01.06.2011: Gurken, Tiere und eine Stadt

Letzte Woche, auf dem Höhepunkt des Kesseltreibens gegen die spanischen Gurken als Auslöser der gefährlichen EHEC-Infektionen, war Aaron in Friesland und hat auf grünen Wiesen jede Menge glücklicher Kühen gesehen. Das Ergebnis seiner Beobachtungen veröffentlichte er in Facebook: „Ich hab im Internet Bilder gesehen, die würden erklären wie die Darmbakterien an die Gurken gekommen sind.“
Ein kommentierender Westparker konnte sich Aarons Einsichten nur via schmutziger Videos unter YouTube erklären. Honi soit qui mal y pense.
Heute ist es offiziell: die verdächtigten spanischen Produkte aus der Familie der Kürbisgewächse sind unschuldig.
1. “Caylus”
Vor fünf Jahren lag „Caylus“, unser absoluter Spitzenreiter in der WPG-Rangliste, zum letzten Mal auf dem Tisch. Neuling Horst war schon lange scharf auf diese Delikatesse, alle Altlinge stimmten dem Spielvorschlag freudig zu.
Peter durfte erklären und frohlockte sogleich als gewiefter Diplomat: „Man darf verhandeln!“ (In der vierten Spielphase, wenn es darum geht, den Vogt zu versetzen.) Horst erkannte das zugrundliegende Prinzip: „Verhandeln heißt Drohen“. Schuster Walter blieb bei seinen Leisten: „Ich verhandle nicht!“. Aaron bekam das Prädikat desjenigen, der seine ausgehandelten Versprechungen blitzschnell bricht. Für Moritz (abwesend) ist Verhandeln gleichbedeutend mit Bestimmen. Loredana verhandelt (nach eigenen Angaben) je nach Laune bzw. je nach Wein. (Über was auch immer!)
„Caylus“ ist nach wie vor ein geniales Glanzstück aus dem Hause Ystari. Unabhängig von den komplexen, aber doch leicht versteh- und erlernbaren vorzüglichen Spielmechanismen um den Aufbau von Gebäuden, die Bausteine, Geld, Gunst und im Endeffekt Siegpunkte einbringen, zeigen schon allein ein paar Randdetails die Handschrift des Meisters.

  • Der Startspieler wechselt nicht automatisch reihum, sondern er wird durch Investitionen gewonnen. Eine der vielen Aufgaben für eine wohlausgewogene Kosten-Nutzen-Analyse.
  • In der Hauptphase des Spiels haben die Spieler unterschiedlich viele Züge frei – solange sie sie bezahlen können. Diese Möglichkeit ist durch die freien Plätze auf dem Spielbrett sowie durch ein oberes Limit noch weiter begrenzt, so dass an keiner Stelle die Balance gefährdet ist.
  • Das Spielende ist flexibel und liegt in der Hand der Spieler. Damit kann man seine frei gewählte Siegpunkt-Strategie fördern. Wer auf mittelfristigen Gewinn ausgegangen ist und rechtzeitig gut gepunktet hat, kann durch ein schnelles Ende den langfristigen Strategen mit den möglichen Riesengewinnen am Schluß einen Strich durch die Rechnung machen.
  • Heute nahm das Spiel mal wieder einen ganz ungewöhnlichen Verlauf. Alle hatten sich sehr früh in der Schloßmauer engagiert und damit einen Großteil ihrer Baustein-Resourcen verpulvert. Anschließend zog sich das weitere Baugeschehen ziemlich langsam hin. Am Ende waren ingesamt nur zwei (!) grüne Wohnhäuser und nur ein einziges (!) blaues Luxusgebäude erbaut worden. Doch die daraus resultierenden 25 Siegpunkte reichten Loredana nicht für den Sieg. Aaron arbeitete auf ein schnelles Spielende hin, um sich den zweiten Platz zu sichern. Peter und Loreadana konnten ihr angesammeltes Potential nicht mehr nutzen. Eine einzige Runde länger hätte sie als Sieger gesehen. Aber so führte das komische Spiel auch zu einem seltenen Sieger mit einer eigentlich nur mäßigen Aus-dem-Bauch-heraus-Planung. Aber ihm war nahezu das ganze Spiel über das Startspielerprivileg zugestanden. Hier haben alle (anderen) Spieler sträflich geschlafen.
    WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt, auch wenn er sich wundert, warum er für die lange Spieldauer mit den repetitiven Abläufen soviele Punkte vergeben hat), Horst: 8 (stimmig, enormes Potential), Loredana 7 (früher 10, heute zunächst 6, aber vom Ehegatten noch um einen Punkt hochgeprügelt: zu lang, zu langweilig, lange Zeit ist nichts passiert.), Peter: 10 (bleibt), Walter: 9 (bleibt).
    2. “Zoff im Zoo”
    Ein schnelles Kartenspiel, gerade richtig zum Absacken nach den geistigen Hochflügen bei Caylus. Das Wissen um die „Wer-frißt-wen“-Reihenfolge im Tierreich sowie das Gedächtnis über das „Wer-hat-wen-schon-gefressen“ zum Auszählen der Kartenhände bei den Mitspielern sind der Schlüssel zum Sieg. – Neben einer gehörigen Portion Glück beim Austeilen der Karten.
    Keine neue WPG-Wertung.
    3. “Bluff”
    Neuer Rekord: Im ersten Spiel des ersten Durchgangs wurde Walter mit einem einzigen Streich alle seine Würfel los! Peter hatte mit einer hohen Bluff-Vorlage begonnen, Aaron und Horst hatten jeweils nachgewürfelt und Walter hatte beim Erhöhen auf insgesamt 11 Fünfen unter 25 Würfeln den Braten noch nicht gerochen.
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

    25.05.2011: Nominierte und vergessene Spiele

    Die Kandidaten für „Spiel des Jahres 2011“ sind nominiert. Die gemeinen Vielesspieler (lusor multiplex communis) sind zufrieden oder rümpfen wie gewöhnlich die Nase. Wir vom Westpark haben von den drei Top-Kandidaten immerhin schon zwei gespielt, das eine davon „cum laude“ und das andere „sin laude“. Falls das dritte das Rennen macht, wird es als Pflichtmenu bei uns wohl auch noch auf den Tisch kommen, ansonsten eher nicht.
    Der auf der Spiel-2010 in Essen sehr populäre Spitzenreiter „7 Wonders“ hat es in der Kategorie „Kennerspiel“ bis in die Runde der letzten Drei geschafft. Anerkennenswert von der Jury, dass sie jetzt diese neue Kategorie eingerichtet haben, in der auch anspruchsvollere Spieler sich wiederfinden können. (Hallo Wilhelm, du darfst Dich mit deiner Klientel natürlich in jeder der beiden Kammern tummeln.)
    Unser Leicht-locker-komplex-Favorit „Pantheon“ ist ganz durchgefallen. Vielleicht war er zu spät dran, vielleicht ist er aber auch im Spielablauf zu chaotisch, oder vielleicht war die ausufernde Balance gegen Spielende für kritische Analysten nicht mehr akzeptabel.
    1. “Merkator”
    Wir reisen als Kaufleute durch Europa, liefern an den verschiedenen Handelsplätzen wohldefinierte Warensortimente gegen Geld und Siegpunkte ab, säckeln die dort herumliegenden Handelswaren kostenlos ein, und bringen sie in unseren Kontor, um sie beim nächsten Zug von dort wiederum gebündelt in Aufrägen an anderen Zielorten abzuliefern.
    Es ist eine scharfe Optimierungsaufgabe, bei der wir viele Mechanismen im Auge behalten müssen:

