Archiv der Kategorie: Spieleabende

19.11.2008: Lucius Cornelius Sulla Felix, genannt “Sylla” von Ystari

Das Vorgespräch drehte sich um die Schlagwörter: Multi Radio, Standort, Ulm, Tampere, Taxi und Flugzeug, lauter Begriffe aus Geographie und Kommunikation, die die Menschen verbinden. Warum diese Begriffe heute bei den Westpark-Gamers eine solche emotionale Anteilnahme erfuhren, das kann sich ein aufmerksamer Verfolger der Wirtschaftsnachrichten der letzten Tage selber zusammenreimen.
1. “Sylla”
Weil der Ystari-Verlag aus Prinzip in den Namen aller seiner Spiele ein “Y” hinein-designed, hat er den guten alten Sulla, jawohl den Diktator aus der Spätphase der römischen Republik, in Sylla umgetauft und dann sein Spiel nach ihm benannt.
Schauplatz ist also Rom und wir bestechen den Senat, daß er uns zum Konsul zu wählt, wir heuern Personal an, lassen unsere Einnahmequellen fließen, errichten Bauwerke, lenken Katastrophen auf den Besitzstand der Mitspieler und münzen unsere gelungenen Aktionen in Siegpunkte um.
Immer wieder gilt es, die richtige Auswahl zu treffen, bei Versteigerungen die Betriebsmittel an Geld und Personal richtig einzuteilen, die vielfältigen Restriktionen zu beachten und die kurz- bzw. langfristigen Auswirkungen aufeinander abzustimmen.
Seine Aktionen immer wieder zu optimieren ist am Westpark aber tödlich. Hier wird ja nicht nur kalkuliert, was man selber am besten tun soll, hier wird auch noch analysiert, was die Gegner als bestes tun könnten und dann wird noch überlegt, wie man Letzteres am besten verhindern kann. So kann ein vom Charakter her schnelles, zielstrebiges Spiel ganz schön zäh dahinfließen.
Natürlich ist es nicht einfach, die vielen inneren Abhängigkeiten alle unter einen Hut zu bringen. Das Spiel ist komplex (ein anerkanntes Markenzeichen von Ystari) und sehr gut ausbalanciert. Es gibt kein Regelelement, das nicht seine wohlkalkulierte Berechtigung hätte. Ein Dank an die Geduld der vielen Tester, die im Regelheft namentlich erwähnt werden. Nachdem es sich in der letzten Generation durchgesetzt hat, die Spielautoren herauszustreichen, sind jetzt die Tester dran, der Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden. Verdient haben sie es bei einem gelungenen Spiel allzumal.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 7, Hans: 7 (6-7), Walter: 7 (7-8)
Ob eine Rezension geschrieben wird ist noch offen.
PS: Hallo Peter, kannst Du uns erklären, was die Buchstaben “TRS” auf einer römischen Münze bedeuten?
2. “Uptown” statt “Bluff”
Das Spielbrett von Bluff lag schon auf dem Tisch, da schlug Günther schnell noch den neuen Absacker des Jahres 2008 vor: “Uptown”, für Hans noch eine Unbekannte. “Ist ja wirklich hübsch” kommentierte der, als er nach 10 Minuten den Kampf um die besten Legemuster auf einem 9 mal 9 Spielbrett gewonnen hatte.
Es schloß sich sofort eine theoretische Diskussion darüber an, wie viele Flächen ein Spieler mindestens benötigt, um alle seine Quadrate – ohne Feindeinwirkung – auf das Spielbrett zu plazieren. Günther und Hans behaupteten ohne nachzudenken, daß man mit einer einzigen zusammenhängenden Fläche auskäme. Sie konnte es sogar umgehend am Spielbrett demonstrieren.
Nach den Uptown-Spielregeln ist die Aufgabe allerdings vereinfacht: Die letzten 4 Quadrate brauchen nicht mehr gelegt zu werden. Neue Aufgabenstellung: Wie viele Flächen sind es mindestens, wenn ALLE Quadrate gelegt werden müssen?
WPG-Wertung: Hans blieb mit seinen 8 Punkten voll im einstimmigen WPG-Trend, “mit dem Hang zu mehr”.
One for the Road
Sicherung, Versicherung, Pension, Rentenfond, Garantiekapital, mündelsicher, deferred Compensation, Betriebsvereinbarung, Geheimhaltung, angewärmte Bürostühle, Schock, Betrug und Gefängnis waren die Schlagwörter, mit denen wir den Abend beschlossen. Bastelt Euch selber eine Geschichte, die all diese Begriffe sinnvoll verbindet. Vielleicht ergibt das am Ende aber doch keinen Sinn.

12.11.2008: Fin de siècle

Wenn ein Programmierer behauptet, er sei zu 95 % mit seinem Programm fertig, dann wird ein erfahrener Manager hellhörig: Gewöhnlich wird dann mindestens noch mal die gleiche Entwicklungszeit bis zur endgültigen Freigabe benötigt. Heute brachte Moritz erneut seine Eigenentwicklung “Das 20. Jahrhundert” zum Testen mit. Offiziell soll das Spiel bereits zu 99% fertig sein. Doch genauso wie in der Datenverarbeitung wurde auch hier die Skepsis der erfahrenen Tester nicht enttäuscht: Es wird noch einiges Wasser die Isar hinunterfließen, bis das Spiel zum Feintuning beim Verlag abgeliefert werden kann. Wenn Genie und Schweiß des Autors bis zum Jahresende noch die gewünschten Früchte hervorbringen können , dann kann das Spiel bis Essen-2009 auf den Markt kommen. Andernfalls muß sich die Spielerwelt noch ein weiteres Jahr gedulden.
1. “Das 20. Jahrhundert”
Als erstes trat wieder das bekannte Handtuch in Aktion; diesmal aber nicht, um den Rotwein von der grünen Tischdecke aufzusaugen, sondern um die riesige Plastikscheibe abzutrocknen, die Moritz als Schoner für sein provisorisches Spielbrett durch den Regen zum Westpark angeschleppt hat.
Nach kurzen Erläuterungen zu den Regeländerungen gegenüber der Vorversion konnten wir uns über das Spiel hermachen. Jeder bekommt zu Spielbeginn einen anderen “Aspekt” zugeordnet, der dem Spielverlauf a priori die gewollte Asymmetrie gibt. Der eine kommt leichter ans Geld, der andere hat immer ausreichend Aktionskarten in der Hand, der dritte kann effizienter Forschen und der vierte bewegt sich schneller durch das Weltgeschehen. Walter legte sich als Startspieler die Kultur zu, Hans die Industrie, Moritz die Politik und Günther die Religion.
In verschiedenen Regionen der Welt müssen wir uns um Fortschritte bemühen, wir müssen Länder beherrschen, Bauwerke errichten, Weltereignisse auslösen und Einfluß auf die Kriege der Epoche nehmen. Wir können keine anderen Kriege auslösen, als die in der Geschichte vorgegeben sind. Hier geht es auch nicht im Draufhauen und Totstechen, sondern um Mehrheitseinflüsse, um den Kriegsausgang zu entscheiden und daraus Kapital zu schlagen.
Doch der Krieg ist nicht das dominierende Element. Der Motor des Spiels sind zahlreiche, sehr verschiedene Karten, die ein jeder bei verschiedenen Aktionen in unterschiedlicher Anzahl vom verdeckten Stapel nachzieht. Je nach der Art, wie man die Karten einsetzt, bringen sie Geld, Bewegung, Fortschritt oder Besitz. Es gibt eine Menge zu überlegen, um aus den zulässigen Aktionen und aus der eigenen Kartenhand das Beste auszuwählen. In dieser Beziehung kommt das “20. Jahrhundert” schon nah an die Komplexität von “Agricola” heran.
Die Länder der Regionen haben naturgemäß unterschiedliche Wertigkeit; sie tragen auch unterschiedliche Anteile zum individuellen Entwicklungsfortschritt bei. In der ersten Spielversion waren es noch die billigen Länder, die hier die besten Erträge lieferten, in der jetzigen Version sind es die teuren Länder, die zur Erfüllung der Siegpunktbedingungen nahezu unerläßlich sind. Diese Neuigkeit war an Walter total vorbeigegangen. Wie vieles andere auch. So war er schnell hoffnungslos ins Hintertreffen geraten. Moritz erbarmte sich und bot sich als Coach an. Moritz, der schwarze Falke als Samariter – welch eine göttliche Situation. Walter nahm das Angebot ohne Zögern an, um sich umso unbeschwerter in die geheimnisvollen Zusammenhänge des Spiel einweisen zu lassen.
Nach knapp zwei Stunden Spielzeit waren Günther und Hans in der Lage, die Spiel-Endebedingungen herbeizuführen. Doch jeder wollte dabei natürlich anschließend als Sieger daraus hervorgehen, und das war nicht so einfach zu kombinieren. So zog sich das Spiel noch über eine weitere gute Stunde hin, eine moderne Kanonade von Valmy, von weltgeschichtlicher Bedeutung aber ohne Entscheidung. Für diese Phase braucht das Spiel noch eine zündende Idee, glücklicherweise hat sie Moritz schon in der Schublade.
Durch mehr oder weniger (un)gewollte Ereigniskarten konnte sich Hans schließlich durchsetzen. Günther resignierte: “Hans hat gewonnen!” Moritz verteidigte den Spielmechanismus: “Und Du konntest es nicht verhindern!” Günther konterte: “Weil Du Kingmaker warst!” Oder war es Zufall?
Zur Kingmakerei wollen wir am Ende nochmals Wikipedia entscheiden lassen: “Kingmaker is a term originally applied to the activities of Richard Neville, 16th Earl of Warwick during the Wars of the Roses in England. The term has come to be applied more generally to a person or group that has great influence in a royal or political succession, without being a viable candidate. ” Wenn ich also meine Fähigkeiten zum Nutzen oder Schaden anderer so einsetze, daß jemand Sieger wird, ohne daß ich selbst davon profitiere, dann bin ich ein Kingmaker. Schaun wir mal, ob Moritz in seinem “20 Jahrhundert” diesen (sicherlich minimalen) Effekt noch eliminieren kann, oder ob er ihn spielerisch gewollt darinnen lassen wird.
2. “Bluff”
Nein, diesmal gab es keinen Absacker. Nach dem regulären Ende des “20. Jahrhunderts” und einer ausgiebigen Manöverkritik war es für Hans und Moritz höchstes Zeit, zur letzten U-Bahn abzudüsen.

