“Ich bitte dich schon heute, weder in ‘Ja’ noch ‘Nein’ den Kopf zu verlieren. Es wird gehen, gleichviel, ob momentan die 6 oben liegt oder Null. Jeder Tag ist ein neues Würfelspiel und die Zahlen und Werte wechseln.” (Theodor von Thane)
Mein lieber Theodor, mit welchem Würfel hat man Dich solche Lebensweisheiten gelehrt?
1. “Die Insel der steinernen Wächter”
Moritz kündigte es an als „simples Fantasy-War-Game mit einem guten Timing-Endspiel Mechanismus“. Mit „Fantasy“ und „War“ sollte es eigentlich kein ‚Walter-Spiel’ sein, doch Moritz konterte den Einwand mit dem Hinweis: „Er hat doch ‚Friedrich’ auch so gut bewertet“. Daß ‚Friedrich’ keine Fantasy-Elemente enthält, stört doch keinen großen Geist!
Moritz entfaltete ein riesiges einfarbiges Spielbrett, für das wir erst mal alle Chips- und Gummibärchen-Schachteln zur Seite räumen mußten, um es auf dem Tisch auszubreiten. Die Farbe ist ein dunkles Preussisch-Blau und soll das Meer darstellen. Vom Material sieht es auf den ersten Blick aus wie Filz, ist aber eher ein grobes Löschpapier. Das erste umgefallene Weinglas wird es wohl nicht überleben. Zumindest wird dabei der Tisch nicht naß!
Auf dem Meer werden Inseln aus Hexa-Mustern aufgebaut, und zur Startaufstellung werden unsere Pöppel auf den Inseln verteilt. Jedes Feld enthält mindestens einen Pöppel und schon kann die Völkerschlacht losgehen.
Wie bei ‚Risiko’ bewegen wir unsere Pöppel auf die gutnachbarlichen Felder und brechen einen Kampf vom Zaun. Pro Agressor ziehen wir eine Kampfkarte, die uns einen oder zwei Nachbarn erschlagen läßt, einen möglichen Gegenschlag des Nachbarn abwehrt, oder vielleicht auch nur eine Niete ist, so daß unsere zahlenmäßig dominierende Armee schutzlos im Verteidigungsregen steht.
Nach dem Abhandeln der allseitigen Angriffswellen wird der Besitzstand gewertet und jeder bekommt neues Kapital, um daraus neue Armeen zu rekrutieren, Hauptquartiere auszubauen oder Schiffe zu kaufen, mit denen man ggf. schneller zu neuen Angriffszielen fahren kann. Claro, wer ein paar Kampfkartenkämpfe verloren hat, ist an Material und Knete dermaßen im Hintertreffen, daß er auf keinen grünen Zweig mehr kommt. Die restliche Spielzeit kann er sich dann an den elegangen Armeebewegungen seiner Mitspieler erfreuen.
Die Kämpfe werden aber nicht allein durch überlegenen Materialeinsatz entschieden, es ist ja ein Fantasy-Game und deshalb hat jedes Volk eigene Eigenschaften und ‚Runen’, um mit den Unbilden einer mißliebigen Umwelt zurechtzukommen. Zumindest wird damit eine gewisse Asymmetrie von Offensiv- und Defensiv-Neigungen geschaffen. Das eine Volk kann einen Erstschlag des Gegners abwehren, das andere Volk einen zusätzlichen Erstschlag anbringen, ein Volk darf seine besiegten Gegner als lebendige Schilde mit sich führen, ein anderes bekommt pro verlorenem Inselfeld sofort neue Armeen zugeteilt und macht damit jede Pyrrhusniederlage schon fast schon zu einem Sieg.
Das geilste Kampfelement sind die Zauberkarten, die jeder potente Spieler in jeder Runde ziehen, sammeln und bei passenden Gelegenheiten einsetzen darf. Sie ermöglichen ein Entfernen, Tauschen, Mogeln oder Mauscheln. Es gibt sogar Anti-Zauberkarten, die fremde Zauberkarten neutralisieren, also Kein-Entfernen, Kein-Tauschen, Kein-Mogeln und Kein-Mauscheln!
Die Zauberkarten sind echt krass, Mit der einen Zauberkarte kann man die gegnerischen Armeen beliebig verteilen und mit einer anderen Zauberkarte muß der Gegner pro Inselfeld alle Pöppel über 4 vom Spielbrett nehmen. Könnt ihr, liebe Leser, euch ausmalen, was man mit diesen beiden Zauberkarten zusammen ausrichten kann, wenn man die gegnerischen Armeen erst mal auf einen Haufen konzentriert?
Es gibt auch höchst wirksame Einzelzauber. Eine Zauberkarte erlaubt es, in einem Kampf alle guten Kampfkarten aller beteiligten Gegner auf seine Seite zu ziehen und dem Gegner nur die Nieten zu überlassen. Da ist der Gegner mit seiner drückenden Armeen-Mehrheit in die Schlacht gezogen und hinterher wird seine Mehrheit schnurstracks gegen ihn selbst verwendet. Wie wenn sich einer eine Atombombe bastelt und bekommt sie dann umgehend auf sein eigenes Hauptquartier abgeworfen. Hiroshima, mon amour!
Nach der ersten von abzählbar endlich vielen Spielphasen extrapolierte Aaron die mögliche Gesamtspielzeit. Die in der Spielanleitung behaupteten ca. 2 Stunden waren schon vollständig verbraucht. Moritz war der letzte an der Zugreihenfolge und hatte allein für seinen ersten Zug eine Denkzeit von einer Stunde (haben dürfen). Natürlich nicht ganz passiv, sondern unterbrochen von den Kampfkartenkämpfen, die ihm seine Mitspieler aufdrängten.
Es reichte. Uns. Einschließlich Moritz. Wir brachen ab. Keiner hatte noch einen einzigen Fuß auf ein einziges Feld auf der Insel der Seligen gesetzt, wo man sich die Siegespalme hätten holen können. Wer gewinnt das Spiel? Ich habe es vergessen! Wenn wir bis morgen früh weitergespielt hätten, hätte ich es vielleicht via Learning-by-Doing erfahren.
Und was war mit dem versprochenen „guten Timing-Endspiel Mechanismus“? Wer auf dem Weg zum Ziel die selbstverständlichen Unterstützungsfelder erobert, hat gleich gewonnen. Wer sich die Unterstützungsfelder nicht sichert, braucht mindestens zwei Runden länger. Das wäre dann absolut falsches Timing gewesen.
WPG-Wertung: Aaron: 3 (das Spielmaterial ist schlecht – materiell und ideell, ein Spannungsbogen wird nicht aufgebaut), Günther: 3 (hat vergessen, daß es mindestens 8 (aus 487) Spiele gibt, denen er nur 1 oder 2 Punkte gegeben hat.), Moritz: 3 („Die Kampfmechanismen sind einfach, werden aber durch Zauber, Runen und Völkereigenschaften unnötig kompliziert. Das zerstört die Eleganz.“), Walter: 2 (als Lotteriespiel 3 Punkte, als Kampfspiel 1 Punkt, im Durchschnitt also 2)
Die „Spielphase“ schreibt zu den „Wächtern“: Mit 5 (von 6) Punkten gefällt uns das Spiel vor allem zu zweit sehr gut. Diese Erfahrung können wir leider nicht teilen, da wir immer mindestens zu dritt spielen.
2. “Im Jahr des Drachen”
Das wohlproportionierte Aufbauspiel aus dem Jahre 2008 hat Erweiterungen bekommen. Mit der zusätzlichen Aktionskarte „Die chinesische Mauer“ wird der Aktionsspielraum erweitert. Wir können jetzt nicht nur Reis anbauen, Medizin studieren, Krieger ausrüsten, Feuerwerkskörper anzünden und Geld- und Siegpunkte anhäufen sondern auch ein Stück der chinesischen Mauer bauen, die beim Mongolensturm neue Anforderungen und neue Siegpunktquellen mit sich bringt. Der Effekt ist nicht sehr groß, doch der Spielraum unserer Aktionen wird in jedem Fall vergrößert.
Mit der Erweiterung „Super-Ereignis“ wird eines der jetzt schon existierenden, meist peinlichen Ereignisfelder verdoppelt, wir müssen z.B. gleich zwei Hungersnöte oder zwei Epidemien hintereinander bestehen, ohne dazwischen unsere Vorräte aufstocken zu können. Die Wirkung ist – sofern die Verdoppelung auf die klare Mehrheit der negativen Ereignisse fällt – , daß es noch schwerer ist, seinen Besitzstand in jeder Runde zu halten. Loslassen-Können, gezielter Personal-Abbau wird noch größer geschrieben.
Die neuen Erweiterungen fügen sich auf jeden Fall in die gelungenen Mechanismen der Basisversion von “Im Jahr des Drachen“ ein. Viele Wege führen zum Sieg. Frühem Punkten mittels Privilegien kann durch die Anschaffe von Hofdamen entgegengehalten werden, oder durch zeitgerechtes Gegensteuern zu einer ganzen Reihe von Engpässen, die früher oder später an unseren Besitzstand gehen.
Sich gleich zu Spielbeginn die komplette Kette der ausliegenden Ereignisse durch den Kopf gehen zu lassen und konsequent zu planen, an welcher Stelle man freiwillig Federn lässt um an anderen Stellen umso mehr Boden gut zu machen, das ist Voraussetzung zum Sieg.
Eine unabdingbare Hilfe stellt dabei der Buddha dar, entweder, indem er uns in bezug auf Zugpositionen vorwärts bringt, oder indem er in der Schlußabrechung die gesammelte Frömmigkeit unter unseren Dächern mit Siegpunkten honoriert. Günther war der frömmste.
WPG-Wertung: Keine Änderung der bisherigen Noten. Mit einem Durchschnitt von 7 Punkten erscheint mir das Spiel leicht unterbewertet.
3. “Aarons 18xx”
Aaron bastelt an einem 18xx-Eisenbahnspiel, dessen Hauptlinien er uns vorstellte. Es soll einfach und vor allem schnell gehen. Die Erlaubnis für die Aktionen wie Gleise-Legen, Städte-Ausbauen und Technologie-Fortschritt erhält jeder nicht automatisch in seiner Operationsrunde, sondern er muß sie sich in einem Bietmechanismus a la „Amon Re“ erst ersteigern.
Wie dann der Ausbau eines Netzes honoriert wird, wie gewünschte Konflikte erzeugt werden, ohne daß dabei die Balance aus der Kontrolle gerät, das erfordert noch viele Denk- und Tuningstunden. Selbst ob im fertigen Spiel überhaupt noch Eisenbahnen gebaut werden oder vielleicht ein Telefonnetz errichtet wird, ist noch offen. Die funktionierenden Mechanismen sind das Wichtigste, das Thema wird dann nachgereicht, davon reicht vorerst eine vage Vision.
Diese Vorgehensweise sollten eigentlich alle Spieleautoren beherzigen. Sollten. Leider!
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19.05.2010: Die Tore der Welt führen nach Krakow
Frömmigkeit lag in der Luft. Die Duftschwaden des ökumenischen Kirchentages in München haben sich noch nicht verzogen. Die netten freundlichen Jugendlichen mit dem Rucksack auf dem Rücken haben einen positiven Eindruck hinterlassen. Unwidersprochen wurde [von wem?] das Fazit gezogen: „Die Jugendlichen müssen doch beschäftigt werden. Irgendwo müssen die Hormone ja hin. Entweder zum Militär oder zum Kirchentag. Und somit liefert der Kirchentag einen wichtigen Beitrag zur Bevölkerungsentwicklung“.
Aaron hatte schon einen Blick auf das erste Spiel geworfen und konstatierte: „Frömmigkeit ist endlich“.
