18.01.2023: Teotihuacan zum Zweiten


1. “Die Erbauer von Teotihuacan”

Nachdem bereits 2018 „Teotihuacan – City of Gods“ herauskam, kann man sich als Mitteleuropäer doch fragen, warum in “Die Erbauer von Teotihuacan” erneut genau diese Ruinenmetropole Mexikos in den Titel kam? „Chichén Itzá“ wäre doch wenigstens etwas Neues gewesen und „Uxmal“ hätte sich dazu noch leichter aussprechen lassen. Der Autor Filip Głowacz bzw. sein Verlag Schwerkraft werden es wohl wissen, denn thematisch ist weder von dem einen noch dem anderen etwas zu spüren. Das ist auch nicht so wichtig und wird auch in mindestens 95 Prozent aller anderen „Historien-Spiele“ genauso gehandhabt.

Material und Szenerie in “Die Erbauer von Teotihuacan”

Jeder Spieler hat ein eigenes Spielbrett, in dem er aus Tetris-artigen farbigen Bauplättchen seine Teotihuacan-Landschaft aufbaut. Legt man braune, graue oder gelbe Teile, so bekommt man für jedes freie Feld rund herum braune, graue oder gelbe Ressourcen. Diese Ressourcen werden wiederum gebraucht, um grüne, blaue oder rote Tempelplättchen in seine Landschaft einzufügen, die in höherem Maße siegpunktträchtig sind. Am lukrativsten und teuersten sind die Pyramidenplätten, die als Faktor in eine Siegpunktberechnung eingehen.

Hübsch ist der Aktionsmechanismus. Auf 9 Arbeitsfeldern liegen zufällig verteilt 9 Aktionsplättchen, die neben der Hauptaktion – Erstehen und Nutzen eines Bauplättchens – einen Bonus gewähren: eine zweite Aktion, Erhalten von Ressourcen oder Siepunkten, höhere Mächtigkeit (siehe unten). Auf diese Aktionsplättchen legt ein Spieler seine Aktionsscheibe, wenn er die entsprechende Aktion ausführen will. Dabei kann jedes Arbeitsfeld von allen Spielern insgesamt bis zu viermal belegt werden. Die Mächtigkeit einer Aktion ist umso höher, je mehr Scheiben bereits auf einem Aktionsplättchen liegen. Es gibt keine Engpässe, eher Überfluss.
Wofür gibt es jetzt Siegpunkte?

  1. für bestimmte Aktionsplättchen
  2. für das Überbauen bestimmter Formationen in seiner Landschaft
  3. für das Erfüllen von „Anbetungsplättchen“, in denen bestimmte Baukombinationen gewertet werden
  4. für die richtig-farbigen Tempelplättchen in den Landschaftsquadranten mit den richtig-farbigen Pyramidenplättchen
  5. Sicherlich habe ich jetzt noch etwas übersehen.

Nach drei Runden ist das Spiel zu Ende, für das was jeder noch vorhatte viel zu kurz, verglichen mit der offiziellen Angabe von 1 Stunde Spieldauer viel zu lang; am Westpark dauerst ein Spiel grundsätzlich doppelt so lange wie angegeben. Das liegt aber wohl an uns.

Bei Spielende lagen wir alle dicht beieinander in der Größenordnung von 70 bis 80 Siegpunkten. Könnte diese „Dichte“ ein Design-Problem (Schlagwort „Gießkanne“) sein? Oder ist das Gießkannenprinzip innerhalb einer Spielerfamilie eher positiv zu werten?

WPG-Wertung: Aaron: 4 (6 Punkte für die Ingenieurleistung, völlig uninspiriert und unelegant, Mischmasch von Mechanismen, die thematisch nicht unterstützt sind, viel Planung für problematische Effekte), Günther: 7 (weniger komplex als die „City of Gods“, man muss nur den richtigen Dreh in Richtung Siegpunkte finden [WS: das war jetzt positiv gemeint]), Walter: 7 (viele Siegpunktquellen, die es natürlich nicht leicht machen, die besten davon auszusuchen, deshalb sollte man das Spiel locker angehen, dann hat man ein hübsches Aufbauspiel ohne Gram und Harm).

2. “Künstliche Intelligenz”

Nein, das ist kein Spiel. Aber wir diskutierten nach „Teotihuacan” noch geschlagene drei Stunden (bis zwischen Mitternacht und Morgengrauen) ziemlich kontrovers über das Thema, ob es „Künstliche Intelligenz“ gibt, d.h. ob Rechner im Sinne von „Intelligenz“ mehr können, als Programmierer mit ihrer Programmierung algorithmisch in sie hineingelegt haben.

Lassen wir hierzu mal Wikipedia zu Wort kommen: „Intelligenz umfasst die Gesamtheit unterschiedlich ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten zur Lösung eines logischen, sprachlichen, mathematischen oder sinnorientierten Problems. Da einzelne kognitive Fähigkeiten unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und keine Einigkeit darüber besteht, wie diese zu bestimmen und zu unterscheiden sind, gibt es neben der bereits erwähnten Definition keine weiterführende, allgemeingültige Definition der Intelligenz.“

Na, wenn uns nicht einmal Wikipedia eindeutig sagen kann, was „Intelligenz“ ist, dann haben wir uns wohl um des Kaisers Bart gestritten.

11.01.2023: Quantitativer Brückenbau

1. “QE (Quantitative Easing)”

Um gleich mit dem Fazit anzufangen: Aaron und Günther hat das Spiel gefallen, 7 lockere Punkte von beiden, mir hat es nicht gefallen.

QE: Aaron und Günther ringen um das Verständnis, welche Teile in einer 3-Personen-Runde aussortiert werden müssen.

Wir ver- und ersteigern Scheiben, die aufgrund ihrer verschiedenen Eigenschaften (Farben, Formen, Namen …) in Kumulation und Diversifikation für jeden Spieler progressiv steigende Siegpunkte bringen. Der Auktionator wechselt reihum für jeweils eine Scheibe. Er fordert offen einen Mindestwert; die Mitspieler schreiben verdeckt auf, was sie zu bieten gedenken. Der Höchstbietende bekommt das Stück, der Preis bleibt, außer für den Auktionator geheim. Soweit sogut, „Modern Art – einmal reihum auf die Hand” lässt grüßen.

