Archiv der Kategorie: Spieleabende

04.04.2012: Zaubern mit Vernunft

Nach sechs Wochen Enthaltsamkeit in Neuseeland ist Aaron an den Spieltisch am Westpark zurückgekehrt. Horst fiel sofort auf, was er an ihm vermißt hatte: Sein Hadern mit dem Schicksal, sei es wegen schlechter Würfel, schlechter Karten oder unglücklicher Sitzpositionen. Aaron seinerseits fiel im rhetorischen Gegenzug Walters chaotisches Vorwärts- und Rückwärts-Drehen von Spielzügen ins Auge. Das war ihm in Neuseeland abgegangen. Heute war alles wieder beisammen.

1. “Grimoria”
„Im Schein des Kerzenlichts blättert der alte Zauberer von Grimoria in seinem Zauberbuch“ und sucht einen kompetenten Nachfolger. Dieser muß die mächtigen Zaubersprüche weise einsetzen, die schwarze Magie besonnen nutzen, sich im rechten Moment zu schützen wissen und vor allem kluge Gefährten um sich scharen.

Wir sind also alle mögliche Nachfolgekandidaten. Jeder hat ein hübsches Zauberbuch (mit identischen Zaubersprüchen) zur Hand und wählt daraus simultan und verdeckt einen Zauberspruch aus. (Das ist topologisch äquivalent zum verdeckten Ausspielen einer Karte aus einem Satz von Aktionskarten, in „Grimoria“ aber viel poetischer gelöst.) Die Sprüche verschaffen uns Besitzstand an Geld, Gefährten oder Grundbesitz, oder sie erlauben uns, Gefährten von reichen Mitspielern abzuwerben oder uns gegen eine solche Abwerbung zu schützen.

Ein wesentlicher Nebeneffekt der Zaubersprüche ist ihr Einfluß auf die Spielerreihenfolge. Wer den „billigsten“ Spruch gewählt hat, darf in der „Abenteuerphase“ als erster ziehen. Haben allerdings mehrere Spieler den gleichen Spruch gewählt, landen sie am Ende der Zugfolge.

In der Abenteuerphase darf sich jeder Spieler aus der offenen Karten-Auslage bedienen und seinen Besitzstand um einen Gefährten oder um ein Stück Grundbesitz erweitern. Wer zuerst kommt, hat die freie Auswahl. Aber alles ist mehr oder weniger gut.

Am Ende wird der beste Besitzstand prämiert: In erster Linie zählt die Summe der angesammelten Werte für Gefährten und Grundbesitz. Weiterhin liefern einige Gefährten Zusatzprämien für eine besonders gelungene Besitzstandsstruktur.

Das Spiel beginnt ganz flott: Wir haben fünf Zaubersprüche zur Auswahl und noch keinen Besitzstand, d.h. also wir können nichts verlieren und niemandem nichts wegnehmen. Das ändert sich aber ganz schnell an. Am Ende können wir unter 15 Zaubersprüchen wählen und haben eine ganze Reihe von Gefährten unter Vertrag, deren Prämienpotenz wir uns in jedem Fall sichern möchten, wobei wir zugleich aber gerne den Mitspielern noch den einen oder anderen Kraftheini abluchsen würden. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Walter beklagte sich, dass bei 5 Mitspielern hier 15 hoch 5, d.h. ca. eine Dreiviertel-Million Zauberspruch-Kombinationen miteinander in Korrelation zu setzen sind. Und dann gab es noch jemanden, der darauf erwiderte: „Die Leute, die dieses Spiel spielen, wissen gar nicht, wie man Korrelation schreibt, geschweige denn, was das ist.“

WPG-Wertung: Aaron: 5 (ein Punkt wäre es mehr, wenn es kürzer wäre und keine Strategie-Möglichkeiten vorgaukeln würde), Günther: 5 (lockeres Familienspiel), Horst: 8 (die Ausstattung ist hübsch, und noch dazu hat es einen sehr fairen Preis), Moritz: 7 (in Neuseeland wäre es wohl „Spiel des Jahres“ geworden, plant beim Sex auch nicht immer die nächste Stellung voraus), Walter: 5.

Was bei der Handhabung an Zaubersprüchen in “Grimoria” vermisst wird, nämlich ein gewitztes Reagieren auf die Sprüche der Kontrahenten, schildert das Bechstein-Märchen „Der alte Zauberer und seine Kinder“. Hier der Schluß:

„Gegen den Abend war der böse Zauberer den Kindern wieder ganz nahe, und die Schwester zagte zum drittenmal und gab sich verloren; aber der Knabe sprach wieder einen Zauberspruch, den er aus dem Buche gelernt hatte, da ward er eine harte Tenne, darauf die Leute dreschen, und sein Schwesterlein war in ein Körnlein Gerste verwandelt, das wie verloren auf der Tenne lag.
Als der böse Zauberer herankam, sah er wohl, daß er zum drittenmale geäfft war, besann sich diesesmal aber nicht lange, lief auch nicht erst wieder nach Hause, sondern sprach auch einen Spruch, den er aus dem Zauberbuche gelernt hatte; da war er in einen schwarzen Hahn verwandelt, der schnell auf das Gerstenkorn zulief, um es aufzupicken; aber der Knabe sprach noch einmal einen Zauberspruch, den er aus dem Buche gelernt, da wurde er schnell ein Fuchs, der packte den schwarzen Hahn, ehe er noch das Gerstenkörnlein aufgepickt hatte, und biß ihm den Kopf ab. Da hatte der Zauberer, wie dies Märlein, gleich ein Ende.“

2. “Zeitalter der Vernunft”
Nach der Einleitung im Regelheft war die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts das Zeitalter der Vernunft. Ansonsten wird über Vernunft nicht mehr viel Federlesens gemacht. Weder im Zeitalter noch in diesem Spiel des verdienten Martin Wallace.

Auf einer Weltkarte mit europäischer Dominanz und überseeischen Randerscheinungen breiten wir uns aus, indem wir Kampfkarten spielen, mit denen wir unschuldige Einheimische oder schuldige Mitspieler von dort verdrängen (massakrieren, ausrotten, niedermetzeln, abschlachten, töten, eliminieren, säubern oder wie immer das in der Fachsprache heißt). Die Stärke der ausgespielten Kampfkarten entscheidet über Sieger oder Verlierer eines Kampfes; zum erhöhten Vergnügen wird der Kampfwert der Karten per elegantem Kampfwürfelwurf aber noch um 0 bis 200 (zweihundert!) Prozent erhöht.

Taktisch sinnvoll ist es, seine Truppen in ein Ausbildungslager zu schicken bevor man in den Kampf zieht. Damit können sie immerhin um 20% der Würfelspannweite stärker werden. Oder man bildet einen Reservesturm, mit dem man dann einen Kampfwürfelwurf wiederholen darf. (Die mathematische Berechnung dieses Vorteils überlasse ich jetzt Günther.) Doch Kämpfe sind in jedem Fall sehr teuer. Das halbe Bruttosozialprodukt muß ein Staat berappen, nur um eine einzige Schlacht schlagen zu können. Und selbst wenn sie nur knapp gewonnen wird, steigt die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Im Zeitalter der Demokratien würde sie dann die alternative Kriegsparteil wählen; im Zeitalter der Vernunft verliert man dafür ein paar Siegpunkte.

Hübsch ist der Mechanismus, mit dem pro Runde die Spielerreihenfolge und Allianzen versteigert werden. Als Erster zu ziehen, ist natürlich immer von Vorteil, schließlich sind einige Kampf- und Erwerbs-Möglichkeiten nur Einmalaktionen, die vorbei sind, wenn sie einmal genutzt wurden. Die „Allianzen“ hingegen bestimmen, wer wen angreifen darf, und wer wen im Kampf unterstützen kann. Hat man das Auge auf eine bestimmte Eroberung geworfen, darf man mit dem Gegenpart nicht in einer Allianz stehen. Umgekehrt, falls mehrere Spieler einem anderen (dem Führenden, wem sonst?) gemeinsam ans Zeug flicken wollen, müssen sie miteinander in einer Allianz stehen. Wenn die Welt im Laufe des Spiels allmählich aufgeteilt ist, sollte man für Allianz-Ambitionen schon etwas hinblättern.

Allerdings sind Allianzen eine sehr nebulöse Angelegenheit. Es ist keineswegs gewährleistet, dass ein Verbündeter sich einmischt. Warum soll man auch eine Menge Geld spendieren, nur um einem Doch-auch-Konkurrenten zum Gewinn einer Schlacht zu verhelfen? Den Teufel mit Beelzebub austreiben heißt das schon in der Bibel. Bei uns hielten sind alle Alliierten während des gesamten Spiels aus allen Kampfhandlungen heraus.
Walter wurde gleich zu Spielbeginn von Horst der erste Kampf aufgedrängt, bei dem er trotz massivsten Kampfmitteleinsatzes gnadenlos Würfel-verdroschen wurde. Demotiviert warf er daraufhin die Flinte ins Korn, wandelte seine Schwerter in Pflugscharen um und versuchte sich als Ananaszüchter in Alaska. Moritz lächelte herablassend bis mitleidsvoll: „Ich habe einen Plan!“ Pflugscharen gelten im Zeitalter der Vernunft offensichtlich nicht als Plan.

In drei Wertungen wird der jeweilige Welt-Eroberungsstand gewertet. Wer am Ende die meisten Siegpunkte hat, weist die größte Vernunft auf. Ein Spiel für für Hasardeure. Einer wird gewinnen. Und der freut er sich dann. Oder auch nicht. Die Mitspieler ebenfalls.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (Würfelspiel ohne Planbarkeit), Günther: 6 (Allianzen gibt es nur aus negativer Motivation), Horst: 6 (am Westpark versteht man leider nichts vom gemeinsamen Kampf gegen den Führenden), Moritz: 6 (ketzerisch gesagt: die Aktionen sind uninteressant), Walter: 2 (um mich mit Würfelentscheidungen zu amüsieren spiele ich lieber „Mensch-ärgere-Dich-nicht“.).

3. “Bluff”
Moritz stellte leicht ungehalten fest, dass Aaron ihn immer wieder anzweifelt. „Immer, immer!“ Ist Aaron deswegen ein höchst parteiischer Bluffer? Nein, es liegt nur an der traditionell festgelegten Sitzreihenfolge am Westpark.

