25.02.2009: Der “Flaschenteufel” als Kampfstern in der Galaxis

Aaron hat jetzt in alle unsere Rezensionen ein Feedback-Kästchen eingebaut: Jeder Leser hat die Möglichkeit, einen Artikel mit den Noten von 1 bis 10 abzukanzeln. Einfach auf die entsprechende Anzahl Sterne klicken, und schon hat man Lust oder Frust zum Ausdruck gebracht.
Achtung aufgepaßt: Jeder Absender kann pro Artikel nur einmal seine Stimme abgeben, dann wird keine Wertung mehr angenommen. Bitte also den richtigen Stern anklicken.
Bis jetzt sind die Rückflüsse noch sehr spärlich. Günther bekam für seine zweite Dominion-Analyse die Traumnote 9,9. Bei 7 Wertungen. Seine erste Analyse, die mit 36 Wertungen gerade die Hälfte aller Wertungen auf sich vereinigt, kommt immerhin noch auf die Note 8,6. Im Vergleich zu unseren eigenen Spielebewertungen wäre das ebenfalls noch ein Spitzenplatz: Hier liegt “1830” mit der Durchschnittsnote von 8,8 auf den vierten Platz.
Leser, Autoren und Verlage, nutzt die Gelegenheit, Euren Daumen zu heben oder zu senken! Rächt Euch mit schlechten Noten für schlechte Kritiken! Lieber wäre es uns allerdings, wenn Ihr Euch noch ein paar Worte einfallen läßt, und gleich einen richtigen Text-Kommentar abgebt. Gelesen wird alles. Nicht nur von uns. Mehr als tausend mal pro Rezension.
1. “Battlestar Galactica”
Ein kooperatives Spiel mit sehr viel Thema. Eine ganze Fernsehserie soll dazu Pate gestanden haben. Zumindest Moritz kannte sie. 12 aufrechte Menschen sind auf der Flucht aus dem Weltraum wieder zurück zur Erde. An allen Ecken und Enden tauchen feindliche Gebilde aus, die vernichtet werden müssen, bevor sie zuviel Schaden an Treibstoff, Nahrung, Moral oder Bevölkerung angerichtet haben. Ihre Vernichtung wird ausgewürfelt, elegant und berechenbar, zumindest nach dem Gesetz der großen Zahlen.
Zusätzlich treten regelmäßige Krisen auf, die ebenfalls die empfindlichen Ressourcen anfressen. Gemeinsam müssen sie gemeistert werden, wobei “gemeistert” heißt: alle Spieler zusammen legen verdeckt farbige Zahlenkarten auf einen Haufen, dann wird der Haufen aufgedeckt, und wenn die Summe der Zahlen größer ist als das Krisenpotential, dann verpufft die Krise ohne negative Effekte.
Leider ist diese Kartensumme nicht ganz so elegant berechenbar wie ein Würfel, denn erstens weiß keiner, welche Zahlen die Mitspieler gegen das Krisenmanagement geopfert haben, zweitens kommen von einem verdeckten Stapel auch noch unbekannte Modifizierkarten hinzu, die das Krisenpotential bis zu 50 Prozent auf- oder abwerten. Und drittens können Mitspieler sogar Karten mit Minuswerten zu dem Haufen legen, die bei der Summenbildung dann kontraproduktiv sind.
Warum sollten sie so etwas tun? Weil nicht alle Mitspieler gut sind! Es gibt unerkannt böse Verräter von der Rasse der Cylonen unter ihnen, die das Spiel gewonnen haben, wenn die Menschheit untergegangen ist. Es ist also ein Kampf der Guten gegen die Bösen, gegen zufällige Gefahren in zufälligen Größenordnungen mit zufälligen Abwehrmitteln und unbekannten Allianzen. Wer zufällige die richtigen Karte auf der Hand hat, darf auch noch darum würfeln, ob die unbekannte, zufällig oben liegende Krisenkarte mit der unbekannten, zufällig darunter liegenden Krisenkarte vertauscht werden darf. Sowas geht dann schon in Richtung Metazufall.
Moritz versuchte Stimmung zu erzeugen, indem er seine Mitspieler reihum als Cylon verdächtigte. Ist so ein Vorgehen tatsächlich ein wichtiger Bestandteil des Spielspaßes in der “Galactica”? Muß man seine Freunde ernsthaft verdächtigen, und müssen die sich dann ernsthaft verteidigen? Oder darf man das blindwütig einfach so aus lauter Jux und Tollerei tun, und die Verteidigung oder sogar Selbstanklage ist auch nur ein stimmungsfördernder Faschingsscherz? Sind hier vielleicht bewußt chaotisch gehandhabte, offensichtlich falsche Schlußfolgerungen bei den Verdachtsäußerungen besonders stimmungsfördernd? – Eine philosophische Frage. Moritz hatte damit in seinen anderen Spielkreisen angeblich Erfolg. In unserer rationalen Gesellschaft funktionierte diese einfache Lustprinzip nicht so durchschlagend. Eine offensichtlich falsche Verdächtigung ist nicht a priori lustig, sondern sie ist ein logischer Fehlschluß und damit ein Ärgernis. Im Gegensatz dazu wäre eine zutreffende logische Schlußfolgerung beispielsweise: ein Spieler, der sich in einer einzigen Runde nicht an der gemeinsamen Krisenbewältigung beteiligt hat, in der aber mindestens eine kontraproduktive Karte gespielt wurde, dieser Spieler kann kein Verräter sein, falls es nur einen einzigen Verräter gibt. Logisch, oder?
Walter dachte sehr früh an die letzte Strophe eines Kirchenliedes von Paul Gerhard: “Mach’ End’, o Herr mach’ Ende …” – doch dann dachte er an Fasching, an den Aschermittwoch, an den schlechten Ruf der sauertöpfischen Protestanten und an die gute Lust und Laune unseres Lustmolches und machte nur noch gute Miene zum bösen Spiel. So machten es alle anderen auch.
Im Nachspann fand Aaron noch den irgendwie passenden Spruch:
“Mal ist man Denkmal, mal ist man Taube”.
Diesmal fühlte ich mich eher als Denkmal, doch glücklicherweise hatte die Taube genügend Terpentin geschluckt.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (Advanced “Mau Mau”), Günther: 4 (“nicht mein Fall”), Moritz: 9 (“ihr habt das Teamprinzip nicht verstanden”) , Walter: 4 (vermisst die Möglichkeiten “to have a plan”)
Bemerkenswert, daß in der Fernsehserie zu “Battlestar Galactica” im Vorspann jedesmal der markante Satz fällt: “And they have a plan!”
2. “Flaschenteufel”
Die Frage: “Spielt man oder wird man gespielt” steht immer unausgesprochen im Raum.
Zuerst wurde die Sitzordnung vertauscht, damit sich Moritz nicht mehr über die von Walter geschobenen bösen Karten ärgern konnte. Dafür ärgerte er (der M.) dann postwendend und gezielt den Günther mit der gelben Zwei. Tatsächlich erwarb Günther im letzten Stich mit seiner gelben Zwei auch den Teufelsstich und mußte mit Minus-17 Punkte ins Rennen gehen. Wird man beim “Flaschenteufel” also doch gespielt?
Mitnichten. Günther als Startspieler hatte gleich mit seiner ersten ausgespielten Karte den entscheidenden Fehler gemacht: Auf seine gelbe 22 wurde Moritz die blaue Vier und Aaron die gelbe Eins los. Walter mußte mit der gelben 18 den Stich übernehmen, doch das waren für ihn nur gerne gesehene Pluspunkte. Hätte Günther gleich als erste Karte die gelbe Zwei ausgespielt, dann wäre ihm todsicher im ersten Spiel der Teufelsstich erspart geblieben.
So diskutierten wir post mortem nach jedem Spiel die spielentscheidenden Fehler. Sie ließen sich immer identifizieren. Und alle hätten vermieden werden können! Also wird man im “Flaschenteufel” auch nicht gespielt. Q.e.d.

