28.08.2019: Flügelschlag und mehr

1. “Flügelschlag”

Das aktuelle „Kenner-Spiel des Jahres 2019“. Hierzu viele Worte zu verlieren, heißt wohl Eulen nach Athen zu tragen. Bei Google werden schon 453 Tausend Einträge zu diesem Begriff ausgewiesen (claro, nicht alle zum Spiel), und sicherlich liegt die Zahl der Spiel-Bestellungen bei Verlagen und Vertrieben in der gleichen Größenordnung.

Lassen wir jetzt die Jury von „SdJ“ selber zu Wort kommen, warum sie dieses Spiel an die Spitze der Produkte von 2019 gesetzt haben. (Ich hoffe, dass mit diesem Text kein Copy Right verletzt wird!)

„Bei Flügelschlag ist es also, dass wir ein Territorium haben mit ’nem Waldgebiet, ’nem Sumpfgebiet und ’nem Wassergebiet. Wir locken Vögel an, die zu uns kommen, und wollen eine möglichst bunte Vielfalt an Vögeln bei uns haben.“
Einspruch! Erstens „locken“ wir keine Vögel an, sondern wir kaufen sie ganz einfach und brutal in einem Vogelgeschäft. Der erste Vogel pro Runde kostet nichts, der zweite kostet ein Ei, und ab dem braven Schweppermann auch zwei. Zweitens möchten wir keine möglichst bunte Vielfalt an Vögeln haben, sondern eine Sammlung, die uns möglichst viele Punkte bringt. Das kann u.U. auch eine recht einseitige Sammlung von Enten sein. (Drittens ist das „Sumpfgebiet“ nach der Spielregel ein „Wiesenlebensraum“, aber das stört nun wirklich keinen großen Geist.)

„Die Vögel können Eier legen, wir können sie auf die Hand nehmen, und die Vögel brauchen Nahrung.“
Teilweise richtig.
a) Wir können nicht, wir MÜSSEN die Vögel sogar zuerst auf die Hand nehmen, nachdem wir sie gekauft haben. Erst in einem weiteren Zug dürfen wir sie dann in einem unserer Wald-, Wiesen- oder Wasser-Käfige aussetzen.
b) Die Vögel brauchen eigentlich keine Nahrung, nur wir Spieler müssen eine artenspezifische Nahrung abgeben, und zwar nur und genau dann, wenn wir die Vögel in die Käfige setzen. Ein einziges Mal.
c) Nicht alle Vögel legen Eier, sondern nur diejenigen in unserem Wiesenkäfig. Bei jedem neuen Platzieren eines Vogels dort bekommen wir Eier, und zwar mit wachsendem Füllungsgrad des Käfigs in steigender Menge.

Von diesem dynamischen Ausschüttungsprinzip her ist es natürlich ein taktischer Zug, möglichst schnell und einseitig die Wiese zu füllen. Doch gilt dieses Prinzip auch für die Ausschüttung anderer Ressourcen. Beim Aussetzen im Wald liefern die Vögel Nahrung, und im Wassergebiet bekommen wir neue Vögel (Vogelkarten) auf die Hand.

„Die Vogelarten sind detailverliebt gezeichnet. Die Karten enthalten viele Information zur jeweiligen Vogelart, wir tauchen ein in die ornithologische Welt. Jede Partie wird zu einer ornithologischen Fortbildungsmaßnahme. Man hat dann nicht nur Spaß gehabt, sondern auch noch etwas gelernt. – Mir geht es jetzt auch so, dass ich jetzt ganz anders durch die Welt gehe und viel mehr auf die Vögel achte, die draußen bei uns sind.“
„Detailverliebt“ ist richtig. Der ornithologische Lerneffekt ist bei mir persönlich allerdings ausgeblieben. Seit mein Freund Hans ein Beauftragter des Vogelschutzbundes ist, kann ich die Eichelhäher in unserem Garten identifizieren, ansonsten nur die Grundvögel aus dem Lied „Alle Vögel sind schon da“. „Flügelschlag“ hat mir hier keinen einzigen weiteren Vogel weder dem Namen nach, noch im Bild, noch in seiner Spannweite noch in seinem Lebensraum nähergebracht. Aber vielleicht bin ich ein Ignorant.

„Für alle geeignet, die ganz einfach strategisch denken und ihre Kartenauslage optimieren möchten.“
Ja wie sieht denn die Strategie aus? Wieviele und welche Vögel der Anfangsausstattung behalten wir auf der Hand? Behalten wir Vögel mit großen oder mit kleinem Nahrungsbedarf beim Aussetzen? Fangen wir mit Wald, Wiese oder Wasser an? Welche Vogel-Sonder-Effekte sind die besten?

Da kommt’s nämlich noch: Auf jeder einzelnen Vogelkarte steht ein anderer Effekt, der beim Ausspielen bzw. beim „Aktivieren“ eines Lebensraums zum Tragen kommt. Wir erhalten Eier, Nahrung oder zusätzliche Vogelkarten, wir dürfen gleich noch einen weiteren Vogel aussetzen, wir dürfen das Nahrungsangebot neu auswürfeln, oder wir erhalten einzelne Sonder-Siegpunkte.

Ja wofür gibt es Siegpunkte? Dafür sind verschiedene Kriterien ausgelobt. Zunächst bringt jede einzelne ausgespielte Vogelkarte Siegpunkte entsprechend dem aufgedruckten Quantum. Jedes Ei auf einer Vogelkarten liefert einen weiteren Siegpunkt. Jeder Spieler erhält zu Spielbeginn eine individuelle Bonuskarte mit Bedingungen, die er im Laufe des Spieles ganz oder teilweise erfüllen muss (meist ist es das Sammeln einer Anzahl von Vögeln mit spezifischen Eigenschaften), und die dann in der Schlusswertung weitere Siegpunkte einbringen. Zusätzliche Bonuskarten können beim Aussetzen mancher Vögel dazuerworben werden. Darüber hinaus werden für ein Spiel vier Zwischenziele definiert (z.B. die meisten Eier oder die meisten Vögel in einem bestimmten Lebensraum), wer hier den besten Erfüllungsgrad hat, bekommt weitere Siegpunkte zugeschustert.

Zurück zu Strategie-Frage? Welches ist denn nun die beste Strategie, die das Räderwerk unseres strategischen Denkens in Gang hält? Die Auswahl der kaufbaren Vögel im Vogelgeschäft ist sehr begrenzt. Fehlanzeige ist es, zu wissen, was da auf uns zukommt. Das Nahrungsangebot wird mittels eines (sehr hübschen) Würfelbechers ausgewürfelt. Auch da sind wir in Planung und Ausführung unserer Strategie stark eingeschränkt. Die zukünftigen und angebotenen Vogel-Sonder-Effekte sind gänzlich unbekannt. Ein optimaler Zugriff auf die besten Vogelkarten kommt einem Von-der-Hand-in-den-Mund-Leben gleich. Ja, ja, so mancher Fachmann hat Schwierigkeiten mit dem Begriff „Strategie“, warum nicht auch unsere Jury von SdJ!

„Vogelschlag ist ein sehr thematisches Optimierspiel, stimmig, thematisch passt einfach alles.“
Ja wenn man im Wald Nahrung bekommt und im Sumpf neue Vogelkarten, dann stimmt das einigermaßen. Bei den Sonder-Effekten auf den Vogelkarten bin ich mir da nicht so sicher. Zumindest wollen wir anerkennen, dass die Begriffsbildung des Spiels weitgehend aus der Vogelwelt stammt.

„Das Thema sorgt für einen leichten Einstieg, denn das, was die Vogelkarten, was die Vogelarten können, das macht Sinn, weil das ist aus dem Leben abgekuckt.“
Ich wüsste nicht, auf welche Weise mir das Leben neue Vogelkarten in die Hand spielt! Auch beherrsche ich z.B. die Mechanismen von Kohleförderung und Vertrieb a la „Haspelknecht“ auf Anhieb genauso gut wie den Flügelschlag beim Vögeln, ohne jemals selber unter Tage gewesen zu sein. Ressourcen zu bekommen und auszugeben ist wohl eine der grundlegendsten Erfahrungen in unserem Leben.

„Zum einen ein sehr schöner Mechanismus, dass wir so eine Art Kettenreaktion bei uns aufbauen, die es Spaß macht auszulösen.“
Kettenreaktionen, die man nicht auslöst, machen nicht nur keinen Spaß, sie machen auch keinen Sinn! Aber sind diese Kettenreationen denn ebenfalls dem Vogelleben abgekuckt? Und sind sie planbar, oder ergeben sie sich nicht einfach, weil das halt ein unausweichlicher Effekt des Spielablaufs ist?

„Das Material ist gigantisch. Toller Würfelturm … und anstelle von simplen Holzklötzchen richtige Holzeierchen als Marker, phantastische Illustration.“
Das wollen wir mal unangefochten so stehen lassen, obwohl Kugeln anstelle von Würfeln noch keinen Giganten ergeben!

„Das Thema … macht es zu einem Kennerspiel, was tatsächlich auch schon Kenner-Einsteiger spielen können.“
Bei vielen Spielen überlege ich mir, ab wann ich sie meinen demnächst schulpflichtigen Enkelkindern zumuten kann. Die 170 verschiedenen Vogelkarten mit ihren 170 verschiedenen Sondereigenschaften möchte ich ihnen aber auch dann nicht zumuten, wenn sie das Lesen und Rechnen beherrschen. Wir wollen doch spielen!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (fast 4, zäh, zu viele Glückselemente), Günther: 6 (das Verhältnis Zufall gegenüber Planung ist negativ, ich habe es jetzt 4 mal gespielt, es hat mir nicht mehr und nicht weniger gefallen als beim ersten Mal. [D.h. unsere Zurückhaltung bei der Wertung liegt nicht daran, dass wir die Spielmechanismen nicht gekannt haben.]), Walter: 6 (etwas pampig, die planerischen Effekte sind nicht beherrschbar; aber die Mechanismen sind sauber und das Material ist sehr hübsch).

2. “Sherlock – Tod am 4. Juli”

Das Palavern um die mögliche Lösung des jeweiligen Kriminalfalls in dieser Spiele-Serie macht Spaß. Eine Weile. Das Lösen als solches ist zuweilen eine Zumutung. Z.B. hier beim „Tod am 4. Juli“.

Mörder und Mordopfer werden in der ganzen Geschichte auf sämtlichen Karten kein einziges Mal erwähnt. Und aus den Ketten im Stripclub kann sich jeder je nach Alter, Veranlagung und Erfahrung eine eigene Geschichte zusammenbrauen.

Angeblich (nach dem Text auf der Schachtel) bittet uns die Polizei um Hilfe, um herauszufinden, was passiert ist. Dabei weiß die Polizei in diesem Fall das schon vom ersten Augenblick an, bevor wir auch nur die erste Karte in die Hand genommen haben.