  • Auf dem Spielbrett liegen an den verschiedenen Orten in der Menge stetig anwachsende Handelswaren einer Sorte herum, bis sie mit einem Schlag von einem der Spieler abgeräumt werden.
  • Das Sortiment der Waren im eigenen Kontor muß mit dem Warensortiment gemäß den individuellen Aufträge, die ein jeder Spieler zu erfüllen hat, in Einklang gebracht werden.
  • Für einzelne Handelsplätze besitzt ein Spieler individuelle Bonuskarten zum Einheimsen für kostenlose Zusatzwaren; diese sollten mit Priorität angefahren werden.
  • Den Gelderlös kann man zum Erwerb von Siegpunktkarten einsetzen, um damit in der Schlußwertung den eigenen Besitzstand nach verschiedenen Kriterien in Siegpunkte umwandeln zu können. In der Anfangsphase des Spiels kann / sollte man damit aber auch Bonuskarten erwerben, damit man bei Anfahren der entsprechenden Handelsplätze die Zusatzwaren einsäckeln kann.
  • Man kann sich bei den Handelsreisen der Mitspieler als Trittbrettfahrer betätigen. Das kostet ein paar „Zeitmarken“ und bringt auch keine der herumliegenden Handelswaren ein, aber es erfüllt Aufträge für Geld und Siegpunkte.
  • So gilt es eine ganze Reihe von kurzfristigen bis mittelfristigen Alternativen abzuwägen. Eingebaut in “Merkator” sind auch ein paar sanfte Zufallseffekte: Die Aufträge, die ein jeder abwickeln muß, sind nahezu zu 100 Prozent vom Zufall gesteuert, und das Angebot an Siegpunktkarten kann, besonders in der Schlußphase, optimal zu den eigenen Mitteln passen oder halt auch eine gewisse Verlustleistung unvermeidlich machen. Als Spieler haben wir keinen entscheidenen Einfluß darauf. Unser Großhandelsexperte Horst fand hier das Glück des Tüchtigen: Mit seinem letzten Pfennig konnte er sich gerade noch die Siegpunktkarte kaufen, die ihn von einer umkämpften Führungsposition auf den unumstrittenen Siegesplatz emporhievte.
    WPG-Wertung: Günther: 6 (wünschte mehr Einfluß auf die Aufträge, die man erledigen muß), Horst: 7 (vor dem anschließenden „Pantheon“ waren es noch 8, „hat sehr viel Spaß gemacht, nicht schweißtreibend, mit 1 ½ Stunden passend in der Spieldauer, kann man einfach drauf los spielen“), Walter: 7 (funktioniert, enthält aber zu wenig Interaktion)
    2. “Die Goldene Stadt”
    Horst hatte sich gewissenhaft auf dieses Spiel vorbereitet, doch als wir es anfangen wollten, hatte er leider das Regelheft zu Hause vergessen. Lange Gesichter.
    3. “Pantheon”
    Hat schon mehrmals auf unserem Tisch gelegen, so dass wir uns einen ausführlichen Session-Report ersparen und uns auf eine verlängerte Nachtruhe freuen konnten.
    Walter versuchte sich in Moritz’ Säulenstrategie. Durch einen unglücklich-glücklich gemischten Kartenstapel fielen ihm die Bewegungskarten nur so vor die Füße. Nur ein krasser Spielfehler (Geld in Bewegungen anstatt in Säulen investiert) verhinderte die 12. Säule und ließen ihm 15 Siegpunkte (48 minus 33) durch die Lappen gehen. Doch auch so hätte es nicht zum Sieg gereicht. Günther fuhr die Götterstrategie und konnte sich in den letzten beiden Runden nahezu alle Götter unter den Nagel reißen. Das reichte mit einem großen Vorsprung für den Sieg.
    Wahrscheinlich sind bei jeder Spieleranzahl die Siegesstrategien anders. Schließlich gibt es dann jeweils unterschiedliche Konkurrenzen bei den siegpunktträchtigen Dominanzen. Planbar, spielerisch, mit jeder Menge Interaktion beim Wettlauf um die siegpunktträchtigsten Züge ist „Pantheon“ allemal. Nur die extrem gestiegen Auswahlmöglichkeiten am Ende mit ihren rasanten Bewegungen und Doppelzügen sind etwas problematisch. Einerseits schaffen sie ein schnelles Spielende herbei (plus), andererseits kann der allerletzte Zug nochmals leicht über 10 Prozent der Siegpunkte entscheiden (minus) und öffnet damit einer Menge chaotischer Unberechenbarkeit Tor und Tür.
    WPG-Wertung: Horst setzte sich mit 8 Punkten zur Mehrheit der übrigen Westparker.
    “Fussball”
    Wir gratulieren der Borussia von Mönchenglattbach und ihrem Trainer Lucien Favre für die erfolgreiche Krönung ihrer spektakuläre Aufholjagd um den Klasseninhalt in der Bundesliga.

    18.05.2011: Zerfallende Inseln und verlustreiche Eisenbahnen

    Birgit hat erstmals ihren Frischling Sebastian der Mutter überlassen und sich mit Horst in die Spielhölle am Westpark gewagt. Aber nur knapp drei Stunden lang. Dann hat sich das Junge-Mutter-Herz doch durchgesetzt und sie hat die Hölle den vier Knaben überlassen. Schön wars mit Dir. Viele Grüße an Mutter und Kind.

    Pokal
    Der "Verbotene Insel" Spezial Eisbecher

    1. “Die verbotene Insel”
    „Ein Team, ein Abenteuer, ein Ziel“ heißt es plakativ in der Spielanleitung. Mit dem Slogan „Erlebe das Abenteuer, wenn du dich traust“ werden wir Unbedürfigen hinter dem warmen Ofen hervorgelockt. Auf die „verbotene Insel, die jahrhundertelang unentdeckt blieb … bis jetzt.“ Da darf der Unbedürftige doch mal kritisch hinterfragen, wer eine unentdeckte Insel verbietet, und wie er das Verbot durchsetzt.
    Nun ja, Papier ist geduldig. „Die verbotene Insel“ ist schlichtweg eine Ansammlung von quadratischen Teilchen, von denen per Zufallskarten ausgewählt wird, welches zuerst flutet und dann untergeht. Wir Spieler sind ein kooperierendes Team, das sich über die Insel bewegt, zufällig verteilte Artefaktekarten findet, um sie zu Quartetten zusammenzutragen, und dazwischen emsig damit beschäftigt ist, die Inselteile wieder trocken zu legen, bevor sie endgültig versinken.
    In unserer Runde war die Natur stärker als der Geist: Bevor wir die vier Artefakte-Quartette zusammen hatten, war ein lebenwichtiges Inselteil untergegangen und wir konnten die Team-Aufgabe nicht mehr zu erfüllen.
    Vielleicht sind wir nicht optimal vorgegangen. Vielleicht haben wir unseren Aktionsspielraum mit dem Retten weniger essentieller Teile vergeudet und nicht immer das Allernotwendigste zuerst getan. Doch dafür müßte man die Eigenschaften und Abhängigkeiten der verschiedenen Quadrate eingehender studieren und sich in der Reihenfolge (und im Unterlassen) der durchzuführenden Aktionen der Teammitglieder einen exakten Plan zurechtlegen. Das kann man aber am besten in der Solitärversion tun, wenn man sich hinter den warmen Ofen verkriecht und dort die optimale Lösung ergrübelt. Viel Spaß!
    WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spiel ist schnell), Birgit: 4 (Thema verfehlt; es geht nur um ein ständiges Drehen und Wenden der Insel-Quadrate), Günther: 4 (“Pandemie” ist besser), Horst: 7 (eher eine Beschäftigung als ein Spiel), Walter:5 (solange noch unbekannt ist, welches die optimale Vorgehensweise ist, anschließend weniger).