2. “Die Tore der Welt”
Wir werkeln an den Palästen des Abendlandes, dürfen dabei nicht unsere jährlichen Abgaben an Geld und Getreide vergessen, und müssen auch rechtzeitig ein paar Notgroschen in die Frömmigkeit investieren. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Denn Frömmigkeit ist endlich.
Wer nach 4 Runden am besten gepunktet hat, wobei Bausteine für die öffentlichen Bauwerke und die Heilung von Pestkranken am meisten einbringen, ist Sieger.
Schon vor einen halben Jahr bemerkte Aaron, daß „das Spiel nur so vor sich hindümpelt“, so war es auch heute. Interaktion bleibt ein Fremdwort, wenn man das zufällige Wegschnappen eines punkteträchtigen Zuges nicht dazu zählen möchte.
Moritz entdeckte Murphies Gesetz vom richtigen Spielverlauf: „Wenn das Pech zuschlägt, dann schlägt es bei Aaron zu!“ Der kam auf der Privilegienleiste fast immer nur auf die Loserfelder, die ihm keine Sondererträge einbrachten. So konnte er im Schweiße seines Angesichts gerade noch die Abgaben an Kaiser und Bischof erwirtschaften, zu Wohlstand und Siegpunkten reichte es nicht.
Walter flog in der ersten Runde die Wolle nur so in den Schoß und mit einem einzigen Verkauf konnte er genügend Knete erzielen, um sich für die nächsten Runden aller Pflichten an Geld und Frömmigkeit entledigen zu können. Er warf das Geld mit vollen Händen in den Klingelbeutel. Doch das rächte sich. In den letzten Runden musste er den Gürtel wieder enger schnallen. Moritz baute so schnell wie möglich zwei Häuser, mit deren Erträgen er seine Hungerphase hinter sich lassen konnte. Ein paar wenige Bausteinspenden zum Münster reichten zum Sieg. Obwohl ihm eine Ereigniskarte mit einem Schlag alle Pestkranken wegheilte und er anschließend mit seinem vorsorglich erworbenem medizinischen Überwissen in die Röhre schauen konnte.
In der ersten Runde wurden per Ereigniskarte alle Bauvorhaben gestoppt, und dieser Baustopp wurde bis zum Spielende nicht mehr aufgehoben. Walter meckerte lautstark über diesen Mangel im Spieldesign. Wie kann man wichtige Spielelemente (Baumaterial sammeln, Bauen, Spendensiegel erwerben) nach wenigen Zügen blockieren und bis zum Ende stillgelegt lassen?! Moritz hielt hier ganz entschieden dagegen: damit würden in der reichhaltigen Balance des Spieles nur ein paar Gewichte verschoben. Aaron pflichtete dem bei: „Das Spiel hat sowieso viel zu viele Elemente!“
Was ist das Geheimnis für den Sieg? Der Sieger verkündete: „Man muß seine Strategie den Umständen anpassen.“ Dies ist eigentlich die klassische Definition von „Taktik“. Doch das Spiel ist nicht einmal ein taktisches Spiel, man kann 0 (in Worten: Null) Züge voraus kalkulieren. Zufallseinflüsse von Ereigniskarten und Mitspielerchaos können sogar einen gewieften Nullzüge-Voraus-Taktiker aushebeln.
Noch dazu enschärft sich das Spiel selber: viele im Ansatz auseinanderlaufende Spielentwicklungen werden durch ausgleichende Regelelemente gebremst, so daß extremen Entwicklungen verhindert werden und dadurch eher ein bißchen Langweiligkeit Einzug hält. Moritz nannte das „eine typische Designfalle von Euro-Games“, also von eigentlich guten Konstruktionsprinzipien europäischer Spiele.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (früher 6), Hans: 6 („Familienspiel“, doch wohl eher für Elite-Familien), Moritz: 7 (hat wahrscheinlich den Ken Follett studiert), Walter: 6 (bleibt)
2. “Krakow”
Aaron hat das Spiel in Essen erstanden. Mit einer persönlichen Widmung der Autoren Peter Struijf und Melchior van Rijn. Leider können wir heute keine positive Rückmeldung geben.
Krakow ist ein chaotisches Stichkartenspiel mit einem Spielbrett als Nebenschauplatz. Jeder Spieler erhält pro „Quartal“ (Runde) 9 „Intrige-Karten“ in den vier Farben Rot, Grün, Gelb und Blau und mit Zahlenwerten von Plus 2 bis Plus 7 und Minus 0 bis Minus 9. Auf jeder Karte sind für jede der vier Farben unterschiedliche Plus- und Minuspunkte aufgedruckt.
Der Startspieler startet mit einer Karte einen Stich. Jeder Spieler darf eine beliebige Karte seine Kartenhand dazugeben. Das besondere dabei ist, daß jeweils zwei Spieler zusammenspielen: Ist die Summe der Pluspunkte für die ausgespielte Farbe größer als die Minuspunkte, die die Gegenspieler dazugegeben haben, so hat die „Intrige“ gewonnen und das Siegerpaar erhält Spielsteine zugesprochen, die sie in bestimmten Stadtvierteln des Spielplans ablegen kann. Haben die Minuspunkte der Gegenspieler die Mehrheit, so ist die Intrige verloren und die Gegenspieler dürfen zur nächste Intrige, d.h. zum nächsten Stich ausspielen.
Nach 7 Stichen ist das Quartal vorbei, die restlichen zwei Karten pro Kartenhand verfallen. Nach vier Quartalen ist ein ganzes Jahr vorbei und es wird gewertet. Die Mehrheiten der Spielerpaare in den Stadtvierteln liefern Siegpunkte, die beiden Spielern gleichmäßig zugute kommen. Soweit ist die Punktevergabe absolut paar-symmetrisch.
Und jetzt kommt ein überraschender asymmetrischer Siegpunktanteil, der aus dem Paarspiel doch noch ein Einzelkämpferspiel macht: die gewonnenen Intrigen jeder Farbe steuern ebenfalls Siegpunkte bei, doch die werden nur an individuelle Spieler vergeben. Jedem Spieler wird zu Spielbeginn eine bestimmte Farbe geheim zugeordnet, und die Intrigen seiner Farbe liefern nur ihm allein Siegpunkte. So muß jeder Spieler bei jedem Stich in sich selbst den gegensätzlichen Kampf ausfechten: Laß ich den Gegner eine Intrige in meiner Farbe gewinnen, gönne ihnen also die Spielsteine in der Stadt, erhalte aber dafür als einziger den Intrigenpunkt, oder spiele ich meine beste Gegenkarte um die Intrige scheitern zu lassen, so daß keiner etwas erhält, wir als Paar aber die nächste Intrige starten dürfen? Sinngemäß ähnliche Kämpfe mit umgekehrtem Vorzeichen muß man in seiner Brust über die Intrigen der eigenen Seite austragen.
Dieser Kampf ist nur theoretisch. Wenn man überhaupt eine geeignete Kartenhand bekommen hat, um die Intrigen beeinflussen zu können, dann ist es in der Regel lohnender, die Intrigen der eigenen Seite unabhängig von ihrer Farbe durchzubringen und die Intrigen der fremden Seite zunichte zu machen. Nur falls die eigenen Seite über die Stadtviertel schon genügend Siegpunkte eingeheimst hat, kann man den Gegner eine Intrige der eigenen Farbe durchbringen lassen und dem Partner eine Intrige einer fremden Farbe vermaseln. Das grenzt dann aber schon an Schäbigkeit. Zum Glück bleibt diese Schäbigkeit marginal, da jeder erst einmal froh ist, wenn er überhaupt eine Intrige für die eigene Seite entscheiden kann. Die Mittel dazu liegen nahezu ausschließlich in der zufälligen Kartenausteilung. Spielplan, Kartenpflege, Karten merken und Gegner ausrechnen etc. gibt es nicht.
Ein „Anfängerspiel“ von Krakow ist nach genau einem Jahr zu vier Quartalen von je 7 Stichen zu Ende. Ein Standardspiel besteht aus zwei Jahren, und ein „Expertenspiel“ aus drei Jahren. Nach Moritz’ Vorwarnung wegen schlechter Kritiken wollten wir uns auf ein Standardspiel beschränken.
Es waren einmal vier Ameisen,
die wollten gemeinsam nach Krakow verreisen,
nach einem Jahr wurden sie weise
und verzichteten sie auf den Rest der Reise.
WPG-Wertung: Aaron: 3 (das Spiel ist nicht kaputt und es hat schönes Spielmaterial), Hans 3 (erst nur 1 Punkt, von Aaron auf 2 Punkte gedrängt, weil das Spiel ja wirklich nicht „kaputt“ ist, für die antipapistischen Begleittexte noch einen Sympathiepunkt zugelegt), Moritz: 2 („Flaschenteufel ist besser“, doch das kann man mit Krakow überhaupt nicht vergleichen), Walter: 3 (viel zu viel Brimborium für ein Quadrat-Mau-Mau).
3. “Religion und Musik”
Nein, kein Spiel. Doch statt „Flaschenteufel“ als Kontrast zu „Krakow“ und statt „Bluff“ zum spielerischen Absacken diskutierten wir noch eine geschlagene Stunde über Kirche, Religion, Gläubige und Klerus. Darüber, daß die Kirche zu wohl keiner der zivilisatorisch-ethischen Errungenschaften unserer heutigen Gesellschaft einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, herrschte Einigkeit. Moritz nahm dann leidenschaftlich die Rolle des Advocatus Diaboli ein. Ohne die katholische Kirche hätte das Abendland niemals diese einzigartige Entwicklung seiner Musik genommen. Kein anderer Teil der Welt hat dies aufzuweisen, keine andere Religion hat dies gefördert. Er sollte es wohl wissen.
Mit traurigen Einsichten in den losgelassenen Kapitalismus und die Bänker-Moral ging der Abend zu Ende.
05.05.2010: Kriege und Kriegsspiele
Aaron fährt jeden Tag auf dem Weg zu seiner Rentner-Fitness an zwei Tankstellen vorbei. Dort wechseln die Preise fast täglich, teilweise mit Sprüngen, die schon an einen zweistelligen Prozentsatz herankommen. Meist sogar synchron, in höchstenfalls Halbtages-Abstand. Wie hierzu das Prozedere im Hintergrund abläuft, ist für uns alle ein Rätsel.
Deshalb ein paar nicht-spielerische Fragen von uns Spielern an unsere Leser:
a) Werden die Preise für eine Benzinsorte zentral vorgegeben und sogar auch zentral eingestellt?
b) Werden die Preise deutschlandweit oder regional festgesetzt?
c) Kann es sein, daß einzelne Tankstellen einer Stadt Ausnahmepreise bekommen?
d) Werden die Preisänderungen ab bestimmten Uhrzeiten gültig?
e) Kann es sein, daß man an einer Tankstelle steht, und daß gerade in dem Moment, wo man den Einfüllstutzen abnimmt, der Benzinpreis sich ändert?
Von einem Preiskrieg kann hier wohl schon lange nicht mehr die Rede sein.
“Rice Wars – Reiskriege”
Aaron hat das Spiel von der “Spiel 2009” mitgebracht. „Der Typ hat es mir erklärt und es sah irgendwie ganz witzig aus.“ Das polnische Spiel mit einem dreisprachigen Regelheft spielt in Japan. Wir sind „Daimyos“ (Kriegsherren), legen uns „Ronins“ und „Ashigarus“ (Kriegsknechte) zu und vertreiben damit die Reisbauern unserer Mitspieler von ihren Feldern und schicken dagegen unsere eigenen Reisbauern auf die Felder, um damit Einnahmen erwirtschaften, mit denen wir uns neue Militärs leisten können, um damit wiederum die fremden Reisbauern dezimieren zu können. Wie im richtigen Leben. Zumindest soll es im Japan des 14. Jahrhunderts so gewesen sein.
