Where do we go from here?

Transcript of the podcast published on March 7th, 2011.

Let’s just take a break and reflect on the past developments in the gaming world. Where do we go from here? It is clear that board gaming as a whole is a very healthy hobby at the moment. It might not have the breakthrough fad or trend of past decades, like a new concept to sell huge amounts of cards like in Magic the Gathering, but all in all there are lots of very good companies who each have found a niche in which they have a relatively healthy life. Fantasy Flight Games has basically grabbed the Fantasy, Horror and SF niche market, GMT is catering to the Euro-influenced and opinionated war gamer, Days of Wonder successfully delivers great accessible family games and so on. Also in Germany the game market has been relatively stable – the old great companies can still exist and deliver good product and there has even been a possibility for young and upcoming companies like Argentum games to grow and prosper somewhat. The same is to be said about the European market as a whole – Eastern Europe has expanded as a market with many of the best games of the last years coming from the Czech Republic for example, but now also from Poland and other places. Italy, France, Holland and England are also strong as countries in which game design is practiced an art and the population is increasingly interested in it, not to forget Belgium, Switzerland and Austria. Essen attendance is still growing every year, and the number of published games as well.

If there is any kind of problem it is the problem of over-saturation. At the Westpark Gamers we have already found that we return to older games that we like instead of playing the new Essen games, which is unusual, because the last Essen is not that long gone. Usually we were busy until at least the middle of the year before a certain expectation for new games kicked in. But we are already returning to established games for entertainment.

It’s not that last Essen’s games were a worse than usual – quite the opposite! In fact 2010 was quite a good year most remarkable for a high level of general quality and relatively few disappointments. That it was not the year of a standout game like Dominion should not be something to be expected every year – that would just be silly. Still – we have super fantastic games like 7 Wonders or Dominant Species, and that’s really something.

In fact if you took any, and I really mean ANY of the top games of 2010 and put them in a time machine to travel back to 1980 or even 1990 they would all be huge hits that the whole gaming world would talk about. But today they just go under in a huge torrent of quality. It is very difficult to get noticed with a game when already even small companies or DTP publishers manage to bring out product that is equal to the best games of the past years in both production values and content.

In a way we now repeat the situation that computer games found themselves in a couple of years back. When the computer game market emerged, many new and spectacular ideas for games were born: the RPG’s, the RTS games, the Adventure games, the Ego-Shooter games, etc.. All these genres were defined like the different board gaming genres, even taking cues from them in many ways. But looking at computer games now one seems to notice that there are very few new ground breaking ideas anymore, it is just the technology like the graphics of games that is still developed. Another area is bringing games to where there have been no games before. I was once told that the fastest growing market in electronic games is the so-called social games market, where people play games via facebook or through their browser. These games are quick and accessible and don’t need any preparation to jump in.

This does not surprise me as I see the time-factor as the biggest enemy for physical board games in the future. Once the electronic game table market really kicks off in the near future – and I firmly believe that this will happen – board games with physical components will increasingly have a difficult time except perhaps with spectacular miniatures. But already many Fantasy Flight Games like Arkham Horror for example are clustered with so many card decks, counters and paraphernalia that I for my part would welcome if a computer all set it up for me in a millisecond and I could start right in. Even FFG themselves have realized this and start publishing ipad and iphone apps that actually reduce the time needed for playing their games.

The games of the future will also use sound effects and videos to enhance the game experience, I am sure.

But fact is: We are at a crossroads right now. Not a moment to despair, but a moment to take note of what we like about gaming and to pave the roads for what gaming will become in the future. One thing is sure: the social aspect of gaming, the table banter, the camaraderie, the real people with which you interact will always be the biggest asset of face to face gaming. Let’s try to preserve that!

02.03.2011 Die Katze ist noch da

In der Regel läuft die Planung unseres Spieleabends schnell und effizient: Walter schickt am Wochenende eine Einladungs-Email an unseren Verteiler und die übrigen Westpark Gamers antworten mit einem kurzen „bin dabei“ oder „kann nicht“. Gelegentlich knirscht es aber im Getriebe wenn von der gewohnten Routine abgewichen wird. So auch gestern. Letztendlich fanden sich wegen unnötiger bzw. unerwarteter Absagen gerade einmal drei Spieler zusammen und nicht bei Walter sondern bei Moritz. Die ungewöhnlich kleine Runde an ungewöhnlichem Ort führte dann auch zu einer eher ungewöhnlichen Spieleauswahl.

1. „Escape from the Aliens in Outer Space“

Das Setting erinnert im ersten Moment an den ersten “Alien” Film, denn die Spieler befinden sich in einem von Aliens verseuchten Raumschiff irgendwo im All. Aufgabe ist es, ohne gefressen zu werden eine Rettungskapseln zu erreichen. Das gilt für diejenigen Spieler, die die Rolle „Mensch“ zugelost bekommen haben. Die Spieler in der „Alien“-Rolle müssen versuchen, innerhalb von 36 Runden alle Menschen zu finden und zu verspeisen.

Je nach Spieleranzahl und gewünschtem Schwierigkeitsgrad werden entsprechende Raumschiffpläne an alle Spieler verteilt, auf denen die Startsektoren für Menschen und Aliens sowie die Position der Rettungskapseln, das Ziel der Menschen, markiert sind. Die Spieler bewegen sich durch die einzelnen Sektoren des Schiffs indem sie pro Runde den jeweiligen Zielsektor geheim aufschreiben. Dabei dürfen sich Menschen nur von Sektor zu Sektor bewegen, während Aliens zwei Sektoren weit ziehen dürfen. Manche Sektoren sind „unsicher“ und betritt sie ein Spieler, muss er eine Karte ziehen, die angibt ob er seine aktuelle Position verraten muss, ob er dabei lügen darf oder ob gar nichts passiert. Zusätzlich gewürzt wird die Atmosphäre damit, dass erst nach und nach durch Deduktion erkennbar wird, welcher Spieler einen Menschen spielt und wer ein Alien.

Ein bisschen erinnert das Ganze an „Scotland Yard“, dem Spiel des Jahres 1983. Und so ähnlich war auch das Spielgefühl in unserer 3er-Runde, in der es nur einen Mensch-Spieler gibt. In dieser Konstellation und mit dem von uns gewählten Plan ließ sich der Mensch-Spieler recht schnell orten und dann gezielt einkreisen. Mit ein wenig Glück auf der Alienseite war der Menschen-Moritz nach 18 Runden gefunden und gefressen.

Zu dritt funktioniert das Spiel zwar, aber so richtig Spaß macht es vermutlich nur, wenn im Raumschiff richtig etwas los ist, d.h. durch das Betreten unsicherer Sektoren laufend Positionsangaben gemacht und auf ihre Plausibilität hin überprüft werden müssen. Dann kann es im Eifer des Gefechts auch leicht einmal vorkommen, dass ein Alien aus Versehen ein anderes Alien verspeist.

WPG-Wertung: in einer 3er-Runde nicht wirklich zu bewerten. Aaron gefällt Scotland Yard wesentlich besser.

2. „Revolution!“

Schon seit einigen Wochen bringt Aaron „Revolution!“ regelmäßig mit zum Spieleabend aber bisher gab es immer genügend Neuheiten aus Essen, als dass ein Spiel von 2009 Chancen gehabt hätte, auf den Tisch zu kommen.

Die Spieler bieten verdeckt um die Kontrolle verschiedener Charaktere, die ihrerseits Siegpunkte, Einfluss in Gebieten und/oder „Währungen“ für die nächste Bietrunde gewähren. Das verdeckte Bieten sorgte auch gleich für die Anmerkungen „kein Walterspiel“, denn es gibt beliebigen Freiraum für Mitspielerchaos. Zwar ist bekannt, wie viel „Währung“ (Macht, Erpressung, Bestechung) jeder Spieler einsetzen kann, aber da grundsätzlich alle Gebote verfallen, ist eine Pattsituation (keiner gewinnt) oder ein knapper Verlust extrem teuer und unbefriedigend. Die Spielregel bietet hier als Option an, dass die Währungen für verlorene Gebote wieder zurück genommen werden können und vermutlich sollte diese Option immer gewählt werden (wir haben sie erst nach Spielende entdeckt).

Obwohl „Revolution!“ für drei bis vier Spieler ausgewiesen ist, fanden wir den Verlauf bei drei Spielern eher unbefriedigend. Schnell zeigte sich, dass es nur zwei Strategien gibt, um erfolgreich zu bieten: die mittlere Reihe der Charactere via Bestechung oder die beiden anderen Reihen durch Macht und Erpressung. Zwei Strategien bei drei Spielern bedeutet aber, dass sich immer zwei Spieler ins Gehege kommen, wenn sie die gleiche Strategie gewählt haben und der Dritte eben der lachende ist. Hier muss gekonnt das Verhalten der anderen Spieler vorhergesehen werden, um sich nicht in unnötigen Kämpfen aufzureiben. Ob das in unseren Runden möglich ist, darf bezweifelt werden.

