passen und somit einen neuen Anlegeplatz erlauben. Bei der gegebenen sparsamen Farbgebung eine mühsame Angelegenheit für einen minimalen Spielspaß.
WPG-Wertung: Aaron: 2 (das Spiel hat mir noch in keiner der ca. 6 Varianten gefallen, die ich während seiner Entwicklung kennengelernt habe; das Spiel ist nicht „broken“, aber ich brauche es nicht noch einmal zu spielen), Günther: 3 (nervig, ich finde nichts Spaßiges daran, aber die Regeln stimmen), Moritz: 1 (bizarr, keinerlei Spaß, nichts was interessant ist, eines der schlechtesten Spiele, die ich je gespielt habe, fast eine Parodie auf Aarons „Loot Island“. Poehls „Popeln“ [WPG: 2,5] und „Hexenhammer“ [WPG: 2,0] waren besser), Walter: 3 (unstimmig in der Anforderung, die Ablege-Optionen zu checken und die Analyse daraus einem berechenbaren Ausgang zuzuführen; vielleicht als Idee zu einem Dödelspiel nutzbar).
Für die Sprachpuristen: Hier in diesen wenigen kurzen Absätzen kommen 27 mal die Wörter „Anlegeplatz“ bzw. „Ablegekarte“ vor. Meint Ihr, ich fand das beim Schreiben jetzt lustig? Wenn ich stattdessen die Orginal-Terminologie „Ritualplatz“ und „Ritualkarte“ verwendet hätte, wäre das denn lustiger – oder wenigstens verständlicher – gewesen?
2. “Belratti”
Eigentlich müsste das Spiel „Beltracchi“ heißen, nach dem größten Bilderfälscher des 21. Jahrhunderts, der sich mit Hunderten von nachempfundenen Corinths, Marcs, Campendonks und wie sie alle heißen ungezählte Millionen Euros ermalt hat. Aber wahrscheinlich hat der Künstler seinen Namen dafür nicht hergegeben.
Als Team spielen wir die beiden Parteien Maler und Museumsdirektoren und versuchen uns gegen den Fälscher Belratti zu wehren. Gesteuert wird das Spiel über 190 Motiv-Karten, die einfache klare Objekte darstellen: ein Telefon, eine Bratwurst, ein Damenschuh und so weiter. Die Museumsdirektoren geben jeweils zwei dieser Motive vor und möchten von der Künstlergruppe eine bestimmte Anzahl von Gemälden zu diesen Motiven erstehen. Die Künstler suchen aus ihren Gemälden – jeder hat 9 Stück davon auf der Hand – diejenigen aus, die ihrer Meinung nach zu dieser Vorgabe am besten passen. Danach werden noch vier weitere Gemälde vom verdeckten Stapel (die Fälschungen von Belratti) dazugegeben. Die Museumsdirektoren müssen nun herausfinden, welche Bilder von den Künstlern stammen und welche Belratti dazugeschustert hat. Ein hübsches, breit ausdiskutierbares Rätselraten und Philosophieren um die Assoziationsmöglichkeiten, nach denen die Künstler ihre Gemälde wohl ausgewählt hatten.
Nicht erkannte Belratti-Gemälde kommen auf den Negativ-Stapel und führen früher oder später das Spielende herbei. Richtig erkannte und zugeordnete Gemälde der Künstler bringen Siegpunkte. Am Ende haben entweder Museumsdirektoren und Künstler gemeinsam als Team gewonnen, oder Belratti hat sie alle reingelegt.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (ein schönes Spiel, man kann es mit jedem spielen), Günther: 7 (nettes, lustiges Kommunikationsspiel; es hat Spaß gemacht. [Wir waren ja gerade erst massiv Spaß-entwöhnt!]), Moritz: 8 (Phantasie erregend, originell, keine große Erklärung notwendig), Walter: 7 (eine Kooperation, bei der man sich gegenseitig ordentlich beraten kann, und wo der Gedankenaustausch beim Beraten ein wesentlicher Beitrag zum Spielespaß ist).
3. “Deckscape: Hinter dem Vorhang”
Gemeinsam müssen wir eine Serie von Rätseln lösen – 54 Stück -, die zum Teil aufeinander aufbauen, im Prinzip aber doch locker – oder auch verkrampft, wenn man es so nimmt – zusammengestellt sind. Mittels Spiegel, Schablonen, Raster, raffinierte Blickwinkel und ähnlichen Techniken sowie einer großen Portion Findigkeit müssen wir die via Bilder und Texten gestellten Fragen beantworten. Falls wir irgendwo nicht weiterkommen, dürfen wir im Hilfeblatt nachschauen, aber das kostet Strafminuten.
Wenn wir alles unter 75 Minuten geschafft haben, sind wir würdig, als neue Meisterschüler aufgenommen zu werden. Wir schafften es in etwa zwei Stunden, kurz vor der vorletzten U-Bahn für Moritz. Summa sine lauda.
Moritz war der einzige, der mit Leidenschaft die Rätsel anging und auf die Zeit drängte. Die anderen wollten eher Rätsel und Lösungswege genießen und vollzogen in Ruhe das nach, was Moritz gerade mal wieder herausgefunden hatte. Walter gefiel sich nach eine Viertelstunde in der Rolle des kontemplativen Betrachters, ohne sich deswegen in den restlichen 105 Minuten zu langweilen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (für mich persönlich nur 4 Punkte, ich tu mir immer schwer mit diesem Spielprinzip, aber das Spiel ist wohlkonstruiert), Günther: 6 (ich löse gerne Rätsel, aber nicht unter Zeitdruck; eine „parallelisierte“ Lösung, wo die Spieler möglichst unabhängig von einander im Akkord jeder an einer anderen Rätselecke arbeiten, macht nicht soviel Spaß), Moritz: 6 (die Rätsel waren – fast alle – fair), Walter: 6 (die Autoren haben sich viel Mühe bei der Erfindung der Aufgaben gegeben, mehr als ich für die Lösung zu opfern bereit bin. Wenigstens war hinterher das Spiel nicht kaputt).
Walter wärmt seine fröstelnden Glieder in Thailand, deshalb fanden die letzten beiden Spieleabende (22.1. und 29.1.) nicht am Westpark sondern im Drei-Mühlen-Viertel statt. Hier eine kurze Zusammenfassung:
1. Die Crew
Nach dem Abbruch am Westpark versuchten wir uns noch einmal an diesem kooperativen Stichspiel. Mit Gelassenheit und dem Ziel, die Missionen überhaupt zu schaffen, wenn auch nicht mit der kleinsten Anzahl Stiche, fluppte es diesmal ausgesprochen gut. Insgesamt 20 Missionen wurden absolviert und nur zwei davon mussten wiederholt werden. Der Schwierigkeitsgrad der Missionen steigt langsam aber nach 20 Missionen wird es allmählich doch herausfordernd. Merke: Es ist nicht immer sinnvoll, bereits vor dem 1. Stich einen Hinweis zu geben.
