Westpark Gamers zu Besuch bei LUDO FACT

GebäudeWer gelegentlich neben Spielen aus renommierten Verlagen auch einmal obskurere Brettspiele spielt, weiß, dass es enorme Qualitätsunterschiede geben kann: Während bei Spielen aus großen deutschen Verlagen das Brett absolut flach liegt, sich problemlos reinigen lässt und nicht aufwellt, auch wenn man ein Glas Wein darüber kippt, und die Stanzung der Pöppel so erfolgt, dass der Druck wirklich zentriert ist, kann man z. B. bei vielen amerikanischen Spielen ganz andere Erfahrungen machen.

Woher kommen eigentlich all diese technisch perfekt produzierten Spiele?

Mehr als die Hälfte all dieser makellosen German Games stammt vom selben Hersteller, nämlich LUDO FACT, der selbst wohlweislich keine eigenen Spiele verlegt, sondern lediglich für all die großen Namen unter den Spielverlagen EingangQualitätsprodukte herstellt. Insgesamt 14 Spiele des Jahres wurden bei LUDO FACT produziert, darunter Siedler von Catan und Carcassonne (oder auch die SdJ der letzten beiden Jahre, Hanabi und Camel Up). Über 170 Verlage lassen bei LUDO FACT produzieren, darunter auch viele im Ausland.

Als wir Westpark Gamers die Produktion am 23. April 2015 besuchen durften, sahen wir zum Beispiel die Live-Produktion eines holländischen Siedlers von Catan, eines spanischen Carcassonne und des Spiels „Samti baSal“ des israelischen Verlages Shafir Games.

Bei der Brettspielproduktion spielen hochspezialisierte Maschinen und Handarbeit eine gleichermaßen wichtige Rolle. Viele der Spezialmaschinen kommen von einem italienischen Maschinenbauer, dessen Kompetenzvorsprung bei der Herstellung von Kartonnagemaschinen daraus resultiert, dass die italienische Schuhindustrie schon vor Jahrzehnten Maschinen erforderte, um elegante Schuhschachteln herzustellen. Selbst die Maschinen zum Puzzle-Bröseln (also zum Auseinandernehmen der Teile) lassen sich vorgefertigt kaufen (allerdings hat LUDO FACT die eigene Maschine mit einem hocheffizienten Geheimverfahren zur Entfernung des Puzzle-Staubs verbessert, über das wir hier nicht berichten können). Nur wenige Maschinen sind Spezialanfertigungen, so etwa die Anlage, die das Gewebeband auf Spielbrettern anbringt. Dank dieses Bands kann man später den Karton vollständig durchschneiden, mit der Folge, dass das Brett 100%ig flach liegt.Verpacken

Handarbeit ist allerdings noch wichtiger. Bereits zu Beginn des Besuchs sagte man uns, dass wir auch in der Produktion überall fotografieren dürfen, denn der wahre Vorsprung von LUDO FACT vor Konkurrenten liegt in der Kompetenz der Mitarbeiter. Ein paar Beispiele: Die Stanzen für die Pöppel müssen für jedes Spiel einzeln von Hand aufgebaut werden. Bei der Puzzle-Produktion muss die Vorlage für die Stanzmaschine in den stundenlanger Arbeit vorbereitet werden, damit einerseits der Karton ganz durchgeschnitten wird, andererseits die Messer nicht durch zu weites Schneiden beschädigt werden. Die MaschStanzunginenführer müssen bei allen Arbeitsschritten genau aufpassen, dass das Endprodukt wie gewünscht aussieht und sich nicht etwa das noch aufgequollene Papier verschiebt oder ähnliches. Das Bestücken der fertigen Spiele („Konfektionieren“) muss zwangsläufig in Handarbeit erfolgen, da es sehr, sehr viele unterschiedliche Schachtelgrößen mit ebenso unterschiedlichen Inhalten gibt. Manche Arbeiten sind sogar ausgelagert an Heimarbeiterinnen, etwa das Vorfalten der Schachteleinlage oder das Zusammenbauen von komplexeren Elementen (etwa Würfeltürmen).

Alles, was Karton oder Schachtel ist, ist Kernkompetenz von LUDO FACT und wird selbst hergestellt. Vor nicht allzu langer Zeit hat LUDO FACT eine Druckerei zugekauft und stellt seitdem Spielkarten und viele Druckelemente selbst her (allerdings wird in diesem Bereich auch weiterhin viel zugeliefert). Andere Dinge, wie HoCarcassonnelzfiguren, Metallschachtel usw. usf. kauft man zu, von Unternehmen in Deutschland, dem europäischen Ausland und natürlich China. Für spezielle Anforderungen muss LUDO FACT erst Lieferanten auftreiben. Ein schönes Beispiel sind die „sandsteinartigen“ Pöppel von Babel, für die man erst herausfinden musste, ob es das überhaupt gibt, wer das macht, und ob das zu einem vertretbaren Preis machen lässt.

Wir haben viel Neues gelernt, zum Beispiel, dass Spiele in Abständen in geringen Mengen produziert werden: Also jetzt ein paar Tausend, dann wieder ein paar Tausend, dann noch ein paar Tausend. Der Mehraufwand ist den Verlagen offenbar lieber als die ansonsten notwendige Lagerhaltung. À propos Lagerhaltung: Direkt anschließend an LUDO FACT ist LUDO PACKT, die Logistiktochter, mit monströsem Lager und eigener Auslieferung. Dadurch können die Händler sehr schnell beliefert werden.

Auf Nachfrage erfuhren wir auch das Geheimnis, wie man ein echtes LUDO-FACT-Spiel erkennt. Denn da man sich als Dienstleister der Verlage versteht, hält sich der Produzent weitgehend im Hintergrund. Bei neueren Spielen ist das aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe recht einfach: Beim Barcode außen auf dem Spiel gibt es quer eine Zeile, die bei LUDO-FACT-Produkten mit LF beginnt. Bei älteren Spielen muss man sich die Innenseite [!] des Schachtelbodens genau anschauen. Im „Umschlag“ (also dem Teil des bedruckten Papiers, das in den Karton hinein umgeschlagen ist) steht bei LUDO-FACT-Spielen eine Kennzeichnung, typischerweise zwei Buchstaben mit einer Zahl dahinter.

LUDO FACT ist ein schönes Beispiel für einen deutschen Mittelständler: Der breiten Öffentlichkeit unbekannt, auch wenn jeder Produkte kennt, die dort hergestellt wurden, und viele sie im Schrank haben (etwa „Siedler von Catan“). Kompromisslose Qualität, und Export in aller Herren Länder.

22.04.2015: Der Charme von Marco Polo

Charme ist besonders aufmerksame Ignoranz.
Charme ist die Erotik des Geistes.
Charme ersetzt auf Dauer keine Leistung.
Charme ist angewandte Lebenserfahrung – ohne Erfolg.
Charme reicht bis zur ersten Enttäuschung.
Charme fesselt das Auge, aber Verdienst erobert die Seele.
Charme ist oft nur ein anderer Name für geistige Biegsamkeit.
Charme ist die Gabe, den anderen vergessen zu lassen, daß er aussieht wie er aussieht.
Charme ist die Eigenschaft bei anderen, die uns zufriedener mit uns selbst macht.

Das Leben hat nur einen wirklichen Charme: Das Spiel. (Baudelaire)

1. ” Auf den Spuren von Marco Polo “

Auf den Spuren von Marco Polo
Auf den Spuren von Marco Polo

Obwohl Moritz letzte Woche gute 7 Punkte für dieses Spiel vergeben hat, leistete er heute erheblichen Widerstand gegen eine Wiederauflage. So viel zum Wiederspielreiz von hoch bewerteten Spielen! (Oder schwelgen wir in einem Spiele-Schlaraffenland, wo es nicht immer Kaviar sein muss… ?)

Marco-Polo-Neuling Walter gab den Ausschlag für die Auswahl des ersten heutigen Spiels; die Alternative „Die Staufer“ war zwar verlockend, aber bereits bekannt. Um den „Experten“ noch einen kleinen Motivations-Schub zu geben, durften sie vor den Spiel geheim schätzen, welche Note am Ende Walter wohl für „Marco Polo“ vergeben würde.

Aaron hat das Spiel und unsere Eindrücke in seinem Session-Report von letzter Woche schon ausreichend beschrieben. Würfel sind der Motor des Spiels. Fünf Runden lang darf jeder Spieler je einmal mit fünf Würfeln würfeln und aus dem Ergebnis das Beste machen, d.h. die Würfel an den verschiedenen Arbeitsplätzen einsetzen: Einzelne Würfel, Würfel-Kombinationen und nachträglich erworbene Würfel erlauben den Gewinn von Rohstoffen, das Herumreisen zwischen Venedig und Peking, und den Erwerb von Aufträgen, die über das Abliefern von Rohstoffen Siegpunkte einbringen.

Was den Vor- oder Nachteil hoher Augenwürfe betrifft, möchte ich einer Aussage unseres notorisch schlechten Würflers Aaron doch gelinde widersprechen: Hohe Augenzahlen sind nicht durchwegs gute Werte; z.B. erzielt lediglich der erste Anleger bei den Ressourcen dafür kostenlos mehr Einkommen; der zweite Interessent muss schon eine seiner Augenzahl entsprechende Geldsumme blechen, um sich hier beteiligen zu dürfen; je höher die Augenzahl, desto größer die Beteiligungskosten. Das gilt gleichermaßen auch für alle anderen Arbeitsplätze. Bei den Bewegungspunkten reichen meist Augenzahlen zwischen 1 und 2 für die gewünschte und bezahlbare Mobilität, weil man für mehr Schritte auch erheblich mehr Geld bezahlen muss, was die Geldbörse schnell überfordert, da spielt eine höhere Augenzahl auch keine Rolle mehr.

Siegpunkte lauern überall; von der Menge der konstruktiven Optionen könnte man sich schier überfordert fühlen. Doch für Spiele-Freaks steckt gerade dahinter die entscheidende Herausforderung des Spiel: jeder wählt zu Spielbeginn ein individuelle Rolle mit charakteristischen Qualitäten und füllt sie – auf einem konstanten, überschaubaren Schauplatz – so aus, dass er optimal davon profitiert, jedenfalls mehr als seine Mitspieler. Es ist schon erstaunlich, wie viele total verschiedene Fähigkeiten hier sehr gut ausbalanciert angeboten werden.