Die japanische Terminologie bringt keineswegs ein besseren Verständnis des Spielmaterials und des Ablaufs, ganz im Gegenteil, es macht alles unnötig schwer. Wenn wir gemäß einem Paragraphen des Regelheftes „gegen einen Daiymo“ kämpfen können, dann suchen wir diese Figur in Karten, Marken oder Pöppeln vergebens: Es sind schlichtweg die Mitspieler in ihrer Gesamt-Präsenz, die wir hier bekämpfen müssen. Und wenn der Startspieler „Statthalter“ heißt, aber keine weitere Funktion als eben die des Startspieler in sich trägt, dann ist das alles lediglich manieristisch verklausuliert.
Beim (Vertreibungs-)Kampf kämpft eine beliebige Auswahl unserer Krieger von bekannter Stärke gegen eine beliebige Kriegerauswahl des Gegners von ebenfalls bekannter Stärke. Das Kampfergebnis kann noch durch verdeckte Aktionskarten beeinflußt werden. 50% Planung gegen 50% Zufall. Doch das Kämpfen, eigentlich ein unabdingbares Element in einem Kriegsspiel, ist hier in jedem Fall kontraproduktiv. Nach jedem Kampf sind unsere Krieger müde und fallen für den Rest der Runde sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung aus. Haben wir unser Pulver verschossen, so können unsere Reisbauern vom Gegner mit dem Fliegenwedel vertrieben werden. Logische Konsequenz: Wir müssen unsere Krieger bis zuletzt zurückhalten. Nur Selbstmörder greifen an! Doch wenn das alle tun, dann kommt überhaupt kein Krieg mehr zustande. Diesen pazifistischen Effekt haben die Väter von „Rice Wars“ garantiert nicht im Sinn gehabt.
Die ersten Aufbauzüge sind zwangsweise symmetrisch: jeder Spieler legt sich die maximale Anzahl von Reisbauern zu, nach und nach auch ein paar Krieger. Aber nur zur Abschreckung. Aus den schon bekannten Gründen fing keiner mit der Aggression an. Dann „opferte“ sich Walter als Feinbild und belegte das einzige Reisfeld mit den beneidbaren doppelten Erträgen. Das war natürlich der Auslöser für Günthers ersten Eroberungsschlag, Walter schlug zurück und Aaron triumphierte: Mit seinem nun konkurrenzlosen Militärpotential wendete er sich nochmal gegen Walter und schnitt dessen gesamte Bauernschar vom Daimyo-Palast ab. Eine Runde lang flossen keine Reiserträge in das Herrscherhaus. Ohne Moos nix los. Kein Geld, um mit neuen Bauern die Lücke zu schließen, kein Geld, um die Militärs zu finanzieren, mit denen auch nur eine Mimimal-Linie zu halten gewesen wäre. Das war natürlich die Folge eines schweren Anfänger-Stellungsfehlers. Doch klare Erkenntnis: das mittelalterliche Japan verzeiht nichts!
Aaron und Günther schwelgten glückselig in der Planung, wie sie Walter jetzt gemeinsam am schnellsten den Garaus machen könnten. Zwei Riesen gegen einen Zwerg. Doch dahinter stand keine mangelnde spielerische Ethik, es ging ohnehin nur noch um das Herbeiführen eines vorzeitigen Spielabbruchs. Nach 42,8571 % der Runden war es geschafft. Den Regeln nach hätte der Ausgeschiedene jetzt noch die restlichen 57,1428 % des Spiels zuschauen dürfen, wie sich seine beiden Terminatoren selber in die Wolle kriegen. Doch wir übernahmen hier die selbstverständliche „1830“ Regel: Sobald einer pleite ist, endet das Spiel.
„Bist Du sicher, daß wir alles richtig gespielt haben?“ fragte Günther hinterher etwas verwundert. „Zumindest habe ich alle Regeln vorgelesen!“ Entweder haben wir es falsch gespielt, oder das Spiel funktioniert nicht. „Vielleicht ist es wenigstens historisch richtig!“ Vielleicht.
WPG-Wertung: Aaron: 3, Günther: 3, Walter: 3.
2. “Small World mit Erweiterungen “Frauenpower” und “Verflucht”
Das Spiel um die Völkerschlachten echter und magischer Wesen mit unterschiedliche Fähigkeiten und Eigenschaften zum gegenseitigen Dezimieren und Verdrängen von den lukrativen Siegpunkt- Weideplätzen wurden um neue Rassen vermehrt. Es gibt jetzt zusätzlich:
– liebende Zigeunerinnen
– verfluchte Gobelins
– marodierende Priesterinnen
– räuberische Kobolde und
– berittene weiße Frauen
Deren neue Eigenschaften bringen neue extreme Kombinationen in das bisherige Spektrum. Sie ermöglichen für gute Völker-Kombinationen ein noch stärkeres Einsammeln von Siegpunkten und ein Auseinanderdriften der Besitzstände der einzelnen Spieler.
Walter startete sehr gut mit den Menschen, ließ sie gleich in der zweiten Runde aussterben und legte sich die Hexenmeister zu. Das verschaffte ihm zu Beginn einen gewaltigen Reibach und den Neid der Konkurrenz. Doch dann konnte Aaron mit einer unübersehbaren Koboldschar die Hexenmeister samt Besen in die Ecke stellen. Zuvor hatte er noch 5 weißen Frauen auf die Anschaffe geschickt. Dieser zuhälterische Geldsegen war nicht mehr zu bremsen und er blieb bis zum Spielende erhalten. Seine beiden Gegenspieler versuchten noch eine Zeitlang, mit vereinten Kräften die massiven und massierten Kobolde zu eliminieren. Ab der Hälte des Spiels gaben sie dieses vergebliche Vorhaben aber auf und zerfleischten sich gegenseitig im Kampf um den zweiten Platz.
Hat das Spiel mit den neuen extremen Eigenschaften vielleicht seine Balance eingebüßt? Oder war es ein Zufall, daß die sterblichen weißen Frauen von den Kobolden so lange gemolken werden konnten? Immerhin hätte Günther am Ende fast noch mit seinen Zigeunerinnen die Nase vorne gehabt. Wenn man gegen eine gelungene gegnerische Völkerkombination schon nichts ausrichten kann, dann soll man sich schnellstens eine eigene Kombination zusammensuchen, mit der man auf die Punktejagt geht. Und man kann so nebenbei hoffen, daß die sporadischen aber zielgerichteten Fußtritte aller Verlierer am Ende doch noch den Sieger vom Sockel holen.
Das Spiel war einfach zu kurz(weilig). Doch das ist eher eines der höchsten Lobe, die man einem Spiel machen kann. Und es war immer Spiel, niemals Ernst, oft genug begleitet von konstruktiven analytischen Diskussionen um Positionen und Aussichten. Ganz das Gegenteil von unserem Engagement in Afghanistan.
WPG-Wertung: Die Spielbox-Erweiterungen haben die bisherigen guten 8 Punkte positiv unterstrichen.
28.04.2010: Landwirtschaft rund um die Welt
Was machen frischgebackene Rentner, wenn sie gerade keine neuen Spiele erfinden? Richtig: Sie lesen Kochrezepte und versuchen, diese nachzukochen. Damit der Braten perfekt gelingt, hat mir mein Sohn zu Weihnachten ein Fleischthermometer geschenkt. Seitdem liegt es hier auf meinem Schreibtisch. Inzwischen ist die Schachtel und die Gebrauchsanweisung verschwunden (Bratkartoffeln gelingen auch ohne Thermometer), und es ist immer noch ein Geheimnis, wie man das Ding nutzt.
Heute bekam ich den simplen Rat: „Reinstecken und messen, wie heiß der Braten ist!“ – Gerhard Polt hätte dazu ergänzt: „Wia im richtigen Leben!“
1. “Finca – El Razul”
Vor knapp einem Jahr zum letzten Mal gespielt, lag diesmal die Spielbox-Erweiterung auf dem Tisch:
– Für die Windmühle, auf der die Spieler ihre Pöppel bewegen, um Früchte und Lastesel zu kassieren, gibt es ein neues Windmühlenblatt „Wahlfrucht“, auf dem man nicht die pro Blatt festgelegte Frucht bekommt, sondern sich eine beliebige Fruchtsorte aussuchen kann. Damit wird einem möglichen Engpass für einzelne Früchte entgegengesteuert, und es gilt noch mehr aufzupassen, ob dadurch nicht eine bestimmte Fruchtart ausverkauft wird, und alle Spieler ihre gehorteten Vorräte zurückgeben müssen.
– Ein weiteres neues Winmühlenblatt ist der „El Razul“. Wer dieses Blatt betrifft, hat bei den Früchten ebenfalls freie Auswahl. Zusätzlich darf er die El Razul-Figur in eine beliebige Gemeinde versetzen, wodurch in dieser Gemeinde die vorgegebene Zusammensetzung der gehandelten Früchte aufgehoben ist und durch beliebige andere Frucht-Kombinationen ersetzt werden kann. Bei uns wurde diese Figur nur mäßig genutzt, man kann einem Mitspieler, der sich auf eine bestimmte Fruchtsorte eingeschossen hat, damit die Trauben aber ganz schön sauer werden lassen.
– Es gibt zwei weitere Fruchtplättchen für die Gemeinden. Wer sich diese Plättchen einhandeln will, muß dazu lediglich einen Lastesel abgeben, aber keine Früchte. Es ist regeltechnisch noch ungeklärt, ob man die Früchte überhaupt haben und transportieren muß, oder ob man dazu einen leeren Esel hinschicken kann.
Wenn ein solches Plättchen erworben wird, werden zusätzlich von jeder Fruchtsorte zwei Stück vom Vorrat in die Schachtel zurückgegeben. Dadurch verknappt sich das Angebot und die Gefahr (oder Chance), dass Fruchtsorten ausgehen, verschärft sich.
– Jeder Spieler bekommt noch ein zusätzliches Aktionsplättchen: die Sonderaktion „Marionette“. Wer dieses Plättchen einsetzt (einmal pro Spiel möglich), darf einen beliebigen fremden Pöppel statt des eigenen ziehen, und bekommt dann alles, was auch diese Figur erhalten würde. Das schaftt eine drastische chaotische Eingriffsmöglichkeit in das Spielgeschehen. Ein Spieler, der seine Pöppel logistisch planend in lukrative Konstellationen gebracht hat, wird um seinen verdienten Lohn gebracht, indem ein Mitspieler ihn seines besten Pferdes im Stall beraubt.
Diese Spielbox-Erweiterungen machen aus einem (wenigstens) kurzfristig berechenbaren Spiel (ein Zug vorausdenken) ein nicht mehr berechenbares Spiel. Doch diese Reduzierung der Berechenbarkeit fördert die spielerische Linie, man braucht jetzt schlichtweg nur noch den jeweils nächst-besten Zug tun. Die restliche Entwicklung liegt in der Hand der Mitspieler.
Günther wird gegen diese These – wie auch schon gegen die ähnliche These beim Original-Finca – natürlich seine Einwände erheben, denn er hat das Spiel haushoch gewonnen. Doch nächstes Mal werden wir Verlierer besser spielen und unsere gröbsten Fehler vermeiden. (Wahrscheinlich wird Günther dann immer noch gewinnen. Qed!)