07.11.2008: Brettspieler und Kartenspiele

Mensch ärgere Dich nicht! – Der Klassiker unter den Brettspielen
Für die meisten Deutschen (meiner Generation) ist “Mensch ärgere Dich nicht” wohl der Inbegriff für ein Brettspiel. Wann immer ich von Nicht-Spielern gefragt werde, was wir an unseren Brettspielabenden tun, hilft der Hinweis auf “Mensch ärgere Dich nicht”, um unsere Tätigkeit zu verdeutlichen.
Wann dieser Klassiker genau erfunden wurde, liegt im Dunklen. Es hält sich die Vermutung, daß Josef Schmidt, der Begründer des Verlages “Schmidt Spiele”, die Idee zu “Mensch ärgere Dich nicht” im Winter 1908 ausgetragen hat. Demnach feiert das Spiel in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag.
Lassen wir mal unsere Phantasie spielen: Josef Schmidt sitzt mit seinen drei kleinen Söhnen in seiner Münchner Wohnung, den Kindern ist langweilig. Also nimmt sich Schmidt eine alte Schachtel, zeichnet darauf ein Kreuz als Spielfeld und denkt sich Spielregeln dazu aus. Natürlich ist nicht alles ganz neu, was Schmidt sich an Regeln ausdenkt. Seine Version beruht auf einem alten indischen Spiel, dem “Pachisi”. Nach Wikipedia hat er sogar nur den englischen Pachisi-Abkömmling “Ludo” als Vorbild genommen.
Die Kinder sind begeistert und Schmidt beginnt, sein Spiel in größeren Mengen herzustellen. Doch zuerst wollen die Erwachsenen das Spiel nicht kaufen. Es war schon immer schwieriger, eine Idee zu verkaufen als eine Idee zu gebären. Dann kommt der erste Weltkrieg und Schmidt schickt 3.000 Exemplare seines Spiels als sogenannte “Liebesgabe” an die verwundeten Soldaten in den Lazaretten. Dort schlägt das Spiel richtiggehend ein. Die Soldaten schreiben an Schmidt: “Mensch, das ist so klasse, das macht so viel Spaß und wir spielen hier nächtelang durch!”
Kaum sind die Soldaten wieder zu Hause, wollen sie auch mit ihren Familien “Mensch ärgere Dich nicht” spielen. Und plötzlich steigt die Nachfrage. Schon 1920 ist das Spiel eine Million Mal verkauft. Zu dieser Zeit kostet es noch 35 Pfennige, genauso viel wie 500 Gramm Zucker. Heute ist es Bestandteil jeder “Spielesammlung” und kostet – zusammen mit den anderen Spielen einer Grundausstattung – etwa den gleichen Betrag in Euro. Inzwischen wurde es auch über 70 Millionen Mal verkauft.
[Nach einem “Freizeittip” von Bernadette Winter im Bayerischen Rundfunk]
1. “Im Schutze der Burg”
Das Spielbrett zeigt eine hübsche, mittelalterliche Szenerie: es gibt Mauern, Türmchen, Brunnen, Strohhütten und Gesindehäuser. Die Spieler besitzen identische Kartensätze mit den Berufen Bote, Händler, Maurer, Steinmetz, Handwerker und Baumeister. Verdeckt spielen sie je eine Berufsgruppe aus, decken sie auf und führen die zugehörige Aktion aus. Der Bote bringt Geld ein, die Händler steuern Baumaterial bei, die Maurer und Handwerker bauen Häuschen. Wer gebaut hat, darf zusätzlich einen Gehilfen an vorgegebene Stellen im Stadtplan positionieren, die in der Schlußabrechnung in Siegpunkte umgerechnet werden.
Das ganze Spiel ist ein friedlicher Erwerbskampf um die richtige Menge und die richtige Zusammensetzung von Baumaterial, um Geld, das ebenfalls hin und wieder gebraucht wird, und um die richtige Auswahl des richtigen Berufs zur richtigen Zeit. Hier herrschen “im Schutze der Burg” nämlich ganz ausgeklügelte Prioritäten: der Steinmetz beklaut die Handwerker, der Baumeister kassiert Siegpunkte für die Bauvorhaben der Spieler, und die Händler fördern oder verdrängen sich gegenseitig.
Insgesamt werden 12 Runden gespielt. Selbst wenn das ganze eine Stunde dauert, geht es alles ganz blitzschnell vor sich, und bevor man richtig warm geworden ist, muß man seine letzten Züge gut kalkulieren, um noch das notwendige Baumaterial zu besorgen oder das gehortete Baumaterial zu verbauen.
Eine Stärke des Spieles ist es, daß man sich ständig auf die Aktionen und Ambitionen seiner Mitspieler einstellen muß; eine Schwäche des Spieles ist es, daß man das eigentlich nicht richtig kann. Es ist halt ein Spiel. Mit der edlen Holzkiste für das gediegene Holzmaterial ein sehr gelungenes Spiel.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Günther: 7, Hans: 7, Walter: 8
Sieben Punkte im Schnitt ist fast zu wenig. Die Frage nach den Schwächen des Spiels – neben der Unberechenbarkeit der Mitspieleraktionen – blieb unbeantwortet.
2. “Dominion”
Ein kleines, schnelles Kartenspiel, das nach den Angaben auf der Schachtel 30 Minuten dauern soll. Es war klar, daß diese Vorgabe bei uns nicht zu halten sein würde. Erstens mußten wir uns noch die Spielregeln reinziehen und außerdem war Hans dabei. Er stellte von sich aus die Frage nach dem “Hans-Faktor”? Per Definition ist der das Mehrfache an Zeit, das wir für ein Spiel brauchen, wenn Hans mitspielt. Freiwillig gestand er 50% zu. Im Endeffekt wird er wohl abhängig von der Gesamtspieleranzahl sein. Oder auch nicht? Schließlich bedeutet jeder Mitspieler für einen scharfen Analytiker ein weiteres Gleichungssystem mit weiteren Unbekannten.
In “Dominion” erhalten alle Spieler einen identischen Satz von Karten, mit denen man entweder etwas “kaufen” kann, oder mit denen man eine “Aktion” ausführen kann. Alle “Kaufobjekte” sind weitere Karten (Geld-, Aktions- oder Siegpunktkarten) – mit denen man seinen Anfangskartensatz ständig erweitert. Als “Aktion” kann man z.B. Karten tauschen, mehr Karten pro Zug einsetzen oder man erhält Bonusse beim Nutzen der ausgespielten Karten. Die Kartenhand wird immer wertvoller. Zuerst versucht man höhere Geldwerte und potente Aktionskarten zur Kartenverbesserung zu erwerben, am Ende wird die gesamte Masse regelmäßig in Siegpunktkarten umgesetzt.
Glücklicherweise ist “Dominion” eines der Spiele, in dem man auch denken kann, wenn man nicht dran ist. Die Karten, die man pro Zug einsetzen darf, kann sich schon betrachten, wenn die Mitspieler noch an der Reihe sind. Deren Aktionen haben wenig bis keinen Einfluß auf die eigenen Spielzüge. Aaron fand diese Situation sehr schnell “autistisch”, womit er zweifellos recht hat. Es ist zwar bemerkenswert, wie sich die eigene Kartenhand erweitert und verändert, aber eigentlich ist das nur ein phasenverschobenes Solitärspiel in der Gruppe: Hübsch, konstruktiv, ja sogar spielerisch, und wer Lust hat, kann tagelang im stillen Kämmerlein über der gestellten Optimierungsaufgabe brüten, um sich gegenüber seinen Mitspielern einen Vorteil zu verschaffen. Doch es wird wohl keine Garantie dafür geben, daß der Spielspaß lange erhalten bleiben wird.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (autistisch), Günther: 8 (interessantes Karten-Recycling), Hans: 6 (autistisch), Walter: 6 (fürchtet ein Strohfeuer)
Wir waren in 90 Minuten durch. Lassen wir die Zeit für die Einführung weg, so beträgt der Hans-Faktor für die gesamte WPG-Runde immerhin noch gut 100%!
3. “Wabash Cannonball”
Ein Eisenbahnspiel von der Art “1830 light”! Wir finden die Gesellschaften B&O, PRR, C&O, NY-Central wieder, und als Additiv zur Essener Spiel-2008 sogar die “Erie”. Wir kaufen Aktien, bauen Strecken, verbessern die Streckenerträge und kassieren Dividenden. Insofern sind wir bei einem richtigen 18xx-Spiel.
Doch es gibt keine Präsidenten, keinen Kampf um Mehrheiten und Prioritäten, keine bösartigen Manipulationen am Aktienmarkt und keine Lokomotiven mit ihrem unausweichlichen Druck zu technischen Innovationen. Jeder darf für jede Eisenbahnlinie handeln (Strecken bauen), sofern er nur mindestens eine Aktie von ihr besitzt. Wir üben uns in friedlichen Kooperationen, drängen nach den besten Renditen, werfen möglichst viele “gegnerische” Aktien auf den Markt (damit die Gewinne auf mehr Köpfe verteilt werden), und verkaufen doch ab und zu mal gerne eine Aktie der eigenen Mehrheitslinie, nur um wieder an ein bißchen Liquidität zu gelangen.
Am Ende entscheidet nur das Barkapital über den Gewinner, die Aktien und ihre Kurse werden absolut vernachlässigt. Für den Sieg scheint es wohl auch nicht wichtig zu sein, die meisten und besten Aktien im Portfolio zu haben. Billig einsteigen und an wenigen gut verdienenden Linien beteiligt zu sein, reicht fast zu Sieg. Vielleicht. Am Ende lagen wir alle überraschend dicht beieinander, obwohl der Aktiengeilste dreimal soviel Anteile besaß wie der Genügsamste.
Ein wunderschönes Eisenbahnspiel, das sich mit realen 90 Minuten Spielzeit in einem Drittel der Zeit spielen läßt, wie ein “normales” 18xx, das in seinen Überraschungen und Feinheiten den großen Brüdern aber keineswegs nachsteht.
WPG-Wertung: Aaron: 9 (pfiffig, verblüffende Effekte), Günther: 8 (ausbalanciert), Hans: 8 (überschaubar), Walter: 10 (schnell)
4. “Bluff”
Nach einem langen Vorgeplänkel stand Günther mit 1:3 Rückstand gegen Walter im Endspiel. Mit konsequenten 1 mal die Fünf-Vorgaben konnte er sich problemlos auf den 1:1 Gleichstand heranarbeiten.
Jetzt wechselte er auf die 1 mal die Vier-Strategie. Walter drehte auf 1 mal die Fünf, und Günther hob blitzschnell auf 2 mal die Fünf. Wer hatte was unter dem Becher und wer hatte am Ende das Spiel gewonnen, als Walter auf 2 mal den Stern setzte?
Das zweite Endspiel bestritt wieder Günther, diesmal mit einem 1:2 Würfelnachteil gegenüber Hans.
Jetzt fing Hans mit 1 mal die Vier an, Günther hob auf 1 mal die Fünf und Hans erhöhte blitzschnell auf 2 mal die Fünf.
Günther gab sich verloren. Dabei hätte er mit 2 mal den Stern unüberholbar die Nase vor gehabt. (Im Gegensatz zu seinem Konkurrenten im ersten Endspiel.)