    2. “Trias”
    Schon bald zehn Jahre alt ist dieses Spiel um eine zerfallende Insel, und durchschnittlich alle 4 Jahre kam es bisher einmal bei uns auf den Tisch.
    Wir weiden unsere Herden auf den Hexagons der Insel, lassen sie sich vermehren und über die Insel ausbreiten. Dies geht absolut friedlich vor sich, hier gibt es keinen Kampf auf Leben und Tod um Weideplätze oder Überleben: wenn die Kapazität eines Hexagons erreicht ist, darf man sich darauf weder vermehren noch dürfen fremde Spieler durchziehen oder gar Stunk machen.
    Allerdings darf bzw. muß pro Zug jeder Spieler auch noch ein relativ frei wählbares Insel-Hexagon versetzen. Damit kommt die Aggression ins Spiel: Die Herden auf dem Hexagon fallen ins Wasser und müssen von dem jeweiligen Herdenbesitzer explizit auf Nachbarhexagons gerettet werden, wenn sie nicht untergehen sollen. Reichlich Stoff für spielerische Freude und Schadenfreude.
    Wird durch das Versetzen eines Hexagons ein Inselstück vom Rest abgetrennt, kommt es zu einer Zwischenwertung: Wer auf der neu entstandenen Insel die Herdenmehrheit hat, bekommt Siegpunkte: zwei Punkte, unabhängig von der Größe der entstandenen Insel. In der Schlußwertung bekommt jeder Spieler nochmals einen Siegpunkte für jedes Hexagon jeder Insel, auf der er eine Mehrheit hat.
    Um zu gewinnen, muß man also nicht die größte Herde bis zum Spielende hochgezogen haben, sondern man muß während des Spiels viele – notwendigerweise kleine – Inseln mit eigenen Mehrheiten entstehen lassen und man muß am Ende des Spiels auf möglichst großen Inseln mit Mehrheit vertreten sein. Keine leichte Aufgabe und geometrische bzw. topologische Übersicht ist zweifellos eine nützliche intellektuelle Voraussetzung. Doch in jedem Fall dominiert eine spielerische Grundstimmung. Hübsch.
    WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt, obwohl er unter Kartenpech gelitten hat und nicht diejenigen Hexagons versetzen konnte, nach denen er gelüstet hat), Birgit: 7 („viel zu tüfteln“ – War das jetzt gut oder schlecht?), Günther: 8 (bleibt), Horst: 7 (7 plus, solides Spiel, aber er vermißt die Würfel), Walter: 8 (spielerisch, große Interaktion, große Handlungsfreiheit).

    3. “First Train to Nürnberg”
    First Train to NürnbergWenn, nach Regelheft, “vor 175 Jahren die ersten Eisenbahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet wurde”, wann kam dann „First Train to Nürnberg“ auf den Markt? Richtig, letztes Jahr in Essen war es eines der hoch gehandelten Favoriten. Vom International-Games-Award-Preisträger Martin Wallace.
    Das Spielbrett zeigt die Landkarte zwischen Nürnberg und Fürth mit Grundstücken, Grundstückseigentümern, roten und grünen Passagieren, mit gelben Postsäcken und grauen Bierkästen. Wir bauen Eisenbahngleise über die verschiedenen Grundstücke (sofern darauf Grundstückseigentümer darauf herumlaufen, müssen wir die erst enteignen), kaufen Züge mit variabler Kapazität für Personen und Güter, und transportieren die Personen bzw. Güter, die am Wege liegen, zum Bestimmungsort. Für den erfolgreichen Transport bekommen wir Siegpunkte, müssen sie aber am Ende gegen die Größe unseres Eisenbahnnetzes verrechnen. Wenig Netto vom Brutto! Zum Sieg ist es also äußerst wichtig, unser Privatnetz rechtzeitig an die staatliche Eisenbahnverwaltung übertragen zu haben. Am besten tut man das jeweils gleich am Ende jeder Runde.
    Das Herzstück des Spiels ist die Versteigerung von Einflußpunkten, die in fünf verschiedenen Kategorien benötigt werden:

  • Priorität beim Bauen von Eisenbahnstrecken
  • Priorität beim Kaufen von Zügen und beim Transport
  • Potential zum Verbinden und Auflösen grüner Zugverbindungen
  • Potential zum Verbinden und Auflösen roter Zugverbindungen
  • Potential zum Enteignen von Grundstückseigentümern
  • Alle Kategorien sind wichtig, doch was am wichtigsten ist, wo wir am meisten punkten können, wo wir unsere Konkurrenten am stärksten schädigen oder uns am ehesten gegen deren Angriffe schützen können, ist nicht leicht zu erkennen. Hier ist das Spiel zweifellos komplex, obwohl die Regeln recht einfach und durchsichtig sind. Wir sind abhängig von den Ambitionen und Aktionen der Mitspieler, allerdings nicht in einem unberechenbaren Chaos, sondern in einem geplanten bzw. planbaren Im-Weg-Stehen. Wer zuerst Züge kaufen darf, kann sich die optimale Kombination von Passagier- bzw. Warenkapazität heraussuchen; die Nachfolger müssen hier ggf. mit Transporteinbußen leben. Wer zuerst seine Züge beladen darf, kann sich die knappe Fracht unter den Nagel reißen, die Nachfolgen gehen u.U. sogar ganz leer aus.
    In meinen Augen hat das Spiel hier allerdings einen Geburtsfehler: Das Verkehrsaufkommen ist nicht progressiv, sondern degressiv: Wenn die zu Spielbeginn auf dem Spielbrett verteilten Passagiere und Waren ihr Zeit erreicht haben, sind sie weg, und das Spielbrett wird leerer und leerer. Am Ende entsteht ein Gerangel um den letzten zu transportierenden Passagier.
    Freilich, es geht nicht darum, am Ende das größte Netz mit den besten Transportmöglichkeiten zu besitzen, sondern seine Gleise möglichst wieder alle losgeworden zu sein, und während des Spiel den besten Mix von Transportaufgaben erfüllt zu haben. Da muß man von Anfang an den richtigen Peil haben und die richtigen Weichen stellen. Fehlertolerant ist „First Train to Nürnberg“ nicht. Wer nicht den gesamten Spielablauf – einschließlich der spärlichen Einkommen am Ende – mehr oder weniger ständig im Auge hat, gerät ins Abseits. Aber das darf man dem Spiel nicht ankreiden. Es geht schließlich eher um Blut, Schweiß und Tränen als um Spaß an der Freud.
    WPG-Wertung: Aaron: 7 (die 2 Stunden Spielzeit vergingen ihm wie im Flug, nur den Schluß fand er “sehr unbefriedigend”), Günther: 5 (es funktioniert), Horst: 5 (fummelig und popelig), Walter: 5 (spielerische Elemente fehlen).

