24.04.2019: „Opium Krieg“ ohne Opium

1. “An Infamous Traffic”

Aarons neueste Kauf-und-bastele-dir-das-Material-zusammen-Erwerbung geht um den Opiumkrieg in China. Eine unrühmliche Geschichte für den gesamten europäischen Imperialismus. Aber das Thema vereinigt natürlich eine ganze Legion schönster Konfrontationen und Kooperationen. China hat zunächst mal alle Häfen geschlossen. Die Handelsketten von der Opium-Erzeugung, dem Transport in die Häfen und den Vertrieb dazu müssen wir erst aufbauen.Jeder für sich oder in beliebiger Arbeitsteilung mit beliebigen Mitspielern. Ohne Schmuggler geht im Handel zunächst mal gar nichts. Normale bestechliche Beamte vervollständigen die Primär-Routen. Dann kommt die Polizei und eliminiert die Schmuggler; die Handelsketten brechen unverzüglich auseinander. Sogleich aber dürfen private Händler in die Bresche treten. Es gibt einen Verdrängungskampf um die Beteilung an erfolgreichen Ketten. Und diese sind knapp. Bis die Engländer antreten und Opiumkriege provozieren.

Viele schöne und innovative Elemente enthält das Spiel. Wir haben es nur falsch gespielt. Wir haben das unweigerlich stattfindende Auslösen der Opiumkriege übersehen. So wurde kein einziger Opiumkrieg abgewickelt, und so war bis zum Ende des Spiels auch nur ein einziges Gebiet für den Opiumhandel freigegeben. Hier hatte sich Moritz blitzschnell (mit Hilfe von Walters unbekümmerten Naiv-Zügen) eine Monopolstellung aufbauen können, von der er nicht mehr zu verdrängen war. Er dominierte alle Arbeitsbereiche und alle Handelsketten. Wenn sich ein solches Run-away-leader-Problem auch ohne unseren gravierenden Regelverstoß ergeben kann, dann würde ich dahinter einen Konstruktionsfehler sehen. “An Infamous Traffic” sollte doch kein Schachspiel sein, bei dem ein einziger kleiner Fehler über Sieg oder Niederlage entscheidet. Da wir das aber jetzt noch nicht beurteilen können, nehmen wir alle unsere jetzigen Wertungen zurück.

Nächste Woche wissen wir vielleicht mehr. Und dann können wir endlich mal wieder Günther mit einem Spiel überraschen, das wir bereits angespielt haben, nicht aber er. Und zwar eines, „das sehr viele Facetten besitzt, und deren Effekte und Zusammenhänge man erst lernen muss“ (Aaron).

WPG-Wertung: keine Wertung wegen gravierend falscher Regelhandhabung.

Moritz schickte während des Spiels ein Foto zu einem chinesischen Freund und erhielt von ihm postwendend folgende Antwort zurück, die ich unseren geneigten Lesern nicht vorenthalten möchte:

wowwwww ! Omg , very shame about that history, cuz China was very weak in the last century , anyhow these provinces all in the south of China , see in this map ,廣東 you could eat baby Suppe and baby mouse , 廣西 a lot of worms there , tasty very good ,湖南 (sh… MAO come from 湖南) but girls very hot like their food. professional always ,江蘇 more sweet dishes, they like sweet as same as 江蘇 girls , they are sweet , very soft pronunciation , shy ,exquisite skins ,the felling is like the first time you put a very fresh cherry in your mouth .江西 福建 安徽 浙江food and girls I don’t really like , 江蘇 is best on this map ,BTW , Opium is not good stuff , cherish your life and say no to Opium .

2. “CIV: Carta Impera Victoria”

Vollgepumpt mit Opium wollten wir uns kein zweites abendfüllendes Spiel mehr antun und begnügten uns mit leichten Kartenspielen.

„CIV“ lag bereits letzte Woche auf dem Tisch, und Aaron hat es wohlwollend beschrieben. Moritz sollte bei den unterschiedlichen Einschätzungen von Aaron, Günther und Walter ein weiteres Urteil abgeben.

Der erste Durchgang verlief schnell und linear. Bevor irgend ein Spieler sich auch nur irgend etwas Böses gedacht, geschweige denn ausgeführt hatte, hatte Aaron schon gewonnen: Das Kartenglück hatte ihm 7 Religionskarten zugespielt und keiner hatte seinem Sieg einen Stein in den Weg gelegt bzw. legen können oder wollen. (Walter wollte mit ebenfalls 7 Religionskarten einen Zug später schlussmachen.)

Im zweiten Durchgang war Walter der glückliche. Es dauerte etwas länger, und es wurden sogar zwei Steine geworfen. Trotzdem war es Walter gelungen, 5 Wissenschafts- und 6 Kulturkarten ausliegen zu haben. Dabei war seine Kulturpflicht mittels einer Utopiakarte bereits auf 8 Karten erhöht worden. Aaron stand jetzt vor dem Dilemma, entweder Walters Wissenschaft oder seine Kultur zu bremsen. Er entschied sich für die falsche Kategorie.

Mehr ist in diesem Spiel ja wohl nicht drin: 6 hübsche triviale Positiv-Effekte, die man sich aber erst einzeln erarbeiten muss, gegenüber 6 hässlichen Miesnickel-Effekten, deren Einsatz sehr viel leichter möglich ist, die auch entscheidend weh tun können, dem Miesnickel selber aber keinen Vorteil bringen. Warum sollte man die spielen?

WPG-Wertung: Die bisherigen Noten von 5, 6 und 7 ergänzte Moritz nach unten mit einer 4: (nicht wirklich gut, ein ähnliches Sammeln gibt es auch in „Res Publica“, dort aber viel besser; in CIV ist alles total glückslastig).

3. “L.A.M.A.”

Wer bei diesem Namen an keine buddhistische Mönchen und an keine südamerikanischen Haustiere denken will, darf die Buchstaben ruhig zu einem „lmaa“ verschieben. Im positiven Sinn. Denn früher oder später wird er in diesem mau-mau-ähnlichen Karten-Ablegespiel bei Sichtung seiner Kartenhand und dem Ablagestapel diesen Seufzer ausstoßen müssen, und die Mitspieler werden sich darüber freuen können.

Jeder Spieler hat eine Kartenhand aus Zahlenkarten und muss davon eine Karte nach der anderen auf den gemeinsamen Ablagestapel geben. Die abgelegte Karten muss mit der Zahl auf der obersten Karte des Ablagestapels übereinstimmen oder um genau 1 Zahlenwert höher sein. Das geht wrap-around, nach der sieben (die hier durch ein Lama dargestellt ist) geht es mit 1 weiter.

Wer auf der Hand keine passende Karte hat, muss vom verdeckten Stapel eine Karte nachziehen.

Warum das Spiel deutlich besser ist als Mau-Mau, liegt an zwei Effekten: Erstens: Ein Spieler kann beliebig vorzeitig passen, d.h. aussteigen, keine Karte ablegen und keine weitere Karte vom Kartenstapel mehr nachziehen, und bekommt die Summe der Zahlen in seiner aktuellen Kartenhand angeschrieben. Natürlich wie in Mau-Mau als Minuspunkte. Allerdings: Karten mit gleichen Zahlen zählen nur einmal; z.B. zählt ein Hand mit vier 3er Karten nur 3 Minuspunkte.

Der zweite Effekt: Wer seine Kartenhand total abspielen konnte, darf Minuspunkte abgeben: Wer 10 oder mehr Minuspunkte auf seinem Konto hat, darf davon 10 Punkte abgeben, wer weniger als 10 Minuspunkte hat, darf nur 1 Minuspunkt abgeben. So kann sich auch ein mehrfacher Loser schnell wieder in die Gewinner-Ränge bringen.

Walter versuchte sich in einem besonderen Trick: Er legte keine einzige Karte ab, sondern zog ausschließlich Karten vom Kartenstapel nach, bis er vielleicht 20 Karten auf der Hand hatte und seine beiden Mitspieler mit nur ganz wenigen Minuspunkten in der Hand passten. Jetzt durfte er noch beliebig lang seine Kartenhand abspielen, den Regeln nach aber keine einzige Karten mehr nachziehen. Doch da er eine lückenlose Kette aller Zahlenwerte auf der Hand hatte, war es natürlich ein Kinderspiel, die 20 Karten seiner Hand eine nach der anderen restlos ablegen zu können. Zwei Risiken gibt es innerhalb dieser Technik: man muss, bevor die Mitspieler passen, eine lückenlose Kette aller Zahlenwerte haben. Die Mitspieler dürfen nicht gleichzeitig die gleiche Technik anwenden, denn dann ist der Nachziehstapel verbraucht, ein Durchgang ist aus und die Handkarten werden gewertet.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (schnell erklärt und lustig, man kann es gut und weniger gut spielen), Moritz: x (doch nicht ganz so schlecht. [Der Zahlenwert hinter dieser Aussage wurde nicht genannt]), Walter: 6 (zum Warming-Up, hoffentlich ist der aktuell angenehme psychologische Effekt darin nicht zu bald ausgelutscht).

17.04.2019: Völker und Karten

  1. CIV: Carta Impera Victoria

Ein Kartenspiel mit Karten in 6 Farben und extrem einfachen Regeln. Zumindest auf den ersten Blick. Jeder Spieler hat 3 Handkarten und legt davon, wenn er am Zug ist, eine vor sich ab. Von jeder Farbe, von der mindestens 3 Karten (spielerzahlabhängig) ausliegen, darf dann die farbabhängige Sonderfunktion ausgeführt werden. Alternativ darf ein Spieler auch nach dem Ausspielen eine beliebige Karte seiner Auslage abwerfen und dann eine besonders starke, die Mitspieler betreffende Sonderaktion auszuführen. Wer als Erster 7 Karten einer Farbe vor sich ausliegen hat, gewinnt das Spiel. Schafft dies niemand bevor der Nachziehstapel aufgebraucht wird, entscheiden die Mehrheiten in den einzelnen Kartenfarben über den Sieg.

Was so einfach klingt, spielt sich doch etwas schwieriger als gedacht. Aus 2 Gründen. Zum einen müssen die insgesamt 12 Sonderfunktionen der Kartenfarben memoriert werden und diese optimal nutzen zu können. Zum anderen verlangt das Spiel eine gewisse Frustrationstoleranz, da es einerseits recht glückslastig ist und man beim Kartennachziehen gefühlt benachteiligt wird. Zum anderen sind die starken Sonderaktionen in der Regel zum Nachteil eines oder mehrerer Mitspieler und das kann sich dann schon mal wie Kingmakerei anfühlen.