29.10.2008: “Comuni” – Kommunen auf Italienisch

Unsere Essen-Fahrer sind von der Spiel-2008 zurück. Günther hat folgende Spiele erstanden (alphabetisch geordnet): “Burg”, “After the Flood”, “Condomi”,”Cravum”,”Le Havre”, “Steel driver”, “Sylla”, “Uptown”, “Via Romana” und “Winsome-Paket”. Die Spiele von Hans-im-Glück werden erst in München beschafft. Moritz hat sich wie üblich verstärkt auf dem amerikanischen Markt umgesehen. Daneben hat er sich mit dem geplanten Verleger seine Eigenentwicklung besprochen; vielleicht kann das Spiel schon im nächsten Jahr auf dem Markt gebracht werden. Doch noch wird daran gefeilt, z.B. morgen bei den Westpark-Gamers. Heute lagen in modifizierter Runde real-existierenden Spiele von diesem Jahrgang auf dem Tisch.
1. “Comuni”
Eine italienische Entwicklung von Tenki-Games, die in Essen lange Zeit an erster Stelle der Beliebtheit (Fair-Play-Liste) gelegen hat und am Ende immer noch mit einem beachtlichen dritten Platz abgeschlossen hat. Die Spieler plazieren sich als Bieter für ausliegende Bauprojekte und verdrängen sich gegenseitig durch goldige Höchstgebote von den lukrativsten Plätzen. Sie realisieren die Bauprojekte mit verschiedenen Gebäudetypen und kassieren die Erträge für ihre Bausubstanz.
Es gilt eine ganze Reihe von Randbedingungen in den Griff zu bekommen:
– Kartenhand mit den Bauprojekten pflegen: das enge Handlimit beachten und trotzdem immer eine spielbare Karte auf der Hand zu haben.
– Gold sammeln, um beim Bieten mithalten zu können.
– Handwerker horten, um die Handlungsfreiheit beim Bauen zu erhöhen
– Armeen rekrutieren, um gegen Plünderungen gewappnet zu sein
– Pilger anwerben, die zu Beweglichkeit und Flexibilität beitragen.
Periodisch fällt der Kaiser mit seinen Plündererhorden in Italien ein und muß mit vereinten Kräften abgeschlagen werden. Die gemeinsame Bündelung der Verteidigung ist höchst bemerkenswert: Warum sollte ich meine militärische Potenz zum Nutzen der Allgemeinheit einsetzen, wenn ich den gleichen Nutzeffekt für mich alleine haben kann? Über diese Frage wurde lange diskutiert. Die Bonus-Siegpunkte für das höchste gemeinnützige Verteidigungsengagement erscheinen als eine recht geringe Entschädigung.
Nach 1 ½ Stunden (neunzig Minuten!) war Günther mit der Spielregel durch. Doch es lag nicht allein an seinem für ihn ungewohnten Stegreifvortrag. Aarons Viagra-Witze, Peters Flugmeilen-Euphorie und die Erörterung von Hansens ungewöhnlichem Rücktritt von der Teilnehmerliste nahmen auch breiten Raum ein. Die Trödelstimmung wurde auch während des Spieles nicht mehr abgelegt. Zwei weitere Stunden brauchten wir für ein eigentlich flottes Spiel, bei dem man denken kann, auch wenn man nicht dran ist und bei dem man das Denken auch sein lassen kann, wenn man dann endlich wieder dran ist.
Günther wurde von Aaron von einem guten Bauprojekt verdrängt, konnte anschließend auf ein noch besseres Bauprojekt ausweichen und es bei unserer üblichen Sitzreihenfolge auch gleich realisieren. Peter fand dies ungerecht, weil er sich gerne selber dieses Projekt unter den Nagel gerissen hätte. Er lastete es den Spielregeln negativ an, daß man vom Sonnenschein ins Solarium gelangen kann. Günther fand sich gemüßigt, das Spiel zu verteidigen und mußte sich dafür anhören: “Du benimmst Dich wie der Moritz, der bringt auch immer schlechte Spiele mit, und muß sie dann verteidigen!”
Doch das war weit über das Ziel geschossen. “Comuni” ist kein schlechtes Spiel. Es enthält ein große Menge spielerischer Handlungsfreiheiten und dabei ein dosiertes Quantum Chaos, liebenswürdiges italienisches Chaos. Die Teutonen hätten sich hierin etwas mehr Balancing gewünscht, aber diese Kritik entspringt eher ihren bekannten nordischen Charakterschwächen.
Aaron: “Man hat den Eindruck, man könnte mehr machen, aber ich glaube, man kann nicht mehr machen.” Noch ist das nur ein Eindruck und ein Glaube. Es sollte auf alle Fälle nochmals verifiziert werden. Walter hält das Spiel für ein “beherrschbares Chaos-Spiel”. Aaron konterte: “So ungefähr wie die italienische Regierung!”
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 7, Loredana: 6, Peter: 6, Walter: 8
Vielleicht wird Walter eine Rezension schreiben.
2. “Bluff”
Loredana war nicht teamfähig, vor allem nicht gegenüber dem Gastgeber. Selbst die solidesten Vorgaben zweifelte sie an und hatte immer Recht. Aber nur weil die anderen den gleichen Schrott gewürfelt hatten wie sie selber.
Peters faßte zusammen: “Das erste war ein Glücksspiel, das jetzige ist ein Denkerspiel!”
Keine neue WPG-Wertung
3. “Uptown”
Als Loredana und Peter schon in der U-Bahn saßen, zog sich das zurückgebliebene Trio noch ein “Uptown” rein. Wir hatten das Spiel schon vor genau einem Jahr einmal gespielt, als es W. Eric Martin von Boardgame News noch druckfrisch aus der amerikanischen Presse mitgebracht hatte. Jetzt kam es taufrisch von der Spiel-2008.
Jeder Spieler bekommt einen Satz von Plättchen, die reihum auf je eines der 9 mal 9 Felder des Spielbretts gelegt werden müssen. Dabei ist für jedes Plättchen vorgeschrieben, ob es in eine bestimmte waagrechte Reihe (Buchstaben A bis I), oder in eine senkrechte Reihe (Zahlen 1 bis 9) oder in ein mit Bildsymbolen gekennzeichnetes 3×3 Felder großes Quadrat gelegt werden muß. Ziel dabei ist es, mit seinen Plättchen möglichst eine einzige zusammenhängende Kette zu bilden. Wer am Ende die wenigsten getrennten Ketten hat, hat gewonnen.
Man darf beim Legen ein bereits vorhandenes Plättchen seiner Mitspieler entfernen; das bringt bei der Schlußabrechnung aber nur Minuspunkte ein, und dem Gegner schadet es nicht: die absolute Zahl übrig gebliebener Plättchen auf dem Spielbrett hat keinen Einfluß auf den Sieg.
Das Ergebnis ist ein locker, kurzweiliger Denksport. Und seelisch gesund ist es auch noch: das spielerische Legen von Plättchen auf ein Spielbrett im immer eine therapeutisch-wertvolle Handlung.
Der damalige gute WPG-Schnitt von 8 Punkten wurde heute auch von den neuen Spielern bestätigt: Aaron und Günther vergaben je 8 Punkte (neu), Walter blieb bei seinen 8 Punkten (alt).