Wir können so viel bieten, wie wir wollen, bei jeder neuen Scheibe an unser voriges Gebot eine, zwei oder mehr Nullen anhängen. Tausend, Millionen, Billionen oder Quadrillionen, das spielt überhaupt keine Rolle. Jetzt kommt aber der Haken: Wer am Ende für seine erworbenen Objekte in Summe am meisten geboten hat, scheidet aus der Wertung aus. Ist er damit jetzt Letzter?

In unserer Dreierrunde brauchte ich bloß am wenigsten, also nur Einer, oder noch besser nur Nuller zu bieten, und schon war ich mindestens Zweiter.

Aaron verlangte als erster Auktionator für die erste Scheibe 50 Kröten, Günther bot geheim 500 und bekam damit das erste „Schnäppchen“. Ich hatte als Gebot nur eine simple 1 hingeschrieben und erntete von Günther und Aaron dafür kritische, fragende, vorwurfsvolle Blicke. Hatte ich etwas nicht verstanden? Günther verlangte für die zweite Scheibe gleich 10.000 (Zehntausend) Kröten und mir wurde ganz flau im Magen. Ich schrieb wieder nur ein 1 auf mein Gebotsschild . Aaron bekam die Scheibe; offensichtlich hatte er mehr als 10.000 investiert. Nur Günther wusste den genauen Betrag.

Für die restlichen 14 Scheiben hätte ich jetzt jeweils 700 Kröten hinblättern können, und wäre immer noch unter Aarons erstem Erwerb geblieben. Hätte ich Günther jetzt ein entsprechendes Abkommen vorschlagen können?

Bei der dritten Scheibe war ich Auktionator und verlangte wiederum nur meine obligatorische 1 Kröte. Wiederum strafende Blicke der Mitspieler, das erste Ansinnen zum Abbruch des Spiels wurde laut. Ja warum sollte ich mit meinem Eröffnungsgebot für ein Objekt, das ist nicht wollte, bis zu meiner Schmerzgrenze gehen? Wenn Aaron und Günther Interesse daran hatten – und das auch voneinander wussten, konnten sie sich auch ohne meine Vorgabe mit ihren Geboten in diejenigen Höhen begeben, die sie für richtig hielten. Sollte ich mit einem von mir absolut nicht gewünschten 20.000 beginnen, nur damit die beiden dadurch verlockt würden, vielleicht 100.000 (hunderttausend) zu bieten? Psychologen und Statistiker an die Front!

In einer Dreierrunde funktioniert das Spiel einfach nicht. Und ob es mir in einer 4er oder 5er Runde gefallen hätte, möchte ich stark bezweifeln. Es ist nicht mein Fall, ohne jeden Anhaltspunkt für irgendetwas von zweifelhaftem Wert eine hohe Summe hinzublättern, a) um es zu bekommen b) um zu verhindern, dass ein anderer es bekommt, c) um meine Mitspieler hochzutreiben, d) für etwas, was vielleicht kein anderer will, wenn e) meine hingeblätterte Summe am Ende todsicher kontraproduktiv ist.

Vielleicht könnte man das Spiel retten, wenn es die Regel aufnähme: ALLE Spieler einschließlich des Spielers mit dem höchsten Summengebot haben VERLOREN, nur ein einziger Spieler, der mit der höchsten Punktzahl, gewinnt und bekommt einen „Satzpunkt“. Soviele Sätze wie Spieler entscheiden über den Sieg.

Aber auch so hätte und hat das Spiel einen entscheidenden Design-Fehler. Ein Spielverderber kann ALLE Scheiben erwerben, indem er für jede Scheibe gigantische, in Zehnerpotenzen steigende Werte verlangt. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert.

Erkennt ein einziger Spieler diese Spielverderber-Technik und bietet mit, so läuft er damit Gefahr, den Schwarzen Peter zu bekommen. Der Spielverderber braucht mit dieser Politik aber auch erst ab der zweiten Scheibe beginnen und kann so den Ersteigerer der ersten Scheibe zum Sieger machen. Er kann auch erst in den letzten Runden mit seinen irrwitzigen Geboten anfangen, einen willkürlichen Spielstand mit dieser Methode einfrieren und so den dann gerade führenden Spieler zum Sieger machen. Kingmakern nennt man das. Und kein Milligramm der Spielregel versucht, das zu verhindern.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (mit so jemandem wie Walter, ansonsten mit Tendenz zu 7; locker, man muss sich nur auf die Spielidee einlassen können), Günther: 7 (locker, ungewöhnlich), Walter: 3 (ich habe das Spielprinzip nicht verstanden; und was ich davon verstanden habe, macht mir keinen Spaß).

2. “Old London Bridge”

Wir setzen unseren einen Pöppel auf einen von 7 Arbeitsplätze und erwerben damit ein Bauteil für unsere private London Bridge; jedes Bauteile hat eine Ordnungszahl; die einzelnen Bauteile müssen mit monoton abfallenden Ordnungszahlen lückenlos nebeneinander eingebaut werden; hat das erworbene Bauteil eine höhere Ordnungszahl als unser aktuelles Endstück, dürfen wir es nicht dort einbauen, sondern müssen damit eines unserer fertigen Bauteile – an der passenden Stelle – ersetzen. Unsere Brücke wird damit nicht länger, was bei Spielende in einem empfindlichen Punkteabzug endet.

Außer einem Bauteil bekommen wir abhängig vom Arbeitsplatz auch noch 1 bis 3 Siegpunkte. Die Zuordnung Siegpunkte / Arbeitsplatz ändert sich von Runde zu Runde.

Außerdem bekommen wir alternativ einen der folgenden Nebeneffekte:

  1. eine Aktionsprioritätenkarte mit Zahlenwerten zwischen 1 und 4, anhand der die Reihenfolge bestimmt wird, in der die Spieler ihren Pöppel setzen dürfen.
  2. Fortschritte auf der Prioritätenleiste; wer weiter vorne ist, darf vor einem Mitspieler mit gleichwertiger Aktionsprioritätenkarte ziehen.
  3. Die Erlaubnis, an der aktuellen Stelle unserer gebauten Brücke die Monoton-Absteigend-Regel zu unterbrechen.
  4. Siegpunkte; die sind natürlich begehrt, aber oft genug passt das Bauteil nicht.
  5. Die Erlaubnis, uns auf Seitenwege zu begeben, wo abschnittsweise Zusatz-Siegpunkte verteilt werden.
  6. Eine Multifarbenkarte; jedes Bauteil hat eine definierte Farbe; die Effekte für Siegpunkte, Fortschreiten, Geld etc. sind um so höher, je mehr Bauteile dieser Farbe wir bereits in unserer Brücke haben. Da gelten solche Multifarbenkarten als Joker.

