26.09.2012: Rauf und Runter auf der Seidenstraße

Anfang September war Aaron auf einem dreitägigen Seminar über „Grundlagen der Spiele-Entwicklung“. Der (auch in der Spielszene) engagierte Christwart Conrad (u.a. „Pfeffersäcke“) vermittelt hoffnungsvollen und hoffnungslosen Spiele-Autoren das Rüstzeug, in ihren wild wuchernden Ideen möglicherweise genießbare Früchte zu erkennen und sie durch fachmännisches Beschneiden in bekömmliche Bahnen zu lenken.

Am Ende gab Lother Hemme von den „Ravensburgern“ noch einen Einblick in das quirlige Leben, das sich bei renommierten Spielverlagen am Eingangstor für Autoren abspielt. 1500 Spiele-Ideen werden jedes Jahr bei den Ravensburgern eingereicht. Ein Großteil davon sind (leider nur) Varianten von Mensch-ärgere-Dich-nicht, Monopoly und Kniffel. Solche werden a priori aussortiert. Etwa 500 Spiele schaffen es durch das Eingangsfilter. Die anschließenden Testprozeduren in ausgewählten Spielerkreisen benötigen nochmals bis zu einem ganzen Jahr. Solange muss der Autor warten, bis er erfährt, ob sein Spiel angenommen wird oder nicht. Nur etwa 20 der ursprünglich 1500 eingereichten Spiele schaffen die Reifeprüfung und werden produziert. Bei den Ravensburgern im Durchschnitt in einer Auflage von immerhin 65.000 Stück. Mit einem Honorar von 3 bis 6% des Händler-Einkaufspreises ist der Autor dann dabei.

21 Teilnehmer waren zur Fortbildung angetreten. Jeder hatte mindestens ein eigenes Spiel in der Tasche. Manchmal nur das Material, manchmal nur die Idee, meist aber auch beides. Aaron war mit seinem „Yunnan“ angetreten. Die Resonanz war positiv. Es gibt sogar schon einen Verlag, der dafür sein Eingangstor aufgemacht hat. Ausreichend Gründe, die Effekte der neuesten Beschneidungsmaßnahmen mal wieder unter die Lupe zu nehmen.

1. “Yunnan”
So nebenbei hatte Aaron auf dem Seminar gelernt, wie man richtige Spielschachteln bastelt. Flugs hatte er sein Wissen umgesetzt: aus einer perfekten Box mit gefälligem Design und professionellen Aufschriften für Spieleranzahl, Spiedauer und Schwierigkeitsgrad brachte er seine Pöppel, Scheiben, Klötzchen, Spielplan, und Kurzanleitungen hervor. (Siehe Bild!)Yunnan box & contents
Wir managen Händler, Schlägerbanden, Pferde, Kontore und Bergstraßen. Wir ersteigern die Steigerung der Potenz oder wir gehen zur Bank und kassieren Teile des öffentlichen Potenzsteigerungserlöses. Wir machen Gewinne, die wir in Siegpunkte umwandeln oder uns für unsere nächsten Investitionen in Bargeld ausschütten lassen.

Aarons letzte Änderungen gingen im Wesentlichen gegen die Übermächtigkeit der Bank: Wer sich auf den Entwicklungsleisten engagiert hat, darf jetzt nicht mehr in die Bank gehen, und wer in die Bank gegangen ist, darf sich nicht mehr entwickeln. Zudem zahlt die Bank nur noch einen Bruchteil des dort eingesammelten Geldes. Die Kontore wurden lukrativer gemacht und ein zu einseitiges Vorpreschen der Händler wurde erschwert. Moritz grummelte: „Komisch, dass Du immer die Regeln gegen die Strategien änderst, mit denen ich jeweils gewonnen habe!“

Aber Moritz wäre nicht Moritz, wenn er nicht sofort eine neue aussichtsreiche Strategie ausfindig machen würde. Er behielt immer nur genau soviel Geld zurück, wie er für den nächsten genau anvisierten Entwicklungsschritt benötigte und legte den Rest unverzüglich in Siegpunkten an. Damit kam er vom Start weg auf der Siegpunktleiste voran und drohte, vorzeitig die Sieg-Ende-Bedingung zu erfüllen. Sofort machte sich auch Walter diese Strategie zu eigen, und zwar so erfolgreich, dass er nach wenigen Runden weit vor Moritz, Aaron und Günther (sic!) die Ziellinie überschritt.
Vergeblich versuchte Günther zu argumentieren, dass diese offensichtliche Siegstrategie eigentlich keine Strategie sei, dass es mathematisch gesehen absolut unerheblich sei, zu welchem Zeitpunkt man sein Geld in Siegpunkte verwandelt, wenn man es nur rechtzeitig vor Schluss täte. Er drang damit nicht durch. Wer hört schon auf den Letzten! The winner takes it all!

Neue Regeln, neue Erfahrungen. Aaron schlug gleich eine zweite Runde mit ein paar bereits vorbereiteten Erweiterungen vor. Frohgemut wurde der Vorschlag angenommen. Lust und Frust in der Seidenstraße waren weiterhin ungebrochen.

Nun kamen zufallsgestreute Ereigniskarten ins Spiel, die auf das Händlergetümmel in der Seidenstraße einwirkten: in jeder Region wird die Anzahl der Händler begrenzt. Von den überzähligen Händlern werden diejenigen mit den schwächsten Schlägerbanden entfernt. Diese Neuerung erwischte heute immer wieder Moritz. Entweder hatte er die schwächsten Fäuste aufzuweisen oder er war gemäß Zugreihenfolge der Betroffene: ein, zwei, ja sogar drei seiner Händler mussten zurück in die Heimatfront befördert werden. Diese Schlüsselzuweisung ging ihm gewaltig auf den Keks. „Dann höre ich sofort auf!“ tönte er aufgebracht, als er mal wieder zwei Händler verlieren sollte. Er wollte die Belastung auf mehrere Köpfe verteilt sehen. Nur mit vereinten Engelszungen ließ er sich doch noch umstimmen, die Original-Spielregel des Autors unverändert zu akzeptieren. Doch er ließ zu Protokoll geben: „Ich finde diese Regel Scheiße!“ Wie kann man eine kreative Künstlernatur auch dazu zwingen, lebenswichtige Spielzüge unerbittlich genau dann zu tun, wenn sie notwendig sind!

Sein Spieleifer war gebrochen, nur noch „aus Höflichkeit“ spielte er bis zum Ende weiter. „Man wird gespielt! Es werden zu wenig Zugmöglichkeiten geboten, und über die muss man auch noch lange nachdenken!“ Ach Gott, wie lange würde ein Spiel am Westpark dauern, wenn es zu viele Zugmöglichkeiten gäbe, über die man auch noch lange nachdenken könnte!

Die unstreitig eingeschränkte Zugauswahl lag heute auch daran, dass kein einziger Spieler in die Bank ging. Die paar Kröten, die es dort gab, waren den Verzicht auf jeglichen Entwicklungsfortschritt nicht wert. Diese Restriktion mußte gelockert werden. Auf zum dritten Versuch. Immer noch mit Begeisterung. Ohne Gegenstimme. Mit freiem Zutritt zur Bank!

Beim dritten Spiel durfte man wieder gleichzeitig entwickeln und banken. Günther ging als Startspieler schnurstracks in die Bank. Da gerade in der Startphase für die Entwicklung keine Kosten gescheut werden, wurde er hier auch bei dem geringeren Bruchteil an Geld-Ausschüttung so reichlich mit Finanzmitteln eingedeckt, dass er die spätere Materialschlacht um Händler, Pferde und Kontore mit großem Vorsprung gewinnen konnte. Die Flügel der Banken müssen wieder beschnitten werden. Aaron weiß schon, wie.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

“PS: Schachtel”
Bei MS-WORD habe ich ein Synonym für das Wort „Schachtel“ gesucht. Was glaubt Ihr wohl, was dort alles angeboten wird?! Von „Dose“ und „Behälter“ gelangt man über „Beleidigung“ bis hin zur „Frau“! – Ach, meine schmutzige Phantasie will die Synomye jetzt nicht weiter hinterfragen …

05.09.2012: Luminaria eruditio praecox

Kickstarter” ist eine Internetplattform zur Finanzierung von Projekten über das Sammeln von Geldern aus einer breitgetreuten Öffentlichkeit (“crowdfunding”). Die Kapitalsucher, vor allem Künstler und Erfinder, geben eine Mindestsumme vor, die erreicht werden muss, damit ihr Projekt realisiert wird. Ist die Summe beisammen und wird das Produkt – eine Symphonie, ein Film, ein Spiel – hergestellt, so erhalten die Kapitelgeber ein Exemplar davon. (Eine Garantie für die Lieferung der versprochenen Leistungen oder für die zweckgerechte Verwendung des zugesagten Geldes gibt es allerdings nicht.)