Allerdings sind es gerade die starken Sonderaktionen, die dem Spiel seine Würze geben und überhaupt erst für eine gewisse Interaktion in dem Spiel sorgen. Nur damit kann man nämlich gezielt verhindern, dass ein Spieler durch Ablegen der 7. Karte gewinnt und das Spiel durch diesen Coup frühzeitig beendet. Stattdessen spielt man auf das „normale“ Ende mit leerem Nachziehstapel und den meisten Mehrheiten. Nicht leicht, da man ja zum Auslösen der starken Sonderaktion eine Karte aus seiner Auslage entfernen muss.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (Tendenz zu 6, schnell, taktisch, akzeptabel hohes Glückselement, wobei Glück und Frust in den gezogenen Karten liegt); Günther: 6 (Tendenz zu 7, hätte noch Lust, die verschiedene Unterstützungseffekte der Farb-Trios auszuprobieren), Walter 5 (das Achten auf Position und Ambition der Mitspieler ist ohnehin nicht sein Ding, hier sieht er besonders keinen Spielreiz darin, sich mit Lust und Liebe zu bemühen, dem aktuell Vor-dem-Abschluß-Stehenden Prügel zwischen die Beine zu werfen und ihn ins Mittelfeld zurückzuwerfen, ohne dass der sich dagegen wehren oder vorbauen kann und nur um damit irgendeinem anderen Spieler – mit geringer Wahrscheinlichkeit auch ihm selbst – aufs Treppchen zu helfen. Mag in einer Dödelrunde gut ankommen, aber nicht unter Bridgespielern.)

 

  1. Gentes

Wir spielten die Deluxified Version von Gentes, die im letzten Jahr als Kickstarterprojekt erfolgreich abgeschlossen wurde. Gegenüber der 1. Ausgabe von Spielworxx ist das „deluxified“ Material von exzellenter Qualität und sieht wunderhübsch aus. Dafür müssen

Aaron beim Insert-Puzzlen

aber vor dem ersten Spiel viele Spielsteine erst einmal mit Aufklebern versehen werden und das Schachtel-Inlay von Folded Space zusammengeklebt werden. Zwei Kleinigkeiten sind nicht optimal gelungen: Das Inlay besteht aus 20 Schachteln, die in die Schachtel gepuzzelt werden müssen (Bauanleitung aufbewahren!). Die Eieruhr-Spielsteine sehen zwar nett aus, aber die doppelseitig bedruckten Marker der 1. Ausgabe waren weniger fehleranfällig.

Gentes ist ein Zivilisationsaufbauspiel mit „action selection“ als seinem zentralen Mechanismus. Ist ein Spieler am Zug, wählt er eine von 6 Aktionen aus und führt sie durch. Jede Aktion kostet immer Zeit und/oder Geld. Hat man davon zu wenig, darf man die Aktion nicht ausführen. Gleichzeitig herrscht bei der Aktionsauswahl Konkurrenz, denn 5 Aktionstypen besitzen Aktionssteine, die der ausführende Spieler an sich nimmt und damit den anderen Spielern genau diese Zeit/Geld-Kombination vorenthält.

Der Zeitverbrauch ist clever über eine Zeitleiste gelöst, auf der es eine (rundenabhängige) Anzahl freier Plätze gibt. Auf diese wird der Aktionsstein zusammen mit der darauf angegebenen Anzahl Sanduhren gelegt. So füllt sich die Leiste Zug um Zug bis schließlich die verfügbare Zeit verbraucht ist.

Dabei darf man auch 2 Sanduhren auf einem Feld der Zeitleiste ablegen, um in dieser Runde Zeit zu sparen, muss dafür aber in der nächsten Runde auf die eingesparte Zeit verzichten. Eine sehr schöne Lösung, falls die Situation im Spiel gerade so optimal, dass man mehr Aktionen durchführen möchte, als aktuell auf der Zeitleiste verfügbar.

Als Aktionen stehen zur Verfügung:

  • Der Bau einer Stadt, die einem sofort und dauerhaft Vorteile bringt
  • Das Erwerben von Bauplänen für Gebäude
  • Das Bauen von Gebäuden
  • Das Trainieren von 6 unterschiedlichen Arbeitertypen, die für den Gebäudebau benötigt werden
  • Das Einnehmen von Steuern
  • Die Übernahme der Startspielerposition ab der nächsten Runde

Das alles klingt recht einfach, wird aber durch die vielen kleinen Nebenbedingungen, die zu bedenken sind, ziemlich komplex und kann schon mal zu langen Grübelminuten führen. Alles ist zwar planbar, aber gerade der Erwerb von Gebäudeplänen und das Trainieren der Arbeiter unterliegen einem beträchtlichen Mitspielerchaos, das man mögen muss. Auf der anderen Seite sind gerade diese beiden Aktionen immens wichtig: Das Erwerben der richtigen Baupläne zur richtigen Zeit gepaart mit dem Trainieren der richtigen Arbeiter für deren Bau können spielentscheidend sein. Gerade die richtige Zusammenstellung der Arbeiter für die 3. Zivilisationsstufe ist kritisch, denn deren Gebäude benötigen richtig viele Arbeiter und die Zeit reicht nicht, diese erst spät zu trainieren. Uns störte dabei etwas, dass es doch relativ wenige Trainingsaktionen pro Runde gibt (3 bei 3 Spielern) und man daher gegen Spielende und suboptimaler Planung für die ausliegende Gebäudewahl keine Chance hat, ausreichend viele Trainingsaktionen durchzuführen. Ob die Trainingsmöglichkeiten, die man über gebaute Städte erwirbt dies ausreichend kompensieren können?

Gentes wirkt trotzdem  rund, sauber konstruiert und balanciert auch wenn vom eigentlichen Thema recht wenig zu spüren ist und einige Regeldetails deshalb nicht wirklich intuitiv sind.

Deluxifiziertes Material

Eine gute Stunde brauchten wir für die allein Einführung, wobei die individuellen Karten und ihre Effekte nur global erklärt worden waren. Liverpool führte bereits 2:0 und wir waren noch nicht über den Bosporus gekommen. Die 2 ½ Stunden reine Spielzeit in unserer 3er-Runde fühlten sich allerdings kürzer an.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (1 Punkt davon fürs tolle Material, mehr Arbeit als Spiel aber spannend, in einer Grüblerrunde muss es schrecklich sein), Günther: 6 (Eigentlich sollte ich es ja mögen: Worker Placement, interessanter Zeitmechanismus, mehrere unterschiedliche Entwicklungsmöglichen, sehr schönes Material, jedoch null Thema, was mir aber nicht wichtig ist. Allerdings gefällt mir der hohe Zufallseffekt und das Mitspielerchaos bei den Gebäudekarten und den Ausbildungen nicht … ja, die Auswahl der Karten artet fast in Arbeit aus, da man ja auch noch am Ende für überzählige Karten bestraft wird. Schade…), Walter 6 (darin enthalten ist 1 Punkt für die Ingenieursleistung des Autors und 1 Punkt für das vorzügliche Luxus-Material; das Spiel enthält viele Plus- und viele Minus-Punkte, gute Balance aber wenig Dynamik, zu lang und früher oder später repetitiv – zumindest nach häufigerem Spielen, Planung ist gefragt, aber bei den eingebauten Zufallseffekten und dem unvermeidbaren Mitspielerchaos doch nur Glückssache, zu viel Schweiß bei zu wenig Spiel).

27.03.2019: Keine Werwölfe in Coimbra

1. “One Week Werewolf”

Moritz legte eine brandneue Werwolf-Kickstarter-Modifikation auf den Tisch und mit gebremster Euphorie – eingedenk der Mutterversion – machten wir uns ans Auspöppeln der Stanzteile. Dann vermisste Moritz zuerst den Startspieler-Pfeil – OK; den hätten wir uns zu Not auch noch selber schnitzen können -, dann aber einen ganzen Bogen weiterer Stanzteile. Ohne den konnten wir den Werewolf nicht spielen.

Mit ungebremster Euphorie packten wir wieder alles ein.

2. “Coimbra”

„Coimbra“ : Welche Hand gehört Günther und warum?

Das ist keine Stadt in Südamerika und auch keine Ort der Schande für den deutschen Fußball, sondern eine Universitätsstadt in Portugal, die 2003 sogar dort die Kulturhauptstadt war. Und was hat das alles mit dem Spiel „Coimbra“ zu tun? Nichts, rein gar nichts! In „Coimbra“ sind wir offiziell zwar „Schwarze Sheriffs“ für das Sicherheitsbedürfnis von Ratsmitgliedern, Händlern, Geistlichen und Gelehrten, aber das ist noch mehr als ein Trumpscher Fake. „Coimbra“ ist ein absolut abstraktes Spiel mit abstrakten Mechanismen, und weder Sheriffs noch Bürger sind weit und breit zu sehen.

Herz des Spiels ist ein – sehr gelungenes – Würfel-Placement. Ein Spieler würfelt mit 13 Hexawürfeln für alle, und reihum nimmt sich jeder Spieler jeweils einen davon (insgesamt 3 mal, ein Würfel bleibt übrig) und legt ihn in vier mögliche öffentliche „Einkaufsflächen“ (EF, eigenes Wording). Danach wird eingekauft.

In jeder EF fängt der Besitzer des Würfels mit der höchsten Augenzahl mit dem Einkaufen an. Wer hier als erster einen Würfel mit 6 hingelegt hat, ist von der EF-spezifischen Einkaufspriorität (fast) nicht mehr zu verdrängen. Wer hier allerdings nur eine 1 hingelegt hat und kein weiterer Spieler hat in dieser Runde in dieser EF Ambitionen gezeigt, sich hier zu bedienen, darf ebenfalls als erster einkaufen. In diesem Fall sogar als einziger.

Was gibt’s zu kaufen? Einwohnerkarten! Sie bringen

  • Direkte Siegpunkte
  • Direkte Einnahmen
  • Rabatte für die nächsten Einkäufe
  • Bewegungspunkte auf dem Pilgerpfad (kriegen wir später)
  • Raubgeld und Raubsiegpunkte von den Mitspielern
  • Freie Auswahl für einen weiteren Einkauf

Und was dergleichen mehr ist. (In jedem Fall alles klug konstruiert und ausbalanciert.)