    11.05.2011: PI-mal-Daumen Widerstand in der Kingsburg

    Unsere Spielabende gehen gewöhnlich zwischen Mitternacht und 2 Uhr früh zu Ende. Manchmal folgt danach noch ein Palaver über die aktuellen Themen der Menschheit. Anschließend setzt sich Walter an den Computer und schreibt das Session-Protokoll. Zwischen 3 und 4 steht es im Internet. Am nächsten Morgen nimmt sich Aaron das Korrekturlesen vor und hängt ggf. ein Foto hinein. Zu dieser Zeit haben bereits 20 unserer Stammleser den Artikel gelesen. 200 Leser sind es gewöhnlich in der ersten Woche und mehr als 2000 im Laufe der Jahre.
    Hallo Birgit, viel Spaß beim Frühlesen! Komm doch mal wieder selber vorbei!
    1. “The Resistance”
    Ein Deduktionsspiel, bei dem jeder Spieler verdeckt eine „gute“ oder „böse“ Rolle zugeteilt bekommt. Die Bösen kennen sich gegenseitig (und dementsprechend die anderen), jeder Gute kennt nur seine eigene Rolle.
    Jetzt stellt der jeweilige Kommandant Teams für (virtuelle) Missionen auf und alle Mitspieler müssen mehrheitlich offen der Teamzusammensetzung zustimmen. Bei Ablehnung erfolgt ein Wechsel auf dem Kommandantenplatz, der ein neues Team aufstellen muß.
    Hat die Teamzusammensetzung eine Mehrheit gefunden, stimmen die Teammitglieder (nur noch diese) geheim ab, ob die Mission erfolgreich ist oder nicht. Eine einzige Gegenstimme läßt die Mission scheitern. Sind drei von fünf Missionen gescheitert, haben die Bösen gewonnen, andernfalls die Guten.
    Das Bestreben der Guten muß es sein, Teams mit nur Guten auf die Reise zu schicken und gegen alle Teams zu stimmen, bei denen vermutlich mindestens ein Böser dabei ist. Doch das „Vermutlich“ heißt natürlich, nix Genaues weiß man nicht, zumindest am Anfang. Die Bösen müssen möglichst lange unentdeckt bleiben, sonst haben sie schnurstracks verloren.
    Wenn – zufällig – zwei Gute die erste 2-er Mission absolvieren, dann ist die Mission zu 100% erfolgreich. Ist umgekehrt die erste 2er Mission erfolgreich, so heißt das aber noch lange nicht, dass zu 100% zwei Gute dabei waren. Ein Böser in der ersten Mission muß sich verleugnen, sonst haben die Bösen keine Chance.
    Moritz litt unter seinem Spiel-Ruf als Immer-Böser. Obwohl in den Teams mit seiner Beteiligung alle Indikatoren dafür sprachen, dass er ein Guter ist, wurde ihm diese Rolle nicht abgenommen. Das war diesmal (ausnahmsweise) falsch und die Guten verloren die entscheidende fünfte und letzte Mission.
    Ansonsten haben bei 5 Mitspielern die Bösen keine Chance. Dieser Behauptung von Walter wurde zwar genauso heftig wiedersprochen wie seiner Goliath-Gewinnstrategie beim Bluff. Doch ist sie genauso richtig. Oder falsch.
    Bei mehr als 5 Mitspielern (Minimalanzahl!) mögen sich die Gewinnaussichten verschieben. Hoffentlich. Dann ist das Spiel auch nicht mehr so eingleisig durchsichtig. Immerhin können sich bis zu 10 Spieler hieran vergnügen.
    WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 6, Horst: 7, Moritz: 8, Walter: 6 (triviales Dödelspiel).
    2. “Kingsburg”
    Heute in einer 5er Runde. Und mit den neuesten Expansions.
    Die Spielbrett-Modifikationen wurden verworfen. Bei unserem Erfahrungsstand sind die aktuellen Spielbretter kompliziert genug. Wir akzeptierten die Spezialregel für die regionale Vorausscheidung zur Deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Brettspiel 2009: In der Kampfphase wird die königliche Unterstützung nicht erwürfelt, sondern jeder Spieler fordert dafür Soldaten in den Mannschaftsstärke 0 bis 4 an. Die bei Spielende nicht angeforderte Mannschaftsstärke wird als Siegpunkte gutgeschrieben. Damit wird der erhebliche Zufallsanteil beim – u.U. sehr peinlichen – Ausgang der Kampfphase eingeschränkt.
    Als zweite Erweiterungsoption bekam jeder eine Startkarte mit einem individuellen Vorteil zugeteilt. Entweder materielle Vorteile zu Spielbeginn, oder zusätzliche Handlungsfreiheiten bzw. Würfelmanipulationsmöglichkeiten während des Spiels.
    Ansonsten würfelten wir wie gehabt um Rohstoffe, Kampfstärken und Siegpunkte. Mit den Rohstoffen bauten wir Gebäude mit Vorteilen in Rohstoffen, Kampfstärken oder Würfelmanipulationen. Und immer mal wieder setzte es Siegpunkte.
    Das größte Problem in einer 5er-Runde ist das Ausrechnen, welche Würfelkombinationen JEDER Mitspieler mit seinen 3-4 Würfeln, seinen Würfelbonus-Plättchen und seinen Würfelmodifiern hat, und welche Felder er demnach besetzen könnte. Da jedes Feld nur einmal besetzt werden kann, ist es natürlich spielentscheidend, die begehrtesten Plätze als Erster zu nutzen. Im Prinzip die einzige Interaktion im Spiel.
    Das bewirkt natürlich eine lästig-lange Auszeit bei den Mitspielern. Walter hatte keine Probleme, ohne nennenswerte Spielverzögerung Fotos aufzunehmen, sie auf dem Rechner seiner Frau runterzuladen, per USB-Stick auf seinen eigenen Rechner zu übertragen und dort zu bearbeiten. Trotzdem kam dieses Verhalten nicht gut an. Nun ja, nicht immer ist die Schwiegermutter zu Besuch und schläft im Computerzimmer der Ehefrau.
    WPG-Wertung: Aaron: 4 (fand das Aufbauspiel „öde“ und die Auszeiten „katastrophal“; vielleicht sollten die Autoren mal Moritz Podcast über „Gaining Speed“ etwas genauer studieren.), Günther: 7 (mag diese Spiele), Horst: 8 („hoher Wiederspielreiz“), Moritz: 7 (bleibt), Walter: 7 (honoriert die ungeheure Entwicklungsarbeit der Autoren für eine erfolgreiche Balance der verschiedenen Bonusfelder und Entwicklungslinien für verschiedenste opportunistische Strategien.)
    3. “PI mal Daumen”
    In einem (ziemlich) trockenen Wissenspiel liest reihum jeder Spieler eine Wissenfrage von einem Kärtchen vor, deren Ergebnis eine Zahl ist. Z.B. „Wieviel Volt kann ein Aal erzeugen“ oder „Wieviel mal dicker ist die Haut an den Fußsohlen als die Vorhaut.“ Der dem Frager im Uhrzeigersinn folgende Spieler darf die erste Antwort geben. Ist sie innerhalb definierter Grenzen richtig, bekommt der Antwortende 6 Pluspunkte und der nächste Spieler darf das nächste Frage-Kärtchen vorlesen. Ist die Antwort nicht richtig, gibt es je nach Abweichung von der Standardantwort 0 bis 5 Punkte und der nächste Spieler darf versuchen, eine bessere Antwort zu geben. Das geht solange, bis jeder einmal antworten durfte oder die Reihe wieder beim Vorleser angelangt ist.
    Aaron fühlte sich als erster Gefragter „verarscht“. Horst, der noch an Aarons 4 Kingsburg-Punkten schwer knabberte, forderte ihn genervt auf: „Sag doch mal was Positives!“ Spontane Reaktion: „Ich finde es total klasse!“ Hallo Horst, bist Du mit dieser Antwort immer noch nicht zufrieden?
    WPG-Wertung: Aaron: 5 („es fehlt ein Bluff-Faktor“), Günther: 4 (von einem spielerischen Allesfresser heißt das schon was!), Horst: 8 („schon allein für die Eltern von der Birgit“), Moritz: 4 („spielerisch nicht überzeugend“), Walter: 4 („nicht witzig, nicht ausgewogen in der Fragestellung“).
    Das Genie Moritz war deutlich unterfordert. Um sich mental auszulasten nahm er seinen iPhone vor und wickelte zwischen den Fragen und Antworten der Mitspieler simultan eine Partie Online-Carcassonne ab. Allerdings nicht so einpassungsneutral, wie es erforderlich war. Sein Gehirn hätte das sicherlich noch leicht verkraftet, aber nicht seine Ohren. Regelmäßig mußte er sich die Fragen und die bisherigen Zwischenantworten wiederholen lassen.
    Das Femegericht hat ihm dafür hinterher einstimmig eine gelbe Karte verpaßt!
    4. “Bluff”
    Nach dem geistlichen Absacker war noch Bedarf nach einem körperlichen Absacker.
    Im ersten Endspiel hätte Horst fast sein Husasenstück von letzter Woche wiederholt und mittels seiner Stern-Bluff-Technik aus einem 1:4-Rückstand noch einen Sieg gemacht. Doch beim Stand von 1:1 stach ihn der Hafer. Selbst mit einem vorzüglichen Fünfer unter dem Becher fing er mit 1 mal Stern an. Das brach ihm den Hals.
    Es bleibt die psychologische Frage, warum die Sterne-Bluffs allgemein so gerne geglaubt werden?
    Das zweite Endspiel bestritt Walter mit 3 Würfeln gegen drei 1-Würfel-Spieler. Sein Gebot von 2 mal Stern brachte alle drei Armhälse mit einem Streich ins Grab.
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