Wir gestalten einen japanischen Garten mit Tetris-ähnlichen Teilen. Miyabi erinnert etwas an Cottage Garden von Uwe Rosenberg, hat aber durch die Zeilen- und Spaltenbedingungen ein deutlich höheres Grübelpotenzial. Dass wir dann noch in die Höhe bauen können, um mehr Punkte in den Zwischenwertungen zu erhalten aber gleichzeitig die Punktevergabe für Mehrheiten am Spielende nicht vernachlässigen dürfen, macht manche Entscheidung schon sehr verzwickt.
WPG-Wertung: Aaron 7 (gutes Optimierungsspiel mit angenehm kurzer Spieldauer), Günther 7, Moritz 6
3. Letter Jam
Kooperatives Wörterraten klingt irgendwie nach Partyspiel. Das, was Krazy Wordz oder Just One perfekt abliefern, fehlt Letter Jam leider überall: nichts ist lustig, nichts ist spannend. Wir versuchen aus einer zufälligen Buchstabenkombination ein Wort zu finden, aus dem die anderen Spieler auf ihren eigenen (für sie nicht sichtbaren) Buchstaben schließen können. Wer Spaß daran hat, sich Wörter aus vielen Konsonanten und wenigen Vokalen zu überlegen und Wörter aus vielen Konsonanten, wenigen Vokalen und einem unbekannten Buchstaben zu erraten, ist hier richtig. Partystimmung kommt nicht auf. Spaß auch nicht.
WPG-Wertung: Aaron 5 (schwerfällig bis unelegant), Günther 5, Moritz 5
4. Ancient Civilizations of the Inner Sea
Der Mittelmeerraum, die alten Zivilisationen dort, Städte – das hatten wir doch schon mal. Sollte es sich hier um eine neue Version von (Advanced) Civilization handeln. Leider stellt sich schnell heraus, dass zwar die Besiedelung und der Kampf ähnlich gelöst sind, aber sämtliche taktischen und gar strategischen Überlegungen durch die unbalancierten Handkarten zunichte gemacht werden. So dümpeln die Spieler mit ihren Einheiten eher unmotiviert auf dem Spielplan herum, vermeiden Kämpfe, die beide Seiten stark schwächen und hoffen darauf, endlich ein paar gute Handkarten zu ziehen. Kein Spaß für ein 3 bis 4 Stunden dauerndes Spiel.
WPG-Wertung: Aaron 4 (schwerfällig, zu glückslastig, zu lang), Günther 3, Moritz 6
Nachdem der Mars endlich bewohnbar geworden ist und sich dort die ersten Zivilisationen einrichten konnten, schlägt der menschliche Polit-Charakter zu: Unternehmen, Pressure-Groups und sonstige Parteigänger kämpfen mit ihren Lobbyisten um ihre individuellen Vorteile. Dieses Geschehen hat der Autor der Basisspiels, Jacob Fryxelius, mit seiner 2019iger Expansion „Turmoil“ nachgebildet.
Neben den üblichen Aktionen zur Gestaltung des Lebens auf dem Mars müssen wir ein Parlament bedienen, Mehrheiten für unsere Parteivorlieben suchen, möglichst Parteiführer der Mehrheitspartei werden und als Parlamentspräsident auch noch einmal kurz absahnen, was abzusahnen ist.
Einen Lobbyisten, mit dem wir auf dem parlamentarischen Parkett auftreten können, bekommen wir pro Runde „geschenkt“. Wir müssen ihn einsetzen, sonst verfällt seine Wirkung. Beliebig viele weitere können wir für erschwingliche Summen dazukaufen, um bei entsprechenden Ambitionen damit doch noch unserer gewünschten politischen Zielrichtung zur Mehrheit zu verhelfen. Ein Kingmaker-Effekt bei dieser Art von Mehrheitsbildungen ist nie zu vermeiden. Ist er hier sogar Absicht?
Die Mehrheitspartei bestimmt den Bereich, über den ein zusätzlicher Geld- und Siegpunkt-Segen herabregnet: über das Besitztum an Eisen- oder Energieunternehmen, über Wissenschaft oder Weltraumforschung, über grüne Aktivitäten oder – als Malus – über die erreichte TM-Stufe.
Die Turmoil-Erweiterung wirkt äußerst aufgesetzt. Mit den sonstigen TM-Bestrebungen hat sie überhaupt nichts zu tun. Der Besitz an Standard-Errungenschaften ist nur ein kalter Maßstab für die Sonderausschüttungen. Dass es hier sogar Bestrafungen im Sinne von Punktabzügen gibt, ist spielpsychologisch kontraproduktiv. Noch dazu werden in „Turmoil“ die Einkommen der Spieler von Runde zu Runde reduziert, so dass die Finanzkraft der Spieler sehr bald nicht um Prozentzahlen, sondern um Größenordnungen differiert. Da geht die Balance verloren. Wer hier – warum auch immer – in den ersten Runden ins Hintertreffen geraten ist, kann anschließend stundenlang seine Rolle am Katzentisch absolvieren, auch wenn die „Roten“ mit ihrer Warmduscher-Philosophie versuchen, ihm noch unter die Arme zu greifen.
Bemerkenswert: Günther wurde Zweiter, im Prinzip ein gutes Zeichen für die strategische Herausforderung von „Turmoil“. Allerdings wurde Walter Erster, und das spricht dann doch schon gewaltig für entweder eine recht eindimensionale Gewinnstrategie oder für überreichliche Zufallseinflüsse.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (2 Punkte weniger als für die Basisversion; ich bin von keiner Expansion angetan, und diese ist die schlechteste von allen, fast broken), Günther: 4 (für diese Expansion, bei 8 Punkten für die Basisversion), Moritz: 6 (die Expansion könnte gut als Idee für eine eigenständige Spielerfindung herhalten), Walter: 5 (in ein mehrere Stunden dauerndes Spiel kann man doch keine Bremsen einbauen, Gas-Geben wäre eher angesagt gewesen; schade um die viel zu vielen hübschen Ideen in dieser Spielefamilie).
Wir agieren im Weltraum. Gemeinsam segeln wir auf unserem Mutterschiff „Black Angel“ durchs All.