Aaron, Günther und Moritz haben sich an Crowdfunding-Projekten für Spiele beteiligt. Moritz war jetzt der erste Glückliche, dessen Projekt verwirklicht wurde. Mit nur minimalen Schwierigkeiten beim Münchener Zoll und mit nicht ganz so minimalen Aufschlägen für Porto und Verpackung konnte er sein subskribiertes „Road to Enlightenment“ in Empfang nehmen. Dazu später.

1. “Bullenparty”
Vorab zum Warming-Up das Hornochsenspiel von letzter Woche. Wir ersteigern Hornochsenkarten, um sie sauber aufsteigend geordnet auf unserem einen Siegpunktstapel abzulegen oder weniger geordnet auf ein bis viele Strafpunktstapel zu verteilen.

Horst als Neuling versuchte sich mit der natürlichen kleckerigen Vorgehenweise, jeweils wenige aber passende Karten zu ersteigern, um möglichst ohne Strafpunkte auszukommen. Die anderen drei hatten schon Günther klotzige Raffstrategie verinnerlicht und nahmen alles mit, was sich anbot, Hauptsache viel. Für eine großen Geist sind die Strafstapel keine Abschreckung.

Günther war trotz der beiden gleichfalls allesfressenden Konkurrenten der weitaus erfolgreichste Bulle. Irgendwie schaffte er es, nicht nur viele, sondern vor allem auch dicke Hornochsen auf seinem Haben-Konto zu verbuchen. Das eigentlich ganz einfache Kartenspiel enthält doch mehr Facetten taktischer Feinheiten als der gesunde Menschenverstand es anfangs vermuten läßt.

Moritz war trotzdem nicht zufrieden: „Das Spiel gefällt mir immer weniger. Man muß einfach dumpf alle Karten nehmen! Das Spiel ist nicht direkt spannend.“ Dass es mit dem dumpfen Kartennehmen allein nicht getan ist, zeigte Güthers deutlicher Sieg. Man braucht auch ein geschicktes Strafkartenstapelmanagement. Für mehr Moritzsche Spannung schlug Günther vor, bei der nächste Auflage Orcs anstatt Hornochsen aufzudrucken. Damit ist allerdings dessen Bedürfnis nach eleganten Kampfwürfeln noch nicht befriedigt.

WPG-Wertung: Horst bliebt mit seinen 6 Punkten weitestgehend im WPG-Durchschnitt.

2. “Road to Enlightenment”
Moritz hatte sich letzte Woche auf dieses sein Kickstarter-Spiel vorbereitet. Für heute hatte er leider schon wieder alles vergessen. Etwas mühselig und beladen schleppten wir uns durch die 11 eng bedruckten Seiten höchst anspruchsvoller Spielanleitung.Road to Enlightenment card

Der Spielplan zeigt Europa nach dem 30-jährigen Krieg. Das malträtierte Deutschland ist zersplittert von Oslo bis Neapel. Kompakt präsentieren sich darum herum die stolzen Nationen wie England, Frankreich, Österreich, Polen, Schweden, und ein bisschen abseits Russland und Spanien. Diese Nationen warten nur darauf, sich das eine oder andere Stück vom Nachbarland unter den Nagel zu reißen. Ganz von der Ferne könnte hier das phantastische „Friedrich“ Inspirationswellen ausgesendet haben.

Der Motor des Spiels sind 134 verschiedene, höchst elegante Kampfkarten, mit Persönlichkeiten aus den Gebieten Militär, Politik, Wissenschaft, Kunst und Religion. Daraus sucht sich jeder frei Hand (aber verdeckt) ein zehnköpfiges Ensemble zusammen, mit dem er in den Ring steigt. Bei jedem Zug darf ein Spieler all seine Kampfkarten ausspielen, entweder in einem oder zwei Angriffen, für Gelderwerb (der Krieg ist teuer und ernährt sich keinesfalls selber) oder für Erfolge in seiner Aufklärung. Ein Spieler darf auch ein paar Karten zurückhalten, um sie später zur Verteidigung einzusetzen, wenn er selber einmal angegriffen werden sollte.

Bei einem Angriff werden die Stärkepunkte jeder gespielten Karte (Werte zwischen 0 und 5) zusammengezählt, dazu noch das Angriffspotential einer Nation (Werte zwischen 4 und 10) und ggf. ein Angriffsbonus seines Maximo Leader (0 bis 2). Für jeden hier aufaddierten Punkt darf man einen eleganten Kampfwürfel in die Hand nehmen und damit um den Sieg würfeln. Schafft man es, mit allen Kampfwürfeln zusammen insgesamt vier Sechsen zu würfeln, so ist die Schlacht gewonnen und die gegnerische Stadt eingenommen. Der Theorie nach sollte man das im Durchschnitt mit vierundzwanzig Würfeln schaffen, wir brauchten heute in der Praxis deutlich mehr und so mancher hoffnungsvolle Angriff versandete in läppischen Zweien und Dreiern.

Road to Enlightenment boardWalters massiver Angriff auf das katholische Schlesien wurde hingegen schon im Entstehen von Moritz mit einer einzigen Kampfkarte abgewürgt: Papst Innozenz XI luchste ihm mittels seiner Finanzkraft mehr als die Hälfte aller Kampfwürfel ab. Das brachte den schwedischen König Karl XII natürlich gewaltig in Harnisch. Sein Wunschtraum, eine Nacht in der Münchener Residenz verbringen zu können, war zerstoben. Am liebsten hätte er das bereits zwei Stunden lang dahindümpelnde Spiel unverzüglich abgebrochen. Doch er fand dafür bei seinen Mitkönigen keine Unterstützung.

„Road to Enlightenment“ ist ja auch kein Kriegsspiel. Moritz betonte es immer wieder und verfolgte in seinem Vorgehen auch eine ganz andere, vielversprechendere Strategie. Er brach keinen einzigen Krieg vom Zaun, dagegen arbeitete er hartnäckig, konsequent und ununterbrochen an seiner Aufklärung. In Wissenschaft und Kunst war er bald auf unerreichten Höhen, und schlußendlich konnte er die Waagschale auch noch zugunsten des Katholizismus kippen lassen. Das brachte ihm den Sieg.

Doch das Spiel funktioniert nicht. Hier nur ein Ausschnitt aus der Mängelliste:

  • Kein Spannungsbogen, von Anfang bis Ende der gleiche, zäh Ablaufmechanismus
  • Für den gleichförmigen Spielverlauf sind drei Stunden Spielzeit – bei nur vier von sieben Mitspielern! – viel zu lange
  • Die militärischen Aktionen sind viel zu aufwendig und viel zu wenig honoriert. Davon sollte man die Finger lassen. Damit aber sind 90% des Spielbretts überflüssig und der ganze Kampf reduziert sich auf ein Herumgeschiebe auf den drei Entwicklungsachsen Religion, Wissenschaft und Kunst.
  • Kein einziges Mal wurde gegen Mitspieler gekämpft. (Alles brotarme Erobern ging gegen das beklagenswerte Deuschland.) Warum sollte man auch zuerst eine teure Diplomatiekarte ausspielen um dann in einen riskanten Mitspielerkrieg zu ziehen, wo man gegen das neutrale Deutschland doch alles viel billiger und sicherer bekommt?
  • Polen focht keinen einzigen Seekampf. Dazu ist seine Hausmacht auch viel zu klein. Warum wird diese Alternative dann aber überhaupt angeboten? England focht ausschließlich Seekämpfe. Notgedrungen. Warum hat es dann aber überhaupt eine (mickrige) Landstreitkraft?
  • Die 134 verschiedenen Kampfkarten sind unnötig kompliziert, mühsam zu händeln und auszurechnen, und doch – außer bei einigen chaotischen Sonderwirkungen – ist ihr Effekt zu monton. Weniger wäre mehr.
  • Der Geldetat der verschienden Nationen ist absolut funktionslos. Bei dem wenigen Krieg, den man sinnvollerweise führen sollte und kann, ist die Kriegskasse immer voll. Man braucht keinerlei Anstrengung auf den Gelderwerb zu verwenden.

Die Ungereimtheiten des Spiels ernteten aber bald kein mißbilligendes Nasenrümpfen mehr, sie wurden eher mit einem schallenden Gelächter quittiert. Moritz fiel dazu eine Situation aus dem englischen Fernsehen ein, die ebenfalls schallendes Gelächter auslöste. Der erste Teil der Pointe war: „Wie kann man sich nur über etwas so Winziges derart freuen!“

Auf der Positiv-Seite sei vermerkt, dass das Spielmaterial höchst professionell hergestellt ist: bester Karton, Hochglanz-Karten, saubere Gulden und griffige Klötzchen in einer stabilen Schachtel. So wird das Material wohl auch in die ewigen Jagdgründe eingehen.