Kein Spiel für logische Schlussfolgerungen, sondern eines für phantasiebegabte Erzähler. Aber vielleicht ist das gewollt so.

Moritz war nicht dabei. Er darf das Spiel jetzt mit nach Hause nehmen und versuchen, den Fall alleine zu lösen. Mal sehen, ob unser phantastischster Mitspieler als Solist die Lösung findet. Wir sind gespannt.

WPG-Wertung: keine neue Wertung für eine Serie von 5 bis 7 Punkte-Spielen.

07.08.2019: Willi, die 2te – Und bitte…

  1. Sherlock: 13 Geiseln

Willi brachte einen neuen Sherlock-Fall mit und damit bekam auch Aaron die Chance, einen Fall zu lösen. Die Details des Spielprinzips hat Walter bereits im Spielbericht vom 31. Juli beschrieben.

Diesmal handelte es sich laut Willi (und dem Schachtelaufdruck) um einen besonders schwierigen Fall. Da Aaron das Spielprinzip noch nicht kannte, war er zu Beginn etwas damit überfordert, dass Fakten nicht in (chrono)logischer Reihenfolge sondern völlig zufällig präsentiert werden. Das machte für ihn das Erkennen von falschen Fährten (und davon gibt es gleich mehrere) recht schwierig und er legte die ein oder andere Karte sicherheitshalber auf den Ablagestapel, um keine Punkte zu verschenkten. Wie sich herausstellen sollte, mindestens eine Karte zu viel, denn deshalb haben später wir eine Frage falsch beantwortet und zwei wertvolle Punkte verschenkt. 4 weitere Punkte verschenkten wir letztendlich durch falsches Ablegen in der offenen Auslage, sodass wir nur den Rang von Sherlock Holmes Bruder Mycroft erreichten.

Sherlock spielt sich schnell und ist dabei sehr kommunikativ und durch die falschen Fährten durchaus auch spannend. Für kleines Geld gibt es ein Stunde Unterhaltung für bis zu 8 Spieler. Da macht es dann auch nix, dass man jeden Fall nur einmal spielen kann.

WPG-Wertung: Aaron 7 (fühlte sich gut unterhalten und hat Spaß gemacht), Günther und Willi: unverändert.

 

  1. Root

Nachdem „An Infamous Traffic“ einerseits wegen seiner Mechaniken beeindruckte (Aaron) aber andererseits von anderen WPGlern als völlig chaotisch und zu glückslastig empfunden wurde (siehe Spielberichte vom 24.4. und 8.5.2019) schied ein weiteres Spiel dieses Autors eigentlich aus. Doch Aaron ließ sich von den überschwänglich guten Reviews im Netz und der Aussagen, dass „Root“ als asymmetrisches Spiel sehr gut funktionieren soll, überzeugen und brachte es auf den Tisch. Willi hatte ebenfalls Gutes über das Spiel gehört.

Trotz vorherigem Regelstudiums und Verwendung der Einstiegshilfe mit den ersten zwei geskripteten Runden, saßen wir nach diesen zwei Runden mit fragenden Gesichtern da. Das lag zum einen daran, dass wir die aktuelle deutsche Version verwendeten. Die lässt einerseits jeden Deutschlehrer gleich den Rotstift zücken, so gespickt ist sie mit Fehlern. Das schadet zwar nicht unbedingt dem Verständnis aber ließ Willi zeitweise regelrecht ausrasten. Zum anderen besteht das Regelwerk (auch in der englischen Version) aus dem „Gesetz“, einer genauen Beschreibung aller Regeln und dem Hilfswerk „Lerne zu spielen“. Wir empfanden das als ein ziemliches Handicap, denn leider reicht weder das eine noch das andere Regelwerk alleine aus, um das Spiel richtig zu spielen. Der wohl eklatanteste Fall ist die Tatsache, dass im „Gesetz“ nicht erklärt wird, was im Spiel „Gebäude“ sind. Dies steht erst in der Marker-Übersicht auf der Rückseite der „Lerne zu spielen“-Anleitung (allerdings fehlen dort die Basen der Allianz, die auch als Gebäude zählen).

Wie dem auch sei: Wir bissen uns durch und beendeten das Spiel nach etwas über 3 Stunden. Wie sich am nächsten Tag bei erneutem Regelstudium zeigte, nicht ohne ein paar schwerwiegende Regelfehler gemacht zu haben. (Weshalb ich eigentlich keinen Spielbericht schreiben wollte, es jetzt aber doch tue, damit wir wenigsten einen Eintrag in unserer Datenbank dazu haben).

Am Ende saßen wir immer noch mit fragenden Gesichtern da und unsere Reaktionen erinnerten mich an das, was ich schon bei „An Infamous Traffic“ erlebt habe.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (wie schon AIT finde ich das Spiel interessant und glaube, dass man es einige Male spielen muss, um wirklich zu verstehen, wie man gut spielt), Günther: ? (zu viel Mitspielerchaos, Kämpfen mit Würfeln ist mir ein Graus, völlig unbalanciert), Willi: ? (zum ersten, zum letzten, zum einzigen Mal gespielt. Danke, dass ihr mich vor einem Fehlkauf bewahrt habt).

Hier noch eine kleine Übersicht darüber, was wir alles falsch gespielt haben:

  • Die Basen der Allianz nicht als Gebäude betrachtet.
  • Ruinen nicht im Spiel, da ohne Vagabund gespielt (Ruinen sind immer im Spiel!).
  • Für die Dominanzwertung den Sympathiemarker der Allianz mitgezählt.
  • Permanente Effekte nicht als permanent betrachtet.
  • Kein Extratreffer gelandet wenn der Verteidiger keine Krieger in der Lichtung besitzt.
  • Allianzspieler hat beim Sympathielegen keine zusätzliche Anhängerkarte abgegeben, wenn mehr als 3 fremde Krieger anwesend.

Für den Fall, dass wir „Root“ tatsächlich noch einmal spielen sollen (was ich stark hoffe – Moritz?), habe ich zwei Spielhilfen aus BGG ausgedruckt. Die erste gibt einen strukturierten Überblick über alle Aktionen jeder Fraktion und die zweite zeigt, welche Fraktion wofür Siegpunkte bekommt.

31.07.2019: Belebung mit Willi

Willi aus dem mittleren Norden hat uns mal wieder beehrt. Allein von seiner menschlich-spielerischen Natur her wird es immer locker und lustig, wenn er dabei ist. (Sonst meist ja auch.) Mit seinem Spiele-Repertoire kann er es mit den größten unserer Giganten aufnehmen, mit seiner Spieleerfahrung auch. Und mit Charme und Witz ebenfalls. Schön, dass Du da warst, Willi!

1. “Sherlock – Verbleib unbekannt”
Wir lösen alle zusammen und kooperativ einen Kriminalfall. Was vorgefallen ist, davon wissen wir am Anfang überhaupt nichts. Wir bekommen so nach und nach Informationsfetzen in Form von bedruckten Kärtchen zugeteilt, aus denen wir uns das Gesamt-Geschehen zusammenreimen müssen. Beispielsweise:
„Anton verprügelt regelmäßig seine Frau Berta.“
„Berta hat sich letzte Woche mit einem Anwalt getroffen.“
Daraus könnte man schließen, dass Berta sich scheiden lassen will. Vielleicht war sie sogar das Mordopfer …

Jeder hält eigene Informationskärtchen (jeweils drei davon) auf der Hand. Darüber kann er, ohne das konkrete Wording des Kärtchens zu benutzen, beliebig viel seinen Mitspielern erzählen. Über Wert und Unwert dieser Information dürfen sie beliebig lange diskutieren. Diese Diskussion kommt sofort in Gange, ist lebhaft und ausschließlich konstruktiv; ein schöner und voll gelungener Teil des Spiels. Danach legt reihum jeder Spieler jeweils ein Kärtchen aus der Hand ab, und zwar entweder offen auf die öffentliche Ablage mit den (vermeintlich) entscheidenden Informationen oder verdeckt auf den Stapel mit den irrelevanten Informationen.

Wenn alle Karten abgelegt wurden, werden an alle Mitspieler gemeinsam 10 Fragen zum konkreten Kriminalfall gestellt. Z.B. ist der Aufenthalt von Berta: a) in der Küche b) im Wald c) unbekannt d) irrelevant. Über die Antworten darf beliebig diskutiert werden. Sämtliche Informationen auf sämtlichen Informationskärtchen stehen zur Verfügung. Für jede richtig beantwortete Frage gibt es Siegpunkte. Für jedes – falsch platzierte – irrelevante Kärtchen auf der offenen Ablage gibt es Punktabzüge. Hinterher sind wir alle Meisterdetektive oder auch nur kleine Sherlock-Fische. Der Fall ist allerdings perdu. Die Karten können entsorgt (oder verschenkt) werden.

WPG-Wertung: Günther: 7 (vom Prinzip her lustig), Moritz: 8 (das Spiel ist gut, weil es keinen Zeitdruck kennt, kommunikativ ist, nicht kompliziert; jeder kommt sofort hinein, jeder trägt etwas bei, und keiner kann die Boss-Funktion an sich reißen), Willi: 8 (kurzweilig ohne störenden Leader-Effekt), Walter: 7 (konstruktive, freie Diskussion; bei uns zum Warming-Up gut geeignet; hinterher muss man sich allerdings am Feuer wärmen, das mit den Karten genährt wird).

Indizien – Willi hinter Sichtschirm

2. “13 Indizien”

Gleich noch ein Deduktionsspiel. Diesmal aber kompetitiv. Über Sichtschirme geregelt besitzt jeder Spieler zwei Karten, die nur er kennt, und drei Karten, die er selber nicht nicht kennt, aber alle anderen. Auf den Karten sind Personen (männlich/weiblich), Lokalitäten (innen/außen) und Tatwaffen (für Nah- oder Fern-Einsatz) abgebildet, verschiedentlich eingefärbt. Durch geschicktes Fragen und richtiges Schlüsse daraus ziehen muss jeder Spieler nun herausfinden, welches die drei Karten vor seinem Sichtschirm sind, die er nicht kennt.

Die Fragen sind alle nach dem Muster:
Hallo Günther, wie viele Männer siehst Du? Wie viele Personen siehst Du? Wie viele Fernwaffen siehst Du? Wie viele rote Karten siehst Du? Andere Fragestellungen sind uns nicht eingefallen, vielleicht gib es auch keine anderen, oder sie wären nicht zulässig gewesen.

Moritz hat gewonnen.

Indizien – Wer hat sich hier Notizen gemacht?

WPG-Wertung: Günther: 5 (übliche logische Deduktion), Moritz: 6 (ganz OK, haut mich aber nicht um; das Spiel funktioniert, hat vom Design her aber nicht das Rad neu erfunden), Willi 7 (wunderbar kurz, man ist immer beschäftigt, der Geist ist immer in Bewegung, man vertut sich beim Antworten – fast – nie. Im Deduktionsbereich das Beste, was es gibt), Walter: 6 (Der Fragen-Typ ist sehr konform und enthält keinen besonderen Esprit, das muss aber nicht einmal ein Nachteil sein).