Was kosten die Einwohnerkarten? Sie kosten genauso viel Geld- oder Sheriff-Einheiten, wie unser Würfel an Augenzahlen aufweist. Ein überraschend sinnvoller antagonistischer Mechanismus, der uns das Auswählen des jeweils nächsten, besten Würfels nicht so einfach macht.

Die eingehandelten Karten haben aber auch noch einen generellen Nebeneffekt: Abhängig von der gewählten Kartenfarbe schreiten wir auf 4 verschiedenen Gunst-Leitern hoch, erhalten dort spezifische Boni und am Ende nochmals dicke Siegpunkt-Batzen für dort erzielte Spitzenpositionen.

Die ausgewählten Würfel besitzen ebenfalls noch einen Nebeneffekt: Abhängig von ihrer Farbe erhalten wir neue Geld- oder Sheriff-Einheiten, Schritte auf dem Pilgerweg oder Siegpunkte.
Für einen optimalen Zug müssen wir also

  • unser vorhandenes und en-passant erwerbbares Vermögen
  • mit der gesamten zur Verfügung stehenden Würfel-Menge (Augenzahl + Farben)
  • den Farben und Effekten der angebotenen Einwohnerkarten
  • und ggf. mit Potenz und den Ambition unserer Mitspieler

in Einklang bringen. Und als guter Spieler müssen wir mindestens auch noch die jeweils erste Würfel-Wahl unser Mitspieler und auch noch unseren zweiten Zug durchkalkulieren. Insgesamt gilt es also 13 x 16 x 12 x 15 + 11 x … kurz und gut, wenn Excel richtig gerechnet hat, 81 Milliarden Kombinationen durchzurechnen. Da ein älterer Herr aber spätestens nach der einhundertsten Berechnung die ersten Ergebnisse bereits schon wieder vergessen hat, ist die Würfelauswahl eine unendliche Sisyphos-Arbeit. Das ist die Crux des Spieles, warum es von uns nur begrenztes Lob ernten konnte.

Bei den Milliarden-Kombinationen muss ich ja auch noch berücksichtigen, ob und wie ich mich damit auf dem Pilgerweg engagiere und in welcher Reihenfolge ich die dort liegenden Vergünstigungen für das weitere Spiel einheimse. Ich kann auch noch optional “Expeditionen” ausstatten, um damit in der Schlusswertung weiteren Punktesegen für mich herauszuholen.

Alles wunderschön konstruiert, alles bestens ausbalanziert, alles verdient höchstes Lob. Aber es ist einfach zu viel. Wir wollen doch SPIELEN!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (der Würfel-Auswahl-Mechanismus ist schön, die Auswahl, das Setzen und der ganze Rest ist ätzend), Günther: 6 (zu viel des Guten; ein Expansion-Set ist schon in Vorbereitung, ich warte eher auf ein Reduction-Set!)), Moritz: 6 (Thema 0 –z.B. im Vergleich zu „Puerto Rico“), Walter: 6 (eigentlich nur 5 Punkte für das „arbeite & optimiere”, aber die Architektenleistung für die Gesamt-Konstruktion verdient zweifellos eine Anerkennung).

3. “AZUL”

Reine, kurzweilige Spiel- und Schaden-Freude. Es gibt sogar eine ganze Reihe ernsthafter „Strategien“!

WPG-Wertung: Keine Änderung für ein 8,3-Punkte Super-Spiel.

03.04.2019: Der zweite Versuch mit den Architekten

Nachdem der Musenkuss zum Schreiben des Spielberichtes so lange hat auf sich warten lassen, können wir hier auch gleich den nächsten Session-Report anhängen.

1. “Architects of the West Kingdom”
Walter hatte nach der ersten Kostprobe vor zwei Wochen angedeutet, dass es das Spiel zum besseren Kennenlernen noch genau einmal spielen würde, und weil Günther damals nicht, dafür aber heute dabei war, packte Aaron den Stier bei den Hörnern und schlug „Architects“ als Auftakt vor.

Wir haben wieder etwas gelernt und sind den (spärlichen) Geheimnissen dieses Spiels ein Stück näher gekommen. Die Gewinnstrategie muss wie folgt sein:

  • Lege dir in den ersten Schritten ausschließlich Gebäudekarten zu. Treffe dann eine Auswahl, welche 5 oder 6 Stück du jetzt in Angriff nehmen willst.
  • Versuche bei der Gebäudeauswahl ein Minimum an Gehilfen-Kunst zu beanspruchen und dabei die Vielfalt an erforderlichen Ressourcen zu minimieren. Von einer definierten Ressource kannst Du ruhig das fünffache benötigen, falls du dann von einer anderen Ressource (fast) gar nichts brauchst. Denn wenn du dich bei einer Ressource konzentriert engagierst – egal bei welcher -, dann fällt sie dir in rauhen Mengen in den Schoß; du musst nur aufpassen, dass dich die Menge nicht erschlägt.
  • Nach der Gebäudeauswahl geht es darum, jetzt die erforderlichen Ressourcen zu beschaffen. Und natürlich sollten dabei die positiven Effekte der bereits errichteten Gebäude berücksichtigt werden. Aber bei fünf oder sechs unabhängigen Einzelvorteilen sollte man auch als älterer Herr nicht den Überblick verlieren.

Bei diesem Vorgehen gehören die Effekte für das Rückholen eigenen oder fremden Personals eher nur zum Hintergrundrauschen. Sie haben zwar noch einen gewissen Einfluss auf die Qualität und Geschwindigkeit, mit denen man sein Ziel erreicht, sind ansonsten aber kein unüberwindliches Hindernis.

Einer Widerlegung dieser Schnell-Schuss-Analyse oder auch nur einem halbwegs argumentierten Widerspruch dazu wird mit Freunden entgegengesehen.

WPG-Wertung: Die bisherigen Noten waren 2 mal 7 und 1 mal 6 Punkte. Günther schloss sich der unteren Wertung an, mit der Tendenz zu 5, wenn die Siegpunkt-Strategie tatsächlich so trivial ist, wie wir sie hier skizziert haben.

2. “AZUL”

Aaron musste vorzeitig die Lokalität verlassen, und bevor sie noch vor Mitternacht ihre geliebten Ehepartner beglückten, legten Günther und Walter ein Duell in AZUL ein.

Spannend, variabel, eine gute Mischung aus besten Zügen für den eigenen Vorteil und guten Zügen für den Nachteil des Gegenüber. Alles überschaubar, alles berechenbar, und trotzdem spielerisch.

Das heutige Duell ging 1:1 aus.

WPG-Wertung: Keine Änderung für ein Super-Spiel.

13.03.2019: Architekten und Köche

1. “Architects of the West Kindom”

“Architects of the West Kindom” – Moritz sucht sich neue Gebäudekarten, Aaron inspiziert die seinen

Ein Workerplacement-Spiel. Auf den ersten Blick. Wir setzen unsere Arbeiter in Feld, Wald und Wiese ein und produzieren mit ihnen Holz, Stein oder Erz. Beim Silberschmied können sie sich sogar geprägte Münzen abholen.

Die erste Besonderheit dieses Workerplacement besteht darin, das wir – nacheinander, reihum – mehrere Arbeiter an die gleiche Produktionsstätte bringen können und ihr Ertrag progressiv wächst: der erste Arbeiter erbringt eine Einheit, der zweite zwei, der dritte drei usw. Da fließen ganz schnell viele Ressourcen in unsere Taschen.

Auf die drei Anlaufstellen im „Schwarzmarkt“ darf nur jeweils ein einziger Arbeiter gehen. Er bekommt für sein Geld auch gleich eine ganze Menge Waren, klebt dann aber dort fest und kann erst wieder via Gefängnis in der Arbeitskreislauf eingeführt werden.

Im „Warenhaus“ können wir Waren ineinener umtauschen. Aus den drei Grundstoffen können wir somit auch Marmor und Gold erwerben. Das Zeug brauchen wir alles, um Häuser zu bauen oder an der Kathedrale mitzuwirken. Zuvor müssen wir uns noch die richtigen Handwerkergesellen zulegen, die eine Voraussetzung für das Bauen sind (, ansonsten aber zu gar nichts nutze).

Alles ganz normales Workerplacement. Alles rund und schön.

Die zweite und entscheidende Besonderheit dieses Spiel ist das Rückholen unserer Arbeiter. Es ist ein eigener Zug, den wir zum einen selber ausführen können und damit den Pool unserer verfügbaren Arbeiter wieder füllen. Aber auch unsere Mitspieler können unsere Arbeiter zurückholen, nur kommen sie bei denen in eine Quarantäne und müssen von uns per Geld ausgelöst werden. Die Mitspieler können unsere „gefangenen“ Arbeiter aber auch an das Gefängnis verkaufen. Das bringt ihnen ebenfalls Geld ein. Wir holen unsere Leute auch wieder per Geld aus dem Gefängnis, müssen aber weniger hinblättern als wenn wir sie direkt aus der Quarantäne unsere Mitarbeiter auslösen würden.

Dieses Rückholprinzip könnte ein interessantes Element des Spiels sein. Bei den 20 Arbeitern, die jedem Spieler zur Verfügung stehen, kann man aber leicht verkraften, dass immer einige davon irgendwo blockiert sind. Man hätte mehr daraus machen können. Dann hätte sich der Workerplacment-Eindruck des ersten Augenscheines durchaus in Richtung eines bemerkenswerten andersartigen Spieletyps verschieben können. War aber nicht so.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (ich hab mir von dem Rückhol-Mechanismus mehr versprochen), Moritz: 6 (gut, aber nicht zu dritt, irgendetwas fehlt), Walter:7 (würde gerne noch einmal einiges ausprobieren; das war’s dann aber auch).

2. “Festo”

Schon letzte Woche zum ersten Mal gespielt. Diesmal in einer Dreierrunde, was natürlich auf Kosten des Witzes vom Ganzen geht: die Konkurrenz um die Mehrheiten.

Die vielen eingebauten Nebeneffekte zum Aufweichen dieser nackten Konkurrenz, z.B. die Ereigniskarten, die Charakterfähigkeiten und die magischen Effekte der fertiggestellten Gerichte ließen diesmal Walters Mehrheiten-Phobie etwas zurücktreten. Er hob seine Wertung von 5 auf 7 an.

WPG-Wertung: Der akzeptable Schnitt wurde von 6,2 auf 6,8 angehoben.