Günther wurde studienhalber die Rolle des „Wilhelm von Rubruk“ aufgedrückt, in der er möglichst weit reisen und möglichst viele Handelsposten errichten sollte. Ihm stellte sich Moritz als „Johannes Caprini“ gegenüber, der mit seiner Sonderfähigkeit einer springenden Fortbewegung ebenfalls viel unterwegs sein wollte. Zu diesen beiden Reisenden gesellte sich Walter als Polo-Gebrüder und peilte die hohe Prämien für die doppelt erfüllten Reiseaufgaben an. Alle konkurrierten um das beschränkte bzw. um das immer teurer werdende Reisepotential, was ihre Siegeschancen erheblich beeinträchtigte. So konnte sich Peter als „Raschid ad-Din Sinan“, der seine Würfel jeweils auf beliebige Augenzahlen drehen durfte, als unbewegter Erfüller viele Aufträge schnell an die Spitze des Feldes setzen und einem unangefochtenen Sieg entgegengehen.

WPG-Wertung: Günther: 8 (bleibt), Moritz: 6 (ein Punkt weniger als letzte Woche, „blödes Maximierspiel, das Spiel hat keine Magie, es fehlt der Charme“), Peter: 7 (es ist ein gutes Spiel, aber eines der schwächeren HiG-Spiele), Walter: 7 (ausgewogenes Spieldesign gekonnt umgesetzt, längerfristige Herausforderung für Freaks, auch wenn gewisse autistische Züge nicht zu übersehen sind).

Peter hat Walters Wertungsnote “7” exakt geschätzt, Günther lag mit der Einschätzung „6“ knapp, Moritz mit „5“ schon deutlich daneben.

2. “AbluXXen”

In den letzten 12 Monaten schon 8 mal am Westpark gespielt, hat das schnelle, pfiffige Kartenspiel noch nichts von seinem Charme verloren. Jeder bastelt an seinem Glück, freut sich über sein Können, dass ihm den Sieg beschert, und lacht mit dem Zufall, der ihm und den anderen den Sieg verwehrt.

Dass in einer Vierer-Runde ein Spieler einen Durchgang gewinnt, ist absolut sicher. Dass der gleiche Spieler auch noch den zweiten Durchgang gewinnt, dafür ist die Wahrscheinlichkeit statistisch gesehen nur noch 25%. Dass er auch noch das dritte Spiel gewinnt, kommt nur in 6,25 % aller Fälle vor. Moritz brachte heute dieses Kunststück fertig – eine Mischung aus Können und Zufall, wobei jeder Mitspieler den Anteil der Grundstoffe hier unterschiedlich einschätzen wird.

Keine neue WPG-Wertung für ein glattes 8 Punkte-Spiel.

3. “Bluff”

Peter ging mit zwei Würfeln in das Endspiel gegen Moritz mit einem Würfel und legte stramm „einmal die Fünf“ vor. Moritz hatte nur eine Drei unter dem Becher, kniff den Schwanz ein und zweifelte an. Das war natürlich sein Ende.

Peter hatte nicht nur eine Fünf, sondern sogar eine Fünf und einen Stern unter dem Becher. Ein schnell geblufftes „zwei mal die Fünf“ von Moritz hätte ihn nicht nur aus der Bahn werfen können, sondern es hier tatsächlich auch getan.

In der Post-Mortem-Analyse kamen Günther und Walter beide zu dem Schluss, dass Moritz’ Anzweifeln „schlecht“ war, dass Peters Vorgabe aber noch schlechter gewesen war. Mit der trivialen Vorgabe „zweimal die Fünf“ hätte er schon mit (ungefähr) zwei Drittel Wahrscheinlichkeit den Sieg auf seiner Seite gehabt. So hat er mit der erheblich risikobehafteten Ein-Drittel-Wahrscheinlichkeit spekuliert, dass Moritz eine Fünf oder einen Stern unter dem Becher hat.

Tip1 (erste Näherung): Stehst Du mit einem Würfel in Endkampf gegen einen Gegner mit zwei Würfeln, der mit „einmal die Fünf“ anfängt, so hebe grundsätzlich auf „zweimal die Fünf“.
Tip2 (zweite Näherung) für die gegebene Situation: Hebe nicht grundsätzlich auf „zweimal die Fünf“, sondern ziehe einen Zufallsgenerator für die Entscheidung heran, ob Du hebst auf

  • zweimal die Fünf
  • zweimal die Zahl, die Du selber unter dem Becher hast
  • dreimal die Fünf, wenn Du eine Fünf unter dem Becher hast
  • einmal den Stern, egal, was Du unter dem Becher hast
  • … und es gibt noch mehr, keineswegs ganz aussichtslose Hebungen

Man sieht mal wieder, dass das so einfach aussehende “Bluff” doch eine verblüffend hohe Anzahl von sinnvollen Entscheidungsfreiheiten hat. Als es 1993 zum “Spiel des Jahres” gekürt wurde, waren wir über diese Auszeichnung bass erstaunt. Heute überhaupt nicht mehr.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

15.04.2015: Frustrationstoleranz

Seit ein paar Tagen diskutieren wir darüber, warum unsere Spielewertungen in den letzten Jahren immer schlechter geworden sind. Liegt es an den Spielen, liegt es an uns oder liegt es an etwas ganz anderem?

wpgwertungenjgDie Grafik zeigt die Tendenz der Wertungs-Mittelwerte aller Westpark Gamer der Spielejahrgänge 2003 bis 2014. Bemerkenswert ist der Peak der Wertungen im Jahr 2007, und dass danach die Wertungen, mit einem Ausreißer im Jahr 2010, stetig schlechter geworden sind.

Während es beim Jahrgang 2007 kein einziges Spiel mit einer Durchschnittswertung schlechter als 4 gab, waren es im darauf folgenden Jahr bereits vier (Senji, Rice Wars, Krakow 1325AD, Monopoly Deal) und im Jahr 2009 gab es die ersten Spiele mit Wertungen im 2er-Bereich (Die Insel der steinernen Wächter, Sector 41, 7 ate 9, Chairman of the Board). Auf der positiven Seite gab es 2007 noch vier Spiele mit einem Mittelwert 8 oder größer (1848, Steam over Holland, Wikinger, Brass), zwei Jahre später beim Jahrgang 2009 nur noch eins (Small World).

Wie schaut es nun beim Jahrgang 2014 aus? Dort gibt es immerhin drei Spiele mit Durchschnittwertungen im 8er-Bereich (Sankt Petersburg 2. Ausgabe, Istanbul, AbluXXen), dafür aber zehn(!) Spiele mit Durchschnittswerten im 4er-Bereich oder schlechter. Ähnliches gilt für die beiden Jahre davor.

Die Anzahl der von uns gut bis sehr gut bewerteten Spiele eines Jahrgangs hat sich also über die Jahre nicht stark verändert. Umgekehrt ist aber die Anzahl der von uns als schlecht bis sehr schlecht bewerteten Spiele gestiegen. Die Auswahl von Spielen, die uns gut gefallen, passt also weiterhin. Eine sinkende Tendenz durch eine generell kritischere Bewertung ist nicht zu erkennen. Aber die Anzahl der Gurken in unserem Einkaufskorb hat zugenommen und hier fehlt uns noch eine Erklärung.

Mögliche Gründe könnten sein:

  • Die größere Anzahl an Spielen in den aktuellen Jahrgängen bringt auch mehr schlechte Spiele hervor und damit die höhere Wahrscheinlichkeit, eine Gurke zu erwischen.
  • Die gegenüber vor 10 Jahren vielen Berichte und Rezensionen im Netz, die bei manchen Spielen einen Hype verursachen können, uns zum Kauf veranlassen, dann aber bei uns durchfallen.
  • Die Bereitschaft, einem Spiel, das uns nicht gefällt, auch einmal richtig schlechte Wertungen zu geben ist gestiegen, seitdem wir keine Rezensionsexemplare mehr anfordern.
  • Eine Übersättigung ist bei uns eingetreten. Das erste Worker Placement Spiel (Caylus) war noch toll, das hundertste ist vielleicht genauso gut, landet aber durch die Gewöhnung nur noch im Mittelfeld.
  • Unsere Wertungsskala hat sich verschoben: mittelmäßige Spiele bekommen jetzt auch mittelmäßige Wertungen (also 4, 5 und 6).
  • Es gibt einfach mehr schlechte Spiele als vor 10 Jahren.
  • Wir bewerten ganz andere Dinge gut oder schlecht als noch vor Jahren.

Vermutlich treffen viele, wenn nicht gar alle Gründe und noch weitere zu. Eines ist aber sicher: wir sind, was unseren Spielegeschmack angeht, keine homogene Gruppe, denn zu oft klaffen die Bewertungen für ein und dasselbe Spiel weit auseinander (s.u.). Das sollte man berücksichtigen, wenn man unsere Wertungen liest und bedenken, dass alleine deshalb ein Mittelwert aller Wertungen problematisch ist. Und genau deshalb veröffentlichen wir auch die Einzelwertungen mit einer Kurzbegründung.

1. Auf den Spuren von Marco Polo

Das Auffälligste geschieht gleich beim Spielaufbau: jeder Spieler bekommt eine Personenkarte mit einer Sondereigenschaft zugeteilt (in der Basisversion), die er im Spiels dauerhaft nutzen kann. Das klingt jetzt nicht besonders aufregend, schaut man sich allerdings die Sondereigenschaften an, staunt man doch über die relativ krassen Unterschiede und Effekte und fragt sich, wie ausbalanciert das wirklich ist. Günther, der das Spiel bereits zweimal gespielt hat, erklärte, dass diese Asymmetrie gewollt ist und man mit jeder Personenkarte das Spiel gewinnen könne. Nun denn…

Das Spiel geht über sechs Runden in denen wir auf 10 Feldern unsere 5 Arbeiter einsetzen, um 4 verschiedene Ressourcen sowie Geld, Aufträge, Siegpunkte oder Bewegungspunkte für unsere Reise zu erhalten. Weitere Arbeiter können wir für die laufende Runde erwerben, wenn wir die passende Ressource (Kamele) dafür abgeben. Weitere 8 Arbeiter-Einsetzfelder können wir für uns im Laufe des Spiels durch unsere Reise freischalten, wenn wir die zugehörigen Städte erreicht haben. Welche Städte wir ansteuern sollten, ergibt sich aus den bei Spielbeginn ausgelegten Stadteigenschaften sowie zwei jedem Spieler zugeteilte Karten mit einem Reiseauftrag, der bei (Teil-) Erfüllung zusätzliche Siegpunkte bringt.