WPG-Wertung: Aaron:8 (zwei Punkte mehr als für die Basisversion. Das lag nicht nur an der Extension, auch weil die Spielernte der letzten Monate einen gewissen Langdenker-Frust ausgelöst hatten, der bei „El Razul“ nicht gegeben war) Günther: „keine Änderung, aber mindestens 7 Punkte“; traf damit haargenau seine Wertung vom letzten Jahr. Walter: 7 (1 Punkt mehr für die Erhöhung des Mitspieler-Chaos)
2. “Vor den Toren von Loyang”
Loyang ist die Hauptstadt der Han-Dynastie und vor den Toren werkeln die Bauern auf ihren Feldern, um die Einwohner zu ernähren. Wir sind die Bauern, kaufen oder sparen Saatgut, säen auf unseren Feldern, ernten, handeln und versorgen unsere Stamm- und Laufkundschaft mit landwirtschaftlichen Produkten. „Als erfolgreichster Landwird erweist sich, wer im vorgegebenen Zeitraum am weitesten auf dem Wohlstandspfad voranschreitet. Diese Schritte kosten Geldmünzen – anfangs weniger, später mehr.“ So steht es in der Einleitung, auf Seite 1 ganz oben. Doch wir müssen uns durch weitere 12 Seiten Regelheft hindurcharbeiten, und keiner hatte dazu einen richtigen Peil. So stopselnd, nahezu radebrechend haben wir uns noch nie die Regeln erarbeiten müssen.
Das Spiel versucht mit chinesischer Grafik und chinesischen Schriftzeichen ein bißchen Han-Stimmung ins Spiel zu bringen. Dafür konnte dann keiner von uns anhand der Schriftzeichen erkennen, wieviel „Käsch“ eine bestimmte Geldmünze wert ist. Die Regeln waren deutsch, das Milieu chinesich und unser Verständnis spanisch. Hierbei ist China absolut überflüssig. (Und Spanien auch!) Die landwirtschaftliche Optimierung ist das einzige Thema, das im Spiel rüberkommt. Produzieren die teutonischen Bauern von heute denn keine Früchte mehr? „Vor den Toren von Unna“ hätte es auch getan.
„Das Spielmaterial macht mich total irre“ stöhnte Aaron. Auch die Positionen von Feldern, Schubkarre, Lager, Laden und Markt muß man sich erst errätseln. Weiterhin gibt es Aktionskarten, mit denen man seine Züge steuern kann. Der Verteilungsmechanismus ist ganz pfiffig: Jeder erhält 4 Karten und muß reihum jeweils eine Karte offen auf einen Ablagestapel geben, bis ein Spieler zuschlägt und sich aus einer Handkarte und einer Karte vom Ablagestapel die 2 Aktionen auswählt, mit denen er eine Spielrunde durchführen will.
Die Aktionskarten müssen nun vor jeder Runde neu gemischt werden. Ein ergonomisch etwas unglückliches, weil zeitaufwendiges Prinzip. Nicht ganz so pfiffig.
Dann tröpfelt das Spiel ziemlich solitär vor sich hin. Jeder überlegt für sich allein, welche Früchte er auf seinen Feldern anbaut und erntet. Jeder sucht sich seine eigenen Stamm- und Laufkunden zusammen, die er im Laufe des Spiels bedienen will. Jeder legt sich seinen eigenen Markt an, auf dem er notfalls die geernteten Früchte gegen die vom seinen Abnehmern gewünschte Auswahl umtauscht. Jeder kauft in seinem eigenen Laden den Rest an Früchten zusammen, den er auf seinen Feldern und Märkten nicht erwerben konnte. Interaktion ist in der Größenordnung von Null.
Halt! Hier habe ich etwas Wichtiges vergessen. Es gibt Aktionskarten, mit denen man in fremden Gärten naschen kann, Aktionskarten, in denen man fremde Kunden und fremde Märkte anzapfen kann. Da hat sich der Mitspieler gerade die richtige Kombination für ein mehrstufiges Produzieren und Handeln zurechtgelegt, dann nehmen wir ihm den Endverbraucher weg! Langfristiges Analysieren und Planen gegen nullfristiges Durchkreuzen der Pläne. Paßt das zusammen? Für mich nicht, für uns nicht! Bei „Agricola“ vom gleichen Autor Ros-En-Ber(g) gibt es wenigstens eine scharfe Konkurrenz um die besten Aktionsplättchen für unsere Entwicklung. In „Loyang“ sind wir alle autistische Ameisenbauern, die nur ab und zu mal von einem Bonzenbauern gepiesackt werden.
Drei Stunden lang haben wir diese A-B-Kombination ausgehalten. Es gab immer mehr Felder und immer mehr Erntefrüchte, von daher also eine gewisse Steigerung des Umsatzes, ansonsten hat sich die Welt nicht wesentlich weiterbewegt. Was in der ersten Stunde an neuen Spielelementen gereizt hatte, wurde die restlichen Stunden zur Routine. Ein Zeitvertreib unter netten Freunden. Oder ganz für sich alleine. Als Alternative zu Kochbüchern, Rezepten, Fleischthermometern und ähnlichen Dingen.
Bemerkenswert immerhin, daß Günther mal wieder NICHT gewonnen hat. Er hatte sich versehentlich schon in der ersten Runde einen Kredit geben lassen müssen, dessen teure Rückzahlung in der Schlußabrechnung nicht mehr gutzumachen war. Gerechtigkeit aus dem Reich der Mitte!
WPG-Wertung: Aaron:5 („möchte es nicht unbedingt noch einmal spielen“ – Hier ist das „unbedingt“ mindestens einen Punkt wert! Einen weiteren halben Punkt gab es für die Rückseite der Spielpläne, die speziell für die Farbenblinden unter uns Mitspielern gestaltet waren), Günther: 5 („es funktionert“; einen halben Punkt für die vielen Tüten zum Einpacken des Spielmaterials“), Walter: 6 („konstruktiv, nur deutlich zu lang“).
3. “Bluff”
Nein, kein Bluff mehr. Es war schon halb Zwei, als wir China hinter uns gelassen hatten.
21.04.2010: “Die Werft”
Wieder war die Fußball Champions League keine Alternative zum Westpark. Hans hatte endlich seine Urlaubs-Rückreise aus Südfrankreich erfolgreich beenden können. Fast genauso schnell wäre er mit dem Mannschaftsbus von Olympic Lyon gewesen. Doch dort herrschte ein noch größeres Gedränge als im TGV via Paris nach München.
1. “Die Werft”
Der innovative Spieleverlag Czech Games Edition bleibt am Ball. Von seinen ersten internationalen Erfolgen u.a. mit „Sechsstädtebund“ und „Galaxy Trucker“ ermuntert, tritt er jedes Jahr in Essen mit einem neuen Spiel an. Im letzten Herbst war es „Die Werft“. Günther war vor einem halben Jahr dabei, heute konnte er das Spiel endlich am Westpark auftischen. Wir sind Schiffbauer und sollen in einer gegebenen Rundenzahl die meisten, größten, schnellsten, stärksten und/oder reichsten Schiffe auf Jungfernfahrt schicken.
Gleich beim Öffnen der Schachtel fiel Aaron das „Material ohne Ende“ auf. Allein 20 Minuten brauchten wir für die Verteilung der Karten und Kärtchen zur Startaufstellung. Weitere 10 Minuten brauchte Günther um einen groben Überblick über den Spielablauf zu geben. Das war aber nur die Einleitung. Dann fing er in seiner gewohnten Art die Detailerklärung linear und sequentiell auf Seite 1 des Regelheftes an.
Die Spieler sind nacheinander am Zug und suchen sich damit eine der verfügbaren Aktionen von der Aktionsleiste aus. „Welche verschiedenen Aktionen gibt es?“ wurde Günther natürlich sofort unterbrochen. „Das kriegen wir später.“ Erst mußten Ablauf und Randbedingungen bei der Auswahl einer Aktion ausführlich dargelegt werden. (Wäre es nicht auch anders herum gegangen?)
Insgesamt 8 verschiedene Aktionen gibt es. Eine davon heißt z.B. „Rohstoffe“; dazu setzen wir unseren Pöppel auf ein Aktionsplättchen mit einem Marktsymbol. „Wie funktioniert der Rohstoffhandel auf dem Markt?“ wurde Günther wieder unterbrochen. „Das kriegen wir später!“ Erst mußten die verschiedenen Aktionen genannt und ihre zugehörigen Aktionsplättchen vorgestellt werden. Günther blieb in seiner Regel-Didaktik genauso unbeirrbar wie van Gaal heute in seiner Offensiv-Taktik.
In unseren Aktionen fügen wir Schiffsteile – 1 Bug, 1 Heck und beliebig viele Mittelteile – zu einem Schiff zusammen. Oder wir rüsten das Schiff mit Motoren, Segeln, Schornsteinen und Kanonen aus. Die vielen Zwischenfragen (von allen!) hatten Günther sprachlich in sein oberlippisches Schneckenhaus kriechen lassen. Noch nie sind mir aus seinem Mund soviele „Es-Tes“ aufgefallen wie diesmal bei den Schorn-ßteinen!
Mit anderen Aktionen heuern wir unsere Crew an: ein Kapitän pro Schiff ist notwendig, Mannschaft und Mitfahrer sind Luxus für mehr Siegpunkte. Wenn wir uns „Anwerber“ und „Händler“ zulegen, können wir später leichter unsere Mannschaft rekrutieren und bekommen bei unserem Rohstoffhandel einen höheren Erlös. Für die Jungfernfahrt müssen wir uns rechtzeitig eine Kanalstrecke anmieten, auf der wir unser Schiff präsentieren und je nach Bauart und Ausrüstung zusätzliche Siegpunkte kassieren.
Jeder Spieler erhält noch zwei geheime „Regierungsaufträge“, deren Erfüllung ihm am Spielende zusätzliche Siegpunkte einbringt. Aaron schwante schon Schlimmes: „Das scheint sich allmählich durchzusetzen: am Ende kommt die große Überraschung!“
Günther mußte insgesamt vier Detailierungsebenen des Regelheftes durchgehen, bis wir einigermaßen durch waren. Didaktisch hervorragend, für neugierige Fohlen, die schon mit den Hufen scharren, eine Geduldsprobe. Die Sonderregeln für bestimmte Sonderfälle im Spiel hatten wir uns noch ausgespart. Immerhin waren schon eine Stunde und 45 Minuten vergangen; das Spiel Bayern gegen Olympic hatte gerade angefangen.
Wie bis hierher zu erkennen, geht es in der „Werft“ darum, innerhalb einer sehr großen Handlungsfreiheit eine ganze Latte von Optimierungsaufgaben besser zu lösen als die Mitspieler. Man muß die gerade richtig großen Schiffe aus den besten Einzelteilen bauen, die Mannschaften gerade passend zum Regierungsauftrag zusammenstellen, die Schiffe optimal ausrüsten und die lukrativsten Kanalstrecken für die zu Schiff, Ausrüstung und Auftrag passenden Jungfernfahrten anmieten. Alles ist preisgesteuert. Das jeweils nächstbeste Spielelement kostet nichts, je weiter weg vom nächstbesten Angebot man zugreift, desto mehr muß man berappen.
Günther wurde nach einen Spieltipp gefragt. Doch er mußte passen. Die Tipps aus dem Regelheft wollte er offensichtlich für sich behalten. (?) Und daß man kleine Schiffe bauen soll, wenn man im Regierungsauftrag für jedes einzelne Schiff, unabhängig von seine Größe, belohnt wird, das war ihm wohl zu trivial.
Das Spiel ist in seinen internen Abläufen sehr gut ausbalanciert. Kosten, Erlöse, Vorteile und Siegpunkte halten sich sehr gut die Waage. Immer mal wieder findet ein Spieler einen sehr guten Aufbauzug, muß aber ergänzend dazu immer auch eine Reihe „normaler“ Erwerbszüge tun. Es gibt automatische Bremsen, die das Vorpreschsen von auserwählten Taktiken und Strategien verhindern. Es gibt Engpässen und Mittel dazu, sie zu umgehen. Wichtig ist immer ein bißchen Geld in der Tasche, um im richtigen Augenblick anstatt eines nur mäßigen Zuges, einen vorzüglichen Zug tun zu können.
