21.12.2011: Zweimal Karten sammeln und auslegen

Kinder, solange sie nicht im Sinne einer Erziehung ver-zogen sind, beherrschen die zwei wichtigsten Lebensregeln perfekt:

  • Sei authentisch!
  • Sei ganz bei einer Sache und tu nicht zwei Dinge gleichzeitig!

Das heißt, sie folgen ihrer Energie spontan und augenblicklich. Wenn sie schreien, schreien sie total. Wenn sie sehen, sehen sie total. Wenn sie spielen, gehen sie vollkommen in ihrem Spiel auf. Daher sind sie unsere Lehrer. Sie beherrschen die Kunst einen erfüllten Augenblick an den anderen zu reihen.
(Irina Rauthmann)

1. “Tournay”
Ein Kartenspiel des belgischen Trios Dujardin – Georges – Orban, erschienen im belgischen Pearl Games Verlag. Jeder Spieler sammelt „Aktivitätskarten“ – 90 verschiedene kennt das Basisspiel – und legt sie in einer 3 x 3 Auslage offen vor sich aus. Welche Karten einem Spieler angeboten werden, hängt zum einen vom Zufall ab, denn die Karten müssen von verschiedenen Stapeln verdeckt gezogen werden, zum anderen davon, welche Karten ein Vorgänger-Spieler nicht gemocht und dewegen offen abgelegt hat.

Das Auslegen kostet Geld und Aktionspunkte. Mit diesen Ressourcen muß ein Spieler haushalten. Die Reihenfolge und Positionierung der Karten in der Auslage hingegen bringt Geld, Aktionspunkte, Vergünstigungen und Siegpunkte. Eine geschickte Auswahl aus dem teil-zufälligen Kartenangebot sowie ein kompetentes-glückliches-systematisches Vorgehen beim Ausbau der Ressourcen- und Siegpunktquellen sind hilfreich für den Sieg.
Leider spielt sich das Spiel nicht so flüssig, wie sich das hier (vielleicht) liest. Wir können nicht in einem Atemzug Karten erwerben und auslegen; sondern müssen gemäß der vorgeschriebenen Zureihenfolge erst eine Karte auslegen bevor wir die nächste Karte in die Hand bekommen. Da geht ein Zug verloren. Und wenn wir gerade mal kein Geld haben, müssen wir wiederum auf (konstruktive) Züge verzichten und unsere Aktionspunkte für den Gelderwerb verplempern. Klare Schlußfolgerung: „Never use the last Drachma!“. Die andere Schlußfolgerung: „Spiele nie die letzte Karte aus der Hand!“ läßt sich leider nicht verwirklichen. Denn der Möglichkeiten, Karten zu erwerben, sind wenige, Karten auszulegen aber viele. „Több nap, mint kolbász“ heißt ein entsprechendes ungarisches Sprichwort (97.400 mal bei Google referenziert).

In unregelmäßigen Abständen prasseln Katastrophen auf uns herein und nehmen uns Aktionsradius weg. Böse Mitspieler können sogar bestimmte Ärgerkarten auslegen und damit ebenfalls unseren Aktionsradius und unsere Spielfreude dezimieren. Ist das nötig? Wäre es spiel-psychologisch nicht schöner, wenn sporadisch mehr Freiheiten dazukämen, anstatt dass sie uns ständig weggenommen werden?

Beim Design der Spieldetails haben sich die Autoren sehr viel Mühe gegeben. Das Spiel ist sehr gut ausbalanciert. Die 90 Aktivitätskarten der Basisversion und die 18 Karten für die Erweiterung verdienen von der Stimmigkeit und Ausgewogenheit höchstes Lob. Doch Stimmigkeit ist nicht alles. Die Karten und die Spielmechnismen balancieren den Spielfluß auf das Tempo hinkender Schnecken herab. Schade! Ganz sicher hätten die Autoren bei ihrer Erfinder-Kompetenz, die in vielen Details zum Ausdruck kommt, dem Spiel etwas mehr Gas geben können. Sie haben offensichtlich einfach nicht daran gedacht.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Probe-Note, er würde es noch einmal ausprobieren), Günther: 6 (ebenfalls zunächst nur eine „pro forma“ Note), Walter: 4 (zäh, Ärger ist die einzige Interaktion).

Bevor wir das Spiel am Westpark noch einmal spielen, wird Aaron die inneren Abhängigkeiten der 90 Aktivitätskarten genau analysieren und ermitteln, welche Karten-Kombination eine „Maschine“ bilden, sozusagen ein Perpetuum Mobile, das mehr Ressourcen generiert als es verbraucht. Wenn wir das Spiel am Westpark noch einmal spielen würden, hätte Aaron dieses sein Vorhaben garantiert nicht ausgeführt, sondern wir würden alle wieder mit dem gleichen Blinde-Kuh-Wissen den Tournayschen Knoten zu lösen versuchen. Oder nicht.

2. “Der letzte Wille”

Der letzte Wille

Für Walter „klangt schon der Titel ganz gut“. Die ständigen Stadt-Land-Fluß-Titel von „Abilene“ über „Bombay“ bis nach „Waterloo“ gehen ihm allmählich auf den Keks. Aaron meinte dieses Gut-Klingen allerdings mit einem gewissen Alter begründen zu können. Tatsächlich: Der Onkel ist gestorben. Er hat in seinem Leben unglaublichen Reichtum anhäufen können und – weil das letzte Hemd keine Taschen hat – alles zurücklassen müssen. Welcher seiner Neffen am schnellsten einen Bruchteil der Erbschaft durchgebracht hat, bekommt als Alleinerbe den gesamten riesigen Rest. Diese Geschichte hat der tschechische Autor Vladimir Suchý seiner Spiele-Erfindung thematisch untergelegt.

Wie bei „Tournay“ müssen wir in „Der letzte Wille“ Karten sammeln und auslegen. Doch welch ein Unterschied! Während wir in Tournay jede einzelne Drachme dreimal umdrehen müssen, bevor wir sie ausgeben, schwelgen wir hier in Geld und freuen uns über jede Gelegenheit, es zum Fenster rausschmeißen zu können. Spielpsychologisch eine viel angenehmere Situation.

Es gibt auch keinen Mitspieler, der uns unser Geld wegnimmt bzw. – was dem Spielziel eher entspricht – der uns welches gibt. Jeder ist alleine seines Glückes Schmied.

Wir kaufen Häuser zu hohen Preisen, lassen sie verkommen, sanieren sie für teueres Geld und verkaufen sie zu einem Schrottpreis weiter. Wir stellen Gesinde ein und legen uns Haus- und Hoftiere zu, nur damit die Renovierungskosten steigen. Wir leisten uns Vergnügungsfahren, Galadinners und Galavorstellungen, mit und ohne Edelanhang, die Hauptsache ist, dass wir unser Geld unter die Leute bringen.

All diese möglichen Aktionen werden ähnlich wie in „Tournay“ als Karten angeboten, die wir uns zulegen. Auch diese Karten sind sehr gut ausbalanciert und wir müssen wirksame Kombinationen herausfinden, die uns zum Sieg bringen. Doch spielt hier der Zufall nur eine sehr geringe Rolle: der größte Teil der Karten liegt offen aus; wir müssen nur schneller zugreifen als unsere Mitspieler.

Dazu spielt natürlich die Zugreihenfolge eine wichtige Rolle. Diese Rolle wird mehr oder weniger versteigert. Wir können wählen, ob wir früh am Zug sein wollen und dafür nur eine beschränkte Anzahl Karten ziehen und nur eine begrenzte Anzahl von Geld-Rauswerf-Aktionen durchführen dürfen. Oder ob wir als Letzter zusehen, was für uns übrig bleibt, uns dafür aber einen größeren Aktionsradius einhandeln.

Im Letzten-Willen krebsen wir natürlich nicht mühsam von Karte zu Karte; ganz im Gegenteil, wir haben die Hand ständig Körbeweise voller Karten und müssen uns nur überlegen, welche davon wir auslegen, welche in der Hand behalten und welche unbenutzt zurückgeben.

Es stellt sich schnell heraus, dass sinnloses Geld-Ausgeben gar nicht so einfach ist. Und manchmal sind die Mitspieler darin einfach geschickter. Doch auch hier gilt die Spiel-Psychologie: es ist leichter zu verlieren, wenn man noch alle seine Bauernhöfe und Herrenhäuser in der Auslage hat, als wenn man von den regelmäßigen Normannenstürmen ständig um sein letztes Hab und Gut gebracht wird.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (Thema sehr gut umgesetzt) , Günther: 7, Walter: 7.

Wir wünschen allen Freunden, Lesern, Kritikern und Kommentatoren ein blühendes Weihnachtsfest und ein spielreiches Neues Jahr.

14.12.2011: Flotter Siebener

Nach Peters strikter Vorgabe werden Spielrunden größer als 5 schon im organisatorischen Vorfeld peinlichst vermieden. Heute kamen er und Loredana nach einer mehr als halbjährigen beruflichen Aushäusigkeit im gelobten Land zurück in die weiß-blaue Heimat, und aus der Freude am Wiedersehen wurde die Teilnehmerbegrenzung aufgehoben.