    Gaining Speed – Part 2

    Transcript of the podcast published on May 7th, 2011.

    Last show I was talking about the necessity to get the right speed rating for your game when designing it. This time I want to give you some examples.

    Take ”7 Ages” for example, a great if still unwieldy game of empires and conquest – when reading the designer’s diary one will find a statement by Harry Rowland, that in its original form the game had each empire go through all possible phases in its turn – production, movement, combat, fate, progress, etc.. This of course meant that the other players would idly watch while one player spent a lot of time doing fiddly things with often no consequence to the other players. At one point Rowland decided that he would limit each empire action to only one of these – this already was a great idea, if not a radical design decision. But this was still not good enough. So Rowland decided to make the selection of actions simultaneous and secret for all players involved. Simultaneous selection of something is always a good idea, as it means that all players can mutually do something that is of relevance, even if it is not in direct communication with another player. It adds two interesting aspects: speed, of course, and also mystery, as in a good game design one should always be guessing about the other player’s motives.

    This worked great for “7 Ages”. While I select my empire’s actions I ask myself: will my neighbor be peaceful this turn? Or will he attack me? Should I attack first? So even though I don’t necessarily talk with another player during this selection it is an indirect form of competitive communication, and this is an important element in any game.

    I had a similar problem with my game “XX”, formerly known as the “20th Century” until some evil usurping Eastern-European-game designers stole my title. In its original form the game was just mega-long, and each player had a lot of actions to ponder while the others were waiting and doing nothing. Some BGG con visitors of four years back might remember this version painfully.

    One of the main design goals is of course elegance and speed – in reworking the game concepts I tried to think about what elements I deemed important and what not. Many ideas were neat, like the effects of population or catastrophes in my game about the history of the 20th century. But I could go two ways – either keep them and develop them, which meant the game would become longer and more complicated, or leave them away and concentrate on the things I really liked. In a painful process I whittled down the possible player actions to only three different ones: getting involved in wars, using diplomacy to place influence in countries and playing a card as an event.

    Now I still had the problem that this would mean that each player would have to ponder this decision when it came to his or her turn. The game state might have changed in a way that would make a new pondering period necessary – and again non-involved players would have to wait. I decided to create action cards that had all three actions on them, and how you placed them in front of you (meaning how you would orientate the card) would show to other players what action you would play. With these cards I could now introduce a simultaneous selection phase, like in “7 Ages”. Each player would secretly select his card action for the turn at the same time as the other players and then turn the card over to show his decision when it was his or her go. This introduced second-guessing and mystery and an immense speed gain to the design. You still had the freedom about how exactly you would play your action – this is important as nobody wants to be on autopilot when it comes to an individual action – but you had already made some of your choices. It is a simple insight for game designers that choices are good, but too many choices bog down a game and might make it too brainy or ultra-competitive, like chess or go, games which are sciences in itself and in which sometimes you can wait for a long time until your opponent has done a move. If ever. Finding the sweet spot between too limited decision trees and too many options is the biggest challenge of a game designer.

    It is interesting that simple house rules can have a great effect on speed. I don’t know anybody who doesn’t play Carcassonne without one simple house rule that is not stated in the original rules: don’t turn over a new tile when it’s your turn but draw it secretly at the end of your turn instead and place it at the beginning of your next turn. This makes a huge difference, as it gives you the complete turn to think about your placement. Even though last-minute plays by your opponents can ruin your plans you still will have a much better grasp of the situation than if you simply reacted to a completely new tile on the spot. It’s a house rule that I strongly recommend!

    “Pantheon” is our Game of the Month

    Many prude American gamers are put off by the cover of the game (I can only say: honi soit qui mal y pense), but they are missing out on a great new Tummelhofer game that really rocks! “Pantheon” is a game that is easy to get into. Like in all good games there are several ways to victory, and through the effects of various people and the gods there is also a slight flair of “History of the World” involved (even though there are no battles). A bit of luck is also needed, but skillful play is rewarded, in so far the game has to be viewed as an advanced family game more than a game for hardcore eurogamers and VP counters. But as a whole the feeling is fresh, not entirely the usual fare, and most important: fun to play!

    “Pantheon” ist unser Spiel des Monats

    Viele prüde Amerikanische Spieler lassen sich seltsamerweise vom Cover des Spieles abschrecken (honi soit qui mal y pense, sage ich nur), es entgeht ihnen aber ein echter neuer Tummelhofer-Knaller, der es in sich hat. „Pantheon“ ist ein Spiel, in das man sofort hineinkommt, wie bei jedem guten Spiel gibt es mehrere Wege zum Sieg und durch die verschiedenen Völker und Auswirkungen von Gottheiten kommt sogar ein Hauch „History of the World“ ins Spiel (obwohl es keine Schlachten gibt). Ein bisschen Glück muss man auch haben, aber gutes Spiel wird belohnt, insofern ist das Spiel eher im Bereich der gehobenen Familienspiele anzusiedeln als im Bereich der Hardcore-Eurogamer. Aber das Ganze ist frisch, nicht ganz gewöhnlich und macht einfach Spaß!