WPG-Wertung: Günther: 5 („funktioniert“), Moritz 5: („funktioniert, möchte es aber nicht noch einmal spielen“), Aaron 5: („nicht mein Ding“)

3. Trawler

Aaron nutzte die kleine Runde, um die neueste Version seines Spiels „Trawler“ noch einmal anzutesten. Kurz vorher hatte er noch einige Änderungen vorgenommen, die im Wesentlichen den Geldfluss im Spiel verbessern sollten.

Bei „Trawler“ kaufen die Spieler Schiffe, um in drei Seegebieten unterschiedliche Fischarten zu fischen. Je nach Größe der Schiffe kann mehr oder weniger Fisch gefangen und verkauft werden und je nach Motorisierung haben die Schiffe eine mehr oder weniger große Reichweite. Zusätzlich beeinflusst das (variable) Wetter die Anzahl der Züge, die jeder Spieler pro Runde durchführen kann. Nach und nach werden die Seegebiete überfischt und der Fischfang lässt sich nicht mehr wirtschaftlich betreiben. Dann endet das Spiel.

Leider stellte sich recht bald heraus, dass durch die Änderungen nun zu viel Geld im Spiel war und viel zu schnell die größten Schiffe gekauft werden konnten. Gleichzeitig zeigte sich eine noch gravierendere Schwäche: es gibt nur eine einzige Strategie, nämlich so schnell wie möglich zwei große Schiffe zu besitzen, um immer die teuerste Fischsorte fangen und verkaufen zu können. Hier ist noch einiges an Designarbeit zu leisten, um den Spielverlauf mehrdimensionaler und damit interessanter zu machen.

WPG-Wertung: keine Wertung für einen frühen Entwurf.

Game Companies of the past, part 11, Gray Giant Games

Transcript of the podcast published on February 25th, 2011.

After 10 segments about game companies of the past I want to add a bonus segment about a company that nobody of you has ever heard of, probably: Gray Giant Games.

Gray Giant Games was the brainchild of Tim Bedford and Lisa Peterson, 2 students of MIT who were caught by the Fantasy Roleplaying game craze of the 70s. They both became avid game masters to their game group, the MITfits, and revered for their colourful and literary campaigns that spanned whole worlds. Soon enough they became tired of some of the clichés of D&D, especially the munchkin like amassment of XP’s and levels. This is how “Foragers into the Unknown” was born, their first roleplaying game, a radical reinvention of the RPG genre with an ingenious combat system that was elegant and realistic at the same time. “Foragers” had some success in gaming circles and soon Tim and Lisa began to professionally package their product, naming their company after the first monster they had invented for their game, and to sell it at gaming conventions. This was about the time their first daughter was born, so they lacked time and especially money to really run the publicity that sells a product to a bigger audience, but in specialist circles their fame increased. Soon 2 supplements followed: “Foragers into Space”, and “Foragers into Horror”, both equally excellent RPG’s.

At this point they noticed that they had less and less time to be GM’s, but their players wanted to adventure on in “Bellaphon”, their fantasy roleplaying world. Long before paragraph adventures were invented they thought of a role playing game that needed no Game Master and could be enjoyed by a whole group. This is how “Endless Adventure” was born, a truly unique fantasy board game that could be enjoyed by 1 to many players, and that is only rivaled by “Magic Realm” in atmosphere and scope.

In “Endless Adventure” the game simulates a complex dungeon expedition. The dungeon is randomly created during the game, but there are also certain predetermined quests that fit into the bigger game, much like today’s fantasy computer games are designed. “Endless Adventure” could be played either in short or continuous sessions, as a never ending campaign that also enabled players to develop characters, an idea that was later also realized in “Warhammer Quest”, but in a much simpler way. “Endless Adventure” is a truly magnificent, albeit complex game. Its biggest bonus was its expandability – in later supplements players could explore the wilderness, cityscapes and the sea. It was also possible for them to engage in world politics, to wage wars or to found a shop and sell their treasures. With each expansion – all of which are hard if not impossible to find nowadays – the game became richer and deeper, nearly reaching philosophical dimensions. Some players are still playing this game and have not yet explored every part of it.

Encouraged by this success the now husband and wife team thought about new ways to use their creativity. This is how one of the weirdest games in existence was created: “Serenade”, a game with a completely empty board and no rules to start with. Through a complex web of secret decisions, bidding and alliances the game was literally created on the spot – when you started the game you didn’t know yet if you would end up playing an economical game, an abstract strategy game, a historical simulation or a racing game. The only thing one could set up at the beginning was the game length, which could be anything from 30 minutes to many hours. The theme of the game would be decided by the wishes of the players, so that every player would play the game he or she liked the most in the end. “It’s an experience, not a game” was the tagline, and the revolutionary concepts behind this game were never equaled. Unfortunately a great part of “Serenade”s first print run was burnt in a mysterious fire and only a few copies have survived.

But Gray Giant Games was just starting it’s great run: The next game was simply called “Euro”, and was the pinnacle of European board games design: an elegant, incredibly thought-through design that gave each player the possibility to win until the very last moment without invoking the least of luck, but which was also – a feat that not all Euro Games manage – highly thematic and full of weird and crazy humour, with players trying to create the perfect European parliament, an impossible task as every European knows.

Tim had dabbled in wargames now and then, so he started a new project that was supposed to revolutionize the wargaming world: “Waterloo 3000” was the most ambitious wargame ever produced: a double blind game using ingenious hidden movement and doing away with any combat tables and odds, instead using an intricate paragraph system like in fantasy gamebooks to decide the outcome of a battle. The accompanying “battle book” indeed had 3000 entries, and few players have explored them all.

After that Lisa Peterson approached another, nearly impossible task: to create a witty party game for intelligent people that doesn’t embarrass and doesn’t bore. The result of this was “Betty Boop”, a game so fast and furious that it was impossible to not break out into wild laughter during it. One reviewer literally said that this game was so much fun that it could revive a coma patient.

Slowly a trend became clear: Gray Giant Games took on established game genres and tried to create the best possible game for it. But there were factors which always stood in their success: Tim getting a professorship at MIT and Lisa getting the Nobel prize for her work at the decryption of the human genome. Not out of failure but simply because they had no more time for their games, Gray Giant Games closed business in 1987.

And they lived happily everafter, like in a fairy tale. Like in this segment.