Würfel, Bluff und Wein

Zunächst war geplant, mit einer gemeinsamen Bluff-Runde anzufangen und dann die Gesellschaft auf zwei Tische aufzuteilen. Doch dann fanden Aaron und Günther mit dem WPG-Spielefinder soviele geeignete Viel-Personen-Spiele (und brachten sie mit), so dass wir bis zum Schluß alle zusammenblieben.
1. “Bluff”
Eigentlich ist das Spiel für maximal 6 Mitspieler ausgelegt, doch wenn man die Würfel aus zwei Spielen zusammenlegt, können problemlos 12 Mitspieler teilnehmen. Flott ist es allemal und für die vorzeitig Ausgeschiedenen auch beim Nur-Zuschauen keineswegs langweilig.
Horst konnte beim ersten Durchgang mit 17 mal die Fünf gleich 6 Mitspieler um einen Würfel kürzen. Im zweiten Durchgang wäre ihm das ebenfalls geglückt, wenn er sich getraut hätte, von 13 auf 14 mal die Fünf zu erhöhen. Sein Nicht-Mut kostete ihn genau den Würfel, der ihm später im 1:1-Endspiel gefehlt hatte.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
2. “The Resistance”
Vor einem halben Jahr hatte das Spiel in einer 5er Runde die Hoffnung geweckt, dass es sich in einem noch größeren Teilnehmerkreis weniger durchsichtig präsentiert. Gilt es doch herauszufinden, welchen der Mitspieler eine „Gute“ und welchen eine „Böse“ Rolle zugedacht ist.
Jeweils ein Spieler stellt als Kapitän ein Team für eine „Mission“ zusammen und alle Mitspieler stimmen mehrheitlich offen darüber ab, ob die Teamzusammenstellung akzeptiert wird. Ist das der Fall, stimmen anschließend die Mitglieder des Team geheim darüber ab, ob die Mission erfolgreich ist. Eine einzige Gegenstimme bringt die Mission zum Scheitern.
Ein „guter“ Kapitän muss also versuchen, eine Mannschaft aus lauter „Guten“ zusammenzustellen. Ein „böser“ Kapitän muss versuchen, wenigstens einen „Bösen“ in die Mannschaft zu schmuggeln. Ist eine Mission gescheitert, dann war mindestens ein „Böser“ dabei. Ist die Mission aber gelungen, dann ist keineswegs gesichert, dass nur „Gute“ dabei waren. Ein Böser kann sich ja getarnt haben. Allerdings für einen hohen Einsatz. Denn er hat eine ganze Mission und damit 33% der Siegbedingungen hergeschenkt.
Übrigens: Nur „Böse“ tarnen sich. „Gute“ müssen mit allen Mitteln versuchen, Klarheit in die moralische Rollenverteilung zu bringen. Warum?
Weiterhin wird ein „guter“ Kapitän auf jeden Fall sich selber in die Mannschaft aufnehmen. Ein „böser“ kann sich da schon mal auslassen. Er muss es sogar tun, wenn er bereits entlarvt ist.
Es könnte eine Menge Rechnerei und Schlußfolgerungen geben, um aus den Ablehnungen von Teams und aus dem Scheitern von Missionen auf die „Bösen“ zu schließen, um am Ende mit den reinen Schäfchen die drei benötigten erfolgreichen Missionen durchzuführen. Allerdings erlaubt die Spielregel ausdrücklich „Diskussionen – und soziale Interaktion“, sprich lautes Gelaber, um die eigene böse Rolle zu verschleiern und den anderen Mitspielern die Schuld am Scheitern einer Mission in die Schuhe zu schieben. Das kann zu den lustigsten Anschuldigungen und zu den beschissensten Offenbarungen führen.
Offensichtlich ist diese Phase der lauten, lauteren und unlauteren Diskussion gewünscht und ein Teil des Spielspaßes. Heute war es das auch. Peter nahm seinen Präcox-Kommentar „Oh Gott, ist das ein Scheiß“ stillschweigend zurück und reihte sich mit seinen 7 Punkten genau im (relativ guten) Durchschnitt der bisherigen Wertungen ein. Loredana auch. Ohne Kommentar.
Hallo Peer, diesmal haben wir mit den Plotkarten gespielt. Ich fand sie aber keineswegs als Bereicherung des Spiels. Wenn ich dadurch meine Identität offenbaren muß, wenn ich eine von Haus aus verdeckte Abstimmung öffentlich mache, wenn ich gar eine ganze erfolgreiche Teamzusammensetzung canceln kann, wird der Logik-Anteil immer mehr zurückgedrängt. Moritz hätte mit einer Plotkarte die letzte Abstimmung ungültig machen können und damit den „Bösen“ die letzte Mission für den Sieg schenken können. Selbst als „Böser“ wollte er aber nicht so böse sein und den „Guten“ damit die gute Laune verderben bzw. sein Spiel in Mißkredit bringen.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6, Horst: 7, Loredana: 7, Moritz: 8, Peter: 7, Walter: 6.
3. “Zaster”
33 Jahre hat dieses Parker-Spiel auf dem Buckel. Vor 9 Jahres war es zum letzten Mal bei uns auf dem Tisch. Jeder Spieler bekommt 10 Karten von verschiedenen Farben (Zahlen) in die Hand und muß durch verdecktes Tauschen mit seinen Mitspielern erreichen, dass alle 10 Karten seiner Hand die gleiche Farbe aufweisen. Sobald das ein Spieler geschafft hat, ist ein Spiel zu Ende.
Tauschen kann jeder mit jedem und in beliebiger Reihenfolge und Häufigkeit. Zum Tauschen kündet der Tauschwillige eine beliebige Anzahl Karten einer Nomination an und wer das Gebot annimmt, muß eine entsprechend große Anzahl Karten einer beliebigen anderen Nomination dagegen halten. Dieser Vorgang führt zu einem lauten chaotischen Durcheinander-Schreien wie auf der Börse. Wer am lautesten schreit, am häufigsten zum Zuge kommt und somit am öftesten tauscht, hat als erster die Chance auf den Sieg.
WPG-Wertung: Horst blieb mit 6 Punkten nahe beim bisherigen Durchschnitt, Loredana mit 3 und Moritz mit 2 Punkten drückten den Durchschnitt um einen ganzen Punkt nach unten. Wahrscheinlich entgleitet in einer 7-er Runde das Börsen-Schrei-Chaos jeglicher Kontrolle.
4. “Linq”
Ein Partyspielchen für sprachbegabte Verschleierer. Verdeckt werden den Spielern paarweise identische Begriffe zugeordnet, die sie durch zwei Schlagwörter umschreiben müssen. Dann müssen die Spieler auf Grund der genannten Schlagwörter herausfinden, welche Spieler jeweils begrifflich zusammengehören. Finden zusammengehörige Spieler die eigene richtige Zuordnung heraus, bekommen sie Pluspunkte, findet einer von ihnen diese Zuordnung nicht, gehen beide leer aus. Finden Spieler fremde Zuordnungen heraus, so müssen die „entdeckten“ Paare Punkte abgeben. Es kommt also darauf an, für den eigenen Partner eindeutig erkennbar zu sein, für die anderen Mitspieler aber möglichst nicht.
Dabei ist es natürlich hilfreich, wenn man gemeinsame Erfahrungen hat, die sich auf ein einziges Schlüsselwort reduzieren lassen. Walter stand mit seinem „Schiefer“ ziemlich allein dar. Wer weiß denn noch, dass damit eine „Tafel“ gemeint sein kann? Wer hat denn noch in der „Volksschule“ mit dem Griffel auf eine Schiefertafel geschrieben? Loredana gab sich zwar mit „Schokolade“ gleich als Partner zu erkennen, für die Schiefertafel aber war sie 30 Jahre zu jung. Da konnte selbst der „Arthus“ mit seiner Tafelrunde nichts mehr retten.
Dagegen lag Aaron mit „Schmidt“ für „Schnauze“ goldrichtig. Glücklicherweise war hierbei nicht Loredana seine Partnerin sondern unser Oldtimer. Kein anderer in unsere Reihe kannte die Zusammensetzung „Schmidt-Schnauze“. Google findet dazu immerhin 32 Tausend Einträge. Heutzutage wird der alte Schmidt aber nur noch als ausgeschamter Kettenraucher wahrgenommen.
Keine neue WPG-Wertung für ein 7,3 Punkte Spiel.
5. “Choice”
Ein Würfelspiel, bei dem öffentlich jeweils 5 Würfel geworfen werden, die jeder Spieler in zwei mal zwei Paaren plus einen Überbleibsel-Würfel zusammenstellen muss. Das Ergebnis trägt jeder in ein privates Tableau ein. Wer am Ende die lukrativsten Kombinationen zusammenstellen konnte, hat gewonnen.
Wer mehr darüber wissen möchte, kann Moritz’ Spielbericht vom 5. Mail 2002 oder Walters Session-Report vom 20. Juli dieses Jahres (mit Bild) nachlesen.
Bisher waren unsere Kommentar überwiegend positiv. Moritz fand das Spiel damals sogar „Sucht erzeugend“ und Horst ging heute mit „ein tolles Würfelspiel“ durchaus in die gleiche Richtung. Nur Peter fiel meilenweit zurück. Das Spiel ist „komplett öde“. Es besitzt eine „eindeutige Gewinnstrategie“, es ist „wahnsinnig leicht optimierbar“. Es enthält „keinerlei Interaktion“. Im letzten Punkt hat er wohl recht, in den anderen wurde ihm heftig widersprochen. Wir warten auf die Darstellung seiner Lösung.
WPG-Wertung: Der bisherigen Durschnitt von 7,3 wurde zwar nicht von Horsts 8, aber von Peters 3 Punkten deutlich nach unten gedrückt.