Damit sich AdSvMP von den 1000 anderen Worker Placement Spielen unterscheidet, sind unsere Worker nicht einfache Pöppel sondern normale 6-seitige Würfel. Und man ahnt es schon: zu Beginn einer Runde würfeln alle Spiele mit ihren Arbeiterwürfeln. Dabei gilt: hohe Werte sind gute Werte, denn mit hohen Werten erhält man mehr Ressourcen, mehr Bewegungspunkte und hat eine größere Auswahl an Aufträgen. Kleine Würfelwürfe sind schlecht, zumindest meistens. In weiser Voraussicht hat Hans im Glück einen kleinen Ausgleich für besonders schlechte Würfe eingebaut: wer mit seinen fünf Würfeln weniger als 15 Punkte erwürfelt, darf sich die Differenz in Geld oder Kamelen aus dem Vorrat nehmen. Aha, kleine Würfe sind also wirklich schlecht.

Da wundern wir uns schon, wenn die Personenkarte des Startspielers der ersten Runde die Sondereigenschaft besitzt: „Du brauchst nicht würfeln sondern drehst, wenn du Würfel einsetzen willst, diese auf den gewünschten Wert.“ Ist das jetzt nicht superstark? Wir werden sehen.

Zu den anderen Sondereigenschaft. Der 2. Spieler bekommt zu Beginn jeder Runde einen weiteren Arbeiterwürfel und einen kostenlosen Auftrag. Der 3. muss nie Geld bezahlen, wenn er ein bereits besetztes Aktionsfeld ebenfalls besetzen möchte und der 4. Spieler bekommt jedes Mal, wenn ein anderer Spieler auf einem der 4 Marktfelder Ressourcen erwirbt, eine Ressource dieses Typs kostenlos. Bemerkenswert asymmetrisch.

Die sechs Runden laufen nach dem gleichen Schema mehr oder weniger interaktionslos dafür mit umso mehr Grübelei ab. Es gilt aus seinem Würfelwurf das Optimum herauszuholen, da jeder eingesetzte Würfel extrem wichtig ist. Völlig frustfrei geht es dabei nicht zu, denn oft passt der Würfelwurf nicht zu dem, was man eigentlich machen wollte und man ist gezwungen, den nächstbesten Zug zu wählen. Also nochmal von vorne überlegen. Und sich darüber ärgern, dass ein Spieler völlig unabhängig vom Würfelglück alles legen kann, was er mag. Das muss man mögen.

Überhaupt, es gibt viele Fehlermöglichkeiten bei AdSvMP und man braucht sicherlich ein paar Spiele, um die schlimmsten zu vermeiden und die richtig sprudelnden Siegpunktquellen anzuzapfen (Peter machte mit nur zwei Würfeln  40 seiner 60 Siegpunkten bei Spielende!).

WPG-Wertungen: Aaron: 4 (funktioniert, aber langweilig), Günther: 8 (man kann optimieren und der Würfelmechanismus ist gut), Moritz: 7 (man kann dem Spiel nichts vorwerfen, ich muss es aber nicht öfter spielen), Peter: 7 (funktioniert gut, zündet aber nicht; nicht elegant).

2. Kraftwagen

Peter fühlt sich wegen einiger problematischer Phalanx-Spiele immer noch Blennemann-geschädigt und war nicht erbaut, als er hörte, dass das neue Spiel von Matthias Cramer von besagtem Redakteur realisiert wurde. Aaron, der das Spiel als Prototyp bereits gespielt hatte, konnte dann aber doch genug Überzeugungskraft aufbringen, um „Kraftwagen“ an diesem Abend eine Chance zu geben.

Wir sind Autobauer. In unserer Fertigung stellen wir aus Karosserie und Motor bestehende Kraftwagen her, die wir zu von uns festgelegten Preisen auf den Markt bringen. Parallel beteiligen wir uns an Grand Prix Rennen und versuchen, dort mit den besten Motoren möglichst jedes Rennen für uns zu entscheiden.

Die Forschung ist der Dreh- und Angelpunkt in der Autokonstruktion. Wer hier am besten investiert, kann Autos mit den besten Karosserien oder den besten Motoren auf den Markt werfen. Aber es gibt auch Käufer, die am Prestige einer Marke interessiert sind oder solche, die nur das günstigste Auto kaufen. Welche Käufer überhaupt an Autos in einer Runde interessiert sind, entscheiden die Spieler ebenfalls über ihre Aktionen.

Und damit sind wir beim zentralen Motor des Spiels: dem schon aus „Glen More“ bekannten Aktionsrondell mit variabler Zugweite. Jedem Spieler stehen grundsätzlich alle Aktionen zur Verfügung. Das Dilemma ist, dass nicht unbedingt die besten Aktionen die in unmittelbarer Nähe sind. Wer aber auf dem Rondell weit nach vorne zu seiner Lieblingsaktion zieht, muss eventuell lange warten bis er wieder an der Reihe ist. Wer diesen Mechanismus schon bei „Glen More“ mochte, der wird ihn auch hier gut und stimmig finden. Andere mögen sich über die Ungerechtigkeit und Unbestimmtheit dieser Art der Aktionsauswahl ärgern („Hier wird man ja gespielt.“).

Neben den Aktionen für die Forschung an Karosserie und Motor gibt es noch die für die Käuferauswahl, die Grand Prix Bewegung sowie den Erwerb von Motoren, Karosserien und Arbeitern. Eine Spielrunde (von dreien) endet, sobald entweder 6 Autos zum Verkauf stehen oder nachdem siebenmal die Käuferauswahl-Aktion gewählt wurde.

Das Timing innerhalb einer Runde kann ziemlich trickreich sein. Einerseits versucht man einen Kraftwagen in seiner Werkstatt herzustellen, der in einer der vier von den Käufern gewünschten Kategorien besser ist als die der Mitspieler, andererseits muss man dafür sorgen, dass mindestens ein Käufer dieses Typs auch wirklich im Spiel ist. Und da jeder Käufer bei gleichwertigen Fahrzeugen immer den billigsten kauft, lohnt es sich, so lange wie möglich zu warten, bis man seine Fahrzeuge auf den Markt bringt, um die Preissituation besser abschätzen zu können. Ganz dumm gelaufen ist es dann, wenn man das beste Auto auf den Markt geworfen hat, aber man es nicht mehr schafft, den passenden Käufer dazu zu rekrutieren.

„Kraftwagen“ schafft es, mit wenigen Spielmechanismen dauernd viele kleine Dilemmata zu erzeugen, die für stetige Spannung im Spiel sorgt. Und anders als das erste Spiel des Abends bringt es dazu noch das Thema des Spiels gut rüber.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings. Braucht das Spiel wirklich die zusätzlichen Sonder-Siegpunktplättchen und die Ingenieure? Erstere bringen kaum zusätzliche taktische Optionen und Letztere erhöhen den nicht unbeträchtlichen Glücksfaktor der Forschungskartenauswahl zusätzlich. Dem 75-Minutenspiel hätte ein wenig weniger Glück bei den Forschungskarten ebenso gut getan wie eine Verkürzung der Erklärzeit bei fehlenden Ingenieuren.

WPG-Wertungen: Aaron: 8 (locker, mit wenigen Elementen viel Spielspaß und Spannung), Günther: 5 (wenn man es locker spielt, ist es okay;  die Forschungskarten bringen zu viel Zufall ins Spiel), Moritz: 8 (spannend und unterhaltend), Peter: 4 (man wird gespielt, zu viele Regeln).

“The Staufer Dynasty” is our Game of the Month

Die Staufer“The Staufer Dynasty” is, after “Hansa Teutonica”, the second game by Andreas Steding, which is awarded our Game of the Month title. This time, he has come up with a roundel as a new mechanism, where our workers move and try to win majorities. Workers and movement points are scarce and thus it is important to keep a close eye on the other players. Hence interaction is guaranteed. The amazingly simple but remarkable mechanism for determining the order of play as well as the secret end game goals add the extra something to the game. Although some might have preferred a little less of that something.

“Die Staufer” ist unser Spiel des Monats

Die Staufer„Die Staufer“ ist nach „Hansa Teutonica“ das zweite Spiel von Andreas Steding, das zu unserem Spiel des Monats gekürt wird. Als neuen Mechanismus hat er sich diesmal ein Rondell einfallen lassen, in dem unsere Arbeiter wandern und versuchen, Mehrheiten zu gewinnen. Arbeiter und Bewegungen sind knapp und so gilt es, die Mitspieler genau im Auge zu behalten. Für Interaktion ist also reichlich gesorgt. Der verblüffend einfache aber bemerkenswerte Mechanismus zur Bestimmung der Spielerreihenfolge und die geheimen Aufträgen, die bei Spielende Zusatzpunkte bringen, sind das Salz in der rundum gelungenen Suppe, auch wenn der ein oder andere lieber etwas weniger Salz bevorzugt hätte.