23.02.2011: Luna und die Patrizier

Am Westpark ist uns heute eine junge Katze zugelaufen. Als meine Frau morgens die Zeitung holen wollte, stand sie zitternd vor der Tür. Ohne zu fragen trat sie ein und genoß sichtlich die Zimmerwärme. Milch gibt es in jedem Haushalt, Katzenfutter war auch gleich besorgt, sowie ein Katzenklo, mit der Befürchtung, dass die Katze nicht weiß, was das ist, und dass wir in Bälde den Katzendurchfall aus dem Teppich waschen müssen.
Doch das süße Kätzchen übertraf alle Erwartungen. Es war sofort gegen jedermann zutraulich, zeigte keinerlei Schreckreaktionen, trank massig Milch, ging stündlich aufs Katzenklo, verzog bei den Klaviergeräuschen keine Miene, und begrüßte die ankommenden Westpark-Gamers mit einem freundlichen Um-die-Beine-Streichen.
Leider kann sie nicht ewig bei uns bleiben, der Hausherr und auch Aaron (der erst heute Abend aus Bangkok zurückkehrts, sind allergisch gegen Katzenhaare. Deshalb eine Frage an die nettesten unserer Leser: Wer will eine süße, kleine, gesunde, liebenswerte und kluge Katze haben? Gegen Liebe.
1. “Sixon und Ming Mang”
Horst hatte eine einstündige Verspätung angekündigt und Günther und Walter machten sich, wie in ihrer Zweierrunde schon Gewohnheit, über die Spielesammlung aus dem Wünnenberg Verlag her.
In „Sixon“ setzen wir zuerst – ähnlich wie bei Mühle – unsere Steine auf beliebige Felder eines in 6 Richtungen orientierten Spielbrettes, und ziehen anschließend einzelne unserer Steine (in eine der 6 möglichen Richtungen), um damit einen gegnerische Steine zu schlagen. Dies ist erfolgreich, wenn wir unseren Stein so ziehen können, dass er mit zwei weiteren unserer Steine ein gleichseitiges Dreieck (beliebiger Größe) bildet, in deren Zentrum der gegnerische Stein ist.
Das klingt vielleicht kompliziert, ist aber ganz einfach und am Anfang praktisch bei jedem Zug möglich. Muss es auch sein, denn wer als erster mit seinem Zug keinen gegnerischen Stein schlagen kann, hat verloren.
In „Ming-Mang“ stellen wir unsere Steine an je zwei Randseiten eines 8×8 Plätze großen Spielfeldes auf. Anschließend dürfen wir horizontal oder vertikal auf benachbarte freie Felder ziehen. Wenn wir damit einen gegnerischen Stein von zwei Seiten eingeschlossen haben, gehört er uns. Wie bei „Reversi“ wird er dazu auf die andere Farbseite gedreht. Einzelne Vorteile kumulieren sich sehr schnell zu einer unwiderstehlichen Übermacht. Wer alle gegnerischen Steine geschlagen hat, ist Sieger. Den konnten wir allerdings nicht mehr ermitteln, denn Horst war aufgetaucht.
Keine WPG-Wertung für 2-Personen-Spiele.
2. “Luna”
Horst hatte das Spiel schon zweimal auf dem Tisch liegen gehabt, um es mit seiner Frau zu spielen. Doch jedesmal kam sein Erstling Sebastian mit seinen Nachwuchs-Wünschen dazwischen, und aus der Partie wurde nichts. Für alle Unentschiedenen, die noch über die geboten Alternativen nachdenken, ist hieraus ein wesentlicher Unterschied zwischen Säuglingen und jungen Katzen erkennbar: Katzen kann man in die Ecke stellen. Die Westpark-Noch-Katze störte unsere Kreise nicht.
In „Luna“ spielen wir nicht auf oder hinter dem Mond, sondern wir tanzen um den irdischen Tempel der Mondpriesterin. (Was eine „Mondpriesterin“ ist, kann man bei Google nachschlagen, es gibt dafür immerhin 9 mal soviele Treffer wie für das männliche Pendant.) Der Tempel liegt im Zentrum des Spielbretts und drum herum gibt es sieben Inseln, auf denen wir die Glückseligkeit erwerben. Dazu bewegen wir unsere Pöppel, “Novizen” genannt, über die Inseln, bauen Kultstätten, werben neue Novizen an (Horst würde das „Kinderkriegen“ nennen), bauen Schiffe für das Inselhopping, lernen Gezeiten beherrschen, um unsere Pöppel schwimmend zu den verschiedenen Inseln treiben zu lassen, lernen Heilkräuter kennen, um die Novizen länger bei der Labora zu halten, und bringen ab und an einen Pöppel für gehobene Siegpunktquoten in den Tempel.
Wie viele Novizen ein Spieler auf dem Spielbrett hat, so viele Züge hat er pro Runde. Und mit Hilfe der Heilkräuter werden es noch ein paar mehr. Es gibt viel zu tun, anfangs mehr für die Verbreiterung der Resource-Basis, hinterher mehr zum Punkten. Am besten versucht man beides von Anfang an zu verbinden, also nicht nur Kultstätten bauen und Novizen zeugen, sondern sein Material auch gleich konsequent auf die besten Punktequellen ansetzen.
Interaktion gibt es durch die Konkurrenz um die Plätze im Tempel, in Mehrheiten für verschiedene Siegpunktprämien und im aktiven Verkürzen der Rundenzahl.
Ein hübsches Spiel, Stefan Feld hat es gut komponiert.
WPG-Wertung: Günther: 8 (nette Mechanismen; enthält im Laufe des Spiels zwar keine nennenswerte Steigerung, aber eine Änderung der Aktions-Schwerpunkte), Horst: 8 (war von der Stimmung – nicht gleichzusetzen mit Thematik – angetan, schätzte die Vielzahl der Zugmöglichkeiten), Walter 8 (lauter funktionierende, konstruktive Elemente, alles ist wohl aufeinander abstimmt).
3. “Patrizier”
Ein Kartenspiel von Michael Schacht. Bei der Klassifizierung „Kartenspiel“ kann man natürlich sofort aufschreien, denn die „Patrizier“ haben ein richtiges Spielbrett mit Patrizierstädten des mittelalterlichen Italiens, es gibt hölzerne Stockwerke, mit denen wir in den Städten Geschlechtertürme a la San Gimignano errichten, und es gibt Wertmarkten, mit denen die besten Türme prämiert werden.
Doch der Motor des Spiels sind ausschließlich Karten. Sie allein bestimmen, in welchen Städten wir bauen dürfen. Und abhängig davon, wo wir gebaut haben, ziehen wir offen ausliegende neue Karten für unsere nächsten Baugenehmigungen.
Jeder Spieler hat drei Karten in der Hand, aus der er jeweils eine auswählen kann. Der Freiheitsgrad ist also nicht besonders berauschend. Doch da man mit jeder gelegten Karte auch bestimmt, welche nächste Karte man dafür zieht, gibt es doch eine ganze Menge Zukunftsplanung, und man fühlt sich keinesfalls gespielt. Selbst wenn so manche gewünschte Karte nicht erreichbar ist.
Neben den Siegpunkten für die Mehrheiten an der Geschlechtertürmen („Wer den längsten hat, bekommt die höchste Prämie; wer den kürzesten hat, geht leer aus.“) gibt es noch Siegpunkte für bestimmte Kartenkombinationen, die wir im Laufe des Spiels gezogen und genutzt haben.
WPG-Wertung: Günther 7 (angenehm schnell, auch durch die geringen Auswahlmöglichkeiten), Horst: 7 (ein hübsches Spielchen für zwischendurch), Walter 7 (lockeres Kartenspiel mit Glücksspielcharakter).
4. “Bluff”
Nichts Neues vom Westpark. Günther zog sich schnell aus dem Geschehen zurück und der 5:4 Endkampf zwischen Horst und Walter ging immerhin noch über 6 Runden.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

14.02.2011: Sammeln und Bauen mit Würfeln und Karten

„Elisabeth Schneider wendet das Strategiespiel Monopoly auf die Berliner Kulturlandschaft an“, so hieß heute eine Bildunterschrift in der Abendzeitung. Dieser Satz enthält mindestens fünf sachliche Fehler.