18.02.2009: Mit der “Gulf, Mobile & Ohio” zum “Palais Royal”

Unsere Notengebung für Spiele ist keine Doktorarbeit. Oft genug entspricht sie lediglich dem Bauchgefühl des ersten Eindrucks. Wenn man allerdings 500 verschiedenen Spiele bewertet hat, dann reicht oft eine bescheidene Auseinandersetzung mit einem neuen Spiel, um treffsicher gute oder schlechte Noten zu vergeben. Meist vergeben wir fast punktgenau die gleichen Noten, wenn wir Jahre später ein Spiel nochmals auf den Tisch bekommen.
Ein Ausnahme ist jetzt “Chicago Express”, das innerhalb von 3 Monaten in unserer Sympathie deutlich Federn lassen mußte. Ganz ähnlich wie ein Wein, der beim Winzer auf Anhieb überzeugt, aus dem eigenen Weinkeller auf den Tisch gebracht aber nur noch schale Erinnerungen wecken kann. Keiner ist perfekt, “Chicago” nicht, der Wein nicht und die Westpark-Gamers auch nicht.
1. “Palais Royal”
Jeder Spieler hat 20 Pöppel, die er in die Amtsstuben um den französischen Königshof zum Antichambrieren ausschickt. In der Münzerei besorgen sie Kleingeld, im Ehrenhof verschaffen sie für sich und ihresgleichen Bewegungsfreiheit, im Kabinett des Königs erhalten sie türkisfarbene Orden und im Kabinett der Madame de Pompadour gibt es violette Orden. Hat man die benötigten Utensilien zusammen, darf man sie gegen Adelige eintauschen, die Siegpunkte bedeuten.
Im richtige Verteilen der Pöppel zum optimalen Anschaffen liegt der ganze Witz. Wem das nicht reicht, der darf sich auch noch über die rechte Nutzung von “Vorhöfen” und “Hintereingängen” lustig machen. Ansonsten ist nicht viel dran am königlichen Palast. Nach wenigen Zügen weiß man, wohin der Hase läuft und im weiteren Verlauf ändert sich daran auch nichts mehr. Dynamik fehlt gänzlich. Aaron: “Es ist ein einfaches Spiel mit wenigen Elementen und ziemlich repetitiv.” Als Kinderspiel ist es auch nicht geeignet, dazu enthält es zu viele verschluckbare Kleinteile. Moritz, der sich besonders auf das Boudoir von der Pompadour gefreut hatte, war enttäuscht: “Es ist ein total abstraktes Spiel, ohne jedes Thema. Dagegen konnte ich mich selbst bei Puerto Rico noch als richtiger Plantagenbesitzer fühlen.”
Das einzige Spannungselement besteht darin, ob der Vorgänger einem den Adeligen wegnimmt, auf den man gerade seinen Erwerbsinn gerichtet hat. Deswegen kann man leider auch nicht denken, wenn man nicht am Zug ist; der gerade anvisierte Adelige könnte ja noch in die falschen Hände geraten. Wenn Günther später auch noch das Setztableau analysiert hat, d.h. wenn die Fragestellung geklärt ist, in welcher Reihenfolge und Quantität man seine Pöppel auf Anschaffe schicken soll, dann ist das Spiel nicht nur tot, sondern mausetot.
Moritz lief mit 63 Siegpunkten vor Günther mit 59, Aaron mit 46 und Walter mit 37 Punkte ins Ziel ein. Bei der Summe der jeweiligen Denkzeiten war es umgekehrt.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther: 5, Moritz: 5, Walter: 5
2. “Gulf, Mobile & Ohio”
Der Verlag “Winsome Games” hat zu Essen 2008 eine ganze Reihe von Eisenbahnspielen herausgebracht, die wir uns aus alter 18xx-Tradition heraus natürlich nicht entgehen lassen dürfen. Jedes Spiel hat einen anderen Autor und neue Ideen für die Hexateile zum Streckenbau, die bunten Holzwürfel für den Gleisbesitz und die Mini-Anzahl freier Shares für eine Maxi-Anzahl verschiedener Eisenbahngesellschaften.
Das besondere bei “Gulf, Mobile & Ohio” ist der konfliktbelastete Bau von Gleisstrecken durch die verschiedenen Eisenbahngesellschaften. Jede Gesellschaft bekommt bei ihrer Gründung eine feste Farbe zugewiesen, mit der sie ihr Streckennetz bauen muß. Dabei darf sie mit dem Netz gleichfarbiger fremder Linien nicht in Berührung kommen. Das schafft kniffelige topologische Denkübungen, wieviel eine Linie in einer gegebenen Bauphase gerade wert ist.
Nur der Gleisbau liefert Siegpunkte; Geld und Aktienanteile sind in der Endabrechnung absolut bedeutungslos. Leider spielt hier auch der Zufall eine erhebliche Rolle: Wer Glück hat, der hat gerade dann die notwendigen Barmittel auf der Hand, wenn eine lukrative Linie gegründet werden kann. Genau auf solche Zeitpunkte hin zu sparen und allzeit bereit zu sein, funktioniert auch nicht, denn der bisherige Aktienbesitz wird regelmäßig mit Beträgen in der Größenordnung von Infineon-Dividenden honoriert, und Kleinvieh macht auch Mist.
So ist das ganze eine ziemlich unübersichtliche, mühsame Siegpunkt-Erbauereri. Fehler werden nicht verziehen. Wer – warum auch immer – in der Frühphase mit Besitz und Punkten davongezogen ist, ist bald nicht mehr einholbar. Die Dummen oder die Pechvögel haben sehr bald das Nachsehen und können dann die restliche Stunde Spielzeit zuschauen, wie der Führende seine Position Infineon auf Infineon ausbaut.
Viel kann man beim Kauf des Spieles nicht falsch machen: Es ist nicht mehr erhältlich. Die Miniauflage von 80 Stück war bereits verkauft, bevor der Verlag seinen Stand in Essen aufgebaut hatte. Günther hatte bereits im Vorverkauf das handsignierte 64. Exemplar erstanden. Einfach aus Liebe zum Eisenbahnspielprinzip. Zum gleichen Spielprinzip, das Moritz nach wiederholtem Bekunden zutiefst haßt: Eisenbahnaktien und Hexagons. Doch auch Günther gestand: “Das nächste Mal werde ich es wohl nicht mehr kaufen.”
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 6, Moritz: 4, Walter: 5
3. “Bluff”
Ungewöhnlich emotionale Anfeindungen zwischen dem Übertreiber Moritz und seinem anzweifelnden Hintermann Aaron. Nach zwei Spielen war Moritz ausgeschieden und sann nur noch auf Rache.
Doch Aaron ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er korrigierte Moritz sogar später im nächsten Durchgang, als der irrtümlich einen Würfel mehr als notwendig abgeben wollte: “Ein bißchen will ich Dich noch quälen!”