Ostereiersuche bei den Westpark Gamers!

“EASTER EGGS – versteckte Spielereien der Programmierer”

Microsoft, Google und viele, viele andere Softwareschmieden haben in ihre Programmen sogenannte Easter Eggs versteckt – na ja, dann kann das ja bei den Westparkgamern auch nicht anders sein! (siehe z.B. http://eastereggs.svensoltmann.de/)

Ein solches Osterei ist auch in unserem Yspahan PC-Spiel versteckt! Es wird manchmal bei bestimmten Spielständen sichtbar, aber z.B. auch zu Ostern. Wenn ihr also am Ostersonntag mal wieder eine Partie Yspahan spielt, erhaltet ihr am Spielende ein spezielles Easter-Egg Bild angezeigt – versucht es mal!

Natürlich kann man diese Ostereier auch durch “bestimmte Eingaben” direkt im Programm und jederzeit (nicht nur zu Ostern) erzeugen. Hat dies schon jemand gefunden?

Gewinnspiel:
Wer mindestens eines der drei eingebauten Ostereier findet und uns dies durch Beschreibung der notwendigen “bestimmten Eingaben” per E-Mail beweist, nimmt an der Verlosung eines Spielepaketes teil!

Einsendeschluß: 30.04.2012
Lösung per E-Mail senden an: guenther.rosenbaum (at) t-online.de

Spielepaket: Thurn und Taxis + Rainbows + Tricks + Die Erbtante

Viel Spaß,
Günther und die Westparkgamer, 1.4.2012

p.s: An der Erstellung des Programmes waren die DREI Westparkgamer Günther, Aaron und Walter beteiligt!
p.p.s: Oder ist dieser ganze Artikel ein Aprilscherz? Dies könnt ihr ja wie oben beschrieben zu Ostern testen! Wenn dann ein “Easter Egg” sichtbar ist, dann kann dies mit Sicherheit auch durch “bestimmte Eingaben” erzeugt werden!

21.03.2012: Karten, Bambus, Würfel und der FC Bayern

Fangen wir mit dem Ende an: Dank Aarons Abwesenheit wurde mit 3 Stimmen und 1 Enthaltung toleriert, dass Moritz über sein iPhone die Übertragung des Halbfinales Mönchenglattbach gegen den FC Bayern schallen ließ. Als es allerdings darum ging, die Session zu unterbrechen und die zweite Halbzeit des Fußballspiels am Fernseher anzuschauen, legte Günther ein Veto ein. „Das macht die Ute jetzt auch; da hätte ich gleich zuhause bleiben können.“
Erst beim Elfmeterschießen ließ er sich erweichen, und die vier Westparker sahen sich gemeinsam den traditionellen Fußballkrimi an. Auf welcher Seite unsere Sympathien nach dem letzten Schuß lagen, kann man auf dem beigefügten Foto wohl einwandfrei erkennen.
1. “Robologie”
Die Neuentwicklung von Moritz’ Freund Christoph Tisch ist auf dem Markt noch nicht erhältlich, aber sie ist bereits ausgereift, die Spielregeln sind fertig gedruckt und wir sollten heute unseren Tester-Senf dazu geben.
Ein taktisches Kartenspiel für 2 bis 5 Spieler. Vier Kartenfarben (rot, grün, gelb, blau) gibt es mit den – teils mehrfachen – Werten von 2 bis 6. Pro Runde werden 5 Karten offen ausgelegt und die Spieler können sich beginnend mit dem Startspieler reihum eine davon aussuchen. Diese Karte muß sofort ausgelegt werden, entweder an den privaten Stapel, den jeder Spieler von jeder Kartenfarbe vor sich liegen hat, oder an die 4 öffentlichen Stapel jeder Kartenfarbe. Wenn an einem der öffentlichen Stapel eine festgelegte Anzahl von Karten liegt, wird die Farbe gewertet: Wer von dieser Farbe die höchste Summe an Kartenwerten vor sich liegen hat, ist Sieger. Er muß seinen Farbstapel komplett abräumen und bekommt dafür alle öffentlich ausgelegten Karten als Siegpunkte. Der Spieler mit der zweithöchsten Summe darf eine Karte aus seinem privaten Stapel als Siegpunktkarte zur Seite legen. Alle anderen Spieler gehen leer aus, dafür behalten sie aber alle ausgelegten Karten in ihren privaten Stapeln für eine mögliche nächste Wertung dieser Farbe.
Bei der Entscheidung, ob man die ausgesuchte Karte öffentlich oder privat ablegen soll, muß man berücksichtigen

  • ob die Kartenfarbe in dieser Runde überhaupt zur Wertung kommt oder kommen kann.
  • ob man die Kartenfarbe jetzt selber zur Wertung bringen will.
  • ob man bei der Wertung Erster werden kann und damit einen reichlichen (ggf. auch einen mageren) öffentlichen Kartenstapel als Siegpunkte einheimsen kann.
  • ob man bei der Wertung Zweiter wird und dann eine eigene hohe Siegpunktkarte auf seinem Konto verbuchen kann.
  • ob man bei der Wertung leer ausgehen will, um seine Karten dann komplett bei der nächste Wertung in die Waagschale zu werfen

Es ist ein höchst taktisches Rangeln um kurzfristige oder langfristige Vorteile. Für ein bißchen weiteren Pepp sorgen die vier Karten, die jeder Spieler als Startausstattung erhält. Er darf sie im Laufe des Spiels irgendwann mal zusätzlich öffentlich bzw. privat auslegen, um schnell noch eine Wertung auszulösen oder eine Mehrheit zu verändern.
Interessant ist auch die Startspielervergabe: Wer in einer Runde die niedrigste der offen ausliegenden Karten gewählt hat, wird in der nächsten Runde Startspieler. Für den freiwilligen Verzicht auf ein paar sofortige Potenzpunkte handelt man sich die freie Auswahl und ein paar weitere Vergünstigungen in der nächsten Runde ein. Ein sehr lohnendes Geschäft, besonders wenn es auf den Schluß zugeht. Und der kommt schnell. In weniger als 30 Minuten ist ein Spiel über die Bühne. Randbedingungen sorgen dafür, dass das Spiel immer im Fluß ist, und alle Farbstapel mehr oder weniger schnell zur Wertung kommen.
Die Gewinnwertung und den Startspielerwechsel hatten wir zunächst falsch gehandhabt. Ein Anruf bei Christoph Tisch brachte uns wieder auf die richtige Spur. Alle waren zu einer sofortigen Spielwiederholung bereit. Nicht aus Pflicht, sondern aus Lust und Neugier. Es lohnte sich. In unseren Augen hat das Spiel keine Macken mehr.
WPG-Wertung: Günther: 7 (es funktioniert gut), Horst: 7 (viel besser als vieles), Moritz: 7 (es gibt nichts zu verbessern), Walter: 7 (schnell, taktisch, mit einer wohldosierten Portion Zufallseinfluß).

2. “Takenoko”
Ein neues Spiel von dem Erfolgsautor Antoine Bauza („7 Wonders“). “Takenoko” bedeutet wörtlich „Bambussprosse“, das ist das Futter für einen süßen kleinen Pandabär. Der Kaiser von China hat ihn seinem japanischen Kollegen geschenkt und der ganze Hof ist damit beschäftigt, ihn damit zu füttern, um ihn vor dem Verhungern zu retten.
„Ein Spiel für Birgit! Soll ich sie schnell noch holen?“ Das hübsche Spielmaterial mit den Bambuspflanzen, dem Panda, dem Gärtner und den Bewässerungskanälen hätte bestimmt ihr Entzücken ausgelöst. Auch das teils in Comic-Format angelegte Regelheft überzeugt. Horst wird wohl um einen Ankauf nicht herumkommen.
Die Spieler legen peut-a-peut rote, grüne und gelbe Landschaftshexagons zu einer gemeinsamen Region zusammen, auf der roter, grüner und gelber Bambus gedeiht. Sie legen Wassergräben als Grundvoraussetzung für den Bambus, sie bewegen einen Gärtner, der das Pflanzenwachstum fördert und sie bewegen den Panda, der die heranwachsenden Sprossen frißt. Die gefressenen Sprossen erhält ein Spieler als Trophäen und erfüllt damit seine individuellen Fress-Siegpunktkriterien; z.B. bringen zwei grüne Bambusse 3 Siegpunkte und je ein roter, grüner und gelber Bambus bringen 6 Siegpunkte.
Weitere Siegpunkte erhält man, wenn in der gemeinsamen Bambusregion bestimmte Farbmuster entstanden sind, die individuellen Regions-Siegpunktkriterien entsprechen: eine Kette von drei gelben Hexagons steuert 3 Punkte, ein Dreieck von drei roten Hexagons 4 Punkte und ein Doppelpack mit zwei roten neben zwei gelben Hexagons gleich 5 Punkte bei.
Eine dritte Siegpunktquelle ergibt sich aus der Höhe vom gewachsenen Bambus. Z.B. liefert eine gelbe Bambusstaude der Höhe 4 dem Spieler, der eine entsprechende Siegpunkt-Kriterien-Karte auf der Hand hat, 5 Siegpunkte, zwei rote Stauden der Höhe 3 liefern 6 Punkte.
Das ganze Spiel ist eine kurzweilige Jagd nach Karten mit Siegpunktkriterien und nach Gestaltung der Landschaft, um diese Kriterien zu erfüllen. Daneben gibt es auch noch einen Würfel, der offiziell „Wetterbedingungen“ auswürfelt, im Grunde aber lediglich ein bißchen Variation in die Aktionen der Spieler bringen soll: Das Wasser fließt von alleine, der Bambus wächst schneller oder der Panda frißt mehr. Alles ist hübsch konstruiert und locker zu spielen. Leider fehlt die Interaktion. Das Wachsen der Bambusregion ist selbstverständlich und das Erfüllen der Siegpunktkriterien mehr oder weniger zwangsläufig. Ein planvolles Gegeneinanderarbeiten gibt es praktisch nicht; schon allein deshalb, weil man die individuellen Siegpunktkriterien der Mitspieler gar nicht kennt.
WPG-Wertung: Günther: 6 (Familienspiel; für die Ausstattung einen Sonderpunkt), Horst: 6 (kein Familienspiel, für den Panda einen Sonderpunkt), Moritz: 6 (originell aber kein Superhit), Walter: 6 (konstruktiv, leider zu solitär).