Wir legen uns Stück für Stück „Technologien“ zu, die wir auf einer 3 x 3-Matrix platzieren und pro Zug zeilen- oder spaltenweise zur Wirkung bringen.
Wir reparieren unsere „Black Angel“, die von Zeit zu Zeit von „Verwüstern“ heimgesucht wird, welche unsere Aktionsmöglichkeiten einschränken. Dieses Reparieren kommt allen zugute, ist aber kein Opfern für die Allgemeinheit, sondern bringt uns direkt nützliche Ressourcen für unser weiteres individuelles Handeln ein.
Wir stellen kleine Roboter her, die wir für mannigfaltige Aktionen im Weltraum brauchen.
Wir setzen kleine Satelliten-Raumschiffe aus, die im All herumgondeln, mit jeweils einem Auftrag bedacht werden, und uns zu gegebener Zeit ihre Ergebnisse in den Schoß fallen lassen.
Motor des Ganzen ist ein sehr geschickter Würfelmechanismus. Ein Teil unserer Roboter arbeitet an „Würfel-Steinbrüchen“ und bringt pro „A-Sequenz“ jeweils einen Würfel seiner Farbe ins Spiel. In der Regel kann jeder Spieler mit 3 bis 6 Würfeln würfeln.
Die Würfel weisen die Zahlen 0 bis 3 auf und geben einen Aktivierungsfaktor an, mit dem unsere damit ausgeführte Aktion verstärkt wird.
Alle Würfel aller Spieler stehen allen Spielern zur Verfügung (bis auf wenige explizit reservierte Würfel). Eigene Würfel darf jeder Spieler ohne Restriktionen einsetzen; nutzt er den Würfel eines fremden Spielers, muss er ihm dafür einen Obolus entrichten.
Findet ein Spieler keinen Gefallen mehr an der vorhandenen Würfelauswahl, dann führt er eine „Sequenz B“ durch: er setzt genutzte Zeilen oder Spalten seiner Technologie-Matrix zurück und bekommt für jeden seiner Steinbruch-Roboter einen Würfel, den er neu auswürfelt.
Wurde die „Sequenz B“ von der Summe aller Spieler eine definierte Anzahl oft durchgeführt, wird das Spielende eingeläutet; danach kommt es zur Schlusswertung. Spielende ist auch dann, wenn die Verwüstungen am Raumschiff ein gewisses Maß überschreiten. Letzteres dürfte aber sehr selten sein, da jede Reparaturen ja erhebliche Vorteile abwirft, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Selbst am egoistischen Westpark kamen die Beschädigungen mit dem solidarischen Reparaturwillen nicht nach.
Mittels Ressourcen kann man die Augenzahl eines genutzten (eigenen) Würfels modifizieren. Für gutes Spielen muss man genau wissen, wie viele Roboter jeweils in den Steinbrüchen der verschiedenen Farben eingesetzt werden sollen, wie lange es sich lohnt, die eigenen Würfel – auch die Nuller-Würfel – zu nutzen und bis zu welchen Grenzen lukrative fremde Würfel von den Mitspielern gekauft werden sollen. Aber so weit sind wir noch lange nicht. Selbst nach den fünf Stunden, die wir zur Durchführung unserer ersten „Black Angel“-Session benötigten.
Günther hatte das Spiel in Essen gekauft, weil es dort irgendwie hoch eingeschätzt worden war. Für die heutige Premiere hatte er zuhause mindestens 2 ½ Mal die Spielregeln durchgelesen. Regelsicher absolvierte er mit seiner gewohnt ruhigen und beherrschten Manier die lineare Spielerklärung. Nach 1 ¼ Stunden gab es bei allen das erstes Aufatmen. Dann seine zeitliche Positionierung: „Das war erst der Überblick. Jetzt kommen die Aktionen im Weltraum.“
Jeder hatte bald den Verdacht, irgendwo nicht aufgepasst zu haben und stellte Rückfragen zu diesem und jenem Detail, wurde aber immer vertröstet: „Die Kartenerklärung kommt gleich“. War das geschafft, „dann gibt’s noch die Punktewertung, die haben wir ja noch gar nicht so richtig behandelt“. Und schlussendlich: „Jetzt nur noch Karten und Technologien.“ Fazit: 140 Minuten haben wir Günthers Einführung genießen dürfen oder müssen. Das soll jetzt aber keineswegs eine Kritik, eher ein Lob sein. Natürlich war hinterher allen noch nicht alles klar, oder besser: für jeden gab es noch genügend viele Unklarheiten.
Wir ließen uns Zeit, und wir diskutierten gemeinsam für jeden Spieler seine aktuellen Zugmöglichkeiten aufgrund der Würfellage und seiner aktuellen Ressourcen. So dauerte es nochmals geschlagene 45 Minuten, bis reihum jeder Spieler seinen allerersten Zug absolviert hatte. Alles in Geduld. Keiner wollte das Spiel in Blitzeseile durchgepeitscht haben. Schließlich konnte jeder von jedem individuellen Zug jedes Mitspielers lernen, und jeder war von der Nutzung der jeweiligen Würfel betroffen: ein Würfel weniger für die eigenen Möglichkeiten, ein Würfel weniger, mit dem uns ein Mitspieler in die Quere kommen könnte. Dieser Mechanismus ist in jedem Fall sehr gelungen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Mechanismen sind schön, ihr Umfang stellt allerdings ein Einstiegsproblem dar. Es gibt sehr viele kleinliche Dinge, die das Spiel nicht vorwärts bringen aber fehleranfällig machen; der Glücksfaktor ist für die 2 Stunden Spielzeit zu hoch), Günther: 7 (hübsches Aufbauspiel einschließlich Generieren einer ganzen Reihe von additiven Zugmöglichkeiten), Helmut: 7 (provisorische Note, weil es ein Probespiel war; die Artwork ist potthässlich [WS: über Farben lässt sich gut streiten] aber zweckmäßig; es ist prozessural gut aufgebaut; keiner hat heute optimal gespielt, aber für unsere Fehler sind wir selber schuld. Punktabzug in der B-Note für das Regelheft, dessen Terminologie in der deutschen Übersetzung eine ganze Reihe von Inkonsistenzen enthält), Walter: 7 (sehr gut konstruierter Würfelmechanismus, der innerhalb der vielen schöne Spielzüge nie außer Balance gerät).
Wir wünschen allen unseren treuen Lesern ein harmonisches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!