23.10.2008: “Symphonie aus der Neuen Geschichte”

Spieleautoren gibt es fast so viele wie Komponisten. Und sie kämpfen wahrscheinlich einen ähnlichen Kampf um die Veröffentlichung ihrer Werke. Moritz ist Komponist und Spielautor zugleich, und bei ihm ist es gerade umgekehrt. Schon seit vielen Jahren ist sein musikalisches Schaffen weit in die Zukunft hinaus ausgebucht und selbst für seine erste Brettspiel-Kreation hat er bereits einen Verlag, bevor sie überhaupt das Licht der Welt erblickt hat. Seit 6 Monaten feilt er an seiner Spielidee mit der gleichen Leidenschaft und Schaffenskraft wie an seinen Opern. Im trauten Kreise hat er damit schon einige Testrunden absolviert, heute tauchte er erstmals im Kreis der Westpark-Gamers damit auf.
1. “Moritz’s Arbeitstitel bleibt noch verdeckt”
Sein Ziel war ein “Eurogame mit Thema”. Damit drückt sich seine Beobachtung aus, daß Eurogames oft abstrakte Spielmechanismen ohne viel Thema aufweisen, aber funktionieren, und im Gegensatz dazu amerikanische Spiele oft tolle Themen untergeschoben bekommen, spielerisch aber zurückbleiben. Moritz wollte die Vorzüge beider Prinzipien verbinden und die Nachteile dabei vermeiden.
Im Vorfeld schon hatte er seine 19 Seiten Spielanleitung verschickt und die Druckfahnen für die einhundert verschiedenen Aktionskarten, die das Spiel in Bewegung halten. Alle Teilnehmer hatten sich das Material reingezogen; Moritz konnte seine Erklärungen kurz halten, auch wenn es bei den Masse der Regeln natürlich nicht unter einer halben Stunde abging, und wir (alle) immer wieder Rückfragen zu Detailabläufen stellen mußten.
Der erste Regelverstoß unterlief uns gleich zu Beginn, als wir den Startspieler per WPG-Würfel ermittelten, obwohl nach der Spielregel der älteste Spieler dafür vorgesehen ist. Der Zufall verzieh uns diesen Lapsus und machte Walter zum Startspieler.
Als Hausaspekt wählte der sich “Religion”, weil er sich gerade mit ketzerischer Literatur beschäftigt. Thomas wählte “Politik”, er ist halt noch jung und eindrucksfähig. Aaron nahm sich selbstverständlich der Wissenschaften an, und Moritz stand im Dilemma zwischen Militär und Kultur. Wer hätte gedacht, daß hier das Militär den Kürzeren zog?
Wir agieren auf einer Jahrhundertskala, beeinflussen Aktionen und Ereignisse in der gesamten damals bekannten Welt und versuchen die Errungenschaften unserer Aspekte auf ein Top-Niveau zu bringen. Konzentriertes Engagement in einzelnen Erdteilen ist hierbei genauso notwendig wie eine gewisse Diversifizierung, weil häufiger genossene Früchte immer teurer werden.
Kriege sind unvermeidlich, in ihren Auswirkungen aber nicht so kraß, wie wir das von den üblichen Kampfspielen gewohnt sind. Sie werden unter den historisch-zutreffenden Ländern, aber nicht unter den Spielern ausgetragen. Die Mitspieler können sich auf eine beliebigen Seite der Kampfparteien schlagen und im Falle des Sieges ihren Einflußbereich erweitern; die Verlierer verlieren nur ihre eingesetzten Einflußpunkte. Bemerkenswert ist hier als dritte Kraft die Diplomatie, mit der die Folgen von Sieg- und Niederlage eines Krieges ganz aufgehoben werden können.
Von vielen Spielzügen eines Spieler profitieren alle Mitspieler, manche Spielzüge schädigen dagegen genau einen. Aaron traf es gleich am Anfang mehrmals ganz hart und blitzschnell hatte er alle seine Einflußmarker (=Geldmittel) verloren. Sein Dasein als arme Kirchenmaus lastete er natürlich dem Regelwerk an, und Moritz war als Autor sogleich in der Defensive. Um so befriedigter konnte er notieren, wie sich Aaron im Mittelspiel auch mit begrenztem Einfluß an die Spitze setzen konnte. Nach einen gelungenen Forschungsprojekt fiel sogar ein solch gewaltiger Geldsegen über ihn herunter, das er ihn bis zum Spielende nicht mehr loswerden konnte. In unserer Spielrunde brach dann jedesmal ein homerisches Gelächter aus, wenn unser Kirchenmaus-Krösus neue Kohle machte.
Aaron durfte auf Grund von Privilegien eine Aktionskarte aus Thomas Kartenhand bestimmen, die dieser als nächstes ausspielen mußte. “Diese Karte muß offen ausgelegt werden” stellte der Spielautor fest. Doch Thomas wußte es besser, die Karte blieb verdeckt. Das ist das berühmt-berüchtigte altbairische Besserwissen, manche nennen das auch Sturheit. Die Franken trugen es mit Fassung.
Nach 3 Stunden Spielzeit hatten wir die Hälfte der Spielrunden absolviert und mußten aufhören. Moritz war die Manöverkritik wichtiger als der Endsieg. Fazit: Das Spiel funktioniert schon sehr gut. Die regionalen Aktionen sind stimmig und ausgewogen. Es steckte eine Menge intelligenter Forschungsarbeit dahinter, die vielen Rädchen und Schräubchen der verschiedenen Spielmechanismen historisch getreu und spielerisch konstruktiv anzubringen. Hier hat Moritz schon eine lange erfolgreiche Strecke zurückgelegt. Jetzt gilt es noch ein bißchen zu straffen, Details wegzulassen, die zwar mit Liebe und Fachkenntnis austariert sind, aber zu wenig Einfluß auf das Spielgeschehen besitzen, und Möglichkeiten zur Verkürzung auf eine abendfüllende Spielzeit auszureizen. Dann kann Moritz auch auf diese Komposition stolz sein. Sie trägt jetzt schon die Handschrift des Könners.

16.10.2008: Die Arpads bei “Brass”

Die favorisierten deutschen Damen unterlagen im Viertelfinale gegen die Chinesen – auf der ersten Denkspiel-Olympiade in Peking in der Disziplin “Bridge”. Das war eine herbe Enttäuschung.
Die weniger favorisierten deutschen Herren unterlagen im Halbfinale gegen England. Ebenfalls in Peking. Das ist ein schöner Erfolg.
Zwei Polen gewannen die 50. Internationale Bayrische Paarmeisterschaft in Ottobrunn. Ebenfalls in Bridge. Die aufwändige Organisation war der Grund, warum unser Spielabend zweimal ausfallen mußte.
1. “Brass”
Alle kannten das Spiel schon, trotzdem dauerte es 20 Minuten bis Günther das Spiel einigermaßen rekapituliert hatte. Jeder muß Fabriken errichten und Transportwege ausbauen. Alles geschieht in Konkurrenz zueinander; alles kostet Geld, vieles kostet Rohstoffe. Die Ausbreitungsmöglichkeiten sind begrenzt und unterliegen einem sich ständig verschärfenden Wettbewerb gegen die freien Bauplätze.
Die Regeln sind einfach, doch immer wieder wird was übersehen: Geographisch gebundene Fabriken darf man immer und überall errichten, Joker-Fabriken darf man nur errichten, wenn man bereits einen Anschlußweg zum Baugelände besitzt. Zum Straßenbau dürfen nur lokale Rohstoffe herangezogen werden; wenn’s die gerade nicht gibt, darf man nicht bauen. Für die Rohstoffe zum Errichten von Fabriken reicht ein Transportweg zu irgendeinem Hafen. Der Warentransport funktioniert auch über Strecken der Mitspieler, die Wege zu Joker-Bauten muß man selber gebaut haben. So gibt es viel zu bedenken und viele Möglichkeiten zum planerischen Irrtum.
Heute ging alles ungewöhnlich langsam. Es lag nicht (nur) an den Mitspielertypen, es lag irgendwie an der Luft. Selbst Walter (!) überlegte an seinen Zügen so lange, daß selbst Hans (!) ihm den Arpad überreichte. Selbst Aaron (!) wurde ob der langen Wartezeit ganz ungeduldig und mußte per Autosuggestion “Ich bin ja ganz gelassen” sein gesträubtes Gefieder wieder zur Ruhe bringen.
Umgekehrt beanspruchte er erstmals in unserem Spieleleben das Recht, dumme Züge zurücknehmen zu dürfen. Anschließend brütete er selbst über die zurückzunehmenden Züge, ja allein schon über das “Ob-oder-ob-nicht”-Zurücknehmen länger als alle seine Vorgänger an ihren Vorwärtszügen.
Im Spiel gibt es auch eine gelungene strategische Auseinandersetzung um die Startspieler-Reihenfolge. Wer am wenigsten Geld ausgegeben hat, darf in der nächsten Runde anfangen. Durch geschickte Investitionspolitik kann man dafür sorgen, daß man dann gleich vier Aktionen hintereinander ausführen kann und z.B. die gebratenen Täubchen, die man in einer Aktion auf das Spielfeld gebracht hat, in seiner nächsten Aktion gleich selber alle verzehren kann.
Besonders glücklich ist diese Startspielertaktik, wenn man sie zu Beginn der zweiten Phase anwendet. Denn davor werden alle in der ersten Phase gebauten Transportverbindungen wieder abgeräumt und man kann sich jetzt als Startspieler die lukrativsten Strecken gleich wieder unter den Nagel reißen. Günther als erfahrener Brassist kannte diesen Vorteil, brachte sich gekonnt in diese Position und suchte sich mit Akribie und Ausdauer gleich vier beste Strecken im Zentrum aus. Hans war wohl mehr oder weniger aus Zufall Zweiter geworden und suchte sich mit noch mehr Akribie und noch mehr Ausdauer die nächsten vier besten Strecken aus. Aaron und Walter durften eine gute Viertelstunde auf das Ende dieser Überlegungen warten. Doch dann fiel Aaron noch rechtzeitig (?) ein, daß man zum Streckenbau nur lokale Rohstoffe einsetzen darf. Die waren natürlich nicht vorhanden gewesen und Günther und Hans mußten ihre mühsam ausgebrüteten Züge wieder zurücknehmen. Ihre beiden Mitspieler durften eine weitere Viertelstunde darauf warten, wieder an die Reihe zu kommen. Dafür nahm Walter seinen bereits vergebenen Minuspunkt für die unausgewogene Startspieler-Asymmetrie wieder zurück. Aaron hatte sich allerdings bereits in seinen Frust verbissen: “Ich hasse dieses Spiel!” und “Die Einschränkungen in diesem Spiel sind einfach beschissen!” Es war aber nur begleitende Stimmungsmusik, die keineswegs die gute Laune beeinträchtigen sollte. Unisono fielen Günther und Hans als Continuo ein: “Sonst könnte man ja überall hinbauen!”
Das Spiel ist wirklich sehr gut ausbalanciert. Selbst wenn die Gegner alles verbaut haben, selbst wenn man (angeblich) lauter unglückliche Bauplätze gezogen hat, gibt immer noch sinnvolle Zugalternativen, z.B. kann man sich damit Kredite besorgen oder Entwicklungsaktionen damit finanzieren.
In seiner Komplexität ist das Spiel mit “1830” vergleichbar. Unvermeidlich macht man auch hier immer wieder Fehler, die sich teuer auswirken. Das ist auch gut so. Es darf nur kein Arpad dabei sein, der durch ausreichendes Nachdenken alle Fehler zu vermeiden sucht. Wir brauchten diesmal geschlagene 3 Stunden reine Spielzeit für ein einziges Spiel. Wieviele Arpads waren da wohl dabei?
Keine neue WPG-Wertung. Die historischen Noten: Aaron: 7, Günther: 8, Hans: 8, Walter: 9
2. “Bluff”
Mal wieder die alte Erkenntnis: Wenn Du mit Deiner Vorgabe die Meßlatte schon extrem hochgesetzt hast, dann darfst Du Dir selbst und Deinen Mitspielern nicht mehr glauben, wenn der Ball wieder zu Dir zurückgekommen ist.