WPG-Wertung: Günther: 2 (der Autor hätte die jahrelange Arbeit, 134 verschiedene Persönlichkeiten zu skalieren, besser in funktionierende Spielmechanismen investiert), Horst 3 (es ist ein Wargame ohne War), Moritz: 4 (für den Entwicklungsaufwand des Autors. Viele hübsche Ideen sind angedacht, doch das Spiel hat Probleme), Walter: 3 (Fleißarbeit in Geographie und Geschichte macht noch kein spielbares Spiel).

Aaron und Günther fiebern schon ihren eigenen Crowdfunding-Spielen entgegen. Jetzt mit noch erhöhter Zitterfrequenz. Moritz freut sich schon darauf, die Kickstarter-Variation für „1830“ in die Pfanne zu hauen.

3. “Trans Europa”
Die Diskussion, ob man beim Bau des Schienennetzes zuerst in seiner eigenen Schwerpunktecke, oder eher im gemeinsamen Zentrum anfangen soll, hat nach wie vor keinen klärenden Abschluß gefunden. Wie sollte man das auch entscheiden?

Walter versuchte es mit folgender Aufgabenstellung: Jeder bekam die gleichen Städte London, Warschau, Riga, St. Petersburg und Sofia zugeteilt und sollte geheim aufschreiben, an welcher Stelle er anfangen würde. Zwei Fraktionen schälten sich heraus: Die „Berliner“ fingen im Zentrum an, die „Warschauer“ auf ihrerer eigenen Seite. Doch welche Fraktion wäre besser aufgestellt gewesen? Kann da jemand Entscheidungshilfe beisteuern?

Kein neue WPG-Wertung.

4. “Bluff”
Keine besonderen Vorkommnisse. Horst konnte die Absackerpartie mit 5:0 für sich entscheiden.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

“PS”
1. Nicht Horst’s Nachbar ist abgebrannt, nur dessen Hecke. Es war aber ein beeindruckendes Schauspiel.
2. Hallo Aaron, hast Du die ägyptischen Korallen-Nixen alle selber flicken können und hast Du dazu die Hilfe von Basti in Anspruch nehmen müssen?

29.08.2012: Gruß aus Singapur

Meng Tuck, genannt Mingde, ein Student aus Singapur, war vor zehn Jahren regelmäßiger Gast am Westpark. Bei Drachengold, Acquire, Junta, Emmerlaüs, Carcassonne, Dune, Gangland und Origins of World War II war er mit wachsender Begeisterung dabei. Beim ersten Besuch mußte ihm Peter noch verklickern, dass wir nicht um hohe Geldbeträge zocken, sondern die Freude am Spiel das einzige Motiv unserer Spielabende war.

Als er in seine Heimat zurückkehrte, nahm er den festen Vorsatz mit, auch in Südostasien das gesellschaftliche Brettspielen zu praktizieren. Offensichtlich mit Erfolg. Er betätigte sich sogar als Spieleerfinder und gründete mit „Cardboard Island Games“ einen Spieleverlag. Damit war er letztes Jahr auf der „Spiel 2011“ in Essen mit einem eigenen Stand vertreten. In der Hauptsache aus Marketinggründen; das Material seiner Spieleerfindungen lag nur als Prototyp vor. Abhängig von der Nachfrage sollte entschieden werden, ob das Spiel in die Produktion gehen sollte oder nicht.
Die Würfel sind gefallen, Mingde war zufrieden. Heuer in Essen werden seine Spiele erstmal zum Verkauf angeboten. Wir erhielten zum Spielen und Testen eine Vorabversion.

1. “Dash”
„Dash“ ist nicht nur ein kurzer waagrechter Strich, das englische Wort bedeutet auch so viel wie flitzen oder lospreschen. In „Dash“ geht es um ein Wettrennen. Im das Stadtgebiet von Singapur müssen wir zwei Vorlaufrennen und ein Finale bestreiten.

Um im Rennen vorwärts ziehen zu dürfen, müssen wir einen Rennkarten-Kampf a la Poker gewinnen. Wer die höchste Einer-Karte, das höchste Pärchen oder das höchste Trio (Street, Flash oder Drilling) ausspielt, hat die Runde gewonnen und zieht 2, 5 oder gar 8 Felder vorwärts, alle anderen kommen auch ein Stück vorwärts, aber signifikant weniger weit. Der Startspieler einer Bietrunde entscheidet, ob mit 1, 2 oder 3 Rennkarten gekämpft wird. Der Gewinner einer Runde ist der nächste Startspieler.

Dash – Endspurt im dritten Rennen

In einer Runde darf ein Spieler beliebig oft eine weitere Kartenkombination ausspielen. Jede Kombination muß – im Poker-Sinne – höherwertig sein als der Vorgänger. Zwischen zwei Kartenkombinationen darf ein Spieler zusätzlich noch „Powerkarten“ ausspielen: diese gewähren ihm Vorteile wie additive Vorwärtsschritte oder ein Auffüllen der Kartenhand; leider sind darunter auch ein paar chaotische Ärgerkarten, z.B. einen beliebigen Spieler um einige Felder zurückzusetzen oder – via Sonder-Powerkarten – ihm einige Karten aus seiner Kartenhand zu entfernen. Offensichtlich geht es in der Welt nicht ohne solche destruktiven Elemente.

Als Kartenreservoir besitzt jeder Spieler das gleiche Set von 70 Rennkarten. Davon darf er maximal 11 Karten auf der Hand halten. Ein Kartenset muss für alle drei Rennen ausreichen. Die Karten sind knapp kalkuliert. Wer sich zu früh verausgabt, bleibt früher oder später auf der Strecke. Dabei kann man es sich allerdings leisten, in den ersten beiden Rennen das Ziel in weiter Ferne zu lassen. Nur das letzte Rennen entscheidet über Sieg oder Niederlage.

Warum überhaupt die Vorlaufrennen? Der Sieger erhält eine Anzahl Sonder-Powerkarten, die er sich für das letzte und entscheidende Rennen aufsparen sollte. Mit den Vorlaufrennen kann und sollte man natürlich auch Kartenpflege betreiben: kleine, schwache Einzelkarten zielbewußt und emotionslos abwerfen, um später mit einer geballten Hand von hochkarätigen Drillingen das Finale zu bestreiten.
Leider ist der Bonus durch die Sonder-Powerkarten erstens zufallsgesteuert und zweitens nicht übermäßig mächtig. Wer z.B. drei gleiche Trap-Karten zieht, mit denen er seinen Mitspielern Steine (Durian = Stinkfrucht genannt) in den Weg legen dürfte, dem Rennverlauf aber gerade Letzter ist und diese Stink-Steine nur hinter sich selbst, nicht aber vor die Füße der Gegner legen darf, der hat gar nichts davon.

Moritz fand hier sofort eine vorzügliche Verbesserung: Die Sonder-Powerkarten, die für den Sieg in einem Vorlauf zu gewinnen sind, sollten offen ausliegen, und der Sieger sollte sich seine Prämie daraus frei auswählen dürfen. Damit bekämen die Vorläufe eine deutlich höhere Bedeutung, und man würde sie nicht nur als lästige Pflichtaufgabe absolvieren, um sich erst im Finale ins Zeug zu legen.

Insgesamt eine hübsche Kombinatiion aus Stichspiel und Wettrennen. Eine ganze Reihe verschiedener Spielelemente ist harmonisch zu einem recht interaktiven Spiel vereinigt. Das Spielmaterial ist höchst gediegen, das Regelheft übersichtlich und klar. Für ein Erstlingswerk eine sehr ansprechende Leistung.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (aus seiner Erinnerung von Essen 2011), Günther: 6 (durch Tuning könnte man daraus sogar ein 8er-Spiel machen, Moritz: 7 (neuartige gefällige Grafik, auch für Gelegenheitsspieler geeignet), Walter: 7 (plus Mingde-Bonus minus Ärger-Karten).