So bauen wir unsere Brücke lustig fort. Nach 12 Runden ist Schluss. In der 3er Runde, die wir waren, hat keiner keinem weh getan. Irgend ein Bauteil oder irgend Nebeneffekt ist immer gut.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (kleine Zufallseffekte, z.B. bei der Priorität, können sich hoch auswirken), Günther: 5 (zu dritt nur 4 ½; lockeres Familienspiel mit wenig Konkurrenz), Walter: 5 (lieb und brav, Planung nicht nötig und nicht möglich, wir leben von der Hand in den Mund und müssen Zug für Zug aus der gegebenen Situation das Beste machen).

3. “Cat in the Box”

Auf den ersten Blick kommt dieses Karten-Stichspiel, bei dem jede Karte jede andere stechen kann, recht chaotisch daher. Aber wenn man erst mal das Prinzip verstanden und seine Haken und Ösen kennengelernt hat, dann verlangt (und erlaubt) es auf einmal eine wohldurchdachte Vision, in welcher Reihenfolge man seine Karten ausspielt und wieviel Stiche man damit machen kann und möchte. Oder auch nicht.

Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

04.01.2023: Planetoid

1. “Planet B”

Planet B: Aaron leicht ratlos über den angebotenen Aktionen- und Punkte-Pudding.

Das Beste, was ich über dieses 4-von-10-Punkte-Spiel jetzt nach der Wiederholung am Westpark sagen kann ist, dass mein Spielbericht in Minutenschnelle niedergeschrieben werden kann.

Unser HiG-minded Günther legte das Spiel trotz seiner schlechten Wertung beim ersten Kennenlernen noch einmal auf. (Ein Weinkenner würde sich einen mickrigen Rotwein nach dem ersten Glas nicht noch einmal nachschenken lassen.) Vielleicht hatte er die vage Hoffnung, dass dieses Spiel nach einer gewissen Lagerung noch etwas besser würde. Aber ganz sicher ist er der Meinung, dass ein HiG-produziertes Spiel grundsätzlich von allen Westpark-Gamers kennengelernt werden sollte. Heute war Aaron der Neuling.

Wie immer war es ein eifriges Frage- und Antwortspiel, bis Günther seine anderthalbstündige Einführung erfahren, kompetent, geduldig und schweißtreibend über die Bühne gebracht hatte.

Nach der am Westpark gegenüber den Angaben üblicherweise doppelten Spielzeit von drei Stunden hatten wir das Spiel abgeschlossen. Dass Günther mit nur 12 mageren Punkten Vorsprung, knapp 4 Prozent seiner Gesamtpunktzahl, Sieger werden konnte, ist ein Indiz für die Mischung aus Können und Glück, die in „Planet B“ über den Erfolg entscheidet: knapp 4 Prozent Können, gut 96 Prozent Glück.

Aarons Seufzer: „Warum hat HiG nicht mehr aus diesem Spiel gemacht“ wird schon durch einen Text auf der Spieleschachtel beantwortet: „Spielautor J. Natterer infiltriert Verlag um eigenes Spiel zu veröffentlichen“. Das ist leider kein Gag, das ist eine reine Entschuldigung.

WPG-Wertung: zu den bisherigen 4,6 Punkten am Westpark vergab Aaron 4 Punkte, plus einen halben Punkte für die Balancierung (viele zu lang für das, was es ist, eine Menge Totzeit ohne Interaktion).

Walter hatte noch im letzten Jahr die verschiedenen Karten unter die Lupe genommen, um – ähnlich wie in „Terraforming Mars“ – doch noch etwas Schickliches (oder etwas Ungeschicktes) in deren Handhabung zu entdecken. In seiner Modellrechnung musste er natürlich einige Annahmen treffen, z.B.

  1. Ressourcen werden immer zum Höchstpreis verkauft
  2. Es wird davon ausgegangen, dass alle benötigten Ressourcen für die Erträge vorhanden sind
  3. Arbeiter-Farben werden ignoriert
  4. Es wird nicht unterschieden, ob man einen Faktionswert nur erhöhen oder auch abrechnen kann
  5. Die Präsidentin wählt immer die Siegpunkte
  6. Beliebig viele Bauwerke abwerfen hat kein Effekt
  7. Bei einer kostenlosen Bau-Aktion wird die dadurch gewonnene Aktion an sich nicht mehr gewertet, da man ohnehin nicht genug Geld hat, alle Bauwerke zu bauen
  8. und vieles mehr.

Am Ende gibt es eine Tabelle über den Nutzeffekt einer jeden Karte. Im Folgenden ist sie. Sie zu studieren, um sie später mal im Spiel nutzen zu können, ist nicht besonders effektiv. Im Gegensatz zu „Terraforming Mars“ haben wir ja kaum Einfluss auf die Karten, die wir bekommen. Es sind ohnehin nur sehr wenige und bis auf das Mini-Drafting in der Startaufstellung ist die Auswahl reiner Zufall.

KartennameNutzen pro Geldeinheit
Öffentliches WC-0.3
Brauerei1.2
Schneiderei5.9
Steakhouse3.2
Beauty Salon1.5
Bordell2
Candy Shop2.8
Chip Fabrik4.5
Bauunternehmen0.7
Kosmetik Labor3.6
Gewächshaus1.5
Recycling Anlage0.8
Waffenladen2.6
Hanf Manufaktur1.1
Durchschnitt A2.2
Krankenhaus1.3
Restaurant2.5
Architekturbüro1
Spielzeugfabrik2
Robotik Firma2.7
Brettspiel Verlag2.4
Illegale Klinik0.3
Fahrzeugfabrik1.4
Kraftwerk2.3
Konservenfrabrik0.5
Pharmahersteller1.3
Labor2.3
Distillerie2.3
Wellnesshotel2.6
Durchschnitt B1.8
Versuchsreaktor3.6
Organfarm1
Skyhook1.8
Pflegeheim2.1
Militärbasis0.1
Museum0.9
Weltraumhafen1
Smoothie Fabrik0.5
Weltraumaufzug1.6
Stadion3
Klonfabrik1.4
Casino2.7
Vergnügungspark1.7
Startrampe2.8
Durchschnitt c1.7

 

21.12.2022: Reprise mit der Krise

1. “Time of Crises”

Die „Krisenzeiten“ beziehen sich auf das spätantike römische Reich, das in der Flut von barbarischen Eindringlingen und einheimischen Usurpatoren unterging. Mittels Aktionskarten müssen wir unsere Aktionen steuern, uns politische, militärische oder populare Machtstellungen aneignen und ausbauen, und damit Siegpunkte anhäufen. Begehrt ist das punkteträchtige Amt des Römischen Imperators, allerdings ist es auch umkämpft, und weil man hier bei den Scharmützeln gegen alle Mitspieler und noch dazu gegen den römischen Mob schnell seine Kräfte verzetteln kann, ist dieser Posten ein zweischneidiges Schwert.

