Vom geplanten aber abgeblasenen Streik der Lufthansapiloten wäre der eine oder andere von uns vielleicht betroffen gelesen. Vom gleichzeitig in Frankreich stattfindenden Eisenbahnerstreik wohl kaum. Außer Hans. Gestern kam seine Mail hier an:
„Meine Rückreise aus dem Frankreichurlaub läuft ganz und gar nicht wie geplant … und kann noch dauern. Ein Eisenbahnerstreik begann am vergangenen Mittwoch, meinem ersten geplanten Rückreisetag. Am Sonntag hatte meine Mitfahrgelegenheit kurz nach Abfahrt eine spektakuläre Panne, und heute fahren in der Region wieder keine Züge. Es nervt langsam. Zwischen Gewerkschaft und Bahn gibt es bisher keine Einigung, und ich habe auch die Nase voll vom Frühaufstehen ohne Erfolg …
Sorry, dass ich entgegen der Ankündigung am Mittwoch nicht komme!“
Gleich darauf meldete sich Günther: „Dann sage ich noch zu. Somit sind wir wieder zu viert!“
Doch Mittwoch Abend, 19 Uhr, war weit und breit kein Günther zu sehen. Kein Anruf, keine Absage, keine Mail. 15 Minuten Wartetoleranz ist Maximum, dann starteten wir als Trio.
1. “Cloud 9”
Auf Deutsch wird der Titel wohl mit „Wolke 7“ übersetzt. Das Altertum kannte sieben Himmel, dahinter endete die materielle Welt und es kam nur noch die Welt der Phantasie, Wünsche und Träume. Die Angloamerikaner sind hier weniger klassisch. Die „cloud no. Nine“ rührt (angeblich) daher, dass die höchsten Wolken nur bis zu acht Meilen über der Erde sein können, mit der Nummer 9 befindet man sich also über den Wolken.
Doch bei „Cloud 9“ geht es weniger hoch hinaus, als eher darum, Bodenberühung zu vermeiden. Wir befinden uns in einem superschönen Ballonkorb, reihum ist einer der Pilot und würfelt mit zwei (später mehr) Würfeln Farbkombinationen aus – rot-grün-gelb-lila. Für jede gewürfelte Farbe muß der Pilot eine gleichfarbige Karte (aus seiner verdeckten Kartenhand) abgeben. Hat er keine entsprechende Karte mehr, ist der Ballon abgestürzt und wir gehen leer aus. Doch bevor der Pilot bekennen muß, dass er keine passende Karte mehr hat, dürfen wir entscheiden, ob wir weiterhin im Ballon bleiben, oder lieber aussteigen. Steigen wir rechtzeitig aus, so bekommen wir Siegpunkte, und zwar umso mehr, je länger der Ballon unterwegs war.
Der Pilot darf natürlich nicht freiwillig aussteigen. Er muß auch noch mindestens eine Strecke weiter fliegen, um selber Punkte kassieren zu dürfen. Erleichtert wird seine Weiterfahrt durch „Wildcards“, die für beliebige Würfelkombinationen herhalten können. Viele zufällig gezogene Wildcards machen den Sieger aus. Der Pilot läßt seine Mitfahrer aussteigen und hangelt sich mit den Wildcards noch um gewaltige Punktespannen nach vorne. Insofern ist „Cloud 9“ ein normales braves, Chaos-Würfel-Kartenspiel.
Etwas problematisch ist die Regel, dass der Pilot nicht beweisen muß, dass er eine geforderte Würfel-Kartenkombination nicht mehr besitzt. Hier ist Betrug (oder Irrtum) Tür und Tor geöffnet. Irgendwie kann diese – eigentlich unerläßliche – Regel auch nicht in das Spiel eingebaut werden. Denn zeigt der Pilot seine Kartenhand, ist der ganze Spielwitz vorbei. Ein Geburtsfehler, der einem german-style Game wohl niemals passiert wäre.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (2 Punkte weniger als Stone Age), Moritz: 6 (fehlertolerant), Walter: 5 (höchstenfalls zum Aufwärmen).
2. “Hansa Teutonica”
Für Moritz zum Kennenlernen, für die anderen zur Vertiefung. Aaron durfte in freier Rede die Regeln erklären und ging sofort in die Details. Selbstverständlich kam von Moritz sofort die Rückfrage: „Und was ist das Thema?“ Lange Gesichter. Vom geschichtsträchtigen Thema „Hanse“ ist keine Stimmung enthalten. Zumindest nicht für einen eingefleischten Liebhaber amerikanischer Weltkriegsspiele. Es ist ein abstraktes Aufbauspiel, und wenn man es gut kennt, dann artet die Zug-Optimierung, die Interaktion, das lebenswichtige Knüppel-zwischen-die-Beine-Werfen richtiggehend in Arbeit aus.
Günther (mit einer Stunde Verspätung eingetrudelt) wurde um Spieltips gefragt. „Man muß Startspieler sein!“ Ist hier der Saulus zum Paulus geworden? Nein, eher der Petrus zum Judas!
Moritz bekam als Neuling die Startspielerrolle zugewiesen und belegte sofort die Strecke Göttingen-Quedlingburg. Aaron blockierte mit seiner Scheibe Quedlingburg und legte einen Würfel in Richtung Lübeck. Walter blockierte Göttingen und Warburg und Günther blockierte Warburg und Lübeck. (Insider erkennen hieraus sofort, dass Günther nicht auf seinem angestammten Platz saß. Warum wohl?)
Moritz scheute die Unkosten beim Verdrängen, war aber dann doch der erste, der sich 5 Aktionen freigeschaufelt hatte. Allerdings war er dafür bis zum Schluß bei seiner Startausstattung an Säcken stehengeblieben. Dieses Handicap kann man nicht wieder gut machen.
Aaron setzte auf ein schnelles Ende und begann unverzüglich, sich ein Streckennetz aufzubauen. Es hätte auch fast zum Sieg gereicht. Wenn Walter ihm noch schnell 2 Wertungspunkte zugeschustert und damit das Spiel beendete hätte. Doch dann wäre er selber Letzter geworden, er wollte aber lieber Vorletzter werden. So erhielt Günther noch eine Chance. Der hatte auf die Verdrängt-Werden-Strategie gesetzt. Damit bekommt man am leichtesten eigene Würfel aufs Brett, und wenn man sie auch noch günstig verschieben kann, kann man damit reichlich punkten. Er nutzte die Chance zum Sieg.
Moritz hatte die Sudden-Death-Bedingung beim Spielende nur halb verstanden und war entrüstet. „Ich mache Euch jetzt den Jens! 2 Punkte fürs Spiel!“ Glücklicherweise wird auch bei ihm die Suppe nicht so heiß gegessen wie gekocht. Er konnte sich noch zu 6 Wertungspunkten aufraffen, wünschte sich aber sehnlichst Spiele herbei, die Atmosphäre haben. Wie z.B. „Wind River“, ebenfalls vom Argentum-Verlag, das „super auf die Thematik eingestellt ist“.
Und doch war es gerade Moritz, der nach einem bißchen Palaver über die verschiedenen Entwicklungslinien von „Hansa Teutonica“ eine sofortige Wiederholung des Spiels vorschlug. Gesagt, getan. Solche Wiederholungen kann man am Westpark an einem Finger abzählen!
Wieder verlief das Spiel anders als in allen vorherigen Spielen. Eine der Stärken von „Hansa Teutonica“, die das Spiel wohl noch lange spielenswert halten. Zu Beginn gab es äußerst hartnäckige Kampfszenen um die begehrten Entwicklungsstrecken für Aktionen und Säcke. Als sich der Dampf gelegt hatte, suchte sich jeder eine ruhige Ecke, in der er möglichst ungestört seine Siegpunktquellen sprudeln lassen konnte. Individuelle Denkphasen schlossen sich an, allerdings nicht so lange, dass Aarons schneller tickender Biorhythmus nervös werden konnte.
An Günther lief das Spiel gnadenlos vorbei. Sein Pulver aus dem ersten Spiel war naß geworden. Kein Verdrängen, keine Strecke, keine Aktionen, keine Säcke. Er wurde Letzter. Nach vier aufeinanderfolgenden Siegen darf das hier doch mal gesagt werden. Ehrliche Frage: Was hast Du eigentlich für Züge gemacht? Ich kann mich an keinen einzigen mehr erinnern!
Moritz profitierte von Günthers Abräumwertungen, die ihm die wichtigen Entwicklungsstrecken des Anfangs leer und herrenlos überließen und konzentrierte sich mit seiner Aktionsmasse sehr bald auf den Streckenbau. Damit wurde er Sieger.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt), Günther: 8 (bleibt, ein äußerst facettenreiches Spiel), Moritz: 7 (als Einschränkung: „das Spiel ist clunky und abstrakt“, als Empfehlung: „Man muß antizyklisch spielen“), Walter: 9 (bleibt).
3. “Halunken und Speklunken”
Spieleautor ist der Klassiker Alex Randolph, dessen Erzeugnisse es immerhin 13 mal auf die Auswahlliste zum „Spiel des Jahres“ gebracht haben. Auch die „Halunken“ sind ein Klassiker. Allerdings aus dem vorigen Jahrtausend. 1997 waren die Geschmäcker offensichtlich noch anders.
Wir schicken unsere Kapitäne acht Runden lang um das Hafenbecken, um die beste Mannschaft anzuheuern. Unser Bewegung bestimmen wir anhand von Bietkarten nach Art von „Hol’s der Geier“. Wenn zwei Spieler zufällig die gleiche Bewegungskarte ziehen, müssen beide stehenbleiben.
Unsere angeheurte Mannschaft besteht aus Karten, deren Wert wir erst kennen, wenn wir die Karte erworben haben. Dann liegt die Karte offen vor uns und und die Mitspieler können sie uns abluchsen, wenn sie zufällig auf das gleiche Feld kommen, auf dem wir stehen.