3. “Und noch ein Zivilisationsspiel”
Das vierte Selbst-Bastel-Spiel aus der Reihe “spielbox Wallace Edition”. In Heft 7 / 11 der Spielbox war es enthalten.
Die Spieler würfeln die Aktionen aus, die sie durchführen dürfen:

  • eine Wertmarke bekommen
  • einen Pöppel in den Vorrat bekommen
  • einen Pöppel vom Vorrat aufs Spielbrett setzen
  • einen Pöppel auf dem Spielbrett um 1 bis 3 Felder vorwärts bewegen

Jede Bewegung eines Pöppels auf dem Spielbrett löst Effekte aus: Man bekommt Wertmarken, Münzen oder Siegpunkte; man darf einen Würfelwurf wiederholen oder (auf dem Spielfeld „Krieg“) einen beliebigen gegnerischen Pöppel rauswerfen. Sobald ein Spieler mit einem Pöppel das Zielfeld erreicht hat, hat der Spieler mit dem meisten Siegpunkten – gewonnen. (Was sonst?)
Die Siegpunkte, die man auf bestimmten Spielfeldern bekommt, muß man mit Wertmarken und Münzen bezahlen. Man kann also nicht blindwütig auf das Zielfeld lossteuern, man muß unterwegs auch einige Wertmarken- und Münzenfelder abgrasen.
Ansonsten wird nicht viel Taktik geboten und auch nicht erwartet. Das Vorwärtswürfeln Richtung Ziel erfolgt analog „Gänsespiel“ wie vor gut 5000 Jahren, kurz danach haben die Inder das Hinauswerfen von gegnerischen Pöppeln a la Pachisi ebenfalls schon praktiziert. Im 10 Jahrhundert von Christus sagte auch schon der König Salomo: „Nichts Neues unter der Sonne!“ Oder war das ein alter Grieche?
Viele bereits bekannte Mechanismen zu neuen Kombinationen zusammenzufügen, ist ein schöpferisches Werk und manchmal entsteht dabei etwas grundlegend Neues. Diesmal nicht. Aber nur knapp daneben.
WPG-Wertung: Günther: 3 (lieber gleich Leiterspiel und Mensch-ärgere-Dich-nicht), Horst: 5 (Grundidee gut, das Kriegsfeld war kontraproduktiv), Moritz: (vom Ansatz her sah es ganz passabel aus, konnte aber den guten ersten Eindruck nicht halten), Walter: 4 (Würfelspiel).
4. “Bluff”
Vier Spieler mit noch allen 5 Würfeln, insgesamt also 20 Stück. Walter fing mit 5 mal Stern deutlich über Schnitt an. Moritz hob auf 10 mal die Zwei, Horst auf 12 mal die Fünf und Günther auf 7 mal Stern. Mit 3 Sternen unter dem Becher fiel es Walter noch leicht, auf 8 mal Stern zu erhöhen.
Moritz steigerte auf 16 mal die Drei! Das war ein seltsames Gebot. Auch wenn viele Sterne unterwegs zu sein schienen, war ein Wechsel auf eine neue Zahl in dieser Höhe nur schwer rational nachvollziehbar. Horst ging auf 9 mal Stern und Günther jetzt sogar noch auf 10 mal Stern.
Walter zweifelte an. Und verlor. Alle seine Würfel! Dreimal, ja sogar viermal schallendes Gelächter! Warum? Liebe Leser, könnt ihr euch das erklären?
Kleine Hilfestellung: Mönchenglattbach – FC Bayern : Entscheidung im Elfmeterschießen!
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

14.03.2012: Catan im 20. Jahrhundert

“Pastinaken”
Am Westpark werden nicht nur Spiele gespielt und bewertet, sondern auch Kochrezepte ausprobiert und kommentiert. Diese Woche gab es einen „Pastinaken-Spinat-Gratin“ nach Vorschlag vom „Chefkoch“. Hier die Kritik des Hausherrn:

Das Rezept ist mein erstes und letztes Rezept mit Pastinaken. Schon beim Schälen der Wurzel erinnerte mich der Geruch an die Wasserrüben, die wir als Buben auf dem Heimweg von der Schule aus den umliegenden Rübenäckern ausgerissen haben. Die Assoziation an den Bubenstreich war positiv, die Assoziation an den damaligen Gourmet-Genuß eher nicht. Der Verdacht auf einen heute zumindest problematischen Kochversuch erhärtete sich beim Kosten der vorgedampften Scheiben: hart, harsch, scharf und bitter. Doch tapfer wurde das Rezept buchstabengetreu durchgestanden. Vielleicht gibt die Hitze im Ofen ja erst den richtigen Genuss?

Am Ende kam zwar ein hübsch anzusehender Auslauf aus der Backröhre, doch genießbar war er nicht. Lediglich der Spinat gab, nachdem wir die Pastinakenscheiben alle herausgepuhlt hatte, zu Reis und Schlemmerfisch eine akzeptable Beilage. Tröstlich war meine Frau, die sich diesmal mit expressiv Kritik an meiner Kochkunst einfühlsam zurückhielt, sondern mich eher um meine vergebliche Koch-Liebesmühe bedauerte.

Nachdem zu diesem Rezept hier auf dieser Internet-Seite so viele zustimmende Kritiken zu lesen sind, frage ich mich, ob ich a) etwas falsch gemacht habe, ob b) mein Gemüsehändler mich mit seinen Pastinaken verschaukelt hat oder ob c) man über Geschmack halt nicht streiten kann.

Vom Chefkoch kam bisher noch keine Antwort. Deshalb die Frage an unsere Leserschaft: Wer von Euch hat schon einmal in seinem Leben Pastinaken zubereitet und war hinterher mit dem Ergebnis zufrieden?

1. “Carrée” und “Ming Mang”
Günther steckte zwischen Starnberg und Fürstenried in einem Unfallstau und kündigte per Handy eine Stunde Verspätung an. Dieweil griffen Horst und Walter in die historische Schatzkiste des Wünnenberg Verlags (Gott hab’ ihn selig) und zogen sich auf die Schnelle zwei 2-Personen-Spiele rein. Bei Gefallen hätte sie Horst zu seiner Birgit mit nach Hause nehmen dürfen.

„Carrée“ wurde eigens für die Wünnenberger Spielreihe entwickelt. Nach Art des Mühlespiele setzen wir zu Spielbeginn unsere Spielsteine abwechselnd auf freie Positionen im Spielbrett. Dann ziehen wir mit den Steinen und versuchen dabei die gegnerischen Steine zu schlagen. Auf einer knappen DIN-A5-Seite sind die Regeln dargelegt. Mit den beiden lapidaren Sätzen:

  • Die Steine ziehen horizontal und vertikal über beliebig viele freie Felder

und

  • Spielzüge können über den Spielfeldrand hinausgehen, wenn das im rechten Winkel angrenzende Feld unbesetzt ist.

haben wir bereits 50% der Regeln hinter uns gebracht. Leider aber noch nix verstanden. Horst befand: „Es ist eine Kunst, in einer so kurzen Anleitung so viele Fragen offen zu lassen!“ Oder ist das vielleicht gerade keine Kunst? Nach dem ersten Versuch mit dem Trivial-Ablauf „Schlägst du meine Tante, schlag ich deine Tante“ dämmerte uns, das wir vieles falsch gemacht haben mußten. Doch wir verzichteten auf eine detailierte Fehler-Analyse.

Das zweite Spiel war das alte tibetanische Spiel „Ming Mang“. Auch hier ist das Spielziel das Schlagen aller gegnerischen Steine.

  • Geschlagen wird ein Stein, wenn er auf zwei Seiten von gegnerischen Steine eingeschlossen ist, ohne Rücksicht auf dazwischenliegende freie Felder.

Sehr schnell hatten wir eine Dead-Lock-Situation erreicht, wo jeder Spieler in seinem Schneckenhäuschen unbehelligbar hin-und-her-ziehen konnte, ohne dass er dabei vom Gegner eingeschlossen und geschlagen werden konnte. Auch hier müssen wir einiges nicht verstanden haben.

Inzwischen hatte Günther den Stau hinter sich lassen können und hinderte uns daran, in den 43900 Google-Treffern zu „Ming-Mang“ nach den tibetischen Strategie-Geheimnissen zu suchen. Horst verzichtete auf ein Mitbringsel für seine Frau.

2. “Das 20. Jahrhundert”
In dem Spiel von Vladimír Suchý geht es nicht – wie bei dem gleichnamigen Spiel von unserem Moritz – um die Kriegsbewältigung des letzten Jahrhunderts (neben den beiden Weltkriegen gab es da noch tausendfach weiteren Mord-und-Totschlag zwischen zivilisierten Nationen), sondern um die Weiterentwicklung des technologischen Fortschritts unter der Vermeidung von Müll. Wir ersteigern Landschaftplättchen mit Quellen für Geld, Fortschritt und/oder Siegpunkten und mit „Recycling-Anlagen“. Damit bauen wir uns eine Landschaft zusammen, die uns mit den zivilisatorischen Glücksgütern versorgt. Zwangsläufig erzeugen wir dabei auch mehr oder weniger Müll und deshalb betreiben wir eifrig unsere Recycling-Anlagen – sofern wir welche erstanden haben – , um den Müll wieder los zu werden.

Der Kampf gegen den Müll ist die dominante Auseinandersetzung im „20. Jahrhundert“. Immer wieder spuckt uns das Regelwerk Müllpakete in die Landschaft und wir müssen rudern, um darin nicht zu ersticken. Über sechs Runden geht der Kampf. Jedes Landschaftsplättchen, auf dem danach noch eine Menge Müll liegt, bringt Minuspunkte ein. Dagegen stehen dann die kumulierten Werte aus unseren Siegpunkt-Quellen und weitere Prämierungen unseres Besitzstandes bei Spielende. Wer dann in dieser Gewinn-Verlust-Rechung die meisten Siegpunkte auf seinem Konto hat, ist Sieger.