07.12.2011: Ratlos auf Hawaii

Was macht der Kassier eines Vereins? Er kassiert die Mitgliedsbeiträge und bezahlt die anfallenden Kosten: Abgaben an die übergeordneten Verbände, Zuwendungen an Funktionäre, monatliche Mieten für die Clubräume, Saalmieten für Sonderveranstaltunen, Weihnachtsfeiern und ähnliches.
Und was passiert, wenn er die Kosten nicht bezahlt? Dann trudeln Mahnungen ins Haus. Zuerst bei ihm und dann beim Präsidenten. Was tut der Präsident mit den Mahnungen? Er leitet sie an den Kassier weiter, zuerst verwundert, dann frustriert, schließlich grollend.
Und bevor die gutgläubigen Club-Gläubiger ihrerseits anfangen zu grollen, bezahlt der Präsident die angemahnten Rechnungen (zunächst mal) von seinem Privatkonto. Schließlich will er die Sääle ja auch für zukünftige Veranstaltungen anmieten und das gute Verhältnis zwischen Club und Verband erhalten.
Wie geht es dann weiter? Ich weiß es selber nicht! Vielleicht habt Ihr, liebe Leser, dazu eigene Erfahrungen, praktikables juristisches Wissen, einen guten Rat! Danke!
1. “Hawaii”
„Die Fischer fischen, die Surfer surfen, die Tänzerinnen tanzen und die Früchte früchteln.“ So heißt es in der Einleitung. Und die Spieler spielen. Ein Teil des Spielspaßes ist das Zusammenbauen des Puzzle-Spielbretts. Dies ist auch eine Intelligenzaufgabe, besonders da man erst herausfinden muss, welche Teile des umfangreichen Materials zum Spielbrett gehören und welche zur Start-Ausstattung der Spieler an Grundstücken und Gebäuden. Erleichtert wird diese Aufgabe durch 3 ½ Seiten des Regelheftes, so dass diese Herausforderung nicht der Grund für das angegebene Mindestalter von 10 Jahren ist.
Es gilt allerdings noch weitere 7 1/5 Seiten Spielregel durchzuarbeiten, um die Aufgabenstellung zu verstehen. Jeder Spieler muss seine kleine Insel zu dem schönsten Paradies der Zivilisation ausbauen. In seinen maximal fünf Dörfern kann er Muschel-, Fuß-, Lang- Tausch- und Speerhütten errichten, Obstplantagen anlegen, und verschiedenartige Attraktionen für die Touristen anschaffen. Weiterhin gibt es KU, KANE, PELE, LONO, LAKA und KANAOLA-Elemente, die er in seine Dörfer einbauen kann, und die alle früher oder später Siegpunkte bei der Dorf-Prämierung abwerfen.
Um ein neues Element in eines seiner Dorf einarbeiten zu dürfen, muss ein Spieler zuerst mit seinem Häuptling zu einem Supermarkt laufen, wo es dieses Element im Angebot gibt. Dann muss er es auch noch bar bezahlen können. Bewegungsradius und Muschiwährung sind die beiden Mittel, mit denen ein Spieler seine Aktionen bestreitet.
Wie bei jeder guten Optimierungsaufgaben gilt es, gegensätzliche Prinzipien in einer wohlbalancierten Weise zu handhaben:

  • Man kann in Masse machen und sich viele billige kleine Bauteile zulegen, braucht dazu aber einen längeren Fußmarsch und bekommt nicht die Sonderprämien für die teuren großen Qualitätsstücke.
  • Man kann sich potenzerweiternde Elemente zulegen, um damit in zukünftigen Aktionen abzusahnen, oder man kann sich gleich auf siegpunktträchtigen Besitzstand konzentrieren.

Ein paar konstruktive Zufallselements sind in „Hawaii“ auch eingebaut. So variiieren Angebot und Preise von Runde zu Runde, und es ist immer von Vorteil, in der Startspielerreihenfolge einen guten Platz zu belegen. So kann man schneller zuschlagen als die Konkurrenz. Dieses Privileg ist käuflich, zwar nicht direkt, aber wer als erster seine Einkaufstour abbricht, darf wählen, in welcher Position er die nächste Runde beginnt.
Bei der Optimierung der Einkaufstouren in Bezug auf Gesamtstrecke und Gesamtausgaben stellt sich die Frage, ist „Keep fully invested“ die richtige Maxime? Soll man sein Potential an Füßen und Muschis pro Runde restlos ausschöpfen? Ganz gewiß nicht. Die Verfügbarkeit voraussetzt, ist es für bestimmte Investitionen absolut gleichgültig, in welcher Runde man sie tätigt. Ein scharfes Kalkulieren des jeweiligen Rundenetats gehört unbedingt zu gutem Spiel. Und verachtet mir den Fischerhafen und die Anlegeplätze für die Inselbesuche nicht. Hier liegen die Siegpunkte mehr oder weniger massig am Kai.
Am Ende lagen wir alle in der Reihenfolge Aaron, Walter, Günther und Horst nur ganze sieben Punkte auseinander. Allerdings hatte Günther dabei alle einmal überrundet. Mit seinen Vergnügungsbooten im Hafen.
WPG-Wertung: Horst: 8 (hat wahnsinnig Spaß gemacht), Aaron: 5 (hat nur durchschnittlich Spaß gemacht, die Frage: „Schaff ich noch das nächste Teil“ erzeugt nur einen begrenzten Spannungsbogen, Günther: 7 (schönes Aufbauspiel), Walter: 7 (vermißt in der Optimierungsaufgabe eine spielerische Linie, für eine höhere Bewertung fehlt eine progressive Steigerung, und zudem ist „Hawaii“ etwas zu solitär)
Es schloß sich eine Diskussion an über die Frage: „Wann funktioniert ein Spiel?“ Für Aaron ist es eine Grundvoraussetzung, damit ein Spiel überhaupt in die Wertung kommt. Doch sicherlich haben wir auch einige Spiele mit 2 oder gar 3 Punkten (wenn nicht gar 10, lieber Moritz!) belegt, die nicht funktionieren. Wie immer man das definieren mag.
„Und wann ist ein Spiel spielerisch?“ Aaron und Horst wollen mit ihren Wertungspunkten grundsätzlich das „Spielerische“, d.h. den Spielespaß eines Spiel benoten. Günther unterscheidet hier noch zwischen Spielespaß und persönlichen Vorlieben. Für Walter ist „spielerisch“ nur eines von vielen Kriterien, die ein guten Spiel haben sollte. Für ihn ist „Mensch ärgere Dich nicht“ deutlicher spielerischer als „Hawai“, obwohl letzteres eine höhere Wertung bekommt.
Bei Woxikon werden zum Wort „spielerisch“ 39 Synonyme in 5 Wortgruppen angeboten:
kinderleicht: unscheinbar, unkompliziert;
unbefangen: unbeschwert, ungebunden, unbelastet;
mühelos: leicht, bequem, einfach, kinderleicht, problemlos, unschwer, spielend;
entspannend: beschwingt, sorgenlos, sorglos, unbefangen
leicht: zart, anmutig, sacht, sorgenlos.
Ist „Hawaii“ jetzt „spielerisch“?
Zur Demonstration des Spielerischen schlug Horst spontan eine Partie „Mensch ärgere Dich nicht vor“ und Walter legte ohne Zögern die Schachtel mit der Ravensburger Spielesammlung auf den Tisch. Doch Aaron winkte entsetzt ab.
2. “Pax”
Ein hübsches kleines Kartenspiel von Bernd Eisenstein, das wir schon in der Endphase seiner Entstehung mittesten durften. Die Spieler ziehen Karten verschiedener Kategorien vom verdeckten Stapel, legen einige davon offen in ihre private Auslage und andere in öffentliche Kaufplätze, von wo sie von den anderen Spielern gegen blanke Münze gekauft werden können.
Je mehr Karten man auslegt, deste teurer wird der Vorgang. Je länger die eigene Auslage in den verschiedenen Kategorien ist, desto höher sind anschließend die Einnahmen. Es gilt also, eine gute Balance zwischen dem Bezahlen beim Auslegen der Karten und dem Kassieren für die lange Auslage zu finden. Im Laufe des Spiels werden die Auslagen natürlich immer länger und die Einnahmen immer höher, so dass man kurz vor Spielende nahezu im Geld schwimmt.
In regelmäßigen Abständen werden die Karten eines Kaufplatz in den Besitz von Rom übergeführt. Bei Spielende wird gewertet, ob Rom oder die Mitspieler in den verschiedenen Kategorien mehr Karten ausliegen haben. In dieser Phase ist das Spiel ein Kooperationsspiel. Man kann sich gegenseitig die notwendigen Karten zuschustern, um gemeinsam die Majoritäten zu erringen. Oder man kann auch absichtlich Rom viele und entscheidene Karten zukommen lassen, nämlich wenn man möchte, dass Rom die Kategorienwertung gewinnt. Denn in diesem Fall gewinn derjenige Spieler das Spiel, der in der Kategorie „Intrige“ die längste Auslage hat.
Ein feiner Kampf um Rom, mit vielen Optionen um Siegpunkte zu machen, mit rasant anwachsenden Betriebsmitteln und mit bis zum Schluß ungewissem Ausgang, ob der Intrigant oder der beste der „seriösen“ Spieler gewonnen hat.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (als notorischer Schlecht-Würfler hat er etwas gegen das Glück beim Kartennachziehen), Günther: 6 (mit Tendenz zu 7), Horst: 7 (hoher Wiederspielreiz, will sich das Spiel sofort kaufen), Walter: 7 (flottes Kartenspiel, überraschende Wendungen, psychologisch gut designedte Überflußwirtschaft).
3. “Bluff”
Günther stand im Endspiel mit einem Würfel gegen drei Würfel von Walter und demonstrierte die Schlagkraft seiner Immer-5-Strategie.
Bei ersten Kampf hatte Walter 4 + 4 + 1 unter seinem Becher. Was sollte er auf Günther’s Vorgabe 1 mal die Fünf antworten? 2 mal die Vier? Naheliegend. Doch Günther hatte mit seinem einen Würfel auch eine Vier und konnte mit 3 mal die Vier seinen Gegner um einen Würfel kürzen.
Im nächsten Kampf hatte Walter 3 + 1 unter seinem Becher? Er kam gar nicht auf die Idee, Günthers 1 mal die Fünf anzuzweifeln, sondern suchte sein Glück in 2 mal die Drei, mit der A-priori-Wahrscheinlichkeit von 1/3. Doch Günther zweifelte erfolgreich an.
Im letzten Kampf 1:1 hatte Walter eine 2 unter dem Becher und zweifelte diesmal Günthers 5-er Vorgabe an. Mit seinem geworfenen Stern konnte Günther den Sack zumachen.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