3. “Tiefseeabenteuer”

Minimales Spielmaterial, minimales Regelwerk, maximale Interaktion, maximale Spannung. Keine Schwäche!
Bei der Welle der Trend-Spiele, die jeweils über Markt und Spieler hereinbricht, läßt es immer wieder Bewunderung aufkommen, wenn in einem neuen Spiel eine wirklich zündende neue Idee umgesetzt ist.

WPG-Wertung: Der gute Schnitt von 8,0 bleibt.

06.03.2019: Kalter Krieg und heiße Kartoffeln

1. “Quartermaster General : The Cold War”

Der arme Moritz quält sich Woche für Woche geduldig und ohne Klagen durch unsere „Eisenbahn-Aktien-Spiele“, die ihm ein Gräuel sind, und durch die Welle von Workerplacement-Spielen, die schon sein Jahren die Spieleszenerie überflutet. Wenn er nach vielen Leidenswochen dann mal seines seiner „Passionsspiele“ vorsetzt, ziehen die drei Mitspieler demütig ihre Köpfe ein und signalisieren ihm eine schweigende Zustimmung, egal um welche Passion es sich handelt.

Cold War – Aufmarsch in Europa

Diesmal war „Quartermaster General : The Cold War“ dran, eine Überarbeitung des „Quartermaster General“, das mit einem Durchschnitt von 4 Punkten von Aaron, Günther und Walter vor zwei Jahren nicht gerade Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Damals war Moritz mit 8 Punkten unangefochtener Spitzenreiter.

Im „Cold War“ wird uns wieder eine geschichtliche Welt-Szenerie vorgesetzt, die es zu gestalten gilt. Asymmetrisch spielt ein Spieler den „Westen“, d.h. mehr oder weniger die USA, der zweite Spieler spielt die UdSSR, und der dritte Spieler die „Neutralen“, sprich Indien, China und Serbien. Jeder Spieler hat ein spezielles Kartendeck für Aktionen, mit denen er aufrüsten und Militärschläge gegen die anderen ausüben kann, um nach insgesamt 19 Runden mit 10 Wertungen seinen Besitzstand an Panzern, Versorgungsbasen und Sondereigenschaften in Siegpunkte umzumünzen.

Alles ist äußerst statisch. Die Armeen bewegen sich nicht, zumindest nicht zum Angriff und können für einen Angriff nicht konzentriert werden; sie werden höchstens auf freien Gebieten locker verteilt: 1 Panzer maximal pro Feld. Nur wenn neue Armeen geboren werden (via „Create Army“ Karte), dürfen sie Seite an Seite mit einem Feind zur Welt kommen. Wer dann zufällig noch eine „Battle-Karte“ in der Hand hat und diese Karte auch noch ausspielen darf – ein höchst seltenes Ereignis – hat einen Feind geschlagen, d.h. seine Einheiten um 1 reduziert. Der „Feind“ darf aber anstelle eines Panzers ein Flugzeug opfern, so dass sein Panzer benachbart zu unserem stehen bleibt, und seinerseits in seinem nächsten Battle-Zug unser Neugeborenes in die Ewigen Jagdgründe befördern. Timing ist alles.

Mit ihrem Kartendeck sind die Russen leicht bevorteilt. Sie haben von der Startaufstellung her schon die meisten Panzer auf dem Brett, mit denen sie in den Wertungen auch gleich die meisten Siegpunkte einheimsen. In ihrem Deck sind zugleich auch noch mehr weit mehr „Build Army“-Karten als im Westen und bei den Neutralen zusammen. So tun sie sich mit ihrer Ausbreitung (und weiterem Siegpunkte Abgrasen) leichter als alle anderen. Die USA sind ihnen an Landstreitkräften unterlegen. Vielleicht könnten sie mittels „Air Power“ und „Navy“ den Russen zu Leibe rücken, aber Günther, der die USA führte, hatte keine Lust, sich mit ihnen, d.h. mit Aaron, einzulassen, denn ein mathematisch ausgerichteter Spieler kennt die Weisheit: „Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte“. Er war damit zufrieden, naturgegeben Runde für Rund ein, zwei, drei Siegpunkte weniger zu kassieren als Aaron und sich auf dem zweiten Platz einzuzementieren. Das war immerhin noch besser, als Moritz mit seinen Neutralen, der Runden für Runde um drei, vier,fünf Punkte hinter Aaron zurückfiel. Und das, obwohl er unbestritten bei uns der beste Wargamer ist. Das Kartendeck der Neutralen gab einfach nicht mehr her.

Moritz empfand Günther Verhalten mehr oder weniger als Spielverderberei. „Ist das alles, was du gegen Aaron tust?“ war sein entsetzter Kommentar nach jedem friedlichen Zug von Günther. Wie konnten die USA es nur zulassen, dass die Russen sich unbehindert auf Kuba und in Panama niederließen (und Siegpunkte dafür kassierten). Es musste doch ihr leidenschaftlichstes Bestreben sein, die Russen, das „Reich des Bösen“ (Reagan) „hinter die tatarischen Steppen“ (Göbbels) zurückzutreiben. Es musste doch auch aus Günther ureigensten Gewinner-Ambitionen heraus in seiner höchsten Priorität liegen, den führenden Aaron klein zu kriegen. Mit Engelszungen beschwor Moritz die USA, doch ihre Gott-gegebene Rolle auszufüllen, aber Günther segelte seelenruhig auf seinem zweiten Platz durch das Spiel.

So konnte Moritz nur zähneknirschend zuschauen, wie Aaron linear zu seinem unangefochtenen Sieg davonschwamm, Günther linear seinem unangefochtenen zweiten Platz und er selber linear auf der Verliererstraße dahindümpelte.

Bemerkenswert: Wenn der führende Spieler mehr als 20 Punkte Vorsprung vor dem dritten und letzten Spieler hat, so muss der zweite Spieler dem dritten Spieler so viele Punkte abgeben, bis die Differenz zum Führenden nur noch den Maximalabstand von 20 Punkte beträgt. Warum? Damit der zweite Spieler genügend Motivation besitzt, sich gegen den Führenden zu wenden und sich nicht faul auf seinem zweiten Platz ausruht. Günther ruhte sich trotzdem weiterhin aus, auch als er in der vorletzten Wertung durch diese Regel ganz schön gerupft wurde.

Wo war eigentlich Walter?

Der Verlag behauptet, das Spiel sei ein 3 bis 6 Personen-Spiel. Aber das ist eine glatte Lüge! Drei Mitspieler können die genannten Gruppierungen führen, jeder weitere Mitspieler muss diesen Part mit einem der bisherigen Mitspieler teilen: gemeinsames Kartendeck (jeder kriegt die Hälfte davon), gemeinsame Aktionen (keine einzige mehr als in der 3-Personen-Konstellation) und ausschließlich gemeinsame Punkte. Das ist keine Kooperation, das ist eine Krankheit-im-Doppel.

Walter teilte sich mit Moritz die Rolle der Neutralen. Da aber Moritz die englischen Aktionskarten besser lesen und einordnen konnte, dazu auch einmütig zugestanden der bessere Wargamer war, spielte Walter in dem bescheidenen Handlungsspielraum, den das Spiel via Aktionskarten überhaupt bietet, gerne den Neger. Er ordnete sich allem unter, was Moritz vorschlug. Er hätte sich problemlos auch ausklinken und nur als Zuschauer am Kalten Krieg beteiligen können. Lust und Freude wären wohl in der gleichen Größenordnung geblieben.

WPG-Wertung: Aaron: 2 (erinnert mich an [stumpfsinnige] Ereigniskarten-Spiele der 60er Jahre. 1 Punkt weniger als das Vorbild „Quartermaster General“), Günther: 4 (ohne Kommentar, aber er fängt grundsätzlich keinen Streit an, wenn beide Streithähne unweigerlich verlieren), Moritz: 7 (das Spiel ist thematisch und besitzt einfache Wargamer-Mechanismen), Walter: 2 (hatte gehofft, als Junior-Partner eines geborenen Kriegers mal wieder zu gewinnen, es war aber nichts. Das Spiel ist für amerikanische Geschichtsfreunde, die mit Herzklopfen wahrnehmen müssen, wie die Russen in Kuba einmarschieren, und sich fest vornehmen, das im nächsten Spiel zu verhindern.).

In der Nacht kam Aaron die Vermutung, dass die Kooperation der Neutralen, so wie sie Moritz und Walter praktiziert hatten, nämlich eine weitgehende Abstimmung über die zu spielenden Aktionskarten, nicht den Regeln entsprechen konnten. Am nächsten Morgen nahm er er sich die Spielregeln noch einmal genauer vor und fand dazu u.a.:

“Strictly, you cannot disclose the contents of your hand … to other players, even teammates.”
und
“Teammates cannot use each other’s Status, WMD, or Espionage cards.”

Das hatten wir großzügiger gehandhabt. Allerdings meinte Walter dazu, der Spielraum innerhalb der Kartenhände sei so eng, dass durch unsere Regelabweichung Mit- und Gegenspieler nur unwesentlich geschädigt wurden.  Aber sicherlich war das „vielleicht nicht 100% regelkonform“ (Moritz’ Wording).

Aaron fand in der Spielregel aber noch eine andere Information, bei der sich ihm die Haare sträubten:
“The Non-Aligned Bloc … need to encourage conflict between the Soviets and the West, as normally the Non-Aligned Bloc will take a bit of steam to catch up to the other two Blocs.”

Sein Kommentar: „The Cold War ist also ein 3-Spielerspiel, bei dem ein Spieler in der Rolle der „armen Sau“ ist, die nur dann eine Chance hat, wenn die beiden anderen Spieler ihn in Ruhe lassen und er es schafft, sie gegeneinander aufzuhetzen. Für mein Empfinden ist das Spiel alleine schon aus diesem Grund „broken“. Der blödsinnige Kartenmechanismus und der schwachsinnige Punkteausgleichmechanismus zwischen Zweitplatziertem und Letztem verstärkt das alles nur noch.

Zugegebenermaßen, ein gut funktionierendes 3-Spielerspiel zu designen ist schwierig und ein asymmetrisches 3-Spielerspiel zu entwickeln schon eine kleine Kunst. Leider ist für mich dieser Versuch mit “The Cold War” klar misslungen.