Time of Crisis : Moritz als triumphierender Imperator

Vor gut fünf Jahren lag das Spiel zum ersten (und einzigen) Mal bei uns auf. Jetzt hat sich Moritz ein Expansion-Set dazu angeschafft, mit weiteren Aktionskarten, vor allem aber mit Regeln für mehrere Stohmänner-Rollen, so dass man dieses Spiel jetzt sogar als Solo-Variante spielen kann. Das kam uns gerade recht, denn wir konnten den Corona-erkrankten Aaron durch einen Stohmann ersetzen.

Jeder Spieler hat – nach der Wahl seiner Aktionskarten (wrap around, einschließlich Kartenpflege via Erwerb von mächtigeren Karten und dem Abwerfen der billigen Startaufstellung) – eine ganze Reihe von Optionen, in welcher Richtung er sich entwickeln will. Politik ist potent, besonders in Zusammenarbeit mit dem Militär, das mittels „eleganter Kampfwürfel“ (Moritz Lieblingausdruck, hier absolut zutreffend) zu den begehrten Machtpositionen verhilft.

„Time of Crises“ ist kein Aufbauspiel; es geht nicht darum, sich eine sichere Stellung und darin eine siegpunkt-generierende „Maschine“ aufzubauen, es geht eher darum, flexibel auf die aktuelle Situation (Stärken und Schwächen der Mitspieler auf dem Brett, Möglichkeiten der eigenen Kartenhand sowie auf schwächelnde lukrative Operationsgebiete) zu reagieren und pro Zug einen möglichst großen Punktreibach zu zelebrieren.

Moritz kannte sich mit den Haken und Ösen der Mechanismen am besten aus. Er hatte zuhause ja auch schon ausgiebig mit den Dummies geübt. Heute riss er sich blitzschnell den Römischen Imperator unter den Nagel und sauste auf der Punkteleiste davon. Günther versuchte, in der syrischen Provinz, einer Schwachstelle von Moritz‘ Hausmacht, ihn ein paar Federn lassen zu lassen, aber die Kampfwürfel waren dagegen. Walter versuchte es dann erst gar nicht, Moritz kleinzukriegen. Zudem hatte er mit Moritz ein – kontraproduktives – Stillhalteabkommen in Ägypten vereinbart. So wendete er sich antivandal von Afrika nach Spanien, um dort die bescheidenen Positionen von Dummy-Aaron zu beseitigen.

Moritz, der die Dummy-Züge kontrollierte, würfelte Aaron-spezifisch grottenschlecht, so dass Aaron ohne nennenswerten Widerstand Spanien aufgeben musste und stattdessen seinen Lebensabend in den weichen Betten der Pariser Lebewelt verbrachte. Walter gönnte ihm dort das militärisch reichlich abgesicherte Vie Douce und zog mit seinen Armeen in das leichtfertige Italien, wo ihm unversehens – Moritz schwächelte gerade – das Amt des Römischen Imperators zufiel. Allerdings hatte er dummer- oder unglücklicherweise unmittelbar zuvor dort einen aufrührerischen Mob installiert, der ihn auch in Sekundenschnelle aus diesem Amt wieder verjagte. Günther erbte für einen Appel und Ei diese Position und machte in dieser Runde so viele Punkte, dass er fast noch Moritz‘ Sieg gefährden konnte. Aber nur fast: als stolzer Imperator läutete der mit 64 Punkten das Spielende ein.

Wenn ich nach dem heutigen Abend den vorigen Spielbericht vom 21.7.2017 lese, dann wundere ich mich über unsere damalige schlechte Bewertung. „Schwachsinn hoch drei“ nannte Aaron (der richtige) die Reihenfolge, zuerst die Aktionskarten auswählen zu müssen und dann erst die Aktionen der Mitspieler und die bedrohlichen Zufallseffekte der Barbaren beobachten und darauf reagieren zu können. Das würde ich heute nicht mehr unterschreiben. Die Kartenauswahl ist ohnehin sehr eingeschränkt, und in diesem See&Attack&Roll-Spiel steht Flexibilität an oberster Stelle.

Vor 5 Jahren kam uns „für ein so deutlich zufallsabhängiges Spiel und für das im Prinzip zu gleichförmige Geplänkel zwischen Politik und Militär“ die Spielzeit viel zu lang vor. Ja, wenn man gewohnt ist, 4 Stunden lang Eisenbahngesellschaften zu betreiben und Investitionen in Aktien, Lokomotiven und Strecken scharf zu kalkulieren, dann muss man in der „Krisis“ seinen intellektuellen Spielermotor ganz schön herunterfahren.

Würde Günther heute immer noch urteilen: „Will ich es nochmals spielen? Wahrscheinlich nicht!! »Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte, das ist die gesamte Gewinn-Strategie«“? Gestern habe ich ihn nicht gefragt, heute hat er noch nicht geantwortet.

Bleibt Moritz bei seinen „nur“ 7 Punkten, weil „die einzelnen Züge zu lange dauern“? Zumindest Walter hebt seine bisherigen 4 Punkte auf 6. Viele Elemente der römische Militärpolitik sind hübsch integriert. Man kann tatsächlich „Visionen“ haben, wie man sein Spiel gestalten möchte, und es gibt viele Freiheiten, sein Süppchen zu kochen. Und wenn das Schicksal (oder der Würfel) einen Strich durch die Rechnung macht und einen auf die weichen Betten der Pariser Lebewelt reduziert: auch dort kann man sein Vergnügen haben. Mehr als in den Schützengräben vor Sewastopol.

WPG-Wertung: Noch nicht aktualisiert.

Nachträglich Günthers Meinung zum heutigen Spiel:
„Haben wir es diesmal denn richtig gespielt??
Moritz‘ Aussage, letztes Mal wäre es nicht so schlecht angekommen, stimmt nicht …
Den Dummy hätte man weglassen können – dann wäre es auch etwas kürzer gewesen.
Die Kritikpunkte von letztem Mal stimmen weiterhin.
Ich werde bei 4 (bis 5) Punkten bleiben. Ich bin ja bekanntlich nicht so der Fan von diesen Kriegswürfelspielen :-)“

2. “Cat in the Box”

Unser neuer Absacker hat nichts von seiner Eleganz verloren.