Für den Erfolg in dieser ansprechenden Optimierungsaufgabe müssen wir

  • die beiden Versteigerungsprozesse um Gewerbe und Fortschritt kostengünstig abwickeln
  • uns einen optimalen Mix von Landschaftsplättchen zulegen, wobei das Optimum sich während des Spielverlaufs verschiebt
  • zugreifen können, wenn die Mitspieler schwächeln
  • bescheiden sein können, wenn die Kosten-Nutzen-Relation ins Negative abgleitet. (Es gilt also nicht das in vielen Wirtschaftsspielen obligatorische „Keep fully invested!“)
  • die notwenige Handlungsfreiheit beim Fortschritt einkaufen, um für Feuerwehr-Einsätze bei Müll und Produktion gewappnet zu sein
  • das richtige Timing für unsere Feuerwehr-Einsätze einhalten.

Es gibt viel zu rechnen im „20. Jahrhundert“. Am Westpark eine willkommende Herausforderung. Zugleich aber auch ein Fluch, wenn zuviele Denker mit ihren mechanischen Rechenmaschinen ans Werk gehen. Heute waren wir nur glücklicherweise nur zu dritt. Die Stimmung war gelöst. Keiner verlor die Contenance. Und das war gut so.

WPG-Wertung: Günther: 7 (gute Mischung aus gemeinschaftlichem Bieten und solitärer Optimierung), Horst: 7, Walter: 8 (bei drei Mitspielern, sonst weniger).
Horst hatte sich im Vorfeld in die Spielregeln eingearbeitet und möchte darauf hinweisen, dass das 12-seitige Regelheft keine Unklarheit offen gelassen hat. Und dass die deutsche Übersetzung der tschechischen Original-Spielregeln eine sehr saubere Arbeit ist.

3. “Die Siedler von Catan – das schnelle Kartenspiel”
Ein Art von Quartettspiel mit Ärgerfaktor. Wir ziehen Rohstoffkarten, tauschen sie auf dem offenen „Markt“ oder mit dem verdeckten Nachzugsstapel oder bei verdutzten Mitspielern gegen andere Rohstoffkarten, und legen sie gebündelt als „Catanische Quartetts“ in unsere Siegpunkt-Speicher. Ziegel und Holz ergeben eine Straße, Stein, Schaf und Korn ergeben einen Ritter, 3 mal Stein und 2 mal Korn ergeben eine Stadt, und was sonst noch alles als Ablage-Paket möglich ist. Glücklich gezogenen Karten ergeben glückliche „Quartette“.

Und damit das ganze nicht zu linear abläuft, darf man von seinen Mitspielern fertige Quartette stehlen. Anstatt eine Straße beim Tiefbauer in Auftrag zu geben, nimmt man sie einfach entschädigungsfrei aus dem Besitzstand eines Mitspielers. Manche mögen’s lustig.

WPG-Wertung: Günther: 5 (schnelles Familienspiel), Horst: 5 (freut sich auf ein Siedlerspiel mit seinem Sohn), Walter: 5 (reiner Zeitvertreib, mag’s nicht so lustig.)

07.03.2012: Parasiten im Fischteich

Kann ein Dirigent reden? Und wie! Moritz mußte heute Abend einen solchen Redeschwall über sich ergehen lassen, dass ihm Hören und Sehen verging. Er vergaß Zeit und Raum und ließ die Westpark-Gamers eine geschlagene Stunde sang- und klanglos auf seine Ankunft warten. Man kann ja wohl auch nicht zum Handy greifen, wenn ein Dirigent auf einen einredet.

1. “Rapa Nui”
Zum dritten Mal bei uns auf dem Tisch. Heute als Aufsacker, um die Zeit bis zu Moritz’ Eintreffen zu überbrücken. Ein sehr gefälliges Spiel, leicht und locker. Ein wenig Planung für sehr viel Hoffnung, und gerade die richtige Prise Zufall, um das spielerische Element zu erhalten und die Schweißtropfen auf den Denkerstirnen erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Walter gewann mit akzeptablem Vorsprung. Keiner wußte warum. Er auch nicht. Hat vielleicht die Startspielerposition geholfen, mit einer frühen Mehrheit bei den Holzfällern? Vor allem aber ließen die freundlichen Mitspieler seine Holzquellen eifrig sprudeln. Mit diesem Geld konnte er sich reichlich Moais zulegen und seine Rosenzucht – ebenfalls mit selbstloser Unterstützung der Mitspieler – in der Schlußwertung auf Höchstpreise treiben. Doch warum sich seine Osterinsel-Ökonomie so prächtig entwickelte, bleibt vorerst noch Fortunas Geheimnis. (Nicht der aus Düsseldorf.)
Keine neue WPG-Wertung für ein 7,8 Punkte-Spiel.

2. “Village”
Horst wollte das Spiel für heute mitbringen, doch seine Birgit legte ein Veto ein. Das Spielmaterial hat ihr so gut gefallen, dass sie die Defloration unbedingt selber vornehmen wollte. Doch keine Chance: Günther war schon schneller. Er verspricht, das „auf jeden Fall 7-Punkte-Spiel“ bei nächster Gelegenheit auch den Westparkern zur Verfügung zu stellen.
Noch keine allgemeine WPG-Wertung

3. “Panic Station”
Bei Stars-and-Strips-Adventure-Game geht Moritz immer sofort in die Defensive: „45 Minuten! – Heißt’s!“ verkündete er gewollt zuversichtlich. Mit einem deutlich beschwichtigenden Unterton und unverkennbarer Eigenskepsis zu diesen Angaben. Dabei hatte sich keine einzige Gegenstimme gegen dieses „kooperative Spiel mit Verräter-Element“ erhoben.

Die Spielidee stammt aus der Horror-Erzählung „Who Goes There“ von John W. Campbell, die bereits 1951 als „Das Ding aus einer anderen Welt“ verfilmt worden war. Im letzten Jahr wurde eine Vorgeschichte dazuerfunden und unter dem Titel „The Thing“ verfilmt. Im fixen Spiele-Business Grund genug, auch ein zugehöriges Spiel auf den Markt zu bringen. Moritz hat es in Essen gekauft.

Als „gute“ Menschen werden wir alle geboren. Im Spielablauf legen wir Raumkarte für Raumkarte zu einer mosaikartigen Region zusammen. Hier können wir unsere beiden Spielfiguren in beliebige Richtungen bewegen. Wir erkunden den Raum, d.h. wir dürfen neue Raumkarten auf die Hand nehmen, wir finden Waffen, Munition, Schutzschilde und Benzinkanister. „Parasiten“ entstehen und machen uns das Leben schwer. Oder wir ihnen.
In einer frühen Spielphase mutiert einer von uns zufällig und unversehens zum „Bösen“. Ab dann spielt er kontraproduktiv, d.h. er sorgt eher für ein Anwachsen der Parasiten als für deren Beseitigung. Das sollte er aber nicht zu auffällig machen, damit er nicht so schnell als „Böser“ entlarvt und in seinen Infektionskreisen gestört wird. Bei uns wurde Moritz – wer konnte es auch anders sein? – zum ersten „Bösen“ der Weltgeschichte. Dabei fand Horst ein untrügliches Anzeichen, Moritz als solchen zu erkennen: Bei allen Kooperationsspielen redet Moritz ununterbrochen mit Anteilnahme und Leidenschaft auf seine Mitspieler ein, um sie auf seine genialen Meisterzüge einzuschwören. Wenn er dann plötzlich den Mund hält und seine Ratschläge nur noch sparsam und vor allem emotionsgebremst fließen, dann ist er der Böse geworden.

In „Panic Station“ wird irgendwann im Laufe der Gebietserkundung eine Raumkarte mit dem „Nest der Parasiten“ entdeckt. Jetzt kann das Spielziel angegangen werden: Wenn es einem der „guten“ Mitspieler gelingt, mit drei Benzinkanistern in der Hand zu diesem Nest vorzudringen (und es mit einem Flammenwerfer zu zerstören), dann haben die „Guten“ gewonnen. Ist es den Bösen gelungen, vorher alle Guten zu infizieren, dann haben die Bösen gewonnen.

Wie infiziert man? Wie im richtigen Leben: durch Berühung. Wenn ein Spieler eine Raumkarte betritt, auf der bereits ein anderer Spieler steht, tauschen sie zwangsweise – natürlich verdeckt – je eine Handkarte aus. Wenn dabei ein Böser einem Guten eine „Infektionskarte“ gibt, schwupp ist der Gute angesteckt und ebenfalls ein Böser geworden. Der Gute kann sich noch dagegen wehren, indem er – zufällig oder ahnungsvoll – als Gegenkarte einen Benzinkanister gewählt hat. Doch diese Karten darf man nicht leichtfertig aus der Hand geben, sie werden ja für den Endsieg gebraucht. Außerdem hat man in der Grundausstattung nur einen Benzinkanister, so dass man dem nächsten Infektionsangriff ohnehin schutzlos ausgeliefert ist. So ergibt sich für die Guten das Dilemma, entweder die Siegchancen aufzugeben oder Böse zu werden. Walter fühlte sich in dieser Situation gespielt:

  • das Spiel bietet wenig räumliche Handlungsfreiheit
  • es bietet viel zu wenig materielle Handlungsfreiheit (zwei Spieler hatten während des gesamten Spiels keine einzige Waffe und keine einziges Stück Munition in ihrer Hand! Man braucht beides für einen einzigen Schuß!)
  • es läuft im höchsten Grade determiniert ab
  • der Spielausgang ist entschieden und wir müssen trotzdem weiterspielen: wenn der letzte übrig gebliebene Gute nicht mehr genügend Mittel zur Hand hat, um zu gewinnen, so wissen es alle, doch keiner darf es wegen der Geheimhaltungspflicht laut aussprechen; so trotteln wir weiter durch den Weltraum, bis endlich der letzte Gute das Licht ausmacht.

Moritz war mit diesen Kritikpunkten nicht einverstanden. Für ihn war der unvermeidliche Übergang von Gut nach Böse lediglich ein Paradigmawechsel. Auch sah er beim Vorwurf des Gespielt-Werdens klare Parallelen zum „Rapa Nui“. Auch da ist man nicht völlig Herr seines Schicksals, sondern von den gutmütigen Zügen seiner Mitspieler abhängig. Doch hierbei gibt es einen gravierenden Unterschied: in „Panic Station“ werden wir von den Einfällen und Mechanismen des Autors gespielt, in „Rapa Nui“ von den Ambitionen der Mitspieler. Darin liegt ein größerer Unterschied als zwischen Tag und Nacht.