    04.05.2011: Cuba und andere große Fische

    Fliegende Panzer in Flugverbotszonen, Privatvillen als Kommandozentralen, Lynchjustiz aus Notwehr, mörderische Mitfreuden unter christlicher Führung, Meerbestattung als Entsorgung, das waren die thematischen Schlagwörter nach dem Absacken.
    Ach laßt uns doch lieber die Augen zu machen und spielen!
    1. “Cuba”
    Wir befinden uns auf der Zuckerinsel noch vor der Revolution. Wir lassen muskulöse Arbeiter darin werkeln, um Baustoffe (Wasser, Holz und Stein) für unsere Plantagen herzustellen, wir bringen unsere Rohstoffe (Tabak, Zuckerrohr und Zitrusfrüchte) von attraktiven Händlerinnen zum Markt, um damit Geld zu machen. Wir lassen uns von hemdsärmeligen Architekten Fabriken bauen, in denen unsere wohlgeformten Vorarbeiter für die Veredelung unserer Rohstoffe (zu Rum und Zigarren) sorgen. Und unsere smarten Bürgermeister lassen die Waren zu den Schiffen im Hafen bringen und streichen die Siegpunkt-Erlöse ein.
    Dazwischen beeinflussen wir die Gesetzgebung, um auf unsere eigenen Resourcen und Besitztümer größere staatliche Subventionen zu lenken als auf die unserer Konkurrenten.
    Der Ablauf ist im Prinzip (natürlich nicht in den Details) ähnlich wir bei den „Burgen von Burgund“: Im Schweiße unseres Angesichtes müssen wir uns den Siegpunktsegen erarbeiten. Komplex, kompliziert und funktionell. Eine stimmige neue Kombination von vorhandenen bewährten Mechanismen.
    WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu viele fummelige Elemente), Günther: 7 (man braucht viel Erfahrung, um die Wirkungsweise und die optimale Position der verschiedenen Fabriken zum Umwandeln von Baustoffen und Rohstoffen in Produkte und Siegpunkte zu verstehen und zu beherrschen), Horst: 8 (hat das Spiel schon 4 mal gespielt, spielt es aber immer noch aus dem Bauch einfach drauflos), Walter: 7 (die Abläufe, vor allem bei der Konkurrenz, sind klarer vorhersehbar als bei den „Burgen“, insofern ist „Cuba“ planbarer. Wenn man es versteht.)
    2. “Trawler”
    Trawler PrototypAaron’s Eigenbau „Trawler“ hat mal wieder einen Reifegrad erreicht, der unter die Lupe genommen werden sollte. Schon die Schachtel, der Spielplan und das Material sahen so hübsch und professionell aus, dass Walter gleich den Prototyp-Status vergaß und gleich mit ergonomischen Verbesserungsvorschlägen ankam. Doch Aaron wehrte ab: „Bitte redet mir nicht über das Spielmaterial!“
    Wir sind Fischer, schicken unsere Trawler auf Fischfang aus, erfüllen mit vorgeschriebenen Mengen an Krabben, Schollen oder Heringen unsere Lieferaufträge, verkaufen den überschüssigen Fang auf dem Markt, um mit dem Gelderlös unsere Flotte aufzurüsten, und versuchen bei all diesen Aktivitäten, möglichst viele Siegpunkte auf unser Konto zu bringen.
    Die Konkurrenz ist groß, besonders die Fanggebiete in der Umgebung des Fischereihafens sind im Nu leergefischt. Wir müssen sehr schnell die Reichweite unserer Schiffe ausbauen, damit wir mit ihnen überhaupt noch ein Fischlein nach Hause bringen können.
    Der Startspieler hat gewaltige Vorteile. Manchmal kann nur er noch mit seinem kleineren Kutter eine Beute einfahren; die anderen Spieler sollten in solchen Runden besser ihre Boote zur Aufrüstung in die Werft bringen,wenn sie sich nicht mit dem harten Brot von Hafenrundfahrten über Wasser halten wollen. Natürlich wechselt die Startspielerrolle reihum, und über jeden ergießt sich einmal ihr Füllhorn. Und natürlich kann man auch vorausrechnen, wann das sein wird, und seine Planungen entsprechend darauf einrichten. Doch krass ist dieser Effekt allemal.
    Auch die anderen Spielelemente prasseln ziemlich brutal auf die Spieler herab. Wenn alle Dockplätze belegt sind, gibt es kein Aufrüsten, wenn die Hafenrundfahrten ausgebucht sind, bleibt das Schiffspersonal selbst von diesem Hartz-IV-Einkommen ausgeschlossen; wenn am – immer engen – Markt der letzte Hering verkauft ist, können wir evtl. unsere Lieferaufträge nicht erfüllen und müssen mindestens eine Runde länger auf neue Liquidität warten, was u.U. unseren Entwicklungszeitplan gewaltig durckkreuzen kann.
    Doch wenn man sich erst einmal an diese krassen Elemente gewöhnt hat, dann zeigt sich die Farbigkeit des Gesamt-Designs. Alle Elemente funktionieren. Man darf nicht alles auf eine Karte setzen, sondern muß mit Augenmaß die verschiedenen notwendigen Schritte tun, um flüssig zu bleiben, eine wohlproportionierte Fischereiflotte zu besitzen, reiche Fanggründe zu erreichen und in der Summe die lohnendsten Lieferaufträge zu erfüllen.
    Dabei geht das alles sehr flott über die Bühne. Grade fangen wir an, in Geld und Flotte zu schwelgen, sind die Aufträge auch schon alle vergeben und das Spielende erreicht. Es braucht nur noch an wenigen Stellschrauben minimal gedreht werden, und wir haben ein rundes neues Spiel vor uns, das mit seinen schnellen, klaren und doch überraschenden Spielzügen gefällt bis entzückt.
    Noch keine WPG-Wertung für diese Entwicklungsphase.
    3. “Great Western”
    Great Western - Spielbox EditionDer April-Ausgabe der „Spielbox“ lag dieses erste Spiel der “spielbox Wallace Edition” bei: zwei Papierseiten mit einer Landkarte von Südengland, auf der wir Eisenbahnstrecken bauen, Städteverbindungen herstellen und damit Siegpunkte einheimsen.
    Der Spielablauf ist ganz einfach:
    Pro Runde wird pro Spieler ein Zug zum Einsatz gebracht. Die Züge haben unterschiedliche Wertigkeit, die durch Würfel ermittelt wird: die mickrigsten Züge bringen gerade mal 0 (Null!) bis 1 „Marker“ (Währungseinheit) ein, die üppigsten Züge erlauben einen stolzen Ausbau zu siegpunktträchtigen Strecken.
    Die Züge werden versteigert, Geld ist knapp. “Keep fully invested” ist sicherlich eine gute Devise, denn je mehr Städte man bereits verbunden hat, desto höher sind die rundlichen Einnahmen. Wer am Ende in Summe die lukrativsten Städte verbunden hat, ist Sieger.
    Horst konnte sich – mehr oder weniger unfreiwillig – in den ersten Runden eine ganze Reihe billiger Städte südöstlich von London zulegen und hatte ständig die höchsten Rundeneinnahmen. Er konnte auch noch einen großen Satz von Portsmouth nach Yeovil tun, um auch im Westen Cornwalls mitzumischen. Damit sah er wie der sichere Sieger aus. Doch mit dem letzten Satz hatte er sich total verausgabt; in der anschließend notwendigen pekuniären Erholungspause wurde er von der weiteren Entwicklung nach Westen abgesperrt und konnte nur noch ohne weiteren Zugewinn vor sich hindümpeln.
    Walter hatte – teils geplant, teils notgedrungen, teils zufällig – die Verbindung Swindon – Gloucester herstellen können und war damit unversehens in den Besitz des alleinigen Zugangs zur Krösus-Strecke nach Port Taliban gelangt. Während die Mitspieler mit langen Gesichtern das Auswürfeln der restlichen Züge abwarten mußten, ohne selber noch ins Geschehen eingreifen zu können, konnte Walter entspannt auf die Vollendung der Verbindung zu den letzten vier Städte warten, die sein Siegpunktpolster verdoppelte. Wir verzichteten auf das bittere Ende.
    Peters übliche, etwas bösartige Einschätzung von Wallace’ Design-Technik war diesmal vollauf berechtigt: Einige hübsche Ideen, die aber in der Realisierung ein erhebliches Feintuning vermissen lassen.
    WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 5, Horst: 5, Walter: 6.
    4. “Bluff”
    Horst kämpfte als David mit einem einzigen Würfel im Endspiel gegen die vier Würfel vom Goliath Günther.
    Seine erste Vorgabe: 2 mal die Eins. Günther hatte selber 2 Einsen, 1 mal die Drei und 1 mal die Fünf unter dem Becher. Anstelle mit dem logischen Goliath-Konter, 3 mal die Eins, den Sack zu zu machen, wollte er lieber einen eleganten Bluff-Sieg hinlegen und erhöhte auf 2 mal die Fünf. Horst hatte keine andere Chance als anzuzuweifeln und verkürzte so auf 1:3.
    Seine zweite Vorgabe: 1 mal die Fünf. Günther hatte eine Fünf und einen Viererpasch unter dem Becher und fürchtete sich sowohl vor der logischen Goliath-Ansage 2 mal die Vier wie auch vor dem Risiko-Gebot 2 mal die Fünf. Sein abwartendes Zwischengebot von 1 mal Stern wurde von Horst ungerührt angezweifelt. Es stand nur noch 1:2.
    Horst schwenkte jetzt auf Walters überlegene Immer-4-Strategie um und begann mit 1 mal die Vier. Günther hatte nur eine Eins und eine Drei unter dem Becher, da konnte ihm auch seine berüchtigte Immer-5-Strategie nicht aus der Patsche helfen.
    Auch das 1:1-Endspiel konnte Horst spielend mit der Immer-4-Strategie zu seinen Gunsten entscheiden. Großes 3:1-Gelächter!
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