11.02.2009: Mit dem Flaschenteufel durch die Kontinente

Im Internet kann man sich nicht nur einen Lebensabschnittspartner suchen, sondern auch kurzfristige Seitensprünge. Bei Google werden unter den Suchbegriffen “Seitensprung” + “Portal” immerhin dreihundertvierzigtausend Einträge angeboten, z.B. “Seitensprung mit Niveau … für Frauen und Männer, die auf der Suche nach einer Affäre oder einem One-Night-Stand sind!”
Peter hat es ausprobiert. Zumindest einige Links. Angeblich sollen dort 35 jährige Frauen “jüngere” Männer suchen. Mit 40 plus ist man schon ausgemustert. Als armer 40 Jähriger muß man schon um seinen Ruf kämpfen: “Ich bin kein Opa-Typ!”.
Ach, was hat die heutige Jugend für Sorgen! Ich gehe als gut 60-Jähriger in den Bridgeclub und bin dort … Verrate ich nicht!
1. “Chicago Express”
Walter durfte den Neulingen Loradana und Peter die Regeln erklären. Nach Peters Vorstellung von Systematik hielt er sich streng linear an das 8-seitige, klar gegliederte Regelheft und wurde als Erklärer weder angefeindet noch abgesetzt. Ein Novum am Westpark.
Wir ersteigern Aktien von Eisenbahngesellschaften, bauen Strecken, entwickeln die umliegende Geographie und kassieren Dividenden für den Eisenbahnbetrieb. Wer am Ende das meiste Geld erwirtschaften konnte, ist Sieger.
Es gibt eine Menge antagonistischer Effekte zu berücksichtigen, hier nur zwei Beispiele:
a) Die Gesamteinnahmen einer Linie werden gleichmäßig unter alle Aktienbesitzer verteilt. Je mehr Aktien einer Linie verkauft sind, desto geringer ist der Quotient. Schnell noch eine Aktie des Gegners auf den Markt zu werfen, erhöht den Nenner und reduziert die Dividende. Im Gegenzug macht jede verkaufte Aktie eine Linie reicher und entwicklungsfähiger. Zusätzlich erlaubt dies gleich mehreren Aktionären, den Ausbau einer Linie tatkräftig in die Hand zu nehmen.
b) Man versucht eine Aktien so billig wie möglich zu ersteigern, doch der Erlös fließt in die Gesellschaft, und je mehr Kapital sie hat, desto besser kann sie sich entwickeln. Der richtige Preis für eine Aktien zum gegebenen Zeitpunkt, das ist das ganze Geheimnis für gutes Spiel. Wenn man diese Rechnerei ernst nimmt, kann der Spielablauf allerdings ziemlich dröge werden.
Gott-sei-Dank hat Günther hier noch keine Optimierungsbilanz erarbeitet, sonst wäre das Spiel zu Tode analysiert. Wir (alle?) rechneten wenig und wir spielten viel. Ganz brav und ruhig verlief die Entwicklung. Ohne Aggressionen wurden die Strecken gebaut und die Industriezentren entwickelt. Fast langweilig …
Walter konnte sich erinnern, daß ab dem Mittelspiel die Aktien leicht überbewertet über den Ladentisch gingen. Heute hielt er sich von Anfang an zurück. Am Ende kam er mit einer einzigen Chesapeake-Aktie (plus einer beschisssenen Wabash-Aktie) vor den Richter. Entsprechend gering war seine Geldsummenausbeute: mit 42 Dollar hatte er gerade mal die Hälfte an Barvermögen des vorletzten Spielers erwirtschaftet und etwa ein Viertel die des Siegers Peter.
“Was habe ich falsch gemacht?” Peter: “Alles!”. Deutliche Aussage, doch die Details sind hilfreichere Information für das nächste Spiel. “Keep fully invested” gilt auch hier, zumindest am Anfang des Spiels. Immerhin werden ca. 8 mal Dividenden ausgeschüttet, die ersten Aktien bringen also schon insgesamt etwa 50 Dollars ein.
Zweites Fazit von Peter: “Ihr (wahrscheinlich meinte er wieder Walter) hättet mehr Aktien auf den Markt bringen müssen!”. Dabei hatte sich Walter gerade in der Endphase bemüht, Aktien SEINER Linie zu verkaufen, um die Gesellschaft flüssiger zu machen. Hier hätte er sich aber besser auf seiner einzigen Aktie ausruhen und etwas für die Ertragsentwicklung seiner Linie tun sollen. Dann hätten die Mitspieler automatisch auch Interesse an der Chesapeake bekommen.
Peters drittes Fazit: “Man kann das Spiel besser spielen, als es hier gespielt wurde!” Klar, wer auch diesmal damit gemeint war.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (1 Punkt weniger), Peter: 7 (trotz seiner Geld-Schwemme), Loredana: 5 (das Spiel funktioniert. Nachträgliche Frage: Was funktioniert nicht?) Walter: 8 (2 Punkte weniger, Tendenz fallend)
2. “Trans Europa”
Noch mal Eisenbahn, diesmal in Europa. “Trans Europa” ist auch kein Wirtschaftskampf, sondern ein Glücksspiel (wer zieht die besten Städte-Verbindungen) und eine psychologische Herausforderung (welche Strecken müssen die anderen ohnehin für mich bauen?).
Locker ist es allemal. Auch wenn unser Terminator es abqualifiziert: “albernes Glücksspiel”! Da frage ich mich schon, auf Grund welcher Eigenschaften “Zoff im Zoo” für ihn seit Jahren der absolute Renner ist!
Keine neue WPG-Wertung für ein Mehr-als-7-Punkte-Spiel
3. Flaschenteufel
Hier gilt Walter dank seiner Auseinandersetzung mit Günther Cornett’s PC-Implementierung als Favorit. Durch einen kapitalen Ablege-Fehler konnte sich auch gleich im ersten Spiel mit Minus 16 Punkten den Teufelsstich sichern.
Doch dann schob er sich Spiel um Spiel nach oben, und als er die Führung erobert hatte, schlug er den Spielabbruch vor. Alle waren einverstanden, insbesondere Peter, der sich hier wie bei der “Behinderten-Olympiade” gefühlt hatte. Als Zuschauer, oder als was?
4. “Bluff”
Nix Neues im Westen. Peter zweimal als erster ausgeschieden, Loredana zweimal gegen Aaron im Endspiel. Einmal oben, einmal unten. Ohne Seitensprung.

04.03.2009: “Uptown” in der “Flut”