08.04.2015: Götter, Gäfer und Ganoven

Sind Spieleautoren fröhliche Menschen? Man sollte es wohl annehmen. Wenn „homo ludens“ einen Typus beschreibt, „der im zweckfreien Spiel über Zufälle und Möglichkeiten Sinn findet“, dann sollte ein Spielautor diesen Typus doch noch im Quadrat repräsentieren. Bei unserem Aaron ist das gewiß der Fall, ebenso bei den renommierten Spielautoren, mit denen wir Westparker kommunizieren. (Viele Grüße an Bernd und Rüdiger) Das ist aber nicht durchgehend so. Es gibt sogar Spieleautoren, die unter dem Burnout-Syndrom leiden! Keine strapazierten Manager oder frustrierte Lehrerinnen, die sich ins Spiel geflüchtet haben, sondern hauptamtliche Spieleautoren, die vom Spiele-Erfinden leben! Das soll ein homo ludens mal verstehen!

Liegt das Problem vielleicht darin, vom Erfinden leben zu müssen? Von den kärglichen 20 Cent pro verkauftem Spiel mit einer Auflage von 5000 Stück, bei einer Entwicklungsdauer von ein bis zwei Jahren? Da werden sie wohl nicht mehr lange burnen müssen (oder können). Kein Kommentar!

1. “Deus”

Günther führt in „Deus“ ein
Günther führt in „Deus“ ein

Herzstück des Ganzen sind „Gebäudekarten“. Fünf Stück davon bekommt jeder Spieler als Startausstattung in die Hand. Reihum wählt jeder eine davon aus, baut sie Karte für Karte in sein wachsendes Gebäude-Ensemble ein, und darf anschließend ihren Effekt nutzen:

  • Siegpunkte für Gebäudebesitz
  • Siegpunkte für Grundstückbesitz (das kriegen wir später)
  • Rohstoffe oder Geld aus Grundstücken
  • Siegpunkte aus Rohstoffen
  • Ermäßigte Preise für Rohstoffe
  • Geld aus dem Portemonnaie der Mitspieler
  • Siegpunkte aus benachbarten Zigeunerdörfen
  • Erlaubnis zum Bewegen der eigenen Truppen
  • und ähnliches

Für jede Gebäudekarte muss man Baukosten in Form von Geld und/oder Rohstoffen bezahlen, und man muß einen zugehörigen „Bewohner“ besitzen. Der Bewohner wird dann auf eine in der Mitte des Spieltisches ausliegende Fläche von Grundstücken (jetzt haben wir’s!) gesetzt. Welches Grundstück wir besetzen, hat zunächst keine besondere Bedeutung. Im Zusammenhang mit später gespielten Gebäudekarten bestimmt der Boden, welche Rohstoffen daraus erwachsen, und die Nachbarschaft zu Mitspielern oder Zigeunern bestimmt, welche Siegpunkte wir klauen dürfen oder geklaut bekommen.

Das wichtiges Designmerkmal von „Deus“ ist, dass die Gebäude-Effekte kumulativ wirken. Gebäudekarten gibt es in insgesamt fünf verschiedenen Farben (plus lila für die Tempel), und wenn ich z.B. ein rotes Gebäude baue, darf ich zusätzlich die Effekte aller roten Gebäude nutzen, die ich bereits ausliegen habe. Die verschiedenen Farben haben ebenfalls Querwirkungen auf anderen Farben, und die Herausforderung des Spieles besteht darin, sich aus dem Gebäuden eine optimale Produktionsmaschine zu bauen, aus der Geld, Rohstoffe und schließlich Siegpunkte gerade nur so heraussprudeln. Günther (wer sonst?) schaffte es, in einem einzigen Zug zwölf Siegpunkte zu machen, ein Viertel aller seiner Siegpunkte und die Hälfte von Peters.

Natürlich hat ihm dabei die „richtige“ Gebäudekarte geholfen, und das „richtig“ hierbei ist doch recht zufällig. Erstens ist die Kartenausstattung zu Beginn zufällig und zweitens sind die zukünftig nachzuziehenden Karten a) unbekannt und b) ebenfalls absolut zufällig. Wir haben es lediglich in der Hand, einen schnelleren Kartenumschlag zu bewerkstelligen, indem wir in unserem Zug nicht eine einzelnen Gebäudekarte spielen, sondern alle auf einmal „den Göttern opfern“. Dafür dürfen wir uns gewisse Belohnungen in Form von Geld, Rohstoffen oder Siegpunkten aneignen, vor allem aber bis zu fünf neue Karten vom verdeckten Stapel nachziehen.

Damit können wir erneut unser Glück versuchen. Jeder für sich. Als autistische Tüftler. Bis auf die marginalen nachbarschaftlichen Einflüsse auf dem Geländeareal, bastelt oder wurstelt jeder an seiner eigenen Maschine. Ein 1 ½ Stunden Spiel, das sich anfühlt, wie ein 2 ½ Stunden Spiel. Günther tröstete: „Da habt ihr doch alle eine Stunde Lebenszeit gewonnen!“

WPG-Wertung: Aaron: 4 (mag diese Art von Produktionsmaschinen-Aufbau-Spielen nicht, möchte es im ganzen Leben nicht noch einmal spielen. Interaktion gleich Null, downtime zu groß), Günther: 6 (interessantes Aufbauspiel), Peter: 5 (Maschinenentdeckungsspiel, ein paar Punkte wenigstens für das Design), Walter: 5 (zu autistisch, es gibt aber wahrlich schlechtere Spiele.)

Leider ist die Farbgebung des Spieles so unglücklich (es gibt noch nicht einmal die Spielfarbe Rot) und so inkonsistent (z.B. ist der Rohstoffe Holz in Grün abgebildet und in Braun realisiert), dass man dafür noch einen Punkt Abzug anbringen könnte. (Oder war der jetzt schon implizit dabei?)

2. “Kakerlaken Poker Royal”

Alle 56 Karten des Spiels werden an die Mitspieler verteilt. Darauf sind sieben verschiedenen Tierarten abgebildet: Fliegen, Skorpione, Wanzen, Kakerlaken, Frösche, Ratten und Fledermäuse. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit hätte man dafür auch ganz abstrakt sieben verschiedene Farbtöne verwenden können. Oder Zahlen.
Ein Spieler wählt eine beliebige Karte aus seiner Hand, legt sie verdeckt vor einen beliebigen Mitspieler hin und sagt: „Das ist eine Fliege.“ Oder ein Skorpion, oder, oder … Der ausgewählte Mitspieler hat drei Reaktionsmöglichkeiten:

  1. Er sagt: “Ich glaube das nicht”, und deckt die Karte auf. Ist es dann eine Fliege (oder ein Skorpion, oder, oder), dann muss er diese Karte als Strafkarte vor sich auslegen.
  2. Er sagt: “Ich glaube das”, und deckt die Karte auf. Ist es dann eine Fliege (oder ein Skorpion, oder, oder), dann muss der Geber diese Karte als Strafkarte vor sich auslegen.
  3. Er sagt: “Ist mir egal”, schaut die Karte an und legt sie mit der gleichen oder eine anderen Aussage “Das ist eine Fliege (Skorpion, oder, oder)” vor einen anderen Mitspieler.

Wer eine Strafkarte kassiert hat, ist als nächster am Zug. Er wählt eine beliebige Karte aus seiner Hand, legt sie verdeckt vor einen beliebigen Mitspieler… Das geht so lange, bis ein Spieler vier Strafkarten der gleichen Tierart vor sich liegen hat. Er hat dann verloren, alle anderen haben gewonnen. (Der Verlierer unterliegt keiner weiteren Strafe. Dieses humane Prinzip erinnerte Peter an Mau-Mau, „das schlimmste Spiel, das ich je kannte“. Damals bekam der Verlierer für jede Karte, die noch in seiner Hand war, einen Stockhieb auf die Finger, oder er musste ein Tasse Salzwasser austrinken …)

Die ersten Strafkarten werden leicht und locker einkassiert. Unversehens hat man zwei oder gar drei Karten der gleichen Tierart vor sich liegen. Dann gerät man damit unter Dauerbeschuss. Ununterbrochen bieten einem die Mitspieler Karten an, und man ist ständig gefordert, zwischen glauben und nicht-glauben zu unterscheiden. Das „Ist-mir-egal“ schafft nur eine scheinbare Entlastung, denn beim Weitergeben muss man sich ja ebenfalls irgendeine Tierart aus den Fingern saugen, und die Mitspieler haben aus dem Kontext heraus schon schon ein feines Gespür dafür, was die ursprüngliche Karte wohl war. Damit landet die Karte unweigerlich beim Geber, das heißt in diesem Fall bei dem ursprünglich Beschossenen!

Eine Runde mit Staunen über die Mechanismen und mit Sich-Wundern und darüber Lachen, was die Mitspieler daraus machen, war im Nu verflogen. Was ist da jetzt abgelaufen? Welche Möglichkeiten, das Schicksal zu beeinflussen, hat jeder Spieler in der Hand? Wie kann man das Ende mit dem Dauerbeschuss überstehen? Funktioniert das Spiel? Lauter Fragen, auf die noch keiner eine schlüssige Antwort hatte. Peter schlug eine sofortige Wiederholung vor. Gesagt, getan. Jetzt hatte er blitzschnell, fast in Sekundenschnelle – fast ganz alleine – Günther abgeschossen. Eine königliche Kakerlake war das Ende. Günther musste sie als Ungläubiger zu seinen bereits ausliegenden zwei Straf-Kakerlaken dazulegen, und dazu noch eine vom Stapel.

Warum „königlich“, warum „Royal“? Weil einige der Tierchen eine Krone aufhaben. Und wer ein solches Tierchen als Strafkarte bekommt, muss von einem offenen Stapel eine weitere Strafkarte dazulegen. Könige sind schon eine rechte Strafe. Peter hat’s begriffen!

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Dödelspiel, lustig, aber …), Günther: 5 ([WS: er vermisst offensichtlich den Aufbau!]), Peter: 5 (das Spiel ist unfair, und das Denken ist überbewertet, er würde es u.U. aber noch einmal spielen), Walter: 5.

3. “Downtown”

(Nicht das von Bernhard Weber oder das von Faidutti, oder wie sie alle heißen mögen, sondern das Allerneueste von Florian Racky, erschienen im Eigenverlag.)