    Gaining Speed

    Transcript of the podcast published on May 1st, 2011.

    One of the biggest challenges in game design is the creation of speed. Each game has its own sweet spot of length. 10-16 hours of playtime might be the ideal length for an immersive and narrative game like “Here I Stand”, but it would kill a game like Carcassonne if it was that long. It would just fall flat.

    Most Euro gamers perceive 2 hours as the maximum ideal length for a game – and this includes explaining the game! I know many German gamers who will – no matter how much you coax them – flatly refuse to play anything even 1 minute longer. 2-3 hour Euro games like Agricola are actually extremely rare. I would compare it to the ideal length for a film – many people think that 1½-2 hours is the best length for a film, and anything beyond that is either Lord of the Rings or boring. Or both!

    It’s interesting to note that films longer than 2 hours are usually sprawling sagas with more complex narrative or boosting amazing special effects to keep you entertained – this can be compared to the much longer American style games, which usually fall in the 3 hour or more range. Think of games like Arkham Horror or Talisman – even hardcore fans would immediately admit that these games take a lot of time, not to speak of war games, which are the kings of the hill when it comes to length!

    The speed of a game has two aspects, though. It is a mixture of two conflicting perceptions: the length of the game as a whole and the length of downtime that you experience while it is not your move. Some early war game designs featured a lot of downtime as your opponent pondered moving his hundreds of counters over a cluttered board. Games like ASL with their more complicated turn structure made sure that this downtime was separated into little chunks, but still, as an opponent you were mostly rolling dice while your opponent had something to do.

    Even though the game is actually one of my personal favorites, History of the World in its old versions is a good example of bad downtime. If you ended up first in one epoch and last in the next one you theoretically could look at up to an hour waiting, with no meaningful decisions at all and some dice rolling at the best. A game like Cosmic Encounter was actually not only deemed revolutionary in its time because of the changing player powers but also because it attempted to keep everybody constantly involved by giving them the ability to ally with attacking or defending players. This involvement outside your turn was actually a very fresh idea at the time, people tend to forget this.

    Nowadays most game designers try to create a mix of interactive elements to keep players involved who are not active at the moment. Classical basic strategies for this can be easily named: bidding, negotiation or trading. This always involves all players and is mostly easy to pull off design wise. Newer interactive strategies would be card drafting (like in 7 Wonders) or role selection, where players in turn select roles that then affect all players, like in Puerto Rico. All these game design strategies are usually perceived as giving the possibility of interaction. An additional strategy which is more difficult to pin down could be called “reaction window”. What this means is that a player has the possibility out of turn order to insert an action into the flow. A good example for this is for example having a “bomb” in the card game “Tichu”. With a “bomb” you can interrupt the card play anytime, but it also involves the risk of other players having bombs as well. Or take “Cosmic Zap” in Cosmic Encounter – any card that can be played out of turn order gives players a reactive game element. But of course there are also real ”reaction” moves, when players react to each other’s actions. But there is a difference between meaningful and a “lucky reaction”: Let’s say a player attacks a space you occupy with troops in a war game. Usually you would roll dice to determine the outcome. Even though rolling dice can be fun it is not what I would call a meaningful decision. If all you do as a reactive action in a game is rolling dice it can become dangerous for the game experience. But now imagine this dice rolling results in a retreat of your troops, and you now have the decision to retreat them to hex A, B or C. This usually would be a meaningful decision, as this will set things for your next turn.

    Don’t worry, most war games involve this kind of decisions, and newer designs like “Combat Commander” go to great pains to make the game flow as interactive as possible, with both players constantly being involved in meaningful decisions. But in a way the worst game possible would involve a convoluted and long turn order which only involves one single player. But luckily the time of these games seems to have passed.