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

23.11.2022: Neubarock auf dem Mars

1. “Planet B”

Ein Workerplacementspiel aus dem Hause Hans-im-Glück. Thematisch sind wir beim Aufbau einer neuen Zivilisation auf einem neuen Planeten, aber bis auf ein paar witzliche Anspielungen auf Moral und Unmoral in den irdischen politischen Zuständen ist vom Thema nichts zu spüren.

Moritz macht gute Miene zum bösen Spiel: Kein „Peil“, wie man das Spiel angehen soll

Unsere Worker hantieren mit den Elementen

  • Bauwerke errichten (eins nach dem anderen), nutzen (oft), verändern (selten), abreißen (noch seltener)
  • Produktion anwerfen (manchmal) und ggf. modifizieren (ganz selten). Dabei werden sieben verschiedene Ressourcen produziert, deren Unterschiedlichkeit nur manieristisch zum Spielgeschehen beiträgt, in erster Linie dienen sie dazu, sich darüber Geldmittel zu beschaffen.
  • Arbeiter akquirieren (anfangs) und mit ihnen Arbeitsschritte durchführen (sehr oft).
  • Politische Lobbyarbeit zu betreiben und daraus entsprechende Gefälligkeiten einzuheimsen (selten bis oft, je nach Gusto)
  • „News-relevante“ Sonderkarten-Aktionen  durchführen (zwangsläufig)
  • Stimmzettel für die nächste Präsidentenwahl abgeben (sowohl zwangsläufig als auch Ambitionen-orientiert).
  • Stimmbetrugs-Manipulationen vorbereiten (selten); Trump hätte seine Freude daran gehabt.
  • Geld ausgeben und Siegpunkte auf die Seite schaffen (ständig).

Jeder platzierte Worker kann pro Zug gleich ein ganzes Bündel dieser Aktionen durchführen. Dazu muss er mit seinen Barmitteln jonglieren, seine Arbeiter sondieren, seine Bauwerke mit ihren spezifischen Nutzungsmöglichkeiten entsprechend seinen Ressourcen durchchecken, die angebotenen Sonderkarten-Aktionen bewerten und seine Ambitionen in der Lobby durchdenken. Ganz schön viel auf einmal. Ganz schön lang hintereinander – für die Mitspieler.

Nach einem definierten Schema werden Wahlen abgehalten. Der Wahlvorgang ist bemerkenswert: nicht wer die meisten Stimmen in der Urne hatte, wird Präsidentin, sondern wer beim Leeren der Urne zufällig die meisten eigenen Stimmzettel auf seine Seite bringen konnte. Jeder Spieler bekommt anschließend entsprechend seiner Rangfolge ein Amt, das ihm in den nächste Durchgängen spezifische Aktionen erlaubt; die Präsidentin enthält die Befugnis, „Gesetzesvorlagen“ anzunehmen oder abzulehnen, woraus sich ganz analoge Aktionen ergeben wie oben.

Das Spielmaterial ist qualitativ hochwertig, die Grafik unterstützt vorbildlich das Spielgeschehen, selbst Walter hatte keine Schwierigkeiten, seine möglichen Aktionen und ihre Effekte daraus zu erkennen. Lediglich die Doppelfunktion von Geld und Siegpunkten ist problematisch. Die gleichen Scheine gelten auf der einen Seite als Geld, auf der anderen Seite als Siegpunkte. Verwechslungen sind sehr leicht möglich, auch wenn die Siegpunkte eigentlich nur abgelegt, ansonsten aber nicht mehr angefasst werden müssten, während das Geld ständig im Fluss ist. Da jeder Spieler aber gleich eine ganz Reihe von Kartenstapeln zu verwalten hat, die Siegpunktescheine zuweilen auch zum Zählen, Sortieren und Wechseln in die Hand genommen werden, kann es schon mal passieren, dass ein 20-Euro-Schein sich unversehens in 20 Siegpunkte verwandelt. Moritz passte wie ein Schießhund, dass Walters unbekümmerte Schlampigkeit keine unverdienten Früchte trug.

Ansonsten? Das Spiel ist ein überbordendes Konglomerat von Aktionen und Effekten, wie es heutzutage regelmäßig bei vielen Kickstarter Erzeugnissen angeboten wird. Offensichtlich war der Autor in seinen Ideenbaum verliebt, und keiner aus dem Test-Team hatte die Potenz, ihn zu beschneiden und zusammenzustreichen. Am Westpark gab es bei solchen Produkten bisher immer das geflügelte Wort: „Hier hat der Reifungsprozess von Hans-im-Glück gefehlt, um dem Spiel die nötige und mögliche Qualität zu geben.“ Das ist jetzt nur noch ein Spruch aus den seligen Zeiten des Prediger Salomo. Hans-im-Glück selbst hat diese Bäume ohne Wald herausgebracht.

WPG-Wertung: Günther: 5 (mit gutem Willen für HiG, zu viel Herumwursteln mit Geld und Siegpunkten), Moritz: 4 (ich finde das Spiel richtig schlecht; die einzelnen Züge dauern viel zu lange, da ist viel zu viel hineingepackt, das Thema ist hölzern, deutlich und schmerzhaft erkennt man die Veränderungen in Management und Entwicklungsteam bei HiG, Walter: 5 (viel Schweiß, wenig Esprit, sowohl beim Design wie beim Spielablauf).

2. “Cat in the Box”

Allmählich werden wir mit den geistreichen Mechanismen dieses überraschenden, neuartigen Stichkartenspiels vertraut. Viel Esprit, wenig Schweiß.

WPG-Wertung: Keine neue Wertung für ein 8 Punkte-Spiel.

16.11.2022: Vom Winde verweht

1. “Tribes of the Wind”

„Das Thema können wir in der Pfeife rauchen“ (Moritz), nur soviel zur Namengebung des Spielmaterials: Das Spiel heißt: „Völker des Windes“, weil ein paar Überlebende der Umweltverschmutzung sich nicht mehr auf den verdreckten Boden trauen, sondern sich nur in den Bäumen hangelnd in ihrem Gebiet bewegen. Sie müssen den Unrat am Boden beseitigen, Wald anpflanzen und dort Dörfer (natürlich nur saubere!) bauen und ab und zu mal einen Tempel errichten. Individuell vorgegebene topologische Bebauungsmuster auf dem Spielplan eines Spielers werden bei Spielende mit Siegpunkten belohnt.