Electronic Boardgaming: A closer look at “Shadow Era”

Transcript of the podcast published December 6th, 2011.

Let’s take a more detailed look at an Android and iOS game that is in many ways representative of current trends. A friend of mine – my regular “Game of Thrones Card Game” gaming partner Ulrich Hergl, who recently made 2nd place at GenCon’s “Call of Cthulhu Card Game” tourney, has made me aware of the game “Shadow Era” with the remark “I wish there was an electronic version of the Fantasy Flight LCG’s that works like this”.
Having extensively played the game in the last months I can’t help but fully agree.

“Shadow Era” is an electronic collectible card game with many similarities to Magic the Gathering that works on all platforms – be it android, iPhone, PC or laptop. Once you have created a free account, you can always access your current game data, regardless of what platform you use. I have to say though that the visuals of the game work better on a larger platform, the screen on your android or iPhone is not really big enough to read the card text, which is all important.

Once you have logged in you get a free starter pack of one of the many possible characters you can play. These come in several classes and either belong to the Shadow (evil) faction, or the humans. Each of these characters has a special ability that usually uses up his “shadow points”, which work a little like Mana and are raised every turn.

Basically the players get a starting card hand and then proceed to bring monsters and allies into the fray. At the beginning of each round you can sacrifice one card for resources which you then can use to pay for your cards, which consist of items, events, allies and spells. This short description will sound very familiar to any collectible card player, and actually the game rules are extremely simple and straightforward. It is easy to get into the game and start playing in a matter of minutes. It is the gameplay and of course the deck building where the fun begins.

The graphic presentation is absolutely breathtaking and very professionally done. Each spell has unique animations – I especially like the card “rain delay”, even though it sucks – but none of them are annoying or too long. This has obviously been done by programmers who really thought long and hard what a game of this type should look like. The drawings for the various cards are not exactly up to Fantasy Flight quality, but are in the top heap of apps regarding quality. The only interface critique I have is the chat screen, which is a bit perfunctory and uninviting, and therefore rarely used.

Once you have logged into the server, you can manage your various decks and buy additional cards. Each deck is connected to one single character – every time you change it, it is saved and used when this character is used. It is therefore not possible to have different decks for one character, but I found that the fun is to build the perfect deck for each character, and there are so many to choose from that you won’t get bored.

The card buy model is fairer than you might think. The base game costs nothing, and additional cards can be bought either in cheap packs or basic decks, using crystals as a currency which can be earned by playing games or paying real money (not a lot of it).  You won’t need the crystals exclusively to get cards – one can also buy single cards from a merchant using gold currency which can only be collected through actual gameplay. If you are very dedicated you can actually earn all your cards by only playing the game against the provided ok computer or real opponents, the crystal option mostly saves time for you. I am playing this game for 5 months now and have only paid 8 dollars so far, so that is really ok – it won’t turn you into a crack addict.

Even though the deck building is important in the game, it is not as overpowering as in other games, and so far deadly combos or game breaking combinations are not evident. This has mostly to do with the fact that the basic rules are so simple and the cards so well thought out that this has not arisen yet as a problem. I find that deck building in the game is not super difficult –most choices are pretty obvious. But the game play itself is full of so many meaningful decisions that this is where winners are made. Even the best deck can easily be played badly and to win you have to anticipate the abilities of your opponent. As a game only lasts 10 minutes or so the game becomes quite addictive, especially because there is an incentive in form of a rating which works similar to Xbox-online games. Luck doesn’t play a huge role, as there are no dice rolls and the decks usually very small (around 30 cards), so very often all cards in a deck come into action.

The server of this game works extremely well – just press “Quick Game” and you will have an opponent in seconds. It is also possible to challenge friends if you have their online name.

As you can tell I really like this game – it is a very clever creation using popular concepts presented in an exceptionally slick way. If you like collectible card games you will love this game, guaranteed.

30.11.2011: Sorgen und Eroberungen

Handschmeichler aus Zypern
Handschmeichler aus Zypern

In den letzten Tagen erreichten uns sorgenvolle Anfragen, was denn bei den Westpark Gamers los sei und warum es kaum noch Spielberichte gibt. Daher eine kurze Erklärung: Spielberichte gibt es nur dann, wenn auch tatsächlich ein Spieleabend zustande kam und sich ein Spieler findet, der einen solchen schreibt. Und genau daran hat es in den letzten Wochen gemangelt. Zum einen fielen einige Spieleabende wegen Urlaub, Krankheit und sonstigen Gründen aus. Und anders als unser Standardberichterstatter Walter, der sich noch um 2 Uhr morgens nach anstrengendem Spieleabend hinsetzt und es schafft, einen spannenden, fast literarischen Spielbericht zu verfassen, sieht sich sein Backup Aaron dazu nicht in der Lage und schiebt diese eher lästige Aufgabe vor sich her.

Urlaubsbedingt fielen also im November zwei Spieleabende aus und Walter musste diese Woche wegen eines Termins am frühen Donnerstagmorgen als Berichterstatter passen. Auch das mitgebrachte Geschenk aus Zypern konnte ihn nicht erweichen mit nur drei Stunden Schlaf auszukommen.

1. „Québec“
Ystari’s Neuerscheinung zur Spiel 2011 kam ohne Widerspruch als erstes auf den Tisch. Die kleine Ergänzung „plus“ unter dem Verlagsnamen sorgte für Stirnrunzeln. Sollte es sich hier um eine besonders hübsch aufgemachte Sonderserie von Ystari handeln? Oder dient das plus als Hinweis darauf, dass es sich um eine Gemeinschaftsproduktion mit einem anderen Verlag handelt? Die Ystari-Website gibt darüber keine Auskunft.

Der Spielplan brachte dann die Aufklärung: seine Gestaltung in Bonbonfarben passt eher zu einem Kindergeburtstag und kaum zum Thema „Wir bauen über einen Zeitraum von 400 Jahren die schönsten Gebäude in Québec“. Also wohl keine Sonderserie. Die Farbgestaltung und Topologie des Plans bedingt eine gewisse Eingewöhnungszeit nicht unähnlich unserer Erfahrung mit Ystari’s „Metropolys“ vor drei Jahren. Danach kann man allerdings die perfekt ineinander greifenden, schönen Mechanismen des Spiels genießen.

Québec Spielplan
Kindergeburtstag in Québec

Mit ihrem Baumeister besetzen die Spieler die für das jeweilige Jahrhundert markierten gültigen Bauplätze, um in späteren Aktionen sowohl selbst Baumaterial dorthin zu liefern, als auch die anderen Spieler zu animieren, beim Bau zu helfen. Später, wenn der Besitzer des Baumeisters entscheidet, dass genug Material zum Bau geliefert wurde, zieht er seinen Baumeister auf einen neuen Bauplatz, dreht den jetzt fertiggestellten Bauplatz um und markiert ihn mit einem Siegpunktemarker seiner Farbe. Je mehr Baumateriallieferungen erfolgten, umso mehr Siegpunkte gibt es bei Spielende.