23.09.2008: Olympiade der Spieler

Mit “Bridge” wird gewöhnlich ein betagtes Damenkränzchen assoziiert, das in Spitzchenhäubchen ein heißes Täßchen Arsen zusammenbraut. Fast alle diese Vorstellungen sind falsch. Bridge ist (auch) ein harter Denksport für Männer, der in Bundesligen und Weltmeisterschaften praktiziert wird. Jetzt ist er sogar olympisch geworden.
Vom 3. bis 18. Oktober werden in Peking als drittes olympisches Ereignis die ersten “Weltspiele des Denksports” (1st World Mind Sports Games) ausgetragen. Vertreten sind dabei neben Schach, Go und Dame, den klassischen Zweikampfspielen, auch Bridge, das für mich hier als einziges GesellschaftsSPIEL durchgeht.
Wer sich hier über die aktuellen Ergebnisse informieren will, kann über den Liveticker des Deutschen Bridgeverbandes auf der Internetseite “www.bridge-verband.de” den jeweiligen Turnierstand abrufen.
1. “Rumis”
Das erste Spiel, das auf der Spielschachtel unser WPG-Siegel “Spiel des Monats” aufgedruckt hat. Neben vielen anderen Auszeichnungen.
Die Spieler legen kantige Bau-Klötzchen ineinander und umeinander. Wer am Ende die meisten Oberflächen besitzt hat gewonnen.
Beim Suchen nach der günstigsten Bauposition kann man nicht auf seinem Stuhl kleben bleiben, sondern muß das entstehende Gebilde aus allen drei Dimensionen begutachten. So kommt ständig sogar ein bißchen körperliche Bewegung ins Spiel. Ein harmonischer Ausgleich zwischen Geist und Körper!
WPG-Wertung: Birgit und Horst lagen mit je 8 Punkten genau im WPG-Trend. Zumindest zum Warming-Up hat das Spiel diese guten Noten verdient.
2. “Trans Europa”
Eisenbahnbau von Lissabon bis Moskau, von Stockholm bis Thessaloniki. Jeder zieht zufällig insgesamt 5 Städte quer über Europa verteilt, die er mit einem Streckennetz verbinden muß.
Die individuell gebauten Strecken gehören allen, Taktik ist es deshalb, vorwiegend dort zu bauen, wo kein anderer hin muß, und die unvermeidlich-gemeinsame Stecke im Zentrum des Spiels von den Mitspielern bauen zu lassen. Aber wo ist schon die Strecke, die kein anderer braucht?
Das Spiel ist schnell erklärt, spielt sich flott und gefällig und wird am Schluß richtig spannend.
WPG-Wertung: Auch hier lagen Birgit und Horst lagen mit 8 bzw. 9 Punkten genau im Trend des WPG-Hauptfeldes.
3. “Zug um Zug”
Eisenbahnbau von Lissabon bis Moskau, von Stockholm bis Thessaloniki. Jeder zieht zufällig insgesamt 4 Städteverbindungen quer durch Europa, die er in seinem Streckennetz realisieren muß.
Ein bißchen problematisch ist es schon, nach “Trans Europa” ein “Zug um Zug” zu spielen. In “Trans-Europa” sind alle Strecken gemeinsam und man baut am besten zuerst die Außenstrecken, an denen man alleine Interesse hat. Bei “Zug um Zug” gehört jede gebaute Strecke nur einem einzigen Spieler und es gibt den unvermeidlichen Flaschenhals in Mitteleuropa. Hier muß man sich gleich zu Beginn die richtigen taktischen Strecken unten der Nagel reißen, sonst kriegt man seine Städteverbindungen nicht mehr hin. Wer mit seinen Gedanken noch auf dem falschen Dampfer ist, dem sind im Nu die Felle davongeschwommen.
Zum ersten Mal in unserer Spielpraxis bestand die Auslage auf einmal aus fünf “langweiligen” Karten, die keiner haben wollte. Jeder zog es deshalb vor, seine Streckenkarten vom verstecken Stapel zu ziehen. Da kam für ein paar Runden ein bißchen Quartett-Stimmung auf. Doch selbst in dieser Situation hätte jeder versuchen können, aus den “langweiligen” Karten ein einfarbiges Sextett zu bilden, das auch schon seine 15 Punkte wert ist. Ich würde allerdings vorschlagen, hier eine Regelerweiterung einzubringen: Wenn eine Runde lang jeder nur vom verdeckten Stapel gezogen hat, dann wird die offene Kartenauslage abgeräumt und durch neue Karten ersetzt. (Kommentare?)
Aaron erbarmte sich. Es reichte später sogar zu seinem Sieg. Aber nicht wegen des Erbarmens.
WPG-Wertung: Wieder lagen hier Birgit und Horst lagen mit 8 bzw. 9 Punkten genau im Trend. Great minds think alike!
4. “Metropolys”
Es waren erst 2 Stunden gespielt und wir hatten schon drei Super-Spiele hinter uns gebracht. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen, schon gar nicht mit einem Spiel aus dem Ystari-Verlag.
In Metropolys ersteigern sich die Spieler lukrative Gebiete im Stadtzentrum von Paris. Jeder bekommt andere Prioritäten vorgesetzt: seien es die Farben der ersteigerten Gebiete oder die relative Lage zueinander bzw. zu markanten Orten auf dem Plan. Die Versteigerung verläuft nach einem sehr bemerkenswerten und höchst anspruchsvollen Verfahren. Wer hier nur spielerisch seine Klötzchen setzt, hat keine Chance auf den Sieg.
Es gab eine kontroverse Diskussion, ob es Sinn macht, mit kleinen Steinen eine Versteigerung anzufangen. Natürlich nicht nur, wenn man in einer Sackgasse ohne Konkurrenz die Versteigerung ohnehin gewinnt. Man kann mit einem kleinen Stein auch irgendwo in der Landschaft anfangen und damit zu verstehen gehen: “Schlagt Euch darum, ich habe zunächst mal keine Ambitionen!” Allerdings muß man sich hier selbst das “irgendwo” genauer anschauen, damit man seinem Hintermann nicht ungewollt einen tollen Eroberungszug erlaubt.
So muß man bei “Metropolys” auch dann denken, wenn man eigentlich nur die Initiative abgeben will. Jeder einzelne Zug, jede Auswahl eines Versteigerungssteines, jede Richtung, in die man die Versteigung lenkt, erfordert scharfe Kalkulation. Schade, daß das unübersichtliche Spielbrett hier dem Verstand noch zusätzliche Leistungen abfordert. Durch eine abstrakte Farb- und Formgebung hätte man die geistigen Nebenkosten deutlich reduzieren können. Aber vielleicht war gerade das im Interesse des Erfinders.
WPG-Wertung: Diesmal übernahm Birgit mit 6 Punkten – trotz ihres Sieges – eine WPG-Außenseiterrolle ein (etwas trocken), Horst blieb mit 8 im Schnitt.
5. “Verflixxt”
Zum Absacken war es immer noch zu früh. Ein lockeres Vollspiel paßte noch gut hinein. “Verflixxt” in der Basisversion, ohne den Schnickschnack der späteren Erweiterungen; gerade so hat das Spiel im Jahre 2005 die Nominierung für das “Spiel des Jahres” verdient. (Den Sieg hätte es auch verdient gehabt!)
Gut würfeln, gut ziehen, Plus- und Minuskärtchen einkassieren und die Glückskarten zum Konvertieren dazu, ist das das ganze Geheimnis? Bei weitem nicht! Strategisches Ziehen von 3 eigenen Pöppeln und/oder 8 Wächtern ist mehr als ein simples Mensch-ärgere-Dich-nicht. Eine gute Mischung als Glück und Können. Ein Garant für Freude und Schadenfreude. Ein richtiges Spiel!
WPG-Wertung: Birgit und Horst blieben mit 7 bzw. 8 Punkten wieder im Trend.
6. “Bluff”
Schlußendlich noch der Absacker. Horst verlor aus einem 3:2-Vorsprung gegen Walter und gewann aus einem 2:4-Rückstand gegen Aaron. Er konnte die Mitspieler halt noch nicht berechnen und spielte selber auch noch unberechenbar.
Dagegen machte Birgit deutlich, daß es einen signifikanten Unterschied zwischen “unberechenbar” und “irrational” gibt. Nur eines von beiden hat mit “Bluffen” zu tun.
WPG-Wertung: Aaron: 9 (historisch), Birgit: 6 (irrational), Horst: 10 (unberechenbar), Walter: 10 (historisch)