1. “Kingsburg”
Ein Brettspiel mit vielen Würfeln als dominierendes Spielelement, bei dem aber doch nicht vorwiegend die Summe der zufälligen Würfelergebnisse den Ausschlag über Sieg oder Niederlage gibt. Jeder Spieler wirft mit drei (oder mehr) Würfeln und darf die Ergebnisse einzeln oder in beliebigen Kombinationen für seine Züge ausnützen. Er besetzt damit entsprechende Zahlenfelder („Gouverneure“), die ihm Einkommen in Form von Rohmaterial (Holz, Stein oder Gold) gewähren, Kampfstärke gegen regelmäßige feindliche Angriffe verleihen, oder Bonuspunkte für seine nächsten Würfelkombinationen vergeben.
Jedes Zahlenfeld (mit den Werten von 1 bis 18) kann pro Runde nur von einem Spieler genutzt werden. Wer mit seinen Würfelergebnissen nur noch auf Felder kommen kann, wo schon Mitspieler stehen, verliert diesen Zug. Deshalb setzt nach jedem Würfelwurf (gleichzeitig und öffentlich von allen Spielern) ein eifriges Analysieren ein, welche Kombinationen die Mitspieler auch erzielen können, welche Felder also umkämpft sind, und welche Zahlenwerte man nur allein kombinieren kann, für deren Zug man sich also noch Zeit lassen kann. Diese Phase dauerte bei uns zu dritt schon recht lange, bei vier oder mehr Mitspielern (Denkern) kann sie vielleicht sogar unterträglich werden.
Mit dem erworbenen Rohmaterial kann man Gebäude errichten, die erstens Siegpunkte einbringen, zweitens Kampfstärke gegen die bereits erwähnten Angriffe, drittens Vorteile bei weiteren Aktionen, und viertens vor allem Modifier für zukünftige Würfelkombinationen. Vor allem durch die Modifier werden die Auswirkungen von Fehlkalkulationen bei der Würfelanalyse gemäßigt, man darf ja noch etwas zulegen, um vielleicht ein benachbartes Zahlenfeld zu erreichen, das noch frei ist. Diese Modifier geben einem Profidenker aber noch mehr Gelegenheit, die insgesamt 10 bis 15 geworfenen Würfel ausgiebig zu analysieren, um für sich und seine Bauvorhaben die optimalste Ausbeute zu erzielen. Heute war glücklicherweise keine dieser zuweilen unangenehmen Spezies am Werk.
Horst verlegte sich bei seinen Bauwerken schwerpunktmäßig auf den religiösen Sektor. Allein über Standbild, Kapelle, Kirche und Kathedrale erzielte er 96 % seiner ingesamt 25 Siegpunkte. Doch seine Götter ließen ihn beim Kampf gegen Drachen und Dämonen im Stich. Hier mußte er zu viel Federn lassen, um noch aufs Treppchen zu kommen. Moritz ließ nichts anbrennen; seine planmäßige Konzentration auf Kneipen und Kasernen brachte ihm den Sieg.
WPG-Wertung: Host: 9 (hübsche Würfel-Kombinatorik, auch für Gelegenheitspieler bestens geeignet), Moritz: 7 (alles funktioniert, wirkt auf Dauer allerdings repetitiv, es kommen im Laufe des Spiels keine neuen Abläufe mehr hinzu, Walter: 7 (alles ist konstruktiv und sehr gut ausbalanciert).
2. “Partacus”
Ein neues hübsches Kartenspiel von Bernd Eisenstein, das er zur Spiel 2011 in Essen herausbringen will. Wir sammeln „Besitzkarten“ verschiedener Kategorien (Armeen und Flotten, Land und Leute, Reichtum und Macht), die wir einerseits kostenlos von einem verdeckten Stapel ziehen, andereseits aus einer offen Auslage käuflich erwerben. Die unterschiedlichen Kategorien haben alle Einfluß auf Rabatte und Vergünstigungen bei unseren nächsten Zügen.
Wenn der Stapel mit den 74 Besitzkarten durch ist, ist das Spiel zu Ende, und der Spieler mit dem optimalsten Besitzstand hat gewonnen. Bevor wir uns recht versahen – nach knapp 30 Minuten – war das Spiel auch schon zu Ende. „Viel zu schnell“ war der einhellige Kommentar. Das Sammeln, Kaufen und Auslegen der Karten und das effiziente Wirtschaften mit den beeinflußbaren Einnahmen hat allen viel Spaß gemacht.
Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel im Beta-Test.
3. “Rumis”
Ein schönes Spiel mit Bauklötzchen für Ingenieure und Topologen. Wir stecken unsere Elemente zu einem kompakten Gebilde zusammen, und Sieger wird der, von dessen Farbe am Ende die größte Fläche noch zu sehen ist.
Vor sechs Jahren hatte ich meinen Großneffen ein Exemplar dieses Spiels zu Weihnachten geschenkt, letztens – 5 Jahre später – erhielt ich von ihrem Vater dazu folgenden Kommentar:
Rumis war, nachdem Du es uns geschenkt hattest, einige Male ausprobiert worden, dann aber, wie so viele andere Spiele, erstmal im Spieleschrank verschwunden. An diesem Wochenende feierte das Spiel dann seine Auferstehung – nachdem Du dass Spiel in München unseren Kindern “näher” gebracht hattest. Ich muss allerdings gestehen, dass sich das Spiel – wie schon nach den ersten Testrunden, in grauer Vorzeit – bei mir sicher nicht so hoch platzieren wird, wie bei den WPG. Das Spiel ist “nett”, um es mit den Kindern zu spielen, kurzweilig, schnell, ohne komplizierte Regeln, aber offen gestanden für mich ein reines Glücksspiel. Bei zwei Spielern ist das mit Sicherheit anders zu bewerten, aber bei vier Spielern ist man absolut vom Wohl der anderen Mitspieler abhängig und es gilt sich eigentlich hübsch zurück zu halten, weil man, wenn man durch zu viele eigene Oberflächen, den Missmut der anderen Spieler auf sich zieht, gnadenlos gemobbt werden kann (bis hin zum “Spielausschluss”).
Wir werden das Spiel, weil es jetzt bei uns – speziell den Kindern – gerade “in” ist, in den nächsten Tagen/Wochen noch viele Male spielen, und ich werde mich dem auch nicht verweigern, weil es, wenn es um das Spielen an sich geht, wie beschrieben “nett” ist, hübsch aussieht und auch den Kleinen und Unbedarften eine Siegchance bietet. Wie aber diese Spiel sich den “Monatstitel” der WPG erworben hat erschließt sich mir momentan noch nicht.

Diese provozierende Kritik war der Auftakt zu einem vielseitigen Briefwechsel über Techniken und Strategien, sowie über eine mathematische Definition des Begriffs „Glücksspiel“. Rumis ist definitiv keines, doch ich bin nicht sicher, ob ich meinen Neffen davon überzeugen konnte.
Heute durfte Horst die Initiationsriten von Rumis über sich ergehen lassen. Er fand das Spiel „toll, aber nicht für mich“. Als Wertung vergab er eine „objektive“ 8, und eine „subjektive“ 3! Hallo Aaron, wie bringst Du diese Klassifikation in unser Wertungsschema?
WPG-Wertung: Lassen wir den WPG-Durchschnitt bei 8, auch Birgit ist dafür.
4. “Bluff”
Große Verluste im ersten Spiel, vor allem bei denen, die nicht mehr bezahlen konnten.
Dann setzte Horst zum großen Bluffen an und bevor wir hinter seine Masche kamen, hatte er dreimal hintereinander gewonnen. Jetzt ging es nur noch darum, ihn wieder zu enttronen. Es dauerte immerhin noch zwei Durchgänge, bis das geschafft war.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
PS: Hallo Birgit, ich wünsche Euch, dass Sebastian seine Nach-Impf-Probleme bald überwunden hat und auch Du mal wieder bei uns vorbeischauen kannst.

09.02.2011: Heimstatt und Heimarbeit

„Manche mußten sich vorhalten lassen, sie hätten nicht weniger mäßig, doch noch weit weniger ersprießlich ’die Sonne vor dem Aufgehen verspielt’, angeblich um die Zeit zu vertreiben, als ob nicht die Zeit vielmehr sie vertriebe.
Tatsächlich fand sich bei einem von ihnen ein Spiel Karten. Sie ließen es auf der Stelle verbrennen, wegen der Ansteckungsgefahr; denn wo man Karten mischt, da mischt man auch die Fäuste, auf alle Fälle die Gefühle; beim Ablegen legt man auch jedes Gefühl ab für Anstand und Ruf, Bescheidenheit und Würde. Man wird verspielt und gar bald hat man es.“
(Balthasar Gracián in seiner Gesellschaftssatire „Das Kritikon“ um 1650)
1. “Pergamemnon”
Bernd Eisenstein hat uns wieder den Prototypen seiner Neuentwicklung für Essen 2011 zum Testen zukommen lassen. Diesmal ist es ein Kartenspiel.
Jeder Spieler erhält ein eigenes Kartenset mit Kämpfern der verschiedenen Waffengattungen (Schwert, Speer und Pfeil), mit unterschiedlicher Angriffsstärke, unterschiedlicher Verteidiungskraft, mit unterschiedlichen Charismawerten zum Anheuern von Support-Kreaturen, mit verschiedenen Sondereigenschaften wie z.B. Flüchten-Können und mit unterschiedlichen Siegpunkten für die Endwertung.
Jeder Spieler spielt sein Kartendeck portionsweise wrap-around durch und kann damit pro Zug entweder einen Kampf gegen einen Mitspieler vom Zaun brechen oder eine offen ausliegende Kreaturen-Karten anheuern und damit sein Kartendeck und/oder sein Siegpunktkonto aufbessern.
Der Ausgang eines Kampfes ist a prioi offen, d.h. der Angreifer hat keinerlei Vorzeichen oder gar Gewißheit für seinen Sieg. Er kann lediglich mit seiner stärksten Angriffskarte mit der aufgedruckten Waffe gegen ein Volk antreten, dessen Verteidigung in dieser Waffenart bekanntermaßen unterdurchschnittlich ausgestattet ist. Doch wenn der Schlag pariert wird (nichts genaues weiß man nicht), dann wird er dem Gegenschlag in unbekannter Waffengattung vermutlich nichts Angemessenes entgegensetzen können.
Die Austarierung der unterschiedlichen Kampfaustattung der verschiedenen Völker ist noch eines der Problemfelder, auf denen Bernd arbeitet. Bei uns gewannen die Römer problemlos dank ihrer Charisma-Startvorgabe, mit der sie sich viele siegpunktträchtige Kreaturen an Land ziehen konnten. Hannibal nahm sich Quintus Fabius Maximus zum Vorbild und versuchte möglichst friedlich in den Gauen am Westpark zu überleben. Damit wurde er Letzter.
Moritz meinte, mit ein paar Vereinfachungen hätte das Spiel auf dem amerikanischen Markt durchaus Chancen. Horst fragte, was denn der Unterschied zum europäischen Markt wäre. „Die haben weniger Probleme damit, mal einfach so drauf los zu spielen.“
Keine WPG-Wertung für einen Prototypen.
2. “Homesteaders”
In LEO wird für „Homesteader“ keine Übersetzung angeboten. Doch mit wenig Phantasie erkennt man darin das Wort „Heimstatt“ und ahnt, dass es sich um eine Ansiedlung in ländlicher Gegend handelt, in der wir im Schweiße unseres Angesichts unser Brot essen. In „Homesteaders“ sind wir Siedler in den Weiten des nordamerikanischen Kontinents, errichten unsere Bauereien, Marktplätze und Gewerbebetriebe und versuchen durch landwirtschaftliche und industrielle Produktion sowie günstigen Handel die meisten Siegpunkte zu erwirtschaften. Entwicklung zur Entwicklung von Entwicklung ist das Prinzip des stark progressiven Spielablaufs.
Die ersten Schritte sind mühsam, doch schnell sprudeln die Quellen für Holz, Kupfer, Eisen, Gold, Äpfel, Rindviecher und Menschenkinder reichlich für uns hin. Das Recht für den Erwerb von Grundstücken wird durch einen Bietvorgang ganz ähnlich wie in Aarons „Manipur“ („aber hier funktioniert’s“ !?) erworben: wer bei der Versteigerung aussteigt (mangels Geldmasse aussteigen muß), bekommt eine Ersatzvergütung, mit der sich ebenfalls gut leben läßt. Um das ersteigerte Grundstück mit der vorgeschriebenen Homestead zu bebauen, muß man hinterher noch unterschiedliche Materialien vorweisen.