Individuelles Spielerbaubrett von “Tribes of the Wind”

Neben den Sekundärzügen wie Errichten eines Tempels oder dem Bau eines  Dorfs besteht der wichtigste Spielzug aus dem Ausspielen von jeweils einer Aktionskarte, die eine spezifischen Aktion erlaubt: 1) Entfernen von Unrat, 2) Erhalten von Wasser, 3) Anpflanzen eines Walds und 4) Bewegen der Mannschaft.

Diese Aktionskarten gibt es in den vier Farben rot, grün, gelb und blau, die schwerpunktmäßig mit einer der oben aufgelisteten Aktionen korreliert sind. Mittels einer blauen Aktionskarten kann man z.B. auf jeden Fall Wasser bekommen, doch auch andere Aktionen sind in geringem Maße damit verbunden.

Jeder Spieler hat immer fünf dieser Aktionskarten auf der Hand. Wenn er eine Karte ausspielt, zieht er am Ende seines Zuges eine Karte nach. Dabei stehen fünf verdeckte Stapel zur Auswahl. Welche Aktion genau auf der nachgezogenen Karte steht, ist nicht erkennbar; das ist bis zu einem gewissen Grad zufallsabhängig.

Die Mächtigkeit dieser Züge ist variabel und ergibt sich aus der Anzahl von Karten in jeweils einer definierten Farbe. Es zählen die Karten, man selber auf der Hand hat und/oder die im Besitz des rechten und/oder linken Nachbarn. Beispielsweise erhält man bei einer Karte 2, 5 oder 8 Wasser, je nachdem, ob die Summe der blauen Karten in der eigenen Hand und in der beider Nachbarn 2, 4 oder 6 beträgt. Oder man erhält 4 Wasser, wenn man mehr blaue Karten in der Hand hat als einer der Nachbarn, und man erhält 6 Wasser, wenn man mehr blaue Karten in der Hand hat als beide Nachbarn. Und was dieser Möglichkeiten an Vergleichen oder Summenbildung mehr sind.

Hat ein Spieler fünf Dörfer gebaut, wird das Spielende eingeläutet. Insgesamt 12 Wälder haben auf dem Spielbaubrett eines jeden Spielers Platz. Man kann sich mit dem Spielende Zeit lassen und seinen Spielplan maximal ausbauen – alles bringt am Ende Siegpunkte. Das funktioniert aber nur, wenn alle Spieler dieses Ziel verfolgen. Sobald ein Spieler schnurstracks auf das Spielende zusteuert, setzt er die Ausbaupläne seiner Mitspieler gewaltig unter Druck. Durch diese Möglichkeit gewinnt das im Prinzip solitäre Spielgeschehen – eine Art Patience mit ständig sich verändernden Rahmenbedingungen – eine unerwartete Spannung.

Wir führten am Ende eine lange und kontroverse Diskussion über die verdeckten Nachziehstapel von Aktionskarten. Das verdeckte Ziehen ist eine enorme Beschleunigung des Spielflusses; man braucht nur den Farbbesitz der Nachbarn zu sondieren, dazu die spezifischen Aktionsmöglichkeiten der eigenen Kartenhand und wählt dann halt die Karte, deren Farbe in die richtige Richtung geht. Das geht recht schnell, und hinterher sieht man die Bescherung und kann sich darüber freuen (ganz selten auch darüber ärgern), welche Eigenschaft die neu gezogene Karte hat. Wenn wir außer der Kartenfarbe auch noch innerhalb der detaillierten Effekte der ausliegenden Karten auswählen müssten und diese ggf. miesnickelig in Korrelation zu den dann bekannten (aktuell unbekannten) Karteneffekten der Mitspieler setzen könnten, dann würden wir heute noch über unserer ersten Spielrunde sitzen. So waren wir nach zweieinhalb Stunden durch.

Walter hat gewonnen, was für einen mittleren Schwierigkeitsgrad und einen ausreichend hohen Zufallseinfluss spricht.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu lang für das, was es ist; das Glückselement ist zu hoch, ab dem Mittelspiel nix Neues mehr), Günther 7 (das Spiel ist „interessant“ und nicht allzu komplex), Moritz: 5 (langweilig, das Kartenglück entscheidet), Walter: 6 (jeder Zug ist eine nicht zu komplexe heuristische Anpassung an die aktuellen Kartenbestände; durch den – heute von uns überhaupt nicht genutzten – Einfluss auf das Spielende kann man den eher gleichförmigen Schlussteil erheblich verkürzen).

2. “Cat in the Box”

Als Absacker noch eine schnelle Runde mit diesem Stichkartenspiel der Überraschungen, bei dem sich die eigene Kartenhand im Spielverlauf fast kaleidoskopartigen verändert.

WPG-Wertung: Aaron legt einen Punkt auf jetzt 7 Punkte zu, die anderen blieben bei ihren je 8 Punkten.

9.11.2022: Die vorletzte Eiszeit

1. “Endless Winter”

Ein Kickstarter-Spiel vom Feinsten! Unmengen von verschiedenartigst gestaltetem, funktionsgerechtem Spielmaterial, Karten, Klötzchen, Chips, Steine, Zelte, Rondells, Hexagons, Marker, Plättchen, Tableaus und Spielfiguren, nicht zuletzt fantastisch modellierte Häuptlinge. Das alles wird in einer großen, zusammenhängenden Szenerie benutzt und bewegt, so dass selbst unserer Moritz staunen musste: „Ich bin überwältigt von den Möglichkeiten“.

Einer der Häuptlinge

Gleich eine ganze Reihe von Kennerspielen sind zu einem einzigen großen Spiel vereinigt.

1) Ein Workerplacement bildet das Herz des Ganzen. Jeder Spieler besitzt 3 Arbeiter, die er auf 5 verschiedenen Arbeitsplätzen einsetzen kann. Die Plätze sind nicht monogam, jeder darf hier sein Glück versuchen, der jeweils erste bekommt allerdings einen Sonderbonus.
Hier entscheidet sich unsere „Strategie“, wie wir unser Spiel anlegen und gewinnen wollen.

2) Deckbuilding. Jeder Spieler bekommt zu Beginn des Spiels einen identischen Kartensatz, der ihm unterschiedliche Vorteile bringt und den er wrap-around nutzt. Man kann seinem Kartendeck weitere, lukrativere Karten angliedern, das bringt Siepunkte und mehr Flexibilität in den Nebenzügen, vor allem, wenn man die Luschenkarten aus dem Kreislauf eliminiert.