2. “Dominant Species – The Card Game”
Das Kartenspiel um das evolutionäre Gerangel (siehe Session-Report vom 22.08.2012) hat bei uns Freunde und Gegner: zweimal die Note 8 und zweimal die Note 3! Günther, der von seinen Spielvorlieben her eher eine Affinität zur 3-Punkte-Franktion hat, stand Moritz’s Spielvorschlag zunächst skeptisch gegenüber. Als ehrlicher Makler sollte er dann aber eine abschließende Entscheidung fällen.
Gleich bei der Kartenausteilung zeigte sich ein – in meinen Augen entscheidender – Nachteil zu „Dash“: Die Mitspieler bekommen unterschiedlich wertige Karten aus einem für alle gemeinsamen Kartenset zufällig zugeteilt. Wer Glück hat, schwelgt in hochwertigen Würmern und Vögeln, wer Pech hat dümpelt mit minderwertigen Spinnen und Affen durch die Natur.

Moritz’ ursprüngliche Kartenhand bestand aus fünf Sonderkarten und nur zwei Tierkarten. Damit mußte er sich nolens volens zurückhalten und paßte die ersten drei Runden. Günthers Hand strotzte vor mickrigen 2er und 3er Tieren, mit denen er ebenfalls keinen Pappenstil gewinnen konnte. (Entweder aus Prinzip oder weil er das Spiel noch nicht kannte, verfiel er deswegen aber nicht in ein berühmt-berüchtigtes Karten-Beklage-Gejammer.) Walter konnte sein Glück vor lauter 8er Tieren gar nicht fassen.

Moritzens Erste-3-Runden-Passen wurde als Taktik angesehen: Kartenpflege für die lukrativen Runden am Ende. Schließlich werden allein in den letzten beiden Runden (= 20% des Spiels) vierzig Punkte (= fast 50% der Gesamt-Punkte) vergeben. Günther und Walter konterten mit einer Absprache: Bei geringsten Geboten an Zahlen und Symbolen beendeten sie jeweils mit Gleichstand die Bietrunde; beide strichen jeweils die vollen Siegprämien ein.

Auch Moritz reihte sich später in die Kooperationsstrategie ein, sobald ein Spieler schwächelte. Die Kartenhände wuchsen ins Unermessliche (na ja). Auch dieser Effekt scheint uns mit dem festen Kartenlimit bei „Dash“ besser gelöst. Alles spitzte sich auf eine Materialschlacht in den letzten Runden zu.

Jetzt mußte man seine Kartenhand natürlich frühzeitig leerspielen. Weil in jeder Runde jeder ja nur maximal soviel Karten spielen darf, wie der schwächste im Bunde, konnte man mit einer Minimalhand seine Gegner unter Druck setzen. Am Ende entschied Günther mit mächtigen Powerkarten die zehnte Runde für sich. In der Gesamtwertung reichte es aber nicht, seine Durststrecke im Mittelteil wettzumachen. Auch Moritz konnte seinen unfreiwilligen Spar-Rückstand aus den Anfangsrunden nicht wieder aufholen.

WPG-Wertung: Günther: 6 (locker), Moritz: 8 (besser als „Schnuff“ – spielt er das etwa schon mit seinem Sohn Milo?), Walter: 5 (hat sich an die Ärgerkarten gewöhnt).

3. “Bullenparty”
Die Familie der Hornochsen aus der Gattung „6 nimmt“ hat wieder Nachwuchs bekommen. Diesmal hat aber der Hausfreund seine Hände (oder was auch immer) im Spiel (oder wo auch immer) gehabt: Die Karten mit den Zahlen von 1 bis 100 und einer unterschiedlichen Anzahl von Hornochsensymbolen sind geblieben. Charakter und Spieltechnik sind hingegen total anders.

Auf dem Tisch liegt – a la „6 nimmt“ – eine Anzahl von Kartenreihen. Jeder hat 5 Zahlenkarten und einen Null-Ochsen in der Hand und spielt davon verdeckt eine Karte aus. Wer den Null-Ochsen spielt, nimmt diese Karte wieder auf die Hand und geht in die nächste Runde. Wer eine Zahlenkarte spielt, muß diese Karte abgeben und nimmt sich dafür einen der ausliegenden Stapel auf die Hand. Die niedrigste Karte darf zuerst wählen.

Jetzt muß er bis auf 5 alle Zahlenkarten seiner Hand ablegen: wohlgeordnet aufsteigend auf offen vor sich ausliegende Kartenstapel. Die Hornochsen in einem dieser Stapel sind am Ende seine Siegpunkte, die Hornochseln in allen anderen Stapeln sind Minuspunkte.

Vor den Minuspunkten braucht man keine Angst zu haben. Früher oder später sind sie unvermeidlich. Man kann beliebig viele 1-ochsige Strafpunkt-Stapel anlegen und hat doch erst eine Handvoll Minuspunkte auf seinem Konto. Schafft man es aber, die hochzähligen Hornochsenkarten alle auf seinem einen Siegpunkt-Stapel – wohlgemerkt wohlgeordnet – unterzubringen, und kassiert auch noch die Ochsenprämie für aufgenommende Stapel der Länge 5, so ist einem der Sieg nicht mehr zu nehmen. Günther verfolgte diese Divertimento-Politik. Mit fünf schlanken Strafstapeln und einem dickbäuchigen Siegesstapel kam er auf über 50 Siegpunkte. Walter gelang das Kunststück, alle seine Karten auf einem einzigen (Gewinn-)Stapel abzulegen. Er kam dabei aber nur auf 33 Siegpunkte.

Fazit: Jeder Strafstapel sollte zur Zahl der enthaltenen Hornochsen auch mit konstanten 5 Minuspunkte bestraft werden. Oder mit der geometischen Reihe von 1, 3, 6, 10 … Minuspunkten. Damit würde der intelligente Gourmet und nicht der stumpfsinnige Gourmand belohnt.

WPG-Wertung: Günther: 6 (man muß mehr überlegen als bei „6-nimmt“. Walters Frage: auch bei der Gourmand-Strategie?), Moritz: 6 (gut durchdacht, Kramer ist immer noch besser als Knitzia), Walter: 7 (neuartige Hornochsen-Herausforderung)

3. Feuer in Nachbars Garten
Horst mußte zwei Stunden vor Beginn kurzfristig den Spielabend absagen. Das Haus seines Nachbarn brannte! Die Asche regnete schon in seinen Garten herüber.

Hallo Horst, ich hoffe, dass der Brand inzwischen gelöscht ist, und Du nicht wie die armen Opfer der Schwabinger Bombensprengung ins Obdachlosenasyl umziehen mußt.

22.08.2012: Die Evolution der Meilensteine

Ein großes Regengebiet kam von Augsburg her in Richtung München gezogen. Die Warnsignale standen schon alle auf rot. Doch dann löste es sich ganz friedlich auf, und der Niederschlagsradar ließ bis weit in die Nacht hinein auf eitel Sonnenschein schließen.

Niederschlagsradar München
Zum ersten Mal in diesem Jahr spielten wir am Westpark wieder im Freien auf der Terrasse. Zum ersten Mal wurde der sonst übliche Rotwein durch einen Weißwein ersetzt. Mit oder ohne Sprudel. Mit oder ohne Aperol. Prost.

1. “Dominant Species – The Card Game”
Zu dem aufwändigen (gefälligen und offensichtlich auch geschäftlich erfolgreichen) Brettspiel hat GMT Games unter dem gleichen Namen jetzt ein Kartenspiel herausgebracht, um auf der Spezies-Welle noch ein bißchen herumzureiten. Doch außer dem Titelbild hat das Kartenspiel mit dem Brettspiel nichts gemein.

Jeder bekommt sechs Spezies-Karten in die Hand. Darauf sind verschiedene Tierklassen (Insekten, Spinnen – keine Insekten!, Reptilien, Vögel und Affenartige) abgebildet. Da das Spiel einen rein abstrakten Spielcharakter besitzt, hätte man hier auch einfach, und sogar für mehr Übersichtlichkeit, die simplen Farben rot, grün, gelb oder blau etc. draufmalen können. Daneben besitzt jede Karte zwei Stärkeeigenschaften: einen absoluten „Nahrungsketten“-Wert, und einen relativen Nahrungs-Wert, der sich auf eine bestimmte Nahrung (Würmer, Wasser, Licht, Luft und Sonne) bezieht.
Reihum spielen die Spieler jeweils eine Karte aus. Insgesamt beliebig viele. Wer keine Karte mehr spielen will, paßt; die anderen können ihren Kartenvorrat bis zur bitteren Neige verausgaben. Am Ende zieht jeder zwei neue Karten nach. Offensichtlich: Wer sein Kartenpotential in der ersten Runde vollständig verspielt, muß in allen folgenden Runden von den zwei nachgezogenen Karten leben. Wer hingegen neun Runden lang paßt, dem stehen in der letzten Runde 24 (= 6 + 9 * 2) Karten zur Verfügung. Die richtige Dosis im Kleckern und Klotzen bei der Kartenzugabe ist die Herausforderung des Spiels.