Ich reduziere meine Wertung daher auf 1.“

Dem widersprach Moritz: „Ich hatte nicht das Gefühl, dass Walter und ich nicht gewinnen konnten. Ich würde beim nächsten Mal mit besserer Kenntnis der Karten tatsächlich anders spielen. Zum Beispiel sollten die Non-Aligned tatsächlich früh eher viele Armeen und Luftwaffen bauen und sehr defensiv spielen, dann haben sie durchaus eine Chance. Bei Spielen dieser Art ist die Kenntnis der Karten absolut entscheidend, und es geht einfach darum, die zur Verfügung stehenden Karten gut zu timen und vom Timing her gut einzusetzen. Das würden wir beim zweiten Spiel deutlich anders machen, und es würde ganz anders verlaufen. Gerade diese Vielfalt finde ich sehr reizvoll und auch nicht frustrierend. Also für mich weiterhin Daumen eher hoch, auch wenn es jetzt für mich auch nicht direkt ein „Klassiker“ ist :-)“

2. “Festo!”

Festo – Aaron backt große Brötchen

„Wir sind fleißig beim Kochen und Backen“, steht im Regelheft. Wo, das wage ich jetzt gar nicht hinzuschreiben. Es kann durchaus auch München und der Viktualienmarkt sein. Jeder Spieler besitzt 6 Pöppel, die er auf beliebige der insgesamt 6 verschiedenen Märke schickt, um dort die sechs verschiedenen Zutaten (verschiedenfarbige Holzwürfel) zu ergattern, die er für seine späteren Rezepturen braucht. Diese Setzphase besteht aus zwei Phasen, bei denen – ausgewürfelt – jeweils verschiedene Märkte offen bzw. geschlossen sind.

Es geht darum, auf den richtigen und ggf. auch auf möglichst vielen Märken die alleinige relative Mehrheit an Pöppeln zu haben. Der Mehrheitsbesucher darf sich nämlich auf Wunsch die gesamte ausliegende Warenauslage aneignen. Den restlichen Besuchern stehen dann pro Markt nur noch eine Ersatz-Aktion zur Verfügung: Verschieben von Würfeln, Versetzen von Pöppeln, Zuteilung von Joker-Zutaten und ähnliches.

Der Mehrheitsbesucher braucht aber auch nicht die gesamte Warenauslage an sich reißen, er kann sich pro Pöppel mit einer einzigen Zutat begnügen und mit dem letzten seiner Pöppel die – keineswegs vernachlässigbare – Ersatz-Aktion durchführen.

Danach wird gekocht und gebacken. Falls man die richtigen und ausreichend viele Zutaten hat. Große Brötchen bringen überproportional viel Ehre ein, kleine Brötchen entsprechend unterproportional wenig.

Wie spielt man also richtig?

Erstens sollte man immer Letzter sein, damit man mit seinen letzten Pöppeln die Mehrheitssituation auf den Märken dominiert. Zweitens sollten man alle seine Zutaten bis zum Schluss zurückhalten, und erst am Ende – oder zu einem anderen späten Zeitpunkt, der durch geeignete Ereigniskarten das Kochen und Backen ratsam erscheinen lässt – alle zu den teuersten, höchsthonorierten Brötchen verbacken.

Günther praktizierte diese Siegstrategie. Die erste Verhaltensmaßnahme fiel ihm in den Schoß, weil Walter die Startspielerrolle falsch verstanden hatte und sie sich regelmäßig unter den Nagen riss. Die zweite Verhaltensmaßnahme wuchs auf seinem eigenem Acker. Er wurde mit großem Abstand Sieger.

WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6 (1 Minuspunkt für die Ereigniskarten), Moritz: 7 (lustiges Workerplacment-Spiel; der Wiederspielwert ist wohl nicht so hoch), Walter: 5 (solche Mehrheits-Haschereien liegen nicht auf meiner Linie).

27.02.2019: Nutze die 9. Symphonie

1. “Symphonie No 9”

Jedem Musikschaffenden läuft ein Schauer über den Rücken, wenn er sich an seine eigene 9. Symphonie heranmacht. Seit Beethovens epochalem Werk steckt in diesem Namen etwas Heiliges, Erschaudernd-Ehrwürdiges. In jedem Fall sind die Anstrengungen von Frank Liu und Hung-Yang-Shen anzuerkennen, die diesen Namen jetzt auch mit einem Spiel gewürdigt haben.

„Symphony No 9“ und ihre Orte des Geschehens

Sechs Musiker deutsche Zunge werden unserem Mäzentatentum empfohlen. In der ersten Phase eignen wir uns „Spendenwürfel“ an. Sie liegen auf farbigen Laufbahnen, die jedem der Musiker zugeordnet sind: Händel ist rot, Haydn grün und Mozart blau. Zwei Spendenwürfel bekommen wir pro Runde gratis. Optional können wir uns zwei weitere zulegen, müssen dafür aber (teils erheblich) bezahlen.

Mit dem Entfernen von Würfeln von der Laufbahn eines Musiker, geht ein Schwanken seiner Popularität einher. Im Prinzip eine hübsche didaktische Information, lernen wir doch daraus, dass auch) die Popularität eines (klassischen) Musikers a) keine Konstante ist und b) keine lineare Ab- oder Zunahme erfährt, sondern eine wellenförmige Größe darstellt, und dass es eine Zufalls- oder auch Modeerscheinung ist, wie hoch ein Komponist aktuell geschätzt wird.

Hier hätte es unserem allseits nicht unbeleckten Musikverständnis allerdings besser gefallen, wenn die jeweiligen Popularitätskurven eine gewisse Korrelation mit der Realität gehabt hätten. Dann hätten – nicht nur – wir sichtbar vor Augen geführt bekommen, dass es z.B. um Bach unmittelbar nach seinem Tod nahezu still geworden ist, bis ihn Mendelssohn wieder aus der Versenkung geholt und ihn ideel (und real) auf das Podest gestellt hat, das ihm gebührt. (Wikipedia: „Insbesondere von Berufsmusikern wird er oft als der größte Komponist der Musikgeschichte angesehen.“) Oder z.B. dass Schubert zeitlebens und noch hundert Jahre länger als zweitklassig am Katzentisch der Popularität sitzen musste, bis er im 20 Jahrhundert mit einem Schlag in den Musiker-Olymp emporgehoben wurde. Mit den gegebenen Popularitätskurven in „Symphony No 9“ waren wir jedenfalls nicht einverstanden.

Sei es wie es sei: Nachdem wir alle unsere Spendenwürfel genommen und ggf. auch bezahlt haben, gibt es für jeden Musiker einen Mehrheits-Mäzen. Wer von ihm die meisten Spendenwürfel erworben hat, erhält als Gegengabe das Manuskript einer Komposition, was bei der Siegpunkt-Berechnung am Spielende einen gewaltigen Einfluss ausübt.

Claro, mit maximal vier Würfeln in der ersten Runde zu insgesamt sechs Musikern, bewegt sich unser Besitztum in der Größenordnung von 0 bis 2 Würfeln pro Musiker. Gleicher Besitzstand zu einem Musiker ist bei vielen Spielern die Regel. Hier wird der Tiebreak in Startspieler-Reihenfolge aufgelöst. Je nachdem, welche Position man hier in einer Runde einnimmt, muss man einen bis alle Mitspieler im Auge haben, um wenigstens bei einem der Musiker die Majorität zu haben und ein Manuskript zu ergattern. Die Startspieler-Position spielt eine große Rolle, und – mein Kritikpunkt – eine „gerechte“ Handhabung im Regelwerk ist bei 6 Durchgängen für 4 Mitspieler einfach nicht möglich.

Jetzt wird der aktuelle Popularitätsstand eines jeden Komponisten angeschaut. Der einzige populärste Komponist kommt in die Elite-Kategorie, die beiden am wenigsten populären Komponisten kommen in die Arme-Leute-Kategorie, und die drei übrigen Komponisten in das Mittelfeld.

Danach beginnt die zweite Phase des Spiels: Wir müssen ein königliches Konzert finanzieren. Blind (BLIND) spendiert jeder einen beliebigen Betrag in die öffentliche Aufführungskasse. Kommt hier nur wenig Geld zusammen, reicht es nur für die am wenigsten populären Musiker. Nur von ihnen werden Stücke in das königliche Konzert übernommen. Bei etwas mehr Geld in der Kasse, kommen die Komponisten aus dem Mittelfeld zu Zuge, und bei noch mehr Geld, wird ausschließlich der Elite-Komponist aufgeführt.

Die Spielregel empfiehlt, sich hierbei Zeit zu lassen und darüber zu diskutieren, welchen Betrag ein jeder zusteuern soll. Ansatzweise haben wir das auch versucht, aber am Westpark sind solche Diskussionen ziemlich verpönt. In „Symphony No 9“ nochmals ganz besonders, denn je nach eigenen Engagement in Spendenwürfeln und je nachdem, in welcher Aufführungs-Kategorie unsere geförderten Musiker gelandet sind, hat jeder Spieler unterschiedliche Ambitionen. Warum soll man für „die anderen“ die Kohlen aus dem Feuer holen? Ein Engagement hier ist mehr oder weniger Geldverschwendung.

Es gibt dabei allerdings einen kleinen Fallstrick: Wenn weniger Aufführungsgeld zusammenkommt, als für die Arme-Leute-Kategorie mindestens gefordert ist, fällt das Konzert ganz aus. Wer am geizigsten war, verliert einen Spendenwürfel. Etwas Ähnliches kann sogar passieren, wenn zuviel Geld gespendet wurde, mehr als für die Höchstgrenze des Elite-Komponisten angegeben ist. Dann „randalieren die Bauern gegen den hier gezeigten Luxus“ und das Konzert findet ebenfalls nicht statt. Jetzt werden diejenigen Spieler bestraft, die am meisten für die Aufführung hingelegt haben. Eine seltene Konstellation, aber wenn ein Spieler als einziger mit z.B. drei Würfeln den aktuellen Elite-Komponisten gefördert hat, dann kann er problemlos schon mal 15 Geldeinheiten für dessen Konzert hinblättern, um danach 27 Geldeinheiten ausgeschüttet zu bekommen. Und die Mitspieler können ihm diesen sicheren Gewinn vermasseln, indem sie alle zusammen ein paar wenige Geldeinheiten für die Aufführung dazulegen.

Damit sind wir auch schon bei der Refinanzierung der Mäzene: Nach dem Konzert fließt auch etwas Geld zurück in ihre Privatschatullen. Für jeden Spendenwürfel eines aufgeführten Komponisten bekommen wir “Gönner“ drei, vier oder gar neun Geldeinheiten zurückerstattet. Zusätzlich erhält derjenige, der am meisten in die Aufführungskasse spendiert hat, eine erkleckliche Provision in klingender Münze oder in Spendenwürfeln.