3. “Kensington”

Auf einem öffentlichen Haufen liegen mit der Rückseite nach oben tetris-artiger Bauteile aus, daraus soll jeder Spieler für sich den schönsten Kensington-Palast bauen. Auf den Bauteilen sind Fenster aufgedruckt; sie sind gelb oder schwarz, haben eine rechts-links bzw. oben-unten Ausrichtung und natürlich Ecken und Kanten. Jeder Spieler zieht reihum eines der Bauteile aus dem Haufen und baut es, ausgehend von einer Tür, in sein Bauwerk ein. Die Teile müssen farblich zu ihren Nachbarteilen passen und kein Teilstück davon darf in der Luft hängen.

Auch wenn aus Markierungen auf der Rückseite her erkennbar ist, von welchem Typ das Bauteil ist, leicht oder schwer, so ist über Farbe und Orientierung nichts bekannt. Wenn das Bauteil zudem noch etwas tiefer im Haufen liegt und zu einem Teil verdeckt ist, kann es beim Herausziehen noch Überraschungen über die konkrete Länge oder Form des Bauteils geben. Kann ein Spieler ein Bauteil nicht in seiner Baustelle einbauen, muss er es offen in seinem privaten Lager ablegen.

Jeder Mitspieler darf sich anstelle des großen Haufen auch aus den Lagern seiner Mitspieler bedienen, muss dann aber dem ursprünglichen Besitzer einen Chip abgeben. Zu Beginn besitzt jeder Spieler einen einzigen dieser Chips; weitere Chips erhält man beim Einbauen von komplizierten Bauteilen. Diese Chips werden aber im Wesentlichen benötigt, wenn man Dachteile (auf der Rückseite farblich gekennzeichnet) aus dem Bauteil-Haufen ziehen will. Dachteile sind in der Siegpunkt-Wertung am Ende wichtig. Ohne Dach nix los. Jedes Fenster unter einem Dachteil gibt einen Siegpunkt, Fenster ohne Dach gehen leer aus. Weiterhin bringt die Anzahl von verschiedenen Stockwerken, auf denen sich Dachteile befinden, eine arithmetisch steigende Anzahl von Siegpunkten ein. Wenn das Bauwerk komplett überdacht ist, hagelt es noch einmal Siegpunkte. (Nach Willis Hausregeln werden auch Gebäude mit nur einer Lücke im Dach mit Siegpunkten bedacht.) Als tröstliches Schmankerl werden auch die Anzahl von Katzen, die sich – zufällig gezogen – in den Fenstern unseres Palastes befinden, mit Siegpunkten belohnt.

Kensington – Willis Palast

Wie gewinnt man das Spiel? Günther gab die Devise aus: Man muss so bauen, dass man flexibel bezüglich weiterer Einbaumöglichkeiten bleibt und muss dann und wann ein Risiko eingehen und ein komplizierteres Bauteil auswählen. Wie wahr, so einfach! Immerhin konnte er diese Strategie erfolgreich demonstrieren. Und im gleich folgenden zweiten Spiel, nachdem Aaron spät aber doch noch dazugekommen war, setzte sich mit Willi der zweite Kensington-Experte durch.

Das Spiel ist übrigens zu Ende – sudden death – sobald der siebte Vogel unter einem Dach gefunden wurde. Zweifellos ein Handicap für eine konsequente Bauplanung. Und zweifellos ein – unzulässiger – Vorteil für den Startspieler, der im Haufen der Bauteile auch noch den Vorteil des ersten Zugreifens hat.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (lockeres Familienspiel, blindes Herumfischen im Haufen der Bauteile), Günther: 6 (zum Warming Up, ein Pluspunkt ist, dass es in einer 5er Runde gut funktioniert), Moritz: 4 (eher zum Warming Down, öde, hohes Glückselement, das zweite Spiel war noch langweiliger als das erste), Willi: 7 (Spaß an den topologischen Überraschungen), Walter: 6 (zum Zeitvertreib mit den Enkelkindern geeignet; ansonsten ist der Spielcharakter wegen der Diskrepanz zwischen Planung und Zufall nicht stimmig).

4. “Bluff”

Seit langem mal wieder ein „Bluff“. In einer 5er Runde immer wieder ein besonderes Erlebnis. Im Endspiel Günther mit zwei gegen Willi mit einem Würfel legte Günther – standesgemäß – 1 mal die Fünf vor. Willi hob auf 2 mal die Drei? Was hättet Ihr an Günthers Stelle getan, wenn Ihr eine Eins und eine Drei unter dem Becher gehabt hättet?

Hatte Günther aber nicht. Willi hat glatt den Sieg verschenkt! Oder hatte er durch seinen Bluff sogar seine rechnerischen Chancen erhöht, seinem Gegner eine (oder zwei) Würfel abzuknöpfen?

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

24.07.2019: Terraforming Oceans

1. „Underwater Cities”

Auf dem Mars haben wir es schon versucht, die Venus kam gleich hinterher. Vor 750 Jahren hat der „Mann im Mond“ seinen Fuß auf den Erdtrabanten gesetzt und 700 Jahre später folgten die Amerikaner ihm nach: Es geht um Wohnraumbeschaffung für die aus allen Nähten platzende Menschheit. (Manchmal auch schlicht um Rohstoffgewinnung.)

Eintauchen in die Unterwasser-Städte in einer lauschigen Sommernacht

Vladimír Suchý bietet uns jetzt mit „Underwater Cities“ die doch viel näher liegenden Meeresoberflächen unseres Heimatplaneten als Aufgabe an, neue Siedlungsgebiete für die menschliche Rasse zu erschließen.

Startpunkt sind (überirdische?) Metropolen, von denen ausgehend wir auf dem Meeresboden ein Tunnelsystem errichten müssen, in dem Kuppelstädte sowie Farmen, Entsalzungsanlagen und Laboratorien eingebettet sein müssen. Dazu brauchen wir Geld, Tang, Stahlbeton, Knowhow und Biomasse. Das eine benötigt das andere und das andere verschafft das eine. Eine große gegenseitige Abhängigkeit. Man muss – schon allein aus der Diversiertheit des Ausgangsmaterials heraus – in seinen Bauvorhaben diversifizieren, man muss aber auch konzentrieren, denn konzentrierte Fabriken erzeugen überproportional reiche Erträge.

Unsere Aktionen erfolgen über ein Manpower-Placement-Szenario. 15 Arbeitsplätze in den Farben rot, grün und gelb werden angeboten. Alle sind gut, manche sind besser. Um eine Aktion auszuführen, legen wir einen unserer Aktionschips (3 Stück pro Runde) auf den gewünschten Arbeitsplatz. Damit dürfen wir die zugehörige Aktion ausführen (müssen es aber nicht). Der Arbeitsplatz ist dann in dieser Runde für weitere Aktionen gesperrt. Hierzu gibt es allerdings auch Weichmacher: mittels Spezialkarten darf ein Arbeitsplatz notfalls auch zweimal belegt werden.

Nach dem Belegen eines Arbeitsplatzes dürfen / müssen wir noch eine (unserer jeweils 3) Handkarten spielen. Hat die Handkarte die gleiche Farbe wie der belegte Arbeitsplatz, dann dürfen wir auch noch die Aktion ausführen, die auf der Handkarte angegeben ist. Zu einem Teil sind es ähnliche Aktionen wie auf den Arbeitsplätzen auch: man erhält Ressourcen, darf eigene Ressource nach einem günstigen Schlüssel in andere umtauschen, oder man darf Kuppeln und Fabriken bauen. Andere Karten müssen erst in die eigene Auslage abgelegt werden und werden später im Laufe eines Spiels aktiviert, ggf. auch mehrfach, wenn auf dem gewählten Arbeitsplatz ein „“A“ (= aktivieren) angezeigt ist.

Eine dritte Art von Karten sind die „immer wenn“ Karten: Sofern man diese vor sich ausliegen hat, darf man immer eine weitere hübsche Aktion ausführen, wenn man die zugehörige Basis-Aktion ausführt. Dies erlaubt es, regelrechte Entwicklungsmaschinen zusammen zu stellen. Moritz, der sich im Laufe des Spiels so ein Monster zusammengestellt hatte, sah wie der sichere Sieger aus, als er bei jedem seine Züge noch einen ganzen Rattenschwanz von Zusatzzügen ausführen durfte. Am Ende reichte es für ihn aber wegen eines einzigen Punktes nicht zum Sieg. Günther hatte auf eine gleichmäßige Entwicklung seines Oceanoriums gesetzt und konnte sich mittels der Punkte-Ernte, die für das Gesamtnetz einer wohlausgebauten Underwater-City ausgeschüttet wurde, knapp an die Spitze setzen.

Geschlagene vier Stunden (3 Durchgänge mit 5 bzw. 4 Drei-Aktions-Runden) hat das Ausharren am Meeresboden gedauert. Sechs (SECHS) mal so lange, wie es auf der Schachtel angegeben war. Glücklicherweise reichten unsere Sauerstoff-Vorräte und die Nerven hielten ebenfalls durch. Was gibt es auch Schöneres, als in einer strammen Männerrunde auf einer sommernächtichen Terrasse bei Chips und Gummibärchen seinem Hobby zu frönen. (Nur eines ist schöner!)

WPG-Wertung: Aaron: 7 (schöner Mechanismus für eine 3-Spieler-Runde. Keine Wertung für unsere aktuelle 4er Runde, da ist das Spiel unheimlich zäh, die Langsamkeit hat extrem genervt, diese Herumoptimiererei ist ohnehin nicht mein Fall), Günther: 8 (ich habe es jetzt zum dritten Mal gespielt, es hat immer Spaß gemacht), Moritz: 7 (schöner Grund-Farb-Mechanismus, ähnliches Spielgefühl wie bei „Terraforming Mars“, aber nicht so elegant; endlose Siegpunktabrechnung), Walter: 7 (die Spielelemente sind alle themenbezogen, auch wenn nicht gerade eine Unterwasser-Stimmung aufkommt, das Spielmaterial ist sehr funktionell und didaktisch gelungen, alles ist von einem erfahrenen Autor sehr gut ausbalanciert, Leider keine dynamische Steigerung der Optionen und Effekte gegen Spielende hin, eher das Gegenteil; außer der Konkurrenz um die Arbeitsplätze keine Interaktion).

17.07.2019: Büchsie, Säckchen, Stapel und Schrank

1. ” Pandoria”

Aaron scannt die Optionen in „Pandoria“, Günther kennt sie schon

Als Basismechanismus legen wir reihum jeweils ein Doppel-Hexa-Plättchen in eine gemeinsame Hexa-Landschaft. Pro Feld des Hexa-Plättchens ist eine von vier Farben aufgedruckt: gelb, blau, braun oder grün. Die gelegten Plättchen können farblich zu den bereits ausliegenden Plättchen passen, oder aber auch total verschieden sein. So können gleichfarbige Teile zu großen Flächen auswachsen, andererseits aber auch als einsame Farbtupfer vor sich hindümpeln. Nicht lange.