194 Spiele hat Andrea in unserer Spiele-Rangliste bewertet. In ihrer schönen Zeit der jungen Liebe begleitete sie regelmäßig Moritz zum Westpark. Dann kam die Hochzeit, dann kamen die Kinder, und das außerhäusige Spielen köchelte auf Sparflamme. Vor dreieinhalb Jahren war sie das letzte sporadische Mal am Westpark dabei. Heute endlich auch mal wieder. Freuen wir uns doch schon auf die Zeit nach zwei Jahren, wenn die Kinder keinen Babysitter mehr brauchen und Andrea wieder standardmäßig mit oder ohne ihren Mann zum Westpark kommen kann.
1. “Game of Quotes”
Ein Geburtstagsgeschenk von Andrea an ihren Moritz. Die Rückseite der Spielschachtel hatte es ihr angetan: „Neue verrückte Zitate“ stand da drauf. Da spart man sich doch direkt das Selber-Erlesen und Selber-Ersuchen von zwechfellerschütternden Zitaten der Größen dieser Welt. „Man nehme ein Zitat und schiebe es frech einem falschen Verfasser unter“ heißt es weiter. Auch das klingt nach Spaß.
Doch die 170 Zitate, die hier geboten werden, sind eher lau bis mau. Und von ihnen sind wir leider abhängig, wir dürfen nichts dazu erfinden, sondern müssen mit dem gedruckten Nicht-Witz ohne Spritz auskommen. Hilft es uns da vielleicht, wenn wir einem humorlosen Text a la „America first“ wenigstens einen ungewöhnlichen Verfasser zugesellen.
Wenn der Verfasser stimmt, so kommt es auf das Zitat auch nicht mehr an. Nach diesem Motto ging Andrea vor, fand als genialen Universalverfasser „der Papst“, der selbst einem „America first“ noch ein gewisses Lächeln hätte entlocken können. Schauen wir uns mal an, was noch alles zum Papst gepasst hätte: „Ich sehe was, was Du nicht siehst“! Oder im direkt Körperlichen „Wenn ich alles lassen würde, was ich nicht darf, dann hätte ich gar keinen Sex“. Oder, zurück zum Ideellen: „Sterben ist nur was für Loser und Amateure“.
Doch diese Sprüche wurden uns gestern gerade nicht angeboten, und in den ersten beiden Durchgängen ist auch der Verfasser vorgeschrieben: (fast) lauter nichtssagende Typen a la Charlie Sheen, Chewbacca oder Trump. Erst im Freistil des dritten Durchgangs bespaßte uns Andrea mit dem Papst. So erhielt „Game of Quotes“ auch nur sehr mäßige Quoten.
Noch dazu ist die Wertung absolut missglückt, Moritz nannte sie „ein Desaster“. Jeder Spieler hat drei Wertungskärten mit „witzig“ und eine mit „doppel-witzig“. Von denen muss er verdeckt jeweils eine an einen der Mitspieler geben, nachdem alle ihr Zitate und ihren Verfasser zusammengestellt haben. Man weiß nicht, ob nicht doch noch mal etwas Witziges kommt und wann bzw. wem man das doppelte „witzig“ geben soll.
Bei uns gewann Andrea. Vielleicht hatte ihr Papst doch die entsprechende Überzeugungskraft; vielleicht aber war es auch ihr Charme, denn wem gibt man sein Wertungs-Witzig, wenn man eigentlich von keiner Zusammenstellung so recht überzeugt ist. Natürlich: „Und immer siegt das Weib!“ (der Papst)!
Natürlich sind wir vom „Spiel des Jahres 2019“ nicht überzeugt, obwohl es jetzt schon zum dritten Mal auf den Tisch kam. Aber Andrea sollte es wenigstens auch noch kennenlernen. Moritz’ „Adorf“ führte Walter zu „Mario“. Andrea’s „Basler“ ebenfalls. Zum Glück haben sie sich nicht ausgepattet.
WPG-Wertung: Endlich die Noten abgefragt: Andrea 5 (es macht Spaß, man muss halt reden [dürfen]), Günther: 6 (lustiges Familienspiel, ich finde bloß blöd daran, dass es SdJ geworden ist), Moritz: 5 (man kann es eigentlich nicht als „Spiel“ benennen, aber es hat Unterhaltungswert), Walter: 5 (es wäre mindestens 2 Punkte mehr wert, wenn man sich ein bisschen absprechen dürfte, und wenn das Ziel nicht die Rekordjagd nach gemeinsamer hoher Punktzahl wäre, sondern man einem Ratenden, der mit den angebotenen Schlagwörtern die Lösung noch nicht finden kann, mit Geist und Esprit so peu-a-peu auf die Schliche helfen dürfte).
3. “Azul – Der Sommerpavillon”
Auch Andrea sollte im Vergleich „Azul“ (Original) zum Ableger „Azul – Der Sommerpavillon“ ihre Meinung abgeben. Wie gehabt, das alte „Azul“ ist spielerischer und übersichtlicher. Es bietet damit auch reichlich Gelegenheit, einem Mitspieler das letzte lebenswichtige Azulejo einer Farbe wegzunehmen oder ihn mit einer Masse von überzähligen, nicht mehr nutzbaren Azulejos zu überschütten. Der Schadenfreude, einer der positivsten Emotionen eines erwachsenen Spieleabends, ist Tür und Tor geöffnet. Beim neuen „Azul“ sind die Ablegemöglichkeiten der gesammelten Azulejos hingegen derart ausgeweitet (plus-minus), dass es nahezu unmöglich (einem Spiel nicht angemessen) ist, die Punkte-Sammel-Strategie der Mitspieler alle zu bilanzieren und dagegen zu halten. Jeder spielt für sich allein, anspruchsvoll aber allein.
WPG-Wertung: Den bisherigen Azul-Durchschnitt von 8 Punkten drückte Andrea mit der heutigen 7 um eine Einheit nach unten. Walter reduzierte seine hervorragende 9 auf 8: am Ende reichten die Steine im Vorrat nicht aus; beim neuen Steine-Auslegen blieb eine Scheibe leer und wir mussten am Ende der Runde beim Einordnen der Steine jeden zurückgelegten Stein gleich wieder in die Rotunde legen. Das war – vom Verlag – Sparen am falschen Platz.
4. “Nova Luna”
Andrea hatte die Babysitter-freie Zeit ihrer Sprösslinge weit überzogen und zog eilends ab nach Hause. Die drei Männer mussten sich mit dem gewohnten Unisex-Trio begnügen.