Bis zum Sonntag waren erst drei Spieler für den Mittwoch-Spielabend angemeldet. Am Montag rührte sich Hans per EMail: “Ich kann diesen Mittwoch dabei sein und komme gern! – mindestens einer fehlt doch noch?”
Fehlen? Der Ausdruck war ein kleines bißchen zu stark, denn auch ein Trio-Abend hat seine Reize, z.B. wenn “Friedrich” auf dem Tisch liegt. Mit “Imuri” hat es sogar schon faszinierende 2er-Spielabende am Westpark gegeben. Gerade mit Hans.
Walters Erinnerung daran quittierte er mit “Du sagst es, 'Imuri' und 'Salta', das war wirklich eine gehaltvolle Kombination!” – War das jetzt eine Zusage oder nicht?
Geduldig wartete das Trio vom Sonntag auf den angekündigten vierten Spieler vom Montag. Doch er kam nicht! Hans, wo bist Du abgekommen? Wolltest Du dem Gastgeber etwa einen Soloabend bereiten?
1. “Uptown”
Es galt, die Zeit zu überbrücken, bis der vierte Mann eintrudelt. “Uptown” ist dafür ein ideales, schnelles Spiel zum Aufwärmen. Jeder Spieler hat den gleichen Satz von insgesamt 27 Plättchen, die reihum auf vorgeschriebene Felder des Spielbrettes gelegt werden. Dabei sollen möglichst zusammenhängende Ketten gebildet werden. Wer am Ende die wenigsten getrennten Ketten erzeugt hat, ist Sieger.
Im ersten Spiel wiesen am Ende alle Spieler genau zwei zusammenhängende Ketten auf, dabei hatte Günther die dickste, was im Femininum allerdings nix Besonderes ist. Auch kein Kriterium als Tie-Breaker.
Alle brachten ihre Ideen und Vorschläge für ein strategisch optimales Vorgehen vor. Trivial ist das Ablegen der Plättchen auf keinen Fall. Ein überlegter Plan ist erforderlich, auch wenn die Auswahl der Plättchen, die man aktuell legen darf, jeweils auf fünf beschränkt ist. Zufällig gezogene! Doch gute Ratschläge unter klugen Mitspielern fallen genauso wenig auf fruchtbaren Boden wie gute Ratschläge vorsichtiger Mütter an ihre klugen Töchter. Das zweite Spiel sollte die Nagelprobe für die kontroversen Strategiediskussionen ergeben.
Doch wie der Zufall so spielt: Ausgerechnet unser Spieler, der anerkanntermaßen beim “Mensch-ärger-Dich-nicht” die schlechtesten Würfel hinlegt und der beim “Schafkopfen” anerkanntermaßen die schlechteste Kartenhand zugeteilt bekommt, der hatte ständig auf seinem Vorratsbänkchen auch nur “Scheiß-Plättchen” liegen. – So muß die Entscheidung über die beste Uptown-Strategie auf einen späteren Termin verschoben werden.
Keine neue WPG-Wertung für ein 8-Punkte Spiel
2. “After the Flood
Hans war immer noch nicht da. Ohne Skrupel konnten wir als Schwerpunkt des Abends ein neues, dickes 3er-Spiel von Martin Wallace auf den Tisch legen: “After the Flood”. Aaron hatte von einer numerierten Auflage das Exemplar Nummer 1442 erstanden. Letztes Jahr in Essen (oder wo auch immer). Frei nach seinem Motto: “Mit Martin Wallace liegt man immer richtig”.
2-3 Stunden soll das Spiel dauern. Zusätzlich zur Regelerklärung! Da kommt so ein unvorhergesehener Hans-Ausfall wie gerufen. Friedlich machten sich drei reife Männer über die Spielregeln her. Vier Seiten Einleitung, fünf dicht bedruckte Seiten Regelwerk, eine Seite Zusammenfassung. Parallel zum Klüger-Werden erzeugten wir den Spielaufbau, die Startaufstellung und die erste Ernte.
Die Szenerie liegt rund um das alte Sumerien (oder wie hieß das Land der Sumerer?). Wir schicken unsere Arbeiter zu den verschiedenen Baustellen aufs Land. “Irrigation” heißt eines dieser Betätigungsfelder auf Englisch; drei Männerhirne fanden dazu natürlich sofort eine phonetische Assoziation. Auch das – nach Wikipedia – “paradiesische Land” Dilmun wurde unverzüglich abgewandelt. Ohne dabei den Ernst des Spieles aus den Augen zu verlieren.
Wir erarbeiten uns Rohstoffe und treiben Handel, um unsere billigen Rohstoffe gegen höherwertige einzutauschen. Wir gründen Städte und bauen sie aus, wir gründen Reiche, d.h. wir stellen Armeen auf, die – wie im richtigen Leben – den Handel behindern, die Städte zerstören und eine Menge Ressourcen verbrauchen.
Das Spiel verläuft über fünf Runden a sechs Phasen. Die dickste Phase ist die Aktionsphase, in der alle Mitarbeiter und alle Generäle ihre Tätigkeiten entfalten. Die Anzahl der Aktionen ist a priori nicht limitiert: Jeder darf solange agieren, wie es ihm Spaß macht, d.h. bis er alle seine Rohstoffe auf den optimalen Veredelungsgrad gebracht hat. Manchmal schränken die gegnerischen Armeen den Aktionsradius ein, oft genug aber auch nicht. Hier prallt die volle schöpferische Fülle an Zugmöglichkeiten in einer abzählbar endlichen Folge auf die armen Spieler herab und sie sind – zumindest als Anfänger – total überfordert, darin eine auch nur einigermaßen optimale Linie zu finden.
Ein paar grundsätzliche Fragenstellungen:
1) Bis zu welchem Einsatz soll man um die Vorherrschaft in den vorteilhaftesten Reichen kämpfen?
2) Wieviel ist der Vorteil als Startspieler wert?
3) Wieviele Zusatzarmeen soll man sich leisten? Mit welchen Mitteln soll man sie ausstatten, um sich damit Kampfvorteile zu sichern?
4) Wo gründet man die sichersten Städte? Wann gründet man sie und wann entwickelt man sie zur Hochkultur?
5) Soll man gegnerische Städte und Armeen angreifen und an welchen Stellen?
6) Wieviel Arbeiter sind auf dem Land und in den Fabriken jeweils notwendig?
7) An welchen Marktplätzen braucht man unbedingt Händler, um die benötigten Tauschaktionen lückenlos abwickeln zu können.
8) Wieviele Angestellte schickt man ins Dildoparadies, damit sie dort ungestört ihre Kreise ziehen? Nach jeder Runde müssen sie erschöpft aufgeben!
Fragen über Fragen. Die richtige Priorität ist spielentscheidend. Nach zweieinhalb Stunden hatten wir zwei der fünf Runden absolviert, aber immer noch keinen Peil darüber, was zu welchem Zeitpunkt wichtig, wichtiger oder am wichtigsten ist. Noch kein Gefühl dafür, wie man die nächste Runde angehen soll.
In jedem Fall verläuft der Kampf um die beste Entwicklung mit einer maximalen Spieler-Interaktion. Jede vorteilhafte Position ist umkämpft. Der Sieger in einer Auseinandersetzung gewinnt eine gute Ausgangsstellung, muß dafür aber eine erhebliche Menge an Ressourcen verpulvern, und schafft sich sofort zwei Feinde, die ihm die Früchte seiner Dominanz so sauer wie möglich werden lassen. In dieser Hinsicht ist das 3-Personenspiel vorzüglich konstruiert und auch gut ausbalanciert.
Letztere Einschätzung ist allerdings nicht unumstritten. Im Gegensatz zu “Friedrich”, bei dem allen sofort klar war, daß hier ein großes Spiel auf dem Tisch liegt, muß “After the Flood” seine wirkliche Größe erst noch unter Beweis stellen. Zum Nochmals-Spielen um seine Geheimnisse zu ergründen reizt es auf alle Fälle. Aaron wird noch ein bißchen im Internet nachschauen, was andere Geister dazu bereits herausgefunden haben.
Preliminary WPG-Wertung: Aaron: 6 (befürchtet, daß es “kippelig” ist), Günther: 6 (noch skeptisch), Walter: 7 (mit Tendenz zu mehr)
3. “Bluff”
Nach vielen Stunden Planen und Wundern brauchten wir noch ein abschließendes Spielerlebnis. Dazu ist “Bluff” ein nicht zu überbietendes Medium.
Das erste Spiel gewann Aaron vor Günther, im zweiten war es umgekehrt. Jeweils vor einem weiteren Teilnehmer.

29.01.2009: “Die Säulen der Erde”