Wir sind Bosse von Gangsterbanden und müssen, um zu siegen, als Erste 100.000 Eier erbeutet und gewaschen haben. Was müssen wir dafür tun? Es gibt insgesamt sechs Lokalitäten, wo wir entsprechend dem Lokalkalorit agieren dürfen:

  • in “Downtown” neue Bandenmitglieder anheuern
  • an der “West Side” Informationen über Einbruchsmöglichkeiten anzapfen
  • in der “East Side” die Beute bei Hehlern abliefen und dafür gewaschenes Geld kassieren
  • im “Ghetto” oder in der “Bank” Nutznießer von der Aktionen der Mitspieler sein oder in “Massivos Villa” alle Gangsteraktionen mit mehr Sicherheit planen und durchführen

Jeder Spieler hat zwei Pöppel, die er zu Spielbeginn beliebig auf den angebotenen Lokalitäten untergebringt, wo er, sofern er am Zug ist, dann die entsprechende Aktion ausführen darf. Die Pöppel darf man beliebig innerhalb der Lokalitäten bewegen. Ist eine Lokalität unbesetzt, so kostet das nichts, steht dort schon ein Mitspieler, muß man ihm eine variable Summe Geldes überreichen.

In welcher Reihenfolge ziehen die Spieler? Das ist die Crux des Spiels. Wer zuletzt im Gefängnis war, fängt an. (Bei uns war das Peter; als Jurastudent hatte er vor einigen Jahren Stadelheim besichtigt.) Jeder Spieler bietet eine Summe, um als nächster Spieler ziehen zu dürfen. Der Spieler am Zug wählt willkürlich – oder nach dem besten Gebot – aus, wer nach ihm daran kommt. Probleme:

  1. Wer aus persönlichem Pech irgendwie nicht mehr genügend Stoff hat, um mitbieten zu können, wird NIE MEHR als Nachfolgespieler gewählt. An ihm geht das Spiel total vorbei.
  2. Wenn sich zwei Spieler absprechen und nur noch sich gegenseitig alternierend als Nachfolger einsetzen, kommt kein weiterer Mitspieler mehr dran. An ihnen allen geht das Spiel total vorbei.

Soll man in einem Gangsterspiel zwangsweise Mitleid oder Gerechtigkeitssinn zeigen müssen, damit das Spiel funktioniert, und jeder ab und zu einmal einen gnädig zugestandenen Zug tun darf? Das kann doch nicht wahr sein! Auch wenn der jeweils Führende simpel und sinnig ignoriert werden kann, bis alle anderen aufgeholt haben, bewirkt das eine langweilige, spieltechnisch unbefriedigende Gleichförmigkeit! Sobald wir dies erkannt hatten, und bevor wir alle in (Un-)Barmherzigkeit zerflossen, brachen wir ab. Einvernehmlich.

WPG-Wertung: Aaron, Günther: nach dem Spielabbruch keine Wertung, Peter: 2 (Originelle Ideen, aber es klappt hinten und vorne nicht), Walter: 3.

Bei BGG hat das Spiel immerhin schon 20 ratings mit einem Durchschnitt von 6,6. Zur besten Wertung mit 8 Punkten gibt es den Kommentar: „Crazy! [Das sagen wir auch!] Hard to stay at head [Wie im Chaos üblich].“ Zur schlechtesten Wertung mit 4 Punkte heißt es: „Not my kind of game.“ [Genau!]

4. “Bluff”

Während Walter sich zum Elfmeterschießen zwischen dem FC Bayern und Wie-hieß-doch-noch-mal-der-Gegner zurückzog, kämpfte die restliche Dreierrunde mit den Würfeln. Mit einem Würfel im Endspiel gegen zwei von Günther und vier von Aaron zweifelte Peter die Vorgabe 6 mal die Fünf an. Das war sein Tod. Alle 7 Würfel waren Fünfer (bzw. Sterne).

Günther verkürzte erst seinen 4:2 Rückstand auf Aaron nur noch auf einen Würfel, dann fing er an mit 1 mal die Fünf. Aaron hob auf 2 mal die Fünf. Jetzt ging es blitzschnell Schlag auf Schlag ohne nachzuwürfeln: Günther: 2 mal Stern, Aaron 3 mal Stern, Günther 4 mal Stern! – Anzweifeln, vier Sterne, Ausgleich 2:2

Damit hatte Günther allerdings sein Pulver verschossen. Mit zwei kurzen rechts-links Immer-5-Haken schlug ihn Aaron KO.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

01.04.2015: Altes, Neues und Ungeborenes

Warum hieß der gestrige Sturm eigentlich „Niklas“?

Dass die Tief- und Hochdruckgebiete Namen haben, wurde erst 1990 in der Bevölkerung so richtig wahrgenommen, als der Orkan „Wiebke“ über Deutschland wütete, und die Medien sich groß und breit darüber ausließen. Seit 1954 werden diese Namen in Deutschland vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin vergeben.

Zu Wibkes Zeiten hatten alle Tiefs noch weibliche Vornamen. Ab 1998 wurde diese Namensvergabe als eine Frauendiskriminierung betrachtet und ein jährlicher Wechsel von weiblichen und männlichen Vornamen beschlossen.

2015 waren mal wieder die Männer an der Reihe und für den vierzehnten Sturm des Jahres wurde „Niklas“ festgelegt. Und der war jetzt gestern am Ruder. Wer will, kann für € 379,61 eine Namenspatenschaft übernehmen. Bei Niklas war das ein Herr Niklas Meyer aus Lübeck. Die Paternschaft für das einundzwanzigste Tief dieses Jahres , das mit dem Buchstaben „U“ beginnt, wird per Ebay versteigert! (Das ist kein Aprilscherz!)

Stürme im nördlichen Atlantischen Ozean (nicht zu verwechseln mit deutschen Tiefs) werden durch das National Hurricane Center der Vereinigten Staaten benannt. Dafür wurden sechs verschiedene Namenslisten zusammengestellt, in denen sich männliche und weibliche Vornamen streng abwechseln. Die Listen werden wrap-aroung verwendet, 2015 war wieder die Liste 1 dran, und der Name des vierzehnten Sturm darin heißt „Nicholas“. (Namen von Stürmen, die aufgrund ihrer Sachschäden oder Opferzahlen sehr schwerwiegend waren, können durch die World Meteorological Organization aus den ewigen Listen gestrichen werden.)

Dass der vierzehnte Berliner mit „Niklas“ und der vierzehnte Amerikaner mit „Nicholas“ den nahezu gleichen Namen tragen, ist mehr oder weniger zufällig, schließlich wechseln die Berliner ja nur jährlich zwischen Männlein und Weiblein, die Amerikaner aber von Sturm zu Sturm. Der nächste Deutsche wird Oskar heißen, die nächste Amerikanerin Odette.

Das sechszehnte Tief und der sechzehnte Sturm heißen nach beiden Tabellen wieder gleich: Peter! Hallo Peter, blase schon mal Deine Backen auf, damit Du uns und der Welt lange genug in Erinnerung bleiben wirst. Du musst Deine allergrößten Kräfte ja nicht unbedingt in München rauslassen!

1. “Medici”

Seit 1998 auf dem Markt, vier Jahre später zum ersten Male am Westpark gespielt und im Jahresabstand noch zwei weitere Male. Nach Luding ist die aktuelle Auflage aus dem Jahre 2007 immer noch käuflich.

Ein ausgereiftes Auktionsspiel mit abstrakten Karten. Die Karten zeigen einfache Zahlen von 1 bis 5 in fünf verschiedenen Farben. Die Spieler ersteigern die Karten in Paketen, bis jeder pro Durchgang genau fünf Stück davon hat. Dann werden die Siegpunkte verteilt. Für jede Karte einer Farbe steigt ein Spieler in der entsprechenden Farb-Kategorie um eine Stufe nach oben. Wer in einer Farbe am höchsten steht, bekommt 10 Siegpunkte, der Zweite bekommt 5. Der Dritte und alle weiteren gehen leer aus. Hier kommt es also darauf an, bei wenigen Farben an der Spitze zu stehen und nicht überall ein bisschen beteiligt zu sein.

Zusätzlich wird gewertet, wer in der Summe die höchsten Kartenzahlen ersteigert hat. Hierfür gibt es Siegpunkte in der Staffelung 30-20-10-5. Neben der richtigen Farbwahl ist es also auch lukrativ – höchst lukrativ – , sich hohe Zahlenkarten zu ersteigern.

Doch das Spiel hat noch einen dritten Pfiff: Für die Versteigerung ist reihum jeweils ein Spieler verantwortlich, der nach beliebigen Gutdünken ein, zwei oder drei Karten vom verdeckten Stapel als Paket auf die Börse wirft. Die Mitspieler geben im Uhrzeigersinn je ein Gebot dafür ab, und am Ende entscheidet er, ob er dem meistbietenden Mitspieler die aufgedeckten Karten überlässt oder ob er sie – um einen Dollar mehr – selber ersteigert. Die Anzahl schon ersteigerter Karten ist ein Handicap beim weiteren Bieten, denn jeder darf nur maximal fünf Karten erwerben. Wer z.B. schon drei Karten in Besitz hat, kann nicht mitsteigern, wenn ein Paket von drei Karten aufgerufen ist. Kleiner Pfiff, aber immerhin.

Peter wurde Sieger und zeigte mit Stolz auf seinen dreifarbigen Kartenbesitz, wo er in zwei Farben kein einziges Geld und Gut verschwendet hatte.

WPG-Wertung: Aaron, Günther und Moritz blieben bei ihren schon vor zehn Jahren vergebenen 7 Punkten (uralt, hat sich aber nicht ausgespielt; mit wenig Mitteln viel erreicht), Peter blieb bei seinen 8 Punkten und Walter hob seine früheren 6 Punkte jetzt auch auf 7.

2. “Parade”

Parade : Anlegen und Nehmen von Karten
Parade : Anlegen und Nehmen von Karten
Ein kleines, hübsches Kartenspiel, bestehend aus je elf Zahlenkarten mit den Werten 0 bis 10 in sechs verschiedenen Farben. Jeder Spieler hat fünf Karten auf der Hand und legt legt reihum eine beliebige davon an das rechte Ende der Parade-Reihe. Anschließend muss er eine definierte Anzahl von Karten aus der Parade-Reihe nehmen und als Minus-Karten offen vor sich auslegen. Der Rest der Parade wird wieder zusammengeschoben.