Am Ende des Spiels werden Siegpunkte ausgeschüttet. Für jeden Musiker gibt es ein eigenes Ausschüttungsmodell, aber Basis ist immer der Besitz an Manuskripten. Einmal wird jedes einzelne Manuskript honoriert, einmal die Mehrheit darin. Einmal wird für einen Musiker die Anzahl der erworbenen Manuskripte mit der Anzahl von verbliebenen Spendenwürfeln multipliziert, ein andermal wird mit der Anzahl von Manuskripten anderer Musiker multipliziert. Und was dergleichen mehr ist. Für den Sieg muss man sich diese sechs verschiedenen Berechnungsmodelle genau anschauen. Für Walter, der erst in den letzten fünf Jahren seine Liebe zu Schubertscher Kammermusik entdeckt hat, hatte Schubert in allen seinen Entscheidungen die höchste Priorität. Damit wurde er weit abgeschlagen Letzter. Ist Schubert denn schon wieder out? Günther gewann, und Aaron kommentierte treffend: „Dann ist Symponie No 9 also kein Glücksspiel“.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zuviel Chaos, die Behandlung der Beliebtheit ist ein hübsches Element), Günther: 4 (möchte es eigentlich nicht noch einmal spielen, das Bieten ist ein Chaos, ich habe nur zufällig gewonnen), Moritz: 5 (maximal 5; das Spiel ist nicht schlecht designed, das Bieten ist spannend aber zufällig, thematisch ist es ein Quatsch, abgesehen davon, dass Händel und Bach keine Symphonien geschrieben haben), Walter: 5 (dabei bereits ein Sympathiepunkt für Schubert eingerechnet; das blinde Bieten steht in krassem Widerspruch zu den strengen Anforderungen an die Planung von Würfel-Mehrheiten. Würde es nur noch ein einziges Mal spielen wollen, um dann für die Aufführungskasse keinen einzigen Pfennig mehr zu opfern).

2. “Carpe Diem”

Auf sieben Feldern liegen je vier Bauteile aus, Villen, Kulturlandschaften, Märkten, Unterkünfte, Backstuben, Brunnen und ähnlichem. Mit seinem einen Pöppel läuft jeder Spieler vorwärts oder rückwärts durch die topologische Struktur der Felder, nimmt sich jeweils ein Bauteil und baut es in sein privates Grundstück ein. (Die gegebene „topologische Struktur“ der Felder dient rein der Verschleierung, welche der Felder benachbart sind, bzw. welche Felder ich und welche meine Mitspieler in ihrem nächsten Zug erreichen können. Funktionell ist das identisch damit, dass jeder Pöppel zu genau dem rechten oder linken Nachbarfeld laufen kann.)

Viermal werden die Felder gefüllt und viermal dürfen wir sie komplett „abernten“, d.h. die gewünschten Bauteile in unsere Grundstücke einlegen. Darin entstehen dann Häuser und Betriebe, und werfen bei ihrer Fertigstellung Güter ab: Hühner, Fische, Trauben und Gemüse, Brot oder auch Geld. Viermal, nach jedem kompletten Abernten der Spielfelder, dürfen wir mit unseren erworbenen Gütern verschiedene Siegpunkt-Bedingungen finanzieren. Diese Bedingungen sind auf Kärtchen festgelegt, die in einer drei mal vier Matrix als Wertungstableau ausliegen, z.B. „3 Hühner ergeben 7 Siegpunkte“, oder „2 Brunnen ergeben 3 Siegpunkte“.

Die Crux dabei ist, dass man bei jeder Wertungsaktion gleich zwei nebeneinander liegende Bedingungen erfüllen muss, nach dem obigen Beispiel also 3 Hühner und zugleich 2 Brunnen erworben haben muss. Das ist besonders in den ersten Runden fast nicht zu schaffen. Dann muss man sich also eine erfüllbare und eine nicht-erfüllbare Wertung aussuchen, und für die nicht-erfüllbare Bedingung Strafpunkte bezahlen.

Welche „nicht-erfüllbaren“ Wertungen sind hierbei von Interesse? Natürlich diejenigen, die ein Mitspieler ggf. erfüllen könnte. Wir müssen also das gesamte Besitztum aller Mitspielers danach abscannen, welche Siegbedingungen sie damit erfüllen könnten und welche dieser erfüllbaren Bedingungen auch noch nebeneinander liegen. Davon reißen wir dann eine an uns, obwohl wir sie nicht erfüllen können und dafür Strafpunkte bezahlen müssen. Und dabei muss unser Scannen so gründlich sein, dass wir auf dem Wertungstableau keine Kombination übersehen, die der zu schädigende Mitspieler dann doch noch erfüllen kann. Ein hässliches Prinzip!

WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Siegpunkte-Bedingungen sind „interessant“. [AbN: Habe gerade vom Sternenkoch Lafer die Belehrung bekommen, die Aussage, das Essen habe „interessant“ geschmeckt, komme einer Backpfeife gleich.], nichts Neues, mal wieder ein Feldsche Siegpunkt-Salat), Günther: 7 (besitzt erhebliche Interaktion), Moritz: 7 (man ist ständig „engaged“), Walter: 6 (die privaten Landschaftsgärten und das Zusammentragen der Bauteile sind hübsche Spielelemente, die Konkurrenz auf dem Wertungstableau dagegen ist blödsinnig).

20.02.2019: Puzzles im Sturm

Moritz war auf Dienstreise und hatte für seine Ankunft am Westpark 45 Minuten Verspätung angekündigt. So blieb Zeit, Aarons schlechte Bewertung von „Teotihuacan“ mit Günther zu diskutieren. Die Kurzform der Begründung lautet: Aaron mag keine Solitär-Puzzle und hält „Teotihuacan“ für genau das. Wenn man zum Spielen zusammenkommt, sollte ein Spiel auch für soziale Interaktion sorgen und nicht jeder nur still an seinem nächsten Zug grübeln. Günther sieht interaktive Elemente in dem Spiel, die hält Aaron aber für wenig interessant und taktisch unbedeutend im Vergleich zur Analyse der Auswirkungen einzelner Aktionen in Hinblick auf den potenziellen Siegpunktgewinn und die richtige Planung des nächsten Zugs. Nichts ist wirklich komplex bei „Teotihuacan“ sondern ausschließlich Analysearbeit und macht Aaron in etwa so viel Spaß wie Sudoku-Lösen zu viert, jeder mit eigenem Sudoku wohlgemerkt.

 

  1. Ohanami

Moritz war noch nicht da und wir entschieden uns, noch einmal Ohanami zu spielen, das letzte Woche gefallen hatte und Günther noch nicht kannte.

Günthers Wertung: 5 (höchstenfalls; als Patience gibt es mehr).

 

  1. Magnastorm

Maximilian hatte uns vor einigen Jahren einen Prototyp des Spiels vorgestellt, damals noch mit anderem Thema. Geblieben ist der Mechanismus der wandernden blockierenden Sektoren, in denen nicht (mehr) auf dem Spielplan agiert werden kann. Jetzt sind dies Gebiete auf dem Planeten Magnastorm, auf dem die Spieler ihr Scout-Fahrzeug bewegen und Forschungslabore („Schildkröten“) errichten, die Ressourcen generieren.

 

Das Aktionstableau

Der eigentliche Motor des Spiels ist ein 2-teiliges Aktionstableau. Zu Beginn der 1. Runde stehen dort im oberen Teil pro Spalte 3 neutrale Aktionsmarker („Crew-Mitglieder“) sowie insgesamt je 1 Spieler-Aktionsmarker. Ist ein Spieler am Zug, hat er 2 Möglichkeiten:

  1. Er setzt einen neutralen oder seinen eigenen Aktionsmarker vom oberen auf ein beliebiges Feld des unteren Teils des Aktionstableaus und entscheidet, ob er sich die zugehörigen Ressourcen nimmt oder Ressourcen ausgibt und damit sein Scout-Fahrzeug bewegt und ggf. Labore und Transmitterstationen baut.
  2. Er nimmt alle Aktionsmarker einer Spalte, zahlt die dafür notwendigen Ressourcen und übernimmt die Kontrolle des dieser Spalte zugeordneten Commanders. Die Aktionsmarker verteilt er beliebig auf dem unteren Teil des Aktionstableaus.

Dieses Aktionstableau hat es in sich: Nehme ich einen Marker, um damit Ressourcen zu erhalten oder zu scouten, verbessere ich meine Ressourcensituation. Gleichzeitig verbillige ich aber auch die Übernahme eines Commanders für die anderen Spieler. Das Ablegen des Markers auf dem unteren Teil will ebenfalls gut überlegt sein, denn damit lege ich die Kosten für die Commander-Übernahmen der nächsten Runde fest. Hier lässt sich also mitbestimmen, wie gut meine eigenen Commander in der kommenden Runde vor einer Übernahme geschützt sind.

Der Planet und die Forschungsleisten

Einen weiteren Satz Commander gibt es beim Forschungstableau zu übernehmen. Hier übernimmt derjenige Spieler einen Commander, der auf der zugehörigen Forschungsleiste am weitesten oben steht. Und spätestens jetzt macht auch das Erforschen des Planeten Sinn. Denn obwohl die Ressourcenausbeute dort vergleichsweise gering ist und nur am Rundenende ausgezahlt wird, bringt jedes Labor bei seiner Errichtung einen Forschungspunkt auf einer der Leisten.

Die Commander-Übernahme ist essenziell für den Sieg. Zum einen liefern sie Sondereigenschaften, die bestimmte Aktionen z.B. verbilligen. Zum anderen bringt jede Übernahme unmittelbar 2 Siegpunkte („Ansehen“).

Richtig satte Siegpunkte gibt es für die Erfüllung von Aufträgen, die es in 2 Sorten gibt: Entweder für eine bestimmte Anzahl Forschungslabore in mehreren Sektoren oder für eine bestimmte Anzahl Forschungspunkte auf mehreren Leisten. Beide Sorten unter Umständen noch gepaart mit einer Mindestanzahl übernommener Commander. Allerdings müssen dann auch die Labore/Forschungspunkte abgegeben werden. Hier ist also gutes Timing gefragt.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler eine Spielerzahl abhängige Siegpunktzahl erreicht hat oder spätestens nach 4 Runden.