“Ich bewundere und liebe die Erfindung des Spielens, da ich sie als ein Zauberband ansehe, durch welches in einer Zeit von wenigen Minuten Leute von allerlei Nationen, ohne daß sie sich sprechen können, und von Personen von ganz entgegengesetzten Charakteren viele Stunden lang sehr gesellig verknüpft werden; da es ohne dieses Hilfsmittel beinahe unmöglich wäre, eine allgemeine gefällige Unterhaltung vorzuschlagen.”
(Sophie von la Roche, vor knapp 250 Jahren)
1. “Die Säulen der Erde”
Letzte Woche waren wir alle davon überzeugt, “Steel Driver” schon einmal gespielt zu haben; wir wunderten uns, wie schlecht wir die Regeln wieder zusammenbrachten. Dabei hatte keiner von uns das Spiel gekannt, es taucht in keiner unserer Aufzeichnungen auf. Diesmal waren Aaron und Walter davon überzeugt, “Die Säulen der Erde” noch nie gespielt zu haben, obwohl es bei uns schon einmal zum “Spiel des Monats” gekürt worden war. Walter hatte sich getäuscht: vor gut zwei Jahren, am 13.12.2006 hatte es bereits am Westpark auf dem Tisch gelegen und war mit guten Noten entlassen worden.
Peter durfte seine (zwei Jahre) alte Liebe den Nicht-Kennern und die sich dafür hielten vorstellen. Wie immer gab er eine perfekte Einführung, und schnell war er durch das recht anspruchsvolle Regelwerk hindurch. Wir wußten jetzt, wie man das Spiel spielt. Doch um zu wissen, wie man es gut spielt, dazu reicht die bloße Regelkenntnis natürlich nicht aus, dazu braucht es eine jahrelange Spielerfahrung.
Hier war Peter vorbildlich generös. Ganz uneigennützig gab er jedem herumrätselnden Konkurrenten Tips für den nächsten besten Spielzug. Zudem konnte er die noch-planlosen Mitspieler trösten: “Das Spiel vergibt”! Das hieß soviel wie: Fehler in der Anfangsphase können in der Schlußphase noch problemlos ausgebügelt werden. Allerdings sollte man bis dahin gelernt haben, wohin der Hase läuft.
Die Spieler müssen mit den Elementen Arbeit, Geld, Baumeister und Rohstoffe jonglieren und den effizientesten Weg finden, schlußendlich alles in Siegpunkte zu verwandeln. Sie schicken ihre Arbeiter in Wald und Heide, um Rohstoffe Holz, Steine und Kies zusammenzutragen, sie investieren Geld um ihre Veredelungsverfahren zu verbessern, und sie wandeln ihre Fertigprodukte in Siegpunkte um.
Es gibt einen Konkurrenzkampf um die Rohstoffplätze und um die lukrativsten technischen Fortschritte. Alles ist begrenzt, wer zu spät kommt, den bestraft das Schicksal. Dabei unterliegt das Gesamtangebot sogar einer Zufallsauswahl: man kann keineswegs darauf bauen, daß in einer Runde überhaupt Plätze für den Abbau eines bestimmten Rohstoffes angeboten werden. Auch in der Zugreihenfolge hat der Zufall seine Hände drin: Die Zug-Pöppel werden blind aus einem Säckchen gezogen: Wer Glück hat, dessen Pöppel werden früh gezogen und ihm steht die volle Auswahl an Entwicklungsoptionen zur Verfügung, die Nachfolger müssen sich mit einer immer kleiner werdenen Auswahl begnügen. Dieser starke Reihenfolgenvorteil wird allerdings leicht abgeschwächt: Für frühesten Züge muß man das meiste Geld berappen, und Geld ist knapp.
Alles ist knapp: die Arbeiter, die freien Arbeitsplätze, Rohstoffe und Veredelungstechniken. So stellen “die Säulen der Erde” ein schöne Herausforderung an die Anpassungsfähigkeit der Optimierungstechniken an günstige Gelegenheiten dar. Immer wieder bieten sich den Spielern spontane Situationen, die im allgemeinen Entwicklungsfluß eine bestimmte Richtung begünstigen. Diese gilt es zu erkennen und auszubauen.
Die Fortschritte sind alle stark progressiv, d.h. die Umsetzung von Besitztümern in Siegpunkte geschieht in immer größeren Raten und zu immer vorteilhafteren Quoten. So kann man auch noch in den letzten Runden erheblichen Boden wieder gutmachen. Vielleicht zu viel! Fast die Hälfte der Siegpunkte wurde in der letzten Runde vergeben. War das jetzt dank des guten Aufbauspieles, oder auf Grund des enormen Hochschießens der Umwandlungseffizienz, oder hat da schlichtweg Fortuna entscheidend mitgeholfen?
Peter wurde Letzter. Das spricht nicht gegen ihn, sondern für die geschlossene Potenz am Westpark! (Eifriges An-die-eigene-Brust-Klopfen!) Dank seiner uneigennützigen Unterstützung mit Rat und Tat wurde Walter Zweiter. “Daß Du nicht Erster geworden bist, das spricht für das Spiel.” Für seine Berechenbarkeit. Dafür spricht vielleicht auch, daß Günther gewonnen hat. Aber es bleiben leichte Zweifel offen. Ansonsten könnte man über Peters letzten Satz sicherlich manche dicke psychologische Abhandlung schreiben.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (mag keine Glücksspiele), Günther: 8 (“ist schon ziemlich gut; 10 Punkte sind für die 18xx-Spiele reserviert”), Peter: 10 (“gehört zu den wenigen Spielen, die ich ständig spielen kann”), Walter: 8 (spielerische Mischung aus Planung und Zufall)
2. “Bluff”
Nach der zweiten Runde war Günther bereits ausgeschieden. Natürlich auf Grund von Untertreibung. Dumm gelaufen. Das vorgezogene lange Endspiel mit 5:5:5-Würfeln konnte Aaron nach zähem Kampf für sich entscheiden.

21.01.2009: Deutsche Hausmannskost

Keiner hatte Walters Wunschspiele, die “Die Prinzen von Machu Picchu” von Mac Gerdts und Rüdiger Dorns “Diamonds Club” mitgebracht. Von Moritz’ amerikanischem 4-Stünder “Battles Star Galactica” als einleitung fühlten wir uns überfordert. So kam heute nur Aaron’s Auswahl an deutscher Hausmannskost (gilt als Qualitätskriterium) zur Auswahl, und zumindest Peter war damit mehr als zufriedengestellt.
1. “Linq”
Eigentlich kein richtiges Brettspiel, sondern eher eine Party-Unterhaltung für gebildete Kreise. Vor knapp einem Jahr zum ersten Mal gespielt und gleich mit vorzüglichen 8 Punkten bedacht, war es heute für Moritz und die beiden Peters eine Premiere.
Je zwei Spieler werden per Zufallsauswahl verbandelt, doch keiner kennt die paarweisen Zugehörigkeiten. Schlüssel zur Aufklärung sind Begriffe, die jedem Paar geheim zugeordnet sind. Beispielsweise habe das rote Paar den Begriff “Europa” und das blaue Paar den Begriff “Bangkok” erhalten. Durch Nennen von Assoziativ-Begriffen sollen jeder die Paar-Zuordnung herausfinden.
Findet ein Paar die eigene Zusammengehörigkeit heraus (jeder vom anderen), dann bekommen beide Siegpunkte. Finden die anderen ebenfalls diese Zusammengehörigkeit heraus, so muß das Paar Siegpunkte abgeben. Es geht also darum, sich dem Partner durch geeignete Begriffe erkenntlich zu zeigen, für die anderen aber verdeckt zu bleiben.
Zu den obigen Beispielen “Europa” und “Bangkok” nannte Aaron “Göttin”, Peter “Asien”, Moritz “Liebesperlen” und Walter “Sex”. Wer gehört jetzt zu wem? Als Alternativbegriff nannte Aaron “Schnell” (das war ein gewollte Irreführung, denn er wußte schon, zu wem er gehörte und er wußte auch, daß sein Partner das ebenfalls bereits wußte), Peter nannte einen “Daro al Gelto” (oder so ähnlich, einen bekannten Sex-Regisseur. Peter Du kannst den Namen ja noch korrigieren), mit dem er Moritz bluffen wollte. Was ihm auch vollkommen gelang. Moritz wollte mit “Fritzl” (dem aus Amstetten) noch ein bißchen Nebel verbreiten, aber es reichte nur noch für die eigene Vernebelung.
Loredana war hier das Fragezeichen (Sonderfigur bei unpaariger Spielerzahl). Als unglückliche Anfangsspielerin wollte sie hier mit “Link” und “Modul” eine falsche Fährte legen, aber bei den vorgegebenen geographischen Schlüsselworten konnte sie damit keinen auf ihre Seite ziehen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (damals), 8, Loredana: 6 (sprachliches Handicap), Peter: 7, Moritz: 8 (Donnerlittchen), Walter: 8 (Reminiszenz an ähnliche Spielchen aus seiner Jugend)
2. “Steel Driver”
Unsere Erinnerung an die Linq-Regeln hatten wir überschätzt und viel Zeit mit Probeläufen und Fehlversuchen verloren, für Moritz Potzenzspiel war es deshalb bereits zu spät. Mit gehobener Hausmannskost ging es weiter.
“Steel Driver” ist ein Eisenbahnaktienspiel und insofern ein Leib- und Magenspiel unserer Gruppe. Nach unserem Gefühl sollte wir es schon einmal gespielt haben, doch in unseren Sessionreports taucht es noch nicht auf. Ist es da irgendwo verschütt gegangen?
Obwohl sich Aaron und Walter im Groben und Ganzen an Einzelheiten des Spielablaufs erinnerten, hatten wir alle erhebliche Probleme, erstens beim Vortragen der Regeln, zweitens mit dem Verstehen der Regeln, und drittens beim Behalten und Beachten der Regeln.
Dabei ist alles ganz einfach: In jeder Runde kauft jeder 1-2 Aktien einer Eisenbahn-Gesellschaft; entsprechend der Liquidität dieser Gesellschaft baut er 1-3 Gleisstücke, verbindet Städte und erzielt damit einen Ertrag, der in Form von Siegpunkten an die Aktionäre ausgeschüttet wird.
Am Spielende werden die Gesellschaften nochmals auf Grund ihrer Streckenstruktur bewertet und bringen jedem Aktionär eine abschließende Siegpunkt-Prämie ein. Diese Endbewertung ist ein bißchen tricky, denn hier werden in Konkurrenz aller gegen alle die Städte auf dem Spielplan einzeln abgebaut und wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wer als zweiter kommt, mahlt überhaupt nicht mehr!
Hier steckt natürlich ein gewisser Kingmaker-Effekt drin. Man kann einem ungeliebten Gegenspieler einen Streckenbonus vor der Nase wegschnappen und damit einem unbeteiligten Dritten zum Sieg verhelfen. Peter meinte dazu: “Nett gedacht, aber typisch Martin Wallace; die Kingmakerei hat er noch nie wegbekommen!” – Eigentlich wäre das doch ganz einfach gewesen: Man brauchte in der Schlußwertung bloß nicht die Städte einzeln abzuräumen, sondern jede Linie darf jede Stadt werten, die sie in ihrem Schienennetz angeschlossen hat! Damit würde ein verstärkter Nachdruck auf strategischen Gleisbau gelegt, was dem ohnehin schon guten Spiel sicherlich noch zusätzlich zugute käme.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (bei Nachschrift), Loredana: 8 (kein Handicap), Peter: 6 (Wallace-Trauma), Moritz: 7 (ist kein 18xx-er), Walter: 7 (vertauschbar mit Aarons Punkten)
3. “Zoff im Zoo”
Peter stellte seine Regelkenntnis heraus und schaute leicht auf die Mitspieler herab, die mit der Freßreihenfolge in der Tierwelt immer noch nicht so vertraut waren. Selbst Loredana fragte ungewöhnlich aggressiv in die Runde: “Kennst Du keine Tiere?” – Ach, in allen intelligenten Freizeitbeschäftigungen ist es schwierig, auf schwächere konkurrierende Mitspieler nicht herabzuschauen! Für die Charakterbildung ist es in jedem Fall gut, wenn man auch beim Spielen ab und zu mal auf seinen Meister trifft. Vor allem, wenn der es einem auch noch unverblümt vorhält! Davon können besonders die Bridgespieler ein Liedchen singen.
Diesmal landeten P&L bei “Zoff im Zoo” abgeschlagen auf dem letzten und vorletzten Platz. Das muß hier auch einmal gesagt werden!
4. “Bluff”
Die vorletzte U-Bahn hatte unsere Reihen schon dezimiert, nur noch Aaron, Moritz und Walter setzen sich zum Absacker zusammen. Es wurde ungewohnt defensiv gespielt. Soviele Einser, Zweier und Dreier als Vorgabe und Erhöhung hat es bei uns noch nie gegeben.
Walter betrieb eifrig Würfelpflege (unverzügliches Nachwürfeln bei jeder Gelegenheit, auch wenn es absolut noch nicht notwenig ist), doch es half ihm nichts. Im Nur war er alle Würfel los und mußte Moritz und Aaron mit 5:3 Würfeln ins Endspiel lassen. Hier konnte Moritz den Sack zumachen.
Walter bestand auf einen Platzwechsel mit dem undurchsichtigen Moritz, doch auch das half nix, in der zweiten Runde mußte er sich ebenfalls frühzeitig verabschieden und seinen Konkurrenten das Endspiel überlassen.
Aber im dritten Spiel …