Welche Karten muss man nehmen? Einfache Logik, trotzdem haben alle Mathematiker unter uns erst einige Fehltritte getan, bis sie das Prinzip verinnerlicht hatten.

  1. Links von der neu angelegten Zahlenkarte sind soviele Karten “geschützt” (d.h. sie brauchen nicht genommen zu werden), wie die Zahl auf der gelegten Karte angibt.
  2. Von den “ungeschützten” Karten müssen alle Karten der gleichen Farbe genommen werden.
  3. Von den “ungeschützten” Karten müssen alle Karten genommen werden, deren Zahl kleiner oder gleich der neu ausgelegten Karte ist.

Nach seinem Zug zieht der Spieler vom verdeckten Stapel eine Karte nach. Ist der Stapel aufgebraucht, so ist das Spiel zu Ende. Jeder Spieler legt noch zwei beliebige Karten aus seiner Hand zu seinen angesammelten Minus-Karten, dann wird gewertet. Von den Farben, in denen ein Spieler die Mehrheit hat, zählt jede Karte einen Minus-Punkt. Von den anderen Farben zählt jeder Zahlenwert entsprechend viele Minuspunkte.

Welche Freiheitsgrade hat ein Spieler bei seinen Aktionen?

  • Er kann immerhin aus 5 Karten wählen, welche er auslegt. Würde nur ein einziger Zug gespielt, so wäre es allerdings absolut trivial (wenn auch kein no-brainer) zu bestimmen, welches hier die beste Karte ist.
  • Ein Spieler kann versuchen, Kartenpflege zu betreiben, um für das dicke Ende möglichst viele, gute Optionen zu haben. Das beißt sich natürlich ein bißchen mit der obigen Einzel-Zug-Optimierung. Außerdem ist “Kartenpflege” hier wohl eher ein beschönigender Ausdruck, denn es gilt nicht, eine vollständige, bekannte Kartenhand zu optimieren, sondern eine zukünftige Kartenauswahl, deren Zusammensetzung weitgehend vom Zufall bestimmt und deshalb unbekannt ist.
  • Er kann vorausberechnen (vorausahnen, blindwütig vorauserraten – siehe oben unter “Kartenpflege”), von welcher Farbe er wohl die meisten Karten bekommen wird, und möglichst immer hier zuschlagen. Das ist aber nur eine Nebenstrategie zur Einzel-Zug-Optimierung.
  • Er kann alle Karten sichten, die irgendwo ausliegen (bei sich, in den Minus-Stapeln der Mitspieler, in der “Parade” und in seiner eigenen Hand), und er kann daraus ermitteln, welche Karten er noch nicht kennt, die dann (zum Teil!) noch nachgezogen werden; er kann die Züge der Mitspieler auswerten, um daraus zu schließen, welche Farben sie wohl favorisieren; er kann für jeder Farbe analysieren, wie groß seine Chancen sind, hier Mehrheiten zu bekommen; er kann … Aber das gilt alles nur für Genies, nicht für Normalsterbliche.

Im Grunde ist alles weitgehend unberechenbar. Wenn Walter solche Eindrücke als Faktum oder sanfte Kritik äußert, hakt Günther sehr gerne ein und bringt “Bridge” als Gegenbeispiel, das doch ganz ähnlich sei, und das doch als berechenbar gilt. Entschuldige bitte, lieber Günther, hier spricht ein Blinder von der Farbe! Ich bitte alle Großen Denker unter den Freunden der Westpark-Gamers um konkrete Hinweise, wie man

  • mit hohen, mittleren oder niedrigen Karten
  • der verschiedenen Farben
  • von denen man keine, einige oder schon viele Karten
  • mit niedrigen oder hohen Zahlenwerten in seinem Minus-Besitz angesammelt hat
  • unter Berücksichtigung der Auslage der Mitspieler
  • und den – teilweise – bekannten Restkarten im Nachziehstapel

umgehen soll. Ich weiß es nicht. Ich schlage vor, bei jedem Zug lediglich mehr oder weniger nach der Einzel-Zug-Logik vorzugehen. Das ist fast noch spielerisch, und damit kann man zumindest noch Vorletzter werden. Ujj – jetzt sehe ich gerade auf der Siegerliste: wie hast Du, Peter, denn das fertig gebracht, auf dem Platz zu landen, wo Du gelandet bist … ?

WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spielprinzip ist ein bisschen sperrig, das Kartenhandling auf dem Tisch etwas mühsam), Günther: 6, Peter: 6 (langweiliges Überlegen, macht nicht wirklich Spaß), Walter: 6 (nicht lustig, bedingt pseudo-intellektuell)

3. “Nobiles”

In Aarons Neuentwicklung wurden einige lästige Nebenzweige im Regelwerk zurechtgeschnitten und der Rest wieder stärker auf die Grundidee des Spiels ausrichtet: auf den Kampf um Mithilfe oder Behinderung beim Lösen von gemeinsamen Aufgaben, um hinterher als politisch Engagierter am Erfolg beteiligt zu sein oder als Nicht-Engagierter den Politikern die leichten Lorbeeren aus dem Rachen zu reißen.

Kooperation wird benötigt, und dazu in jedem Fall auch – die am Westpark verpönte – Diplomatie. Es erhob sich wieder die Frage, ob Absprachen über gemeinsames Vorgehen grundsätzlich eingehalten werden müssen, oder ob man jeden mündlich vereinbarten Kuhhandel auch platzen lassen darf. In Spielen über wenige Runden ist das eine durchaus problematische Fragestellung.

Wenn einer dazu aber noch so irrational Harakiri spielt, wie heute der Gastgeber, dann wird jegliche – unabgesprochene – Planung über den Haufen geworfen. Peter schlug als Punkt in der Spielregel vor: „Walter darf nicht mitspielen.“

Aaran fragte sich: „Ich weiß nicht, was ich von dem Spiel halten soll, wenn Günther total abkackt.“ Immerhin hat Peter gewonnen, und das ist zweifellos ein positiver Hinweis auf die intellektuelle Ausrichtung und Planbarkeit des Spiels.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

4. “Bluff”

Frage: Wenn Du im 1:1 Endspiel einen Stern unter dem Becher hast, und Dein Kontrahent mit 1 mal die Fünf anfängt, was tust Du dann? Anzweifeln bringt nichts. Du musst auf … jawohl … 2 mal die Fünf erhöhen. Mit etwa zwei Drittel Wahrscheinlichkeit hast Du verloren.

Schlussfolgerung: Wenn Du im 1:1-Endspiel eine Eins, Zwei oder Drei gewürfelt hast, dann setze auf 1 mal die Fünf und hoffe auf einen Stern beim Gegenüber. Du hast sogar auch dann gewonnen, wenn er eine Fünf gewürfelt hat. (Oh Gott, dass ist ja Günthers Immer-5-Strategie!)

Nachdem Walter diese Schlussfolgerung aus dem Endspiel von Aaron und Peter gezogen und notierte hatte, war er mit 1:1 im Endspiel gegen Aaron und bekam eine Drei unter dem Becher. Er begann mit 1 mal die Vier, Aaron hob auf 1 mal die Fünf und das war es dann auch.

Merke:

  1. Es ist immer schwer, aus eingefahrenen Gleisen auszubrechen, besonders wenn dahinter liebgewordene Gewohnheiten und Theorien stecken (Immer-4-Strategie).
  2. Es ist leichter, eine Theorie zu notieren als sie zu befolgen.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

25.03.2015: Kuren in Orleáns

Jeden Samstag verschickt Walter eine Einladungsmail an die Westpark-Gamers: „Wer ist am kommenden Mittwoch dabei?“ Spätestens bis zum Sonntag Abend trudeln die Antworten ein. Manche lauten lapidar: „Ich“! Zuweilen wird auch der Name genannt: „Aaron“! Andrea meldet sich meist zaghaft: „Ist zufällig noch ein Plätzchen frei, ich könnte nämlich dabei sein“, obwohl die Plätze grundsätzlich nach dem „first in“-Prinzip vergeben werden und bei einer oberflächlichen Auszählung der Antwort-Mails die freien Plätze offensichtlich sein sollten. Moritz gebraucht ebenfalls sehr gerne den Konjunktiv: „Ich würde kommen“ schreibt er, ohne dass es bei ihm einen Grund für das „würde“ gibt; ohne Wenn und Aber heißt das geradewegs: „Ich komme“.

Unser Sprachengelehrter Peter hat uns heute erklärt, dass diese – eigentlich – überflüssige „würde“ ein Modalwort ist, mit denen die deutsche Sprache reichlich gesegnet ist. Wie keine weitere Sprache der Welt (außer unserem holländischen Dialekt). Das „würde“ ist überflüssig, drückt aber ein gewisse Höflichkeit oder sogar eine Emotionalität aus. Wenn die Mutter das Kind beim Abschied fragt: „Hast Du auch nichts vergessen?“, so liegt in diesem Satz durch das „auch“ viel mehr Anteilnahme drin, als ohne es. Wie drückt man das im Englischen aus? Der seelenlose BING-Übersetzer vereinfacht die Frage zum „Did you forget anything?“ Aber da fehlt doch was!

Ich habe in meiner Sammlung von Grimms Märchen in verschiedenen Sprachen nachgeschaut, wie professionelle Übersetzer im „Tischlein deck dich“ die besorgte Frage des Vaters übersetzen: “Ziege, bist Du auch satt?“ Den Engländern fällt hier wiederum nichts anderes ein als “Goat, hast thou had enough?”. Hübsch, aber das „auch“ fehlt. Ebenso bei den Franzosen: “Chèvre, es-tu repue?”.

In einer wunderschön bebilderten, aber sprachlich eher mageren ungarischen Ausgabe lautet die Frage sogar ganz unverschämt kurz: „éhes?“ (hungrig)? Und die Antwort „rettenetesen!“ (schrecklich)! So kann „man“ mit unserem wunderschönen Verslein „Ich sprang nur über Gräbelein und fand kein einzig Blättelein“ auch umgehen. – Es lebe das schöne deutsche Modalwort!