Aus einer öffentlichen Auslage von quadratischen Plättchen sucht sich jeder Spieler in wechselndem Rhythmus jeweils eines aus und baut es in seinen Patchwork-Garten ein. Die Plättchen gibt es in den vier Grundfarben, auf jedem von ihnen sind Teller mit verschieden-vielen farbigen Kreisen in denselben vier Grundfarben aufgedruckt. Die Aufgabe besteht nun darin, die Plättchen so aneinander zulegen, dass möglichst viele der Teller in ihrer Nachbarschaft Plättchen in genau den Farben haben wie sie farbige Kreise aufweisen. Soweit so gut.
In der öffentlichen Auslage – einem Kreis – liegen 12 Plättchen, davon sind für jeden Spieler allerdings nur 3 erreichbar, an die anderen kommt man erst innerhalb der nächsten Züge per Annäherung. Es gibt gute und weniger gute Plättchen: Gut sind solche mit vielen Tellern und jeweils wenigen Kreisen. Die „kosten“ aber auch deutlich mehr als andere Plättchen. Sie kosten „Leben“; je mehr Leben ein Spieler verbraucht, desto weiter muss er vorrücken und desto später kommt er mit seinem nächsten Zug wieder dran. Alles schon mal gehabt.
Die Auswahlmöglichkeit ist bei 3 Plättchen natürlich äußerst begrenzt. Oft genug hat keines der verfügbaren Plättchen keinem Spieler in den Kram gepasst. Und wenn man auf ein weiter weg liegendes besonders geiles Plättchen spekuliert, dann ist keineswegs gewährleistet, dass es uns nicht ein anderer Spieler wegnimmt, sobald es innerhalb seines Zugriffsbereiches gelangt ist. Hier läuft alles mehr oder weniger von der Hand in den Mund ab.
Günther hatte beim Erwerb dieses Spieles sich so etwas wie „Patchwork“ erhofft, doch er – und wir auch – wurde enttäuscht.
WPG-Wertung: Günther: 6 (der Zeitmechanismus ist bewährt, es ist schnell, mit Glück und Zufall), Moritz: 3 (keine originellen Mechanismen, dröge, keinerlei Interaktion), Walter: 4 (reizlos, solitär).
5. “Tiefseeabenteuer”
Ein super Spiel. Zum Warming-up, als Absacker und auch dazwischen. Das wenige Spielmaterial passt in eine doppelte Zigarettenschachtel, die Spielzeit beträgt vielleicht nur zehn Minuten, aber welch eine Feuerwerk von Taktik und Strategie, Eigennutz und Interaktion, Freude und Schadenfreude, Vorsicht und Risiko. Einfach ein genialer Wurf.
Diesmal in einer 4er Runde und mit zwei neuen Chronicles.
Chronicle 1: Highlander
Ein spezielles Feld des Rundganges wird als „Highland“ ausgezeichnet. Wer hier vorbeikommt, muss einen Obolos in Form von Geld oder Ressourcen entrichten. Wer sich genau auf das Feld setzt, muss keinen Obolos entrichten, sondern er darf – wenn er das Feld wieder verlässt – alle entrichteten Oboloi an sich nehmen. Kurze Überschlagsrechnung: Bei vier Spielern plus einem Dummy bekommt jeder Highlander 4 Geldstücke (das ist die gängigste Form von Obolos), braucht selbst keines zu bezahlen und muss auch kein Kärtchen (gut oder schlecht) an sich nehmen, das ebenfalls a priori erst mal mit 3 Minuspunkten zu Buche schlägt. Kurz und gut: Dieses Highlanderfeld zu belegen bringt in etwa jedes Mal 8 Siegpunkte ein. – Günther hatte erkannt, was die Stunde schlägt, unangefochten – die anderen waren offensichtlich nicht so weit – durfte er in jeder Runde den Highlander mimen und damit schon mal die halbe Miete erzielen.
Die zweite Hälfte gewann er über die Kärtchen „Kenmore Fair“ (das war letzte Woche auch schon schon so!) und „Elgin“, die ihm über den Verkauf von multiplen Ressourcen zu massig Siegpunkten verhalten.
War das alleine seine eigene Entscheidung, oder hatte ihm Aaron dabei gute Ratschläge erteilt? Aaron hatte immerhin bekundet: „Ich will, dass Du gewinnst! Wenn Walter wieder gewinnt, muss ich dem Spiel 2 Punkte weniger geben!“
Expansion 2: Whisky-Veredelung
Ein paar der Standard-Plättchen werden durch Whisky-Produktion und Whisky-Alterung ausgetauscht. Es gibt noch mehr Möglichkeiten, Whisky zu produzieren und man kann ihn „altern“ lassen und damit wertvoller machen. Auf einem definierten Verkaufsplättchen kann man ihn dann für teures Geld verkaufen.
Machen wir mal eine kleine Überschlagsrechung: Höherwertiger Whisky bringt 1, 2 oder 3 Geldeinheiten. Aber der Platz reicht insgesamt nur für 3 Fässer. Jedes weitere Fass bringt 0 (Null !) Geldeinheiten und zahlt sich höchstenfalls in den Rundenwertungen bei den Majoritäten aus. Damit ist Günther letzte Woche schon nicht glücklich geworden.
Auch die Alterung, so lukrativ sie auf den ersten Blick auch aussieht, bringt relativ wenig ein: einen einzigen Taler, sprich einen einzigen Siegpunkt pro Alterung. Selbst wenn der Preis für ein Whisky-Fass mal auf 6 oder 7 Taler steigen sollte, so waren dafür mindestens 3 oder 4 Alterungs-Aktivitäten notwendig. Den gleichen Gewinn fuhr Günther mit einem einzigen (jedem!) Highlander-Zug ein.
Fazit: Walter hatte sich aus ideellen Motiven für die Whisky-Strategie entschlossen, sie vielleicht auch nicht richtig verstanden und nicht konsequent durchgesetzt, jedenfalls wurde er weit abgeschlagen Letzter. Aarons Whisky-Welt war wieder in Ordnung.
Bleibt auch noch Moritz zu erwähnen: Er setzte strikt auf Clan-Marker und brachte es mit einem relativ kleinen Landschaftspark (wenige Verlustpunkte am Ende) auf einen beachtlichen zweiten Platz.
WPG-Wertung: Aaron, Günther und Walter blieben bei ihren 8-8-7 Punkten, Moritz reihte sich mit 6 Punkten am unteren Ende ein: „Das alte Glen More hat mir besser gefallen; vielleicht hat das jetzige mehr Potential für öfteres Spielen“.