In der Erweiterungsregel gibt es noch einen Kapitän, der uns ebenfalls Karten abluchst, ebenfalls mit einer gewissen Zufälligkeit, aber deutlich höherer Wahrscheinlichkeit. Den Kapitän können wir ersteigern, dann gehören die von ihm abgeluchsten Karten uns selber.
Eine Art Blinde-Kuh-Spiel unter Blinden nachts im Dunkeln bei Stromausfall. Am Ende, wenn man nur noch eine einzige Bewegungskarte hat, fällt mit der Schrittweite sogar noch der einzige Freiheitsgrad weg, den wir im Spiel haben. Stefi schrieb bei FAIRspielt: „Kein Taktikergeschick nötig. Einfach nette Unterhaltung.“ Das war wohl auch schon im letzten Jahrtausend!
WPG-Wertung: Aaron: 4 (wohlwollend), Günther: 4 (einschließlich eines halben Randolph-Gedächtnis-Punktes, „kaputt ist das Spiel nicht“), Moritz: 5 („spielt sich wie ein Familienspiel, ist aber kein Familienspiel“), Walter: 3 (möchte es nicht noch einmal spielen, weder mit seinen Kindern noch mit seinen Enkelkindern).
4. “Bluff”
Moritz stand mit 3:1 gegen Günther im Endspiel. Günther gab nach seiner Leib- und Magen-Strategie 1 mal die Fünf vor, Moritz hob ab 2 mal die Fünf, Günther auf 2 mal den Stern. Schweres Los für Moritz: Er hatte Eins, Zwei und Stern unter dem Becher. Was hättet Ihr gesetzt?
Moritz legte den Stern und die Zwei heraus und würfelte mit der Eins nach. Eine Zwei. So einfach geht „Bluff“! In jedem Fall aber 4 vorzügliche Schachzüge der Beteiligten.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
07.04.2010: 3:1 gegen den FC Bayern München
Für Bayern-Münchener ist es ja eine Schande, sich am Mittwoch Abend mit braven Brettspielchen abzugeben, während der stadtbewegende FCB ums Überleben bei Manchester United antritt. Mindestens drei Spieler der Westparker wurden nicht einmal rot dabei. Nur ein Vierter, emotional und mit seinem „Ballack“ auch musikalisch mit dem FCB verbunden, sagte seine Teilnahme am Westpark definitiv deshalb ab, weil er einen Fußballabend am Fernseher vorzog. Der Abend fing also schon mal mit einem 3:1 gegen die Fußballer an.
1. “Giganten der Lüfte”
Letzte Woche als Absacker abgelehnt, blieb Günther hartnäckig und setzte das Spielchen heute zum Aufwärmen vor. Er ging aber gleich in die Defensive: „Nur wenn Ihr das jetzt unbedingt wollt!“ Wir wollten es, a) kennenlernen und b) Wilhelm auch noch ein bißchen dabei ärgern. Günther machte sich befriedigt ans Erklären, und er war noch nicht halb fertig, da lag der FCB schon mit 2:0 Toren zurück und war aus der Champignos Lieck ausgeschieden.
Wir würfeln mit einer steigenden Anzahl von Würfeln in den Farben weiß, rot und schwarz. Wenn wir gut würfeln, kriegen wir „Aufbaukarten“, mit denen wir die Anzahl nutzbarer Würfel erhöhen und unsere geworfenen Würfelzahlen modifizieren dürfen. Dieses Würfelverbesserungsprinzip ist von „Um Krone und Kragen“ bereits bestens bekannt und nur bedingt beliebt.
Doch “Giganten der Lüfte” hat dagegen noch ein paar spieltechnische Verbesserungen aufzuweisen. Man würfelt nicht bis zur bitteren Neige und sucht sich dann für sein Würfelergebnis die beste Aufbaukarte auf, sondern man muß vorher bekanntgeben, um welche Karte man würfeln will, und muß dann die genau für diese Karte geforderten Mindestaugenzahl erwürfeln.
Gute und zweifellos weniger gute Karten stehen zur Auswahl und es gilt, den individuellen Vorteil einer Karte abzuwägen gegen die Wahrscheinlichkeit, mit dem aktuell vorhandenen Würfelmaterial diese Karte auch erwürfeln zu können.
Klappt es nicht, bekommt man als Trostpreis wenigstens einen Bonus-Chip, mit dem man bei seinem nächsten Versuch zu seinem Würfelergebnis einen Punkt hinzuaddieren kann. Doch der Trostpreis ist kein voller Ersatz für Würfelglück, für neue Aufbaukarten, erweiterte Würfelausstattung und die nächste höhere Würfelausbeute.
Aarons sprichwörtliches Würfelpeck schlug wieder voll zu. Ein bißchen trug allerdings auch seine Farbenblindheit dazu bei. (Wessen?) Jedenfalls verlegte er sich sehr bald auf die Bonus-Chips-Strategie, und konnte einen Trostpreis nach dem anderen einkassieren.
Günther hatte mit seiner gigantischen Erfahrung natürlich sofort erkannt, welche Aufbaukarten die größten Zukunftsaussichten boten. Mit Können, Glück und Zufall konnte er gleich in den ersten Runden die Karten für einen roten Zusatzwürfel und für einen roten Plus-Modifier zulegen. Das war sein unangefochtener Sieg. Der FCB lag inzwischen mit 3:1 Toren zurück und war immer noch ausgeschieden.
WPG-Wertung: Aaron:4 (Punktzahl von „Um Krone und Kragen“ minus 3, mindestens jedoch 4 Punkte), Günther: 6 (lockeres Familienspiel), Walter: 5 (Punktzahl von „Um Krone und Kragen“ plus-minus 0).
Warum heißt das Spiel eigentlich „Giganten der Lüfte“? Weil auf dem Spielbrett ein dicker Zeppelin aufgedruckt ist! Und warum ist auf dem Spielbrett ein dicker Zeppelin aufgedruck? Ist doch klar: Weil das Spiel „Giganten der Lüfte“ heißt!
2. “Hansa Teutonica”
Walter hatte per Emails nochmals eine Attacke auf die Determiniertheit von “Hansa Teutonica” geritten. Behauptung: Der Startspieler muß in seinen ersten beiden Zügen seinen Aktionsspielraum erweitern und hat damit unweigerlich gewonnen. Günther argumentierte dagegen, daß a) der Startspieler als Startaufstellung weniger Spielsteine bekommt und daß b) die Mitspieler den Ausbau der Aktionsstrecke Göttingen-Quedlingburg blockieren können. Doch schon der Evangelist wußte: „Glücklich zu preisen sind die, die nicht sehen und doch glauben.“ Walter war nicht zu preisen, heute sollte er sehen lernen. Natürlich als Startspieler.
Sein erster Zug war unwidersprochen determiniert: Eine Scheibe und einen Würfel auf die Strecke Göttingen-Quedlinburg. Aarons erster Zug war Günther minded: Eine Blockade-Scheibe in Richtung Quedlinburg und einen Würfel auf die Lübecker Säckchenstrecke. Günther wollte zuerst die gesamte Lübecker Reststrecke blockieren, doch dann fand er einen noch besseren Zug gegen Walters Aufmüpfigkeit: Nur einen Würfel in Richtung Lübeck, mit der Scheibe verdrängte er Walters hoffenden Aktionswürfel.
Es folgten weitere Blockierungszüge von allen Spielern, die absolut unerwartete und chaotische (positiv!) Spielstände produzierten. Walters Aktionshypothese war glänzend widerlegt. Jeder war zu jeder Zeit bei jedem Zug absolut Schmied seines eigenen Glückes. Am Ende hatte keiner mehr als 3 Aktionen entwickelt und die beste Nutzung der Streckentopologie des Spielbrettes brachte den Sieg. Na wem schon. Dem, der das Spiel am besten kannte und beherrschte: Günther.
Zu einem Zeitpunkt, als der FCB gerade sein zweites Tor geschossen hatte und Gary Lineker’s berühmter Fußballspruch über die Deutschen sich diesmal auch für die Bayern bewahrheitete.
Ein Superspiel. Hallo Argentum-Verlag: Ich krieche zu Kreuze!
Keine neue WPG-Wertung.
3. “Stone Age”
Nur zwei Jahre alt, und doch schon in die Jahre gekommen. In einer Dreierrunde sind die Setzmöglichkeiten eingeschränkt. Beim Baumaterial dürfen sich nur jeweils 2 Spieler engagieren. Das kann für den dritten Spieler durchaus peinlich werden. Wurde es auch. Doch das nur nebenbei.
Walter entschied sich für die Holz-Schiene. Nach Möglichkeit schickte er jeden seiner Pöppel zum Holzhacken, um sich als Holz-Krösus alle Zivilisationskarten unter den Nagel reißen zu können. Die Idee war nicht schlecht, die Ausführung problemlos, nur der Erfolg blieb aus.
Günther hatte von vorneherein auf die kumulativen Effekte der Steinäxte gesetzt. Mit Priorität entwickelte er seine Schlagkraft, entweder im Dorf oder per Zivilisationskarten. Am Ende besaß er 10 Steinaxt-Punkte, mit denen er jeden Mitspieler in Grund und Boden würfeln konnte. Und in der Schlußwertung brachte ihm das nochmals 70 (!) Siegpunkte ein!
Vielleicht war auch das Glück ein bißchen auf seiner Seite, vielleicht haben die Mitspieler hier geschlafen. Auf jeden Fall sollte die Steinaxt-Strategie und die Steinaxt-Gegenstrategie in Zukunft immer im Auge behalten werden.