14.01.2009: Der “Dorn” im “Flaschenteufel”

1. “Dorn”
Kein Spiel von Rüdiger Dorn, sondern ein “kooperatives Fantasy-Spiel ohne Glücksfaktor” (Originalton Moritz) von Czech Board Games. Aaron meinte, Fantasy ohne Glücksfaktor wäre ein Widerspruch in sich selbst, doch Moritz bestand auf seiner Einschätzung. Daran merkt man den Unterschied zwischen Künstler und Techniker. Walter wollte vorsichtshalber wissen, wie lange das Spiel dauert, doch Moritz wußte es selber noch nicht. Er war aber bereit “es jederzeit abzubrechen, ich will euch zu nichts zwingen”.

Das Spiel wird von drei bis fünf “Guten” gegen einen “Bösen” gespielt. Klar, daß hier die Allianz Aaron, Günther und Walter gegen Moritz gebildet werden würde. Wir bewegen uns über Tempel, Sümpfe und Minen zu Schätzen und Artifakten, wir finden Segnungen (viele) und Flüche (wenige), manchmal auch Nieten (winziger Glücksfaktor). Monster tauchen auf, die es abzumurksen gilt, sonst murksen sie uns selber ab. Wir gewinnen oder verlieren Blutpunkte, werden mächtiger und unverletzlicher, oder wir hauchen unser letztes Leben aus.

Auch der Böse rüstet natürlich auf. Seine fortlaufend entstehenden Monster gewinnen ihm Kraft- und Lebenspunkte, bevor sie wieder dahinscheiden. Fast zwei Stunden dauert der Aufmarsch, bis er in den entscheidenden Endkampf übergeht. Jetzt zeigt sich, wer die bessere Aufrüstung betrieben hat und die größere Potenz in die Waagschale werfen kann.

Hier war – fast wie geahnt – Moritz als Böser nicht zu schlagen. Mit seiner explosionsartig anwachsenden Angriffstärke machte er die Guten nieder, bevor sie auch nur erkannt hatten, von wo ihnen überall die Gefahren drohten. Walter war sofort hin und Günther verlor seine bessere Hälfte, ohne einen einzigen Schuß Pulver eingesetzt zu haben. Der Rest war Formsache.

Wir hätten unsere Segnungen beim Aufmarsch nicht so leichtfertig verplempern sollen, sondern alles konsequent behalten und erst im letzten Gefecht einsetzen sollen. Dann hätten wir den Erstschlag überlebt und eine Chance beim Zurückschlagen gehabt. Aber das wußten wir beim ersten Mal natürlich noch nicht.

Sicherlich werden wir das beim zweiten Spiel besser machen. Es bleibt aber der unangenehme Beigeschmack, daß man stundenlang planmäßig aufrüsten muß, um am Ende gegen eine chaotische Zusammenballung von Gewalten anzutreten, die im Prinzip nicht mehr recht kalkulierbar sind. Beim Schachspiel wäre diese Situation vergleichbar damit, wenn es im Endspiel unvermutet hieße: Weiß bekommt noch eine zusätzliche Dame und Schwarz darf seine Türme beliebig umplazieren.

In jedem Fall ist das Spiel spannend, die Kooperation funktioniert, der Aufmarsch gibt Raum für vielfältige strategische und taktische Überlegungen, die einzelnen Elemente und Mechanismen sind gut ausbalanciert und der Ablauf ist kalkulierbar. Es gibt keine Würfel und auch keine Ereigniskarten, die den Spielverlauf auf den Kopf stellen. Das Spielmaterial ist ausgezeichnet, solider Karton, hübsche Glassteine, klare Graphiken, gutes europäisches Spieldesign! “Wenn man ein bißchen Freak dafür ist, mag es wohl interessant sein” bemerkte ein nüchterner Technokrat.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (besseres Fantasy-Game, kein Ameritrash), Günther: 5 (nicht Geist-reich genug), Moritz: 6 ½ (ein gelungenes Experiment, Gefahr für Analysis-Paralysis), Walter: 6 (für die Balance)
Moritz wird eine Rezension schreiben.

2. “Flaschenteufel”
In der Konkurrenz zwischen “Uptown” und “Zoff im Zoo” konnte sich unsere alte bzw. Moritz neue Liebe durchsetzen.
Wir mußten uns erneut wieder klarmachen, ob es besser ist, dem rechten Nachbarn die niedrigere und dem linken Nachbarn die höhere von zwei kleinen Karten weiterzuschieben oder umgekehrt. Nachdem hier Moritz’ Nachbarn entgegengesetzte Prinzipen verfolgten, bekam er von beiden Nachbarn jeweils die gelben Einser zugeschustert und fiel in seine alte Verzweiflung zurück: “Ich hasse das Spiel wieder!”

Dann drängte er auf eine neue Sitzordnung und tauschte mit Aaron den Platz. Tatsächlich machte uns jetzt Aaron den Moritz; aber wenigstens blieb er in der Endabrechnung im Plus.

Moritz wird in Zukunft nur noch mit der aktuellen Sitzordnung spielen. Gut Blatt!

Keine neue Wertung für ein super Absacker-Spiel.