„Magnastorm“ spielt sich flüssig und ohne große Grübeleien. Der Mechanismus des zweiteiligen Aktionstableaus ist neu, funktioniert hervorragend und bringt insbesondere durch die Commander Interaktion ins Spiel. Maximilians Handschrift, die wir schon bei „Macht$piele“ geschätzt haben, ist nicht zu übersehen.

WPG-Wertung: Aaron 7 (die Aktionsauswahl gefällt mir sehr gut. Das Spiel ist nicht so komplex, wie es auf den ersten Eindruck aussieht), Moritz; 7 (gutes Design, der Commander-Mechanismus ist sehr gut gelungen. Punktabzug gibt es für die thematische Umsetzung), Günther: 7 (eines der tausend Spiel, die kein Thema haben), Walter 5 (ein Gewirr von Mini-Aktionen, in dem ich keine Linie entdecken konnte; die Mechanismen funktionieren, sind innovativ und zumindest „bemerkenswert“, ich habe aber keinen Peil, wie ich mein nächstes Spiel angehen wollte oder sollte).

 

  1. Carson Hill

Aaron wollte noch eine kleine Regeländerung seines Prototyps ausprobieren. Leider funktionierte die dann doch nicht so gut, da sie zu einer unerwünschten Verkürzung des Spiels um eine Runde führte. Aber die Lösung lag nahe.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

13.02.2019: Barbara in Teotihuacan

1. “Teohihuacan: Die Stadt der Götter”

Günthers Spiel lag noch von letzter Woche hier am Westpark auf der Couch, entweder als Info-Quelle für den Session-Report oder um uns dieses Spielemonster doch tatsächlich noch einmal antun. Bis auf den Hausherrn war die Belegschaft total disjunkt von der letzter Woche, was lag also näher, als die Gelegenheit gleich beim Schopfe zu packen und “Teotihuacan” nochmals auf den Tisch zu bringen, um die Anzahl der Wiederholungstäter möglichst klein zu halten.

Moritz war dafür und Aaron nicht dagegen. Er biss in den sauren Apfel, den er sich schon bereitgelegt hatte, als er einstens einer ersten Runde paralysierter Teotihuacanisten vom Nebentisch aus zuschauen musste. Wenig Spiel, viel Arbeit war damals sein Eindruck, von dem er auch heute keinen Deut abweichen wollte.

Diesmal verlief das Spiel glücklicherweise ganz anders als letzte Woche. (Das ist doch ein Zeichen für ein gutes Design!) Damals sind wir über die Spielfelder geschlendert und haben uns nur so en passant mit den notwendigen Rohstoffen eingedeckt. Entsprechend langsam kam der Pyramidenbau vorwärts. Diesmal ging alles sehr viel schneller vor sich. unverzüglich wurde mit dem Bau der Pyramide begonnen, und wir hatten auch blitzschnell – nach zweieinhalb Stunden – die zweite Eklipse noch nicht vollendet, da war sie auch schon fertig, das Spiel zu Ende und Aaron erlöst.

Moritz hatte sogleich die Zeichen der Zeit erkannt. Als Startspieler mit ausreichend Gold ausgestattet, ging er gleich in der ersten Runde die beiden höchst profitablen Technologien an: die Zusatzressource für das Arbeiten in Wald, Steinbruch oder Goldmine und das geschenkte Fortschreiten bei einem beliebigen Tempel ansehen für jeden Baustein in der Pyramide. (Sich letzteres so früh wie möglich zuzulegen, erscheint fast als eine Killerstrategie. Mögen uns Teotihuacan-Experten doch bitte eines Besseren belehren!)

Moritz eiste auch als einziger den vierten Pöppel-Würfel los (Aaron und Walter hofften, mit ihren nur drei Würfel schneller die begehrten Alterungen abschöpfen zu können) und ging konsequent die Rohstoffe mit drei eigenen Würfeln an. Massen von Ressourcen fielen ihm dabei in den Schoß; zugleich kam er durch den zusätzlichen vergebenen Alterungsprozess trotz seiner vier Würfel noch schneller in die ewigen Jagdgründe als seine Konkurrenten. Mit großem Vorsprung wurde er Sieger!

WPG-Wertung: Aaron: 4 (insgesamt extrem langweilig, kein Spannungsbogen, elende Fummelei und Fieselei; nur Schweiß, keine Steigerung; super Solitär-Spiel, was die anderen machen, ist schnurzegal), Moritz: 7 (bei jedem Zug gibt es – leider – sehr viele Abhängigkeiten, von denen man leicht einige übersehen kann; fast eine Rosenberger-Maschinerie; man hat aber tatsächlich auch taktische Möglichkeiten gegen die Mitspieler), Walter: 7 (bleibt; der Pöppel-Würfel-Zugmechanismus spielt sich wirklich sehr schön, auch wenn der Psalmist Recht hat mit seiner Erkenntnis:

und wenn es hoch kommt, so ist es doch nur Mühe und Arbeit gewesen

 

2. “Barbara”

Aaron brachte die Spiele-Erfindung eines Autoren-Freundes mit, die erst noch hoppelt. Ein Party-Spielchen für möglichst viele Teilnehmer. Es gibt Kärtchen und es gibt Würfel. Und es gewinnt das Team, das am schnellsten „Barbara Schöneberger“ sagen kann.

Na ja, nicht ganz, aber Aaron hat mir verboten, mehr davon zu verraten. Es ist ja überhaupt noch nicht entschieden, wer gewinnt und wie man gewinnt. Daran wird es dereinst liegen, ob die „Barbara“ erfolgreich sein wird oder nicht.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

3. “Ohanami”

Für Nicht-Japanologen unter uns Deutschen hat Doris Dörrie mit ihrem Film „Hanami“ einen bleibenden Eindruck von der Kirschblüte in Japan hinterlassen. „Ohanami“ scheint die englische Version dieser Kirschblüte zu sein. Das gleichnamige Spiel von Steffen Benndorf hat allerdings wenig mit Kirschen oder Blüten zu tun, auch wenn einige Graphiken das suggerieren möchten; es ist ein ausgewachsenes, abstraktes Kartenspiel.

Jeder Spieler bekommt drei mal acht Karten auf die Hand, auf denen die Zahlen von 1 bis hoch-genug aufgedruckt sind. Davon darf er jeweils zwei Karten behalten, die anderen muss er nach bekannter Drafting-Weise an seine Mitspieler weitergeben. Die beiden behaltenen Karten darf / muss er vor sich auslegen, und zwar an ein bis drei Stapeln. Die Karten dürfen oben oder unten an einen der vorhanden Stapel angelegt werden oder es wird mit ihnen ein neuer Stapel angefangen. Die Zahlen auf den Karten müssen mit vorhandenen Zahlenkarten eines Stapels eine streng aufsteigende Zahlenreihe bilden. Karten, die nicht an den Anfang oder an das Ende der Stapel eines Spielers passen, müssen wirkungslos abgeworfen werden.

Dieses Zwei-Karten-Auswählen-und-Ablegen wird jetzt mit den Karten fortsetzt, die man von seinen Mitspielern bekommen hat, so dass jeder Spieler am Ende eine Menge Karten in den maximal drei Spalten vor sich liegen hat.

Diese Stapelkarten werden gewertet: Jede blaue Karte liefert – von der ersten Runde an – drei Siegpunkte, jede graue (oder grüne ?) Karten liefert sieben Punkte, aber erst ab der zweiten Runde, und in der Schlusswertung liefern alle roten Karten zusammen Siegpunkte gemäß ihrer Gesamtzahl nach der bekannten arithmetischen Reihe: 1, 3, 6, 10 …

WPG-Wertung: Aaron: 6 (ein leichtes Gefühl von „6 nimmt!“), Moritz: 5 (keine Spannung, kein Reinreißen der Gegner, es fehlt ein Schaubild über die Verteilung der Farben, so wie beim „Flaschenteufel“, würde es maximal noch 1 mal spielen wollen), Walter: 6 (mag Kartenspiele mit Gesamt-Abhängigkeiten, würde es gerne noch einmal spielen, um es besser zu spielen).

30.01.2019: Teotihuacan – Die Stadt der Götter

1. “Teotihuacan”

Ein Workerplacement-Spiel der neueren Art. Vieles ist anders, alles ist gut.

„Teotihuacan“ – es muss ein guter Zug gewesen sein!

Wir laufen mit unseren drei Pöppeln (Würfeln) um das Spielfeld herum, besorgen uns Ressourcen, erhöhen unsere Effizienz, verschaffen uns Privilegien, bauen an der gemeinsamen schönen Stufenpyramide und steigen in der Gunst der Tempelgötter.

Das Besondere, Schöne und Spielerische daran ist der Zugmechanismus. Wir können einen beliebigen unserer Würfel-Pöppel um beliebig 1, 2 oder 3 Felder vorwärts ziehen und dann die Zielfeld-spezifische Aktion ausführen. Eigentlich sind zwei, wenn nicht gar drei Aktionen möglich:

  • die Basis-Aktion ist “Kakao ernten”, auf Kapitalisten-Deutsch: Geld einnehmen. Dies ist auf allen acht Feldern möglich.
  • die sakrale Aktion ist “beten”: d.h. unsere Potenz in einem der drei Tempel erhöhen und dazu noch einen variablen Profit einstreichen
  • die Haupt-Aktion besteht aus Ressourcen-Nehmen, Pyramide-Bauen und den üblichen Workerplacement-Effekten.

Soweit ist alles noch ziemlich normal. Das Ganze wird erst spannend durch eigene und fremde Pöppel, die bereits auf dem Zielfeld stehen. Je mehr verschiedene Mitspieler dort sind, desto höher ist der Kakao-Ertrag. Stehen wir alleine auf einem Feld, gibt es nur eine einzige Einheit. Das wäre dann ein Zug, denn man nur im größten Notfall tun würde. Stehen aber z.B. bereits drei verschiedenfarbige Pöppel dort, dann bekommen wir für unseren vierten Pöppel, der auf dieses Feld zieht, gleich 4 Kakao-Einheiten. Damit können wir schon ein paar unserer weiteren Aktionen finanzieren.

Wollen wir die Hauptaktion ausführen, müssen wir Kakao bezahlen, und zwar abhängig von der Anzahl der verschiedenfarbigen Pöppel, die bereits dort stehen. Falls wir unbedingt eine bestimmte Ressource brauchten, auf dem betreffenden Feld aber einige Mitspieler stehen und stehen und stehen, kann es ganz schön in den Kakao gehen, bis wir hier zum Zuge kommen.