WPG-Wertung: Aaron reduzierte seine 8 Punkte aus dem Jahre 2008 auf gnädige 6 Punkte. „Die individuelle Abrechnung nach dem Setzen ist zu langatmig. Es fehlt an Tempo“. Die beiden Mitspieler waren baff. Günther fand die anderthalb Spielstunden für ein abendfüllendes Spiel relativ schnell. Für Walter sind allein die Freiheitsgrade innerhalb der Zugmöglichkeiten schon 9 Punkte wert, doch er wollte Aarons Gnadenhaltung nicht weiter strapazieren.
Bewegliche Ziele
Eine kleine Gemeinschaft von Spieleentwicklern bringt in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen neue Varianten der 18xx-Eisenbahnspielreihe heraus. Neben den wenigen größeren Verlagen, die den Mut haben, ein professionell gestaltetes 18xx-Spiel für die kleine Fan-Gemeinde herauszubringen, gibt es inzwischen einige engagierte 18xx-Autoren, die ihre Spiele in hervorragender Aufmachung anbieten. Ein solches Prachtstück, noch in seiner Prototypform, durften Günther und Aaron kürzlich kennenlernen.
1880 – China
Über dreißig 18xx-Varianten sind inzwischen erschienen und man ist geneigt zu fragen, was außer einer neuen Länderkarte denn noch wesentlich Neues bei einem 18xx-Spiel entwickelt werden kann. Und hier ist 1880-China eine wirkliche Überraschung. Helmut Ohley und Lonny Orgler (Double-O Games) haben sich für ihr Spiel ein paar Mechanismen einfallen lassen, die das etwas angestaubte 18xx-Konzept in neuem Glanz erscheinen lassen, ohne dabei auf Bewährtes zu verzichten.
Der folgende Text beschreibt nur diese Neuerungen und der mit dem 18xx-Konzept noch nicht vertraute Leser möge sich anhand der vielen 1830-Artikel auf unserer Web-Site über die wesentlichen Prinzipien informieren.
Neben den bereits bekannten Privatgesellschaften mit ihren jeweiligen Sondereigenschaften und konstanten Erträgen gibt es als erste Neuerung die ausländischen Investoren, die in den ersten Spielphasen agieren. Jeder Spieler sucht sich nach der Versteigerung der Privatgesellschaften einen der sieben Investoren aus, deren Heimatbahnhöfe bunt über den Spielplan verteilt sind. In den anschließenden Betriebsrunden baut dann der Spieler vom jeweiligen Heimatbahnhof eine Bahnstrecke, die sogleich mit der gerade zum Verkauf stehenden Lok befahren wird, ohne dass diese erworben werden muss. Das Einfahrergebnis landet vorerst in der Kasse des Investors. Der Investor ist zudem fest an die erste vom jeweiligen Spieler gegründete Eisenbahngesellschaft gebunden und beide haben das Ziel, ihre Netze miteinander zu verbinden. Sobald dies geschieht, verschmilzt der Investor mit der ihm zugeordneten Gesellschaft und sein bis dahin eingefahrenes Kapital geht zu mindestens 80% an diese Gesellschaft; die restlichen maximal 20% darf der Direktor der Gesellschaft einsacken.
Die Wahl der Gesellschaft/Investor-Kombination bietet einerseits neue taktische Möglichkeiten im Streckenbau und andererseits neue Herausforderungen durch das notwendige Timing des Zusammenschlusses der beiden Netze. Gleichzeitig ist jeder Spieler mit Beginn der ersten Betriebsrunde aktiv mit mindestens 2 Linien am Streckenbau und den Einfahrergebnissen beteiligt.
Die wohl bemerkenswerteste Neuerung ist die variable Anzahl an Betriebsrunden oder, wie der Autor sagte, der variable Zeitpunkt der Aktienrunde. Wie gewohnt legt jeder Direktor bei der Firmengründung den Initialwert seiner Aktie fest. Dieser kann bei 1880-China einen von vier Werten annehmen: 70, 80, 90 und 100. Anders als bei anderen 18xx-Spielen gibt es eine Platzierungsleiste – eigentlich ein Platzierungsring – mit einer festen Anzahl an Initialwertpositionen: 4×70, 2×80, 2×90 und 4×100). Der Spieler legt beim Kauf der Direktoraktie einen Gesellschaftspöppel auf einen beliebigen freien Platz dieser Leiste und bestimmt damit
- wie üblich den Initialpreis der Aktien der Gesellschaft und
- die Position der Gesellschaft in der Abarbeitungsreihenfolge der Betriebsrunde. Diese liegt damit für die gesamte Spieldauer fest und ändert sich nicht bei Aktienkursänderungen.
Zusätzlich dient diese Platzierungsleiste zur Steuerung der Betriebsrundenanzahl. Sie wird zyklisch abgearbeitet, d.h. hat die letzte Gesellschaft der Leiste ihre Betriebsphase beendet, beginnt eine neue Betriebsrunde bei der ersten.
Aber wann gibt es eine Aktienrunde? Ein kleiner Markierungspöppel kennzeichnet dabei diejenige Gesellschaft, die als letzte eine Lok gekauft hat. Wenn nun, analog dem Passen der Spieler in der Aktienrunde, keine nachfolgende Gesellschaft mehr eine Lok gekauft hat, gibt es vor der Ausführung der Betriebsrunde der markierten Gesellschaft eine Aktienrunde. Außerdem gibt es sofort eine Aktienrunde, wenn die letzte Lok eines Pakets gekauft wurde.
Damit bekommen die Lokkäufe eine neue Dimension, da hierüber in Grenzen beeinflusst werden kann, wann eine Aktienrunde stattfindet. Je nach aktuellem Einfahrergebnis und der persönlichen Bargeldsituation kann es sinnvoll sein, die Aktienrunde durch den Kauf einer Lok hinauszuzögern bzw. bewusst herbeizuführen.
Nach der Aktienrunde wird die Betriebsrunde der zuletzt agierenden Gesellschaft ggf. noch zu Ende geführt und dann mit der nächsten auf der Leiste fortgefahren. Hiermit hat ein Spieler die Möglichkeit durch entsprechende Festlegung des Initialpreises auch in den späteren Spielphasen eine neu gegründete Gesellschaft bereits unmittelbar nach der Aktienrunde in Betrieb gehen zu lassen, um so zum Beispiel die letzte – oder erste – Lok eines Pakets kaufen zu können. Dieses Element der variablen Anzahl an Betriebsrunden gepaart mit der zyklischen Abarbeitung der Gesellschaften in der Betriebsrunde verschafft 1880-China eine völlig neue Dynamik, die wohlüberlegt gesteuert werden will.
Abschließend noch zwei weitere Neuerungen, die sich harmonisch in das Gesamtkonzept einfügen. Da ist zum einen die Möglichkeit, eine variable Anzahl an Aktien als Direktorpaket zu kaufen. Das „normale” Paket hat wie üblich 20% der Aktien, daneben gibt es aber alternativ die Möglichkeit, gleich ein 30% oder gar 40% Paket zu kaufen. Je nach Spielphase müssen immer größere Pakete gekauft werden, was die Gründung neuer Gesellschaften gerade in der späten Mittelphase des Spiels verzögert. Gleichzeitig haben größere Direktorpakete den Nachteil, dass deren Gesellschaft in weniger Spielphasen bauen darf. Während man bei einem 20%-Paket noch in drei Phasen Gleise und Bahnhöfe legen darf, also z.B. in der gelben, grünen und braunen Phase, darf man bei einem 40%-Paket nur noch in einer einzigen, wählbaren Phase bauen. Gerade in der braunen Phase gestartete Gesellschaften haben dann das Problem, entweder nur in der braunen oder nur in der späteren grauen Phase bauen zu dürfen, während die früh in der gelben Phase gestarteten Gesellschaften in der grauen Phase dann nicht mehr bauen dürfen. Neben den daraus resultierenden taktischen Möglichkeiten beschleunigt diese Neuerung die Betriebsphasen der letzten Runden deutlich.
Die letze Neuerung ist eine Besonderheit der üblichen zweidimensionalen Aktienkurstabelle. Die Kurssteigerungen bei Ausschüttungen sind eher gering, so dass auch bei häufigem Ausschütten die Kurse nicht explodieren. Gleichzeitig zahlen Gesellschaften einen vom Einfahrergebnis unabhängigen Bonus aus, der umso höher ausfällt, je höher der Aktienkurs ist. Beide Mechanismen sorgen dafür, dass auch bereits lange fahrende Gesellschaften noch nachgekauft oder übernommen werden können, und dass trotzdem genügend Geld in die Kasse der Gesellschaft bzw. des Direktors kommt, um weiter investieren zu können.
1880-China ist mit seinen neuen Mechanismen eine erfrischend moderne Variante des 18xx-Prinzips, die sich positiv von seinen Urvätern abhebt. Ohley und Orgler haben hier während der vielen Monaten Entwicklungszeit ganze Arbeit geleistet und einen neuen Stern am 18xx-Himmel geschaffen und wird im Oktober dieses Jahres in der von Double-O Games gewohnten hervorragenden Materialqualität erscheinen.
Ein kleiner Wermutstropfen noch zum Schluss: was wohl keinen wirklichen 18xx-Geek abschrecken wird, ist die nicht unbeträchtliche Spieldauer von 6 Stunden. Bis Oktober soll es zwar die notwendigen Konfigurationsparameter für Lemmis 18xx-Moderationsprogramm geben, was dann die langwierige Geldauszahlung und -wechselei hinfällig macht. Aber die Spieldauer wird damit immer noch 4 Stunden betragen und die Bedienung des Moderationsprogramms ist nichts für Gelegenheitsspieler. Wie schön wäre es, wenn ein Spiel wie 1880-China auch in einer Kurzvariante mit halber Spielzeit erschiene…
31.03.2010: Einsichten und Einsehen
Spiel ist notwendig zur Führung eines menschlichen Lebens. (Thomas von Aquin, Summa theologica)
1. “Hansa Teutonica”
Zu Spielbeginn hat jeder Spieler zwei Aktionen pro Zug, mit denen er mehr oder weniger zwangsläufig je einen Pöppel auf Felder in ein Wegnetz zwischen Städten der norddeutschen Hanse legt. Hat er zwei Städte verbunden, darf er seinen Spielraum erweitern:
– mehr Aktionen pro Zug ausführen,
– mehr Pöppel pro Aktion requirieren,
– mehr Pöppel pro Aktion versetzen
– Wertungspositionen in Städten belegen
– sich höhere Privilegien zulegen.