Früher oder später wird (fast) jede Farbfläche einmal rundum von andersfarbigen Teilen vollständig eingekesselt. (Natürlich unter der topologischen Voraussetzung, dass der eingezeichnete Spielfeldrand ebenfalls zur Einkesselung zählt. Wie beim Go!) Wer mit dem Legen seines Hexa-Plättchen von einer Farbe die letzte „Freiheit“ nimmt, löst für diese Farbe eine Wertung aus, die farbspezifisch Siegpunkte, Diamanten, Geld oder Holz einbringt, und zwar in der Menge abhängig vom Inhalt des eingekesselten Gebietes und von der Anzahl der benachbart umstehenden eigenen Pöppel.

Richtig, die Pöppel müssen natürlich auch gesetzt werden: Nach jedem Legen eines Hexa-Plättchens darf man noch einen seiner 5 Arbeiter- resp. Anführer-Pöppel auf das gerade gelegte Plättchen legen. Pöppel, die auf einer eingekesselten Farbfläche liegen, müssen / dürfen vom Brett genommen werden.

Ziel dieses Denkspiels ist es also, seine Pöppel an den Rand möglichst großer, baldmöglichst eingekesselter Farbflächen zu bringen. Die Ausschüttung bei der Wertung einer Fläche ist unabhängig davon, wer die letzte Freiheit genommen hat. Allerdings darf nur der Spieler, der dies getan hat, in seinem Zug auch noch eine Zauber/Gebäude-Karte kaufen und auf die Hand nehmen.

Diese ZG-Karten bringen eine gewisse Dynamik in den ansonsten linearen Ablauf von Legen, Vergrößern oder Einkesseln von Farben. Man muss noch einmal Diamanten oder Holz berappen, um diese Karten auslegen zu dürfen und erhält dann erhebliche Vergünstigungen für den weiteren Spielablauf, z.B. bekommt man höhere Einnahmen, darf weitere eigene Pöppel ein- oder versetzen, oder darf auch mal zwei Hexa-Plättchen auf einmal legen.

Es gibt sehr viel zu Denken. Die ZG-Karten sollten für eine langfristige Strategie (!, oder ist das nur eine „Schiene“?) eingekauft werden. Dann muss bei jedem Zug das gesamte Spielfeld danach abgescannt werden, wo – unter Berücksichtigung von Ambition und Interessenlage der Mitspieler – die nächsten Farben fällig werden. Man muss auch jönne könne. Aber überall am zweitmeisten einzuheimsen dürfte schon den Sieg bedeuten.

Für Freunde des Go-Spiels ist dies eine einfache, hübsche, schnelle, spielerische Variante, die sicherlich als Zwei-Personenspiel am befriedigendsten abläuft. Aber es geht auch wunderbar zu viert. Nur muss man genauso viel Geduld bei den Zügen der Mitspieler aufbringen wie bei Go. Oder beim Schach. Zum Vergleich: Eine Schachpartie in den höheren Ligen dauert 4 Stunden. Dabei muss ein Spieler innerhalb von 120 Minuten insgesamt 40 Züge getan haben, also 3 Minuten für einen einzigen Zug. Da ist Pandoria doch viel schneller. Für das Legen der insgesamt 48 Hexa-Plättchen plus das Versetzen unserer Pöppel plus das Kaufen und Einlösen von ZG-Karten plus das Abrechnen von eingekesselten Farbflächen haben wir nur 90 Minuten gebraucht. Das grenzt ja schon fast an Blitzschach … 

WPG-Wertung: Aaron: 5 (mag diese Rumsucherei nach dem besten Zug nicht); Günther: 7 (viel Interaktion in [positiver] Richtung von Kooperation), Moritz: 6 (man wird gespielt), Walter: 7 (9 Punkte für die Anklänge an das kaiserliche Go, minus 1 Punkt für die das Go-Prinzip verwässernden ZG-Karten, minus 1 Punkt für die grundsätzliche Unmöglichkeit, praktikable Denkerspiele für vier Köpfe herzustellen).

Das 75te Rotweinglas am Westpark ergoss sich über die empfindlichen Hexa-Plättchen und demonstrierte, dass sie nicht aus Kunststoff, sondern aus saugfähiger Pappe waren. Glücklicherweise war es nur ein Wasserglas.

2. ” Money-Bags”

Münzen und Diamant von Money-Bags

Jeder Spieler bekommt ein – zunächst leeres – Geldsäckchen. Der Boss verteilt 67 schwere Münzen und 1 leichten Diamant willkürlich, beliebig und verdeckt an sich und seine Mitspieler in diese Säckchen. Er kann sich oder einem Mitspieler alles geben und den anderen nichts, genauso zwei Mitspielern alles und den anderen nichts, oder auch ansatzweise allen gleichmäßig viel.

Dann greift reihum jeweils ein Spieler in das Säckchen eines beliebigen anderen Spielers, holt soviel Geld daraus, wie er mag (und wie in seine Hand passt), und füllt es in sein eigenes Säckchen. Der Bestohlene hat jetzt zwei Optionen: er kann den Diebstahl stillschweigend akzeptieren, oder er kann Protest einlegen und behaupten, der Dieb hätte jetzt mehr Geld als er selber. Die Geldmengen werden gemessen – die Höhe der Stapel entscheidet; der leichte Diamant hat in etwa die Höhe von 10 Münzen, erschwert also die Gleichsetzung von Gewicht und Wert – und falls die Protest-Behauptung stimmt, muss der Dieb sein gesamtes Geld dem Bestohlenen geben und scheidet aus. Falls die Behauptung nicht stimmt, muss der Bestohlene sein gesamtes Restgeld an den Dieb geben und scheidet seinerseits aus.

Man kann auch passen (, wenn man nicht sicher ist, ob man weniger Geld in seinem Säckchen hat, als einer seiner Mitspieler).

In der Stehl-Phase sollen die jeweiligen Geldmengen geheim bleiben. Man darf weder bei sich noch bei einem Mitspieler an das Säckchen greifen und ein bisschen daran kraulen, so reizvoll das auch wäre.

Im ersten Spiel klaute Aaron in seinem ersten Spielzug bei Walter, der protestierte und Aaron schied aus. Danach klaute Günther ebenfalls bei Walter, der protestiert wieder, schied diesmal aber selber aus. In der finalen Klauerei zwischen Moritz und Günther hatte Moritz das bessere Schätzvermögen.

Das zweite Spiel verlief identisch, Aaron und Walter schieden beim jeweils ersten Diebstahl aus und Moritz gewann das „Endspiel“ gegen Günther.

Im dritten Spiel war Günther der Boss. Er hatte jeden Spieler einschließlich sich selbst recht ausgeglichen mit Münzen bedacht, nur bei sich selbst hatte er natürlich den Diamanten eingesackt. Keiner wagte den Diebesreigen zu beginnen, dreimal wurde gepasst. Jetzt machte Günther seinen Sack zu – ebenfalls ein legaler Spielzug. Er hatte offenbar ein klein wenig mehr – einschließlich Diamant – darin als der Durchschnitt.

Sollten sich seine Mitspieler jetzt um die Plätze streiten? Eine dicke Mehrheit konnte sich keiner mehr erstehlen, er wäre angezweifelt worden und ausgeschieden. Diese gleichgewichtige Fummelei war für Walter zu unattraktiv. Er nahm Moritz dessen gesamten Besitz weg, wurde natürlich angezweifelt und Moritz konnte sich schon mal im Besitz von fast der Hälfte aller Münzen sonnen. Der Sieg musste jetzt entweder Aaron oder Moritz zufallen, je nachdem wer – um Haaresbreite – vorne lag. Dem Protokollführer ist entgangen, ob Moritz auch noch ein drittes Mal gewinnen konnte.

Was ist in dem Spiel drin? Wir haben gelacht, nicht viel aber dosiert. Ob es auch genau an den Stellen war, an denen man den Regeln entsprechend lachen sollte, kann nicht beurteilt werden. Aber ein zweites Mal werden wir uns dieses Lachen nicht mehr gönnen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel hat vielleicht was, aber ich weiß noch nicht genau, ob und was), Günther: 5 (es ist halt ein Gaudi-Theken-Spiel), Moritz:5 (das Spiel wird nicht alt, man ist müde amüsiert; ich möchte es ungern noch einmal spielen), Walter: 4 (nur wegen des Materials, sonst 3, das Erfühlen und Austarieren von Gewichtsgleichheiten holt doch keinen WPGler von seinem hohen spielerischen Ross).

3. “Zogen”

Jeder hat das gleiche Set von Karten mit 0 bis 4 abstrahierten Symbolen (Sonne, Mond, Wolke und Berg) darauf, die in einer definierten Rangfolge auf einem gemeinsamen Stapel abgelegt werden müssen. Die Nachfolgekarte zu einer Karte auf dem Ablagestapel muss „im Prinzip“ die gleichen Symbole umfassen wie die Vorgängerkarte: entweder muss genau 1 Symbol weniger oder genau ein Symbol mehr enthalten.

Das Ablegen erfolgt unkoordiniert, jeder Spieler sucht so schnell wie möglich in seinem Kartenset eine zulässige Nachfolgekarte aus, nennt laut das Symbol, das jetzt mehr oder weniger ist, und schon muss von allen eine neue Nachfolgekarte gesucht und abgelegt werden. Wer zuerst ruft und ablegt, malt zuerst. Die Lebensdauer der Karten dürfte bei der Hektik des schnellsten Ablegens automatisch recht begrenzt sein.

Wer falsch ablegt oder den falschen Symbolnamen nennt, kann zurückgewiesen werden und muss dann alle Karten seiner Farbe vom Ablagestapel wieder auf die Hand nehmen. Walter hatte Schwierigkeiten, „Wolke“ und „Berg“ verbal zu unterscheiden. Er wurde auch regelmäßig zurückgewiesen, was oft genug der Auslöser für ein homerisches Gelächter war.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (für den Preis [9 Euro] und das was es ist; und wenn man es mag), Günther: 6 (Spaß, Gaudi, Action), Moritz: 7 (es gibt nichts gegen das Spiel zu sagen), Walter: 3 (fühle mich von der Symbol-Erkennung und –Benennung überfordert; mag auch nicht das Prinzip der karten-zerstörerischen Gleichzeitigkeit).

4. “Aufräumen”

Aarons Spielidee (Kinderspielidee), am 19. Juni bei Moritz zum ersten Mal vorgestellt, hat Produktions- bzw. Verlagsreife erreicht und wartet auf seine Begutachtung von Markt und Meinung.