WPG-Wertung: Günther: 4 (Tendenz zu 3), Horst: 6 (mit Potential zu mehr), Moritz: 7 (hofft, durch häufiges Spielen und Beherrschen der Mechanismen noch auf 8 Punkte zu kommen), Walter: 3 (dreimal soviel Punkte wie ein grottenschlechtes Spiel. Das Spiel funktioniert, das ist aber auch alles.)

4. “Upon a Salty Ocean”
Das nagelneue Spiel der italienischen Giochix.it Edizioni hat verdammt viel Ähnlichkeit mit Aaron’s „Trawler“. Es gibt:

  • eine taktisch wichtige Startspielerreihenfolge
  • 1 bis 3 Fangschiffe mit unterschiedlichen Transport-Kapazitäten
  • Werften für neue Schiffe in der Fischfangflotte
  • Kabeljaus und Heringe als Fischerei-Ertrag
  • einen Markt mit variabler Preisgestaltung

Dazu gibt es noch viel mehr Elemente, von denen „Trawler“ zunächst nur träumen kann:

  • Salinen zur Salzgewinnung. Damit wir auf hoher See unsere Fische sofort konservieren können. Ohne Salz kein Fisch
  • Depots zum Lagern von Salz oder Fisch. Was nicht gelagert werden kann, geht verloren.
  • Piraten und Stürme in veränderlicher Zusammensetzung, die unsere freie Seefahrt beeinträchtigen
  • eine Mole für die Reparatur beschädigter Schiffe
  • Bank, Finanzamt und Rathaus für monetäre Ambitionen
  • eine Kapelle mit einem Schutzheiligen gegen die Piraten.
  • eine Kirche mit einer großen Rosette für ewige Verdienste bei Spielende.

Die Spieler engagieren sich reihum auf den verschiedenen Gebieten in Stadt-Land-Fluß, sie laden Salz, fahren zur See, tauschen Salz in Fische, bringen sie nach Hause, verkaufen sie auf dem Markt und beten je nach Strategie und Konfession in Kirche und Kapelle um höheren Segen. Alles ist rund, alles ist schön. Aber alles ist zuviel. Elendige Optimierungsrechungen sind notwendig, um den besten Zug auf Erden oder im Himmel zu berechnen. Sollen wir erst noch unseren Anti-Piraten-Obolus zum heiligen Maclou tragen oder fahren wir lieber gleich zur See und nehmen die fälligen Mengen-Einbußen in Kauf? Besonders bei den je nach Saison oder Marktkonkurrenz steigenden bzw. fallenden Preisen! Erweitern wir die Salzausbeute in unserer Saline oder die Kapazität in unserem Lager oder unsere Schiffstonage? Rechnen, Rechnen, Rechnen.

Jeder kann beliebig viele Aktionen durchführen, solange er sie bezahlen kann. Die erste Aktion einer Art kostet nichts, jede weitere einen Gulden mehr. Dahinter steckt Fluch und Segen. Für zehn Gulden kann jeder mehr oder weniger fünf Aktionen durchführen. Danach geht es deutlich ins Geld. Ein Krösus kann leicht noch fünf weitere Aktionen planen und durchführen, während die Armhälse auf das Ende der Runde warten müssen. Und auf das Fertigwerden der Finanzberater, die dem Krösus immer noch eine Aktion mehr empfehlen, wenn sie nur 10 Gulden kostet aber 11 Gulden einbringt.
Günther kam auf die Idee, die Fische gar nicht erst zu fangen mit dem ganzen umständlichen Pipapo aus Salz, Seefahrt und Handel. Er ging einfach auf den Markt, kaufte sich Heringe für vier Gulden das Stück, wartete die erkennbare Preissteigerung bei Rundenende ab und verkaufte sie in der nächsten Runde für sechs Gulden das Stück. Einschließlich der Aktionskosten ein Reingewinn von knapp 15 Gulden. Für einen ungefährdet geplanten und durchgeführten Solo-Zug.

Für die sichere Durchführung dieser Transaktion mußte er nur Startspieler in der nächste Runde werden. Da er aber bereits Startspieler war und seinen Kreditrahmen maximal ausgeschöpft hatte, konnte ihm keiner diese wiederholte Startspieler-Rolle nehmen. Ist das im Sinne des Erfinders?

Horst hatte sich von vorneherein auf das Beten verlegt. Runde für Runde stellte er Opferkerzen vor den Altar der heilige Jungfrau und bastelte ihr eigenhändig die große Fensterrosette. Dafür revanchierte sie sich am Ende mit 70 Jahren erspartes Fegefeuer. Doch das reichte diesmal nicht zum Sieg. Günthers schnöder Mammon war stärker.

Fazit: „Upon a Salty Ocean“ ist eigentlich ein sehr schönes Spiel. Viele Elemente sind sehr gut kombiniert und ausbalanciert. Das klare, durchsichtige Spieldesign ist leicht zu handhaben. Die Kohle fließt und die Gulden rollen über das Aktionstableau. Doch irgend etwas stimmt nicht. Der Grübelfaktor ist zu hoch und die Spiellaune sankt von Runde zu Runde. Selbst bei den Siegern. Sehr schade um das hübsche Räderwerk, das hier zusammengebaut wurde.

WPG-Wertung: Günther: 5 (Grübelfaktor), Horst: 5 (einfach und flüssig, 1 Sonderpunkt für die Graphik), Moritz: 4 (sinkende Spiellaune), Walter: 5 (schön aber schweißtreibend)

22.02.2012: Kehraus auf der Seidenstraße

Wenn die rheinischen Jecken ihre Kamellen verteilt und die Berliner ihren Wulff vergauckelt haben, trifft sich die bayerische Politprominenz in parteigebundenen Bierzelten, um den jeweiligen Gegner in die Pfanne zu hauen. Verbales Fingerhackeln um die griffigsten Sprüche. In den lokalen Zeitungen, ja sogar im Internetangebot der überregionalen Fernsehanstalten kann man sie nachlesen. Gerne hätte ich heute hier ein paar Kostproben dieses unseres Esprits an unsere außerbayerische Klientel weitergegeben. Doch sie waren samt und sonders flach, schal, hemdsärmelig und einfallsdumm. Im Original genauso wie im Plagiat. Als einziges aufmunterndes Sätzlein möchte ich in die Regionen jenseits der Mainlinie hinüberreichen: „Der FC Bayern hat das Champions-League-Hinspiel in Basel verloren.“

1. “Yunnan”
Moritz mußte sich seinem Besuch aus Australien widmen (vielleicht vor dem Fernsehapparat, um den vorgeführten FCB vorzuführen), Günther geht fremd, um für die Deutsche Brettspielmeisterschaft zu üben, P&L singen noch ihr Hosianna im Gelobten Land und Horst ist bei Sex, wo immer sich dazu Gelegenheit findet. So setzten sich Aaron und Walter in einer Minimalbesetzung tête-à-tête zusammen, um Aaron älteste Eigenentwicklung wieder einmal auf den Prüfstand zu bringen.

Seit fast zwei Jahren ist „Yunnan“ als Kampf- und Aufbauspiel in der Mache. Das führt mal wieder deutlich vor Augen, dass ein (gutes) Spiel nicht einfach in ein paar kurzen Augenblicken glücklicher Inspiration geboren wird, sondern dass viele Wochen heißer Schweiß von der Stirne rinnen muß, bis das Werk den Meister loben kann.

In „Yunnan“ spielt jeder Spieler eine Händlerdynastie weit hinter der Türkei zwischen Teeroute und Seidenstraße. Die Spieler müssen ihr finanzielles Potential in einem Versteigerungsprozess einsetzen

  • um ihr Händlernetz personell zu erweitern
  • um ihre Händler handfester zu machen als die der Gegenspieler
  • um ihren Aktionsradius zu erweitern
  • um die Transportwege für kostengünstigere Ausbreitung auszubauen
  • um Lagerhäuser für einen effizienteren Vertrieb zu errichten

Pro Runde liefert das jeweilige Händernetz mit seinen Eigenschaften an Masse und Struktur einen Gewinn ab, den jeder Spieler beliebig in neues Investitionskapital oder in Siegpunkte verwandeln kann. Viele Wege führen nach Rom (zum Sieg). Allgegenwärtige Frage am Westpark: Sind die verschiedenen Optionen gut ausbalanciert?

Sehr schnell erkannten wir, dass die engen Händlerlimits in den verschiedenen Regionen bei den aktuellen Blockierungslimits eine schnellere Entwicklung behinderten. Auch die Startausstattung der Spieler sollte etwas üppiger ausfallen. Zweimal brachen wir nach jeweils einer knappen Stunde ab, um mit den entsprechenden Regelmodifikationen neu anzufangen. Dann kam alles gewünscht flott aus den Startlöchern. Allerdings hatte sich nach der Hälfte der Spielzeit ein Spieler deutlich an die Spitze gesetzt, von der er rein theoretisch nicht mehr zu verdrängen gewesen wäre. Die dazu von ihm durchgeführten – zweifellos guten – Entwicklungszüge müssen in ihrer Kosten-Nutzen-Relation noch etwas gebremst werden, damit das Gleichgewicht länger auf der Kippe steht. Möglichkeiten dazu fanden wir genug, Aaron wird sie noch verinnerlichen. Dann kann „Yunnan“ einer nächsten Testsession am Westpark unterzogen werden. Mit freudiger Erwartung.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

1. “Bluff”
Zum Absacken ergänzte die beste aller ungarischen Ehefrauen die beiden alten Hasen zu einem Bluff-fähigen Trio. In der ersten Runde katapultierte sie sich mit der längst stumpf gewordenen Horstschen Sternenstrategie blitzschnell aus dem Kreis der aktiven Spieler. Walter stand mit einem einzigen Würfel im Endkampf gegen die fünf Würfel von Aaron. Da hilft nur, den Stier bei den Hörnern zu packen. Also gar nicht erst unter den eigenen Becher schauen, sondern gleich mit 3 mal die Fünf den übermächtigen Gegner unter Druck setzen. Aaron legte zwei Fünfen heraus, erhöhte auf 4 die Fünf und würfelte mit drei Würfeln nach. Walter fand jetzt erst die lumpige Vier unter seinem Becher und zweifelte erwartungsvoll an. Aber Aaron hatte Stern und Fünf nachgewürfelt und durfte triumphieren.