Die Anzahl von Ressourcen (Holz, Stein oder Gold), die wir auf einem Ressourcenfeld bekommen, ist von zwei Faktoren abhängig:

  • Von der Anzahl unserer eigenen Pöppel-Würfel, die wir auf dem Feld haben.
  • Von der Augenzahl, die unsere Pöppel-Würfel dort haben.

Je mehr Pöppel und je höher die Augenzahl, desto größer die Ausbeute.

Und damit kommen wir zu einem anderen wichtigen Mechanismus in “Teotihuacan”: Mit jeden Zug, den ein Pöppel-Würfel tut, wird seine Augenzahl um 1 erhöht. Mit niedrigen Pöppen auf Ressourcen ausgehen, ist ein ziemliches Pyrrhus-Geschäft. Niedrige Einheiten sind eher zum Beten zu gebrauchen.

Hat ein Würfel die Augenzahl 6 erreicht, so geht er mit großem Pomp in die ewigen Jagdgründe ein und hinterlässt seinen Nachkommen ein erkleckliches Erbe an Siegpunkten, Geld, Tempel-Potenz und ähnlichem. Zugleich ist die Anzahl gestorbener Pöppel ein Faktor, mit dem später in der Eklipsenwertung die ausgeschütteten Siegpunkte multipliziert werden.

Ich will hier jetzt nicht die weiteren Effekte von Tempelbau, Verzierungen und Eklipsen alle aufzählen. Das Regelheft umfasst 24 ausreichend instruktive, intensiv bebilderte Seiten, in denen alles dargestellt wird. Nur zum Spielgefühl: Einerseits spielt jeder für sich, lässt seine Würfel „altern“ und sterben, besorgt Kakao und Rohstoffe und plant, an welchen Felder er kleckern und wo er klotzen will. Andererseits sind Kosten- und Nutzen aller Züge durchaus abhängig von den Positionen der Mitspieler, was zwar manchmal reines Mitspielerchaos sein kann, aber durchaus auch vernünfig kalkulierbar und beherrschbar ist.

Natürlich darf man in „Teotihuacan“ denken, sollte es auch, doch die einzelnen Züge sind leicht, übersichtlich, erfordern wenig Regel-Merkleistung und halten keine unvorhersehbaren Überraschungen bereit. Wenn Aaron es einmal nur vom Nebentisch aus sehen konnte und den Eindruck bekam, „es sah nach viel (Solitär-) Arbeit und Grübelei aus“, so mag das zwar in der Tendenz stimmen, doch auch bei jedem Zug jedes Mitspielers kann man mitdenken und an seiner eigenen Zugplanung feilen, so dass diese fremde Denkzeit nicht als verloren angesehen werden muss.

WPG-Wertung: Günther: 8 (schön, rund, zügig, hohe Variabilität), Horst: 7 (tolles Spiel, gute Autorenleistung, für mehr Punkte müsste man mit den Würfeln aber auch würfeln dürfen …), Walter: 7 (gelungenes, dynamisches Workerplacement-Spiel, für mehr Punkte hätte man ein paar der absolut unnötigen Querwirkungen weglassen müssen, u.a. auch die Richtungsorientiertheit der „Verzierungen“).

Außer Konkurrenz:

Am Wochenende war meine Schwägerin aus Ungarn da. Schon im Vorfeld hatte sie sich ein „Programm“ gewünscht. Gleich am ersten Tag legte ich ihr ein „AZUL“ vor. Wir spielten es – zuerst viermal in einer dreier Runde, dann noch achtmal nur zu zweit – mit wachsender Begeisterung. Sie brauchte kein weiteres Programm, keine Oper und kein Sternerestaurant. Drei Tage lang gierte sie schon gleich nach dem Abendessen auf die nächste AZUL-Session. Zu zweit. Zehnmal pro Abend. Anschließend durfte sie mein Exemplar auch mit nach Ungarn mitnehmen. Ich wünsche ihr dort die gleichen begeisterten Mitspieler.

23.01.2019: Mystisches Graben im reichen Hafen

Lange Diskussion vor, während und nach des Spielabends, was eigentlich „Strategie“ im Vergleich zu Taktik ist. Was dazu im Internet angeboten wird, ist teilweise widersprüchlich und fand keine einhellige Zustimmung. Günther rutschte beim Wort „Strategie“ immer sofort auf das „Gewinn-Strategie“-Gleis, was innerhalb der Spiel-Theorie wenig Freiheiten offenlässt. Die anderen sahen in ihrer Strategie eher eine “Vorliebe”, einen freien Ausprobier-Luxus, den man sich hin und wieder halt auch mal gönnen kann.

Ist Schach jetzt ein Strategiespiel oder „nur“ ein Taktik-Spiel. Man wählt zwar willkürlich eine Eröffnung, geht also in Richtung des Ausprobier-Luxuses, hinterher ist aber alles Taktik: auf jeden Zug des Gegners wird mit dem Bilderbuch Gegenzug reagiert. Freiheitsgrad für kreative neue Wege sind in der Größenordnung von Null.

1. “Mystic Vale”

Aaron bei der „Ernte“ in „Mysic Vale“

Eine neue Variante von Deckbuilding: Die Herausforderung besteht nicht mehr darin, durch Nehmen und Ablegen von Karten unser Kartendeck in die gewünschte Richtung zu optimieren, sondern durch Hinzunehmen von Teileigenschaften unser vorgegebenes Deck von 20 Karten so aufzupäppeln, das wir uns damit optimale „Einkaufsbedingungen“ für die nächsten Teileigenschaften sowie für ausgesprochene Siegpunkt-Karten schaffen.

Eine hübsche Fertigungsidee steckt in den Teileigenschaften: Sie sind als durchsichtige Folien mit aufgedruckten Eigenschaften realisiert. Dies Folien werden in die Schutzhüllen der Standard-Karten des Decks eingesteckt, so dass man jederzeit immer alle Eigenschaften einer Karte auf einen Blick erkennen kann, und diese Karten mit allen ihren Funktionserweiterungen immer noch als gut hantierbare Einheit vorliegen.

Wir spielen unser Deck konsequent von Anfang bis Ende durch. Wenn alle Karten verbraucht sind, mischen wir sie und spiele sie erneut von Anfang bis Ende.

Für einen Zug können wir beliebig viele Karten unseres Decks aufdecken und alle darin enthaltenen Einkaufsoptionen ausnutzen: Manna (= Geld) sowie verschiedene Symbole für entsprechende Forderungen auf den einzukaufenden Zuwachskarten. Natürlich muss in diesem Aufdecken ein Can’t Stop-Effekt eingebaut sein: Manche Karten besitzen ein „Feuersymbol“, und maximal 3 Feuersymbole dürfen in den zu nutzenden Karten enthalten sein. Hat man bereits 3 Feuersymbole aufgedeckt, dann muss man entweder sicherheitshalber aufhören, oder man zieht mit Risiko beliebig viele Karten einzeln nach. Taucht dabei ein viertes Feuersymbol auf, hat man verkackt, der Zug ist vorbei und man bekommt als Entschädigung lediglich eine Einheit Manna.

So zieht man fröhlich durch sein Kartendeck, geht ein kalkuliertes Risiko ein oder nicht, kauft mit den sichtbar gewordenen Einkaufmöglichkeiten das, was von der offenen Auslage auf dem Tisch möglich oder individuell erstrebenswert ist, überlegt kurz, welche der eigenen Karten man damit aufpäppeln will, und schon ist der nächste Spieler an der Reihe.

Viele der erworbenen Erweiterungskarten besitzen Nebeneffekte, die einen Einfluss auf Siegpunkte und Potenz der nächsten Züge haben. Doch ist es kaum möglich, hier eine sichere „Strategie“ (oder ist es nur eine „Schiene“) zu fahren, zu unsicher ist das zukünftige Angebot, und hat man sich erst mal ein paar hoffnungsvolle Eigenschaften zugelegt, ist das Spiel auch schon zu Ende. Gott-sei-Dank.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (blitzschnell erklärt [das war ohne Zweifel auch eine Leistung von Helmut, der genau wusste, wieviel Detail-Information bis zu welchem Zeitpunkt jeweils nötig war!], ), Günther: 6 (als Dominion-Fachmann und Liebhaber würde er es gerne noch ein paarmal spielen, um die inneren Abhängigkeiten der Karten kennenzulernen und so besser in den Griff zu kriegen, aktuell hat er noch keinen Durchblick über eine zielführende Strategie), Helmut: 7 (flott, wenig down time, ein neuer Blick auf den Deckbuilding-Mechanismus), Walter: 6 (spielt sich leicht, aber von der Hand in den Mund, erheblicher Zufallseinfluss, und ein „to have a plan“ steht noch hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen).

2. “Carson Hill (= Diggers)”

Aaron hat seit letzter Woche wieder an ein paar Schräubchen seiner Erfindung gedreht. Als Merker für die Geschichte dieses Spiels:

  • Es gibt jetzt 6 anstelle von bisher nur 5 Schächten.
  • Jeder hat nur 6 Handkarten anstelle von 7 in der letzten Woche; allerdings darf er nach dem Passen seine Restkarten behalten, bekommt 6 neue dazu und darf sich dann aus dieser Gesamtzahl seine 6 Favoriten heraussuchen.

Meiner Meinung nach, die sicherlich nicht weit weg von der Gesamtmeinung am Westpark liegt, ist das Spiel, so wie es jetzt ist, perfekt.

Helmut hatte allerdings eine Regel missverstanden und fühlte sich mit seiner Kartenhand vom Schicksal nicht gut bedacht. „Spiel ist auch eine charakterbildende Maßnahme: man lernt, Frust auszuhalten“. Das gilt wohl generell und sollte keineswegs vom Charakter von „Carson Hill“ abgeleitet sein.

WPG-Wertung: keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

3. “Puerto Rico: Das Kartenspiel”

Die offizielle Überarbeitung eines hochgelobten, hochverdienten Kartenspiels.

Bereits 7 Reports und Strategie-Analysen gibt es dazu bzw. für die namensgleichen Vorgänger auf unserer Internetseite. Wir haben im Durchschnitt 9 Punkte vergeben, Aaron ist sogar mit einer 10 dabei. In unserer ewigen Besten-Liste liegt das Spiel an elfter Stelle. Kann mir einer klären, warum das Spiel bei uns noch nie „Spiel des Monats“ war?

Keine neue WPG-Wertung, aber die bisherige hohe Punktzahl dürfte auch für diese überarbeitete Version keine Einbußen bekommen haben.

"Was lag auf den Tisch?"