Die Karten spielt man aus, um damit ein offen ausliegendes „Biome“ zu ersteigern. Nach LEO ist das ein Organismenkollektiv, bei „Dominat Spezies“ versteht darunter eine Nahrungskombination, bestehend aus Würmern, Wasser … . Sind auf dem Biome z.B. Würmer abgebildet, so erhält der Spieler, der in dieser Runde auf seinen ausgespielten Spezieskarten die meisten Würmer hat, 1 – 3 Siegpunkte. Zusätzlich erhält der Spieler, dessen ausgespielte Spezies-Karten in der Summe den höchsten Nahrungsketten-Wert aufweist, eine von Runde zu Runde wachsende Anzahl von Siegpunkten, und er steigt auf dem Überlebenspfad (ebenfalls ein Siegpunkt-trächtiges Spielelement) eine Stufe höher.

Soweit ist das Ganze ja noch übersichtlich und linear. Jeder Spieler kann beim Zugeben von Karten kalkulieren, ob er in dieser Runde noch berechtigte Hoffnung hat, von allen Mitspielern z.B. die meisten Würmer auf den Tisch legen zu können, oder ob er seine Würmerkarten besser für spätere Runden aufheben soll. Doch etwa die Hälfte aller Spezieskarten beinhalten einen zusätzlichen negativen Effekt auf Karten der Mitspieler: sie machen gesunde Tiere krank, so dass sie nur noch die Hälfte ihrer Stärke besitzen, und sie machen kranke Tiere tot, mit einer entsprechend noch drastischeren Auswirkung auf ihre Potenz. Wie es sich für ein ordentlich-chaotisches Spiel gehört, ist der betroffene Mitspieler und seine ausliegende Spezies-Karte frei wählbar. Ein bewährtes Mittel, sich Feinde zu schaffen.

Damit das Ganze noch ein bißchen witziger wird, sind unter die Spezies-Karten auch noch Sonder-Karten eingestreut, die zum Teil den Wert der eigenen Auslage fördern, zum größten Teil aber die Auslage der Mitspieler gravierend beeinträchtigen, wie z.B.

  • Eliminiere alle ausliegenden Karten einer von dir frei wählbaren Tieart
  • Eliminiere alle kranken Tiere
  • Mache zwei beliebige fremde Tiere krank oder ein gesundes Tier ganz tot

Zur Kleckern- oder Klotzen-Herausforderung des Spiels kommt demnach noch die Lösung folgender drei Aufgaben

  • Spiele deine Karten so in der Reihenfolge, dass du möglichst wenig geschädigt werden kannst: die billigen Karten also zuerst (= nobrainer)
  • Spiele deine Karten so in der Reihenfolge, dass du deine Mitspieler möglichst viel schädigst: die mächtigsten Karten also zuletzt (= nobrainer)
  • Spiele deine Karten so, dass du dir möglichst wenig Feinde machst, damit sie hinterher nicht geballt alle auf dich losgehen. (Das entspricht eher schon der Quadratur des Kreises)

Aaron fand, das Spiel sei „ein Stochern im Nebel“. Von Walter darauf aufmerksam gemacht, dass „Stochern“ so etwas wie ein Ziel voraussetzen würde, verbesserte er auf „ein Torkeln im Nebel“. Auch stöhnte er dazwischen: „Diese Karte ist so ein Scheiß, aber ich spiele sie schon mal.“ Damit hatte er die Empfindungen von der Hälfte der heutigen Teilnehmer auf den Punkt gebracht. Die andere Hälfte war eher euphorisch.

Moritz als Erster auf dem Überlebenspfad bekam in der Schlußwertung dafür sogar noch weitere 5 Siegpunkte; Walter als Letztem wurden 5 Siegpunkte abgezogen. Reine Tautologie. Die Ungarn sagen dazu: „A kutya is oda szarik, ahol már van.“ Die Deutschen haben ein ähnliches Sprichwort mit dem Teufel statt des Hundes.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (verständliche Regeln), Horst: 8 (würde ich jederzeit wieder spielen), Moritz: 7 (locker), Walter: 3 (das Spiel funktioniert, doch es macht mir kein Vergnügen, mir von anderen in die Suppe spucken zu lassen. Das Umgekehrte übrigens auch nicht.)

Moritz 7 Punkte verhinderten, dass „Dominat Spezies“ ein Kandidat für unseren Preis „Horst des Monats“ wird. Wobei ich mich manchmal frage, ob hinter Horsts Wertungsnoten nicht ein gutes Stück Verarschung steckt. (Entschuldigung)

2. “Milestones”
Auf Deutsch heißt das wohl „Meilenstein“. Moritz kannte noch eine andere Bedeutung des englischen Wortes, er verriet sie aber nicht. Der Themenkreis war aber eindeutig. Es wird wohl so etwas wie ein „Joystick“ sein. Die Wortspiele um die herrlichsten Dinge der Welt ließen heute die Arbeit an den Meilensteinen der Welt von Stefan Dorra und Ralf zur Linde munter fortfließen.

Auf einem hübschen Parcours, läßt jeder seinen Pöppel um fünf Stationen kreisen:

  • seine Arbeiter auf den seinen Feldern arbeiten zu lassen, um Rohstoffe (Stein, Sand, Holz) sowie Getreide und Münzen zu gewinnen
  • im Handelshaus mit Münzen neue Felder resp. Arbeiter einzukaufen.
  • via Bauamt aus Rohstoffen öffentliche Straßen, Häuser und Märkte zu bauen und dafür Siegpunkte zu kassieren
  • in der Mühle das Getreide zu Mehl zu mahlen und damit die Märkte versorgen. Auch dabei springen Siegpunkte heraus.
  • in der Burg seine überzähligen Vorräte abgeben und eine Ruhepause einlegen

Jeder kann den Parcours so schnell wie er will zurücklegen und dabei beliebig viele Stationen auslassen. Nur in der Burg muß er eine Pause einlegen und verliert auch einen Arbeiter. Ansonsten ist es ein ewiger – und leider auch ziemlich gleichförmiger – Kreislauf um den Erwerb und die Nutzung von Rohstoffen.

Interaktion ist Mangelware. Es ist eher ein simultanes Solitärspiel für 2 bis 4 Mitspieler. Die gebauten Straßen, Häuser und Märkte werden an den verschiedenen Stellen des Spielplans unterschiedlich honoriert und jeder möchte natürlich an die besten Bauplätze herankommen. Doch bei der Unberechenbarkeit des gemeinsam gebauten Wegenetzes ist dieser Konkurrenzeffekt eher vernachlässigbar. Keiner von uns hat auch nur einmal zwei Züge vorausgeplant, um später an der besten erreichbaren Stelle den größten Profit einzuheimsen; jeder hat seine Arbeiter auf Anschaffe geschickt und dann mehr oder weniger opportunistisch von der Hand in den Mund geschaut, was er dafür bekommt.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (unübersichtliche Punktezählerei für 1-2 Zusatzeinheiten), Horst: 4 (unspannend, wenig planbar, hält Ludoversums Einschätzung: „nach Village der nächste Kracher auf dem Markt“ für eine Frechheit, Moritz: 4 (ein paar nette Ideen, insbesondere der Parcours, ansonsten passiert zu wenig), Walter: 4 (nach 2-3 Runden hat sich das Spiel eingeschwungen, dann läuft alles im gleichen Trott).

3. “6-nimmt”
Der alte Klassiker ließ gleich wieder unsere Diskussion aufflammen, ob es sich hier um ein taktisch-strategisches Spiel oder um ein Glückspiel handelt. Vor Jahren war unser Thomas schon mal mit dem Glücksspiel-Beweis gescheitert, als er alle seine auszuspielenden Karten nach einem blinden Zufallsverfahren auswählte. Er landete damals weit unter Durchschnitt.

Auf der anderen Seite verficht Walter lautstark den taktischen Charakter. Heute geriet er mit seinen kritischen Post-Mortem-Kommentaren, wann und wo Moritz seine „104“ hätte einsetzten sollen, leicht in den Geruch von Klugscheißerei. Dann ließen sich die beiden auf ein Experiment ein: Moritz durfte ihm eine beliebige Kartenhand vorgeben (es waren die Karten 1 bis 6 und 101 bis 104), mit der er gegen die regulär ausgeteilten Karten der drei Mitspieler antreten sollte. Experiment geglückt: Walter landete mit 13 Minuspunkten deutlich über Durchschnitt.

Wo ist Andor?