Konstruktiv, kontemplativ, friedlich, nahezu konfliktfrei verläuft der individulle Aufbau. Sehr viele Wege führen nach Rom und dabei kommt keiner keinem so recht in die Quere. Die vielen, alle sehr gut gehbaren Wege erfordern (und erlauben) keine strategische Planung. Es ist natürlich erfolgreich, wenn man am Ende ein Besitzstands-Ensemble beisammen hat, das zu den internen Siegpunktquellen optimal paßt. Doch wie das alles zusammen zusammenkommt, das ist zu großen Teilen zufällig. Selbst unser Sieger Moritz bekannte freimütig, dass er ohne Strategie und Taktik vorgegangen war.
Moritz hat das Spiel als Teilnehmer der Boardgamegeek-Com geschenkt bekommen und persönlich von Über-dem-großen-Teich mitgebracht. Auf dem europäischen Markt wird es wohl lange nicht käuftlich sein. Doch die Qualität und das reichliche, hübsch ausgearbeitete Spielmaterial wären durchaus konkurrenzfähig.
WPG-Wertung: Günther: 5 („zu viel Kleinkram, nicht so pfiffig wie Puerto Rico“), Horst: 8 („viele Möglichkeiten, kein Ausgegrenzt sein“, hätte gerne noch ein paar Runden gespielt), Moritz: 7 („das Spiel ist etwas fibbelig, aber es funktioniert“), Walter: 7 („ausgewogene konstruktive Elemente“, hätte allerdings ungern noch ein paar Runden länger gespielt)
3. “Bluff”
Moritz war mit 2 Würfeln im Endspiel gegen Günther und Horst mit je einem Würfel. Günther legte gemäß seinem Markenzeichen mit 1 mal Fünf vor. Horst hob auf 2 mal Vier und Moritz auf 2 mal Fünf.
Wieviele Runden dauerte das Spiel noch und welche Würfel hatten Horst und Moritz unter dem Becher?
Die Fragestellung ist leichter, wenn ich den Satz zum Spielverlauf leicht umbaue:
Günthers Vorgabe von 1 mal die Fünf war gemäß seiner Immer-5-Strategie absolut nichtssagend; Horst hob verzweifelt auf 2 mal die Vier und Moritz schob mit reservierter Spannung auf 2 mal die Fünf.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

26.01.2011: Dominant Species

“Gott hat weder einen Menschen noch ein Tier geschaffen, das nicht irgendwie seinen Widerpart hat. Dem Königreich Frankreich hat er als Gegner die Engländer gegeben; den Engländern die Schotten. In Deutschland sind sich zu allen Zeiten die Häuser Österreich und Bayern feind und besonders die Bayern untereinander und das Haus Österreich den Schweizern.
Weder die natürliche Vernunft noch unser Verstand, noch die Gottesfurcht, noch die Nächstenliebe hat uns davor bewahrt, gegeneinander aggressiv zu sein, dem anderen etwas vorzuenthalten, oder ihm auf jede mögliche Weise etwas wegzunehmen.”
(Philippe de Commynes um 1490 in seinen „Memoiren“)
1. “Dominant Species”
In diesem Spiel um den Kampf aller gegen alle gehen wir gegenüber unserem guten Philippe noch ein paar hunderttausend Jahre weiter zurück und betreten die junge Bühne der Evolution, in der Spinnen, Insekten, Amphibien, Fische, Vögel und Säugetiere um Lebensraum und Überleben kämpfen.Moritz vor dem Sieg
Moritz hat das Spiel des amerikanischen GMT-Games-Verlag per Subscription erstanden. 28 € hat es gekostet. Die Frachtgebühren wären nochmals in etwa der gleichen Größenordnung, wenn man seine Bestellungen nicht bündelt. Für unseren Großabnehmer Moritz machen diese Nebenkonsten in der Regel nur ein paar Pfennige aus.
In „Dominat Species“ repräsentiert jeder Spieler eine der oben genannten biologischen Klassen und erhält jede Menge Spezies (kleine Holzwürfel), die er im Kampf gegen die Spezies anderer Klassen peut-a-peut auf geeignete Hexagons einer wachsenden Spielfläche mit unterschiedlichem Nahrungsangebot bringen muß. Pro Runde kann jeder Spieler vier Aktionen aus einer ganzen Reihe von Auswahlmöglichkeiten durchführen:

  • Seine Priorität in der Zugreihenfolge erhöhen.
  • Seine Verdauungsmöglichkeiten verbessern; dann kann er auf mehr Hexagons überleben.
  • Das Nahrungsangebot erweitern; dann bieten entsprechende Hexagons für alle mehr Nahrung.
  • Neue Hexagons legen und damit neuen Siedlungsraum für alle schaffen.
  • Sich vermehren.
  • Seine Spezies in benachbarte Hexagons ziehen.
  • Gegnerische Spezies auf ausgewählten Hexagons töten.
  • Den aktuellen Besiedlungsstand eines auswählbaren Hexagons werten lassen: Das gibt Siegpunkte für alle Anwohner. Zusätzlich erhält die dominiertende Klasse noch eine „Dominance Card“ und kann damit wahre Dezimierungs-Katastrophen über seine Konkurrenten hereinbrechen lassen.
  • Die Eiszeit weiter vordringen lassen: ein fruchtbares Hexagon wandelt sich in „Tundra“; darauf wohnende Spezies werden entfernt; das Nahrungsangebot wird reduziert. Die Welt wird unwirtlicher.
  • Alle diese Aktionen sind begrenzt. Wenn eine bestimmte Anzahl Spieler eine Aktion ausgewählt haben, ist sie für alle weiteren Spieler in dieser Runde gesperrt. Da ist es natürlich wichtig, möglichst früh am Zug zu sein. Diese Startspielerposition wechselt nun aber nicht reihum, sondern sie ist fest. Und lediglich ein Spieler kann mit der Sonderaktion „Initiative“ sich in der Zugreihenfolge um einen Platz nach vorne arbeiten.
    Der Spielablauf ist ein unterhaltsamer Kampf um eigene Vorteile und um die Schädigungen der Gegner. Strategisch ist das Ganze nicht, nicht einmal taktisch, höchstenfalls opportunistisch: Aus den gerade angebotenen Möglichkeiten kann man die beste auswählen und innerhalb der gewählten Möglichkeit möglichst den schärfsten Konkurrenten schädigen. Doch zuweilen ist nicht einmal der nächste Zug vorhersehbar, vielleicht hat ein Gegner schon die Plattform versenkt, vor der aus man seine nächste Aktion starten wollte, bevor man dann am Zug ist.
    Ein bißchen Prophylaxe gegen Unbilden von Natur und Gegnern ist vielleicht ratsam, doch wo die Lage am kritischsten ist, in welcher Richtung die Tundra wächst, welcher Gegner am aggressivsten ist, wo neue Nahrungsquellen entstehen oder existierende versiegen, das ist im Grunde nicht kalkulierbar.
    Die unvermeidlich-gewollten Schädigungen der Gegner erzeugen Revanchegelüste. Dagegen verteidigte der spätere Sieger Moritz seine Aggressionen: „Ich mache alles mit Sinn, nicht aus Haß.“ Durch diesen Trost wurden unserer getöteten Spezies allerdings auch nicht mehr lebendig. Aber unsere Rachegefühle hielten sich in Grenzen. Wenn das Chaos erst einmal verinnerlicht ist, geht es nur noch um die spielerische Beschäftigung mit vielseitigen Ablaufmechanismen. Auch die Kingmakerei wurde akzeptiert. Wenigstens als praktische Beigabe, nicht als theoretisches Prinzip.
    In „Dominat Species“ ist der Weg das Ziel. Es gibt jede Menge Weg und das ist die unbestreitbare Schönheit des Spiels. Dass man vor lauter Weg leicht das Ziel aus den Augen verliert, dass ein Kompass zum Ziel fehlt, das ist zweifellos seine Unschönheit.
    WPG-Wertung: Aaron: 5 (10 Punkte für das Spiel als solches, minus 1 Punkt für die krassen „Dominant Cards“ und minus 1 Punkt für jede Stunde, die wir gespielt haben), Günther: 6 (schöne Elemente, aber fehlende Gesamtlinie), Horst: 6 (zu viel Chaos), Moritz: 9 (alles funktioniert), Walter: 6 (die Spielelemente sind 9 Punkte wert, doch fehlen Planbarkeit und Steigerung).