Jeder bekommt eine Anzahl von „Spielsachen“ in die Hand, die er successive in offene „Schränke“ auf dem Tisch einräumen muss. Dann werden die Schränke zugemacht und die Spielsache, eine nach der anderen, öffentlich aufgerufen. Jeder muss so schnell wie möglich – schneller als ein Mitspieler – entscheiden, in welchem Schrank die jeweilige Spielsache liegt. Wer Recht hat, bekommt einen Siegpunkt. Wer am Ende die meisten Siegpunkte hat …

Keine Zahlen, keine Rechnerei, reine Memory-Aufgabe. Ab welchem Alter könnte man das spielen? Der Verlag plädiert für eine Grenze von 8 Jahren – nach UNTEN! Walter kann aus Erfahrung mit seinen 4- bzw. 5-jährigen Enkeln behaupten, dass das Spiel bereits für Kinder ab 3 Jahren geeignet ist. Wenn das Spiel schnell genug erscheint, werde ich mir ein Exemplar zulegen, bevor die Kinder in die Schule gehen!

Als Erwachsener könnte man beim Verteilen der Spielsachen auf die Schränke irgend eine abstrakte farb- oder formspezifische Verteilstrategie anwenden. Die Mitspieler können hier aber einen Strich durch die Rechnung machen, indem sie die Schränke nach einer eigenen Aufräumstrategie ihrerseits mit ihren Spielsachen füllen. In jedem Fall sollte – neben einem statistischen Zufallseffekt – das Gedächtnis gewinnen. Nicht die Geschwindigkeit.

Noch keine WPG-Wertung.

03.07.2019: Start up für Hadara und Corinth

1. “Start me up”

Eine nagelneue Blitz-Spiel-Idee von Aaron. Wir investieren in verschiedene, offen angebotene Projekte. Wenn die benötigten Summen zusammenkommen, wird die Rendite fällig. Je später das ist, desto höher die Rendite. Der Mehrheitsaktionär bekommt dann noch einen beträchtlichen, siegentscheidenden Zusatzbonus.
Die Mitspieler können hier aber gewaltig eingreifen und jedem Fast-Profiteur in die Suppe spucken. Durch eigenes Engagement patten sich die Mehrheiten aus. Zusätzlich wird dafür gesorgt, dass die Rendite früher fällig werden und – nach heutiger Balance – bis unter den Selbstkostenpreis fallen. Zusätzlich können angeheuerte Pseudo-Investoren jede quantitative oder zeitliche Planung kippen.

Ergebnis: es ging alles den Berg hinab. Noch gefördert durch die angeblich vom Markt geforderten Effekte von zufälligen Ereigniskarten.

Fazit: Die Ideen und Spielzüge sind grundsätzlich gut. Die Balance ist noch in der Gegend vom Nullpunkt.

Keine WPG-Wertung.

2. “Hadara”

Hadara – Rotunde zum Kartenziehen und anderes funktionelles Spielmaterial

Wie bei HiG üblich, ist das Thema sekundär, wenn nur die Spielmechanismen funktionieren. Deshalb wird auch erst auf Seite 3 im Regelheft erwähnt, das wir bei Hadara „in die Welt der Kulturen und Länder dieser Erde“ entführt werden. Wie auch immer das gemeint ist.

Wir werkeln um Einkommen, Kraft, Kultur und Nahrung, d.h. um unsere individuellen Fortschritte in gelb, rot, blau oder grün. Wir wuchern mit unseren Pfunden. Je mehr wir von einer Farbe haben, desto billiger wird der Zukauf in der Zukunft. Je mehr wir von allen Farben haben, desto höher ist die Siegpunkt-Prämie, die wir bei Spielende dafür einstreichen können. So gibt es einen wohl ausbalancierten Antagonismus zwischen Konzentration und Diversifizierung.

Überhaupt sind alle Effekte des Spiels meisterlich ausgewogen, ja sogar soweit handwerksmeisterlich abgeschliffen, dass es bis an Nivellierung heranreicht. In welcher Farbe wir uns auch engagieren, es lohnt sich immer, die Punkteflut grenzt an Stefan-Feldsche Siegpunktorgien. Es gehörte eine ausgiebige statistische Betrachtung dazu – die wir mangels Interesse und Spannung hier aber nicht anstellen werden – , um die besten Züge herauszufinden.

Hübsch und gelungen ist allemal der Zugmechanismus. In einer ausgeklügelten Reihenfolge ziehen wir in der ersten Hälfte eines Durchgangs blind jeweils zwei Entwicklungskarten für den Fortschritt in den entsprechenden Farben, wählen eine davon für uns aus – bezahlen müssen wir sie natürlich auch – und legen die andere offen aus. Von den abgelegten Karten bedienen wir uns in der zweiten Hälfte jedes Durchgangs.

Zufall, Freiheit, Planung, sogar die erwünschenswerte Dynamik, alles ist gekonnt zusammengestellt. Selbst das Material ist ausgezeichnet, stabil, klar, durchsichtig und funktionell. Weiß der Himmel, warum das Gesamtergebnis bei uns nicht punkten konnte.

Aaron wurde Sieger, Walter landete weit abgeschlagen am Ende, wie immer, wenn es gilt, mehrere Kühe in der besten Reihenfolge zu melken.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (für HiG enttäuschend; ein Abstieg gegenüber „Lift off“, was selber schon ein Abstieg war), Günther: 7 (schnell und locker), Moritz: 6 (ein Siegpunkt-Gefrickel, nur die Rundenstruktur ist originell), Walter: 5 (rund & schön, aber absolut solitär, zu viele Siegpunktquellen, für die der Überblick abgeht).

3. “Corinth”

Corinth – Tableau zum Eintragen der Würfelergebnisse

„Yspahan light“ wird das Spiel apostrophiert. Es gibt Würfel, die einer für alle wirft, die nach den Augenzahlen sortiert werden, und wonach die Spieler in der Zugreihenfolge für sich eine Augenzahl-Schiene abräumen können. Das Ergebnis wird in ein spielerspezifisches Tableau eingetragen und liefert je nach Füllungsgrad Siegpunkte.

Wir können uns Zusatzwürfel kaufen und wir erhalten für bestimmte bereits ausgefüllte Bereiche in unserem Tableau Vorteile für das weitere Spiel. Mit weniger lukrativen Würfen können wir unseren Steward durch die Lande laufen lassen, um doch noch ein paar Trosteffekte einzuheimsen. Schön und gut. Aber nicht im Entferntesten die Stimmung und Spannung von „Yspahan“.

Selbst dass Günther gewonnen hat, spricht nicht für die intellektuellen Anforderungen des Spiel.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (keine Spannung), Günther: 6 (einschließlich 1 Yspahan-Nostalgiepunkt, locker), Moritz: 4 (die Spezialfähigkeiten sind viel zu langweilig und uninteressant), Walter: 5 (reines Würfelkombinationsspiel ohne Tiefgang).

19.06.2019: Viele Schnörksel verderben das Spiel

Moritz musste für seine eigenen Kinder den Babysitter spielen und lud deshalb zum Spielabend in seine Wohnung ein. Platz ist allemal. Und nicht nur Klavierspieler finden dort ein Eldorado.

1. “Aufräumen!” (Arbeitstitel)

In der Nacht vor dem Spielabend hatte Aaron eine Idee für ein Kinderspiel und hat auch gleich das Prototyp-Material dazu gebastelt.

Spieler-Runde bei Moritz

Jeder Spieler bekommt eine Anzahl Karten in die Hand. Darauf sind Objekte verschiedener Kategorien und ein Prioritäten-Schlüssel abgebildet. Jeder Spieler legt nun jeweils eine Karte aus der Hand auf einen der ausliegenden offenen Stapel auf dem Tisch. Dabei kann ein beliebiger Stapel gewählt werden, sofern nur der Prioritäten-Schlüssel – ein einfacher Vergleich von Farben und Größe – es erlaubt. Dieser Vorgang heißt – vorläufig – „Aufräumen“, ein Wort, womit Kinder zwar etwas anfangen können, was aber garantiert nicht zu ihrem Lieblingswortschatz zählt.

Danach werden die Stapel (Kisten oder Schränke) umgedreht und ein weiterer Kartensatz, auf dem die gleichen Objekte aufgedruckt sind, an die Spieler verteilt. Jetzt legen sie wieder reihum jeweils eine Karte ab, und zwar an den „Schrank“, in den ihrer Meinung nach beim „Aufräumen“ dieses Objekt gelegt wurde. Wer am Ende die meisten Objekte wiedergefunden hat, ist Sieger.

Aaron konnte aus dem Stegreif diese einfachen Regeln vortragen. Trotzdem war Moritz’ 7-jährige Tochter Siri von seinem Vortrag überfordert. Fazit: In diesem Alter zieht wohl noch keinerlei Art von wohlformulierter Spielregel und deren Vortrag. Learning by Doing ist die Devise. Da war Siri auch sofort richtig dabei. Und nach dem ersten Durchgang kam von ihr ein spontanes „noch mal“! Na, wenn das kein Lob ist für Aarons Stegreif-Idee!

Keine WPG-Wertung.

2. “Gùgōng”

Wir engagieren uns durch eine äußerst abstrakte Szenerie an verschiedenen Arbeitsplätzen, um unsere Aktionsmöglichkeiten zu erweitern oder um direkte Siegpunkte zu generieren, und wer nach vier Durchgängen, mit je vier Arbeits-Engagements die meisten Siegpunkte gesammelt hat, ist Sieger.

Insgesamt sieben „Arbeitsplätze gibt es:

  1. Reisen: hier erhält man “Reiseplättchen” mit ca 20 verschiedenen Vorteilen für das weitere Spiel.
  2. Chinesische Mauer: Wer zur rechten Zeit hier eine Mehrheit errungen an, bekommt Siegpunkte. Jeder, der hier wenigstens einen Stein abgelegt hat, darf sich seine gesammelten Intrigenpunkte in Spielvorteile eintauschen.
  3. Jade: Eine tolle Siegpunktquelle. Überhaupt die lohnenswerteste. Wer bis zum Spielende 5 Jadesteine auf die Seite geschafft hat, ist mit ziemlicher Sicherheit Sieger.
  4. Intrige: Der hier Führende gewinnt jeden Tiebreak. Außerdem kann man via “Chinesische Mauer” die hier gesammelten Punkte in andere Spielvorteile umtauschen.
  5. Kaiserpalast: Bis zum Spielende muss man hier die 8te und höchste Etage erklettert haben, sonst ist man selbst mit dicken Taschen aus der Siegerermittlung draußen. Je nach Reihenfolge, in der man diese Etage erreicht, werden dicke Batzen oder nur kleine Bätzchen als Siegpunkte ausgeschüttet.
  6. Dekrete: Insgesamt 15 verschiedene Dekrete liegen im Angebot, um daraus Spielvorteile oder Siegpunkte zu generieren.
  7. Kanal des Himmlischen Friedens: Hier kann man Schiffe auf die Reise schicken, um ebenfalls Spielvorteile oder Siegpunkte zu generieren.
Gugong: Reiter auf der Reise

Der tragende Motor des Spiels ist einfach und schön: Um an einem Arbeitsplatz aktiv werden zu können, muss man hier eine „Geschenkekarte“ ablegen, deren Wert (1 bis 9) höher ist als die dort ausliegende Geschenkekarte. (Nach der 9 kommt wieder die 1.) Die dort liegende Karten nimmt man dann an sich und darf/muss sie im nächsten Durchgang verwenden.