3) Besiedelung einer Hexagon-Landschaft und Mehrheitenbildung auf den einträglichsten Feldern.

4) Topologisch optimiertes Setzen von „Megalithen“ auf dem gemeinsamen Baugrund, um Einzelboni und Konstruktionsboni zu erhalten.

5) Eine Art „Quartett“ beim Sammeln gleichartiger Tiere (Karten), deren Punkteertrag umso höher ist, je mehr man davon hat. Einige der lieben Tierchen muss man allerdings auch töten und zu Würsten verarbeiten, denn ganz ohne Fressen geht die Chose nicht.

6) Bei dem Ergattern des Startspielervorteils findet auch noch so eine Art „Kuhhandel“ statt.

„Endless Winter“ – Szenerie

Ein Ressourcen-Management wird von uns gefordert, denn wir brauchen Würste und Streitäxte, um auf den verschiedenen Arbeitsplätzen die jeweils angebotenen Effekte mehrfach produzieren zu können. Wir können auch Hinkelsteine legen, um pro Durchgang ein paar wenige Siegpunkte, bei Spielende aber entsprechend unserem Spielausbau massig weitere Siegpunkte zu ernten.

Das Spielmaterial bedeckt zwei Quadratmeter Tischfläche. Wer unglücklich sitzt – und in irgendeiner Spielecke, für irgendeine Detailinformation sitzt immer jemand unglücklich -, der kann leicht vorteilhafte Optionen übersehen. Günther übersah einen Hinkelstein, der ihm 20 Punkte hätte einbringen können, und er war – mit Recht oder Unrecht – böse darüber, dass ihn niemand darauf aufmerksam machte.

Jeder von uns darf in 4 Durchgängen je 3 Züge machen – Mammutzüge mit eröffnenden Kartenaktionen, einer Folge von Workerplacement Aktionen und abschließenden Effektaktionen. Für unsere in Summe 48 Züge benötigten wir knapp 4 Stunden, pro Zug also etwa 5 Minuten. Alles bitter notwendig, denn pro Zug müssen ungezählt viele Wertungs- und Optimierungsvorgänge durchgeführt werden. Schließlich spielen wir ja nicht um zu spielen, sondern wir rechnen um zu gewinnen! Unser Künstler wurde Erster, die beiden Mathematiker Letzter.

Das Spiel ist im Prinzip eine vorzügliche Komposition! Alles ist sehr gut aufeinander abgestimmt und wir schwelgen in Handlungsfreiheit. Warum wir schließlich doch nicht die maximale Punktzahl vergeben haben, wird an den Kommentaren erkenntlich.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (deutlich zu lang; viele Schnörkel brauchte es nicht), Günther: 7 (das Spielmaterial ist vom Feinsten, aber ob sich das alles lohnt …?), Moritz: 8 (für mehr sind die Spielideen zu wenig originell), Walter: 6 („gewaltig viele Noten, lieber Mozart“! Wenn ich nach einem kompletten Spiel noch keinerlei Ahnung habe, wie ich das nächste Spiel geschickt anfangen sollte, und wenn mir dies auch keiner meiner Mitspieler erklären kann, selbst ansatzweise nicht, dann kann ein Spiel von mir nicht mehr Punkte erwarten).

2.11.2022: Im fränkischen Drei-Länder-Eck

1. “Der Taubertalexpress”

Wo fließt denn die „Tauber“? Zumindest durch Tauberbischofsheim, der Schmiede für Olympische Goldmedaillen für deutsche Fechter und der Heimat unseres geschätzten Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees. Ansonsten weiß man darüber (wohl) nicht viel. Deshalb hat die Stadt Lauda-Königshofen ein touristisches Programm aufgelegt, in dessen Verlauf auch dieses Spiel über den „Taubertalexpress“ entstanden ist. Da das Taubertal wohl ziemlich lang aber nicht breit genug war, hat man in das Spielbrett auch noch Main und Neckar eingeschlossen, so dass unser Express jetzt von Miltenberg bis Crailsheim und von Heidelberg bis Würzburg durch das badische, württembergische und bayerische Franken kurvt.

Mein Geburtsort liegt nur etwas 10 km nördlich von Miltenberg und so sind mir die verschiedenen Orte, die unser Express ansteuert, namentlich wohl vertraut. Ich kann mich noch gut erinnern, dass der Eilzug, der durch unser Dorf ohne Halt durchgerauscht ist, als Zielstation Seckach-Osterburken hatte. Wir hatten keine Ahnung, wo das lag, es hätte auch Buxtehude hinter Grinnelili sein können. Blasphemische Frage: Wer von euch kennt schon Osterburken? Da tut ihr euch natürlich etwas schwerer, wenn ihr gerade unseren Bundespräsidenten Theodor Heuss mit dem Taubertalexpress von Mosbach nach Grünsfeld transportiert, aus dem Handgelenk heraus zu entscheiden, ob es sich lohnt, einen Umweg über Bad Mergentheim zu machen, um den dort ansässigen Benediktinerabt aufzulesen und ihn früher oder später in Wertheim aussteigen zu lassen.

Das wesentliche Element des Spieles ist es, in jedem der 7 Durchgänge a 3 Runden mindestens einen Pflichtpassagier an seinem Startbahnhof abzuholen und an seinem Zielbahnhof abzuliefern. Nicht ganz. Man muss zu Beginn jedes Durchgangs einen freien Wagen haben, den man für den Pflichtpassagier unverzüglich reservieren kann. Da man zu Spielbeginn aber nur einen einzigen Wagen hat, ist das Reservieren, Aufnehmen, Transportieren und Abliefern mehr oder weniger zwangsläufig, sofern man keine Strafpunkte kassieren möchte.

Natürlich wird man so früh wie möglich weitere Wagen an seinen Express anhängen, um beim Transport flexibler zu sein, vor allem aber auch, um aus einer offenen Passagier-Auslage weitere Passagiere aufzunehmen zu können und Strecken-Synergie beim Transport zu nützen.

Man kann anstelle von Personenwagen seinem Express aber auch Güterwagen angliedern und damit einen lukrativen Warentransport initiieren. Die Waren liegen aber nicht einfach so auf der Strecke, sondern wir müssen erst an entsprechenden Bahnhöfen Gütergebäude errichten, damit die Bauern dort ihre Zuckerrüben und Weintrauben abliefern und lagern können, bis der nächste Zug vorbeikommt und sie en passant mitnimmt.