Die Legenden von Andor
Das Brettspiel
Ende letzter Woche erhielten auserwählte Spieleseiten ein kleines Päckchen ohne Absender, das ein Holztäfelchen mit merkwürdigen Zeichen und die Kopie eines Zeitungsartikels enthielt, in dem von einer Suchaktion nach einer verschwundenen Archäologin im Potsdamer Forst die Rede war. Nach kurzem Rätselraten unter anderem in einer Facebookgruppe war klar: Der Prolog in Form eines Alternate Reality Game, kurz ARG, „zu „Die Legenden von Andor“ hat begonnen, dem ersten Spiel von Michael Menzel, der sich bislang als Spieleillustrator einen Name gemacht hat.

KOSMOS ist damit der erste Verlag, der diese Art von Online-Spielen begleitend für ein großes Brettspiel anbietet. Bis Mitte September können sich Spielebegeisterte auf eine abenteuerliche Spurensuche nach dem Weg ins Land Andor begeben, denn Andor ruft nach Helden. Das Königreich ist in Gefahr, sehr bald werden die ersten Feinde die Burg von König Brandur erreicht haben und den Frieden für lange Zeit beenden. Wie müssen die Spieler sich beweisen, um den Weg nach Andor zu finden und was haben eine junge Archäologin und eine Brandkatastrophe im Jahr 1912 mit den mysteriösen Ereignissen zu tun?

Fans von ARGs und Geocaching können sich auf einen Prolog zum Brettspiel freuen, der sich zwischen Social Media-Netzwerken, GPS-Daten und realen Orten, fast vergessenen Mythen und fantastischen Welten entfaltet. Über die Homepage www.wo-ist-andor.de starten die Spieler in das Abenteuer. Dort und auf der Facebook-Seite facebook.com/legendenvonandor lässt sich die Suche nach dem Weg ins Land Andor mitverfolgen.

Das Brettspiel für 2-4 Spieler wird im September im Kosmos Verlag erscheinen.

Grundlagen der Spiele-Entwicklung

Yunnan coverNachdem ich mich nun seit über einem Jahr mit der Entwicklung zweier Spiele beschäftige (“Yunnan” und “Trawler”) stelle ich fest, dass der Aufwand dafür erheblich größer ist, als anfangs gedacht. Zwischen den ersten Ideen für das Thema  und den Randbedingungen für die Mechanismen (“Strategiespiel mit viel Spielerinteraktion, Spielzeit unter 90 Minuten, keine oder nur wenige Glückselemente”) und der ersten wirklich spielbaren Version lagen viele Monate und etliche Themenwechsel. So wurde aus dem ursprünglichen Eisenbahnspiel ein Weltraumspiel und daraus dann das endgültige(?) Thema der Teelieferung aus Yunnan über die Tea-Horse-Road (ein dickes “Danke Schön” an Peer aus Berlin für den Tipp!). Beim etwas später entstandenen “Trawler”, dessen “Initialzündung” auf einer Tauchsafari in der Adamanensee stattfand, blieb das Thema (Hochsee-Fischfang) konstant und auch die Mechanismen passten von Anfang an recht gut. Zeigt sich da soetwas wie eine Lernkurve?Trawler cover

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen mir, dass Spiele entwickeln doch irgendwie gelernt werden muss. Kreativität alleine reicht nicht, denn viel Schweiß fließt in das Balancieren der Spielmechanismen und deren Parameter. Von einer “Vermarktung” der Prototypen wollen wir hier noch gar nicht reden.

Die Jahresbände der Spieleautorentagung boten zu vielen Theman bereits eine erste Hilfestellung, aber dennoch habe ich das Gefühl, viel zu wenig Wissen mitzubringen, um vielleicht eines Tages ein eigenes, von einem Verlag produziertes Spiel in den Händen halten zu können.

Eher durch Zufall stieß ich auf Christward Conrads Seminar “Grundlagen der Spiele-Entwicklung”, das diese Jahr zum vierten Mal in Bad Homburg abgehalten wird (brettspiele.de.to/fortbildung-fuer-spieleautoren.html). Das Programm klingt interessant, der Kontakt zu anderen Spieleautoren vielversprechend, und die Möglichkeit, in neuer Runde die eigenen Spiele zu testen ist auch noch gegeben. Was will man mehr?

Also habe ich mich für das Seminar angemeldet und freue mich auf interessante Vorträge, Diskussion und Kontakte. Und wer schon immer mal einen Westpark Gamer persönlich kennenlernen wollte, selber Spiele entwickelt oder entwickeln möchte und vom 14.9. bis 16.9.2012 Zeit hat nach Bad Homburg zu kommen, kann sich ja noch bei Christward anmelden.

27.07.2012: Elektronik auf der Seidenstraße

Traditionsgemäß wird der Auswahl zum “Spiel-des-Jahres” am Westpark (und in anderen Vielspielerkreisen) mit einer gewissen Skepsis entgegengesehen. Ohne Günther kam der diesjährige Preisträger „Kingdom Builder“ auf glatte 5 Punkte. Am Samstag verschickte Günther per Email seine eigenen Eindrücke dazu:
„Ich habe gestern bei den Spuiratzn zweimal Kingdom Builder gespielt.
Als Familienspiel ist es schon recht komplex – speziell durch mehrere erworbene Eigenschaften und den mehreren Siegpunktbedingungen. Ja, es verführt sogar zum Grübeln – was in einigen Runden problematisch werden kann. Trotzdem spielt es sich recht flott- so ca. 1 Stunde braucht man für eine Viererpartie. In den ersten handvoll Runden muss man sehr aufpassen, denn es ist extrem wichtig, sich die für die weiteren Runden notwendigen Eigenschaftsplättchen zu sichern.
Ich gebe dem Spiel 7 Punkte- wenn der Grübelfaktor nicht wäre, sogar etwas mehr …“

1. “Octago”
2008 hat die PublicSolutions GmbH in Dresden unter dem Namen „Yvio“ eine elektronische Spielkonsole herausgebracht, die das Herzstück für eine ganze Serie von neuen Brett- und Party-Spielen sein sollte. Die Konsole steuert den Spielablauf, sie übernimmt all die lästigen Aufgaben wie Erklären, Vorgeben, Verteilen, Zählen und Werten, und kommentiert in wohlproportionierten Abständen den Spielverlauf. Eigentlich eine gute Idee.

Yvio Konsole
Die Yvio Konsole

Auch die Ausführung ist technisch sauber und spielerisch einladend gelungen. Trotzdem war das Konzept kein Markterfolg. Vielleicht hat es an dem hohen Preis von 70 bis 80 Euro pro Spiel-Realisierung gelegen. Die Firma ging geradewegs in den Konkurs und Günther hat aus der Konkursmasse für nur 50 Euro gleich 3 Spiele erstehen können.

In „Ortaco“ zieht jeder Spieler mit seinem Pöppel auf einem runden Spielbrett beliebige Felder vorwärts oder rückwärts auf rote, grüne, gelbe oder blaue Kreise, Sterne, Dreiecke oder Quadrate in einer roten, grünen, gelben oder blauen Region. Je länger eine Farbe oder Form nicht betreten wurde, desto mehr Form-Farben-Punkte gibt es für das Betreten des Feldes. Diese Punkte werden virtuell jedem Spieler zugeordnet und regionsspezifisch hochgezählt.

Durch Drücken der Wertungstaste kann ein Spieler jederzeit seine Form-Farben-Punkte einer Region in Siegpunkte umwandeln. Dabei wird die Punktanzahl mit einem Faktor multipliziert, der umso höher ist, je länger die vorhergehende Wertung in dieser Region zurückliegt. Ganz schön abstrakt, mit Hilfe der Spielkonsole aber kinderleicht zu bewältigen.

Reiner Knizia hat sich das ausgedacht und die damalige Presse hat es als „fantastisches neues Strategiespiel“ propagiert. Übliche journalistische Fehlinformation. “Octago” ist begrenzt phantastisch und enthält Null Strategie. Dafür genügend Raum für opportunistische Taktik: Es gewinnt der, der ein gutes Gedächtnis hat und sich am besten merken kann, auf welchen bunten Formen er und seine Mitspieler in jüngster Zeit gestanden haben.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (funktioniert, fraglicher Wiederspielreiz), Günther: 5 (das yvio-Spielprinzip als solches erhält 7 Punkte), Walter: 5 (die elektronische Führung ist gelungen, für einen älteren Herrn zuviel Memory-Bedarf).

2. “Quizzen” in der “Partytime”
Ebenfalls ein Spiel aus der Serie für die yvio-Spielkonsole. Diemal macht uns die Konsole einen geilen Quizmaster. Er führt uns akkustisch durch ein Quiz, „das Euch in den Wahnsinn treiben wird“. Es werden Auswahlfragen gestellt, die alle Mitspieler gleichzeitig mit einer der Antwortkarten A, B, C oder D beantworten sollen. Die schnellste richtige Antwort bringt zwei Punkte, eine langsame richtige Antwort einen Punkt und für eine falsche Antwort wird ein Punkt abgezogen.