Jeder Spieler hat zu Spielbeginn vier dieser Geschenkekarten auf der Hand. Ihre Anzahl kann sich im Laufe des Spiels (via genutzter Spielvorteile) geringfügig ändern. Im Laufe eines Durchgangs tauscht also ein Spieler seine Handkarten gegen vier ausliegende Karten (in der Regel mit niedrigerem Wert) ein. Wer keine höhere Karte hat oder spielen will, kann eine beliebig niedrigere Karte gegen eine beliebige Karte an einem der Arbeitsplätze eintauschen, darf dann aber keinerlei Effekt des jeweiligen Arbeitsplatzes nutzen. Für Kartenpflege aber kein schlechter Zug. Soweit so gut.

Doch außer der passenden Geschenkekarte muss man für viele Züge auch noch Diener berappen, teilweise sogar ordentlich viele. Die Diener sind aber äußerst knapp. 6 Stück hat man von Haus aus zur Verfügung. Ausgeben ist leicht, sich wieder welche zu beschaffen schwer. An jedem Arbeitsplatz kann man zudem weitere Diener abgeben, um gesteigerte Arbeitsplatz-Effekte zu erzielen. Doch um welchen Preis! Die Diener sind schnell alle ausgegeben. Haushalten heißt es. Es kann aber doch nicht der Sinn des Spiels sein, überall Balkone für Diener anzubringen, wenn keine Belegschaft da ist!

Damit das freie Spiel der beschränkten Kräfte aber noch etwas ausufern kann, darf man mit (fast) jeder Geschenkekarte, die man effektiv spielt, sich auch noch an einem weiteren, vorgegebenen Arbeitsplatz engagieren. Was bedeutet das aber? Jeder Spieler muss bei seinem Zug überlegen:

  • Welche meiner Geschenkekarten passt zu welchem Arbeitsplatz? Das ist noch das Leichteste.
  • Welcher dieser Arbeitsplätze bringt das meiste ein. Ebenfalls noch eine triviale Überlegung, besonders wenn man die Jade-Strategie fährt.
  • Habe ich genügend Diener, um den Arbeitsplatz bedienen zu können?
  • Habe ich vielleicht sogar noch einen Diener übrig, um am gewählten Arbeitsplatz den gesteigerten Nutzen zu erzielen?
  • Kann ich auch noch den kartenspezifischen weiteren Arbeitsplatz (ggf. Mit Zusatz-Diener) bedienen?
  • Welchen Reiseweg nehme ich, um die optimalen Reiseplättchen zu erhalten?
  • Welche Dekrete wähle ich in optimaler Spieleweise?
  • Tausche ich nicht besser – ohne jeglichen Arbeitsplatz-Effekt – eine “billige” Geschenkkarte gegen eine lukrative?

Bei all dem gilt auch noch zu berücksichtigen, dass bestimmte, ausgewürfelte Werte von Geschenkekarten, die ich für den nächsten Durchgang eingetauscht habe, mit zusätzlichen Dieners honoriert werden.

Leider kann ich diese Überlegungen nicht wirklich anstellen, wenn ich nicht am Zug bin, weil oft genug gerade der Spieler vor mir einen Arbeitsplatz mit einer für mich zu hohen Geschenkekarte blockiert.

So sind in einem Spiel ungezählte Schnörkel angebracht, die fast alle mehr oder weniger den gleichen Effekt auslösen, in der Masse aber unhandlich und wenig spielerisch sind.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (endloses Gewürge, in einer 5er Runde eigentlich eine Zumutung, zu solitär), Günther: x (in einer 5er Runde nicht wertbar, nicht planbar, zuviel ist zufällig), Milo: 5, Moritz x (unglaublich konstruiert, ohne jedes Thema; da muss man endlos nachdenken und kann am Ende doch nichts machen, die letzten Runden werden immer langweiliger, weil man da immer weniger Optionen hat; dass ich trotz Regelmissverständnis mit einer einzigen Strategie gewonnen habe, ist Scheiße; die Handhabe der “Geschenkekarten” allein hätte als Spielidee gereicht) , Walter:3 (äußerst zäh im Ablauf, trotz Mangel an effizienten Optionen müssen die vielen Effekte und Nebeneffekte pro Zug berücksichtigt werden, was den Spielfluss kolossal bremst. Auch wenn der Autor sich viel ausgedacht hat, hat er doch keine Linie ins Spiel gebracht. 3 Stunden Rummeinern auf der Jagd nach Jadesteinen!)

12.06.2019: Dizzle, Dassel, Dusel

1. “Dizzle”

Ablage-Tableau in Dizzle

Ein Würfelspiel. Ein Spieler würfelt mit 13 Würfeln für sich und alle seine Mitspieler. Reihum nimmt nun jeder einen Würfel aus dem gemeinsamen Angebot und baut ihn in sein privates Würfel-Ablege-Tableau ein, bis alle Würfel weg sind. Dann wird neu gewürfelt.

Für jedes Feld auf dem Tableau ist genau eine feste Augenzahl vorgeschrieben. Zudem müssen beim Einbauen alle Würfel waagrecht oder senkrecht benachbart sein. Besonderheit: Wenn man keinen Würfel in sein Tableau einbauen kann, darf man entweder passen und in diesem Durchgang keinen weiteren Würfel mehr nehmen, oder man würfelt mit allen noch vorhanden Würfeln nach. Wenn danach aber immer noch kein Würfel passt, hat man mit Zitronen gehandelt: man muss einen Würfel aus seinem Tableau wieder zurück ins Angebot geben.

Nach 12 Durchgängen wird gewertet, wer sein Tableau am besten gefüllt hat. Bestimmte Felder darin liefern hübsche Siegpunkte, manche Feldkombinationen liefern hübschere Siegpunkte, und komplett ausgefüllte Zeilen oder Spalten liefern die hübschesten Siegpunkte. Wer am meisten davon hat, ist Sieger. (Claro.)

Das Spiel läuft schnell und angenehm. Man darf die ausliegenden Würfel taxieren und in Korrelation zu den zulässigen (und angestrebten) freien Feldern seines Tableaus setzen. Eine gewisse analystische Arbeit ist also durchaus von Vorteil, wird aber nicht in einer solchen Tiefe benötigt, dass die Denkzeit lästig werden könnte. Jeder ist jederzeit involviert, zumindest was das noch freie Würfelangebot betrifft.

Bei aller lockerer Spielfreude sind zwei kleinere technische Schwächen jedoch nicht zu übersehen: 1) Es ist unhandlich, zu kontrollieren, ob ein Spieler einen gewählten Würfel auch auf ein Feld mit der entsprechenden aufgedruckten Augenzahl setzt. Natürlich könnte man bei jedem Zug nachschauen, ob alle das auch tun, aber das würde den Spielfluß gewaltig stören. 2) Genauso unpraktisch ist es, zu kontrollieren, ob ein Spieler vor dem Nachwürfeln wirklich keinen Würfel der Auslage nutzen konnte. Wir glauben das einfach, obwohl der Glaube auch bei lockeren Spiel-Konkurrenzen nicht angebracht ist.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (besser als „Ganz schön clever“, keine Herum-Optimiererei), Günther: 7 (obwohl der Spielreiz vielleicht doch bald ausgelutscht sein könnte), Moritz: 7 (nett, abwechslungsreich, eines des besseren aus diesem Genre), Walter: 7 (hübsche Mischung aus Kombinieren und Hoffen).

2. “Werwörter”

Eine Kombination von „Werwolf“ und „Begriffe-Raten“. Wir finden den Werwolf wieder, den Bürgermeister, die Seherin und die Dorfbewohner. Diese Rollen werden zu Beginn des Spieles verdeckt an die Mitspieler verteilt. Der Bürgermeister bekommt zwei.

Danach bestimmt der Bürgermeister ein Wort, das die anderen Mitspieler mittels beliebig vieler, frei formulierter Ja-Nein-Fragen („Ist es ein Gegenstand?“) erraten sollen. Außer dem Bürgermeister kennen auch der Werwolf und die Seherin das zu erratende Wort. Beide können / dürfen / sollen sich an der Raterei beteiligen.

Die Seherin könnte natürlich sofort und zielgerichtet mit ihren Fragen auf das Lösungswert hinsteuern, ja es sogar sofort nennen: „Heißt Du etwa Rumpelstilzchen?“ Doch das hat einen Haken: Wenn das Wort erraten wurde, dann darf der Werwolf angeben, welchen Mitspieler er für die Seherin hält. Stimmt das, so hat er gewonnen. Die Seherin muss also mit ihren Fragen sehr vorsichtig umgehen, um sich nicht zu verraten.

Konnte das Wort aber nicht erraten werden, so haben die Dorfbewohner die Chance, den Spieler zu benennen, der der Werwolf ist. Haben sie ihn herausgefunden, so haben sie gewonnen. Auch darin liegt ein gewisser Antagonismus für die Fragerei des Werwolfes.

In unserem ersten Durchgang war Günther Bürgermeister und Werwolf zugleich. Er brauchte also bloß darauf zu achten, wer als Seherin zu viele gute Fragen stellte. Und da die Seherin diese Gefahr noch nicht verinnerlicht hatte, lief sie ihm auch prompt ins offene Messer.

Im dritten Durchgang war Moritz Bürgermeister und Seherin zugleich. Da durfte er a priori keine klugen Fragen stellen und die Dorfbewohner waren von Haus aus zu unbedarft dazu, so dass der arme Werwolf (Walter), keinerlei Hinweis bekam, die Seherin zu entlarven.

In diesen Konstellationen, die in einer 4er Runde statistisch gesehen oft genug vorkommen, funktioniert „Werwörter“ einfach nicht. Vielleicht in einer größeren Runde. Vielleicht.

Das beste am Spiel war die App, mit der das Spiel gesteuert wurde. „Alle schließen die Augen.“ – „Bürgermeister mache die Augen auf und suche dir ein Wort heraus.“ „Bürgermeister, mache die Augen zu! Werwolf, mache die Augen auf und sieh dir das ausgewählte Wort an!“ Und so weiter. Mit einer sehr angenehmen Stimme, einer funktionell angebrachten Geschwindigkeit und mit klaren Ansagen. Das war gekonnt. Dem hätte man noch stundenlang zuhören können.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bezogen auf unserer 4er Runde), Günther: 7 (in größerer Runde OK, aber für ein SdJ doch etwas zu hoch gehandelt) , Moritz: 7 (besser als „Werwolf“, allerdings in einer größeren Runde), Walter: 5 (mag Begriffs-Raterei grundsätzlich nicht. Nur die App wäre noch einen weiteren Sympathiepunkt wert).