2. “Die Crew”
Ein kooperatives Stichkartenspiel. Oh Gott, kooperativ! Aber immerhin geht es um Stiche. Da beißt selbst Walter in den sauren Apfel.
Die Karten bestehen aus 4 Farbsets mit Kartenwerten von 1 bis 9, dazu 4 Trumpfkarten mit Werten von 1 bis 4. Wie in den üblichen Stichkartenspielen spielt einer aus, die Farbe muss bedient werden, wer keine Karte der ausgespielten Farbe besitzt, darf trumpfen – sofern er einen hat – oder auch eine beliebige andere Karte zugeben. Die höchste Karte der ausgespielten Farbe bzw. der höchste Trumpf gewinnt den Stich und spielt zum nächsten Stich aus.
Das Kooperative in „Die Crew“ ist, dass die Spieler bei Rundenende, d.h. nach 9 Stichen, innerhalb der Karten ihrer Stiche ganz definierte, vorgegebene Karten haben müssen. In der ersten Runde muss nur ein einziger Spieler eine definierte Karte haben, in der zweiten Runde zwei, usw., bis am Ende wohl 9 Aufträge erfüllt werden müssen. (Warum wohl „wohl“?)
Als Koordinierungsinformation, damit auch die Chance besteht, dass der richtige Spieler die richtige(n) Karte(n) in seinem Stichen enthält, ist pro Spieler lediglich erlaubt, eine einzigen Karte aus seiner Kartenhand auf den Tisch zu legen und kund zu tun, ob es die höchste, die niedrigste oder die einzige Karten in dieser Farbe ist.
Bei uns war Günther in der ersten Runde Kapitän und musste als einziger in seinen Stichen die grüne Sechs bekommen. Er hatte selber diese Karte auf der Hand, legte sie auch aus und bekannte, dass es die höchste grüne Karte in seiner Hand war. Walter legte eine grüne Zwei aus mit dem Hinweis, dass es seine kleinste war. Moritz schloss sich sofort dieser Informationsstrategie an und legte eine grüne Vier aus, ebenfalls mit dem Hinweis, dass es seine kleinste grüne Karte war. Alle Augen richteten sich nun auf Aaron, was er zu diesem möglichen Gewinn-im-ersten-Stich beitragen konnte. Doch Aaron, der grundsätzlich selbst die kleinsten Regeldetails verinnerlicht und einhält, selbst wenn sie ihm oder dem Spielerkollektiv schaden, verzog keine Miene.
Was kann ein Bridgespieler daraus schließen?
1) Aaron hatte keine kleinere grüne Karte als die 6
2) Aaron hatte keine größere grüne Karte als die 6
3) Aaron hatte also überhaupt keine grüne Karte auf der Hand.
Dem Nicht-Bridgespieler Günther mussten wir intensiv zureden wie ein Bauer an seine kranken Kuh, bis er endlich seine grüne Sechs ausspielte, den Stich kassieren konnte und wir alle gemeinsam bereits im ersten Stich die erste Runde gewonnen hatten.
In der zweiten Runde war Günther (mit der höchsten Trumpf-Karte) wiederum Kapitän und musste wiederum die grüne Sechs nach Hause bringen, was – wie gesehen – keine übermäßig schwere Aufgabe war (oder haben wir da etwas falsch gemacht?); Walter musste die die rote Eins einsacken, was – für alle – eine deutlich schwierigere Aufgabe gewesen wäre, wenn er sie selber auf der Hand gehabt hätte. Das war aber glücklicherweise nicht der Fall und so konnten wir hoffen, dass diese Karte bei einem Spieler auf der Hand wäre, der früher oder später in einer Farbe frei war, in der Walter mit einer relativ hohe Karte oder mit einem Trumpf den Stich machen würde, und in dem diese rote Eins abgeworfen würde.
Was spielte Günther als erste Karte zum ersten Stich aus? Die Trumpf-Eins! Das ist ein absolut kontraproduktives Ausspiel. Die Trumpfkarten sind die flexibelsten Karten im ganzen Spiel. Nur mit ihnen kann man das ansonsten fast lineare Abspielen der Farbkarten in andere, notwendige, gewünschtere Bahnen lenken. Und jetzt graste Günther mit seinem allerersten Ausspiel von allen Mitspielern diese mächtigen Trumpfkarten ab! Walter war erbost. Er musste seine Trumpf 3 abgeben und fühlte sich schon halb kastriert. Er frage Günther nach der Logik für dieses Ausspiel. Günther verweigerte die Auskunft – wahrscheinlich regelkonform – aber er bekundete zugleich, dass er auch nach Spielende die Logik für dieses Ausspiel nicht verraten würde. Wie sollen wir anderen Spieler aus dem Abspielen der Karten eines Mitspielers auf dessen Hand und dessen Ambitionen schließen, wenn der vielleicht gar keine Ambitionen hatte?
Im dritten Stich, nachdem in einem blauen Stich die blaue Neun gefallen war, kam Walter wieder zu Stich und spielte in den nächsten beiden Stichen die blaue Acht und die blaue Sieben aus. Keiner konnte die Farbe mehr bedienen. Jetzt hätte
a) der Spieler mit der roten Eins diese Karte in den Stich legen müssen.
b) jeder Spieler sich von den Karten trennen müssen, die verhindern konnten, dass Günther später die grüne Sechs bekam.
Günther warf die grüne Acht (!) ab! Was musste ein Bridgespieler daraus schließen? Günther hatte offensichtlich keine Angst um seine grüne Sechs. Sie musste in seiner Hand noch geschützt sein. Also spielte Walter die grüne Sieben nach, um die anderen hohen grünen Karten herauszuholen. Und was passierte: Die grüne Sechs war die letzte grüne Karte in Günthers Hand, er musste sie zugeben, Walter behielt den Stich und wir alle hatten diese Runde verloren.
Das war zuviel für Walter. Er zermarterte sich das Hirn, um die Karten seiner Mitspieler zu lesen, und schließlich wird die „Die Crew“ nur im Stile von Mau-Mau praktiziert. Er verzichtete auf das Weiterspielen und bot seinen Mitspielern an, mit großer Freude bei deren weiteren Crew-Flügen zuzuschauen. Aber sie verzichteten dann ebenfalls auf die Weiterreise.
Und so wissen alle Nicht-Crew-Eingeweihten nicht, ob am Ende 9 Aufträge erfüllt werden müssen oder nicht. (Darum wohl das „wohl“!)
WPG-Wertung: Noch keine WPG-Wertung, Walter würde unter Bridge-Spielern die Note 8 vergeben, unter Nicht-Bridge-Spielern die Note 4, „Mau-Mau“ kann schließlich ebenfalls Spaß machen.