Es ist klar, daß ein höherer Aktionsspielraum zu Beginn lebenswichtig ist, und alle Spieler rangeln um diese Erweiterung. Daß dies ein bißchen einseitig ist, war unser schärfster Kritikpunkt, als wir “Hansa Teutonica” vor zwei Monaten zum ersten Mal auf dem Tisch liegen hatten.
Doch unser Kritikpunkt war einseitig. Klaus Ottmaier vom Argentum-Verlag hat uns eine ganze Reihe von Alternativen zur reinen „Aktions-Erweiterungs-Strategie“ aufgezeigt. Heute ging es im wesentlichen darum, deren Stichhaltigkeit zu verifizieren. Günther war der Advocatus Diaboli, der uns die Nicht-Aktions-Alternativen praktisch und theoretisch demonstrieren sollte.
Als Startspieler ließ er sich die Gelegenheit zur Aktions-Erweiterung natürlich nicht entgehen. Dann spielte er aber auf ein schnelles Ende. Nach einem Handlungspielraum von 3 Aktion verzichtete er auf die weiteren Entwicklung und besetzte dafür die Wertungspositionen, mit denen er fortlaufend langsam aber sicher alle Siegpunkte einheimste, um das Spiel per Wertungsskala beenden zu können.
Aaron war gleich zu Beginn ins Hintertreffen geraten, als Günther und Walter durch gegenseitiges Verdrängen auf der Aktionsstrecke sich gegenseitig zusätzliche Pöppel aufs Spielfeld brachten. Da wurde nochmals kurz der Vorwurf der Aktions-Determiniertheit aufgebracht und diskutiert. Aber noch war nichts entschieden und die verschiedenen Position-Vor- und Nachteile konnten nicht auf einen Nenner gebracht werden.
Walter kam von seiner Aktions-Schiene nicht mehr herunter. Die Entwicklungsmaximierung verfolgte er mit einer solchen Hartnäckigkeit, daß er am Schluß das am besten entwickelte Aktions-Tableau besaß, aber fast keinen einzigen Siegpunkt.
Auf jeden Fall konnte Günther mit seinem Kantersieg vor Aarons ausgewogenen Vorgehensweise ganz klar belegen, daß in „Hansa Teutonica“ viele Wege zum Ziel führen. Das lies unsere Punkte-Bewertung gleich nach oben schnellen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (vorher 5, „Man muß auf vieles achten und kann dabei manches übersehen“), Günther: 8 (bleibt, für mehr Punkte hätte es noch mehr emotionale Begeisterung entfachen müssen), Walter: 9 (vorher 7, Will seinen Bewertungrahmen ausschöpfen.)
Hallo Wilhelm, bist Du jetzt zufrieden?
2. “Vasco da Gama”
Unter dem Thema Seefahrt erwerben wir Handelsprojekte, werben Mannschaften und Kapitän an, setzen die Segel und lassen uns über Sonderrollen noch ein paar Vorteile zuschustern.
Die Aktionen stehen allen Spieler offen, nur um die Reihenfolge wird geboten. Die meisten Gebote kosten nichts, nur die allerersten gehen richtig ins Geld, und Geld ist knapp. Bemerkenswert ist, daß der Preis für die Gebote kein vorher genau festgelegter Wert ist, sondern pro Runde ausgehend von einem Basiswert mit einer Zufallsverschiebung zwischen minus-Drei und plus-Drei Einheiten variiert. Wer hier alles auf eine Karte setzt und keine Geldreserve zurückhält, muß u.U. auf eine Aktion ganz verzichten und bekommt als Minimal-Entschädigung gerade mal eine Geldeinheit zurück.
Über diesen vom Autor eingebauten Zufallseinfluß hatte es bei uns vor 3 Wochen heftigste Unmutsäußerungen gegeben. Ist „Vasco da Gama“ ein Zockerspiel? Keineswegs. Wer natürlich mit seinen Geboten höchstes Risiko eingeht und mit seinem letzten Pfennigen nicht allen Preisverschiebungen standhalten ist, der kann in dieser Alles-oder-Nichts-Strategie untergehen. Doch unter Einhaltung einer Sicherheitsreserve sollte man sich voll auf die optimalen Kombinationen von Schiffsausrüstungen und Handelsfahren konzentrieren. Dann bietet das Spiel eine Fülle von konstruktiven und destruktiven Interaktionen für sich selbst und gegen die Ambitionen der Mitspieler.
Knapp ist alles, was wir für unseren Seehandel brauchen. Eine Menge Logistik und richtiges Timing ist unabdingbar für ein erfolgreiches Spiel. „Ich habe einen Fehler gemacht“ gehört zum Standard-Vokabular. Hoffentlich! Wer erstens so klug ist, daß er alle Wechselfälle der Seefahrt durchrechnen kann und zweitens so brutal, das während des Spiel auch zu noch tun, der kann „Vasco da Gama“ töten. In unserer Dreierrunde gabe es nur leichte Ansätze dazu (von wem wohl?) und deshalb auch keinerlei Klagen über übermäßige Wartezeiten. Den Vorgabewert von einer halben Stunde pro Mitspieler konnten wir spielend einhalten.
WPG-Wertung: Aaron bleibt bei seinen 8 Punkten („spannend bis zum Schluß“), Günther bleibt bei seinen 7 Punkten („Die vielfältigen Punkteabrechnungen sind nicht sehr eingängig“), Walter: 8 (neu).
3. “Rumis”
„Giganten der Lüfte“ wurde als Absacker abgeleht. Gut zu würfeln, um sich damit in die Lage zu versetzen, noch besser zu würfeln, war nicht nach dem Geschmack des Hausherrn. Zumindest nicht zum Absacken.
Als Alternative zu „Bluff“ bot sich „Rumis“ an. Da kam auch in die älteren Herren nochmals richtig Bewegung. Beim Auskundschaften der besten Plätze für die Bauklötzchen, mit denen man sich ein möglichst großes Stück vom Oberflächenkuchen sichern kann, blieb kein Arsch auf seinem Stuhl.
Wichtig ist das Augenmaß, sich gerade soviel Kuchen auf die Seite zu ziehen, daß man davon satt werden kann, ohne daß die anderen davon ein Stück abhaben wollen. Walter gelangt es dreimal, Aaron und Günther zum Kampf um den Restkuchen zu verleiten.
17.03.2010: Das wahre Leben
Drei Wochen Urlaub in Thailand mit der besten aller Ehefrauen bedeutet drei Wochen Verzicht und Enthaltsamkeit: Vom Westpark und vom Brettspiel. Die einzige Begegnung mit Spielen war ein junger Russe in einer einsamen Bucht auf Ko Phi Phi, der mittels Figuren im Sand versuchte, Schachprobleme zu lösen.
Heute konnte ich endlich wieder tief eintauchen in das faszinierende, pulsierende Leben als Brettspieler, noch dazu unter der Anleitung eines professionellen Spieleerfinders.
1. “Holzhacken im Schwarzwald”
Das Spiel ist noch im Entstehen, der obige Name ist nicht einmal als Arbeitstitel im Gespräch. Christof Tisch, der bei HiG reichlich Verdienste in Grafik und Design erfolgreicher Spiele erwoben hat, geht damit schwanger und sucht Hebammen, die ihm einen strammen und gesunden Sprößling garantieren. Kreativität und Kritik waren heute gefragt. Die Spielabläufe sind in vielen Details noch absolut offen, nur das Thema steht. In dieser Vorgehensweise steht Christof unserem Moritz durchaus sehr nahe.
Wir sind Holzfäller im Schwarzwald, fällen Bäume und lassen sie den Jagst und den Kocher, oder wie immer die Flüßchen dort heißen, hinuntertreiben. Je mehr eignes Holz unterwegs ist, desto schneller treibt es. Einzelstücke haben kaum Chancen, den Rhein zu erreichen, zu Flößen gebündelt und nach Holland verkauft zu werden. Für reichliche Siegpunkte, selbstredend.
Ab und zu gibt es Stauseen, die unsere Baumdrift aufhalten. Dann brauchen wir tüchtige Arbeiter, die den Weg wieder freimachen. Auch dafür gibt es Siegpunkte. Doch die Arbeiter waren Mangelware, unsere Stauseen blieben lange gefüllt und der Rhein wartete vergeblich auf sein erstes Floß. Hier muß sich deutlich noch was ändern. Lösungsideen dafür gab es genug.
Nach einer guten Stunde Spielzeit fing ein Blödelintermezzo an. Wir assoziierten die Schwarzwaldflüsschen mit Kanalisationsrohren und die Bäume mit den entsprechenden Festteilchen, sie gewöhnlich darinnen herumschwimmen. Hoffentlich ohne Stau.
Doch trotz dieses Abschweifens, trotz all der offen zutage getretenen Ecken und Kanten und der notwendigen Verbesserungsaufgaben blieb die Spielatmosphäre ständig locker und konstruktiv und das Spielvergnügen war ungebrochen. Schon jetzt tragen einige Spielabläufe feine, elegante Züge und selbst das provisorische Spielmaterial hat bereits physiologische Reize. Ein großes Brettspiel könnte entstehen. Und wir sind dabei gewesen.
Noch keine WPG-Wertung.
2. “Sutter’s Mill”
An Sutter’s Mill bei Coloma in Nord-Kalifornien, fand im Januar 1848 der Zimmermann James W. Marshall mehrere Gold-Nuggets und löste damit den kalifornischen Goldrausch aus. So steht es bei Wikipedia.