Direkt gegen einen Mitspieler kann man nicht spielen. Man kann ihm eigentlich nichts wegnehmen und nichts verbauen. Man kann höchstenfalls versuchen, im Windschatten des Vorgängers mitzusegeln: Die Aktion, die er gerade durchgeführt hat, kann man selber im nächsten Zug kostenlos durchführen. In dieser Richtung einen Zug vorausdenken lohnt sich.
Die Spannung steigt gegen Spielende für jeden individuell mit der Frage, ob er seine persönlichen Ziele, inbesondere den Regierungsauftrag noch erfüllen kann. Ist hier keine Frage mehr offen, dann fehlt die Spannung. Das ist sicherlich ein gewisses Manko; wenn das Spiel deutlich kürzer wäre, blieb diese Spannung (relativ) länger erhalten. Am Ende der Bayern-Partie hatten wir gerade erst die Hälfte der „Werft“ bewätigt. Für das gesamte Spiel brauchten wir 3 Stunden. Und nach der Diskussion der Vorzüge und Nachteile nochmals 20 Minuten, um das Spielmaterial wieder ordentlich einzutüten. Für Spielefreaks ist das sicherlich kein Problem, doch so viele von dieser Sorte laufen auf der Welt nicht herum.
Eine deutliche Kritik muß allerdings an den Regierungsaufträgen geübt werden. Aarons Befürchtungen zu Spielbeginn waren absolut berechtigt. Hier fehlt jegliche Balance. Wenn der eine Spieler am Ende maximal 12, der andere aber (mit Glück und Können) 32 zusätzliche Siegpunkte ergattern kann, ist damit schon fast die Unkalkulierbarkeit einer Bananenrepublik erreicht.
Günther erzielte in der Schlußwertung 56 zusätzliche Siegpunkte und konnte Walter damit auf dem (zu) kurzen Siegpunktparcours einmal vollständig umrunden. Er hatte den besten Regierungsauftrag an Land gezogen und ihn mit Konsequenz maximal ausgeschöpft. Sollen mit diesen riesigen (teilweise Zufalls-) Spannen auch die schwächeren Spieler eine Gewinnchance erhalten? Oder sollen die schwächeren Spieler 3 Stunden lang mit Hingabe ihre Siegpunktquellen tröpfeln lassen, und erst bei Spielende erleben, daß sie von den Wasserfall-Koryphäen hinweggeschwemmt werden?
WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu viele Elemente, die zu wenig verschiedene Herausforderungen darstellen), Günther 6 (zu lange Spieldauer, viel Material und Regeln), Hans: 6 (plus ist, daß es durch die individuellen Aufgaben verschiedenen Strategien gibt; minus ist, daß es zu den verschiedenen Strategien keine Gegenstrategien gibt), Walter: 7 (honoriert die vielen neuen Spielideen und den großen Handlungsspielraum).
Hans: „Dafür, daß das Spiel so unübersichtlich ist, ist es sehr übersichtlich!“
2. “Bluff”
Hans war der spielentscheidende Spieler. Erst würfelte er zu schlecht und zweifelte zu Recht alle guten Vorgaben an. Dann würfelte er zu gut und zweifelte zu Unrecht die schlechten Vorgaben an. Das Endspiel 1:1 gegen Walter konnte er durch einen ungewöhnlichen Konter für sich entscheiden.
Seine Vorgabe von 1 mal die Zwei hatte Walter mit einem Stern unter seinem Becher befriedigt auf 1 mal die Vier gehoben, mit der Absicht, anschließend alle folgenden Gebote von Hans zu verdoppeln. Jetzt bot Hans 1 mal den Stern! Das folgenden Alles-oder-Nicht-Gebot (welches?) brachte die Entscheidung zu seinen Gunsten.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
14.04.2010: Gallier und Teutonen
Vom geplanten aber abgeblasenen Streik der Lufthansapiloten wäre der eine oder andere von uns vielleicht betroffen gelesen. Vom gleichzeitig in Frankreich stattfindenden Eisenbahnerstreik wohl kaum. Außer Hans. Gestern kam seine Mail hier an:
„Meine Rückreise aus dem Frankreichurlaub läuft ganz und gar nicht wie geplant … und kann noch dauern. Ein Eisenbahnerstreik begann am vergangenen Mittwoch, meinem ersten geplanten Rückreisetag. Am Sonntag hatte meine Mitfahrgelegenheit kurz nach Abfahrt eine spektakuläre Panne, und heute fahren in der Region wieder keine Züge. Es nervt langsam. Zwischen Gewerkschaft und Bahn gibt es bisher keine Einigung, und ich habe auch die Nase voll vom Frühaufstehen ohne Erfolg …
Sorry, dass ich entgegen der Ankündigung am Mittwoch nicht komme!“
Gleich darauf meldete sich Günther: „Dann sage ich noch zu. Somit sind wir wieder zu viert!“
Doch Mittwoch Abend, 19 Uhr, war weit und breit kein Günther zu sehen. Kein Anruf, keine Absage, keine Mail. 15 Minuten Wartetoleranz ist Maximum, dann starteten wir als Trio.
1. “Cloud 9”
Auf Deutsch wird der Titel wohl mit „Wolke 7“ übersetzt. Das Altertum kannte sieben Himmel, dahinter endete die materielle Welt und es kam nur noch die Welt der Phantasie, Wünsche und Träume. Die Angloamerikaner sind hier weniger klassisch. Die „cloud no. Nine“ rührt (angeblich) daher, dass die höchsten Wolken nur bis zu acht Meilen über der Erde sein können, mit der Nummer 9 befindet man sich also über den Wolken.
Doch bei „Cloud 9“ geht es weniger hoch hinaus, als eher darum, Bodenberühung zu vermeiden. Wir befinden uns in einem superschönen Ballonkorb, reihum ist einer der Pilot und würfelt mit zwei (später mehr) Würfeln Farbkombinationen aus – rot-grün-gelb-lila. Für jede gewürfelte Farbe muß der Pilot eine gleichfarbige Karte (aus seiner verdeckten Kartenhand) abgeben. Hat er keine entsprechende Karte mehr, ist der Ballon abgestürzt und wir gehen leer aus. Doch bevor der Pilot bekennen muß, dass er keine passende Karte mehr hat, dürfen wir entscheiden, ob wir weiterhin im Ballon bleiben, oder lieber aussteigen. Steigen wir rechtzeitig aus, so bekommen wir Siegpunkte, und zwar umso mehr, je länger der Ballon unterwegs war.
Der Pilot darf natürlich nicht freiwillig aussteigen. Er muß auch noch mindestens eine Strecke weiter fliegen, um selber Punkte kassieren zu dürfen. Erleichtert wird seine Weiterfahrt durch „Wildcards“, die für beliebige Würfelkombinationen herhalten können. Viele zufällig gezogene Wildcards machen den Sieger aus. Der Pilot läßt seine Mitfahrer aussteigen und hangelt sich mit den Wildcards noch um gewaltige Punktespannen nach vorne. Insofern ist „Cloud 9“ ein normales braves, Chaos-Würfel-Kartenspiel.
Etwas problematisch ist die Regel, dass der Pilot nicht beweisen muß, dass er eine geforderte Würfel-Kartenkombination nicht mehr besitzt. Hier ist Betrug (oder Irrtum) Tür und Tor geöffnet. Irgendwie kann diese – eigentlich unerläßliche – Regel auch nicht in das Spiel eingebaut werden. Denn zeigt der Pilot seine Kartenhand, ist der ganze Spielwitz vorbei. Ein Geburtsfehler, der einem german-style Game wohl niemals passiert wäre.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (2 Punkte weniger als Stone Age), Moritz: 6 (fehlertolerant), Walter: 5 (höchstenfalls zum Aufwärmen).
2. “Hansa Teutonica”
Für Moritz zum Kennenlernen, für die anderen zur Vertiefung. Aaron durfte in freier Rede die Regeln erklären und ging sofort in die Details. Selbstverständlich kam von Moritz sofort die Rückfrage: „Und was ist das Thema?“ Lange Gesichter. Vom geschichtsträchtigen Thema „Hanse“ ist keine Stimmung enthalten. Zumindest nicht für einen eingefleischten Liebhaber amerikanischer Weltkriegsspiele. Es ist ein abstraktes Aufbauspiel, und wenn man es gut kennt, dann artet die Zug-Optimierung, die Interaktion, das lebenswichtige Knüppel-zwischen-die-Beine-Werfen richtiggehend in Arbeit aus.
Günther (mit einer Stunde Verspätung eingetrudelt) wurde um Spieltips gefragt. „Man muß Startspieler sein!“ Ist hier der Saulus zum Paulus geworden? Nein, eher der Petrus zum Judas!
Moritz bekam als Neuling die Startspielerrolle zugewiesen und belegte sofort die Strecke Göttingen-Quedlingburg. Aaron blockierte mit seiner Scheibe Quedlingburg und legte einen Würfel in Richtung Lübeck. Walter blockierte Göttingen und Warburg und Günther blockierte Warburg und Lübeck. (Insider erkennen hieraus sofort, dass Günther nicht auf seinem angestammten Platz saß. Warum wohl?)
Moritz scheute die Unkosten beim Verdrängen, war aber dann doch der erste, der sich 5 Aktionen freigeschaufelt hatte. Allerdings war er dafür bis zum Schluß bei seiner Startausstattung an Säcken stehengeblieben. Dieses Handicap kann man nicht wieder gut machen.
Aaron setzte auf ein schnelles Ende und begann unverzüglich, sich ein Streckennetz aufzubauen. Es hätte auch fast zum Sieg gereicht. Wenn Walter ihm noch schnell 2 Wertungspunkte zugeschustert und damit das Spiel beendete hätte. Doch dann wäre er selber Letzter geworden, er wollte aber lieber Vorletzter werden. So erhielt Günther noch eine Chance. Der hatte auf die Verdrängt-Werden-Strategie gesetzt. Damit bekommt man am leichtesten eigene Würfel aufs Brett, und wenn man sie auch noch günstig verschieben kann, kann man damit reichlich punkten. Er nutzte die Chance zum Sieg.
Moritz hatte die Sudden-Death-Bedingung beim Spielende nur halb verstanden und war entrüstet. „Ich mache Euch jetzt den Jens! 2 Punkte fürs Spiel!“ Glücklicherweise wird auch bei ihm die Suppe nicht so heiß gegessen wie gekocht. Er konnte sich noch zu 6 Wertungspunkten aufraffen, wünschte sich aber sehnlichst Spiele herbei, die Atmosphäre haben. Wie z.B. „Wind River“, ebenfalls vom Argentum-Verlag, das „super auf die Thematik eingestellt ist“.
Und doch war es gerade Moritz, der nach einem bißchen Palaver über die verschiedenen Entwicklungslinien von „Hansa Teutonica“ eine sofortige Wiederholung des Spiels vorschlug. Gesagt, getan. Solche Wiederholungen kann man am Westpark an einem Finger abzählen!
Wieder verlief das Spiel anders als in allen vorherigen Spielen. Eine der Stärken von „Hansa Teutonica“, die das Spiel wohl noch lange spielenswert halten. Zu Beginn gab es äußerst hartnäckige Kampfszenen um die begehrten Entwicklungsstrecken für Aktionen und Säcke. Als sich der Dampf gelegt hatte, suchte sich jeder eine ruhige Ecke, in der er möglichst ungestört seine Siegpunktquellen sprudeln lassen konnte. Individuelle Denkphasen schlossen sich an, allerdings nicht so lange, dass Aarons schneller tickender Biorhythmus nervös werden konnte.