3. “No Return”
Insgesamt 132 Spielsteine gibt es in sechs verschiedenen Farben. Sie tragen die Zahlen von 1 bis 11, jeder Zahlenwert kommt doppelt vor. Jeweils 8 Spielsteine hat jeder Spieler auf der Hand. Pro Zug kann er kann davon beliebig viele Steine einer Farbe „spielen“. In der ersten Phase, der Aufbauphase, „spielt“ er sie, indem er sie offen auf den Tisch legt. (Achtung: Von jeder Farbe darf nur eine Reihe auf dem Tisch liegen. Man darf in einem späteren Zug eine eigene Farbreihe verlängern, aber nur „nach unten“, d.h. mit absteigenden Zahlen.) In der zweiten Phase, der Abbauphase, die jeder Spieler nach eigenem Gutdünken einleitet, „spielt“ er die Steine, indem er sie abwirft und dafür von seinen ausliegenden Zahlenreihen von unten her Steine abräumt (und als Siegpunkte beiseite legt). Die Summe der Zahlen auf den abgeräumten Steinen ist durch die Summe der Zahlen auf den ausgespielten Steine begrenzt.
Wer will, kann auch einfach vier beliebige Steine abwerfen und dafür neue Steine aus dem Nachschubsäckchen ziehen. Wenn das Säckchen leer ist, ist das Spiel zu Ende. Die noch auf dem Tisch verbleibenden Steine der Aufbauphase zählen als Minuspunkte.
Nach dem Prinzip von „Tiefseeabenteuer“ muss man also zum gerade richtigen Zeitpunkt erkennen, wann man genügend hohe/viele Steine auf dem Tisch liegen hat und mit dem Abbauen beginnen sollte. Gerade der Anfänger kann hier den Hals nicht zu voll bekommen und wird vom Spielende unangenehm überrascht.
Dabei kann man hier doch recht einfach die statistischen Durchschnitte berechnen:
In einer 4er Runde bekommt jeder durchschnittlich 33 Steine in die Hand. Nach maximal 16 Steinen in der Auslage sollte man also mit dem Abräumen beginnen. (Eigentlich viel vorher, weil gegen Spielende hin die Spieler fast immer 4 Steinen ablegen (bzw. tauschen) und das Ende somit überdurchschnittlich schnell herbeikommt.
Die 33 Steine pro Spieler besitzen zusammen einen durchschnittlichen Zahlenwert von 198. Das sind – optimal – 99 Punkte für das Auslegen und 99 Punkte für das Abräumen. Dieses “Optimum” ist natürlich nicht zu erreichen. Faustformel: Wenn man – nach wenigen Zügen – 70 Punkte ausliegen hat, sollte man ohne Bedenken seine Abbauphase einläuten.
Natürlich spielt bei diesen Betrachtungen die Zufallsstreuung eine gewisse Rolle. Wahrscheinlich die einzige, die dem Spiel Reiz verleiht.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (für das, was es ist: ein Absacker, locker, wenig Regeln), Günther: 6 (mit Tendenz zu 5, weil es etwas auszuprobieren gibt [die statistischen Grenzwerte für die Umkehr], aber wenn man hier die Daumenregeln kennt, ist das Spiel ausgelutscht), Moritz: 7, Walter: 5 (die ersten paar Mal recht hübsch, aber dann ist es nur noch ein Spiel gegen den Zufall).
Kleine Kritik am Material: Zum Ablegen der Handsteine eines Spielers wäre ein Bänkchen a la Scrabble oder a la „Just one“ durchaus angebracht. Der Verlag hat es sich gespart. Außerdem sind die Farben rot und rosa sehr schwer zu unterscheiden, so dass Fehler beim Zusammenstellen der Zahlenreihen vorprogrammiert sind.
4. “Just one”
Auch Moritz sollte das „Spiel des Jahres 2019“ kennen lernen. Und wir übrigen, wie sich das Spiel in einer 4er Runde spielt.
Günther schlug den „Weichmacher“ vor, dass ein Spieler, wie in der 3er Runde, zwei Begriffe nennen darf, aber Aaron war dagegen. Er wollte streng nach den Originalregeln spielen. Selbst unsere Standardansagen: „Ich nehme das Offensichtliche“ waren verpönt.
Glücklicherweise sind unsere Charaktere aber so verschieden, dass bei den vorgeschlagenen Worten sich kein einziges Auspatten ergab. Aaron war für das Spezielle, Günther für das Allgemeine, Moritz für das Grenzwertige und Walter für die Synonyme.
Beim Ratewort „Kaktus“ fiel Günther „Topfpflanze“ ein und Aaron „Stiefmutterstuhl“. Nachdem Moritz auch noch „Scheissus“ beisteuerte – ein umstrittenes, wenn nicht sogar ein unzulässiges Wort -, war Walter im Zweifel, wie er den Stuhl der Großmutter zu verstehen habe. Aber Moritz „US“-Endung brachte die Lösung, denn in Kaktologie war Walter nicht bewandert und Topfpflanzen gibt es wie Sand am Meer.
WPG-Wertung: Schon wieder vergessen, die Noten abzufragen.
Ein gutes Spiel, von der Öffentlichkeit honoriert, zeugt augenblicklich Junge. „Augenblicklich“ ist übertrieben, denn es dauerte geschlagene 9 Jahre bis Michael Cramers WPG-6-punktiges „Glen More“ via Kickstarter sein erstes Junges bekam.
Bei der „Mutter“ hat vor allem der Zugmechanismus überzeugt. Der ist beim Kind auch vollständig vererbt worden. Innerhalb eines Rundkurses von Landschaftsplättchen darf jeweils der an letzter Stelle liegende Spieler beliebig viele Felder vorwärts auf ein Feld ziehen und dieses an sich nehmen. Bleibt er dabei Letzter, darf er nochmals ziehen, beliebig oft, bis halt ein anderer Letzter geworden ist.
Viele Plättchen sind ein Vorteil, weil jedes einzelne einen Beitrag von Rohstoffen liefert, oder Betriebsmittel, um Rohstoffe in Siegpunkte umzuwandeln. Jedes Plättchen hat aber auch den Nachteil, dass es in der Schlusswertung 3 Minuspunkte einbringt. So lohnt es sich durchaus, auf nur die besten Plättchen zu setzen und ein kleines, aber sehr feines Reich aufzubauen.