Die Fragen sind von einem mittleren Günther-Jauch-Schwierigkeitsgrad. Z.B. „Was haben die Waisen aus dem Morgenlande nicht dabei? A: Gold? B: Seide? C: Myrrhe? oder D: Weihrauch? Zwischen die Fragerunden sind Intermezzos eingestreut, bei denen die Führenden etwas Federn lassen müssen und dem Letzten ein paar Trostpunkte zugeschustert werden. Sachgerecht und partygerecht.

Lustig – zumindest für die erste Begegnung – sind die Kommentare des Quizmasters. Er bescheinigt einem „intellektuellen Schlußlicht“ schon mal eine „besonders erheiternde Unfähigkeit“. Für Fragen, die kein einziger Spieler richtig beantwortet hat, kommt der Kommentar “Ihr habt alle verkackt“.

Wenn sich die lustigen Sprüche wiederholen, ist ein Großteil des Spielreizes wohl dahin. In unserem einen Quiz-Durchgang passierte das erst ansatzweise, doch die Tendenz ist erkennbar. Dann bleibt nur noch das Quiz übrig. Immerhin können acht Spieler daran teilnehmen. Manche mögens’s heiß.

Keine WPG-Wertung für ein Unterhaltungsspiel, das im richtigen Teilnehmerkreis die Wogen hochschlagen lassen kann.

3. “Yunnan”
Aaron legte mit Freuden der Dreierrunde den aktuellen Stand seiner Eigenentwicklung über den Handel auf der Tee- und Seidenstraße auf. Das vierte Mal allein in diesem Jahr (22. Februar, 11. April, 11. Juli) und seine beiden Mitspieler waren keineswegs nur aus Höflichkeit eifrig bei der Sache.

Beim letzten Mal hatten wir in einer 5er Runde die sagenhaften Möglichkeiten der Abstauber-Rolle in der Bank kennengelernt. Wer in den ersten beiden Runden zweimal hintereinander die Spielereinsätze auf seine Seite bringen konnte, dem ist der Gesamtsieg wohl nicht mehr zu nehmen. Doch Aaron hat hier jetzt eine Bremse eingebaut: Wer in die Bank geht, muß in der gleichen Runde auf alle Entwicklungsfortschritte verzichten: er darf keine Lager errichten, keine Händler einstellen, seinen Einfluß nicht stärken und seine Reichweite nicht erhöhen.

Dessen ungeachtet ging Günther als Startspieler mit seinem ersten Pöppel unverzüglich auf die Bank los. Aaron und Walter konterten mit einer Allianz und teilten das Angebot an Entwicklungsrichtungen zu billigsten Preisen unter sich auf. Günther konnte gerade soeben mal sieben Yüan auf sein Konto buchen.

Jetzt ging niemand mehr in die Bank. Der früher so begehrte Abstauberposten hatte seinen Glanz verloren. Doch für den Spielverlauf war das kein Verlust an Spaß und Dynamik. Es taten sich neue überraschende Spielzüge aus, deren Reichweite auch für die Analysten vom Westpark noch lange nicht auskalkuliert sind. Und die Bank blieb eine ständige Droh-Option für den Fall, dass die Mitspieler versuchen sollten, sich zu hohen Preisen gleich mehrfach Entwicklungsfortschritte an Land zu ziehen.

Früher als in früheren Spielen wurde bereits in der vierten Runde der Endspurt angezogen. Ein spannender Moment, der aber auch schon im Vorbereitungsgerangel der ersten Runden ständig in den Köpfen parat ist und parat sein muß. Eine Runde später war der Kampf entschieden. Den Schaden, den Günther mit seiner Geldgier in der ersten Runde erlitten hatte, war nicht mehr gut zu machen.
Alle waren bereit, sofort ein zweites „Yunnan“ zu absolvieren. Diesmal ging im gesamten Spielverlauf keiner in die Bank. Die größere Reichweite unter Vernachlässigung der Body-Check-Qualitäten bei taktisch-richtigem Ausnutzen der Zugreihenfolge gab den Ausschlag. Günther leitete noch früher, nämlich schon in der dritten Runde, den Endspurt ein und war – bei leicht überdurchschnittlicher Denkarbeit – nach 25 Minuten Spielzeit Sieger.

Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

Black Jack
Über die schönsten Dinge des Lebens, über Internet-Fernsehen und Niederschlagsradar kam die After-Work-Diskussion zu Black Jack. Wußtet Ihr, dass bei optimalem Vorgehen (Einsatz Verdoppen, Splitten, Versichern etc.) ein Spieler seinen Basis-Einsatz durchschnittlich um 11,67% erhöht und am Ende NUR 0,53% pro Spiel verliert (Wikipedia)! Dieser Verlust ist noch deutlich geringer als beim Roulette! Und das macht es plausibel, dass man durch genaues Beobachten der verbrauchten Karten und entsprechendes Setzverhalten an einem „heißen“ Tisch den Gewinn-Erwartungswert über die Nullgrenze heben kann. Vielleicht!

Trotzdem bin ich beim Black Jack immer schneller mein Geld los als beim Roulette. Eine Runde ist ja auch viel schneller durchgezogen (geschätzte dreißig Sekunden dauert eine Austeilung gegenüber etwa zwei Minuten zwischen zwei „Rien-ne-va-plus“). Und ich muß ununterbrochen meinen Einsatz tätigen, während ich beim Roulette abwarten kann, bis meine Favoritenzahlen lange genug nicht gekommen sind!

Um 2 Uhr 30 war heute die Bank gesprengt und die Runde löste sich auf. Zwei Stunden später (!) als die Spielbank in Garmisch, der ich eine Woche zuvor mit meiner Tochter einen Besuch abgestattet hatte, und die bei einer noch geringeren Beteiligung als heute am Westpark gegen Mitternacht die Pforten schloß.

18xx Kartenspiel “Express 01” als Crowdfunding Projekt

SpieleschmiedeSeit gestern ist die erste Crowdfunding Plattform nur für Spiele online, die Spieleschmiede bei www.spiele-offensive.de. Dort werden aktuell für das erste Spiel “Express 01” noch Sponsoren (“Schmiede”) gesucht. Wie bei anderen vergleichbaren Plattformen kommt das Projekt erst zustande, wenn der benötigte Minimalbetrag (hier: €10.000) eingegangen ist. In nur 24 Stunden wurden schon über 60% dieser Summe gesponsort, ein auch im Vergleich zum Marktführer Kickstarter sensationelles Ergebnis.

“Express 01” ist ein strategisches Kartenspiel inspiriert von den Eisenbahnspielen der 18xx-Reihe. Autor des Spiels ist Jörg von Rüden, verlegt werden wird es bei Eggertspiele in einer Kleinauflage.

11.07.2012 : Eigengemachtes und Wiedergekäutes

Ein deutscher Spitzenspieler, ehemaliger Präsident des Deutschen Bridge Verbandes, traf kürzlich bei einem größeren Bridge-Turnier in den USA auf einen ehemaligen Weltmeister. Auch wenn auf solchen Turnieren jeweils nur zwei Partien gegeneinander gespielt werden, kann man dabei doch an Reizung und Abspiel erkennen, wes Geistes Kind die Gegner sind. Beide waren offensichtlich nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen gekommen.

Wenige Tage später trafen die beiden Paare bei einem kleineren Club-Turnier erneut aufeinander, und der Weltmeister sagte zu seinem Partner: „Here we meet two excellent Bridge players from Germany.“ Die Frau unseres Präsidenten korrigierte bescheiden: „Only one.“ Unverzüglich ergänzte darauf der Partner (des Weltmeisters): „I am sure, he will improve fast.“
Was ist hier größer, die Schlagfertigkeit oder die Galanterie?

1. “Yunnan”
Aaron bat darum, seine geburtswehende Eigenentwicklung im Fünferkreis vorzustellen zu dürfen. In wochenlangen Studien hat er weiter an den Balance-Schräubchen gedreht. Jetzt wollte er seine aktuellen Einstellungen gegenüber den unabhängigen Vorgehensweisen von fünf kritischen Geistern testen.

Wir sind Händler auf der Tee- und Seidenstraße noch weit hinter der Türkei und müssen unser Verkaufsnetz optimal ausbauen, um damit mehr Yuans einzufahren als die Konkurrenz. Mindestens drei verschiedene Strategien stehen zur Auswahl, die alle erfolgreiche Aussichten auf den Sieg eröffnen:

  • Manpower-Strategie: Die Anzahl unserer Händler erweitern, um schließlich mit vielem Kleinvieh den großen Mist zu machen.
  • Bodycheck-Strategie: Die brachialen Fähigkeiten unserer Händler ausbauen, so dass sie mit links die Konkurrenz aus dem Feld räumen können.
  • Wide-Area-Network-Strategie: Die Reichweite unserer Händler steigern, so dass sie als erste und einzige ihren Chá in den entfernteren Winkeln der Welt vermarkten können.