An Günther lief das Spiel gnadenlos vorbei. Sein Pulver aus dem ersten Spiel war naß geworden. Kein Verdrängen, keine Strecke, keine Aktionen, keine Säcke. Er wurde Letzter. Nach vier aufeinanderfolgenden Siegen darf das hier doch mal gesagt werden. Ehrliche Frage: Was hast Du eigentlich für Züge gemacht? Ich kann mich an keinen einzigen mehr erinnern!
Moritz profitierte von Günthers Abräumwertungen, die ihm die wichtigen Entwicklungsstrecken des Anfangs leer und herrenlos überließen und konzentrierte sich mit seiner Aktionsmasse sehr bald auf den Streckenbau. Damit wurde er Sieger.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt), Günther: 8 (bleibt, ein äußerst facettenreiches Spiel), Moritz: 7 (als Einschränkung: „das Spiel ist clunky und abstrakt“, als Empfehlung: „Man muß antizyklisch spielen“), Walter: 9 (bleibt).
3. “Halunken und Speklunken”
Spieleautor ist der Klassiker Alex Randolph, dessen Erzeugnisse es immerhin 13 mal auf die Auswahlliste zum „Spiel des Jahres“ gebracht haben. Auch die „Halunken“ sind ein Klassiker. Allerdings aus dem vorigen Jahrtausend. 1997 waren die Geschmäcker offensichtlich noch anders.
Wir schicken unsere Kapitäne acht Runden lang um das Hafenbecken, um die beste Mannschaft anzuheuern. Unser Bewegung bestimmen wir anhand von Bietkarten nach Art von „Hol’s der Geier“. Wenn zwei Spieler zufällig die gleiche Bewegungskarte ziehen, müssen beide stehenbleiben.
Unsere angeheurte Mannschaft besteht aus Karten, deren Wert wir erst kennen, wenn wir die Karte erworben haben. Dann liegt die Karte offen vor uns und und die Mitspieler können sie uns abluchsen, wenn sie zufällig auf das gleiche Feld kommen, auf dem wir stehen.
In der Erweiterungsregel gibt es noch einen Kapitän, der uns ebenfalls Karten abluchst, ebenfalls mit einer gewissen Zufälligkeit, aber deutlich höherer Wahrscheinlichkeit. Den Kapitän können wir ersteigern, dann gehören die von ihm abgeluchsten Karten uns selber.
Eine Art Blinde-Kuh-Spiel unter Blinden nachts im Dunkeln bei Stromausfall. Am Ende, wenn man nur noch eine einzige Bewegungskarte hat, fällt mit der Schrittweite sogar noch der einzige Freiheitsgrad weg, den wir im Spiel haben. Stefi schrieb bei FAIRspielt: „Kein Taktikergeschick nötig. Einfach nette Unterhaltung.“ Das war wohl auch schon im letzten Jahrtausend!
WPG-Wertung: Aaron: 4 (wohlwollend), Günther: 4 (einschließlich eines halben Randolph-Gedächtnis-Punktes, „kaputt ist das Spiel nicht“), Moritz: 5 („spielt sich wie ein Familienspiel, ist aber kein Familienspiel“), Walter: 3 (möchte es nicht noch einmal spielen, weder mit seinen Kindern noch mit seinen Enkelkindern).
4. “Bluff”
Moritz stand mit 3:1 gegen Günther im Endspiel. Günther gab nach seiner Leib- und Magen-Strategie 1 mal die Fünf vor, Moritz hob ab 2 mal die Fünf, Günther auf 2 mal den Stern. Schweres Los für Moritz: Er hatte Eins, Zwei und Stern unter dem Becher. Was hättet Ihr gesetzt?
Moritz legte den Stern und die Zwei heraus und würfelte mit der Eins nach. Eine Zwei. So einfach geht „Bluff“! In jedem Fall aber 4 vorzügliche Schachzüge der Beteiligten.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
07.04.2010: 3:1 gegen den FC Bayern München
Für Bayern-Münchener ist es ja eine Schande, sich am Mittwoch Abend mit braven Brettspielchen abzugeben, während der stadtbewegende FCB ums Überleben bei Manchester United antritt. Mindestens drei Spieler der Westparker wurden nicht einmal rot dabei. Nur ein Vierter, emotional und mit seinem „Ballack“ auch musikalisch mit dem FCB verbunden, sagte seine Teilnahme am Westpark definitiv deshalb ab, weil er einen Fußballabend am Fernseher vorzog. Der Abend fing also schon mal mit einem 3:1 gegen die Fußballer an.
1. “Giganten der Lüfte”
Letzte Woche als Absacker abgelehnt, blieb Günther hartnäckig und setzte das Spielchen heute zum Aufwärmen vor. Er ging aber gleich in die Defensive: „Nur wenn Ihr das jetzt unbedingt wollt!“ Wir wollten es, a) kennenlernen und b) Wilhelm auch noch ein bißchen dabei ärgern. Günther machte sich befriedigt ans Erklären, und er war noch nicht halb fertig, da lag der FCB schon mit 2:0 Toren zurück und war aus der Champignos Lieck ausgeschieden.
Wir würfeln mit einer steigenden Anzahl von Würfeln in den Farben weiß, rot und schwarz. Wenn wir gut würfeln, kriegen wir „Aufbaukarten“, mit denen wir die Anzahl nutzbarer Würfel erhöhen und unsere geworfenen Würfelzahlen modifizieren dürfen. Dieses Würfelverbesserungsprinzip ist von „Um Krone und Kragen“ bereits bestens bekannt und nur bedingt beliebt.
Doch “Giganten der Lüfte” hat dagegen noch ein paar spieltechnische Verbesserungen aufzuweisen. Man würfelt nicht bis zur bitteren Neige und sucht sich dann für sein Würfelergebnis die beste Aufbaukarte auf, sondern man muß vorher bekanntgeben, um welche Karte man würfeln will, und muß dann die genau für diese Karte geforderten Mindestaugenzahl erwürfeln.
Gute und zweifellos weniger gute Karten stehen zur Auswahl und es gilt, den individuellen Vorteil einer Karte abzuwägen gegen die Wahrscheinlichkeit, mit dem aktuell vorhandenen Würfelmaterial diese Karte auch erwürfeln zu können.
Klappt es nicht, bekommt man als Trostpreis wenigstens einen Bonus-Chip, mit dem man bei seinem nächsten Versuch zu seinem Würfelergebnis einen Punkt hinzuaddieren kann. Doch der Trostpreis ist kein voller Ersatz für Würfelglück, für neue Aufbaukarten, erweiterte Würfelausstattung und die nächste höhere Würfelausbeute.
Aarons sprichwörtliches Würfelpeck schlug wieder voll zu. Ein bißchen trug allerdings auch seine Farbenblindheit dazu bei. (Wessen?) Jedenfalls verlegte er sich sehr bald auf die Bonus-Chips-Strategie, und konnte einen Trostpreis nach dem anderen einkassieren.
Günther hatte mit seiner gigantischen Erfahrung natürlich sofort erkannt, welche Aufbaukarten die größten Zukunftsaussichten boten. Mit Können, Glück und Zufall konnte er gleich in den ersten Runden die Karten für einen roten Zusatzwürfel und für einen roten Plus-Modifier zulegen. Das war sein unangefochtener Sieg. Der FCB lag inzwischen mit 3:1 Toren zurück und war immer noch ausgeschieden.
WPG-Wertung: Aaron:4 (Punktzahl von „Um Krone und Kragen“ minus 3, mindestens jedoch 4 Punkte), Günther: 6 (lockeres Familienspiel), Walter: 5 (Punktzahl von „Um Krone und Kragen“ plus-minus 0).
Warum heißt das Spiel eigentlich „Giganten der Lüfte“? Weil auf dem Spielbrett ein dicker Zeppelin aufgedruckt ist! Und warum ist auf dem Spielbrett ein dicker Zeppelin aufgedruck? Ist doch klar: Weil das Spiel „Giganten der Lüfte“ heißt!
2. “Hansa Teutonica”
Walter hatte per Emails nochmals eine Attacke auf die Determiniertheit von “Hansa Teutonica” geritten. Behauptung: Der Startspieler muß in seinen ersten beiden Zügen seinen Aktionsspielraum erweitern und hat damit unweigerlich gewonnen. Günther argumentierte dagegen, daß a) der Startspieler als Startaufstellung weniger Spielsteine bekommt und daß b) die Mitspieler den Ausbau der Aktionsstrecke Göttingen-Quedlingburg blockieren können. Doch schon der Evangelist wußte: „Glücklich zu preisen sind die, die nicht sehen und doch glauben.“ Walter war nicht zu preisen, heute sollte er sehen lernen. Natürlich als Startspieler.
Sein erster Zug war unwidersprochen determiniert: Eine Scheibe und einen Würfel auf die Strecke Göttingen-Quedlinburg. Aarons erster Zug war Günther minded: Eine Blockade-Scheibe in Richtung Quedlinburg und einen Würfel auf die Lübecker Säckchenstrecke. Günther wollte zuerst die gesamte Lübecker Reststrecke blockieren, doch dann fand er einen noch besseren Zug gegen Walters Aufmüpfigkeit: Nur einen Würfel in Richtung Lübeck, mit der Scheibe verdrängte er Walters hoffenden Aktionswürfel.
Es folgten weitere Blockierungszüge von allen Spielern, die absolut unerwartete und chaotische (positiv!) Spielstände produzierten. Walters Aktionshypothese war glänzend widerlegt. Jeder war zu jeder Zeit bei jedem Zug absolut Schmied seines eigenen Glückes. Am Ende hatte keiner mehr als 3 Aktionen entwickelt und die beste Nutzung der Streckentopologie des Spielbrettes brachte den Sieg. Na wem schon. Dem, der das Spiel am besten kannte und beherrschte: Günther.
Zu einem Zeitpunkt, als der FCB gerade sein zweites Tor geschossen hatte und Gary Lineker’s berühmter Fußballspruch über die Deutschen sich diesmal auch für die Bayern bewahrheitete.
Ein Superspiel. Hallo Argentum-Verlag: Ich krieche zu Kreuze!
Keine neue WPG-Wertung.
3. “Stone Age”
Nur zwei Jahre alt, und doch schon in die Jahre gekommen. In einer Dreierrunde sind die Setzmöglichkeiten eingeschränkt. Beim Baumaterial dürfen sich nur jeweils 2 Spieler engagieren. Das kann für den dritten Spieler durchaus peinlich werden. Wurde es auch. Doch das nur nebenbei.
Walter entschied sich für die Holz-Schiene. Nach Möglichkeit schickte er jeden seiner Pöppel zum Holzhacken, um sich als Holz-Krösus alle Zivilisationskarten unter den Nagel reißen zu können. Die Idee war nicht schlecht, die Ausführung problemlos, nur der Erfolg blieb aus.
Günther hatte von vorneherein auf die kumulativen Effekte der Steinäxte gesetzt. Mit Priorität entwickelte er seine Schlagkraft, entweder im Dorf oder per Zivilisationskarten. Am Ende besaß er 10 Steinaxt-Punkte, mit denen er jeden Mitspieler in Grund und Boden würfeln konnte. Und in der Schlußwertung brachte ihm das nochmals 70 (!) Siegpunkte ein!
Vielleicht war auch das Glück ein bißchen auf seiner Seite, vielleicht haben die Mitspieler hier geschlafen. Auf jeden Fall sollte die Steinaxt-Strategie und die Steinaxt-Gegenstrategie in Zukunft immer im Auge behalten werden.
WPG-Wertung: Aaron reduzierte seine 8 Punkte aus dem Jahre 2008 auf gnädige 6 Punkte. „Die individuelle Abrechnung nach dem Setzen ist zu langatmig. Es fehlt an Tempo“. Die beiden Mitspieler waren baff. Günther fand die anderthalb Spielstunden für ein abendfüllendes Spiel relativ schnell. Für Walter sind allein die Freiheitsgrade innerhalb der Zugmöglichkeiten schon 9 Punkte wert, doch er wollte Aarons Gnadenhaltung nicht weiter strapazieren.