17.09.2008: Wölfe und Schafe in den “Empires of the Ancient World”

1. “Empires of the Ancient World”
Das Spiel hatte vor fünf Jahren die erste und bisher einzige Zerreißprobe unter den Westpark-Games ausgelöst. Eine hitzige Diskussionen hatte sich darüber entzündet, ob man beim Angriff über Wasser die Fähigkeiten eines Diplomaten für “adjacent” Felder nutzen darf oder nicht. Damals wurde das Spiel abgebrochen. Heute sollte es in erneuerter Besetzung fortgesetzt werden.
Peter hatte sich exzellent vorbereitet. Das tut er immer, wenn er die Verantwortung für ein Spiel übernommen hat. Er philosophierte vor den Neulingen bereits über die Unterschiede zwischen der Militär- und der Handelsstrategie, als seine Frau mit ihren Kollegen noch bei ihrer Einstandsfeier saß. Der Wirt brachte zu langsam das Essen auf den Tisch. Doch dann eilte sich so schnell wie möglich herbei und die zurückbleibenden Kollegen beneideten sie um den Brettspielabend am Westpark.
Die Spieler kämpfen auf einer Landkarte des Mittelmeerraums um Mehrheiten in den verschiedenen Regionen. Die einzelnen Provinzen können militärisch besetzt oder mit Handelsketten durchzogen werden. In den drei Wertungen eines Spieles werden die aktuellen Besitzverhältnisse in Siegpunkte umgewandelt. Die militärische Kontrolle bringt die volle Punktzahl, die relative Handelsmehrheit die halbe Punktzahl.
Militärisch kann jedes Gebiet nur von einer Partei besetzt sein; im Konfliktfall kommt es zu einem Eroberungskampf, der durch Kampfkarten und Würfel entschieden wird. Händler können sich hingegen in jedem Gebiet tummeln, auch in fremden. Sie dürfen in Friedenszeiten nicht vertrieben werden, gehen beim Besitzwechsel aber samt und sonders in die Sklaverei, d.h. sie bringen dem Eroberer Siegpunkte.
Statt zu erobern oder Handel zu treiben, kann man in seinem Zug auch eine der offen ausliegenden Armeekarten auf die Hand nehmen und damit seine Kampfkraft zu erhöhen. Ein Kampf wird nämlich dadurch entschieden, daß jeder verdeckt 5 Armeekarten aus seiner Hand auswählt und gegen die 5 vom Gegner ausgewählten Karten antreten läßt. Da gibt es Elefanten und Kavallerie, Artillerie und Bogenschützen, Galeeren, Infanterie und andere Glücksritter. Alle bedeuten beim Kampf gegeneinander unterschiedliche Vor- und Nachteile; den letzten Ausschlag über den Sieg gibt dann noch der Würfel, ein stinknormaler Hexawürfel, für poetische Rezensenten ein “eleganter Kampfwürfel”.
Es gab eine Menge zu erklären und Peter, der alles im Kopf, aber (heute ausnahmsweise) wenig auf der Zunge hatte, sprang mitten aus einem Detail in das nächste. Vieles sollte (ausschließlich) durch Beispiele klargemacht werden, z.B.: Wenn ein Spieler einen Eroberungskampf mit 2:1 verliert, dann darf der Sieger dem Verlierer 2 Armeekarten aus den Hand ziehen. Schaut, so! Eine davon wird abgelegt. Verstanden? Hier kommt zweimal die “2” vor, das ist doch eine eineindeutige Abbildung, und daß unter den beiden demonstrativ gezogenen Karten eine Standardkarte war, die man behalten darf, und eine Nachziehkarte, die man abgeben muß, das war doch offensichtlich, oder?
Nach einer guten Stunde Erklärung konnte sich Aaron zu einem echten Lob aufraffen: “Zum ersten Mal, daß Du was schön erklärt hast!” Nach weiteren 20 Minuten waren wir komplett durch die Regeln. Einer hatte alles erklärt, einer hatte alles verstanden, drei Neulinge hofften auf Learning by Doing. Hätten wir uns die tausenderlei Eigenschaften und Randbedingungen auf Anhieb alle merken sollen? Nicht nur Walter war überfordert. Der Spielablauf ist bekanntermaßen etwas chaotisch und eine Kurzanleitung sowie eine mnemotechnische Hilfestellung auf Spielmaterial oder Spielbrett gibt es schon gar nicht. Keiner lastete dem Erklärer die Fülle des Materials an. Ganz im Gegenteil, wir bewunderten die Engelsgeduld, mit er immer wieder die gleichen Regelanfragen mit den gleichen Zitaten aus dem Regelheft beantwortete.
Loredana war Startspielerin und siedelte sich auf den reichen Provinzen in Kleinasien an, Peter begann seine militärische Laufbahn in Rom, Aaron versuchte sich im friedlichen Ackerbau auf der iberischen Halbinsel, Walter fühlte gleich zu Beginn seine Athener Handelsniederlassung vom Ehepaar aus der Maxvorstadt in die Zange genommen, und Hans blieb zum Einstieg nur der schmale Rand des damals bekannten Nordafrika.
Obwohl Peter einen Angriffskrieg vorangekündigt hatte, beschränkte er sich zunächst auf ein friedliches Besiedeln der näheren Umgebung und nahm hin und wieder eine Armeekarte auf, die uns Neulingen alle nicht so gefährlich erschienen. Hans war als Besamer angekündigt worden, da waren wir a priori auf friedliche Aktionen eingestellt, und daß er sich ab und zu mal eine Galeere zulegte, das war ebenfalls nicht verdächtig. Bis dann urplötzlich die Eroberungskämpfe einsetzen. Peter schlug auf den spanischen Aaron ein und gewann jeden Karten-Würfelkampf. Hans war unangefochtener Flottenchef und konnte sich jedes Stückchen Mittelmeer unter den Nagel würfeln. War das Können oder Glück?
Nach 1 ½ Stunden Spielzeit zogen wir die erste Bilanz. Die beide siegreichen Eroberer betonten ihre strategische Planung. Sie hatten sich klammheimlich die richtigen Armeekarten angeeignet, die sie für ihre hegemonialen Ambitionen gebraucht hatten. Damit konnten sie die statistische Gewinnchance bei den Eroberungskämpfe auch bei einer zufälligen Auswahl der Kampfkarten und dem zufälligen Ergebnis der Kampfwürfel zu ihren Gunsten verschieben. Die übrigen friedlichen Lämmer hatten sich eine stumpfe Mischung aus Ingenieuren mit Pflugscharen zusammengetragen und wunderten sich, daß sie damit den Zufall aus Kartenauswahl und Würfelglück nicht auf ihre Seite ziehen konnten. Irgendwie frustrierend!
Aaron ärgerte sich: “Nicht, weil ich meine Würfelkämpfe verloren habe, sondern weil ich das Spiel so blöd find.” Walter bekannte, daß sein weiterer Ehrgeiz nur noch darin bestand, das Spiel möglichst schnell über die Runden zu kriegen. Peter war schockiert, als wir ihm diese Einschätzung präsentierten. Er vertröste uns auf die angeblich Überraschungen bringenden Punktewertungen. Die erste davon war zeitlich ja schon abzusehen. Der Admiral vom Mittelmeer erhielt dann 52 Siegpunkte und der General aus dem Stiefel 31. Loredana stand sogar etwas besser als der General, das einstmals blühende Kleinasien war offensichtlich eine günstige Ausgangsbasis gewesen. Doch drohte ihr früher oder später ein Abschlachten von der Seeseite her. Aaron und Walter waren hoffnungslos abgeschlagen.
Walter stellte den Antrag, daß wir über einen Spielabbruch abstimmen sollen. Der Antrag wurde mit 3 Stimmen gegen 2 Enthaltungen angenommen. Anschließend wurde über den Spielabbruch selber abgestimmt. Aus den Enthaltungen wurden Gegenstimmen, doch die Mehrern wurden sie nicht.
Wie hätten wir weiterspielen sollen?
Peters Vorschlag:
– Aaron muß sich zwei bis drei Truppen zulegen, dann auf den afrikanischen Hans losgehen und mit dem Rest seiner Potenz den italienischen Peter besamen.
– Loredana stand sehr gut. Sie kann machen was sie will, z.B. soll sie sich eine starke Flotte gegen Hans zulegen. Leider ist Hans schon ziemlich stark und hat eine Menge Galeeren.
Für Walter hatte er keinen Tip übrig. Der war schon ziemlich totgeschlagen und hätte sich wohl am besten zur Aphrodite in die Stoa zurückziehen sollen.
Und wenn wir alle von Anfang an gleich erkannt hätten, daß das rechtzeitige Ziehen der richtigen Armeekarten die spielentscheidenden Züge sind, dann … wäre das Spiel noch fader geworden.
Loredana’s Bilanz:
[glowred]”Wenn ich gewußt hätte, was mich heute hier erwartet, hätte ich lieber mit meinen Kollegen weitergegessen.”[/glowred]

WPG-Wertung: Aaron: 6 (einen Punkt weniger), Hans: 8 (der kann’s), Loredana: 6 (nur knapp hinter den Kollegen?), Peter 10 (trotz: “Das Spiel ist nicht ausgefeilt, aber auch nicht doof!”), Walter: 5 (noch einen Punkt weniger)
3. “Bluff”
Loredana wäre bereits nach zwei Runden wieder gerne bei ihren Kollegen gesessen. Dafür konnte sie das zweite Spiel für sich entscheiden. Und es gab noch ein drittes Spiel.