Da kommentierte das kluge Weib sehr treffend: „Das hat auch mit Glück zu tun.“ Ein Satz, der sich heute noch öfters bewahrheiten sollte.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

15.02.2012: Karten, Köpfe und Kamele

„Bei Sex bin ich immer dabei!“ Mit ausdrücklicher Genehmigung seiner lieben Frau durfte Horst diese erwartungvolle Botschaft an die Teilnehmer-Registration am Westpark schicken. Doch im letzten Moment sagte Andrea noch ab; da waren es nur noch fünf.

1. “On the cards”
Ein Stichkartenspiel mit den normalen Rommé-Canasta-Bridge-Karten. Für die vielen möglichen Mechanismen zum Teilen, Karten-Auspielen, Stich-Definition, Stich-Gewinnen und Spiel-Ziel haben die Autoren die Stichspiele der Welt durchforstet und eine ganze Latte verschiedener Regeln zusammengestellt, die wir in ständig wechselnder Kombination durchspielen. Z.B.:

  • Beim Austeilen erhält jeder Spieler mal 5, 7, 8, 10 oder gar 13 Karten, die übrigen Karten werden gelegentlich nachgezogen oder kommen aus dem Spiel
  • Beim Ausspielen legen wir mal eine einzelne beliebige Karte, mal Poker-Kombinationen auf den Tisch, mal müssen wir maumau-artig der Farbe oder dem Kartentyp des Vorgängers folgen, mal muß unsere Karte höher sein, mal sind die Zweien Joker und dürfen anstelle jeder anderen Karte eingesetzt werden
  • Ein Stich ist fertig, wenn entweder alle Spieler reihum gepaßt haben, wenn drei Karten einer Farbe auf dem Tisch liegen, wenn man wieder an der Reihe ist und selber bereits die höchstwertige Karte auf den Tisch gelegt hat, un wat et nich al jibt
  • Man gewinnt oder verliert Punkte für gemachte Stiche, für die Anzahl Karten in den gemachten Stichen, für den letzten bzw. vorletzten Stich, für die Restkarten in der Hand, un wat et nich al jibt
  • un wat et nich al jibt

Wenn eine Kartenhand abgespielt ist, bekommt der Gewinner einen Siegpunkt, anschließend wird eine der Verteil-Ausspiel-Stich-Gewinn-Regeln verändert. Moritz hielt diese Methode für einen „Spiel-des-Jahres-Generator“.
Bei jeder Regeländerung diskutierten wir mindestens fünf Minuten lang über die Konsequenzen und Randbedingungen, z.B. ob man mit einem Joker zwei Pik-Asse ausspielen darf, wer den Stich bekommt, wenn mittels Joker zweimal die gleiche höchste Karten auf dem Tisch liegt, ob man freiwillig passen darf oder nur wenn man den Ausspielregeln nicht folgen kann, wie es mit Spieler und Stich weitergeht, wenn einer seine letzte Karte gespielt hat, und dergleichen mehr. Eine Minute später war die Hand abgespielt und die nächste Regeländerung stand an.

Moritz sah eine Möglichkeit für Kartenpflege, aber er verriet sie nicht. Zumindest nicht überzeugend. In einem Chaos von fünf Mitspielern mit ungezählten Möglichkeiten 1, 2 oder 3 Karten hinzulegen ohne die begonnene Kartenfarbe bedienen zu müssen, wo man sogar kartenpflegerisch passen und überhaupt keine Karte zugeben kann, ist es gewiß nicht der Mühe wert, sich alle gespielten Karten zu merken, um auf den noch übrig gebliebenen Restkarten eine Gewinnstrategie aufzubauen. Kaum freut man sich über die nahezu unschlagbare Poker-Kombination von drei Assen in der eigenen Hand, wird man von den billigen Joker-Karten des Nachbarn überstochen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (interessant, macht aber nicht genug Spaß), Günther: 5 (ein Drittel der Regelauswahl könnte für ein mögliches Spiel dienen, ein Zehntel davon würde vielleicht sogar ein gutes Spiel ergeben), Horst: 5 (hat sich durch geschleppt), Moritz: 7 (lustig), Walter: 3 (kein Spielspaß, kein „to have a plan“).

Solange die SdJ-Jury den begehten Spielepreis nicht auswürfelt, sollte man doch besser aus den existierenden Regeln für Stichkartenspiele eine feste-beste Kombination analysieren und damit auf den Markt kommen. Minderwertige Kombinationen verwässern die Suppe und reine Regel-Gags punkten auch nur für ein paar Sekunden. Wenn überhaupt.

2. “X Pasch”
Horst hatte das 16 Jahre alte Spiel aus seiner Sammlung mitgebracht, weil es das erste Spiel auf unserer Internet-Seite sein wird, das mit dem Buchstaben X beginnt. In einem Karten-Würfel-Kombinationsspiel ziehen wir Firmenkarten vom verdeckten Stapel in unsere Kartenhand und würfeln mit jeweils 3 Würfeln um die Genehmigung, eine Karte davon auszulegen oder uns an den bereits ausgelegten Firmen der Mitspieler zu beteiligen. Für manche Firmenkarten muß man Paschs oder Würfelsummen von 16 und mehr Augen würfeln, dafür zahlen diese Firmen später auch gleich 8 bis 9 Euros als Rendite. Billigheimer hingegen werden schon für die Augenzahl 3 angeboten, bringen aber nur einen griechischen Euro als Rendite ein.

Für Besitz oder Beteiligung an einer Firma legen wir eine definierte Anzahl von Vorstandsmitgliedern (Holzköpfe) auf die entsprechende Karte. Zum besseren Zählen dürfen 5 Holzköpfe durch eine Holzlatte oder „Stange“ ersetzt werden. Diese Wortassoziation lieferte heute den meisten Spaß. Spieler mit der längsten Stange konnten reihenweise die Firmen übernehmen und Horst fand es geil, an einer einzigen Position zwei Stangen zu haben.
Wenn ein Spieler an der Reihe ist, wird ermittelt, an wievielen Firmen er die relative Mehrheit besitzt. Von all diesen Firmen bekommt er die Euro-Rendite als Siegpunkte gutgeschrieben. Danach würfelt er und modelt die Besitzverhältnisse entsprechend um. Man muss also mindestens eine ganze Runde lang Mehrheitsaktionär sein und kein Mitspieler darf einem hier verdrängt haben, bevor man die Rendite bekommt.

Aarons Image entsprechend hatte er nur die schlechtesten Firmenkarten gezogen und die unglücklichsten Würfelwürfe hingelegt. Um ihm Balsam auf die frustrierte Zunge zu streichen, verriet ihm Horst selbstlos sogar Würfelkombinationen, die ihn in seinen eigenen Firmen entmachteten. Wenn 20 oder 30 Firmenkarten auf dem Tisch liegen, ist es auch nicht mehr so durchsichtig, wie man die Augenzahlen kombinieren muß, um dem schärfsten Konkurrenten die möglichst besten Firmen zu nehmen und/oder sich die möglichst besten Firmen unter den Nagel zu reißen oder zu sichern. Selbst eine halbwegs befriedigende Lösung kostet dabei schon eine Menge Denk- und Kombinierzeit. Leider.

Hier besitzt das Spiel auch erhebliche Kingmaker-Effekte, vor allem in den Schlußrunden, wenn man nicht mehr selber gewinnen kann. Welchem Konkurrenten man dann in welchen Firmen die Mehrheiten wegnimmt, ist meist nicht mehr rational begründbar. Für Aaron war die letzte Runde nur noch eine „Stänkerrunde“.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (zu große Downtime), Günther: 6 (schöne Grundidee, der Feinschliff fehlt), Horst: 6 (war heute auf Würfelspiel eingestellt), Moritz: 4 (sollte in einer 3er Runde besser zu spielen sein; man kann sich nicht wehren), Walter: 5 (lustiges Würfelspiel, will auch nicht mehr sein).

3. “Tuareg”
Ein Karten-Sammel-Spiel mit einer mehrstufigen Sammeltechnik.

  • Wir nehmen jeweils drei Karten vom verdeckten Nachziehstapel auf die Hand.
  • Wir legen eine Karte aus der Hand auf den öffentlichen Nachziehstapel.
  • Wir legen Karten aus den Hand oder vom öffentlichen Nachziehstapel in zwei private Ablagestapel.
  • Wir kaufen mit Karten aus unserer Kartenhand bzw. mit Karten aus unseren privaten Ablagestapeln die Erlaubnis, weitere Ablagestapel anzulegen oder Karten aus den Ablagestapeln der Mitspieler zu klauen.

Das Ganze ist eingekleidet in eine Nomadengeschichte aus Timbuktu: Die Karten heißen Warenkarten für Gold, Salz, Knoblauch und Wasser, die Ablagestapel heißen Kamele, der öffentliche Nachziehstapel heißt Markt und die Karten für Sondererlaubnisse heißen Esel, Höhle oder Dieb.

Wenn der verdeckte Nachziehstapel aufgebraucht ist, erfolgt die erste Wertung: Wer die meisten Karten einer Warensorte gestapelt hat, bekommt je nach Ware 3, 4, 5 oder 6 Punkte, die anderen gehen leer aus. Dann werden alle abgelegten Karten neu gemischt und ein zweites Mal durchgearbeitet. Wer dann die meisten Punkte hat, ist Sieger.

Walter schaffte die reife Leistung, auch nach der zweiten Wertung immer noch keinen einzigen Siegpunkt auf seinem Konto zu haben. Vielleicht eine Spiel-Premiere am Westpark. Aber mit Sicherheit ein Zeichen für mangelndes Spieldesign. Wenn 44 Warenkarten in 3er Packungen von 5 Spielern weggenommen werden, dann ist nach nicht einmal 3maliger Entnahme pro Spieler das Spiel zu Ende. Auch wenn man noch weitere 3 Spielzüge für Kartenablage oder Kauf investieren kann, ist das doch noch viel zu wenig für einen Spielaufbau. Das funktioniert höchstenfalls für deutlich weniger Spieler. Dann hätte man das Spiel aber nicht für 5 Mitspieler freigeben dürfen.

Da – neben marginalen Chancen für Sonderpunkte – im ganzen Spiel nur 2 mal für 4 Kriterien Siegpunkte vergeben werden, klopft überall nur Hunger und Elend ans Fenster.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (vermutet, dass das Spiel mit weniger Mitspielern funktioniert), Günther: 3 (3 reale Punkte für eine 5er Runde, 5 virtuelle Punkte für eine 3er Runde), Horst: 4 (netter Mechanismus), Moritz: 1 (für die 5er Runde), Walter: 1 (für die 5er Runde).