07.01.2009: Pärchenabend

Nach langer Zeit wieder einmal ein Abend mit Loredana und Peter sowie Andrea und Moritz – den verrückten Spielerpärchen!
1. “Funkenschlag”
Es war klar, dass bei Peters Anwesenheit nur “Deutsche Hausmannskost” auf den Tisch kommen würde – geplant war von Anfang ein Partie von Andreas neuem Liebelingsspiel “Funkenschlag”. Wir spielten die Amerikakarte, die sich durch besonders teure Verbindungskosten und mehrere Abschneidemöglichkeiten auszeichnet. Andrea preschte erst voran mit der Strategie “immer ein Häuschen voraus” und hatte sehr bald äußerst saftige Einnahmen zu vermelden. Peter, Loredana und Moritz fuhren dagegen eher langfristige Strategien und fielen abwechselnd immer wieder bewußt zurück. Ein entscheidender Moment für Peter kam, als er entdeckte, sich bei seinen Kraftwerken auf Müll spezialisiert zu haben, Moritz ihm aber genau diesen vor der Nase wegkaufte, sodaß er nicht alle Häuser befeuern konnte. Damit schien für Peter das Spiel quasi gelaufen – wie so oft in Funkenschlag gab aber die letzte Kraftwerksauktion den Ausschlag – während Moritz verzweifelt versuchte, seine unglaublich resourcenhungrigen Kraftwerke zu befeuern, zog Peter elegant mit einer perfekten Kombo aus Windenergie und Öl an ihm vorbei auf den ersten Platz. Aber auch der zweite Platz war Moritz nicht vergönnt, denn Loredana hatte einfach mehr Geld gebunkert. Andrea schliesslich landete auf dem 4. Platz, aber mit dem festen Willen, dieses tolle Spiel möglichst bald wieder zu spielen.
2. “Zoff im Zoo”
Danach gab es eine Partie des alten Klassikers “Zoff im Zoo”, der in der letzten Zeit wieder öfter auf den Tisch kommt. Dieses geniale Stichspiel wird nie alt – auch diesesmal entwickelte sich eine spannende Partie, bei der Moritz zwar 3x hintereinander erster wurde, in der letzten Runde aber durchaus noch von Andrea (in Kartenspielen immer sehr geschickt) entthront hätte werden können. Loredana als Partnerin verhalf ihm aber dennoch in der 4. Runde zum Sieg – Peter vermutete übrigens, dass ihm immer bewusst schlechte Karten geschoben worden waren, nachdem es sich herausstellte, dass eine Karte beim Mischen unter den Tisch gefallen war.
Auf jeden Fall ein sehr schöner Abend in angenehmer Atmosphäre und schönen Spielen!

17.12.2008: Durch die Grube zum römischen Ruhm

Moritz hat seine Spielentwicklung zum “20. Jahrhundert” abgeschlossen. Jetzt ist der Verlag dran. Natürlich kann das Spiel nicht sofort in die Produktion gehen. Jetzt stehen noch viele Monate harter Arbeit auf dem Prüfstand an, um das Spiel rund und schön zu machen.
Unser Mitwirken ist nicht mehr gefragt. Wir bleiben aber am Ball und werden mit Interesse verfolgen, welche Schritte bis zur Serienreife eines Spieles noch alle getan werden müssen.
1. “Cavum”
Ein Brettspiel erschienen beim amerikanischen QWG-Verlag, der bekanntermaßen Außenseiterideen eine Chance gibt. Es überrascht, daß ausgerechnet der Altmeister Wolfgang Kramer als Spielautor hier untergekommen ist.
Nach einer Art “Zug um Zug” müssen wir mit Hexagons Strecken über das Spielbrett bauen, allerdings keine Eisenbahnlinien, sondern Grubenbahnen in Diamantenfelden, mit denen wir die geschürfte Ausbeute zum Markt transportieren. Wo die Edelsteine entdeckt werden, das darf jeder Spieler in eigener Regie bestimmen. Abbauen dürfen alle Spieler von allen Fundstellen, sofern sie nur eine geeignete Gleisanschlußstelle haben.
Der Spielaufbau ist nix für Grobmotoriker. Allein auf ein kleines Hexagon in der Mitte müssen 9 gelbe Diamanten in Form von mickrigen Pappscheiben aufeinandergeschichtet werden. Sowohl das Aufstapeln als auch das Nicht-runter-fallen-Lassen stellen erhebliche Anforderungen an die Zitterfreiheit unserer Hände. Sicherlich hatte der Autor hier mal richtige Edelplastiksteine als Spielmaterial im Sinn gehabt, doch wohl aus Kostengründen ist diese Umsetzung unterblieben.
Der Spielablauf besteht aus 3 Phasen a 12 Aktionen, darunter ist das Bauen von Strecken, das Bauen von Ladestationen, das Entdecken von Edelsteinfeldern und das Zünden von Sprengstoff, mit dem man dem Gegner einen lukrativen Streckenbau wieder wegpusten kann.
Bemerkenswert ist die Aktions-Dynamik: Jeder Spieler darf wählen, ob er pro Zug 1, 2, 3 oder gar 4 Aktionen ausführt. Ein voreiliger Spieler hat in minimal 3 Zügen seine 12 Aktionen verbraucht und muß dann warten, bis die Trischler in 12 Zügen a einer Aktion ebenfalls mit ihren Zügen fertig sind. Wer schnell ist, kann sich gegebenenfalls gute Strecken unter den Nagel reißen, er kann aber nicht mehr auf die Diamantenfunde seiner Mitspieler reagieren. Hier ist ein echtes Abwägen gefordert.
Ach ja, “Cavum” erfordert in jedem Zug ein Abwägen und Austüfteln: Wie kann ich meine Streckenbau sinnvoll erweitern? Wo lege die die Diamantenfundstätten hin? Wie kann ich den Mitspielern den Zugang zu den lukrativsten Stellen versperren? Wo können sie mit den Zugang versperren und wie kann ich das verhindern? Hier prallt eine gewaltige Menge Interaktion aufeinander. Moritz bezeichnete das Geschehen sogar als eine Art von “Go”.
Leider geht “Cavum” für bis zu vier Personen! Stellt Euch mal ein Go-Spiel für vier Personen vor! Wäre dabei noch der geringste göttliche Funke des kaiserlichen Denkspiels übrig geblieben? Wohl kaum! Was für zwei Spieler ein edler Denksport ist, versinkt als Mehrpersonenspiel unweigerlich im Chaos. So ist es auch bei “Cavum”. Am Westpark tüftelt zudem noch jeder Spieler wie ein Weltmeister, um doch noch ein Licht am Ende des Chaos-Tunnels zu entdecken. Und das ist tödlich. Besonders weil man nicht denken kann, wenn man nicht dran ist.
45 Minuten brauchte Günther, um uns und sich selbst die 10 Seiten Regelheft zu verklickern. Genauso lange brauchten wir für ein Drittel des Spiels, d.h. für genau eine Phase. Dann ließen wir uns noch von der ersten Wertungsorgie überraschen und brachen ab. Immerhin diskutierten wir hinterher noch eine halbe Stunde über die Mechanismen des Spiels. Das spricht schließlich für seine Qualität. Die hat es ganz gewiß, nur nicht zu viert am Westpark.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (zuviel Tüftelei), Günther: 7 (denkt ohnehin gerne), Moritz: 4 (vermißt Spaßfaktor), Walter: 7 (für das 2-PS)
2. “Glory to Rome”
Auf der Schachtel steht “Das ernsthaft strategische Strategie-Kartenspiel”. Kartenspiel ist richtig, “Strategiespiel” ist vielleicht auch noch richtig, aber “ernsthaft” ist sicherlich verkehrt.
Jeder Spieler bekommt eine Kartenhand mit unterschiedlichen Arbeitern zugeteilt, die beim Errichten von Bauwerken unterschiedliche Rollen übernehmen. Ein Architekt wird für den Plan benötigt, Arbeiter tragen das Material zusammen, Handwerker bauen auf und der Patron wirbt zusätzliche Hilfskräfte an.
Für jedes errichtete Bauwerk erhält man Vorteile für das weitere Vorgehen, z.B. braucht man dann weniger Material zur Vollendung ein Bauwerk, oder anstelle eines bestimmten kann ein beliebiges Material zum Bauen eingesetzt werden. Manche Vorteile tragen dabei solch extrem progressive Effekte in sich, daß das Spiel damit aus den Fugen gerät. Moritz nannte sie “abartig”.
Wenn man konsequent auf diese Vorteile hinarbeiten könnte, dann könnte man die “ernsthafte Strategie” vielleicht noch gelten lassen. Da aber sicherlich zu mehr als 50% das zufällige Kartenangebot das Spielgeschehen beherrscht, kann das “ernsthaft” nicht ernsthaft gemeint sein.
WPG-Wertung: Aaron 6, Günther: 6 (nicht richtig ausbalanciert), Moritz: 6 (hätte einfacher realisiert werden können), Walter: 6 (immerhin besser als Mau-Mau)
3. “Flaschenteufel”
Moritz konnte seine Haßliebe in eine reine Liebe umwandeln. Nachdem er im ersten Spiel gewohnheitsgemäß mit Minus 13 Punkten in den Keller gewandert war, konnte er sich nach einer Serie von drei tollen Punktausbeuten mit 91 Punkten an die Spitze setzen. Mit Sonne im Herzen enteilte er zur U-Bahn.