10.09.2008: Dracula im Zug durch Europa

Eine knifflige Frage zum Spielen aber nicht zum Brettspielen: Wie lernt ein Dirigent seine Partitur auswendig? Ein Exbläser und Freund meiner Frau, der selbst noch unter Furtwängler gedient hat, hat dieser Tage behauptet, daß diese Korniferen das Einstudieren eines Orchesterwerkes über das Nachspielen per Klavier machen. Das kann doch wohl nicht sein, daß ein Klavierauszug alle hunderttausend Stimmen eines Orchesters aufzeigt. Moritz mußte hier Licht ins Dunkel bringen.
Erste Aussage: Auswendig Dirigieren ist ausschließlich eine Show fürs Publikum. Besser wird die Aufführung dabei nicht. Ganz im Gegenteil, wenn was schiefläuft – und nach Moritz’ Erfahrung läuft fast immer was schief – dann kann der Dirigent mit der Partitur viel eher das entstehende Malheur noch entschärfen. Vielleicht merken wir Laien das aber ohnehin nicht.
Zweite Aussage: Auch wenn ein Dirigent ganz souverän auswendig dirigiert und sichtbar viele Einsätze in vielen Richtungen vorgibt, so übersieht er dennoch dabei einen erheblichen Teil der Einsätze in den verschiedenen Teilen eines Orchesters. Normale Musiker tuten auch ohne expliziten Wink ins richtige Horn.
Dritte Aussage: Barockstücke, die eine konstante Motorik und eine lineare Phrasierung aufweisen, klingen ohne Dirigent oftmals besser als mit! Erst ab der komplizierten Dynamik von Beethoven und folgende sind Dirigenten erst wirklich gefragt.
Vierte Aussage: Früher war es vielleicht tatsächlich mal üblich, daß sich ein Dirigent mit dem Klavier über die Partitur- nicht über den Klavierauszug – hergemacht hat und Stimme um Stimme, Einsatz um Einsatz, Akt um Akt einstudiert hat. Besonders geniale oder visuell begabte Dirigenten konnten sich ein Werk allerdings auch schon damals ohne Instrument, sondern mit den bloßen Augen aus der Notenschrift erarbeiten.
Fünfte Aussage: In unserer heutigen, schnellebigen Zeit geben sich manche Dirigenten auch damit zufrieden, zum Kennenlernen ein Stück mehrfach auf CD anzuhören.
Christian Tielemann hat gerade bekannt, daß er Bayreuth auch deswegen so schätzt, weil man da dem Publikum nicht mit Auswendig-Dirigieren imponieren muß. Weil man den Dirigenten im tiefen Wagnergraben ohnehin nicht sieht, kann er es sich leisten, die Partitur vor sich lieben zu haben.
Warum muß ein Dirigent eigentlich durch Auswendig-Dirigieren imponieren? Es reicht doch, wenn er das Orchester beherrscht, oder?
1. “Fury of Dracula”
Ohne Widerspruch tischte Moritz einen “Klassiker” auf. Schon im letzten Jahrtausend erschienen, dann lange Zeit vergriffen, brachte es “Fury of Dracula” bei Ebay auf Preise von “Hunderten von Dollars”, bis er im Jahre 2005 von Fantasy Flight Games neu herausgebracht wurde. Das Spiel ist kooperativ. Wie bei “Scotland Yard” kämpfen 4 Jäger gegen den bösen schwarzen Mann, müssen ihn innerhalb der gesamten Geographie von Europa suchen und finden und ihm im Zweikampf den Garaus machen.
Jeder Jäger besitzt Spezialeigenschaften, die ihm beim Töten oder beim Überleben behilflich sind. Hans war unsere Lady, die von Haus aus bereits einmal gebissen war und beim nächsten Biß in die Transsylvanischen Jagdgründe verschwinden mußte. Walter war der edle Von-Helsing, nach Moritz der “geilste Stecher” unter den Jägern, doch ausgerechnet unser ältester Spieler sollte in dieser Rolle seine Kompotenz beweisen.
Trotz der europäischen Szenerie ist das Spiel kein Eurogame. Die Jagd auf Dracula wird nicht durch taktisch-strategische Überlegungen gewonnen, sondern – falls das überhaupt möglich sein sollte – durch Zufall und Glück. Kartenzufall und Würfelglück! Dracula muß nicht in regelmäßigen Zeitabständen seine Position offenbaren, sondern nur dann, wenn die Jäger Ereigniskarten ziehen, die ihnen erlauben, diese siegentscheidende Information abzufragen. Allerdings muß Dracula in den besuchten Städten seine Spuren hinterlassen, so daß man auch durch diese zweite, weniger glücksabhängige Methode seine Position abschätzen kann.
Im Gegenzug dazu kann Dracula Karten ziehen, die es ihm ermöglichen, unterzutauchen und an einem gänzlich unbekannten Ort irgendwo in Europa wieder aufzutauchen. Wir hatten gerade um unseren Dracula in Belgrad einen Belagerungsring gezogen, da spielte er – ätsch – diese mächtige Karte auf und verkrümelte sich nach Liverpool. Keiner wußt, wo er jetzt zu suchen war. Bis wir wieder eine Ereigniskarte zogen, aufgrund der er seine Position wieder verraten mußte, tippelten wir alle fuß- und lendenlahm durchs Land der Skipetaren.
Im gesamten Spiel fand kein einziger Kampf der Jäger gegen Dracula statt. Entweder war Moritz – wer sonst sollte den Dracula spielen – längst über alle Berge oder er teleportierte – ebenfalls per Ereigniskarte – den findigen Jäger unverzüglich auf die andere Seite von Europa. Kampfesmutig hatte sich Aaron auf Dracula gestürzt, der sich unweigerlich in Edinburgh aufhalten mußte, doch Moritz griff in seine Spellkiste und als Aaron wieder zu sich kam, befand er sich an Siziliens Küsten und konnte friedlich und allein dem Spiel der Wellen lauschen.
Mit den Hilfssheriffs, die Dracula in allen besuchten Städten zurückläßt, gerieten wir häufiger aneinander. Dann kommt es zu Zweikämpfen und per Würfel wird ausgewürfelt, wer unterliegt und wie viele Leben er dabei verliert. Manchmal geht es auch mit Bissen und Wunden ab. Zuviele Bisse sind des Jägers Tod. Zuviele Wunden auch. Doch jeder hat mehrere Leben und schlimmstenfalls darf man sich als neugeborene Unschuld wieder ins Getümmel stürzen.
Nach einer guten halten Stunde Erklärung (ohne die Einzelheiten) und nach gut zwei Stunden Spielzeit waren wir durch. Fazit: Ein logisches induktives Spiel mit zufallsabhängigen krassen Teleportationskarten, krassen Ereigniskarten und krassen Kampfkarten. Zum letzteren kommt dann noch der Würfel hinzu.
Trotz allem war es bis zu Draculas Sieg äußerst spannend. Nicht weil die Jäger eine Chance hatten, sondern weil sie das nicht wußten. Zudem ist das Spielmaterial sehr gefällig und die Hunderte von Sondereigenschaften, Sonderkarten und Sonderbedingungen halten Aufnahmefähigkeit und Konzentration ständig in Atem.
Wie groß die Spiellust noch sein wird, wenn wir die abzählbar vielen Regeln alle begriffen und unter einen randomisierten strategischen Hut gebracht haben, das steht in den Sternen.
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 5 (nicht mein Spiel), Hans: 5, Moritz: 7 (Wiederspielwert fraglich), Walter: 4 (meines auch nicht)
2. “Zug um Zug – Europa”
Kein Peter mußte zur vorletzten U-Bahn, so konnten wir uns eine Stunde vor Mitternacht noch ein ausgewachsenes Großspiel vornehmen. “Zug um Zug”, das Spiel des Jahres von 2004, in der ein Jahr später herausgekommenen Europaszenerie. Die Geographie des Spielbrettes erinnerte sofort an die Szenerie von Draculas Raserei, doch der Spielablauf ist nahezu diametral entgegengesetzt. Es geht taktisch zu, und zügig, und planerisch, und spielerisch, und lustig, und interaktiv und konkurrierend.
Im Gegensatz zur amerikanischen Szenerie, in der das Spiel über den Bau langer Strecken mit quadratisch steigenden Siegpunkten gewonnen wird, muß man in Europa sein Heil in kleinen aber strategisch gut plazierten Schlüsselstrecken suchen. Beide Prinzipien stellen ihre eigene Herausforderung dar und haben ihren eigenen planerischen und spielerischen Reiz.
Ein verdientes Spiel des Jahres, das sowohl normalverbrauchende Familien als auch anspruchsvolle Vielspieler befriedigen kann.
Keine neue WPG-Wertung