    19.01.2011: Broken Hearts

    Mit dem Vergnügen nur als Ziel erfand
    der Mensch für sich das Spiel,
    wobei ihm meistenteils entgeht,
    dass er ihm seinen Sinn verdreht:
    Er will nicht spielen, bloß gewinnen.
    Verliert er, schlägt das tief nach innen,
    und er verliert, weshalb ich staune,
    zugleich auch immer seine Laune.
    Ob du es, Mensch, wohl einmal lernst,
    zu spielen – ohne deinen Ernst?
    (Karl-Heinz Söhler)

    1. “Attribute”
    Uns war nach einem Warming-up zumute. Zum Vergleichen gegenüber “Dixit“ hatte Günther “Attribute“ mitgebracht, das schon 2003 in Essen zur Welt gebacht worden war. Hier wie dort nennt der „Erzähler“ einen beliebigen Begriff und die Mitspieler müssen dazu aus ihrer Kartenhand eine passende Karte finden. Bei “Dixit“ ist das ein Bild, bei “Attribute“ ein Wort. Hier kommt noch eine Erschwernis hinzu: Jedem Spieler wird zu jedem Begriff vorgeschrieben, ob sein Attribut passend oder unpassend sein soll. Z.B. würde “scharf“ zum Begriff “Senf“ und “süß“ zu “Zucker“ passen, “bunt“ wäre bei Senf eher unpassend, genauso wie “riesig“ beim Zucker.
    Der Erzähler sammelt alle Attibutekärtchen verdeckt ein und legt sie dann offen auf dem Tisch. In unserer Spiel-Variante durfte sich dann jeder Spieler ein Kärtchen aussuchen, dass seiner Meinung nach „passend“ ist. (Solange der Vorrat reicht.) Dann wird gewertet. Für jedes passende Kärtchen, das ausgewählt wurde, erhält der Einreicher und der Auswähler je einen Punkt. Für jeder unpassende Kärtchen, das ausgewählt wurde, erhalten beide einen Minuspunkt. Sinngemäß das Umgedrehte gilt für die Kärtchen, die keiner ausgewählt hat.
    Mindestens 15 Minuten lang kämpften wir mit dem Verständnis von Spielablauf und Wertungsmodus, bis Moritz einwarf: „Meine Oma hätte schon längst angefangen, und wir Profil-Spieler diskutieren stundenlang über solch einfache Mechanismen!“ Gesagt, getan. Horst gab den Begriff „Ameise“ vor und Moritz griff sich von den ausliegenden Attributen gleich das Wort „riesig“. Das war aber unpassend. Riesenameisen gibt es zwar bei Wikipedia, nicht aber in Horsts Vorgarten. Beide ernteten dafür einen Minuspunkt.

    Walter fand diese Wertung total bescheuert. Wie kann man bestraft werden, nur weil ein Mitspieler zu wenig Realitätssinn besitzt? Moritz setzte ein „ist total OK“ dagegen. Begriff auf Begriff und Wertung auf Wertung schaukelte sich bei Walter der Unmut hoch. Günther gab den Begriff „Sonne“ vor und Walter mußte aus seinen vier Attributkärtchen „scharf“, „süß“, „solide“ und „unverbraucht“ ein passendes heraussuchen. Als Hobby-Astronom schien ihm dabei „unverbraucht“ noch am passendsten, doch niemand erkannte die darin liegende astro-physikalische Halbwahrheit. Er plädierte für Abbruch.
    Moritz zwang in gewohnt-sadistischer Art zum Weitermachen und wurde darin vom nibelungentreuen Aaron unterstützt. Doch nach einer Runde – jeder war einmal „Erzähler“ gewesen – warf Walter massiv das Handtuch.

    Er will nicht spielen, bloß gewinnen.
    Verliert er, schlägt das tief nach innen.

    WPG-Wertung: Aaron 5 (nicht so gut wie „Dixit“; Irina wird damit wohl nicht beglückt werden), Günther: 6, Horst 5, Moritz: 6 (freiwillig von spontanen 10 Punkten runtergekommen), Walter: 1 (broken, konsequent und obstinat nach Peter’s Terminologie).

    2. “Dixit”
    Horst hat das Spiel immerhin schon zweimal gespielt und durfte erklären.
    Friedlich, poetisch, kontemplativ, konstruktiv, rund und phantasievoll legten alle die passenden Bilder zu den Begriffen des Erzählers auf den Tisch.
    WPG-Wertung: Passend zu unseren 8 Irina- und 6 Pro-Domo-Punkten vergab Moritz 7 Punkte.

    3. “Small World”
    Kaum zwei Jahre alt hat der Verlag “Days of Wonder” für sein erfolgreiches Produkt schon ungezählte Erweiterungen herausgebracht. Diesmal ist es für uns der “Geisterbeschwörer“. Ein Spieler übernimmt diese asymmetrische Rolle: Er bekommt alle Rassenplättchen der Mitspieler, die im Laufe bei Eroberungen ihr Leben aushauchen mußten. Im Verhältnis 4:1 darf er sie in seine eigene Rasse verwandeln und damit auf Eroberungen ausgehen. Gelingt es ihm, alle seine Plättchen ins Spiel zu bringen, bevor die Partie standardmäßig endet, hat er gewonnen.
    Dadurch gewinnt das Spiel eine neue, kooperative Komponente. Wenn die übrigen Spieler wie üblich nur gegenseitig aufeinander losschlagen und nicht konsequent gegen den Geisterbeschwörer spielen, hat der sein Spielziel schnell geschafft. Doch am Westpark wird Kooperation ganz klein geschrieben. Von Natur aus spielt jeder zu selbstsüchtig. Bevor er sich im Kampf gegen den gemeinsamen Feind aufopfert, sucht er lieber einen Positionsvorteil gegen seinen lieben Nachbarn.
    Nur einer von uns erkannte diese wesentliche Aktzentverschiebung in der Spieltaktik recht früh. Allerdings hielt er sich selber nicht daran. Penetrant rupfte er jeweils den Kombattanten, der seinem führenden Punktestand am nächsten kam und fragte bei rächenden Gegenaktionen – der übrigen Blinden – ganz unschuldig: „Und warum bin ICH jetzt Dein Gegner?“ Wer war’s?
    Als er dann endlich zum gemeinsamen Halali blies: „Wir müssen jetzt alle gegen Günther [den Geisterbeschwörer] gehen, sonst haben wir alle verloren!“ und händeringend allen Kampfgenossen Nichtangriffpakte anbot, war es bereits zu spät. Aaron konnte gerade noch korigieren: „… sonst hat Günther gewonnen!“, da war es auch schon so weit.
    In einer ähnlich veranlagten Runde wie der unsrigen ist der Geistesbeschwörer zweifelos der Spielbalance entglitten. Aber lustig ist es schon.

    Mit dem Vergnügen nur als Ziel
    erfand der Mensch für sich das Spiel.

    WPG-Wertung: Horst blieb mit seinem 8 Punkten genau im bisherigen Schnitt; Walter reduziert seine Wertung um 1 Punkt auf jetzt 7 Punkte.
    Bei Horst teilt „Small World“ das Schicksal der meisten gekauften Brettspiele in Deutschland: Seit zwei Jahren liegt es bei ihm im Schrank und wurde noch kein einziges Mal hervorgeholt. Doch seiner Vermutung nach ist es ein Spiel für Birgit!
    Übrigens, liebe Birgit, sind wir inzwischen belehrt worden: a) Du magst auch komplexe Spiele. b) Wenn Horst demnächst eine Aussage über Dich macht, darf das zunächst mal lediglich als Vermutung angesehen werden. Ich sehe, dass Du auch im Mutterschaftsurlaub Deinen beruflichen Alltag nicht vergessen hast.
    4. “K2”
    Beim Besteigen des Schicksalsberges hatten wir zum Ausklang des letzten Jahres die Kinderversion gespielt. Heute wurde alles erschwert: Es war harter Winter und die Wetterverhältnisse zwangen zu einer gründlichen Planung des Timing für den Aufstieg. Die beengten Platzverhältnisse auf den Aufstiegspfaden blockierten das Vorkommen besonders auf den letzten Stationen zum Gipfel.
    Mit der Blockade ist auch unweigerlich ein Chaoselement verbunden. Wer in der Zugreihenfolge weiter hinten angesiedelt ist, kann überhaupt nicht vorhersehen, welche Plätze für ihn überhaupt noch frei sind, wenn er endlich am Zug ist. Aaron passierte sogar als Startspieler das Unglück, dass er seinen unter Sauerstoffmangel leidenden Bergsteiger nicht bewegen konnte, weil die Felder um ihn herum alle besetzt waren.
    Doch der Spielverlauf war deutlich spannender als in der Kindervariante und jeder überlegt sich ein besseres Vorgehen, wenn das Spiel nochmals auf den Tisch kommen sollte.
    Die Grafik wurde erneut bemängelt. „Total beknackt – um es mal ganz klar zu sagen.“ Mit der sparsamen grau-blauen Farbgebung kann man vielleicht das Aufkommen einer Günther-Messner-Gedächtnis-Stimmung fördern, doch funktional ist es nicht. Vom Spieldesign her bedenklich ist die – bei der Symmetrie des Spielmaterials auch nicht verwunderliche – Tatsache, dass bei Spielende alle Spieler ganz eng beieinander liegen. Bis auf diejenigen, die Tote unter ihrer Seilschaft zu beklagen haben.
    Ganz allgemein ist es für uns schon erstaunlich, warum “K2“ in Essen so hoch gelobt war. Aber wir haben ja auch oft genug unsere Probleme mit der Auswahl zum „Spiel des Jahres“.