Phalanx hat letztes Jahr daraus ein Brettspiel gemacht und das Thema sehr hübsch und flüssig umgesetzt. Wir sind Goldsucher, oder besser unsere Pöppel sind es. Jeder Spieler hat davon 5 Stück. Wir lassen sie in den Camps arbeiten und ihre Nugget-Funde in der Stadt in Siegpunkte umsetzen.
Die Ausbeute ist umso höher, je mehr Privilegien wir uns beim Schürfen zugelegt haben. Diese Privilegien ersteigern wir uns durch den Einsatz von Werkarten. Ein Großteil der spielerischen Interaktion besteht hier im richtigen Erwerben, Verdrängen und Verdrängtwerden.
In der Schlußphase sollten wir unsere Wertkarten allerdings wieder vom Spielbrett abräumen, denn damit steuern sie einen erheblichen Anteil zu unseren Siegpunkten bei.
Auch unsere Goldsucher sollten das Spielfeld rechtzeitig verlassen, weil sie sonst erhebliche Punktabzügen verursachen.
So ist “Sutter’s Mill” eine sehr gelungene Mischung von massivem Goldsuchen, wohl dosiertem Bieten um Privilegien, und scharf kalkuliertem Umschalten von der Aufbau auf die Ernte- und Abbauphase.
Christof, der als einziger das Spiel kannte, hatte keine Schwierigkeiten, seinen Knowhow-Vorsprung in ein dickes Siegpunktekonto umzumünzen. Doch allen anderen blieb der greifbare Vorsatz, beim nächsten Mal vieles besser zu machen.
WPG-Wertung: Christof: 8 (obwohl der Spielablauf ziemlich mechanisch ist, ist das Thema vorzüglich umgesetzt), Hans: 8 (sehr abwechslungsreich), Moritz: 8 (träumt schon von seiner verbesserten Siegstrategie, wo er überall als Erster die Schlüsselzüge macht), Walter: 8 (schnell, flott, herausfordernd)
3. “Mosaix”
Ein Spiel, für das Christof nicht nur die Grafik gemacht hat, sondern das er auch komplett selbst entwickelt hat. Spiele-Schmidt hat es verlegt. Auf eine Formel gebracht handelt es sich um eine Art „Würfelbingo“.
Ähnlich wie beim „Bingo“ (oder wie beim „Schiffchen-Versenken“) hat jeder Spieler hat ein kariertes Spielbrett vor sich. Reihum wirft jeder Spieler mit 4 Würfeln, auf denen die Symbole Kreis, Dreieck und Kreuz abgebildet sind. Die 4 Würfelergebnis werden zu einem beliebigen Muster zusammengestellt und die Spieler müssen dieses Muster in ihrem karierten Spielbrett auf freie Felder eintragen. Dabei darf ein Teil des Musters, der über den Spielbrettrand hinausgeht, unter den Tisch fallen.
Sobald der erste Spieler sein Spielbrett total gefüllt hat, ist das Spiel zu Ende und es wird gewertet. Die Anzahl zusammenhängender Bereiche mit gleichem Symbol multipliziert mit der Summe aller Einzelfelder dieses Symbols ergibt die Siegpunkte. Es kommt also nicht nur darauf an, möglichst zusammenhängende Bereiche mit einem Symbol zu schaffen, sondern auch darauf, sie nicht über eine bestimmte Größe wachsen zu lassen, sondern möglichst viele getrennte Gebiete eines Symbols zu erzeugen. Eine hübsche Denkaufgabe für schnelle, formsichere Topologen.
WPG-Wertung: Christof: 8 (ist ja seine eigene Erfindung), Hans: 7 (unbestechlich), Moritz: 10 (Christof minded), Walter: 9 (1 Sympathiepunkt für Christof, 1 Punkt in memoriam seiner seligen Eltern, die sich mit einem ähnlichen Würfelspiel jeden Tag einige schöne Spielstunden bereitet haben. Er selber wird wohl in entsprechendem Alter sowohl in Thailand wie auch am Westpark in die Röhre schauen müssen.
10.03.2010: Auf nach Osten mit Vasco da Gama
Als wir bei Peter ankamen, war der Spieltisch noch mit Auszügen aus topographischen Karten der Osttürkei belegt. Der promovierte Althistoriker bereitete sich gerade auf seine Forschungsreise, die er im erlauchten Kreis von fünf Professoren und 14 anderen Forschern nächste Woche antreten wird. Aaron begibt sich zur gleichen Zeit in die gleiche Region – nach Zypern, allerdings nur zum Seele baumeln lassen. Die sich darauf entspannende Diskussion über die Nachteile von Zypern gegenüber Malta und Dänemark als Land der schnellen Heirat war zwar interessant aber gehört nicht hierher.
1. Vasco da Gama
Nach der Superbewertung des Spiels in der neuen Spielbox konnte Aaron sich nicht zurückhalten und hat, als sich herausstellte, dass kein anderer Westpark Gamer das Spiel besitzt, „Vasco da Gama“ kurzfristig in der Münchner Innenstadt gekauft – zu einem Innenstadtpreis, der eben mal 10 Euro über dem Onlineversand lag. Aber so konnte „Vasco da Gama“ kurzfristig vor den Osterurlauben noch auf den Tisch kommen und geklärt werden, ob die hohe Spielbox-Bewertung gerechtfertigt ist.
„Vasco da Gama“ ist ein „worker placement“ Spiel mit interessanten, neuen Mechanismen. Letztendlich geht es darum, Schiffe gen Osten zu schicken, um in den dortigen Häfen Siegpunkte zu erwerben. Hierzu werden Seefahrtprojekte erworben, die den Projekten zugeordneten Schiffe mit Matrosen und einem Kapitän bestückt und dann auf Fahrt zu einem Zielhafen geschickt.
Als neues Element fällt die Reihenfolgebestimmung der Aktionen auf. In einer Vorphase nimmt sich reihum jeder Spieler einen Stein vom Aktionssteintableau und setzt ihn zusammen mit einem seiner vier Aktionsmarker in einen der vier Aktionsbereiche (Navigation, Projekte, Rekrutierung und Charaktere). Die Steine des Aktionstableaus sind von 1 bis 20 durchnummeriert und in der nachfolgenden Aktionsphase werden die Aktionen genau in der Reihenfolge dieser Steine durchgeführt. Klar, dass man gerne als erster in einem Bereich agieren möchte, um die Sahnestückchen in Besitz nehmen zu können. Aber leider sind nicht alle Aktionen kostenlos: ein Schwellwertmarker gibt an, ab welcher Zahl die Aktionen nichts mehr kosten, alle Aktionen mit kleinerem Wert kosten einen Betrag, der um so größer wird, je weiter der Stein vom Schwellwert entfernt ist. Damit das Ganze nicht völlig berechenbar ist, hat der Designer hier eine kleine Unschärfe eingebaut: der Schwellwertmarker wird zu Beginn der Aktionsphase noch um einen zufällig gezogenen Wert von -3 bis +3 versetzt. Damit kann die geplante kostenlose Aktion dann plötzlich schon mal 3 Geldeinheiten kosten.
Dieser Mechanismus führte dann gegen Spielende zu deutlichen Unmutsäußerungen seitens Peter und Loredana, als nämlich in der letzen (von fünf) Runden ein +3 Modifikator aufgedeckt wurde und dieser Peters Siegeszug verhinderte. Die Wahrscheinlichkeit, dass genau dieser +3 Modifikatior kam, lag bei 25%. Peter bestand dann darauf vorzuführen, wie er das Spiel gewonnen hätte, wenn ein anderer Modifikator erschienen wäre und sah das als Beweis dafür an, dass Vasco da Gama ein Glückspiel ist. Aaron war anderer Meinung, denn er hatte sich bewusst dafür entschieden, in der letzten Runde ausreichend Geldeinheiten zu haben, um mit JEDEM Modifikator seine Aktionen durchführen zu können. Diese Portion Unwägbarkeit macht das Spiel spannend und stört nicht wirklich, da jedem überlassen ist, ob und inwieweit er Risiken eingeht.
Kritisch ist die Position des Startspielers, denn wer rechts vom Startspieler sitzt, muss mehr Geld investieren als die anderen, um als erster in den Aktionsbereichen tätig zu werden. Hier gilt es also aufzupassen und die eigene Geldpolitik an die Sitzposition anzupassen. Da das Geld immer knapp ist, lässt sich nicht vermeiden in einigen Aktionsbereichen hinter allen anderen zum Zuge zu kommen. Die Prioritäten richtig zu setzen ist nicht einfach und es gilt, die Züge der anderen Spieler genau einzukalkulieren. Hier kam Aaron gerade noch einmal mit einem blauen Auge davon, als Peter in der letzten Runde feststellte, dass er seine Wunschaktionen nicht bezahlen können wird und sich stattdessen darauf konzentrierte, Aarons Gewinnerzüge zu torpedieren. Günther hätte hier den ‚Kingmaker‘ spielen können, erkannte aber schnell, dass er damit Dritter statt Zweiter geworden wäre.
Mehrmals während des Spiels gab es Diskussionen über die genaue Auslegung der Sonderfähigkeiten der Charaktere. Hier ist die Spielregel etwas unglücklich aufgebaut und manches wird nur klar, wenn man die Beispiele liest. Bis zum Schluss blieb unklar, ob der Händler wirklich als einziger Charakter nur dann seine Fähigkeit ausspielt (das Aussenden eines Handelsschiffs), wenn er übernommen wird, während alle anderen Charaktere bei der Übernahme und beim Rundenende aktiv sind.