Innerhalb dieser Strategien müssen wir noch unser Verhältnis zur Startspieler-Position austarieren und unser Vorgehen beim Umtausch von flüssigen Geldmitteln in stationäre Siegpunkte optimieren.
Aaron hatte im Zuge seiner Spielentwicklung noch eine weitere Strategie ausgemacht:

  • Abstauber-Strategie: Bei jeder Gelegenheit zur Bank gehen und von dort die Hälfe der eingezahlten Geldmittel unserer Mitspieler auf unsere Seite bringen. Mit diesem – zur Zeit noch – ungeheuren Geldfluß dominieren wir nach wenigen Runden alle Investionsmöglichkeiten des Spiels.

Die 90 Minuten Spielzeit waren gekennzeichnet durch Spaß, Spannung und ein Höchstmaß an Interaktion. An allen Ecken und Enden prallten Potenzen und Strategien aufeinander. Horst gewann, weil er mit kaufmännischer Überlegung seine jeweils nächsten Runden plante und als erster in den Endspurt loszog, d.h. Geldgewinn in Siegpunkte verwandelte. Aaron wurde trotz Abstauberstrategie nur Zweiter; aber nur deshalb, weil er aus Testgründen bis zum Spielende am Abstauben festhielt und auf den Siegpunkt-Endspurt verzichtete.

Günther wurde Letzter! (Solche Ergebnisse darf man bei unserem Seriensieger für Strategiespiele immer ins Protokoll schreiben!) Sollte das etwa ein Hinweis darauf sein, dass „Yunnan“ kein Strategiespiel ist? Nein, das kann es nicht gewesen sein. Günther fühlte sich in der originären Startspieler-Reihenfolge zu Spielbeginn benachteiligt. (Idee bei Nachschrift: den Spielern abhängig von ihrer Startspieler-Position unterschiedliche Summen an Startkapital zukommen lassen!) Zudem saß er – wie immer – direkt hinter Aaron und litt so am meisten unter dessen konsequenter Abstauber-Strategie!

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

Horst und Walter waren mit der augenblicklichen Fassung schon höchst zufrieden. Mindestens ein 7-Punkte Spiel. Moritz hält sich bei „Workerplacement-Spielen“ vornehm zurück. Günther war mit der aktuellen Balance für die Abstauberstrategie absolut nicht einverstanden. Seine Behauptung, als fertiges Spiel bekäme „Yunnan“ in der jetzige Fassung am Westpark das Attribut „broken“, erntete allerdings heftigen Widerspruch.

2. “Rex – Final Days of an Empire”

Dreadnoughts
Nachdem Moritz geduldig auf der Tee- und Seidenstraße malocht hatte, durfte er als nächstes seinen Fantasy-Adventure-War-Game-Favoriten „Rex“ auflegen. Es ist ein Remake von Avalon Hill’s „Dune“ aus dem Jahre 1979. Fantasy Flight Games hatte aus der AH-Konkursmasse die Rechte am Spiel und seinen Mechanismen aufgekauft, der Titel war aber schon bei der Filmproduktion gelandet, so dass das Remake unter einem neuen Namen herauskommen musste.

Auf dem galaktischen Spielbrett sind 18 Regionen luftstraßen-artig miteinander verbunden. Wir bewegen unsere Pöppel durch die Regionen der Galaxis und sind zu einem Vernichtungskrieg gezwungen, wenn wir dabei auf eine Region stoßen, die schon ein Mitspieler besetzt hat. Das Ergebnis dieser Vernichtung wird einerseits durch die – erkennbare – Anzahl von Pöppeln bestimmt, die jeder Gegner dabei zu opfern bereit ist, und andererseits durch die – unbekannte – Kraft der jeweiligen Führer und deren geheime Waffenkarten, die sie mit ins Spiel bringen.

Jeder Spieler hat unterschiedliche Eigenschaften: Einer kassiert für jede Truppenbewegung in der Galaxis, ein anderer beim Kauf von Waffenkarten durch die Mitspieler, einer kann kostenlos Rekruten von den Toten auferwecken und galaktieren, ein anderer darf sich einen Einblick in zukünftige Drohungen und Versprechungen verschaffen. Nicht alle diese Eigenschaften sind gleichwertig. Muß auch nicht sein. Wir haben es ja nicht mit einem Euro-Spiel zu tun.

Damit die Kriegstreiber nicht allein unter sich sind, gibt es noch eine neutrale Figur, die nach einem zufälligen Bewegungsschema durch die Milchstraße fliegt und alles plattmacht, wo sie sich niederläßt. Daher der sinnige Name „Dreadnought“ (Fürchte-Nichts).

Detlev-Aaron hätte gemäß seiner Basis-Eigenschaft in Waffenkarten schwelgen können. Wenn er sich nur welche hätte leisten können. Nach zwei Runden hatte er sein Pulver via Truppentransporte und Scharmützel verschossen. Kein Geld, kein Einfluß, keine Einkommensquelle, kein Aktionsradius! Er hätte nur dann wieder ins Spiel kommen können, wenn ihm einer seiner Kriegsgegner (!) freiwillig etwas abgegeben hätte. Da wir alle noch bei Trost waren, blieb ihm so als einzige Unterhaltung sein Ipod mit den neuesten Nachrichten vom Tage. Diese ungebührliche Beschäftigung wurde gaudihalber von keinem Mitspieler moniert!

Hacan-Walter gewann! Ein Fantasy-Kriegsspiel!? Kein Wunder: nachdem Hacan als Basis-Eigenschaft die Rubel zum Betreiben der Kriegsmaschinerie nur so zufliegen, war es ein Nobrainer, die drei Regionen in der Galaxis zu besetzen, die zum Sudden-Death-Sieg notwendig waren. So wurden heute alle Strategie- und Wargame-Klischees vom Westpark durcheinandergemischt!

WPG-Wertung: Aaron: 8 (das Dreadnought-Modell findet er cool, ansonsten war er drei Runden lang – 60% der Spielzeit – mit Nachrichtenlesen beschäftigt; vielleicht sind seine 8 Punkte mit den 8 Einflußpunkten korreliert, die er hätte einstreichen können, wenn ihm Moritz nicht in die Quere gekommen wäre), Günther: 3 (Atmospäre allein ist für ihn kein Güte-Kriterium. Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte. Er mag diesen Spieltyp grundsätzlich nicht;), Horst: 6 (ausnahmsweise – unverständlicherweise – fand er diesmal nicht ins Spiel), Moritz: 9 (Ist ein Fan von dieser Art von Spielen. Allein die verschiedenen Charaktere findet er spannend. 10 Punkte bekommt – schon pietäthalber – nur das „Dune“-Original, das er mit anhaltender Begeisterung bestimmt mehr als 100 mal gespielt hat), Walter: 4 (akzeptierte nach der Yunnan-Arbeit den Rex-Dödel-Kontrast).

3. “Bluff”
Im 1:1 Endspiel Aaron gegen Horst fing Aaron mit der ungebrochen-grandiosen Vorgabe von 1 mal die Vier an. Horst hob auf 1 mal Stern!

Ist das ein guter Konter? Von der Theorie her gewiß nicht! Hat Horst tatsächlich einen Stern unter seinem Becher, so hat Aaron gewonnen, wenn er dies glaubt; hat Horst keinen Stern unter dem Becher, so hat Aaron gewonnen, wenn er anzweifelt. Die Siegchancen für die „1 mal Stern“-Antwort sollten eigentlich weniger als 50% sein!

Doch der Erfolg gab ihm recht. Post-Mortem-Einschätzungen werden angenommen, ob Horst jetzt einen Stern gewürfelt hatte oder nicht.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

“Pictomania” is our Game of The Month

It’s no secret that Vlaada Chvatil is one of our favorite designers – nobody has created so much innovation in the gaming scene of recent years, and he is always trying new things in each of his games. When “Pictomania” hit our table we were skeptical at first, as usually we don’t really like party and family games from a hardcore gamer perspective. But what is so convincing in this game is the scoring system, which refines the simple basic idea of the game (draw something that the others can recognize) in such a way that it makes it different from similar games of this genre. This system results in something that has been unseen before and which only can be described as “tactical drawing”. This alone makes the acquisition of this game a must!

"Was lag auf den Tisch?"