    Ob du es, Mensch, wohl einmal lernst,
    zu spielen – ohne deinen Ernst?

    WPG-Wertung: Aaron 6 („man wird gespielt“), Günther: 5 (bleibt), Horst 7 („solide“. Nach-Frage : Etwas für Birgit?), Moritz: 6 („kein Superhit, aber es funktioniert“), Walter: 7 (spannend, planbar).

    12.01.2011: “Troyes” hat er gesagt

    Im Dezember haben wir unsere Spielabende oft genug geschwänzt. Jetzt sucht Moritz händeringend nach Vorschlägen für unser Spiel des Monats.
    „Ich habe nicht so viel notiert, bisher nur: K2 (Bergsteigerspiel), Junta: Viva el Presidente, und Asara.
    Asara kenne ich nicht, aber die ersten beiden Spiele sind glaube ich nicht konsensgeeignet. Gibt es noch weitere Ideen?“

    Aaron klingt sich aus:
    “Habe im Dezember nur Asara gespielt und war nicht so überzeugt. Daher von mir keine Vorschläge.“
    Günther bekundet für seinen Zieleinlauf:
    “1) Asara – 2) Navegador“
    Moritz dreht das um: „Dann bin ich solange für Navegador bis mich jemand von Asara überzeugt.“
    Aaron ist das nicht recht: „Na ja, von Navigador war ich nicht so überzeugt. Kaigan haben wir am gleichen Abend gespielt und das hat die gleiche Durchschnittsbewertung (6,8). Wenn wir schon ein Spiel mit einer Wertung unter 7 auswählen wollen/müssen, dann bin ich doch eher für Kaigan.“
    Walter kann mit diesem Vorschlag leben, doch er macht ebenfalls einen: „Ceterum censeo Gran Cru esse selectandam!“
    Hier hakt Peter ein. Erstens ist er gegen ’Gran Cru’ als solches: „Für mich sind die Spiele des Monats Spiele, die man “unbesehen” kaufen kann, weil sie was taugen.“ Und zweitens denkt er, „dass ’Gran Cru’ definitiv nicht feminin ist.“ Von ‘selectare’ wollte er ganz schweigen.
    Mal schauen, ob wir heute noch etwas finden oder ob Moritz seinen Mut zu Lücke offenbaren kann.
    1. “Troyes”
    Troyes war der Hauptort des Keltenstammes der Trikassen und wurde trotz Asterix von den Römern einnommen. Westlich von Troyes fand die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern statt, das die Hunnen auf ihren Vormarsch nach Westeuropa stoppte. Hier schuf der mittelalterliche Dichter Chrétien de Troyes für Wolfram von Eschenbach die Vorlage zu seinem Parzival. Und vor 900 Jahren gab es auch schon mal ein christlich-katholisches Konzil in Troyes.
    Dies ist der geschichtliche Hintergrund von ’Troyes’ (gesprochen Tro-a), dem Spiel. Das Regelheft gibt dazu keine Details wieder, es erwähnt lediglich kurz und schmerzlos, dass um 1200 in Troyes eine Kathedrale begonnen wurde, und dass wir Spieler jeweils eine reiche Familie verkörpern und unseren Einfluß in den drei Bereichen Militär, Religion und Verwaltung geltend machen, um die meisten Siegpunkte einzuheimsen.
    Unser Einfluß wird durch jede Menge Würfel entfaltet. Insgesamt 18 Würfel sind pro Runde im Spiel, allein auf der Seite der „Guten“. Alle werden zu Beginn einer Runde geworfen und sequentiell abgehandelt. Mit Würfeln bekämpfen wir böse Ereignisse, aktivieren Aktionskarten, bauen an der Kathedrale, placieren Pöppel in den Einflußbereichen der Stadt oder betreiben Landwirtschaft. Für alle diese Zugmöglichkeiten erhalten wir früher oder später Siegpunkte.
    Ist Troyes deshalb ein Würfelspiel? Nach Wikipedia „ist ein Würfelspiel ein Glücksspiel, das im Wesentlichen daraus besteht, dass mit einem oder mehreren Spielwürfeln ein bestimmtes Ergebnis erzielt werden muss. Bisweilen sind kombinatorische Fähigkeiten seitens des oder der Spieler erforderlich.“ In Troyes sind eine ganze Menge kombinatorische Fähigkeiten notwendig. Wir brauchen uns nämlich nicht allein mit unserem eigenen Würfelwürfen zu begnügen, wir können und sollten auch kräftig – gegen Geld – die Würfel aller Mitspieler nützen. Gerade zu Beginn einer Runde darf sich keiner scheuen, den Mitspielern die besten Würfel wegzukaufen. Das ist vielleicht sogar eine mangelnde Balance des Spiels: Die guten Würfel sind so schnell weg, dass für den letzten Spieler einer Runde auf dem Markt schon kein einziger hoher Würfel mehr übrig bleibt, BEVOR er nur seinen ERSTEN Zug getan hat. Dann muß er mit dem schäbigen Rest seiner eigenen Würfel auskommen. Tröstlicherweise darf er – gegen Einflußpunkte – ein bißchen daran herummanipulieren.
    Das einzige Korrektiv gegen diesen Würfel-Ausverkauf ist Geldknappheit, die zu Beginn des Spiels zweifellos herrscht. Doch nach wenigen Runden ist es damit vorbei und der Run auf die besten Würfel der Mitspieler setzt unmittelbar ein. Vielleicht ist das etwas zu krass gesehen; in jedem Fall muß dieser Effekt in unseren nächsten Begegnungen intensiv beobachtet werden.
    Daß „Troyer“ bei uns noch häufiger auf den Tisch kommt, das ist klar. Jeder ist noch ganz beeindruckt von den vielfältigen Zugmöglichkeiten für die sich progressiv ergänzenden progressiven Entwicklungsfortschritte. Das Spiel ist rund und schön. Die drei Stunden Netto-Spielzeit vergingen wie im Fluge.
    WPG-Wertung: Aaron: 8 (Es gibt noch viel zu entdecken, das kann die Note noch nach oben bringen. Aktuell gibt es Einschränkungen wegen des deutlichen Würfeleinflusses), Günther: 8 (fürchtet allerdings Balance-Schwächen), Horst: 9 (die Spielelemente sind stimmig und rund; er steht auf Spielen mit Würfelkombinatorik), Walter: 8 (Vielfalt gelungener Ideen, hoher Wiederspielreiz).
    2. “Dixit”
    Spiel des Jahres 2010, höchste Zeit, dass es bei uns auf den Tisch kommt. Zudem hast es Horst von seiner Birgit zu Weihnachten bekommen.
    Die gefällige bunte Graphik und die „richtigen“ Spielerfarben (Gelb für Günther und Rot für Walter) sind ein subjektiver Vorzug gebenüber „Troyes“. Ansonsten ist es ein braves Unterhaltungsspiel im Stil von „Nobody is perfekt“.
    Jeder Spieler erhält 6 Karten, auf denen mit Phantasie irgendwelche Motive abgebildet sind. Jeweils ein Spieler übernimmt die Rolle des „Erzählers“: Er wählt eine seiner Karten aus, legt sie verdeckt auf den Tisch und überlegt sich dazu eine passende Ansage: ein einzelnes Wort, eine Lautmalerei, einen Satz oder eine ganze Geschichte.
    Jetzt müssen alle anderen Spieler eine ihrer Handkarten auswählen, die ihrer Meinung nach am besten zur Ansage des Erzählers passt. Alle diese Karten, einschließlich der Karte des Erzählers werden jetzt offen auf den Tisch gelegt und die Spieler müssen raten, welche der Karten vom Erzähler stammt.
    Dazu gibt es dann ein geeignetes Siegpunkteschema für die verschiedenen Rateergebnisse: ob alle Spieler die richtige Erzählerkarte geraten haben, oder keiner, oder nur einige.
    Das Unterhaltsamste am Spiel sind anschließend die Erklärungen des Erzählers, warum er zu seinem Bild seine spezifische Ansage gemacht hat, und die Erklärungen der anderen Spieler, warum sie gerade ihr Bild dazu passend fanden. Wer assoziiert mit dem Schlagwort „Robert“ schon ein Bild, in dem Blätter durch die Luft wirbeln? Doch nur ein Kenner des guten alten Struwwelpeter. Und welche Assoziationsmöglichkeiten eröffnet uns unser guter Aaron, wenn er die „Fruchtbarkeit“ zum Besten gibt?
    WPG-Wertung: Aaron: 8 (mit meiner Schwester und meinem Schwager würde ich das den ganzen Abend lang spielen), Günther: 6 (für mich selbst, in bestimmten Spielerrunden ist das Spiel 8 Punkte wert), Horst: 8 (nicht nur, weil es ein Weihnachtsgeschenk der Liebsten ist), Walter: 8 (für die Schwester und als Absacker).
    Hallo Birgit: Hier noch eine kleine Bemerkung zu Deiner Spielkompetenz. In jedem Fall wird sie bei uns hoch geschätzt. Horst hat neulich nur behauptet, dass Du keine besonders große Vorliebe für komplexe Spiele hast. Da waren wir alle etwas verunsichert. Liefere uns doch mal eine Liste von Spielen, die von Dir die Noten 1 bis 10 erhalten.
    3. “Trawler”
    Horst war schon auf dem Weg zu Birgit, da präsentierte Aaron dem hinterbliebenen Personal seine Neuentwicklung „Trawler“ zum „Anspielen“. Wir entwickeln unsere Fischtrawler in Geschwindigkeit, Seetüchtigkeit, Kapazität usw. um damit aufs weite Meer zu ziehen, die verschiedenen Fischsorten zu fangen und sie am Hafen für Höchstpreise zu verkaufen.
    Das Spiel ist recht rasant in seinem Ablauf; für alle tun sich sehr schnell lukrative Einnahmequellen auf, und das Im-Geld-Schwimmen läßt überall Freude aufkommen. Auch verschiedene berufliche Interessensschwerpunkte kommen auf ihre Kosten:

  • Die Vermehrung der Fische im Meer entzückt den Ernährungswissenschaftler
  • Die Bewegung der Fischschwärme erfreut den Meeresbiologen
  • Die Fortschritte in der Trawler-Entwicklung befriedigen den Betriebswirtschaftler
  • Die Routen der Trawler faszinieren den Nautiker
  • Und das Gehabe auf dem Fischmarkt erlabt die Krämerseelen
  • Ein vielversprechender Entwurf, dessen „Anspielen“ sehr viel Spaß gemacht hat.
    Noch keine WPG-Wertung

    05.01.2011: Mit Selbstgemachtem ins Neue Jahr

    Wir wünschen allen unseren Lesern ein gesundes Neues Jahr und weiterhin viel Spaß in ihren Spielrunden.

    1. “Das kalte Herz”
    Eineinhalb Jahre schon entwickeln Moritz und Maximilian Christof an diesem Spiel über die Flößer im Schwarzwald. Neulich konnten sie es bei Hans-im-Glück präsentieren und sind guter Hoffnung.Das Kalte Herz - Prototyp
    Unsere Bedenken aus früheren Testsessions sind ausgeräumt. Die Baumstämme in Neckar und Rhein sind jetzt ständig in Bewegung, das bewirkt schon allein ein zusätzlicher automatischer Bewegungszug pro Spieler. Auch die Staudämme sind keine nennenswerte Blockade mehr: wenn ein Staudamm voll ist, läuft er automatisch über. Jetzt kann jeder Spieler auch für sich selbst etwas Gutes tun und muß nicht nolens volens den Vorteil seiner Mitspieler befördern und hoffen, dass ihm Gleiches zuteil wird.
    Wir müssen immer noch

  • Holzfäller-Pöppel einsetzen
  • Holzhacken
  • Unsere Pöppel zu den verschiedenen Arbeitsplätzen bewegen
  • Staudämme öffnen
  • Flöße zusammenstellen und verkaufen
  • Jeder bekommt zu Spielbeginn noch eine eigene Rolle zugeteilt, die ihm für bestimmte Aktionen Bonuspunkte liefert; ein Spieler hat Vorteile bei Hacken, der andere bei der Staudämmen und der dritte beim Verkauf. Diese individuellen Sondereigenschaften gilt es natürlich besonders zu nützen. „To have a plan” wird ganz groß geschrieben.
    Man sollte nicht unbedingt aus der aktuellen Spielsituation heraus die siegpunktträchtigste Aktion wählen. Damit verlieren wir Tempo für spätere noch siegpunktträchtigere Aktionen. Das ganze ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, und für den richtigen Peil braucht man natürlich eine Menge Erfahrung. Wie bei „1830“!
    Die Vision einer Spielumsetzung von Hauffs Märchen in hübsche, flüssige und ganz neuartige Spielzüge und Mechanismen hat schon einen hohen Reifegrad erreicht. Horst schlug vor, dem Spiel eine Begleit-CD beizulegen, auf den ständiges Wasserrauschen zu hören ist.
    Noch keine WPG-Wertung. Aber sicherlich bald.

    2. “Manipur”
    Aaron arbeitet auch schon seit einem Jahr an seinem Spiel, das ursprünglich im „18xx“-Milieu angesiedelt war, über den Weltraum jetzt Manipur - Prototypaber in „Manipur“, einer Provinz in Indien, angelangt ist. Aus den früheren Tycoons sind heute einfache Händler geworden, die ihrer Waren in immer entfernere Städte liefern und dafür immer höhere Erlöse erzielen.
    Die Händler müssen systemmatisch ihren Aktionsradius erweiteren, die Zahl ihrer Mitarbeiter erhöhen und deren „Schlagfertigkeit“ fördern. Wer die stärksten Fäuste hat, kann die Konkurrenz von den lukrativsten Markplätzen vertreiben.
    Heute wurde das Spiel erstmals einer 4er Runde vorgelegt. Erwartet oder unerwartet ergab sich sogleich ein von den bisherigen Solo- oder Duo-Testrunden total verschiedener Spielablauf. Moritz entwickelte als einziger zuerst seine Mobilität und konnte damit ferne Marktplätze bedienen, wo er konkurrenzlos war, hohe Erträge kassierte und noch dazu Monopolprivilegien erwarb. Die anderen Spieler hatten sich zwar mit stärkeren Fäusten eingedeckt, doch Moritz war schon außer Reichweite. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er mit hohem Abstand gewonnen hatte. „Das war mein Plan!“
    Die ganze Diskussion während und nach dem Spiel drehte sich schwerpunktmäßig darum, wie man Moritz am Zeug flicken könnte. Drei Alternativen boten sich an:
    a) die in fernen Städten agierenden Händer müßten leichter angreifbar sein.
    b) die Handelsprivilegien dürften nur für Mehrheiten, nicht aber für Monopole vergeben werden.
    c) die Erträge für ferne Händer ohne Heimatanschluß müßten gesenkt werden.
    Alles kann durch kleine Regeländerungen problemlos bewerkstelligt werden. Aaron wird’s schon richten.
    Ansonsten sind die Spielregeln klar, der Spielablauf übersichtlich, die Mechanismen rund und das Spielgeschehen attraktiv. Durch die Konzentration auf die funktionierenden Mechanismen ist das Thema allerdings etwas abstrakt geblieben. Beim Brainstorming über andere passende Szenerien schlug Horst vor: „Ameisen, die ein Tischbein erklimmen.“
    Noch keine WPG-Wertung.
    3. “Trawler”
    Aaron bastelt schon an seinem nächsten Spiel. Wir sind Fischer und ziehen mit unserer Flotte den verschiedenen Fischen hinterher. Die optimale Erweiterung der Flotte erinnert an „Manipur“, doch das Auftreten der Fischschwärme und die Konkurrenz auf den Verkaufszentren am Hafen sind neue Elemente.
    Diesmal war bei Aaron zuerst das Thema da und dann erst der Mechanismus. Wir werden sehen.
    Noch keine WPG-Wertung.
    4. “Bluff”
    Horst brachte eine neue Dynamik in ein altes Spiel: Bluffen mit Sternen auf höchstem Niveau. Walter war das nicht geheuer und er forderte für den zweiten Durchgang einen Platzwechsel. Inzwischen hatte Moritz die Masche durchschaut und konnte die Dynamik entschärfen.
    Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

    "Was lag auf den Tisch?"