Stellt sich die Frage, warum andere Spieler beim Bau des Gebäudes überhaupt helfen sollten, wenn doch die Siegpunkte des Gebäudes nur an den Besitzer des Baumeisters gehen? Zwei clevere Mechanismen sorgen dafür, dass es oft für einen Spieler besser ist, fremde statt eigene Bauplätze zu beliefern. Zum einen bringt jede solche Lieferung den Vorteil von Siegpunkt-trächtigen Zusatzaktionen, die dem Bauplatz zugeordnet sind. Weiterhin wird alles gelieferte Baumaterial bei Fertigstellung des Gebäudes auf eine der Bauplatzfarbe zugeordnete Einflusszone verschoben und bringt dort am Ende eines Jahrhunderts zusätzliche Siegpunkte. Da nach der Wertung einer Einflusszone die Hälfte der Steine des Spielers mit dem meisten Baumaterial dort in die nächste Zone verschoben wird, kommt es zu Mehrfachwertungen. Geschicktes Liefern von Baumaterial an Gebäude der richtigen Farbe schafft daher Mehrheiten in den Einflusszonen und einen mächtigen Strom an Siegpunkten am Ende eines Jahrhunderts.

Doch nicht nur die Lieferung des eigenen Baumaterials an die Einflusszonen will beachtet sein. So bringen fertiggestellte Gebäude bei Spielende mehr Siegpunkte, wenn sie ein großes, zusammenhängendes Gebiet bilden. Schnell lassen sich so fast 50% der Gesamtsiegpunkte bei Spielende generieren.
Um die Spieltaktik variabler zu gestalten, können die Spieler Sondereigenschaften durch „Leader“-Karten erwerben, die sie dann für die Dauer eines Jahrhunderts verwenden dürfen. Dies, zusammen mit dem variablen Spielplan und einer für jedes Spiel variablen Zusatzbedingung sorgen für einen hohen Wiederspielreiz.

Günther wies gleich zu Beginn des Spiels auf die möglichen Siegstrategien und deren Gleichwertigkeit hin. Der weitere Spielverlauf zeigte schnell, dass die Wichtigkeit der Mehrheiten in den Einflusszonen nicht zu unterschätzen ist. Aaron schaffte es damit, in den ersten beiden Jahrhunderten einen deutlichen Vorsprung herauszuarbeiten, während sich die anderen Spieler eher auf wertvolle Bauplätze und zusammenhängende Gebiete konzentrierten. Im dritten und vierten Jahrhundert schwenkte Horst auf die Einflusszonenstrategie um, und Aaron begann, ein großes zusammenhängendes Gebiet zu bebauen, während Walter und Günther ihre „von allem etwas“ Strategie beibehielten. Bei Spielende führte Horst mit 122 Siegpunkten vor Günther, Aaron und Walter – jeweils mit einem Abstand von fünf Siegpunkten.

WPG-Wertung: Günther: 8 (nicht zu glückslastig), Horst: 7 (nicht unspannend), Walter: 7 (dynamische Spannung fehlt, viel Interaktion, gut ausbalanciert), Aaron: 8 (spannend, kaum Grübelei)

2. „Caravelas“
Auf der Spiel 2011 in der zweiten Auflage verfügbar, war „Caravelas“ sowohl Günther als auch Aaron aufgefallen. Beide hatten das Spiel dort kurz angespielt und danach sofort zugegriffen. Vom Thema und Mechanik erinnert „Caravelas“ an „Navegador“. Könnte das der Grund gewesen sein, warum die Erstauflage auf der Spiel 2010 so wenig beachtet wurde?

Der Spielplan zeigt die fünf Kontinente und die Ozeane. Wichtige Häfen gilt es anzulaufen, dort als erster ein Denkmal zu errichten und Güter auf die eigenen Schiffe zu verladen und zurück nach Lissabon zu bringen und dort gegen Siegpunkte zu verkaufen. Zu Spielbeginn bekommt jeder Spieler 8 Zielkarten, die zusätzliche Siegpunkte bringen, falls der Spieler dort ein Denkmal errichtet hat.

Das Navigieren der Schiffe wird durch Meeres- und Windströmungen erschwert bzw. erleichtert. Gleichzeitig birgt das Kap der guten Hoffnung die Gefahr eines Schiffsuntergangs und in besonders gefährlichen Meergebieten sorgen Ereigniskarten oder Piraten für ungeplante Manöver.

Unser Spiel begann recht spannend, als alle Spieler versuchten, möglichst viele ihrer Zielhäfen als erste zu erreichen. Schnell stellte sich dann der erste Frust ein, als klar wurde, dass die zufällige Verteilung der Zielkarten gepaart mit den möglichen Navigationsrouten einen großen Glücksfaktor ins Spiel bringt. Nachdem sich diese Anfangsenttäuschung gelegt hatte, versuchten alle Spieler, möglichst viele weitere Denkmäler zu setzen und gleichzeitig ihre Schiffe mit den notwenigen Waren zu beladen. Hier geben die Wind- und Strömungsverhältnisse die sinnvolle Route weitestgehend vor. Und leider führen die Ereigniskarten in schwierigem Gebiet wieder einen Glücksfaktor ein, der schwer vorauszuplanen ist.

Sind dann die Schiffe beladen, geht es zurück nach Lissabon zum Warenverkauf. Wie bereits auf dem Hinweg ist das Kap der guten Hoffnung mit seinen gefährlichen Strömungen erneut zu meistern und wieder besteht die 50%ige Chance, dass ein Schiff mitsamt Ladung sinkt. In Lissabon angekommen, werden alle Waren verkauft oder geladener Pfeffer für die doppelte Siegpunktanzahl in den Bau eines Klosters investiert. Sobald fünfmal in den Klosterbau investiert wurde endet das Spiel.
Bevor das erste Schiff zurück in Lissabon war, hatten wir alle Häfen angelaufen und damit alle verfügbaren Denkmäler gesetzt. Was jetzt also übrig blieb, war immer die gleiche Route zu den Warenhäfen zu navigieren, dort die Waren aufzuladen und nach Lissabon zu bringen. Klar, dass zurückliegende Spieler nicht in den Klosterbau investieren werden, um das Spieleende nicht zu beschleunigen. Auch klar, dass sich der immer gleiche Ablauf wiederholen wird, bis endlich das fünfte Klosterteil gebaut wurde. Und ebenfalls klar, dass wir das Spiel bereits vor dem ersten Klosterbau abbrachen. Zu wenig Spannung blieb für die restlichen Runden übrig, zu wenig Interaktion und Taktikoptionen.

Schade, „Caravelas“ hat stimmige Mechanismen und einen dazu passenden Spielplan. Aber es ist nicht ausgereift und nach den ersten Runden völlig spannungslos. Wer das Glück hatte und viele Zielhäfen als erster erreichte wird das Spielende beschleunigen (und damit wieder mehr Punkte als die anderen erhalten), während die anderen Spieler hinterherhecheln aber keine Chance haben, aufzuholen.

WPG-Wertung: Günther: 4 (Zielkarten bringen zu viel Chaos), Horst: 3 (Idee gut, Umsetzung katastrophal), Walter: 4 (zu viel Glück, Pseudoplanspiel), Aaron: 4 (nicht ausbalanciert, kein Drive)

16.11.2011: Trajan

Ein reicher Kaufmann hatte einen Sohn, der hatte sich allen möglichen Sünden und Lastern ergeben. Unter anderen Greueln fand er auch am Würfelspiel Wohlgefallen. Alle seine Verwandten schämten sich deshalb seiner. Endlich faßte der Kaufmann den Plan, achtzig auf dem Lande aufgewachsene biedere fromme Männer für eine gewisse Zeit mit seinem Sohne in einem Haus zusammenzubringen. So meinte er, ihr Umgang würde auf ihn einen guten Eindruck machen und er von seinem schlechten Wandel ablassen.
Gesagt, getan, der Kaufmann suchte achtzig fromme Männer auf, die er unter tausend Versprechungen reichlicher Belohnung mit seinem Sohne in ein Haus einsperrte, wo man ihnen Speise und Trank von draußen hineinreichte. Um es kurz zu machen: nach siebzig Tagen öffnete man die Tür und forschte nach dem Zustande der Eingeschlossenen. Und siehe da, die Frömmigkeit hatte auf den Burschen keinerlei Eindruck gemacht, aber umgekehrt hatte sein Laster auf die achtzig Frommen eine solche Wirkung gehabt, dass sie samt und sonders zu Würfelspielern geworden waren.
(aus dem tausend-jährigen „Papageienbuch“)
1. “Trajan”
In Essen hatte das Spiel Furore gemacht und stand in allen Bestseller-Listen an der Spitze. Aaron hatte das Spiel deshalb blind gekauft, Günther als Halbblinder. Heute legte er es mit deutlichen gebremstem Schaum auf den Tisch: „Es ist ein 3-stündiges Solitärspiel.“
Nach dem Regelheft befinden wir uns im römischen Imperium auf dem Höhepunkt seiner Macht. Auf 12 klar und massiv bedruckten Seiten wird uns die Aufgabenstellung beschrieben. Dicke, deutlich, didaktisch. 60 Spielfiguren, 4 Feldherren, 4 Trajansbögen, 56 Aktionssteine, 60 Warenkarten, 54 Trajansplättchen und 70 Forumsplättchen sind erst die Hälfte des gebotenen Spielematerials. Wir drehen an ungezählten Rädchen, um im Hafen, im Senat, auf dem Forum, beim Militär, auf dem Markt oder in den Arbeitslagern unsere Potenz zu steigern oder gleich direkt Siegpunkte zu notieren.
Bemerkenswert ist das Auswahlprinzip für unsere Aktionen: Auf einem Rundkurs versetzt jeder Spieler kalah-artig die verschiedenfarbigen Aktionsteine jeweils einer Mulde und bestimmt dadurch seine nächste Aktion.
In “Trajan” hat der Autor Stefan Feld gleich eine ganze Handvoll verschiedener Optimierungsaufgaben zusammengefaßt:

  • Das Kalah-Prinzip, um die gewünschte Ziel-Aktion zu treffen
  • Das Kalah-Prinzip, um in einzelnen Mulden die notwendige Farbkombinationen für die Sondereffekte zu erreichen
  • Diversifizierung und Kumulierung im Arbeitslagen
  • Kleckern oder Klotzen im Senat
  • Transportoptimierung in den Provinzen
  • Sammlung und Nutzung einer effizienten Kombination von gleichen und ungleichen Symbolen
  • und noch viel mehr

Nach 4 Quartalen mit jeweils 4 Großrunden hat ein erfolgreicher Römer ca. 100 Siegpunkten auf die Seite geschafft. Dazu kommen in der Schlußwertung mit Glück nochmals ca. 20 Siegpunkte hinzu. Alles schön konstruktiv und sprudelnd. Eigentlich ein Super-Spiel. Eigentlich! Leider ist es entschieden zu solitär. Wir sitzen zwar zu viert um den Spieltisch, aber miteinander (oder gegeneinander) spielen wir nicht. Jeder könnte (fast) genauso gut alleine in seiner Studierstube sitzen und über seinen Kalah-Steinen brüten, um damit eine Maximalausbeute an Siegpunkten zu erlangen. Hinterher tauscht man die Ergebnisse per Telefon aus. Das bißchen Konkurrenz um den jeweils besten Platz aus lauter guten anderen Plätzen in den verschiedenen Operationsgebieten verdient nicht den Namen Interaktion. Michelin würde deshalb gewiß den zweiten Stern verweigern.
Den ersten Stern kann ein verwöhnter Gourmet auch noch verweigern, weil eine spiel-kulinarische Steigerung fehlt. Nach der ersten halben (von 16) Großrunden hat sich das Spiel eingeschwungen und plätschert dann nur noch mehr oder weniger linear vor sich hin. Der gesamte Spielverlauf für die nächsten zwei bis drei Stunden liegt vor unseren Augen. Ein bisschen zu lang.
Tom Felber, Vorsitzender der Jury Spiel des Jahres schreibt über den Trend bei den Spielen 2011: „Im Vormarsch sind logische Denksportaufgaben unter Zeitdruck und das Element des gleichzeitigen Spielens.“ Wie steht „Trajan“ zu diesem Trend? Es stellt uns zweifellos vor logische Aufgaben: tausend Rädchen im optimalen Takt zu drehen ist schließlich ein anspruchsvoller Denksport. Und wenn man zuvorkommend ist und seine Mitspieler nicht warten lassen will, steht man unweigerlich unter einem erheblichen Zeitdruck. Da in „Trajan“ auch noch die Interaktion fehlt, könnten alle mehr oder weniger gleichzeitig spielen. Fazit: „Trajan“ ist absolut trendy!
WPG-Wertung: Horst: 7 („spannend“, vor allem in Anbetracht der vielen sprudelnden Siegpunkt-Quellen), Aaron: 6 („nicht spannend“, schließlich ist es solitär), Günther: 7 (immerhin wird eine Menge Spiel geboten), Walter: 5 (als Solitärspiel bekäme es 8 Punkte).
2. “Bluff”
Im ersten Spiel schlachtete Günther als Goliath ohne einen einzigen Würfelverlust alle seine Mitspieler ab.
Im zweiten Spiel war er als David mit einem Würfel im Endspiel gegen Goliath Aaron mit dreien. Hier konnte er jetzt dreimal den ungleichen Zweikampf für sich entscheiden. Dreimal mit der Immer-5-Strategie. Sollte hier doch etwas dran sein?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

iPad Games

Transcript of the podcast published November 8th, 2011.

After talking last time about the surge of electronic board gaming through devices like android, iphone and ipod let’s now look a bit closer at the device that in my opinion has accelerated the development, and that is the ipad.

Mobile phone games (or “Handyspiele” as they are inexplicably called in German) have been with us a long time already. The first of these games were little better than the first Ataris or Nintendos that graced our childhood, with choppy graphics reminiscent of the 8bit games of ye olden times. But even when the processors and the mobile devices became more and more like mobile computers the biggest hindrance to the playing of board games on them was simply the small and tiny screen.

Things improved somewhat with the introduction of the iphone – not because its screen was that much bigger, but because it was now possible to enlarge sections of the screen with an easy movement of your fingers. Map scrolling was never easy on a mobile phone – anyone remember playing scrolling games on Nokia phones? That was a fiddly nightmare! – but suddenly it was possible to simulate a board. The first game that really did it for me was the now already famous “Carcassonne”-App – a faithful conversion of the classic boardgame that works really well on the iphone and all related devices. But still, once you tried to do more complicated games like “Settlers” the screen tended to become crowded and you needed magnifying glasses to tell what was going on.

Along came Steve Jobs’ last great invention – the Ipad. First this device was ridiculed because of its inability to act like a normal computer and its limited freedom for the user. But quickly game developers understood that having a device that basically is a  Star Trek – Next Generation computer interface come true created new possibilities for the avid gamer. Has anybody ever analyzed how much the set design of this series has influenced actual developments in  the computer world? I bet many people working at Apple are former Star Trek fans who tried to make parts of the series come true in reality…But I digress.

I first was not at all interested in the ipad – it seemed like a useless rip off to me, a toy for rich people who have nothing else to spend money on. But then a friend introduced me to “Small World” on the ipad, and I was instantly converted into believing in the endless possibilities this device had. Suddenly it was possible to play a real board game with real board game rules and the feel of pieces to be moved around. The ipad is large enough for both players to act like a little game board, and “Small World” actually is a good choice for a conversion as it is a relatively easy but also challenging game with many subtleties. The designers of the “Small World” app also took great care to make the App feel and play like the original board game, using the original design and animating it to some effect.

Today the “Small World” app has aged a little and some things will now be considered lacking in it, for example the impossibility of having more than 2 players, lack of online play and the relatively weak AI. But it was a pioneering app that showed the way to go for other developers. And it made me buy an ipad, a decision that I have never rued, because of its potential for gamers.

In the times of PC games only good board game conversions were a rarity. It seemed like there were only two kinds of boardgaming conversions – either overproduced ones, where each little element of a game turn featured endless and silly animations that got on your nerves quickly, or underproduced ones, with graphics so ugly and amateurish that one always preferred to play the original boxed game.

But the haptic interface of the ipad changes everything – now programmers don’t have to constantly dazzle us with quirky visuals because the main focus of the players is the direct interaction with cards, pieces or gameboards, an interaction that wasn’t possible and not as much fun as with a mouse. Also programming has developed in such a way that even small and independent companies can manage to make very decent and good looking apps.

Let’s look at a new game that has just come out: “Elder Sign: Omens”, the app conversion of Fantasy Flight’s new Lovecraft game. This is a really slick production that manages to bring the visual quality of Fantasy Flight’s games to the electronic format. As the game it is based on is cooperative there was no need to program an AI, and the game works perfectly as a single or multiplayer game. It is clear that a professional company like Fantasy Flight is at the front of such a development qualitywise, but if one looks at the sheer number of really interesting projects of board games for mobile devices it seems like a revolution has started. Even specialty games are in the works – GMT games has developers working on apps of games like Twilight Struggle and Dominant Species, which I find really exciting. Even a small but highly praised developer like Victory Point Games has several of their titles in the works.

As electronic board games – which now for the first time really feel more and more like board games instead of electronic distractions – don’t have to be stored or shipped production costs are actually lower than for a normal game. And it is only a matter of time until we see the first hybrid games with both physical and electronic elements that integrate second generation mobile devices. And one should also mention that the Android market is developing as well, which I think is actually very good, as one company should not dominate everything. Interesting times for the gamer indeed! Let’s look at some games in detail next time!

02.11.2011: Volle Hallen – leere Taschen

Wie schon in den vergangenen Jahren fanden sich die Westpark Gamers auch diesmal in Essen ein, um reiche Beute an neuen, interessanten Spielen mit nach München zu nehmen. Nur, diese Jahr reichten eher kleine Taschen, um die Ausbeute nach Hause zu bringen. Woran lag’s?