Bewegliche Ziele
Eine kleine Gemeinschaft von Spieleentwicklern bringt in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen neue Varianten der 18xx-Eisenbahnspielreihe heraus. Neben den wenigen größeren Verlagen, die den Mut haben, ein professionell gestaltetes 18xx-Spiel für die kleine Fan-Gemeinde herauszubringen, gibt es inzwischen einige engagierte 18xx-Autoren, die ihre Spiele in hervorragender Aufmachung anbieten. Ein solches Prachtstück, noch in seiner Prototypform, durften Günther und Aaron kürzlich kennenlernen.
1880 – China
Über dreißig 18xx-Varianten sind inzwischen erschienen und man ist geneigt zu fragen, was außer einer neuen Länderkarte denn noch wesentlich Neues bei einem 18xx-Spiel entwickelt werden kann. Und hier ist 1880-China eine wirkliche Überraschung. Helmut Ohley und Lonny Orgler (Double-O Games) haben sich für ihr Spiel ein paar Mechanismen einfallen lassen, die das etwas angestaubte 18xx-Konzept in neuem Glanz erscheinen lassen, ohne dabei auf Bewährtes zu verzichten.
Der folgende Text beschreibt nur diese Neuerungen und der mit dem 18xx-Konzept noch nicht vertraute Leser möge sich anhand der vielen 1830-Artikel auf unserer Web-Site über die wesentlichen Prinzipien informieren.
Neben den bereits bekannten Privatgesellschaften mit ihren jeweiligen Sondereigenschaften und konstanten Erträgen gibt es als erste Neuerung die ausländischen Investoren, die in den ersten Spielphasen agieren. Jeder Spieler sucht sich nach der Versteigerung der Privatgesellschaften einen der sieben Investoren aus, deren Heimatbahnhöfe bunt über den Spielplan verteilt sind. In den anschließenden Betriebsrunden baut dann der Spieler vom jeweiligen Heimatbahnhof eine Bahnstrecke, die sogleich mit der gerade zum Verkauf stehenden Lok befahren wird, ohne dass diese erworben werden muss. Das Einfahrergebnis landet vorerst in der Kasse des Investors. Der Investor ist zudem fest an die erste vom jeweiligen Spieler gegründete Eisenbahngesellschaft gebunden und beide haben das Ziel, ihre Netze miteinander zu verbinden. Sobald dies geschieht, verschmilzt der Investor mit der ihm zugeordneten Gesellschaft und sein bis dahin eingefahrenes Kapital geht zu mindestens 80% an diese Gesellschaft; die restlichen maximal 20% darf der Direktor der Gesellschaft einsacken.
Die Wahl der Gesellschaft/Investor-Kombination bietet einerseits neue taktische Möglichkeiten im Streckenbau und andererseits neue Herausforderungen durch das notwendige Timing des Zusammenschlusses der beiden Netze. Gleichzeitig ist jeder Spieler mit Beginn der ersten Betriebsrunde aktiv mit mindestens 2 Linien am Streckenbau und den Einfahrergebnissen beteiligt.
Die wohl bemerkenswerteste Neuerung ist die variable Anzahl an Betriebsrunden oder, wie der Autor sagte, der variable Zeitpunkt der Aktienrunde. Wie gewohnt legt jeder Direktor bei der Firmengründung den Initialwert seiner Aktie fest. Dieser kann bei 1880-China einen von vier Werten annehmen: 70, 80, 90 und 100. Anders als bei anderen 18xx-Spielen gibt es eine Platzierungsleiste – eigentlich ein Platzierungsring – mit einer festen Anzahl an Initialwertpositionen: 4×70, 2×80, 2×90 und 4×100). Der Spieler legt beim Kauf der Direktoraktie einen Gesellschaftspöppel auf einen beliebigen freien Platz dieser Leiste und bestimmt damit
- wie üblich den Initialpreis der Aktien der Gesellschaft und
- die Position der Gesellschaft in der Abarbeitungsreihenfolge der Betriebsrunde. Diese liegt damit für die gesamte Spieldauer fest und ändert sich nicht bei Aktienkursänderungen.
Zusätzlich dient diese Platzierungsleiste zur Steuerung der Betriebsrundenanzahl. Sie wird zyklisch abgearbeitet, d.h. hat die letzte Gesellschaft der Leiste ihre Betriebsphase beendet, beginnt eine neue Betriebsrunde bei der ersten.
Aber wann gibt es eine Aktienrunde? Ein kleiner Markierungspöppel kennzeichnet dabei diejenige Gesellschaft, die als letzte eine Lok gekauft hat. Wenn nun, analog dem Passen der Spieler in der Aktienrunde, keine nachfolgende Gesellschaft mehr eine Lok gekauft hat, gibt es vor der Ausführung der Betriebsrunde der markierten Gesellschaft eine Aktienrunde. Außerdem gibt es sofort eine Aktienrunde, wenn die letzte Lok eines Pakets gekauft wurde.
Damit bekommen die Lokkäufe eine neue Dimension, da hierüber in Grenzen beeinflusst werden kann, wann eine Aktienrunde stattfindet. Je nach aktuellem Einfahrergebnis und der persönlichen Bargeldsituation kann es sinnvoll sein, die Aktienrunde durch den Kauf einer Lok hinauszuzögern bzw. bewusst herbeizuführen.
Nach der Aktienrunde wird die Betriebsrunde der zuletzt agierenden Gesellschaft ggf. noch zu Ende geführt und dann mit der nächsten auf der Leiste fortgefahren. Hiermit hat ein Spieler die Möglichkeit durch entsprechende Festlegung des Initialpreises auch in den späteren Spielphasen eine neu gegründete Gesellschaft bereits unmittelbar nach der Aktienrunde in Betrieb gehen zu lassen, um so zum Beispiel die letzte – oder erste – Lok eines Pakets kaufen zu können. Dieses Element der variablen Anzahl an Betriebsrunden gepaart mit der zyklischen Abarbeitung der Gesellschaften in der Betriebsrunde verschafft 1880-China eine völlig neue Dynamik, die wohlüberlegt gesteuert werden will.
Abschließend noch zwei weitere Neuerungen, die sich harmonisch in das Gesamtkonzept einfügen. Da ist zum einen die Möglichkeit, eine variable Anzahl an Aktien als Direktorpaket zu kaufen. Das „normale” Paket hat wie üblich 20% der Aktien, daneben gibt es aber alternativ die Möglichkeit, gleich ein 30% oder gar 40% Paket zu kaufen. Je nach Spielphase müssen immer größere Pakete gekauft werden, was die Gründung neuer Gesellschaften gerade in der späten Mittelphase des Spiels verzögert. Gleichzeitig haben größere Direktorpakete den Nachteil, dass deren Gesellschaft in weniger Spielphasen bauen darf. Während man bei einem 20%-Paket noch in drei Phasen Gleise und Bahnhöfe legen darf, also z.B. in der gelben, grünen und braunen Phase, darf man bei einem 40%-Paket nur noch in einer einzigen, wählbaren Phase bauen. Gerade in der braunen Phase gestartete Gesellschaften haben dann das Problem, entweder nur in der braunen oder nur in der späteren grauen Phase bauen zu dürfen, während die früh in der gelben Phase gestarteten Gesellschaften in der grauen Phase dann nicht mehr bauen dürfen. Neben den daraus resultierenden taktischen Möglichkeiten beschleunigt diese Neuerung die Betriebsphasen der letzten Runden deutlich.
Die letze Neuerung ist eine Besonderheit der üblichen zweidimensionalen Aktienkurstabelle. Die Kurssteigerungen bei Ausschüttungen sind eher gering, so dass auch bei häufigem Ausschütten die Kurse nicht explodieren. Gleichzeitig zahlen Gesellschaften einen vom Einfahrergebnis unabhängigen Bonus aus, der umso höher ausfällt, je höher der Aktienkurs ist. Beide Mechanismen sorgen dafür, dass auch bereits lange fahrende Gesellschaften noch nachgekauft oder übernommen werden können, und dass trotzdem genügend Geld in die Kasse der Gesellschaft bzw. des Direktors kommt, um weiter investieren zu können.
1880-China ist mit seinen neuen Mechanismen eine erfrischend moderne Variante des 18xx-Prinzips, die sich positiv von seinen Urvätern abhebt. Ohley und Orgler haben hier während der vielen Monaten Entwicklungszeit ganze Arbeit geleistet und einen neuen Stern am 18xx-Himmel geschaffen und wird im Oktober dieses Jahres in der von Double-O Games gewohnten hervorragenden Materialqualität erscheinen.
Ein kleiner Wermutstropfen noch zum Schluss: was wohl keinen wirklichen 18xx-Geek abschrecken wird, ist die nicht unbeträchtliche Spieldauer von 6 Stunden. Bis Oktober soll es zwar die notwendigen Konfigurationsparameter für Lemmis 18xx-Moderationsprogramm geben, was dann die langwierige Geldauszahlung und -wechselei hinfällig macht. Aber die Spieldauer wird damit immer noch 4 Stunden betragen und die Bedienung des Moderationsprogramms ist nichts für Gelegenheitsspieler. Wie schön wäre es, wenn ein Spiel wie 1880-China auch in einer Kurzvariante mit halber Spielzeit erschiene…
31.03.2010: Einsichten und Einsehen
Spiel ist notwendig zur Führung eines menschlichen Lebens. (Thomas von Aquin, Summa theologica)
1. “Hansa Teutonica”
Zu Spielbeginn hat jeder Spieler zwei Aktionen pro Zug, mit denen er mehr oder weniger zwangsläufig je einen Pöppel auf Felder in ein Wegnetz zwischen Städten der norddeutschen Hanse legt. Hat er zwei Städte verbunden, darf er seinen Spielraum erweitern:
– mehr Aktionen pro Zug ausführen,
– mehr Pöppel pro Aktion requirieren,
– mehr Pöppel pro Aktion versetzen
– Wertungspositionen in Städten belegen
– sich höhere Privilegien zulegen.
Es ist klar, daß ein höherer Aktionsspielraum zu Beginn lebenswichtig ist, und alle Spieler rangeln um diese Erweiterung. Daß dies ein bißchen einseitig ist, war unser schärfster Kritikpunkt, als wir “Hansa Teutonica” vor zwei Monaten zum ersten Mal auf dem Tisch liegen hatten.
Doch unser Kritikpunkt war einseitig. Klaus Ottmaier vom Argentum-Verlag hat uns eine ganze Reihe von Alternativen zur reinen „Aktions-Erweiterungs-Strategie“ aufgezeigt. Heute ging es im wesentlichen darum, deren Stichhaltigkeit zu verifizieren. Günther war der Advocatus Diaboli, der uns die Nicht-Aktions-Alternativen praktisch und theoretisch demonstrieren sollte.
Als Startspieler ließ er sich die Gelegenheit zur Aktions-Erweiterung natürlich nicht entgehen. Dann spielte er aber auf ein schnelles Ende. Nach einem Handlungspielraum von 3 Aktion verzichtete er auf die weiteren Entwicklung und besetzte dafür die Wertungspositionen, mit denen er fortlaufend langsam aber sicher alle Siegpunkte einheimste, um das Spiel per Wertungsskala beenden zu können.
Aaron war gleich zu Beginn ins Hintertreffen geraten, als Günther und Walter durch gegenseitiges Verdrängen auf der Aktionsstrecke sich gegenseitig zusätzliche Pöppel aufs Spielfeld brachten. Da wurde nochmals kurz der Vorwurf der Aktions-Determiniertheit aufgebracht und diskutiert. Aber noch war nichts entschieden und die verschiedenen Position-Vor- und Nachteile konnten nicht auf einen Nenner gebracht werden.