Moritz mit der gigantischen Spieleschachtel von “Glorantha”

3. “The Gods War – Glorantha”

Wie funktioniert ein Götterkrieg? Genauso wie die Spiel-Kriege hier auf Erden auch. Als kleine Sippe fangen wir an, breiten uns aus, bis der unbevölkerte Platz erschöpft ist. Dann – oder auch schon etwas früher – fangen wir mit dem Militär an. Entweder zerstreut, um unsere Siedlungen zu schützen, oder konzentriert, um unvorhergesehens zum Nachbarn zu ziehen und dort loszuschlagen, seine Leute umzubringen und seine Häuser zu übernehmen.

Nichts Neues unter der Sonne, auch wenn unsere Häuser hier Shrines, Temples, Zikkurats oder sonst wie heißen, unsere Krieger sterbliche oder unsterbliche Barbarians, Champions, Stormbrothers und Thunderkings sind, und die Gebiete außer irdischen Phantasienamen auch noch Himmel und Hölle beinhalten. Gekämpft wird mit Würfeln, wie denn sonst, und Sieg, Tod, Vertreibung werden fast statisch abgewickelt.

In „Glorantha“ führt jeder Spieler einen eigenen Götterclan mit spezifischen statischen und dynamischen Eigenschaften. Die einen sind von Start weg eher schwach, werden aber im Laufe des Spiels immer stärker, bei anderen ist es eher umgekehrt. Die einen dürfen nicht in Gebieten bauen, die bereits besetzt sind, die anderen dürfen das und müssen das sogar, weil sie nur dafür Siegpunkte bekommen. Jeder legt sich im Laufe des Spiels weitere – für die anderen unerwartete – Eigenschaften zu, mehr Kampfkraft, mehr Widerstandskraft, mehr Bewegungsfreiheit oder mehr Siegpunkte. Alles ist höchst asymmetrisch ausgelegt.

Orlanth-Zeus (Mitte) mit der stürzenden Europa (links)

Das Ganze ist früher bzw. eher später ein chaotisches Aufeinanderschlagen. Natürlich könnte man einen systematischen militärischen Aufmaschplan verfolgen, um zu einem entscheidenden Zeitpunkt gezielt loszuschlagen und massig Siegpunkte einzuheimsen. Moritz versuchte das. Doch leider ging das Spiel schon eine Runde zu früh zu Ende. Er konnte weder Günther noch Walter dazu überreden, auf den führenden Aaron einzuschlagen, so dass Aaron die finale Siegpunktmarke überschreiten konnten, bevor Moritz den Knalleffekt seiner geballten himmlischen Heerscharen zum Einsatz bringen konnte.

Bemerkenswert: Die Hälfte der unkalkulierbaren Spielelemente sind reine Kingmakerei. Da kann man z.B. „Runen“ gewinnen, mit denen man Siegpunkte bekommt und IRGENDEINEM BELIEBIGEN Mitspieler Siegpunkte wegnimmt. Absolut regelgerecht darf nach jeder Runde ein Spieler einen Teil seiner Potenz dafür einsetzen, um 4 Siegpunkte für sich einzukaufen und anschließend den Mitspielern in BELIEBIGER Zuordnung 1, 2 oder 3 Siegpunkte zuzuschustern. Allein für diese – am Westpark absolut indiskutablen – Effekte kann das Spiel bei uns nicht punkten.

Moritz brachte es auf den Tisch. Er kannte von Kindesbeinen an die Geschichte und war mit jedem der Götter innerlichst vertraut. Die Spielfiguren sind tatsächlich in extrem aufwändiger Machart realisiert. „Orlanth“, der König der Sturmgötter ist z.B. eine gigantische Mischung aus Karl Marx, Dschingis-Khan, Flaschengeist und Cassius Clay, sein Champion ist ein gestreckter Stier, der gerade versucht, die auf ihm reitende Europa abzuschütteln. Doch all das konnte die Herzen der Westpark-Gamers nicht höher schlagen lassen.

Nur das von Moritz. Der liebt solche Figuren und solcher Szenerien. Es ist Ihm dabei auch fast egal, wie seine Mitspieler darauf reagieren. Natürlich wäre ihm lieb gewesen, wenn sie sich ebenfalls in ihre Götterrolle hineinsteigern würden. Aber notfalls reicht es ihm auch, wenn sie nur die Kulisse bilden, in der er seine Freude an prügelnden Göttern und Menschen ausleben kann.

WPG-Wertung: Moritz: 8 (ohne Kommentar) Aaron, Günther ,und Walter vergaben keine Noten. Es ist einfach nicht ihr Spiel.

15.05.2019: Bluff über Rätselraten mit Werwölfen

1. “L.A.M.A.”

Günther sollte das Spiel als solches und wir anderen alle seine Warming-Up-Qualitäten kennenlernen. Vor drei Wochen zum ersten Mal bei uns in einer 3er Runde gespielt, konnte es uns trotz seines Mau-Mau-Charakters überzeugen. Selbst Moritz bekannte überrascht: „Doch nicht ganz so schlecht.“

Wie schon an anderer Stelle beschrieben, müssen wir hier unsere Kartenhand Karte für Karten nach einem festgelegten Schema ablegen. Als deutliche Verbesserungen gegenüber Mau-Mau kam uns vor, a) dass man – mit minimalen Strafpunkten in der Hand – vorzeitig passen und b) beim „Ausmachen“ auch wieder erhebliche Strafpunkt abgeben kann.

Natürlich gibt es auch so etwas wie Kartenpflege. (Vorschläge dazu werden angenommen!) Doch in einer Viererrunde zieht das längst nicht mehr so gut. Das Bremsen bzw. Beschleunigen bei der Steigerung der abgelegten Augenzahl verliert erheblich an Effizient. Der Spielausgang liegt mehr oder weniger doch nur im Glück der zufällig ausgeteilten Karten. Aus „deutlichen Verbesserungen“ gegenüber Mau-Mau“ wurden jetzt nur noch „zwei-drei Modifikationen“. Nur Moritz als Sieger konnte stolz verkünden, „ich habe einfach taktisch gespielt“, fand das Spiel hinterher aber doch nur „einfach läppisch“. Unsere Noten wurde alle nach unten korrigiert:

WPG-Wertung: Aaron 6 (statt bisher 7), Günther: 6 (ganz nettes Spielchen, eine mögliche Einordnung als „Spiel des Jahres“ ist allerdings etwas zu hoch gegriffen), Moritz: 3 (so war seine nicht-quantifizierte Einschätzung „doch nicht ganz so schlecht“ vom letzten Mal also zu verstehen), Walter: 5 (statt bisher 6).

2. “One Week Werewolf”

Das Spiel lag schon einmal bei uns auf dem Tisch, doch da hatte Moritz wichtiges Spielmaterial zu Hause vergessen, und er musste es unverrichteter Dinge wieder einpacken. Diesmal war alles dabei und Aaron stimmte ohne rechte Überzeugung zu: „Dann lasst es uns hinter uns bringen.“

Spielmaterial im “Werewolf”

Drei verschiedene Charaktere, böser Werwolf, tricky Gerber und braver Bauer, werden verdeckt unter die Spieler und zwei Dummies aufgeteilt. Alle tragen ihre Charakterzuordnung als Scheibchen mit ihrer jeweiligen Spielfigur herum.

Die Spieler bewegen sich am Tag in einem Gebilde mit fünf Räumen beliebig vorwärts oder rückwärts und führen bei Nacht eine geheime Aktion durch: Vertauschen der Charakter-Scheibchen einer fremden Spielfigur mit der unsrigen oder Ansehen fremder Charakter-Scheiben; beides aber nur, wenn die Figuren mit unserer Figur in einem Raum oder in definierten Nachbarräumen stehen. Natürlich ist es auch sinnvoll, öfters mal wieder die eigene Charakter-Scheibe zu sichten, sie kann ja praktisch in jeder Nacht verändert worden sein.

Bewegung und Nacht-Aktion erfolgt mittels Karten, von denen jeder Spieler einen identischen Satz hat, und die pseudo-wrap-around genutzt werden.

Am Ende des Spiels, nach fünf Runden, sollen die Spieler den Werwolf identifizieren. Jeder deutet gleichzeitig, aber mittels eines langen Palavers abgesprochen, auf den Spieler, den er für den Werwolf hält. Bekam der „richtige“ Werwolf die meisten Stimmen, so hat er verloren; bekam der Gerber die meisten Stimmen, so hat er gewonnen, ansonsten gewinnen die Bauern.

Technische Schwächen im Design:

  1. Wofür brauchen wir extra Karten für die Bewegung, wenn wir in unserer Bewegungsfreiheit ohnehin kaum eingeschränkt sind. Es wäre viel effizienter, ohne Karten einfach beliebig 0 bis 3 Felder zu ziehen zu dürfen.
  2. Das Ausspielen der Karten für die Nachtaktion ist noch bescheuerter: Wir können eine beliebige Karte ausspielen und eine GANZ ANDERE Aktion durchführen. Die ausgespielte Karte ist absolut unrelevant für unsere Aktion. Die stark geäußerte Vermutung, dass hier ein Regel-Missverständnis vorliegen müsse, konnte sich nicht durchsetzen.
  3. Bedenklich: Während eines Zuges sollen die Mitspieler die Augen zu machen und die vom handelnden Spieler durchgeführte Aktion nicht verfolgen. Absichtliches oder unabsichtliches Blinzeln kann niemals ausgeschlossen werden. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass der handelnde Spieler mogelt und sich die Charakter-Scheiben aller Spieler anschaut.

Fazit: Aus unbekannten, ungesehenen, fragwürdigen Aktionen unserer Mitspieler sollen wir also herausfinden, unter welcher Spielfigur sich am Ende das Werwolf- und/oder das Loge-Scheibchen befindet. Nicht einmal bei Boardgame-Geeks wurde das für gut befunden.

Das einzige Schöne am Spiel ist die Diskussion nach Ende der fünf Aktionsrunden, wenn die Spieler ihre gemachten Aktionen und die dadurch erzielten Effekte erläutern und auf diese Weise versuchen, das Dunkel des verdeckten Rollenspiels zu lichten. Dabei darf natürlich jeder Spieler beliebig viel lügen. Es gilt also auch noch, aus der Fülle von Aussagen und Schlussfolgerungen die bewussten Irreführungen von ernsthafter Deduktion ahnungsvoll zu unterscheiden.

In dieser Diskussion hielt sich Günther extrem zurück. Seltsamerweise fiel das keinem auf. In der post-mortem Analyse wurde aber klar, dass er der Werwolf gewesen sein musste, denn mit jeder Aussage, die er gemacht hätte, hätte er entweder noch unbekannte Informationen offenlegen oder sich eindeutig als Lügner, und deshalb als Werwolf zu erkennen geben müssen. Günther hatte sich diese Rolle in seiner allerletzten Nacht-Tausch-Aktion zugelegt. Das hätte ohnehin keiner mehr verifizieren können.