Inzwischen haben wir es uns zur Regel gemacht, aus Essen interessante Spiele kleiner Verlage mitzubringen, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie später nicht oder nur sehr schwierig zu bekommen sind. Schon lange haben wir uns von der Vorstellung verabschiedet, vor Ort ein günstiges Schnäppchen eines Großverlags zum „Messepreis“ zu ergattern. Zu oft gibt es diese Spiele nach der Messe bei den einschlägigen Versendern sogar noch günstiger.

So bildeten dann die Hallen 9, 7, 5, und 4 den Schwerpunkt der diesjährigen Suche. Dabei waren, anders als in den Vorjahren, die diversen Scout-Listen zumindest am Donnerstag und Freitag keine wirkliche Hilfe. Fairplay brachte erst am späteren Donnerstagnachmittag eine erste Liste, die allerdings so wenige Stimmabgaben enthielt, dass eine Trendaussage wohl kaum möglich war. Bei den Boardgamegeeks wird leider die Anzahl der Stimmen gar nicht erst verraten, doch zeigte die Fluktuation der Spiele unter den Top 10 deutlich, dass auch hier die Umfragebasis viel zu gering war. Bis Freitagnachmittag hatten sich die Listen dann halbwegs stabilisiert, wenn auch mit deutlich unterschiedlichen Top 10.

1.  „Aktienrausch“

Es geht ums Geld! So der Untertitel von Florian Isensees neuem Spiel, das erst beim x-ten Vorbeigehen  ins Auge sprang. Das ist wohl auch ein wenig der etwas altbackenen geratenen Gestaltung der Schachtel des kleinen Kartenspiels geschuldet. Umso mehr überraschte das Spiel bei einer Viererrunde mit dem Autor durch verblüffende Spieltiefe und verzwickte Entscheidungsfindungen. In ebensolcher Viererrunde musste sich das Spiel im Kreise der WPGler beweisen. Das sollte doch nicht allzu schwierig sein, hat „Aktienrausch“ doch Aktien- und Dividendenrunde ganz wie die von uns so geliebten 18xx-Spiele.

In einer Aktienrunde kaufen und verkaufen die Spieler Aktien von sechs Gesellschaften, wobei jeder zweimal kaufen und einmal verkaufen darf. Danach beginnt die Dividendenrunde. Ein neuer Mechanismus sorgt dafür, dass das Geld, mit dem Aktien einer Gesellschaft gekauft werden, in der Dividendenrunde wieder ausgeschüttet wird. Er sorgt einerseits dafür, dass das Bezahlen gekaufter Aktien gut überlegt sein will („Welche Scheine verwende ich?“). Anderseits macht es das Ausspielen der Dividendenscheine der Gesellschaften in der Dividendenrunde zu einer taktischen Bluff-Veranstaltung („Welchen Schein lege ich wann auf welchen Dividendenstapel?“). Eine zu starke Konzentration auf das Ausschütten einer Dividende ist dabei gar nicht angebracht, denn die ausgeschütteten Beträge sind eher klein. Viel wichtiger ist es, überhaupt eine Dividende auszuschütten, denn dadurch steigt der Aktienkurs, während der Kurs von Gesellschaften ohne Ausschüttung fällt. Das richtige Timing beim Kauf und Verkauf sorgt dann für einen steten Geldstrom auf das Schweizer Bankkonto. Diese Mischung aus Bluff, Chaos und taktischen Elementen muss man mögen, wenn einem „Aktienrausch“ gefallen soll.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (interessante Mechanismen gepaart mit kurzer Spieldauer), Günther: 6 (einige kleine Macken),  Moritz: 6 (ganz okay aber nicht umwerfend), Walter: 7 (chaotisch, lustig, solide)

2.  „Elder Sign“

Von Moritz als „taktisches Würfelspiel“ auf den Tisch gebracht, sorgte das Fantasy-Thema beim Aufbau und der Regelerklärung für erste Stirnrunzler. Als dann noch deutlich wurde, dass „Elder Sign“ ein kooperatives Spiel ist, war die Stimmung der WPG-Basis erst einmal im Keller, denn diese beiden Spielelemente konnten bisher schon jedes für sich nicht überzeugen,  und jetzt noch kombiniert in einem Spiel?

Die Spieler schlüpfen jeder in die Rolle eines Abenteurers, die sich gemeinsam in einem Museum und dessen Umgebung auf die Suche nach den“ Elder Signs“ machen, um damit das Tor zu versiegeln, durch das nach einer vorgegebenen Anzahl Runden der böse „Ancient One“ die Erde betritt und diese zerstört. Die Abenteurer haben unterschiedliche Eigenschaften, die sie beim Bestehen der Abenteuer einsetzen können (so sorgt Mandy mit ihren großen Titten ihrem tiefen Dekollté dafür, dass jeder Spieler einmal pro Runde bis zu zwei Würfel nachwürfeln darf).

Wer an der Reihe ist, sucht sich einen Raum aus, dessen Aufgaben einerseits dem Fortschritt der Gruppe dienen und andererseits mit einer vernünftigen Wahrscheinlichkeit auch zu bewältigen sind. Die Aufgaben sind in der Regel mehrere Würfelvorgaben, die es mit 6 bis 8 Würfeln zu erwürfeln gilt. Würfeln darf man beliebig oft, muss aber für jeden Fehlversuch einen Würfel und manchmal noch „Hirn“-Punkte abgeben. Das beschränkt die Anzahl der sinnvollen Versuche deutlich. Missglückt der Versuch, alle Aufgaben in einem Raum zu lösen, ist man dann auch noch Lebenspunkte und weitere Hirn-Punkte los. Das traf zuerst die gut bestückte Mandy, die nach erfolglosen Abenteuern zwar noch mit ihren Physiognomie aber nicht mehr mit viel Hirn glänzen konnte und sich unter Moritz Protest in immer wildere Abenteuer stürzte.

Das Spiel lebt von seiner Geschichte und der Fantasy Stimmung, die recht gut rübergebracht wird. Die Taktik in diesem Spiel reduziert sich darauf, den Raum auszuwählen, dessen Aufgaben am leichtesten zu lösen sind, und dann gut zu würfeln. Wer das mag, bekommt mit „Elder Sign“ ein solides, schön aufgemachtes Spiel. Ernst nehmen darf man das Ganze nicht, denn dann reduziert sich das Spiel auf ein bisschen Wahrscheinlichkeitsrechnung und langweiligem Vermeiden von Risiken. Und dazu ist die Spieldauer von zwei Stunden dann doch zu lang. Da bietet „Bluff“ mehr Spielspaß.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (ohne Mandy einen Punkt weniger), Günther: 5 (zu solitär), Moritz: 7 (lustiges, variables Würfelspiel), Walter: – (enthält sich der Stimme)

3.  „Santiago de Cuba“

Nach „Cuba“ aus dem Jahr 2007 bringt Michael Rieneck dieses Jahr „Santiago de Cuba“ auf die Spielertische. Wieder sind wir auf Cuba und auch dieses Mal geht es um Zucker, Rum und andere Waren, die es zu erzeugen und dann zu verschiffen gilt. Der „worker placement“ Mechanismus ist jetzt deutlich simpler geraten, so dass das Spiel insgesamt recht flott läuft und gerade einmal die halbe Spielzeit von „Cuba“ besitzt. „Gott sei Dank“ möchte man sagen, denn obwohl die Mechanismen alle funktionieren und gut ineinander greifen, fehlt es deutlich an Spielspaß. Da wiederholt sich dann doch immer wieder die gleiche Entscheidungsfindung und, schlimmer, es gibt zu wenig wirklich Konstruktives im Spiel. Planbar ist sowieso recht wenig, denn welche Felder im nächsten Zug erreichbar sind, lässt sich kaum abschätzen. So plätschert dann alles vor sich hin, man ärgert sich, dass man das gewünschte Feld nun doch nicht erreichen kann und etwa alle zwei Runden kommt es zu einer Siegpunktausschüttung, oft genug zum falschen Zeitpunkt.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu viel Frustpotenzial), Günther: 5 (funktioniert), Moritz: 5 (macht keinen Spaß), Walter: 5 (funktioniert)

4.  „23“

Zum Schluss noch ein kurzer Absacker. Amigo hat mit „23“ ein kleines Kartenspiel herausgebracht, das schnell erklärt und ebenso schnell gespielt ist. Die Karten eines Kartendecks mit den Zahlen von 1 bis 23 werden an die Spieler verdeckt verteilt. Dabei gibt es alle Zahlen dreimal, nur die 2 gibt es zweimal und die 1 nur einmal. Nachdem jeder Spieler drei seiner Karten gedrückt hat, beginnt der Spieler, der die 1 auf der Hand hat, indem er diese ausspielt. Nun müssen reihum alle Spieler ebenfalls Karten ausspielen, und zwar immer die mit der nächsthöheren Zahl. Das dürfen auch mehrere mit dem gleichen Wert sein. Wer nicht ausspielen kann, muss passen und nimmt sich einen Strafchip. Damit das Ganze nicht ins Stocken gerät, bekommt jeder Spieler zu Spielbeginn drei Sonderchips. Das Ausspielen eines dieser Chips erlaubt dem Spieler, eine Karte, die bis zu 5 niedriger oder höher ist, zu spielen. Wer meint, dass er keine Karten mehr spielen kann, steigt aus und nimmt sich für jede verbleibende Handkarte einen Strafchip. Sobald alle Spieler ausgestiegen sind, erfolgt ein zweiter identischer Durchgang. Am Ende werden die Strafchips als Minuspunkte gewertet und die verbliebenen Sonderchips bringen zwei Pluspunkte.