10.12.2008: Zwei Männer und ein Paar

Günther ist erkrankt, Loredana und Peter mästeten sich auf einer Weihnachtsfeier, Hans ebenfalls, die Zaungäste des Westparks hatten sich im Vorfeld nicht gerührt. Nur Aaron und Walter, die Begründer der Westpark-Gamers, und das ideell-jugendliche Ehepaar Eggert, das einen Babysitter für den klügsten aller kleinen Jungen gefunden hatte, stürzten sich heute auf die Saft-Gummis von Trolli und die Erdbeer-Rhabarber-Bärchen von Bear’s & Friends.
1. “Das 20. Jahrhundert”
Moritz hatte seine Spielerfindung in statu nascendi nach Amerika mitgenommen und bei den Boardgame-Geeks einer Nagelprobe unterzogen. Mit vielen neuen Ideen kam er zurück. Beim Spielaufbau war er ungewöhnlich nervös; wie ein Vater, der seine Lieblingstochter auf den Heiratsmarkt bringt. “Vergeßt alles, was wir vorher gespielt haben!”
Das stimmt nicht ganz, denn immer noch besteht das Spielbrett aus Regionen rund um den Globus, geht es immer noch um Aspekte wie Kultur, Industrie und Militär, immer noch wird der Sieg über Einflußpunkte, Errungenschaften, Ländermehrheiten und gewonnene Kriege bestimmt. Doch die Aktionen der Spieler sind deutlich konzentrierter. Die Auswahlmöglichkeiten sind durch feste Verteilungen deutlich beschränkter als in früheren Versionen, ohne daß hier bei den Planungsmöglichkeiten etwas verloren gegangen wäre. Zur Festlegen der Züge durch die Spieler hat Moritz ganz neue Wege beschritten, die in ihrer Art wahrscheinlich noch in keinem Spiel der Welt vorkommen. Jede Aktion der Spieler gewinnt zudem im Laufe des Spiels ein Mehrfaches an Durchschlagskraft und verleiht damit dem Spielablauf die angestrebte progressive Dynamik.
Das Spiel ist ein gewaltiges Ressourcen-Management um politischen Einfluß, militärische Schlagkraft, und geographische Dominanz, die mittels Geld, Fortschritt und Ereigniskarten errungen werden. Kriege finden auch statt, schließlich steht das 20. Jahrhundert thematisch im Hintergrund und das war ja bekanntlich keineswegs eine friedliche Epoche in der Menschheitsgeschichte. Kriege zu gewinnen hat selbstverständlich einen vorteilhaften Einfluß auf die Stellung eines Spielers, sie sind aber längst nicht so dominant, daß man “Das 20. Jahrhundert” als Wargame bezeichnen könnte.
Für gewonnene Kriege gibt es keine Pluspunkte, sondern nur Minuspunkte. Für die anderen! Für alle anderen! “Nanu?!” denkt hier der Mathematiker. Doch dem Kulturschaffenden ist dieses Rechenprinzip “pädagogisch wichtig”. Vielleicht hat hier aber nur ein Politiker Sand in die Augen seiner Fangemeinde streuen wollen.
Trotz einer ganzen Reihe von Vereinfachungen ist das Spiel immer noch ziemlich kompliziert. Sogar Moritz nahm einen längst getätigten Zug zurück und bekannte entschuldigend: “Ich muß das Spiel ja selber erst mal verstehen!” Seine normalerweise recht aggressiv vorgetragene Aussage: “Das habe ich doch vorhin schon erklärt” wurde heute in einer leicht ironischen, ja fast sogar liebevollen Art zum Motto des Abends. Von jedermann gegen jedermann.
Moritz gewann mit Italien den zweiten Weltkrieg. Auf der Seite der Aliierten. (Ist das etwa selbstverständlich?) Walter versetzte seine gesamte ungarische Verwandtschaft an die Front, doch sie konnten die Entscheidung nicht mehr kippen. Alle tot! Zugleich mit der Trauer setzte sein Lamentieren über das hier eingebaute Kuhhandelsprinzip ein. Er hätte die Niederlage ja noch akzeptiert, wenn nur die geliebten Bacsis alle am Leben geblieben wären. Moritz will das in den Regeln nochmals überdenken.
Zum Schluß noch eine Weisheit des angehenden Spielerfinders: “Was einem beim Design simple vorkommt, das ist für die anderen schon viel zu kompliziert. Nur was einem super-simple vorkommt, das ist OK!”
Allmählich könnte eine WPG-Vorwertung für “Das 20. Jahrhundert” beginnen.
2. “Tain”
Aaron legte es auf den Tisch: “Ein polnisches Spiel. Es geht ums Klauen!” – Nahezu ohne Gedankenpause fingen Moritz und Walter ein schallendes Gelächter an: “Das ist eine Tautologie!” (Pardon, kochana Jola, das ist nur eines dieser saublöden Harald-Schmitt-Klischees!)
Jeder Spieler besitzt den gleichen Satz von Spielkarten: 1 Hausherr, 1 Tochter, 2 Kämpfer, 6 Burschen und 8 “Blefs”. Diese Karten werden verdeckt entweder zum Viehdiebstahl vor die Eingänge der fremden Stallungen gelegt oder zur Abwehr des Diebstahls hinter die Eingänge der eigenen Stallung. Sind alle Angriffs- und Verteidigungsplätze auf allen Stallungsplänen belegt, werden die Karten aufgedeckt und die zugehörigen Außen- und Innenpositionen nach der Methode Stein-Schere-Papier ausgewertet: Der Hausherr gewinnt gegen alle, der Krieger gegen das Mädel und die Burschen, der “Blef” verliert gegen alle. Letzterer ist nur ein Dummy, ein halbes Gesicht mit einer heraushängenden Zunge, und wenn man die Spielkarte verkehrt herum betrachtet, dann ist es ein rechter Arsch.
Von Ferne erinnert der Mechanismus an “Hols der Geier”, doch dort spielen alle gegen alle und zwar um hohe Siegpunkt-Differenzen, noch dazu mit lauter verschiedenen Karten. In “Tain” stehen sich immer nur zwei Mitspieler gegenüber, es geht nur um eine einzige Kuh und als Einsatz hat man 50 Prozent identischer Ärsche in der Hand! Kann man damit eine “Kartenpflege” betreiben?
Da Burschen und das Töchterlein im eigenen Hause vergewaltigt werden können, schickt man sie am besten zum Diebstahl in fremde Häuser, da können sie wenigstens nicht ver- oder entführt werden; der Hausherr geht am besten ins fremde Königreich, von dort bringt er garantiert immer eine Kuh mit nach Hause; die Kämpfer verteidigen die Eingänge und die Ärsche füllen die restlichen leeren Plätze aus. Folgen jedoch alle Spieler dieser Triviallogik, dann wird das Spiel noch öder.
Moritz konstatierte sofort: “Was dem Spiel fehlt, ist ein Spion. Er verliert gegen alle, deckt aber eine fremde Karte auf.” Oder so ähnlich. Dem Spiel fehlt noch viel mehr!
WPG-Wertung: Aaron: 4, Moritz: 6 (stimmig und hübsch; ich schlage es als unser nächstes Spiel des Monats vor), Walter: 4

"Was lag auf den Tisch?"