Nach 3 Stunden Spiel inklusive 30-minütiger Regelerklärung und häufigem Nachlesen der Regeln, stand der Sieger fest, wobei es bis zur letzten Runde spannend blieb.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (stimmige Mechanismen, spannend und immer involviert, lässt sich zu viert in 2 Stunden spielen), Günther: 7 (etwas lang, etwas zu komplex), Loredana: 5 (zu lang, unklare Regeln), Peter: 6 (langatmig, zu hoher Glücksfaktor für die Komplexität)
2. Bluff
Dreimal hintereinander einen Würfel durch Fremdzweifler zu verlieren ist bitter. Noch bitterer ist es, bereits den ersten Würfel zu verlieren, obwohl man noch gar nicht dran war. Ich plädiere für eine Regeländerung: man muss bei genauem Treffer eines Fremdzweiflers nur dann einen Würfel abgeben, wenn man schon eine Ansage gemacht hat.
Keine neue Wertung für ein super Spiel.
03.03.2010: “Assyria” mit “Tichu”
Fast wäre der Spieleabend mangels Teilnehmer ausgefallen. Wenn sich dann nicht Peter und Loredana am Dienstagvormittag doch erbarmt hätten und ihre Teilnahme zusagten. Allerdings unter der Maßgabe, dass bei ihnen in der Maxvorstadt gespielt wird. Das bedeutet für den Kenner entweder ÖPVN mit längerem Fußmarsch oder Parkplatzroulette. Günther und Aaron entschieden sich fürs Roulette mit Vorteil, da nur mit einem Auto unterwegs. Gleich der erste Anlauf war ein Treffer, bis ein freundlicher Anlieger darauf lakonisch anmerkte „Da werden Sie abgeschleppt.“ Ein Schild, das darauf hinwies war nicht auszumachen; erst die genaue Inspektion der Parklücke zeigte einen kaum mehr erkennbaren Sperrhinweis. So dauerte es dann weitere fünf Minuten, bis das Vehikel zulässig seinen Standplatz für den Abend gefunden hatte. Der gesperrte Parkplatz war denn bei unserer Rückkehr doch besetzt.
1. Assyria
Der erste Anlauf vor knapp 3 Monaten musste dank Regelunklarheiten abgebrochen werden weshalb Aaron und Günther vehement für eine Wiederholung mit jetzt eindeutiger Regel plädierten. Peters Präferenz für deutsches Spielgut ist bekannt und so verwunderte es nicht, dass als Gegenvorschlag „Candamir“ geboten wurde. Den Ausschlag gab dann die Erwähnung von Ystari als Verlag von „Assyria“ und da konnte dann Peter auch nicht widerstehen.
Bei der Regelerklärung sah sich Günther mit der geballten Kraft Peterschen Wissens über semitische Sprachen konfrontiert, als er wieder und wieder darauf hingewiesen wurde, dass ein „t“ am Wortende feminines Geschlecht bedeutet und es damit „die Zikkurat“ und nicht „das Zikkurat“ heißen muss. Das zog sich dann durch bis zum Spielende…
„Assyria“ ist ein Aufbauspiel mit vielen Handlungsoptionen. So viele, dass es anfangs nicht leicht ist, die eigene Strategie festzulegen. Letztendlich wird über die Siegpunkte der Gewinner bestimmt, aber meistens steht man vor der Wahl entweder Siegpunkte oder Einkommen zu generieren. Opportunistisches Vorgehen scheint hier die beste Wahl zu sein, um je nach Ressourcensituation und Spielerreihenfolge die jeweils optimale Taktik zu wählen.
Der Ausgang nach acht Spielrunden war verblüffend knapp und der Zieleinlauf hätte durch genaueres Tüfteln in den letzten beiden Runden sicherlich auch anders aussehen können. Diese Gefahr des langwierigen Analysierens der eigenen Position ist aber der einzige kleine Makel eines ansonsten tadellosen Spiels.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 7, Loredana:7, Peter: 7
2. Tichu
Es war erst halb elf und damit zu früh für den Absacker Bluff und deshalb kam „Tichu“ auf den Tisch, dass Aaron als einziger noch nicht kannte. Peter freute sich besonders, als er feststellte, dass er Günther als Partner hatte und Loredana sich mit dem Neuling Aaron abplagen musste. Der teilte nach den ersten drei Runden die Begeisterung der anderen über dieses Spiel überhaupt nicht – zu chaotisch ging es seiner Meinung nach zu, was von den Cracks Günther und Peter auf das Schärfste zurückgewiesen wurde. Nach mehreren gewonnenen Tichus und großen Tichus sah es dann auch bald so aus, als wäre den beiden der Sieg nicht mehr zu nehmen. Bis dann das Chaos mit geballter Macht zuschlug. In drei aufeinander folgenden Runden erzielten Loredana und Aaron jeweils 300 Punkte durch blank gewonnene Tichus und beendeten das Spiel als glückliche (im wahrsten Sinne des Wortes) Sieger.
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 10, Loredana:8, Peter: 10
24.02.2010: Der Krieg der Monster
Walter beglückt gerade die Thailänderinnen und deshalb musste ein Ausweichquartier für unseren Spieleabend her, das Moritz überraschend schnell anbot. Als bekannter Wargamer würde er vermutlich Walters Abwesenheit nutzen, um endlich wieder ein zünftiges Kriegsspiel auf den Tisch zu bringen. Im Spielzimmer lag bereits der Prototyp seines Spiels komplett aufgebaut und als dann noch bekannt wurde, dass Tom, unser heutiger Gast aus Kalifornien, in der Rüstungsindustrie arbeitet, schien alles klar. Doch weit gefehlt. Es sollte ein Fantasy Abend werden.
1. Dungeon Lords
Vlaada Chvatils Spiele stießen bei uns bisher auf ein sehr geteiltes Echo – umso spannender war es, wie uns sein neuestes Werk „Dungeon Lords“ gefallen würde. Spiele mit einem Fantasy Thema bekommen von Moritz in der Regel einen Sonderbonus, sofern das Thema stimmig umgesetzt ist. „Dungeon Lords“ kann hier allein schon durch seine Aufmachung punkten: viel sehr schön gestaltetes Material und ein Expansion Set ist auch gleich mit dabei. Die Grafik erschien stelleweise vertraut und gibt Elemente des PC-Spielklassikers „Dungeon Keeper“ fast 1:1 wieder. Ist das PC-Spiel inzwischen public domain, denn von einer Lizenzvereinbarung fand Moritz nichts in seiner 45 Minuten dauernden Regelerklärung?
Auch der grundsätzliche Spielverlauf lehnt sich an „Dungeon Keeper“ an: es gilt mit kleinen Imps ein Verlies zu bauen und mit Monstern, Fallen und Räumen zu bestücken. Das alles kostet Geld und Nahrung und trägt dazu bei, dass der eigene Ruf als bösester Dungeon Lord stetig steigt. Man hat genau ein Jahr mit vier Jahreszeiten (= Züge) Zeit, seinen Dungeon so zu präparieren, dass die zum Jahreswechsel auftauchenden Helden möglichst schon am Verlieseingang erfolgreich gefangen genommen werden können. Dabei locken natürlich die bösesten Dungeon Keeper die stärksten Ritter an. Und ist der Ruf so richtig schlecht, kommt das einer Einladung eines mächtigen Paladins gleich, der die übrigen Helden verstärkt. Jetzt zeigt sich, ob man die richtigen Monster und Fallen eingekauft hat, um die Heldenhorde erfolgreich das Erforschen des Verlieses zu verwehren.
Ein schöner, eleganter Spielmechanismus ist die Auswahl der Aktionen, die man in jeder Jahreszeit in seinem Dungeon durchführen möchte. Acht Aktionenmöglichkeiten gibt es, von denen man jeweils drei frei auswählt. Zwei dieser Aktionen sind dann in der nächsten Jahreszeit gesperrt, so dass neben der Planung des Verliesausbaus auch die Planung der Aktionsreihenfolge gut durchdacht sein will. Nicht nur, weil Aktionen eine ganze Runde lang nicht mehr zur Verfügung stehen sondern auch weil die Aktionsplanung der anderen Spieler Einfluss auf die eigenen Möglichkeiten hat, denn nur drei Spieler können eine bestimmte Aktion durchführen, ein eventuell viert geht immer leer aus. Dieses Spielelement erzeugt die einzige Spielerinteraktion und bringt eine gehörige Portion Mitspielerchaos ein.
Überhaupt lebt das Spiel eher vom solitären Planen gewürzt mit Schadenfreude, wenn es einen Mitspieler mal wieder besonders schlimm getroffen hat. Gerade die Planung der Kampfrunden mit den Helden fordert eine intensive Analyse der möglichen Konstellationen geradezu heraus. Moritz und Günther taten sich hierbei durch besonders lange Grübelei hervor, belegten damit aber am Ende auch den ersten und zweiten Platz. Und Schadenfreude im Spiel ist durch Ereigniskarten und das erwähnte Mitspielerchaos reichlich vorhanden. Geplant geht es hierbei nicht zu, denn aktiv für oder gegen einen Mitspieler zu operieren ist ausgeschlossen. Das muss man mögen und ist sicherlich nichts für „empire builder“.
Wenn am Ende des zweiten Spieljahres die Schlacht gegen die stärksten Helden vorüber ist, endet das Spiel und Siegpunkte werden verteilt. Die gibt es für die Größe des noch nicht von Helden erforschten Verlies, der Anzahl Räume und Korridore dort, der Monster und der übrigen Ressourcen. Der jeweils beste Spieler erhält hier noch Sonderpunkte. Bei uns dauerte es knapp 4 Stunden Spielzeit, bis wir den Sieger ermitteln hatten – gefühlt war es zwar eine Stunde weniger, aber immer noch recht lang für so viel Chaos.
Wie erwartet, waren auch diesmal die Meinungen zum Spiel sehr unterschiedlich. Während sich Moritz und Tom über die stimmige Umsetzung des Fantasy Themas und dem Spielspaß begeisterten, waren Günther und Aaron eher enttäuscht vom hohen Chaosfaktor gepaart mit langer Spieldauer.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (kein Spiel für Empire Builder), Günther: 6 (zu komplex und zu lang), Moritz: 8 (stimmige Entscheidungsoptionen gepaart mit originellem Spieldesign), Tom: 7 (sehr gute Spielmechanismen aber etwas zu glückslastig).