Walter kam von seiner Aktions-Schiene nicht mehr herunter. Die Entwicklungsmaximierung verfolgte er mit einer solchen Hartnäckigkeit, daß er am Schluß das am besten entwickelte Aktions-Tableau besaß, aber fast keinen einzigen Siegpunkt.
Auf jeden Fall konnte Günther mit seinem Kantersieg vor Aarons ausgewogenen Vorgehensweise ganz klar belegen, daß in „Hansa Teutonica“ viele Wege zum Ziel führen. Das lies unsere Punkte-Bewertung gleich nach oben schnellen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (vorher 5, „Man muß auf vieles achten und kann dabei manches übersehen“), Günther: 8 (bleibt, für mehr Punkte hätte es noch mehr emotionale Begeisterung entfachen müssen), Walter: 9 (vorher 7, Will seinen Bewertungrahmen ausschöpfen.)
Hallo Wilhelm, bist Du jetzt zufrieden?
2. “Vasco da Gama”
Unter dem Thema Seefahrt erwerben wir Handelsprojekte, werben Mannschaften und Kapitän an, setzen die Segel und lassen uns über Sonderrollen noch ein paar Vorteile zuschustern.
Die Aktionen stehen allen Spieler offen, nur um die Reihenfolge wird geboten. Die meisten Gebote kosten nichts, nur die allerersten gehen richtig ins Geld, und Geld ist knapp. Bemerkenswert ist, daß der Preis für die Gebote kein vorher genau festgelegter Wert ist, sondern pro Runde ausgehend von einem Basiswert mit einer Zufallsverschiebung zwischen minus-Drei und plus-Drei Einheiten variiert. Wer hier alles auf eine Karte setzt und keine Geldreserve zurückhält, muß u.U. auf eine Aktion ganz verzichten und bekommt als Minimal-Entschädigung gerade mal eine Geldeinheit zurück.
Über diesen vom Autor eingebauten Zufallseinfluß hatte es bei uns vor 3 Wochen heftigste Unmutsäußerungen gegeben. Ist „Vasco da Gama“ ein Zockerspiel? Keineswegs. Wer natürlich mit seinen Geboten höchstes Risiko eingeht und mit seinem letzten Pfennigen nicht allen Preisverschiebungen standhalten ist, der kann in dieser Alles-oder-Nichts-Strategie untergehen. Doch unter Einhaltung einer Sicherheitsreserve sollte man sich voll auf die optimalen Kombinationen von Schiffsausrüstungen und Handelsfahren konzentrieren. Dann bietet das Spiel eine Fülle von konstruktiven und destruktiven Interaktionen für sich selbst und gegen die Ambitionen der Mitspieler.
Knapp ist alles, was wir für unseren Seehandel brauchen. Eine Menge Logistik und richtiges Timing ist unabdingbar für ein erfolgreiches Spiel. „Ich habe einen Fehler gemacht“ gehört zum Standard-Vokabular. Hoffentlich! Wer erstens so klug ist, daß er alle Wechselfälle der Seefahrt durchrechnen kann und zweitens so brutal, das während des Spiel auch zu noch tun, der kann „Vasco da Gama“ töten. In unserer Dreierrunde gabe es nur leichte Ansätze dazu (von wem wohl?) und deshalb auch keinerlei Klagen über übermäßige Wartezeiten. Den Vorgabewert von einer halben Stunde pro Mitspieler konnten wir spielend einhalten.
WPG-Wertung: Aaron bleibt bei seinen 8 Punkten („spannend bis zum Schluß“), Günther bleibt bei seinen 7 Punkten („Die vielfältigen Punkteabrechnungen sind nicht sehr eingängig“), Walter: 8 (neu).
3. “Rumis”
„Giganten der Lüfte“ wurde als Absacker abgeleht. Gut zu würfeln, um sich damit in die Lage zu versetzen, noch besser zu würfeln, war nicht nach dem Geschmack des Hausherrn. Zumindest nicht zum Absacken.
Als Alternative zu „Bluff“ bot sich „Rumis“ an. Da kam auch in die älteren Herren nochmals richtig Bewegung. Beim Auskundschaften der besten Plätze für die Bauklötzchen, mit denen man sich ein möglichst großes Stück vom Oberflächenkuchen sichern kann, blieb kein Arsch auf seinem Stuhl.
Wichtig ist das Augenmaß, sich gerade soviel Kuchen auf die Seite zu ziehen, daß man davon satt werden kann, ohne daß die anderen davon ein Stück abhaben wollen. Walter gelangt es dreimal, Aaron und Günther zum Kampf um den Restkuchen zu verleiten.
17.03.2010: Das wahre Leben
Drei Wochen Urlaub in Thailand mit der besten aller Ehefrauen bedeutet drei Wochen Verzicht und Enthaltsamkeit: Vom Westpark und vom Brettspiel. Die einzige Begegnung mit Spielen war ein junger Russe in einer einsamen Bucht auf Ko Phi Phi, der mittels Figuren im Sand versuchte, Schachprobleme zu lösen.
Heute konnte ich endlich wieder tief eintauchen in das faszinierende, pulsierende Leben als Brettspieler, noch dazu unter der Anleitung eines professionellen Spieleerfinders.
1. “Holzhacken im Schwarzwald”
Das Spiel ist noch im Entstehen, der obige Name ist nicht einmal als Arbeitstitel im Gespräch. Christof Tisch, der bei HiG reichlich Verdienste in Grafik und Design erfolgreicher Spiele erwoben hat, geht damit schwanger und sucht Hebammen, die ihm einen strammen und gesunden Sprößling garantieren. Kreativität und Kritik waren heute gefragt. Die Spielabläufe sind in vielen Details noch absolut offen, nur das Thema steht. In dieser Vorgehensweise steht Christof unserem Moritz durchaus sehr nahe.
Wir sind Holzfäller im Schwarzwald, fällen Bäume und lassen sie den Jagst und den Kocher, oder wie immer die Flüßchen dort heißen, hinuntertreiben. Je mehr eignes Holz unterwegs ist, desto schneller treibt es. Einzelstücke haben kaum Chancen, den Rhein zu erreichen, zu Flößen gebündelt und nach Holland verkauft zu werden. Für reichliche Siegpunkte, selbstredend.
Ab und zu gibt es Stauseen, die unsere Baumdrift aufhalten. Dann brauchen wir tüchtige Arbeiter, die den Weg wieder freimachen. Auch dafür gibt es Siegpunkte. Doch die Arbeiter waren Mangelware, unsere Stauseen blieben lange gefüllt und der Rhein wartete vergeblich auf sein erstes Floß. Hier muß sich deutlich noch was ändern. Lösungsideen dafür gab es genug.
Nach einer guten Stunde Spielzeit fing ein Blödelintermezzo an. Wir assoziierten die Schwarzwaldflüsschen mit Kanalisationsrohren und die Bäume mit den entsprechenden Festteilchen, sie gewöhnlich darinnen herumschwimmen. Hoffentlich ohne Stau.
Doch trotz dieses Abschweifens, trotz all der offen zutage getretenen Ecken und Kanten und der notwendigen Verbesserungsaufgaben blieb die Spielatmosphäre ständig locker und konstruktiv und das Spielvergnügen war ungebrochen. Schon jetzt tragen einige Spielabläufe feine, elegante Züge und selbst das provisorische Spielmaterial hat bereits physiologische Reize. Ein großes Brettspiel könnte entstehen. Und wir sind dabei gewesen.
Noch keine WPG-Wertung.
2. “Sutter’s Mill”
An Sutter’s Mill bei Coloma in Nord-Kalifornien, fand im Januar 1848 der Zimmermann James W. Marshall mehrere Gold-Nuggets und löste damit den kalifornischen Goldrausch aus. So steht es bei Wikipedia.
Phalanx hat letztes Jahr daraus ein Brettspiel gemacht und das Thema sehr hübsch und flüssig umgesetzt. Wir sind Goldsucher, oder besser unsere Pöppel sind es. Jeder Spieler hat davon 5 Stück. Wir lassen sie in den Camps arbeiten und ihre Nugget-Funde in der Stadt in Siegpunkte umsetzen.
Die Ausbeute ist umso höher, je mehr Privilegien wir uns beim Schürfen zugelegt haben. Diese Privilegien ersteigern wir uns durch den Einsatz von Werkarten. Ein Großteil der spielerischen Interaktion besteht hier im richtigen Erwerben, Verdrängen und Verdrängtwerden.
In der Schlußphase sollten wir unsere Wertkarten allerdings wieder vom Spielbrett abräumen, denn damit steuern sie einen erheblichen Anteil zu unseren Siegpunkten bei.
Auch unsere Goldsucher sollten das Spielfeld rechtzeitig verlassen, weil sie sonst erhebliche Punktabzügen verursachen.
So ist “Sutter’s Mill” eine sehr gelungene Mischung von massivem Goldsuchen, wohl dosiertem Bieten um Privilegien, und scharf kalkuliertem Umschalten von der Aufbau auf die Ernte- und Abbauphase.
Christof, der als einziger das Spiel kannte, hatte keine Schwierigkeiten, seinen Knowhow-Vorsprung in ein dickes Siegpunktekonto umzumünzen. Doch allen anderen blieb der greifbare Vorsatz, beim nächsten Mal vieles besser zu machen.
WPG-Wertung: Christof: 8 (obwohl der Spielablauf ziemlich mechanisch ist, ist das Thema vorzüglich umgesetzt), Hans: 8 (sehr abwechslungsreich), Moritz: 8 (träumt schon von seiner verbesserten Siegstrategie, wo er überall als Erster die Schlüsselzüge macht), Walter: 8 (schnell, flott, herausfordernd)
3. “Mosaix”
Ein Spiel, für das Christof nicht nur die Grafik gemacht hat, sondern das er auch komplett selbst entwickelt hat. Spiele-Schmidt hat es verlegt. Auf eine Formel gebracht handelt es sich um eine Art „Würfelbingo“.
Ähnlich wie beim „Bingo“ (oder wie beim „Schiffchen-Versenken“) hat jeder Spieler hat ein kariertes Spielbrett vor sich. Reihum wirft jeder Spieler mit 4 Würfeln, auf denen die Symbole Kreis, Dreieck und Kreuz abgebildet sind. Die 4 Würfelergebnis werden zu einem beliebigen Muster zusammengestellt und die Spieler müssen dieses Muster in ihrem karierten Spielbrett auf freie Felder eintragen. Dabei darf ein Teil des Musters, der über den Spielbrettrand hinausgeht, unter den Tisch fallen.
Sobald der erste Spieler sein Spielbrett total gefüllt hat, ist das Spiel zu Ende und es wird gewertet. Die Anzahl zusammenhängender Bereiche mit gleichem Symbol multipliziert mit der Summe aller Einzelfelder dieses Symbols ergibt die Siegpunkte. Es kommt also nicht nur darauf an, möglichst zusammenhängende Bereiche mit einem Symbol zu schaffen, sondern auch darauf, sie nicht über eine bestimmte Größe wachsen zu lassen, sondern möglichst viele getrennte Gebiete eines Symbols zu erzeugen. Eine hübsche Denkaufgabe für schnelle, formsichere Topologen.
WPG-Wertung: Christof: 8 (ist ja seine eigene Erfindung), Hans: 7 (unbestechlich), Moritz: 10 (Christof minded), Walter: 9 (1 Sympathiepunkt für Christof, 1 Punkt in memoriam seiner seligen Eltern, die sich mit einem ähnlichen Würfelspiel jeden Tag einige schöne Spielstunden bereitet haben. Er selber wird wohl in entsprechendem Alter sowohl in Thailand wie auch am Westpark in die Röhre schauen müssen.