4. “Bluff”
Bei noch 14 ausstehenden Würfeln fing Günther mit 5 mal die Fünf an. Moritz zweifelte an und deckte seinen Becher auf: 3 mal keine Fünf. Aaron deckte auf: 4 mal keine Fünf, Walter deckte auf: 2 keine Fünf. Drei mal großes Gelächter. Günther deckte auf: 4 mal die Fünf und einmal der Stern. Drei mal großes Entsetzen!

Horst und Moritz waren mit der vorletzten U-Bahn abgedüst, und Walter war Zuschauer im langwierigen 5:5 Endkampf zwischen Aaron und Günther. Spannend ist das Zuschauen allemal, befriedigend für ihn war noch dazu, dass beide Kontrahenten konsequent seine Immer-4-Strategie verfolgten. Kann es sein, dass trotz mathematisch-statistischer Gegenhypothese die 1-mal-die-Vier-Vorgabe einfach den größeren psychologischen Reiz ausübt?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

“Rapa Nui” ist unser Spiel des Monats

Es gibt wahrscheinlich inzwischen mehr Spiele über die Osterinsel als dort überhaupt Menschen leben, aber anscheinend gelingt es dieser Insel (die nur die wenigsten selber besucht haben dürften) die Spielefantasie der Spieleautoren immer wieder aufs Neue zu beflügeln. Bei Rapa Nui handelt es sich sogar um ein besonders erfreuliches Spiel der Gattung „Osterinselspiel“, denn bei diesem im Grunde sehr einfachen Aufbau/Aktionsmaximierungsspiel passt die Thematik ziemlich gut auf die Mechanismen. Besonders der interessante „Opfermechanismus“ weiß zu gefallen – einerseits will ich die wertvollsten Ressourcenkarten auf der Hand behalten, da sie potentiell Punkte bringen, andererseits muss ich genau dieselben Karten opfern, damit sie überhaupt Punkte bringen, aus diesem Widerspruch gewinnt das Spiel eine schöne Dynamik. Auch ist es sehr schnell zu spielen und macht auch bei mehrmaligen Spielen (vor allem in der für das Spiel fast idealen 3-Spieler-Besetzung – die 4-Spieler-Version ist weniger kontrollierbar) einfach sehr viel Spaß!

08.02.2012: Krieger und Händler um den Ruhm von Rom

Aaron ist kein Freund vom Fußball. Zumindest vom Fußball-Zuschauen. Vor acht Jahren schrieb er zwar noch: „Das letzte Deutschlandspiel dieser EM möchte ich auch gerne sehen“, aber heute ist für ihn solches Zuschauen nur noch langweilig: „Ich finde Fußball genauso spannend wie jemandem beim Würfeln zuzuschauen, der hofft eine Sechs zu schaffen“.

In dieser Abneigung hat er sogar etwas dagegen, wenn Moritz während eines WPG-Spielabends sich auf seinem Handy die aktuellen Fußballergebnisse anschaut, oder wenn der Gastgeber seinen Computer laufen läßt und im Vierstelstundenrhythmus die Zahlen vom Life-Ticker der Tagesschau vorliest. Doch heute gab er sich von einer 3:1-Mehrheit geschlagen: der Life-Ticker wurde eingeschaltetet und um 22:42 Uhr hatte sich der FC Bayern die Halbfinalteilnahme gesichert.

Im Erdgeschoß fieberte die Tochter des Hauses ebenfalls mit einem FCB. www.elpais.com meldete eine halbe Stunde später das Erleichternde: „El Barcelona alcanza la final“.

1. “Warriors & Traders”
Von der einen Hälfte des Titel her ein Kriegsspiel, einem Genre, mit dem wir am Westpark in den letzten Wochen nur bedingt gute Erfahrungen gemacht haben. Moritz versuchte gleich im Vorfeld die Skeptiker zu beschwichtigen: “Das Spiel enthält kein Zufallselement, gar keines!“ Walter meldete seine Zweifel an: „Wenn das erste Glückselement auftritt, höre ich auf.“ Moritz konnte zuversichtlich strahlen.
Im finsteren Mittelalter sind wir Führer von Königreichen und müssen in der Geographie des nordwestlichen Europa unser Land mit einer optimalen Führung zum Sieg führen. Die gute Führung besteht

  • im Aufstellen von Armeen
  • im Erobern von Nachbarprovinzen
  • im Ernten von Produkten und Rohstoffen zum Bauen von Waffen und zum Ernähren unserer Armeen
  • im Steigern unserer Potenz in Produktion, Handel und Militär

Auch wenn Handel und Naturprodukte eine wenigstens teilweise friedliche Gesellschaft suggerieren, stammen alle siegpunkt-trächtigen Segnungen ausschließlich vom Militär. Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Und das Militär ist der allesfressende Schmarotzer. (Welch ein Glück für uns Neuzeitmenschen, dass das Militär heutzutage nur noch die Hälfte unseres Bruttosozialprodukts auffrißt!)

Zu Spielbeginn residieren die Spieler verstreut auf einzelnen Grafschaften, wo Holz und Hackebeile produziert werden. Sie schielen begehrlich auf die von Barbaren besetzten Nachbarprovinzen, wo auch schon mal etwas Essbares gedeiht. Mit überlegener Waffentechnik müssen wir die Barbaren bekriegen, um an ihre Früchte heran zu kommen. An dieser Pflicht führt kein Weg vorbei. Doch der Weg ist steinig. Und selbstmörderisch. Um eine Gemüseprovinz zu erobern brauchen wir eine Armee, und um eine Armee zu ernähren brauchen wir eine Gemüseprovinz. Da wir in der Startausstattung aber kein Gemüse mit auf den Weg bekommen haben, folgt daraus notwendig, dass unsere erste Armee verhungert, bevor sie das erste eroberte Gemüse abernten kann. Zäh, sehr zäh, aber unausweichlich. Selbst unser geborener Warrior Moritz bekannte: „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!“

Diese Unausweichlichkeit(en) bei einem sehr begrenzten Handlungsspielraum führten zu extrem montonen Entwicklungsschritten. Aaron erkannte sehr schnell: „Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass es für alle nur einen einzigen genau definierten schmalen Entwicklungspfad gibt!“ Hypothese: „Bei einem symmetrischen Aufbauspiel in disjunkten Gebieten ohne Zufallseinfluß machen alle klugen Köpfe die gleichen Züge!“ Hi Günther, kannst Du diese Behauptung nicht spieltheoretisch beweisen?

Horst machte es trotzdem “total Spaß”. “Es ist zwar zäh, für ein Aufbauspiel aber absolut angemessen. Das Spiel dürfte ruhig ein paar Runden länger dauern.” Die „Kürze“ des Spiels war – neben Monotonie und Zähigkeit – die nächste Crux. Gerade als es nach zwei Stunden zum ersten Mal spannend wurde, als die Spieler alle Barbarengebiete erobert hatten und sich zum ersten Mal Auge in Auge selbst gegenüber standen, war das Spiel zu Ende. Bis dahin hatten wir kein einziges Mal miteinaner einen Tauschhandel ausgeführt (mangels Warenangebot, mangels Bedarf oder mangels beidem), keine Festung gebaut und keine Prinzessin vergewaltigt. Lediglich fitzelige Markierungsplättchen für Gemüse, Hackebeile und Holzstöße hin und hergeschoben, um unseren aktuellen Besitzstand anzuzeigen. Aaron meinte: „Das ist jetzt eine Ausgangslage, die spätestens nach drei Runden hätte erreicht werden müssen.“

WPG-Wertung: Aaron: 4 („Langsamer Start, frühes Ende; es hat ein paar nette Mechanismen, aber ich möchte es nicht nochmals spielen“), Horst: 6 („Ich habe mich nicht gelangweilt. Allerdings tut die graphische Gestaltung von Spielplan und Markern den Augen weh“), Moritz: 5 (einfache Regeln, doch manche Mechanismen funktionieren einfach nicht“), Walter: 3 (Suppe ohne Salz, vermißt die eleganten Kampfwürfel).

2. “Ruhm für Rom”
Vor gut drei Jahren lag dieses Karten-Ablagestapel-Management-Spiel als „Glory to Rome“ schon einmal bei uns auf dem Tisch. Wir füllen unsere Kartenhand mit Karten vom verdeckten öffentlichen Nachziehstapel und legen sie in reichlich vielen privaten Kartenstapeln ab:

  • in den Klientel-Stapel legen wir Hilfsarbeiter, die unsere Ablage-Aufgabe unterstützen
  • im Materiallager reservieren wir Baumaterial für Gebäude und für Siegpunkte
  • in bis zu sechs gleichzeitig offenen Gebäudestapeln fertigen wir unsere Gebäude
  • in die Privatschatulle legen wir Siegepunktkarten
  • in den Einflußstapeln legen wir Karten, um die Kapazität vom Klientel-Stapel und Privatschatulle zu erhöhen

Auf welchen Stapel die Spieler reihum ihre Karten legen dürfen, bestimmt die ausgespielte Rollenkarte, z.B. erlauben Baumeister und Handwerker neue Gebäude anzufangen oder zu erweitern, schlichte Arbeiter füllen das Materiallager und Kaufleute die Privatschatulle.

Damit einunddiegleiche Karte auf die verschiedenen Stapel gelegt werden kann, hat sie ein multifunktionales Design, sie ist zugleich

  • Rollenkarten für Arbeiter, Baumeister, Handwerker, Legioär, Kaufmann, Patron und Senator
  • Gebäudekarte für ungezählte Arten von Gebäuden: vom Atrium bis zum Zirkus
  • Baumaterial in der Art von Holz, Schutt, Stein, Marmor, Zement und Ziegel
  • Zählkarte für Einfluß und Siegpunkte

Fertiggestellte Gebäude erhöhen Mächtigkeit und Flexibilität unserer Ablagetätigkeit. Z.B. darf man als der Besitzer vom Zirkus jede beliebige Karte als Senator-Joker nutzen, und als Besitzer des Triumpfbogens darf man Material vom öffentlichen Umschlagplatz (ein weiterer Kartenstapel) zum Bauen benutzen.