Anspruchsvoll bzw. hübsch planungsvoll ist auch das Einbauen und Werten der genommenen Plättchen im eigenen Landschaftsgarten. Hier eine optimale Topologie hinzulegen, um mit minimalem Einsatz eine maximale Aktivierungs-Ausbeute zu erzielen, entscheidet über den Sieg.
Allerdings ist nicht alles planbar. Die Qualität und Reihenfolge, wie die Landschaftsteile ins Angebot kommen, unterliegen einem gewissen Zufallseffekt, und wenn ein bösartiger Mitspieler uns einen Knüppel zwischen die Beine werfen will und tut, hilft die beste Planung nicht.
In unserer dritten Phase des Spiels kam das Plättchen „Kenmore Fair“ ins Angebot. Sein Erwerb kostet 1 Holz. Aaron und Günther hatten gerade ihr letztes Holz verholzt, auf dem Markt gab es aktuell auch keines zu kaufen, so dass dieses Plättchen für sie unerschwinglich war. Mehr oder weniger zwangsläufig fiel es Walter als einzigem Holzbesitzer zu. Zudem konnte der es so in seinen Landschaftsgarten voller – mangels besserer Nutzplanung noch – herumliegender Rohstoffe einbauen, dass er es insgesamt 4 mal aktivieren und dabei jeweils vier verschiedene Rohstoffe abgeben konnte, so dass er damit insgesamt 32 Siegpunkte auf seinem Konto gutschreiben konnte. Die halbe Miete zum Sieg und soviel, wie Günther in der Schlusswertung insgesamt erzielte.
Walter als Sieger und Günther als Letzter: das spricht dann allerdings schon weniger für die planerische, intellektuelle Herausforderung von „Glen More II“. Es gibt einfach zu viele verschiedene Wege zum Sieg, und an welchem Weg der entscheidende Goldklumpen liegt und wer ihn findet und einsäckeln kann, das ist zu einer erheblichen Portion glücksabhängig. Gut oder schlecht?
Noch ein weiteres Kriterium für Walters Sieg. Wir haben Expansion 1 „The Dragon Boat Races“ gespielt. Hier darf man seine Bewegungspunkte auch zur Beförderung seines Schiffes auf einem Rundkurs durch die Gärten aller Mitspieler nutzen. Auf diesem Rundkurs liegen alle naslang Haufen von Bonusplättchen herum, aus denen sich der Vorbeifahrende jeweils eines heraussuchen darf. Wer zuerst lostigert bekommt auch das Beste. Eigentlich darf man erst ab Phase 2 mit seinem Boot ablegen. Aus einem Regelversehen heraus fingen wir aber unverzüglich an, die – am Anfang noch besonders überflüssigen – Bewegungspunkte in unsere Schiffe zu investieren. Und auf Walters Kurs lagen die Bonusplättchenhäufchen innerhalb der kürzesten Distanz. Der Rundkurs brachte ihm weitere 15 Siegpunkte ein und zudem eine erkleckliche Anzahl weiterer Prioritätsvorteile. Vielleicht hätte bei regelgerechtem Spiel doch Günther gewonnen. Wir werden das in der näheren Zukunft vielleicht noch entscheiden können, denn „Glen More II – Chronicles“ enthält 9 verschiedene Expansions. Da wird dieses Spiel bestimmt noch häufiger bei uns auf den Tisch kommen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (wollte als Primär-Strategie mit möglichst wenig Plättchen auskommen, wurde damit immerhin noch Zweiter), Günther: 8 (ein Super-Spiel mit einem Super-Zugmechanismus), Walter: 7 (der Zugmechanismus ist zweifellos gut, aber ja nicht unbekannt, komplexe Nebeneffekte mit dosierten Zufallseinflüssen stehen in Konkurrenz zur Planbarkeit).
2. “Just One”
Das Spiel des Jahres 2019 können wir nicht an uns vorbeigehen lassen, auch wenn Partyspielchen am Westpark nicht die größte Vorliebe entgegengebracht wird. Hier geht es um Wörter Umschreiben und Wörter-Erraten. Ein absolut neues Spielprinzip, oder? Wenn zwei oder mehr Mitspieler – ohne Absprache – das gesuchte Wort mit dem identischen Begriff umschreiben, patten sie sich aus und der Rater muss ohne diese Hinweise auf das gesuchte Wort kommen. Das ist nun wirklich neu, oder? Das Ratewort „Pyramide“ kann man z.B. mit a) „Weltwunder“ und b) „Tetraeder“ umschreiben. Aber bitte nicht von zwei Spielern mit jeweils dem gleichen Wort!
In einer 3er Runde darf jeder Spieler zwei Umschreibungen vorbringen. Das ist natürlich ein großer Vorteil für das Raten, denn durch konzertierte Begriffspaare kann man das Gesuchte viel leichter kenntlich machen. Gibt einer z.B. „Charme“ und „Melone“ zum Besten, dann dürfte das Lösungswort „Schirm“ doch recht nahe liegend sein. Zumindest für die Generation, die ab 1966 eine der 187 Folgen dieser Krimi-Serie im deutschen Fernsehen verfolgen konnte. Dagegen ist es fast ausgeschlossen, dass von unabhängigen Köpfen einer „Charme“ und ein anderer „Melone“ hinschreibt.
Auch das Ratewort „Musik“ kann am Westpark von einem Spieler natürlich ganz leicht mit den beiden Begriffen „Moritz“ und „macht’s“ beschrieben werden, wobei „macht’s“ als Einzelwort vielleicht nicht erlaubt ist, dafür muss man dann vielleicht „Produkt“ hinschreiben.
Eigentlich sollte man sich beim Hinschreiben der Umschreibungswörter nicht absprechen. Aber „Just One“ ist doch ein Partyspielchen. Es dient der leichten, lockeren Unterhaltung in einer gut gelaunten Runde, ggf. mit Witz und Witzen. Warum sollen sich die Rater dann im wohlverstandenen Sinne nicht wenigstens mit den Sätzen „ich nehme das Einfache, Naheliegende, nimm’ du etwas Komplizierteres“ soweit verständigen, dass sich ihre Wörter nicht auspatten. It’s party time!
Wir landeten am Schluß in der Kategorie „Starkes Team“. Das waren wir auch, obwohl (oder weil!) Aaron ganz strikt bekundete: „Ich leg’s drauf an, dass sich zwei auspatten!“
WPG-Wertung: Wir haben vergessen, die Noten abzufragen. Walter vergibt schon mal 6 Punkte. Für die beste Ausstattung von abwaschbarer Tinte und abwaschbarer Schreibunterlage, die er seit „Dampfross“ kennen gelernt hat.)