1. “Orléans”

Rainer Stockhausen ist ein fleißiger Spieleautor. Bei Luding findet man von ihm vierzehn verschiedene Spiele, allein aus diesem Jahrtausend. Am Westpark haben wir erst zwei von ihm gespielt. Mit „Orléans“ lag diesmal das dritte, sein neuestes Werk bei uns auf.

Peter in Orléans
Peter in Orléans

Im Regelheft wird kein einziges Wort über den geschichtlichen Hintergrund verloren. Das ist auch gut so. Es ist eh alles Schmarren, was die Redakteure hier zusammenfaseln. Der Name Orléans bürgt für sich, und die drei Personen auf dem Titelbild, Mönch, Ritter und Bauernmagd, ebenfalls.

Jeder Spieler platziert die eigenen Arbeiter (in der Startaufstellung hat jeder vier, im Laufe des Spiels werden es immer mehr und immer verschiedenere) auf die unterschiedlichen Wirkstätten in seinem persönlichen Spielertableau und läßt sie werkeln:

  • Ein Schiffer und ein Handwerker erzeugen eine Bauernmagd
  • Ein Händler, ein Handwerker und eine Bauernmagd erzeugen einen Gelehrten
  • Ein Händler und ein Gelehrter erzeugen einen Mönch
  • Ein Schiffer, ein Handwerker und eine Bauernmagd erzeugen einen Schiffer, einen Handwerker oder eine Bauernmagd
  • Und was dergleichen Homo-, Hetero- oder Polygenesen mehr sind.

Mit neuen Mitarbeitern gewinnen wir nicht nur mehr Arbeitskraft, mit ihnen sind auch erkleckliche Nebenvorteile verbunden, u.a. gehört dazu ein schnelleres Recyclen unserer Arbeiter, sowie ein Fortschreiten auf der Faktor-Leiste, nach der am Ende unser Besitz an Häusern in Siegpunkte umgerechnet wird.
Die Herausforderung des Spiels besteht darin

a) mit dem richtigen Timing neue Mitarbeiter der richtigen Qualifikation zu erzeugen, um damit

b1) mehr Geld (= Siegpunkte) zu bekommen und/oder

b2) eine Effizienz-Steigerung seiner Aktionen zu erzielen und/oder

b3) sich zu bewegen und dann

c1) siegpunktwerte Rohstoffe von der Strecke aufzulesen und/oder

c2) siegpunktträchtige Häuser zu bauen.

Überall sprudeln Siegpunkt-Quellen. Als Anfänger steht man vor dem Spiel wie ein Lucullus in der Pralinenabteilung vom Dallmayr. Als Fortgeschrittener steht man immer noch da. Es gibt zu viel, und es ist nicht zu überblicken, welche Weichenstellung uns die besten Strecken eröffnet. Bemerkenswert, dass unser professioneller Orléanist Günther nur ganz knapp gewann und dass Peter, unser zweites Denkergenie, unter uns restlichen drei Anfängern der Letzte wurde.

Überall ist ein bißchen Konkurrenz verbunden. Wenn die Mitarbeiter einer Sorte aus sind, gibt es keine mehr; vor allem können dann auch keine Vorteile in den Nebenstrecken mehr erworben werden. Gerade richtiger Zufall ist ebenfalls eingebaut. Einzelne Arbeitsplätze werden für eine Runde geschlossen, für aktuelles Besitztum werden Prämien gezahlt oder Abgaben fällig oder man verliert Arbeiter oder. Günther traf es gleich am Abend zweimal hart, und er verlor seinen klügsten und tüchtigsten Nachwuchs, sonst hätte er wohl höher gewonnen.

Das Spielmaterial ist gefällig, alles funktioniert, alles ist gut abgestimmt, alles greift ineinander, alles ist konstruktiv. Alles. Ja, alles, leider! Zu konstruktiv und zu gleichförmig konstruktiv!

WPG-Wertung: Aaron: 6 („Es reißt mich nicht vom Hocker), Günther: 7 (gegenüber den Rosenbergschen Aufbauspielen ein bißchen klarer), Peter: 7 (unterhaltsam, wenn auch kein Spitzenspiel), Walter: 6 (eigentlich alles rund und schön, aber bei der Vielzahl gleichmächtiger Siegpunktquellen stellt sich keine richtige Spielspannung ein)

2. “Pandemic: The Cure”

Mal wieder ein Kooperationsspiel, diesmal mit tausenden von Würfeln. (Genauer gesagt: mit 85 Stück.) Das bemerkenswerte Aaron-6-Punkte-Karten-Brettspiel „Pandemie“ wurde mit „The Cure“ zu einem WPG-4-Punkte Würfel-Brettspiel „heruntergedampft“.

48 der 85 Würfel sind ganz normale Hexa-Würfel in vier Grundfarben stellen Krankheiten dar. Regelmäßig werden drei bis fünf Stück von ihnen ausgewürfelt und auf insgesamt sechs Regionen verteilt, die den Augenzahlen zugeordnet sind. Sobald auf einer Region von einer Farbe mehr als drei Würfel liegen, bricht eine Epidemie aus, die sich unverzüglich auf die Nachbarregionen ausbreitet, und wenn dort auch schon genügend Würfel der infizierten Farbe liegen, geht es so weiter, bis entweder die Infektionswelle gebrochen ist oder die Spieler das Spiel verloren haben.

Jeder Spieler hat fünf bis sieben individuelle Spezialwürfel, mit denen er die Krankheiten bekämpfen kann / muss. Die verschiedenen Würfelseiten erlauben ihm,

  • sich in eine beliebige der sechs Regionen zu bewegen, wo er seine weiteren Aktionen durchzuführen gedenkt
  • einen Krankheitswürfel zu kurieren (zurück in den Tausend-Würfel-Vorrat)
  • einen Krankheitswürfel in den zentralen Behandlungsraum zu transportieren
  • einen Krankheitswürfel aus dem zentralen Behandlungsraum in sein privates Forschungslabor zu bringen.

Unabhängig von unserem Würfelergebnis dürfen wir weiterhin:

  • die Krankheitswürfel aus unserem Forschungslabor an einzelne Mitspieler weiterreichen
  • mit ausreichend vielen Krankheitswürfeln in unserem Forschungslabor versuchen, ein Heilmitteln gegen die Krankheit auszuwürfeln.

Gelingt es uns, gegen alle vier Krankheiten ein Heilmittel auszuwürfeln, bevor achtmal eine Epidemie ausgebrochen ist, haben wir – alle – gewonnen. Andernfalls verloren. Auf jeden Fall endet das Spiel. Gott-sei-Dank. Walters einziger teilnahmsloser Genuss war es, sich zu vorgerückter Zeit von Peter spielen zu lassen. (Hallo Peter, das war jetzt wirklich absolut positiv gemeint!)

WPG-Wertung: Aaron: 5 (mag keine Kooperationsspiele, doch wenn sie relativ kurz sind, kann er so ein Spiel tolerieren), Peter: 6 („Es ist ein gutes Spiel, weil es knapp ist“, würde es aber nicht häufiger spielen wollen), Günther: 4 (es ist nicht wirklich gut, eher öde; vielleicht als Solospiel geeignet), Walter: 3 (eindimensionaler, dröger Würfelrausch ohne jeglichen Pfiff)

3. “Bluff”

Günther war mit einem Würfel im Endspiel gegen Aaron mit deren zwei. Er hatte einen Superwurf, einen Stern unter dem Becher. Was und wie sollte er damit anfangen?

Unser Immer-5-Stratege sah nur die beiden Möglichkeiten „1 mal die Fünf“ oder „2 mal die Fünf“! Mit seiner – gar nicht so schlechten! – Immer-5-Strategie hätte diesen Durchgang sogar gewonnen. Doch er wurde übermütig. Oder wollte er nur den Stier bei den Hörnern packen? Jedenfalls war seine Vorgabe „2 mal die Fünf“ genau das, was es – diesmal nicht nur wegen Aarons magerer Zwei und Vier unter dem Becher – ist: ein frivoler Selbstmord!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

18.03.2015: Akademie der Knappinnen

Und Gott der HErr sprach: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei. – Man wird sie Männin heißen, darum dass sie vom Manne genommen ist.“ (1 Mose 2, 18)

Was ist bloß aus dieser einstmaligen „Männin“ geworden! Es gibt kaum einen Helfer in der Welt, der seinen Herrn und Meister so vollständig hinweggefegt und die Herrschaft an sich gerissen hat. Der Name des HErrn sei gelobt!

1. “Nobelinnen”

In der heutigen 5er Runde verzichtete Autor Aaron beim Test seines neuen 4-Personen-Spiels auf einen Startplatz und Männin Andrea konnte zum ersten Mal in die Tiefen von Ostfriesland, Island, Grönland oder Neuland eintauchen. Nach Vorschlag von Argentum wurde das Spiel um einen Durchgang verkürzt – von uns zuerst skeptisch aufgenommen, dann aber einstimmig so akzeptiert: jetzt ist es jetzt gerade richtig lang und gerade richtig taktisch.

Bekanntermaßen wird am Westpark anders gespielt als in normalen „braven“ Runden. Kein einziges Mal wurden heute die Herausforderungen erfüllt, kein einziges Mal konnte eine Mitspielerin die Häuptlings-Provision einstreichen. Dafür sorgten schon die drei männlichen Mitspieler, die je einmal die Verräterin einsetzten und damit die Erfüllungshürde in unerreichbare Höhen setzten. Nur unsere Männin verhielt sich hier konstruktiv zurückhaltend. „Jönne könne“ ist ihr als Kölnerin schon von Geburt an auf die Seele gebunden worden.

Moritz gewann mit Günthers Markt-Strategie: sich total aus der Politik raushalten, eine Geld-Generierungs-Combo aufbauen und dafür auf Teufel komm’ raus Siegpunkte kaufen. Am Ende hatte er mehr Siegpunkte als alle anderen zusammen. Die Effizienz dieser Strategie muss reduziert werden, denn politisches Lavieren gehört zur Grundidee des Spiel, ohne die man – eigentlich – nicht gewinnen können sollte. Problem erkannt und auch schon beseitigt.