Das Spiel ist konstruktiv, dynamisch und schnell. Zuweilen muß man um drei Ecken denken, um die Effekte verschiedener Kartenkombinationen zu erkennen. Am besten macht man es wie Horst: Er bekam in seiner Startausstattung die Gebäudekarte mit der Kanalisation zugeschustert. Nachdem er die Kanalisation fertiggestellt hatte, durfe er alle ausgespielten Rollenkarten in sein Materiallager übernehmen. Damit hatte er ständig einen reichlichen Vorrat an Siegpunktkarten für die Privatschatulle. Kanalisation und Kaufmann brachten ihm den Sieg.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (keine Strategie), Horst: 7 (überschaubare Spieldauer), Moritz: 7 (1 Punkt mehr, nachdem sich das Karten-Effekte-Chaos etwas gelichtet hat), Walter: 6 (sauberes, ausbalanciertes Design, aber wenn man die Technik verstanden hat, entscheidet allein das Kartenglück).

01.02.2012: Kriege und Landgewinnung

Im verbalen Vorspiel quittierte ein rentner-trotziges Kopfschütteln die aktuellen Pläne zur Standort-Aufgabe des Hauses Nokia-Siemens. Vom finnisch-bayerischen Wirtschaftskrieg wechselte das Thema zum britisch-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg „1812“, wo wir uns mühsam die paar Punkte erarbeiteten, in denen dieses Spiel über ein reines Risiko-Würfelspiel hinausgeht. (Siehe Session-Report und Kommentare von letzter Woche.) Dann gingen wir weitere 2000 Jahre zurück und wendeten uns auf dem realen Spieltisch Bernd Eisensteins virtueller Vielvölkerschlacht zu.

1. “Pergamemnon”
Karthager, Römer, Hellenen, Agypter und Perser spielen gegeneinander ein asymmetrisches Jeder-gegen-Jeden rechts-und-links-und-kreuzweise Kartenspiel. Die Angriffswaffen sind Bogen, Speer und Schwert, zur Verteidigung dienen Schild, Helm und Brustpanzer. Jeder Spieler erhält einen Kartensatz mit den genannten Angriffs- und Verteidigungswaffen in unterschiedlicher Zusammensetzung und unterschiedlicher Stärke. Davon darf er jeweils drei Karten auf der Hand nehmen, um damit die Gefechte zu bestreiten.

Zum Gefecht wählt sich ein Spieler einen beliebigen Mitspieler-Gegner, nennt die Waffe mit der er angreifen will und spielt verdeckt eine der Handkarten aus. Der Angegriffene wählt darauf eine Handkarte aus seiner Hand, dann wird die Angriffsstärke des Angreifers mit der Verteidungsstärke des Verteidigers verglichen. In der Regel ist die Angriffsstärke größer, deshalb darf der Verteidiger jetzt noch eine weitere Karte zur Verteidigung nachlegen. Die beiden Verteidungswerte werden addiert. Ist der Angriff pariert, kommt es sofort zum Gegenschlag des Angegriffenen, bei dem ebenfalls die Angriffs- bzw. Verteidungswerte der ausgespielten Karten miteinander verglichen werden. Das kann dann noch einbiszweimal hin und hergehen.

Der Verlierer muß seine ausgespielten Karten hergeben, der Gewinner darf die eroberten Karten in seinen Kartensatz einreihen, oder er kann sie zum Erwerben von ausliegenden „Kreaturen“ einsetzen, mit denen er sein Potential an Kampf- und Siegpunktkarten erhöht. Sind die unterlegenen Kampfkarten allerdings „Flüchtlinge“ so erhält sie nicht der Sieger, sondern sie kommen ganz aus dem Spiel bzw. der Spieler, der die Ägypter führt, darf / muß sie in seinen Kartensatz aufnehmen.

Aaron war griechischer Startspieler und mangels Besitz einer eroberten Gegnerkarte mußte er sogleich zum ersten Angriff übergehen. Als Opfer wählte er Walters Römer. Von dort wurde ihm allerdings nur ein Flüchtling entgegengeschickt, so dass er trotz seines Sieges keinen Zugewinn erzielen konnte. Im Ergebnis war Walter eine Kampfkarte los, und Günthers unbeteiligten Ägypter wurden um einen Deserteur reicher. Der Verlierer wird sakrosankt. Aaron blieb als Sieger am Zug und mußte sich nun notgedrungen gegen die Ägypter wenden. Auch hier blieb er Sieger, doch da Günther ebenfalls einen Flüchtling ins Rennen geschickt hatte, ging Aaron zum zweiten Mal leer aus. Die erste Runde war zu Ende, das Sakrosanktentum wurde aufgehoben, und Aaron war immer noch am Zug. Verzweifelt suchte er nach Zugalternativen: „Offensichtlich muß ich verlieren, um nicht mehr am Zug zu sein. Wie finde ich denn das?!!“ Hallo Bernd, kannst Du ihm helfen?

Irrtümlich (oder mangels besserer Krieger) schickte Walter jetzt einen Nicht-Flüchtlich ins Gefecht und Aaron bekam endlich einen eroberten Krieger ins Portefeuille, mit dem er sich auch sogleich über eine Kreatur hermachte und damit seine aktive Rolle abgeben konnte. Die Ägypter bekamen die Initiative. Als einziger Gegner standen ihnen jetzt nur die bereits arg gebeutelten Römer zur Verfügung. Mit Unterstützung und zufälligem Gleichstand im Gegenstoß konnten diese ein weiteres Angefressen-Werden ihrer Streitmächte gerade noch verhindern.

Endlich war auch Caesar aus seinem Mittagsschlaf im römischen Nachziehstapel aufgewacht. Zwangsweise wurde jetzt Aaron ins Visier genommen. Die Römer waren erfolgreich und konnten sich einen griechischen Hauslehrer einverleiben. Doch Caesars Glanz war nur ein Strohfeuer. Alle Römer sind Luschen. Vada a bordo, cazzo! Sehr bald ging er nur noch unwillig in die Zwangskämpfe, deren Aussichtslosigkeit ein Blinder mit der Krücke fühlen mußte. Einige Male konnte er sich noch mit knapper Müh und Not halb verdroschen auf den Ablagestapel retten, dann landete auch er in der Kriegsbeute seiner Gegner. Um einen Kampf zu gewinnen hätte er eine Kreatur haben müssen, und um eine Kreatur zu bekommen hätte er einen Kampf gewinnen müssen. Ein klassischer Circulus Vitiosus. O heiliger Sankt Bernd, schicke mir doch endlich auch mal einen Wilhelm Tell. Oder am liebsten gleich eine Dicke Berta.

Günther konterte mitleidslos: „Du hast die falsche Taktik gewählt, du hättest nicht die Römer nehmen sollen!“ Doch das war keine freie Wahl: Die Römer sind rot. (Wie immer man dieses Faktum interpretieren mag!)
Nach 2 ½ Stunden war das Spiel über die Bühne gebracht. Dann kam die Erlösung. Heute nicht so sehr als solche empfunden, wohl aber bei einer Wiederholung. Wenn wir nicht immer wieder hätten nachlesen müssen, wie die Gefechte im einzelnen verlaufen und was ihre Ergebnisse sind, hätte es vielleicht auch schneller gehen können. Vielleicht auch nicht.

WPG-Wertung: Aaron: 3 („das kann man nicht loben, krasse Extuition“), Günther: 4 („die Kartentechnik / Kartenpfege hat einen gewissen Reiz“, er hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass man das Spiel in einer halben Stunde spielen könnte), Walter: 2 (mit Römer-Malus, kaum Entscheidungsspielraum).
Auch als namentlich genannte Tester waschen wir in „Pergamemnon“ unsere Hände in Unschuld.

2. “Seeland”
Aaron erinnerte sich an ein „nettes Spiel“, obwohl er es noch gar nicht gespielt hat. Zumindest nach der WPG-Rangliste auf unserer Internetseite. Und auch im Session-Verzeichnis gibt es keinen Eintrag. Bei emsigem Suchen fand er es schließlich in unserer Liste „Spiel des Monats“. Aber wie kann das sein? Ohne Diskussion und ohne Spielkritik? Oh Wunder, oh Wunder! Könnt ihr euch erklären, wie sich das zusammenreimt? Hier und heute keine Erklärung dazu.

Seeland ist eine holländische Landschaft, die fast komplett unter dem Meeresspiegel liegt. Seit dem Mittelalter ist der Kampf gegen das Wasser ein elementarer Bestandteil ihrer Geschichte. Im Spiel „Seeland“ sind wir Holländer und müssen uns unsere Verdienste bei der Landgewinnung erwerben.

Das Spielbrett ist eine Landschaft aus Hexagons, in die wir reihum jeweils ein Landschaftsplättchen legen: Kohl, Raps und Tulpen. Oder eine Wassermühle, mit der wir das Wasser aus unseren Grundstücken pumpen. Das jeweilige Plättchen, das wir legen, müssen wir uns nach einem sehr pfiffigen Auswahlmechanismus erwerben: Die angebotenen Plättchen liegen in einen Kreis, um den der „Gildemeister“ herumwandert. Wir bewegen den Gildemeister um ein oder mehrere Felder und dürfen dann das Plättchen nehmen, bei dem er angekommen ist. Ein Schritt des Gildemeisters ist kostenlos, jeder weitere Schritt kostet einen Gulden. Beim Geldeinsatz sind wir sehr beschränkt: Der ausgabefreudigste Spieler darf nur maximal vier Gulden mehr ausgegeben haben als der sparsamste. Wie diese Gelddifferenz technisch und spielerisch gehandhabt wird, ist allein der Kauf des Spieles wert.

Jedes Plättchen hat einen unterschiedlichen Wert, den wir in periodischen Abrechnungen gutgeschrieben bekommen. Weiterhin gibt es Prämien für besondere Gesamtstrukturen an Plättchen, die wir um unsere Wassermühlen angelegt haben. Ein hübscher, interaktiver Wettkampf um den Einsatz unserer Gulden, den Einkauf der besten Plättchen und das Auslegen der Plättchen in die lukrativste Seeland-Gegend.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (ein Punkt mehr als bisher, schnell, mit wenigen Spiel-Elementen ein interessantes Ergebnis erzielt), Günther: 7 (taktisches Familienspiel), Walter: 7 (konstruktiv, großer Freiheitsgrad, allerdings ohne Progression).