03.09.2008: Die Zinnschürfer und ihr Vorbild

Walter servierte einen Villányi Cuveé – Cabernet Sauvignon – Merlot. Loredana schickte ihn noch eigens in den Keller um den Drop-Stopper zu holen, kein Tropfen sollte verloren gehen. Doch das zweite Glas war noch nicht eingeschenkt, da hatte sich das erste bereits über die Tischdecke ergossen. Vollständig. Der Griff zum Frottee-Handtuch ist schon Routine. Und glücklicherweise ist das Spielmaterial von “Tinner’s Trail” so hochwertig, daß kaum welche sichtbaren Spuren zurückblieben. Günther, Du darfst Deine Leihgabe das nächste Mal kritisch begutachten. Doch mit der Forderung nach einem neuwertigen Ersatz wirst Du uns vor unlösbare Probleme stellen. Das Spiel ist vergriffen, und eine Neuauflage ist nicht in Sicht!
Laß Dich von Peters Drohung: “Euch leih’ ich keine Spiele” nicht ins Bockshorn jagen. Man kann noch alles gut erkennen. Und die anschließend verschütteten Gläser mit Mineralwasser ließen schon gar keine roten Spuren zurück. Vor allen Dingen, so konnte Loredana die Fakten auf den Punkt bringen: “Solange das Handtuch noch da ist!”
1. “Tinner’s Trail”
Bei Auswürfeln der Startreihenfolge nutzen wir den Zinnwürfel. Kein Wunder, daß der virtuelle Moritz Startspieler wurde und Aaron Zweiter. Erst als wir danach eine Null würfelten, fiel auf, daß die statistische Zinnverteilung keine Gleichverteilung ist. Mit einem stinknormalen Hexawürfel mußten wir die Prozedur wiederholen.
Während Aaron die Startaufstellung auswürfelte, durfte Walter den Neulingen einen globalen Überblick über den Spielablauf geben. Schließlich hat er schon seine Rezension fertig und sollte das Spiel gut genug kennen. Doch bevor er anschließend in die Details gehen konnte, hatte ihm Peter schon das Wort abgeschnitten und Aaron zum “Erklärer strikt nach Regelheft” gekürt. Alles schon mal dagewesen. Jede Woche dasselbe!
Ein Disput entstand um die Formulierung, ob der “Letzte” oder der “Erste” Spieler auf der Zeitachse am Zug ist. Der Sachverhalt ist unbestritten, nur das Wording stand zur Debatte. Zur Entscheidung wurde der Text im Regelheft nachgeschlagen. “The active player is the one who has spent the least amount of Time Points”! Bewegen wir uns hier jetzt nach vorne oder nach hinten?
Walter hatte schon wie beim letzten Mal in der ersten Runde sein ganzes Pulver in Minen verschossen und mußte trotz des stolzen Kupferpreises darauf verzichten, sein Erz zu fördern und zu verkaufen. Nur über Pastries konnte er sein Minenimperium ernähren. Irgendwie lief das Spiel an ihm vorbei. Zwei Runden lang förderte er kein einziges Milligramm Erz, während die Mitspieler schon riesige Summen in die Siegpunkte investieren konnten. Er wurde mitleidig belächelt, einschließlich von sich selbst.
Aaron suchte immer wieder neue Wasser- und Weinspuren in Cornwall. Doch meist waren das nur bekannte und gewollte Farbnuancen auf Spielbrett. Schließlich geht es hier doch um Zinn und Kupfer, das ist doch auch nicht steril unifarben.
Draußen zog ein Sturm auf. Walter mußte vor der letzten Runde schnell noch die Sitzkissen von der Terrasse zusammenraffen, da rechnete Peter schon mal den theoretischen Sieger aus. Wenn der Würfel hohe Rohstoffpreise erbringt, dann wird er selber gewinnen, kommen niedrige Preise heraus, so gewinnt Loredana. Walter machte dazu den Vorschlag, nach dem Auswürfeln der Preise gleich auf die letzte Runde zu verzichten, doch Peter wollte seinen Sieg genüßlich auskosten.
Was kam schließlich dabei heraus? Der Kupferpreis wurde zu 8 Pfund und der Zinnpreis zu 6 Pfund bestimmt, keine Höchstpreise, aber gut über dem Durchschnitt. Inzwischen hatte Walter mangels Alternativen alles Wasser aus seinen Minen abgepumpt und auch die Förderkapazitäten hochgeschraubt. Kein Mitspieler hatte Ambitionen ihm Mitarbeiter streitig zu machen. So konnte er mit Minimalkosten noch alle seine Minen leerfördern und sich mit 109 Siegpunkten die Spitze erkämpfen.
Warum schreibe ich das? Wenn der Würfel in der letzten Runde andere Verkaufspreise ergeben hätte, dann wäre die Einlaufsreihenfolge ganz anders geworden. Ist “Tinner’s Trail” also ein reines Glücksspiel? Nein! Aber wenn man nolens-volens alles auf eine Karte setzen muß und dies mit Umsicht tut, dann hat man bis zuletzt eine Chance auf den Sieg. Das ist doch ein legitimes Spieldesign, oder?
Peters Fazit: “Ein typischer Martin Wallace! Brilliante Ideen! Doch müßten sie hinterher nochmals bei Hans-im-Glück geschliffen werden!”
Walters Erfahrung: “Man darf nicht unbedingt gewinnen wollen. [Sonst artet es in eine elende Rechnerei aus.] Doch wenn man die Bergbau-Szenerie spielerisch angeht, dann ist sie eine hübsche Spielwiese zum Ausprobieren vielfältiger Strategie-Varianten.”
WPG-Wertung der Neulinge: Loredana: 6, Peter: 5 (die Erzpreise gaben ihm den Rest)
Walters Rezension sollte dieser Tage veröffentlicht werden.
2. “Die Fürsten von Florenz”
Eigentlich stand jetzt noch ein ‘Brass’ zur Diskussion. Doch zwei Stunden vor Peters vorletzter U-Bahn weigerte sich Aaron, die Neulinge noch in die umfangreichen Regeln einzuweisen. Wir mußten auf Altes und Bewährtes zurückgreifen.
“Modern Art” ist eines von Peters Lieblings-Fillern, doch die Kunst stammt schon aus dem letzten Jahrtausend und für die Versteigerei sind 4 Spieler nicht optimal. Da fiel sein Auge auf “Die Fürsten von Florenz”. Überzeugend riß er alle mit “In diesem Spiel bin ich Großmeister, auch wenn ich [auf der deutschen Brettspielmeisterschaft – anno dazumal] geschlagen wurde.”
Martin Wallace hat selbst bekannt, daß er bei den Tinners den “investment mechanism” von den “Fürsten” abgeschaut hat. Das sollte doch ein Anreiz sein, sich dieses Prinzip nochmals näher anzuschauen.
Peter durfte erklären. Der grobe Überblick war in einem Satz abgetan. Dann ging es in die Details. Mal von vorn und mal von hinten. Diese Stopselsei war selbst für die Eingeweihten keine Offenbarung. Ohne Konzept ist es natürlich schwer, einem Neuling (Loredana) die Privilegien zu erklären, bevor man die Bauwerke behandelt hat, oder die Gaukler, bevor die Gelehrten und Künstler vorgestellt sind. Selber weiß man natürlich alles in- und auswendig. Aber wie bringe ich es rüber? Ein ansonsten perfekter Erklärer mußte sich mehrmals selbst korrigieren: “Das war Quatsch, was ich gerade gesagt habe!” Nach einer guten halben Stunde war er durch. Aaron merkte emotionslos an: “30 Minuten für so ein luschi Spiel? Ich hätte in der Zwischenzeit schon 3 mal ‘Brass’ erklärt.” Peter war in der Defensive: “Das ist kein luschi Spiel. Das ist schönste und komplexeste Spiel das ich kenne.”
Loredane machte gute Miene zum bösen Spiel[erklären], Aaron hatte die “Fürsten” noch nie gemocht und hielt sich vornehme zurück, Walter war von Champagner am Nachmittag, Villányi am Abend und Peters Stegreifbelehrung eh bereits überfordert. Peter konnte zu den bekannten Pisa-Lesern in unserem Spielkreis schnell noch ein paar Pisa-Hörer ausfindig machen. Doch zum Spielen sollte es reichen.
Außer Peter hatte keiner einen richtigen Peil. Unangefochten konnte er die Gaukler-Technik verfolgen, während Walter mangels Gedächtnis an frühere Erfolge auf die fruchtlose Baumeister-Schiene verfiel. Loredana hielt sich an die guten Tips von ihrem Ehemann und Aaron flocht ab und zu ein “Wann war noch mal das Spiel zu Ende?” und “Das Spiel hat so was Autistisches!”
Sind wir älter geworden oder hat sich unsere Spielkultur inzwischen soviel geändert? Das Spiel wurde von uns früher doch wirklich mal gerne gespielt. Unverdrossen vergibt Peter heute immer noch 10 WPG-Punkte. Ganz gewiß nicht, weil er mit seinen 59 Siegpunkten den Rest der Spielfeldes fast überrundet hatte. Allerdings mußte er bekennen: “Das war die langweiligste Runde, die ich je gespielt habe. Weil ihr es nicht gerafft habt!” Muß man die Pisa-Versager mit so harschen Worten abtun?
Vielleicht kann er uns aber nachträglich noch erklären, von welcher Stelle in den “Fürsten” Martin Wallace seine Siegpunkt-Investitionen für die “Tinners” abgekupfert hat.
WPG-Wertung (o.B.d.a.W.): Aaron: 5, Loredana: 6, Peter: 10, Walter: 8.
3. “Bluff”
Aaron und Loredana bestritten beide Endspiele. Einmal mit 3:3 und einmal mit 4:4 Würfeln. Loredana ließ sich zweimal abschlachten. Unser sprichwörtlicher Würfelpechpilz konnte problemlos beide Endspiele für sich entscheiden.