Trotz des weiteren Bedarfs an Feintuning dürfen wir heute schon für Spannung, Interaktion, für die vielen Strategie- und Taktik-Möglichkeiten und die hohe Freiheitsgrade im Handlungsspielraum unsere Vorschusslorbeeren vergeben.

WPG-Wertung: Keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “Medieval Academy”

Kampf in der Akademie
Kampf in der Akademie

Eine Amerikanerin hat schon prognostiziert, dass dieses Spiel das „Spiel des Jahres 2015“ werden könnte. Aber wenn Amerikanerinnen ein Spiel hoch einschätzen, dann … Aaron hat es in Essen auf Anhieb gefallen und er hat es mitgebracht.

Wir sind Knappinnen und müssen uns in sieben Turnierdisziplinen bewähren. Die Disziplinen heiße offiziell Galanterie, Lanzenstechen, Turnierkampf, Gralssuche und so weiter, aber im Prinzip ist alles das gleiche: Auf jedem Turnierplatz hat jede Spielerin je eine Pöppelin stehen und muss sie über die sechs Runden des Spiels weiter vorwärts bewegen als die Konkurrenz.

Bewegen tun wir uns mittels Bewegungskarten, die mehr oder weniger zufällig ausgeteilt werden, und die uns erlauben, auf jeweils einem fest vorgegebenen Turnierplatz zwei, drei, vier oder fünf Schritte vorwärts zu gehen. Flexibilität wird uns geboten, weil wir von den fünf uns zugeteilten Bewegungskarten nur viel ausspielen; die letzte bleibt ungespielt. Theoretisch könnte jede Spielerin gleich zu Beginn einer Runde diejenige Karte auswählen, die sie nicht spielen will, und die anderen Bewegungen alle unverzüglich durchführen. Damit hätten wir wenigstens den Freiheitsgrad 4. (Falls wir – mit Glück – keine gleichen Karten auf der Hand haben.) Da aber die schlechteste Karte unserer Hand recht eindeutig bestimmt ist, ist unser praktischer Freiheitsgrad deutlich niedriger als 4. Fast in der Größenordnung von 0 (Null)! Sechs Spielzüge mit einem Freiheitsgrad zwischen 0 und 4, und das Spiel ist zu Ende! Für ein „Spiel des Jahres“ wäre das sicherlich ein Rekord!

Da wir aber andersherum vorgehen müssen und peut-a-peut die vier tatsächlichen Bewegungskarten ausspielen, dauert das Spiel länger, das, was sich auf den einzelnen Turnierplätzen abspielt, wird spannender wahrgenommen, und wir bekommen die Suggestion, das ganze sei interaktiver. Dabei nimmt unser Freiheitsgrad von Zug zu Zug nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch ab, bis auf den Wert 1 oder 0!

Noch ein Wort zur Zufälligkeit beim Austeilen der Bewegungskarten: Hier ist tatsächlich noch ein Quäntchen Einflussmöglichkeit gegeben. A la „7 Wonders“ bekommen wir pro Runde fünf Karten ausgeteilt, dürfen davon aber nur jeweils eine behalten und müssen den Rest an unsere Nachbarin weitergeben. Viermal weiterschieben und weitergeschoben-bekommen, dann liegt unsere Kartenhand fest. Damit wird zwar der blinden Zufällin ein Riegel vorgeschoben, der einäugigen Zufällin aber keineswegs.

Günther brachte das Spielprinzip auf die Formel: „60% Zufall, der Rest ist Gaudi.“ Zweifellos für Achtjähriginnen (nach Empfehlung des Verlages).

WPG-Wertung: Aaron: 7 (schnell, unkompliziert, macht Spaß), Andrea: 7 (überdurchschnittlich kurzweilig, interaktiv), Günther: 7 (locker, mit einem bisschen [WS: positiven?] Ärgerfaktor), Moritz: 7 (locker, nicht verbissen, auch nicht wahnsinnig originell, genau in die Richtung von „Spiel des Jahres“), Walter: 5 (repetitiv, hat kein Thema, hat kaum Freiheitsgrade)

PS: Die Siegpunkt-Erträge auf jedem Turnierplatz werden per Siegpunkt-Marker an die Spielerinnen ausgegeben. Wer auf einem Platz als Letzterin oder Vorletzterin landet, bekommt dafür u.U. auch Marker für Minuspunkte.
Spieltipp für Expertinnen: Diese Minuspunkte kann man im wahrsten Sinne des Wortes leicht „unter den Tisch fallen lassen“!

3. “Bluff”

Mit seinem „besten Move“ konnte Moritz auf einen Streich alle männlichen Konkurrenten rauskicken und das 5:3-Endspiel gegen seine Männin einläuten. Es endete 3:0 für den Mann.

Im zweiten Spiel kam Andrea mit zwei Würfeln gegen Aaron mit einem Würfel ins Endspiel. Aaron ließ sich mit einer Fünf unter dem Becher zu Günthers Immer-5-Strategie verleiten. Doch Andrea konterte mit einem Doppel-Walter (sowohl unter dem Becher als auch als Ansage) und entschied so das Spiel zu ihren Gunsten.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

PS: Liebe Andrea, bei allen In- und Innen-Formulierungen bist Du explizit NICHT gemeint!

11.03.2015 Männer darf man sehen, aber nicht hören

Immer noch fassungslos über die nicht autorisierte Änderung meines Artikels über die Spiele-Autoren-Zunft, grüble ich darüber, warum eigentlich die geschlechtsneutrale Verwendung von „Autor“ weniger politisch korrekt ist als die durch Verwendung eines „Binnen-I“ verhunzte Form „AutorInnen“. Interessant, dass sich das Bundesministerium der Justiz damit auseinandergesetzt hat und in seinen „Allgemeine Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften“ schreibt:  „Der Text muss so formuliert sein, dass er auch dann verständlich ist, wenn er vorgelesen wird.“ Also liebe Genderfreunde, wie genau macht man das beim Binnen-I?

1. Nobiles

Die neuste Version lag auf dem Tisch. Diesmal mit einigen wesentlichen Änderungen. So gibt es jetzt ein Aufbauelement, das neue Strategien ermöglicht und dadurch das Spiel spannender macht.

Peter, der sonst eher meine Prototypen-Tests mit einem knappen „broken“ kommentiert, verblüffte am Ende mit der Aussage: „Das war richtig spannend. Das Spiel kann so in Produktion gehen.“ Gemach, es gibt noch viel zu tun.

WPG-Wertung: keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklung

2. The Manhattan Project

Nachdem Walter es kategorisch abgelehnt hatte, ein Spiel mit diesem Thema jemals auf seinem Spieltisch zuzulassen, nutze Günther die Gelegenheit und brachte „The Manhattan Project“ bei Peter auf den Tisch während Walter zum Enkelhüten abkommandiert war.

Mit drei Sorten Arbeitern und klassischen Worker Placement Mechanismen erschaffen wir jeder für sich eine kleine Maschine, die aus Rohstoff (Yellow Cake) und Geld angereichertes Uran und Plutonium herstellt, um damit letztendlich Atombomben zu bauen. Auf einem großen Spielplan konkurrieren wir um Geld, Rohstoffe, Arbeiter und Ausbauten. Letztere legen wir in unsere persönliche Auslage. Hier können wir weitgehend ungestört von den anderen Spielern unsere Waffenproduktion aufnehmen. Weitgehend deshalb, weil böse gesonnene Mitspieler gerne mal mit ihren Bombern unsere Fabriken plattmachen wenn wir nicht genügend Abfangjäger bevorratet haben. Das kostet den Angreifer seine Bomber und uns die Abfangjäger und Geld zur Reparatur der Fabriken. Also außer Spesen nix gewesen – für beide Seiten.

Läuft unsere Uran- und Plutonium-Produktion rund, können wir bald die erste Atombombe bauen. Je nach Größe bringt die unterschiedlich viele Siegpunkte. Wer zuerst Bomben für 60 Punkte gebaut hat, beendet das Spiel und ist Sieger.

Wie gut die Produktion läuft, steht und fällt mit den zur Verfügung stehenden Minen, Universitäten und Fabriken. Und hier offenbart sich eine große Schwachstelle des Spiels: Abgesehen von einer vorgegebenen Startaufstellung erscheinen alle weiteren Ausbauten rein zufällig und nur dann, wenn Ausbauten gekauft werden. Hatten wir hier die Karten schlecht gemischt? Jedenfalls trat schon bald der Zustand ein, dass in der Auslage der Ausbauten keine interessanten Karten mehr lagen. Dem Autor muss dies wohl bewusst gewesen sein und er hat als Gegenmittel eine „Anreicherung mit Geld“ der billigsten Karte eingebaut. Nur dauert es leider seine Zeit, bis damit eine unattraktive Karte so attraktiv wird, dass sich ein Spieler sich ihrer erbarmt (und damit den anderen Spielern eine neue, vielleicht gute Karte freigibt). Wieviel einfacher (und besser?) wäre es gewesen, wenn am Ende einer Runde die billigste Karte einfach verschwindet wenn keiner etwas aus der Auslage gekauft hat.

Letztendlich dümpelte das Spiel 2 Stunden vor sich hin bis Günther seine 60 Siegpunkte zusammen hatte und das Spiel beendete. Vielleicht spielt sich „The Manhattan Project“ in einer 4er-Runde besser, weil mehr Kartenumsatz da ist. Vielleicht haben wir auch nicht alle Facetten des Spiels erkannt, wer weiß. So jedenfalls hielt sich unsere Begeisterung in Grenzen.

Ach ja, das Thema: Ich denke mal, die verwendeten Mechanismen hätten auf jedes beliebige Produktionsthema abgebildet werden können. Autos, Joghurt oder Drogen, alles hätte funktioniert. Warum mussten es gerade Atombomben sein? Genau, damit Walter ein gerade noch mittelmäßiges Spiel erspart bleibt!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (nix Neues, zu viel Zufall), Günther: 6 (der hat gewonnen), Peter: 4 (beliebig)

"Was lag auf den Tisch?"