Tom musste dann kurz nach Mitternacht seine S-Bahn nach Ottobrunn erwischen, so dass keine Zeit mehr für ein Absackerspiel blieb. Schade.
17.02.2010: Vor Bagdad nach Kairo
Aus Moritz seinem Reisekalender: Köln, 13.02. Proben Amadé, Amadé; Tilburg (Holland), 14.02. Dromomania Performance; Köln, 15.-16.02. Aufnahmen Amadé, Amadé; Koblenz, 17.02. Besuch der Bordellballade-Proben …
Eigentlich wollte er heute rechtzeitig zurück sein, um pünktlich um 19 Uhr bei den Westpark-Gamers anzutreten. Doch dann kam doch noch eine Absagemail: „Leider hat sich bei mir die Terminplanung in Koblenz verändert“. Vermutlich saß er heute in irgendeinem Hotelzimmer und schaute sich bei SAT1 das Fußballspiel FC Bayern – AC Florenz an. Vielleicht sogar zuhause bei A&M.
Die anderen Zuagroasten kamen pünktlich zum Westpark. Sie zogen ein Life-Spiel mit Pöppeln und Würfeln vor. Nur Sven kam später als sonst. Er stand im „Stau ohne Ende“ all derjenigen Fußballfans, die vom Brunntalkreuz aus in Richtung Allianz-Arena unterwegs waren. (Später konnten die Fans immerhin noch 3 Tore sehen. Sogar zwei Drittel davon auf „unserer“ Seite!)
1. “Egizia”
Wir optimieren unsere Schiffsladungen auf der Fahrt den Nil hinab.
Wie schon mehrfach geschildert sind die Bausteine in der ersten Runde die wichtigste Ressource, die wir uns zulegen müssen. Und hier hat der Startspieler einen entscheidenden Vorteil. Sicherlich einen größeren Vorteil, als er an Bausteinen-Grundausstattung zur Startaufstellung benachteiligt wird. Ist HiG dieses kritische Ungleichgewicht in seinen umfangreichen Testrunden etwa entgangen?
Doch das Spiel funktioniert sehr gut. Flüssig wickeln die Spieler ihre Aktionen ab, schauen, welche Vorteile sie für sich selber an Land ziehen können und wie sie ihre Mitspieler in Hungersnöte treiben können. Entscheidend ist es, in den ersten beiden Runden taktisch hinten zu bleiben und sich damit das Startspielerrecht auf die erste Wahl der Nilstationen zu sichern.
Die Interaktionen sind gewaltig, allerdings sind sie nur jeweils innerhalb einer Runde überschaubar. Die Veränderungen der Nilstationen von Runde zu Runde stellen hingegen solche massiven Brüche innerhalb der Spielsituationen dar, daß eine übergreifende Planung nicht möglich erscheint. Man kann im Grunde immer nur einen Zug vorausdenken. Oder einen Zug hinterherjammern.
Kurzzeitig kam ein Vergleich mit den Interaktionen bei „1830“ auf. Doch dort baut alles sehr langfristig auf; schon über viele Runden hinweg kann man Angriffe auf die gegnerischen Positionen planen. Oder sich dagegen zu schützen suchen. In „Egizia“ ist das doch eher nur kurzfristig bis chaotisch möglich. Aber auf jeden Fall spielerisch elegant.
Sven blieb mit seinen 5 Punkten deutlich unter dem WPG-Durchschnitt von 8.4. Ihm fehlte die langfristige planerische Herausforderung.
2. “Der Dieb von Badgad”
Als nächstes standen „Giganten“, ab 10 Jahre, und der „Dieb“ ab 8 Jahre zur Auswahl. Aarons Vorschlag: „Da machen wir doch lieber das für Kinder“ wurde ohne Gegenstimme angenommen. Doch schon während Günthers Einführung in die Spielregeln sank die Euphorie ob des läppischen Kartenspiel-Charakters rapide ab. Unverkennbar wird uns hier lediglich ein „Advanced Mau-Mau“ angeboten, auch wenn das Spiel es im Jahre 2007 bis auf die Auswalliste zum SdJ geschafft hat.
Wir ziehen laufend Karten vom verdeckten Stapel, die es uns gestatten, unseren eigenen Wächter, neutrale Wächter oder unsere Diebe in die verschiedenen Paläste des Spielfeldes zu bewegen. Eine blaue Karte erlaubt den Eintritt in den blauen Palast. Zu welchem Palast wird uns wohl eine rote Karte den Eintritt verschaffen?
Wer zuerst eine festgelegte Anzahl von Dieben in einen Palast einschleusen konnte, darf sich daraus eine Schatzruhe nehmen. Wer als Erster vier Schatztruhen in Besitz nehmen konnte, hat gewonnen.
Beim Placieren der eigenen und der neutralen Wächter in den verschiedenen Palästen gibt es ein paar Feinheiten zu beachten, um das Eindringen der gegnerischen Diebe zu erschweren. Doch der ganze Witz des Spiels besteht im Grunde nur darin, die richtigen Farbkarten zu ziehen.
Bevor man sich mit seinen Dieben für einen Palast entscheidet, sollte man genügend Karten der benötigten Farbe gezogen haben. Unbestreibar ist es am besten und sichersten, seine Diebe und Wächter zunächst mal absolut stehen zu lassen und ausschließlich Karten in der Hand zu sammeln. Hier müßte nach dem Regelheft unbedingt ein Handlimit vorgegeben sein. Ist aber nicht. Wenn aber alle Spieler in diesem Sinne richtig spielen, ist der Kartenstapel schnell aufgebraucht. Das führt einen Dead-Lock und damit auch einen Sudden-Death herbei. Für alle. Doch 8 Jährige sind noch keine so scharfen Logiker. Sie fangen halt schon mal an, ihre Diebe in irgendwelchen Palästen zu plazieren, wenn sie nur wenige passende Karten in der Hand halten. Wenn sie dann hinterher keine weiteren Farbkarten mehr nachziehen, haben sie halt Pech gehabt. Wie bei Mau-Mau. Basisversion!
Sven war mit seinem Hochleistungslogikmotor mal wieder total unterfordert. „Selbst ein Erfolgserlebnis ist noch öde“. Für einen professionellen Strategen sicherlich. Für Ab-8-Jährige weniger.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (zuerst 4; würde es aber dann doch nochmals spielen), Günther: 5 (immerhin etwas Spielerisches), Sven: 2 (keine intellektuelle Herausforderung), Walter: 4 (statt nochmals zu spielen würde ich lieber den FC Bayern anschauen).
3. “Flaschenteufel”
Wie so oft bei einem ehrgeizigen Neuling gab es heftige Diskussionen, ob Flaschenteufel ein reines bzw überwiegendes Glückspiel oder ein Spiel mit echten Kartenspieler-Herausforderungen ist. Die Tatsache, daß jeder Neuling jedesmal eine lange Durststrecke durchlaufen muß, bis er die ersten Siege einfahren kann, spricht doch eindeutig gegen den Glücksspiel-Charakter.
Je mehr Ehrgeiz, desto länger wird dieses simple, schon statistisch gesicherte Faktum bestritten.
Keine neue WPG-Wertung. Svens Note wurde vergessen abzufragen. Besser so.
4. “Bluff”
Was bedeutet die Formel:
S=6 x 4 ^ G=7 x 4 ^ A=4 x * ^ W=8 x 4 = minus 5
Zumindest kann man daraus ersehen, daß Aaron und Günther die Plätze getauscht hatten.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
10.02.2010: Die Weltgeschichte gerät aus den Fugen
“Das Volkstümliche ist von jeher der befruchtende Quell aller Kunst gewesen, solange als es – frei von aller Reflexion – in natürlich aufsteigendem Wachstum sich bis zum Kunstwerke erheben konnte. In der Gesellschaft, wie in der Kunst, haben wir nur vom Volke gezehrt, ohne daß wir es wußten. In weitester Entfernung vom Volke hielten wir die Frucht, von der wir lebten, für Manna, das uns Privilegierten und Auserlesenen Gottes, Reichen und Genies, ganz nach himmlischer Willkür aus der Luft herab in das Maul fiel. Als wir das Manna aber verpraßt hatten, sahen wir uns nun hungrig nach den Fruchtbäumen auf Erden um und raubten diesen nun, als Räuber von Gottes Gnaden, mit keckem, räuberischem Bewußtsein ihre Früchte, unbekümmert darum, ob wir sie gepflanzt oder gepflegt hatten; ja, wir hieben die Bäume selbst um – bis auf die Wurzeln, um zu sehen, ob nicht auch diese durch künstliche Zubereitung schmackhaft oder doch wenigstens verschlingbar gemacht werden könnten. So räudeten wir den ganzen schönen Naturwald des Volkes aus, daß wir mit ihm nun als nackte, hungerleidige Bettler dastehen.”?
Über diese schwierige und wohl auch schwülstige Passage aus einem Aufsatz von Richard Wagner hatten Moritz und Walter einige kontroverse Mails gewechselt. Künstler und Laie nahmen diametral entgegengesetzte Positionen ein. Die ausgetauschen Attribute reichten von „wunderschön“ bis „zutiefst widerlich“. Welch ein Glück, daß man sich per Emails noch keine Briefbomben zukommen lassen kann.
1. “A Brief History of the World”
Alles schon mal dagewesen. Die älteste bei Luding registrierte Version dieses Eroberungsspiel stammt von Gibsons Games aus dem Jahre 1991. Avalon Hill hat sich im Jahre 1993 daran versucht, Hasbro 2001 und jetzt zur Spiel 2009 in Essen die Ragnar Brothers aus England.