Das alles spielt sich flüssig und schnell und erzeugt ein ähnliches Spielgefühl wie „6 nimmt“, auch wenn „23“ nicht dessen Klasse erreicht.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (ohne Fehl und Tadel), Günther: 7 (guter Absacker), Moritz: 7 (schnell), Walter: 7 (überzeugend)

Electronic Gaming

Transcript of the podcast published October 26th, 2011.

Since I own an iPhone and recently an iPad I find that I look more and more at news on iOS- and Android games on Boardgamegeek, which are thankfully and regularly provided by Brad Cummings. Thinking about it I find that we are finally on a threshold which was long foreseen: the merging of board gaming and electronic gaming into something new. Finally we have devices which can recreate the social experience of board gaming – and that is playing with other players – increasingly well through electronic media. Somehow the computer or TV screen doesn’t seem like a barrier anymore – players are directly involved with the game via touchscreen, live voice messaging, movements and even objects that are manipulated to induce electronic game effects.

One of the main criticisms of pure electronic gaming – that it is mainly a visual and abstract affair for couch potatoes – is increasingly becoming untrue, which is shown by the immense success of the Wii or similar movement-translating gaming devices. Suddenly the players’ physical presence is really important, dexterity, stamina and fitness as well as cleverness directly translate into the gaming experience. The idea was there since the invention of the first paddle connected to the early Ataris and Nintendos, but only now has the technology reached a stability and ease of use that it is fast becoming widespread. I own a Wii myself, and I cannot say how much the clever little games of the Wii fit program have helped me to lose weight in a fun and engaging manner. In short: the haptic experience of gaming is increasingly present where it was absent before.

I am not a blind believer in electronic development and like you I enjoy most the direct company of friends while gaming. There is nothing that beats the mutual laughter and table talk. But the detractors of electronic gaming find that their arguments are losing ground.

Let’s look at the main criticisms of electronic gaming:

1)  Electronic games are too solitary

This used to be the case, but it is not anymore. One can probably say that most of today’s computer gaming is not –as it used to be – against AI’s but against live opponents, be it in a Massive Online Role Playing Game or a social game via Facebook or a mobile phone game via Bluetooth or internet. Granted – very often the experience is still abstract and limited to little chat windows, and some people use the anonymity apparent in these games to continue with their sad and mostly lonely life, but the technology to make the other player’s present also as people, be it via Skype or video conferencing, is basically there and is increasingly used. I don’t think it will be far away until we play online games where we see the other players as if they are sitting at our table, and in 3D.

2)  Board Games are haptic and Computer Games are not

This is increasingly untrue as well. Of course – right now nothing can beat a wargame or a roleplaying game with miniatures. But there are many physical aspects of games that are actually more annoying than a true joy. Keeping track of countless markers on tracks, shuffling hundreds of cards in a game of Arkham Horror, setting up hundreds of counters for a complicated wargame. Gamers become increasingly lazy with this kind of stuff and are actually happy if there are programs that take care of it. 18XX pro’s started already decades ago to use computer programs to keep track of the immense amounts of money changing hands in a typical game, I know players who refuse to play without these helper programs. Most players I know hate game upkeeping. And if you like miniatures, why not have miniatures AND electronic gaming? Many of you have seen the demo video which shows how real miniatures can be used on a tablet like-table where the computer keeps track of their stats. It will be increasingly easy to combine the aspects of gaming which are fun to handle while having the computer do the annoying stuff, like shuffling cards or keeping track. We all know that the future of gaming will lie in electronic gaming tables which can save thousands of games and set them up instantly.

3)  Computer games are different from board games

I think the lines increasingly blur. The first computer games were basically dexterity and reaction games but quickly tabletop gaming ideas were transported to the electronic world. In fact the most successful computer games like “Civilization” or “Star Craft” would be impossible without their boardgaming roots. Many modern computer games actually take their cues from board games, and the elegance of Euro design has had a huge influence on many types of games. I firmly believe that the attraction of board games lies in the fact that calculations aren’t hidden but that all elements of the game are clear to everybody.

Whatever may be your stance to electronic board gaming – and the fact you are listening to a podcast already shows that you are on the positive side – we live in interesting times that will see huge changes to the hobby and the delivery of games to a larger public. More about that next time!

19.10.2011 : Kodex vor Essen

Heute kein Spielabend. Die Hälfte der Belegschaft ist bereits in Essen auf der “Spiel 2011”, die andere Hälfte reist am Wochenende nach. Eine gute Gelegenheit für die noch Zurückgebliebenen, in den Archiven der Westparker mal zu graben und herauszufinden, was sich darin über den ominösen Westpark-Gamers Codex findet.
Aus gegebenem Anlaß kam am 11. August 2003 von Moritz per Email die erste, schriftlich nachweisbare Idee dazu: “Ansonsten hätte ich den konstruktiven Vorschlag eines ’Kodexes’, der die Verhaltensweisen bei bestimmten Unklarheiten oder Regelfragen in gewisser Weise reglementiert”.
Hans war sofort Feuer und Flamme; er meldete sich eine Stunde später mit dem Text: “Im Ernst, ich finde das eine tolle Idee”.
Vier Minuten später war auch Aaron dabei, er reklamierte für sich aber zugleich das Erstgeburtsrecht: “Hatte ich, glaube ich, schon mal vorgeschlagen wurde aber abgelehnt.”
Peter, unser Staatswissenschaftler und Philologe, war reserviert: “Ich würde am Mittwoch lieber Spielen statt Legislative spielen. Übrigens ist das alles nicht so leicht. ’Hetzen’ kann unangenehm sein, klar. Mich kann mich ’Arpadieren’ aber mehr nerven als Hetzen (sogar mehr als Hetzen gegen mich selbst).”
Dass ein Friede-Freude-Eierkuchenspruch analog §1 der Straßenverkehrsordnung:
“Jeder Spieler hat sich so zu verhalten, daß die gemeinsame Spielfreude am besten gefördert und kein Mitspieler mehr als nach den Umständen unvermeidbar gestört, geschädigt oder beleidigt wird.”
nicht ausreicht, zeigen schon die anderen hunderttausend Paragraphen und Strafvorschriften des Straßenverkehrs.
Günther brachte seine Erfahrungen über die Spieler-Moral bei den 18xx-Spielen ein:
“1830 ist wie üblich ein gutes Beispiel – und wird häufig auch mit einem gewissen Kodex gespielt.

  • Eine gewisse ’berechenbare / nachvollziehbare’ Spielweise gehört dazu
  • Bankrotte und damit Spielabbruch passieren schon häufiger mal [sie sind also sozusagen regelgerecht].
  • Klare Absprachen werden IMMER eingehalten
  • Bei Computer-Unterstützung [zur Abwicklung der Geldflüsse] läuft die Zeit immer mit, es gibt Punktabzug bei Überschreitung”

Moritz wollte dann noch ein recht weitgehendes Verbot von Kommentierungen einführen:

  • “Ausser alle erlauben es ausdrücklich vor einem Spiel, sollten keine Kommentare zur Platzierung der Mitspieler und der eigenen Platzierung während des Spiels fallen.”
    Das ging den anderen Spielern aber entschieden zu weit.

Günther steuerte wieder aus seinen reichen Erfahrungsschatz von den 18xx-Spielen bei:
“Es hat sich eingebürgert, im allgemeinen bei den Aktienrunden keine Tipps zu geben, allenfalls positive Tipps, wie: ’Kauf doch noch die letzte Aktie, dann haben wir beide 50% und sind ausverkauft’, etc. Aber nicht sowas wie: ’20% dieser Aktie zu behalten könnte problematisch werden, wenn die Gesellschaft ruiniert wird.’
Auch nicht: ’Schmeiß doch diese blöden Aktien, dann bist du die Gesellschaft los und X ist gelackmeiert !’
Während der Betriebsrunden sind Absprachen und Hinweise im allgemeinen jedoch erlaubt.”

In eine paragraphen-taugliche Form wurden diese Kodex-Beiträge nie gebracht, sie wurden auch nie verabschiedet und keiner mußte einen Eid darauf leisten. Bei Überschreitung der Regeln gibt es auch keine extrinsische Strafandrohung. Bisher hat die Moral mit ihrer quasi intrinsischen Strafandrohung dazu beitragen, diese Benimm-Regeln im allgemeinen einzuhalten. Ausnahmen bestätigen die Regel.

"Was lag auf den Tisch?"