Schwerfälliges Hantieren mit Aktionskarten, wahre und unwahre Schlussfolgerungen aus unbekannten Spielzügen und am Ende nochmals eine Alles-oder-Nichts-Lotterie, das ist “Werwolf”. Doch selbst mit solchen Kakoludien wird die Kickstarter-Welle wohl nicht gebrochen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (einschließlich 1 Punkt für das Material), Günther: 3 (darin 1 Minuspunkt für Charakter-Scheiben und 1 Pluspunkt für das restliche Material), Moritz: 4 ([AbN: NUR,] in der jetzigen Form, hofft auf Verbesserung), Walter: 2 (einschließlich 1 Punkt für das Material).

3. “UNLOCK!”

Rätselraten in “UNLOCK!”

Wir sollen gemeinsam eine umfangreichen Rätselaufgabe lösen. Auf Zahlenkarten mit Bildern (sekundär) stehen „interne“ Zahlen, meist klar sichtbar, manchmal aber auch extrem versteckt, klein, und von der Untergrundfarbe kaum zu unterscheiden. Diese „internen“ Zahlen erlauben, das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Die Zahlen von roten oder blauen Karten sollen – anhand der aufgedruckten Bilder passend – kombiniert werden und erlauben ebenfalls das Aufdecken weiterer Zahlenkarten. Zuweilen muss auch ein Bilderrätsel gelöst werden, das – in die zugehörige Applikation eingegeben – ebenfalls Zahlenkarten freigibt. Und wenn man alles richtig gefunden und gelöst hat, ist man am Ziel und wir haben alle gemeinsam gewonnen. Wobei aber noch eine Uhr mitläuft, und wenn die Zeit abgelaufen ist, bevor wir fertig sind, haben wir halt alle verloren.

Wir operierten die Anfängerversion mit optionaler Hilfestellung. Oft genug hielten wir die Zeit an, weil für unsere geballte Intelligenz die 1 Stunde Lösungszeit ohnehin viel zu kurz war. Tröstliche Erkenntnis: „Bis jetzt haben wir nur gute Augen, aber keinen Verstand gebraucht“, und schlechte Augen sind weitaus leichter zuzugeben als ein beschränkter Verstand.

Schlussendlich fanden wir wortwörtlich nicht „die Nadel im Heuhaufen“ (Hinweis der Hilfestellung). Auf einer der Zahlenkarten gab es braun in braun eine ländliche Szene mit auch irgendwo einem Heuhaufen und in einer Ecke des Heuhaufens gab es mittelbraun in hellbraun eine winzige 25! Das war die Erlaubnis, die Zahlenkarte 25 mit dem Heuhaufen aufzudecken, der die Luftballons zum Platzen brachte, mit dem die stinkende Rohrleitung verstopft wurde, so dass sich die Maus die Schnorchelbrille aufsetzen und im Milcheimer untertauchen durfte.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (mein Ding ist es nicht, die Story ist unlustig, die Rätsel sind unlogisch, die Sucherei nach klein geschriebenen und versteckten Zahlen passt überhaupt nicht dazu), Günther: 4 (bin mir unklar, was ich von diesem Spiel-Prinzip erwarten darf), Moritz: 3, Walter: 3 (das Schönste daran war, meine Westpark-Gamers bei der Sucherei und Raterei zu beobachten; das Lösen von solchen künstlichen, von Menschen erfundenen Aufgabenstellungen hat bei mir ohnehin eine sehr geringe Priorität. Die Natur bietet so viele verborgene Rätsel, deren Entschlüsselung um Größenordnungen schöner ist).

4. “Bluff”

Nach einem ganzen Jahr Bluff-Enthaltsamkeit wollten wir mit diesem Absacker dann doch noch einen spielerisch befriedigenden Abschluss des Spielabends erreichen. Mit Erfolg, Bluff hat einfach alles, was ein großes Spiel benötigt.

Walter gewann den ersten Durchgang, Moritz wurde Letzter. Moritz gewann den zweiten Durchgang, Walter wurde Letzter. Bluff ist über allem auch noch ein reines Glücksspiel!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

08.05.2019: Wundern und Staunen im Opiumkrieg

1. “7 Wonders – Armada”

Schiffs-Tableau für die Armada

Wenn ein Spielmechanismus unverwüstlich ist, kann ihn auch die hundertste Expansion nicht umbringen. Ein solcher Mechanismus ist das Kartendrafting bei „7 Wonders“. Alle Karten sind gut, manche sind besser. Kein Frust, nur Lust. Wir dürfen dabei nur nicht in die Auslage der Mitspieler schauen, die bei 4 Spielern halt zu 75% besser ist als unsere.

Die Expansion „Armada“ bringt als zusätzliches Element ein Tableau, auf dem jeder Spieler seine vier farbigen Schiffchen auf Stufenleitern nach oben bewegt. Es ist ein reiner Nebeneffekt der Kartenfarbe, die wir jeweils in unsere Auslage nehmen. Bei jeder Schiffchen-Stufe handeln wir uns entweder Geld oder Siegpunkte oder Kampfesstärke ein. Vom Prinzip her ein wohlbekanntes Modell, dem Siegpunktschwall des „7 Wonders“-Basisspiels wird halt ein zusätzlicher Aufguss verpasst.

Und damit die „Armada“ auch thematisch noch etwas abbekommt, wird dem Vergleich der Infanterie-Kampfstärke aus dem Basisspiel ein identischer Vergleich der Marine-Kampfstärke zu Seite gestellt. Nichts Neues, nichts Weltbewegendes, nur weitere Optionen und zusätzliche Jagdgefilde zu Siegpunkten. Glücklicherweise bleiben die Gesamteffekte überschaubar – wenn sie es jemals waren.

WPG-Wertung: Keine wollte seine Notengebung gegenüber dem Basisspiel ändern. 7 bleibt der ordentliche Schnitt. Günther konstatierte einen Mehrwert für Vielspieler, aber keinen für Wenigspieler.

2. “An Infamous Traffic”

Geht noch was im Opiumkrieg?

Opiumkrieg. Vor zwei Wochen ging er bei uns gründlich in die Hose. Da waren die Regeln noch unschuldig. Heute mit besserem Regelverständnis. Aber weiterhin mit unübersehbaren Designschwächen.

Ach, was hätte man nicht alles aus dem kriegerischen Wirtschaftsthema machen können. Es gibt Militär und Kirche, Einheimische und Okkupanten, Polizisten und Rebellen, Schmuggler und Stabilisatoren. Wir bauen Handelswege vom Anbau der Ware über Transport und Vertrieb bis zum Verbraucher. Dabei kooperieren wir mit unseren Mitspielern und verdrängen sie wieder aus dem Geschäft, wenn wir genügend Eigenmittel aufgebaut haben.

Doch im aktuellen Spieldesign fehlt’s an Korn genauso wie am Winde. Viele Spielzüge gießen ihren Segen oder Unsegen gleichmäßig über alle Spieler aus, da ist überhaupt nicht erkennbar, warum man sie überhaupt tun soll. Geschweige denn solche positiven Entwicklungszüge, die weitere Zugmöglichkeiten – für alle – eröffnen, von denen unsere Mitspieler aber in ihrer Zugreihenfolge zuerst profitieren. Da sind wir immer die Letzten!

Das größte Übel aber sind die Bremsen, die absichtlich überall ins Spiel eingebaut sind und den Spielfluss behindern. Mal ist der Hafen nicht offen, mal besteht keine – per Würfel ausgelöste – Opportunität, mal steht der „Leader“ mit seiner Sperrmajorität davor, mal sind die Prioritäten zu niedrig, als dass sich ein Eingreifen lohnt.
„Ich kann nix mehr tun, ich kann nur noch ärgern, und auch das nur beschränkt“ – das sind die Stoßseufzer, die ein Spieler nach dem anderen ausstößt. Oder auch: „Es gibt so vieles, was ich NICHT tun möchte.“

Eine Krankheit ist hier auch die Siegpunkt-Ausschüttung. Pro Runde werden drei zufällige Plättchen mit Siegpunkt-Werten zwischen Plus 3 bis Minus 1 gezogen und verdeckt ausgelegt. Jeder darf sich eines davon anschauen. Nach seinem letzten operativen Zug schickt jeder Spieler seinen Lehrling mit Barmitteln ausgestattet nach London, um dort eines dieser Plättchen zu erstehen. In der Reihenfolge der Barschaften MUSS jeder Lehrling eines nehmen. Wer Pech hat, muss dann auch noch für teures Geld ein Minus-Plättchen nehmen, während der ärmste Lehrling, der bei vier Spielern naturgemäß in die Röhre schaut, dann wenigstens ungeschröpft davonkommt.

Walter war Startspieler, legte sich mit seinen ersten Investitionen lauter Merchands zu, so dass er hier bald uneinholbarer „Leader“ war, und die Mitspieler sich in teurem Opium-Anbau und Verschiffung engagieren mussten. Unangefochten konnte er in den ersten drei Runden sich auch das jeweils wertvollste Siegpunkt-Plättchen aneignen. Etwas frivol proklamierte er sich schon vor der vierten und letzten Runde als uneinholbarer Sieger. Nur Moritz war damit nicht einverstanden. Und tatsächlich, er konnte sich in der letzten Runde das – zufällig vorhandene – 3er Siegpunkt-Plättchen aneignen und zudem auch noch Aaron den Schiffs-Leader abnehmen und damit zwei weitere (von Walter unerwartete) Siegpunkte auf seinem Konto gutschreiben. Mit 9 gegenüber 8 Punkten trug er den Sieg davon.

Bemerkenswert: Nahezu die Hälfte seiner Siegpunkte bekam Moritz durch seine Leadertümer, die er weder sicher erwerben noch mit irgendeiner Technik hätte verteidigen können. Sie nahm ihm halt keiner weg. Und noch bemerkenswerter: Günther, der letzte in der Startspieler-Reihenfolge, bekam überhaupt keinen einzigen Siegpunkt! Soviel zur strategischen Herausforderung des Spiels und zu seiner Balance. (Vielleicht funktioniert es in einer 3er Runde – geringfügig – besser.)

Ach, was könnte man aus einem wohlgestalteten Opiumkrieg nicht alles machen!

WPG-Wertung: Aaron: 7 (extrem interaktiv; für die [missglückte] Leader-Technik im 4er-Spiel möchte ich ihm 1 Punkt abziehen), Günther: 3 (völlig unausgereift, vor lauter Blockaden hatte ich die Hälfte des Spiels überhaupt keine Option), Moritz: 7 (es hat was, die Grundmechanismen stimmen), Walter: 3 (nichts stimmt, keine Logik, nichts Zielführendes, alles ist zwiespältig, und die zufällige Siegpunktausschüttung ist in einem Planspiel der Gipfel der Ungereimtheit).

"Was lag auf den Tisch?"