Wir spielen Völker, die sich kriegerisch über die Erde ausbreiten, Städte bauen, Festungen anlegen und Denkmäler errichten. Dann kommen die bösen Nachbarn, schlagen unsere Pöppel tot, zerstören die Städte, schleifen die Festungen und münzen unsere Denkmäler zu ihren eigenen Siegpunkten um. Der ganz normale Wahnsinn um das Aufkommen und den Untergang von Reichen ist das Thema des Spiels. (Das Wort „Zivilisation“ muß einem bei dem ununterbrochenen Totschlagen ja wohl im Halse stecken bleiben.)
Früher dauerte ein einziges Spiel Stunden, um nicht zu sagen Tage. Für manche Freaks ist das gerade lang genug; für die überwiegende Mehrheit der Viel- und Wenigspieler aber viel zu lang. Die Ragnar Brüder sind auf dem Weg zur Spielzeitverkürzung wieder ein paar Schritte vorwärts gekommen. Statt sieben gibt es nur noch sechs Epochen zu bestreiten. Wie üblich setzt sich der Stärkere mit Hilfe besserer Würfelwürfe durch. Der Angreifer bekommt dabei zwei Würfel in die Hand, der Verteidiger nur einen. Bei Gleichheit gewinnt der Verteidiger. Immerhin hat er damit noch eine Überlebenschance von 42%. Doch sollte der Angreifer verlieren, darf er seinen Angriff unverzüglich wiederholen und bekommt dazu noch einen Würfelpunkt gutgeschrieben. Jetzt sind die Chancen des Verteidigers gleich auf 25% gesunken. Und so geht es weiter.
Gewinnt allerdings der Angreifer, so bekommt er die Differenz der Würfelergebnisse als Overkill-Masse angerechnet und kann damit weitere Nachbarregionen ohne Würfelrisiko kampflos erobern. So lange der Overkill reicht. Mit einem einzigen guten Wurf hat sich ein neues Volk etabliert und liefert massig Siegpunkte, mit ein paar schlechten Aaronswürfen kommt man über sein Waterloo nicht hinaus.
Woraus besteht „gutes“ Spiel? Erstens, jeweils das richtige Volk auswählen. Allerdings hat hier nur der Spieler auf dem aktuell letzten Platz die freie Auswahl. Diese Auswahl nimmt sequentiell ab; der bisher Führende kriegt am Ende die letzte Völkerkarte ohne Einspruchsmöglichkeit zugeschustert. Da hätte er halt in den vorhergehenden Runden nicht so eifrig punkten sollen. Das ist ein ganz wichtiges Kriterium für ein erfolgreiches taktische Vorgehen!
Als Ausgleich darf der Führende als erster unter den Sonderprivilegien wählen. Sie alle bringen Vorteile im Vernichtungskampf gegen die Nachbarn. Hier die richtige Auswahl zu treffen, ist die zweite Herausforderung für den Sieg. Allerdings erscheint mir bei der optimalen Auswahl unter sporadischen Hilfsvölkern oder archimedischen Festungsminen auch kein größerer Bedarf an IQ zu bestehen.
Die dritte taktische Großtat besteht im Zugriff auf Sonderpunkte. Hier darf wieder der Startspieler als erster zugreifen. Unter zufällig zusammengestellten Kärtchen für 1 bis 4 Siegpunkte darf er sich das Maximum auf seine Seite ziehen. Wer in der Schule gelernt hat, mit 4 Äpfeln zu hantieren, kann hier keinen Fehlgriff tun. Für den Letzten bleibt in der Regel nur noch ein Apfel übrig.
Bleibt noch die vierte und letzte Herausforderung in der History: Gegen wenn soll man seine Militärpotenz richten? Der Ausgangspunkt eines jeden neuen Volkes ist vorgeschrieben; die Umgebungsfelder mit hohen Siegpunkt-Quoten für erfolgreiche Eroberungen sind leicht abzulesen, die Verteidigungskraft der alteingesessenen Bevölkerung auch, nur der Würfelkampf ist nicht immer vorhersagbar und erfordert Analyse, Kompetenz und Ausdauer.
Die Siegpunktvergabe steigert sich quadratisch. Mindestens. Die Völker der ersten Epoche bestehen nur aus 2 – 3 Kriegern. Blitzschnell haben sie sich auf die 2 – 3 möglichen Regionen verteilt und die paar lumpigen Siegpunkte eingeheimst. In den letzten Epochen kann ein Volk schon mal 15 Krieger auf die Beine stellen. Da auch die Siegpunktquoten für eroberten Regionen erheblich ansteigen, kann ein begabtes Kriegervolk beim Kampfwürfeln allein in der letzten Runde die Hälfte der möglichen Siegpunkte erringen.
Hierbei ist die Spielbalance durchaus problematisch. In den letzten Epochen gibt es Völker, deren Anfangspotential ein Mehrfaches der anderen Völker einer Epoche beträgt. Wer hier das Recht der ersten Wahl hat, kann seinen Mitspieler auf und davon ziehen. Natürlich hatte bei uns Moritz hier das glückliche Händchen. Bis zur vorletzten Runde hatte er sich taktisch ganz geschickt im Hintergrund gehalten, dann bekam er die Mongolen in die Hände und als deren Horden ausgestürmt hatten, hatte er die ganze Welt vom Reich der Mitte bis zum Mittelmehr unter seine Kontrolle gebracht. Schon vor seinem letzten Zug hatte er gewonnen.
Aaron konnte sich dagegen mit seinen Mayas und Inkas gerade noch ein zurückgezogenes Plätzchen an der Sonne in den Anden sichern. Seinen Vorwurf des „Gespielt-Werdens“ konterte Moritz mit der Behauptung, ein gewisser Bruce Monnin habe in den letzten History-of-the-World-Weltmeisterschaften jedesmal gewonnen; ein eindeutiger Beweis für die Intelligenz-Anforderungen des Spiels. Walter konnte darauf nur antworten: „Das glaube ich nicht!“ Es kann nicht sein, und das ist statistisch belegbar, daß ein Spiel, das derart wenige Entscheidungsfreiheiten läßt, das aber solch enormen Zufallseinflüssen bei der unterschiedlichen Ausstattung der Völker und vor allem beim Würfelkampf unterliegt, durch strategische Überlegenheit systematisch gewonnen werden kann. Eine Entscheidung über Wahr-oder-Falsch der Bruce-Monnin-Behauptung durch Nachforschen über Google haben wir uns erspart.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (obwohl man gespielt wird), Moritz: 10 (liebt dieses Genre), Walter: 3 (erste Phase kontemplativ, zweite Phase promiskuitiv, dritte Phase mongoloid).
2. “Opera”
Ein Spiel um die klassische Musikszene in den Opernhäusern der alten Welt. Wir jonglieren mit Beethoven, Händel, Monteverdi, Mozart, Verdi und Wagner. (Nach Moritz hat hier zumindest Rossini gefehlt, und Beethoven hätte besser in ein Spiel namens „Symphonia“ ausgelagert werden sollen. Doch wir wollen den Streit um das Deutschtum in der Musik nicht nochmals aufgreifen.)
Geld regiert die Musikwelt. Wir legen das Budget für unsere Operationen fest und bezahlen damit die Angestellten unseres Musikbetriebes. Der Impressario läßt neue Werke der bekannten Künstler entstehen, der Architekt baut neue Opernhäuser in den Metropolen oder er erweitert bereits bestehende, die Signora verschafft unserem Ensemble Zugang in die Palazzi der Großkopferten, wodurch uns unverzüglich liquide Mittel zufließen, der Maestro zieht durch die Lande und erlaubt doppelte Eintrittspreise, der Critico verschiebt die Wertigkeit unserer Komponisten und der Esperto verschafft uns Extra-Siegpunkte für eine besonders gelungene Intendanz.
Bei der Startaufstellung stand Wagner ganz oben in der Rangliste. Seine Werke waren die teuersten der Welt. Wie im richtigen Leben? Keiner konnte sich den Eintritt leisten. Die Werke landeten unaufgeführt auf dem Müll. Schließlich war Bayreuth ja auch noch nicht erfunden.
Moritz wußte sogleich aus Erfahrung, daß in den privaten Herrenhäusern die Musik abgeht. Mit einer Traviata vor der Fürstin Gloria konnte er auf Anhieb seinen Etat nahezu verdoppeln. Aaron und Walter hatten sich mehr oder weniger zufällig zu einer symmetrischen Allianz in Wien zusammengefunden. Mit ihren Aktionen förderten sie unisono ihre gemeinsamen wirtschaftlichen Interesssen im Wiener Kunstleben, während sich Moritz ganz alleine in Venedig um eine Ankurbelung des Geschäfts abmühen mußte. Seine Solostellung drohte schon in Verbitterung auszuarten. Doch dann baute er mit einem Schlag die Mailänder Scala zu einem riesigen Musikpalast aus und fand auch den Maestro, der die Massen anzog und gewaltige Einnahmeströme in seine konkurrenzlosen Sääle lenkte.
Jetzt schwelgte er in liquiden Mitteln und in Optimierungsrechnungen für die richtigen Angestellten zu den richtigen Künstlern in den richtigen Openhäusern in den richtigen Weltstädten. Eine Schachuhr wäre über seinen paralysierenden Denkvorgängen nahezu geplatzt. So auch Walter. Unter Druck entschied er sich in seiner letzten Aktion für einen suboptimalen Zug … und wurde um Millimeterunterschiede nur Zweiter. Doch das ließ sein Künstlergewissen nicht ruhen. Richtig: wir hatten eine Randbedingung zu seinen Ungunsten übersehen. Am Ende konnten Venedig und Mailand den Tie-Break doch noch für sich entscheiden.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (bekannte Spielelemente gut kombiniert), Moritz: 7 (es gibt kritische Effekte, deren Balance problematisch ist), Walter: 7(viele Herausforderungen).