    27.04.2011: Götzenbilder in Burgund

    In seinem Begleittext zu „London“ als unserem neuesten “Spiel des Monats” hatte Walter geschrieben: „Es gilt, in Bescheidenheit und ölologischer Vernunft seine Kartenfreiheit zu nutzen“. Aaron, der die Übersetzung ins Englische besorgt und schon häufiger über Walters Schreibfehler gestolpert ist, hat rückgefragt, ob “ölologische Vernunft” ein Wortspiel ist oder “ökonomische Vernunft” heißen soll. Eigentlich hatte Walter „ökologisch“ gemeint, aber dies ließ Aaron nicht gelten. Dieser Begriff war ihm einfach zu neu und zu deutlich auf den Umweltschutz des 20. bzw. 21. Jahrhunderts gemünzt.
    Frage an die Londoner Experten: Ist das Vorgehen, dass man für ein erfolgreiches Vorgehen in „London“ benötigt jetzt “ökologische Vernunft” oder “ökonomische Vernunft”?
    1. “Pantheon”
    Seine schlechte Wertung für „Pantheon“ (pures „Chaos“) hat Aaron nicht schlafen lassen. Die ganzen Osterfeiertage über hat er Abläufe und Schwachstellen unserer ersten Begegnung vom 20. April analysiert und wollte seine Ergebnisse heute am lebenden Objekt nochmals verifizieren.
    Wie gehabt ziehen wir in sechs Runden unsere Trampelpfade vom Zentral-Tempel zu verschiedenen Markern und hinterlassen unsere Duftmarken in Form von Füßen und Gebetstrommeln. Nach jeder Runde sammeln wir unsere Füße wieder ein, die Trommeln bleiben stehen und liefern uns am Ende nach einer quasi quadratischen Formel einen riesigen Batzen Siegpunkt-Einkommen. „Riesig“ ist das Einkommen zumindest für den, der in der Quadrat-Formel auf der Trommel-Abszisse gewisse Schwellwerte überschritten hat. Wer hier nur gekleckert hat, wird in der Schlußwertung auch entsprechend klecklich behandelt.
    Auch die Götzenstrategie hat ihren Charme. Wir verschaffen uns damit fortlaufend Vorteile für unsere künftigen Spielzüge: größere Reichweite, größeres Einkommen, linear anwachsende Siegpunktprämien und gegebenenfalls die Erlaubnis für Doppelzüge, mit denen wir – mit ein bißchen Glück – in der letzen Runde ebenfalls gewaltige Siegpunkt-Summen einstreichen können.
    Die explosionsartig anwachsende Siegpunkten-Flut, die über uns Spieler hereinbricht, ist im Design von „Pantheon“ sicherlich etwas außer Balance geraten. Ganz kleine Effekte, wie z.B. der Aufbau einer einzigen weiteren Gebetstrommel oder eine einzige, mehr oder weniger zufällig passende Aktionskarte zum Erwerb des letzten Götzenbildes, das dann in einer Kettenreaktion ganze Siegpunkt-Lawinen über uns herunterkommen läßt, machen eine seriöse Planung sehr fragil. Aber vielleicht ist das auch das Schöne daran: Kaum hat man sich mit den Mechanismen angefreundet und schmiedet Pläne für reiche Siegpunkternten, da ist mit einem rasanten Knalleffekt das Spiel auch schon zu Ende.
    Heute lief alles ganz anders als beim letzten Mal. Trotzdem konnte sich auch diesmal wieder die Trommelstrategie (im Tie-Break) vor der reinen Götzenstrategie durchsetzen. Beide Strategien wurden jeweils durch das individuelle Privileg zur Startaufstellung (1 Bewegungsschritt mehr bzw. 1 Aktionskarte mehr) nahegelegt. Der Startspieler, für den kein solches richtungsweisendes Privileg mehr übrig war, büßte notgedrungen einen Milligramm Strategie-Konsequenz ein und hatte so keine Chance mehr auf einen der vorderen Plätze.
    In einer Stunde waren wir durch. Daraus folgerte Aaron einen deutlich gestiegenen Wiederspielreiz. Seine Gleichsetzung von „Pantheon“ mit „7 Wonders“ konnte Walter allerdings nicht unwidersprochen hinnehmen: Freilich lebt „Pantheon“ auch von Karten, doch der Freiheitsgrad beim Ziehen der Karten und den daraus resultierenden möglichen Aktionen ist in „Pantheon“ um ein Mehrfaches größer. Freilich bringen auch in „Pantheon“ die gezogenen Aktionskarten einen deutlichen Zufallseinfluß mit sich. Doch hier sind noch wesentlich mehr Zufallseinflüsse gegeben, aber alle fein, wohlabgestimmt und spielerisch in den Gesamtablauf integriert. Für mich!
    WPG-Wertung: Aaron: 7 („kurzweilig“, 2 Punkte mehr), Günther und Walter blieben bei ihren 8 Punken: .
    2. “Die Burgen von Burgund”
    In einem (gemäß Regelheft) „außergewöhnlichen Aufbauspiel um Weiden, Waren und Würfel“ sollen wir unsere hexagonalen „Ländereien durch überlegten Handel und Wandel aufblühen lassen.“
    Zunächst einmal würfeln wir, jeder mit zwei Würfeln. Der Würfel bestimmt, welches der offen ausliegenden Landschaftsplättchen wir in unseren Vorrat, und welches Plättchen wir vom Vorrat auf welches Feld in unseren Ländereien legen dürfen. Passt uns das Würfelergebnis nicht, dürfen wir uns für einen Würfel zwei Arbeiter zulegen, die es uns erlauben, beim nächsten Wurf die geworfene Augenzahl nach oben oder unten zu verschieben. So ganz stupide sind wir dem Würfel also nicht ausgeliefert. Ein bißchen aber schon.
    Mit jedem Plättchen in unseren Länderreien gewinnen wir Vorteile: die Erlaubnis, noch ein weiteres Plättchen legen, ein paar Arbeiter für die Würfelaugen-Modifikation, Geld (zum Erwerb von Landschaftsplättchen völlig am Würfelergebnis vorbei), oder Siegpunkte. Alle Rädchen wirken ineinander und alle Aufbauleistung wird belohnt. Allerdings riecht alles unweigerlich nach Schweiß, der von der Stirne tropfen muß, damit das Werk den Meister loben kann. Würfel-Modifier durchrechnen, die Erreichbarkeit von Plättchenauslagen abschätzen, die Ambitionen der Mitspieler vorhersehen und sich dagegen vorsehen, das ist alles ziemlich anspruchsvoll. Aaron und Walter fanden hier sogleich Ähnlichkeiten zu „Agricola“. Wer dieses Spiel liebt, wird auch an den „Burgen von Burgund“ seine Freude haben. Und wenn die Jury von „Spiel des Jahres“ wieder einen Sonderpreis für das „komplexeste Spiel des Jahres“ vergeben will, dann sind die „Burgen“ ein heißer Anwärter.
    Doch für Spielen im eigentlichen Sinn des Wortes fehlen deutlich spielerische Elemente. Und die Interaktion beschränkt sich auf den Wettlauf um die Prämienplätze bei den vielfältigen Etappenzielen. Und das Thema? Der Rioja auf dem Tisch hat mehr Assoziationen mit Burgund aufkommen lassen als die Masse der 240 Spielelemente.
    WPG-Wertung: Aaron: 6 („der Spannungsbogen fehlt, 5 Runden lang der gleiche Ablauf“), Günther: 8 („für Freaks, komplexes Aufbauspiel mit zahlreichen Entfaltungsmöglichkeiten, objektiv ein Highlight des Jahres 2011, subjektiv vielleicht nicht“), Walter: 6 („ein Hoch für den Schweiß, den der Autor bei der Spielentwicklung vergossen hat, kein Hoch für den Schweiß, den die Spieler beim Spielablauf vergießen müssen“).

    "Was lag auf den Tisch?"