Abladen darf man Güter nur an Bahnhöfen, an denen auch Passagiere aussteigen, und selbst dort nicht überall, sondern nur dort, wo die aussteigenden Passagiere ein Güterverladen akzeptieren. Theodor Heuss z.B. hat nicht toleriert, dass man an seinem Zielbahnhof auch noch Gemüse ablädt. Wer sich also auf Gütertransport verlegt, sollte darauf achten, dass seine Passagiere möglichst gemüsetolerant sind.

Viele hübsche Elemente hat das Spiel in sein Design integriert. Es erinnert an eine ganz frühe 1830 Implementierung – vor vielleicht 30 Jahren – wo wir auf unseren Strecken ebenfalls Güter produzieren und transportieren mussten. Jetzt kommt aber ein ganz hässlicher Mechanismus. Wir steuern unsere Aktionen durch Aktionssteine, die in fünf Farben vorliegen. Sie haben keine eigenständige thematische Bedeutung, sehr wohl aber eine wichtige Bedeutung für unsere Aktionen. Um unseren Express von Bahnhof zu Bahnhof zu bewegen benötigen wir einen Aktionsstein beliebiger Farbe. Da wir bei unserem Transport in der Regel viele Bahnhöfe anfahren müssen, können durch einfachste Auswahl der „Fahrsteine“ fast jede beliebige Farbkombination an Aktionssteinen in unserer Hand zurückbehalten. Dagegen sind zum Errichten von Gütergebäuden, zum Produzieren von Waren, vor allem aber zum Ausbau des Zentralbahnhofs Lauda wohldefinierte Farb-Kombinationen von Aktionssteinen notwendig. Wenn wir jetzt gegen Rundenende beim Fahren zufällig die falsche Farbe verschwendet hat – meist gibt man fast alle seine Aktionssteine ab -, und zu Beginn eines Durchgangs die notwendigen Aktionssteine entsprechender Farbe nicht ausreichend angeboten werden oder von Mitspielern bereits an sich genommen wurden, kann man in die Röhre schauen. Schlechte gelaufen!

Diese Aktionssteine und ihr Handling ist das größte Hemmnis für ein flüssiges, freudvolles Spiel. Warum hat man nur diese schwerfällige Lösung gewählt.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (unnötige Kleinteilerei, zu zweit bekäme das Spiel vielleicht 6 Punkte), Günther: 4 (mit Tendenz zu 5; diese wenigen Punkte tun einem richtig weh; mit “Hausregeln“, d.h. mit Vereinfachung unnötiger Verkompliziertheit, könnte man das Spiel flüssiger und spielbarer machen), Walter: 5 (eigentlich hat das Spiel eine Substanz für 7-8 Punkte, warum hat man nur so viel Korinthen hineingekackt?!).

26.10.2022: Die Katze im Sack

1. “Kick mich raus”

Aaron bastelt mal wieder an einem neuen Spiel. (Wahrscheinlich sogar an mehreren.) Seine Jugendleidenschaft für „18xx“-Spiele wird wohl immer grünen, auch wenn sein jetziges „k-m-r“ (Arbeitstitel) nur ganz von der Ferne Ähnlichkeiten mit diesem Spieltypus hat. Es liegen Firmen aus, die wir gründen, deren Produkte aber noch gar nicht existieren, sondern die erst mit teuren Investitionen zur Marktreife gebracht werden müssen. Dann kommt die Gewinnphase, und wenn wir erfolgreich sind, können wir uns eine weitere eigene Firma einverleiben oder eine fremde Firma feindlich übernehmen und damit spielentscheidende Siegpunkte einheimsen.

In der heutigen Test-Runde ging es darum, die Balance zwischen der Finanzierung einer Firma und der Gewinnausschüttung unter die Lupe zu nehmen. Können Firmen durch Unbilden des Schicksals erst spät „floaten“ und schütten sie zu wenig aus, gehen sie alle in Konkurs, bevor sie überhaupt zum Leben erweckt wurden. Schütten sie dagegen zu viel aus, dann können alle neu auf den Markt erscheinenden Firmen unverzüglich gegründet und ihre Produkte auf den Markt gebracht werden. Dann kommt es nicht mehr auf das Timing bei Gründung und Beteilung an, dann ist es nur noch Run auf die ersten Merger. Ein Spagat zwischen zwei Möglichkeiten zum Scheitern.

Wohl dem Spiele-Design, das ohne einen Spagat über solche tödlichen Extreme auskommt.

Keine WPG-Wertung über ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Cat in the Box”

Markierbrett von „Cat in the Box“

Ein geiles, ganz neuartiges Stichkartenspiel. Auf den Karten sind Zahlen von 1 bis 9 aufgedruckt, und jeder Spieler bekommt 10 Stück davon auf die Hand. Erst mal legt jeder eine Karte davon verdeckt auf den Ablagestapel, dann werden wie üblich die restlichen Karten zu Stichen abgespielt. Wer die höchste Karte der ausgespielten Farbe zugibt, bekommt den Stich und spielt zum nächsten Stich aus. Wer die ausgespielte Farbe nicht bedienen kann, kann mit einer Karte der Trumpffarbe den Stich übernehmen. Soweit ist alles Standard.

Das Besondere daran ist, dass die Karten gar keine Farbe besitzen, sondern jeder Spieler kann beim Zugeben beliebig sagen, welche Farbe das jetzt sein soll. Das klingt fast chaotisch, ist es aber keineswegs. Auf einem Markierbrett wird markiert, welche Karten bereits gespielt wurden. Hat z.B. ein Spieler eine Sieben ausgespielt und gesagt, dies sei die „gelbe“ Sieben, dann wird ein Spielermarker auf das Feld „7-gelb“ gelegt, und kein Spieler kann mehr hinterher eine seiner Siebenen als „gelb“ deklarieren.

Wenn ein Spieler eine Farbe nicht mehr bedienen kann (oder will), dann kann er seine Kartenhand als „farbefrei“ erklären und eine beliebige Karte zugeben. Allerdings darf er später auch keine weitere Karte seiner Hand als eine von dieser freien Farbe deklarieren.

Siegpunkte gibt es für jeden gemachten Stich (es ist keine schlechte Strategie, bei einer Kartenhand mit vielen hohen Karten auf dieses Kriterium loszugehen) und für das richtige Vorhersagen der eigenen Stichzahl: dann bekommt man Siegpunkte entsprechend dem größten zusammenhängenden Gebiet mit eigenen Spielermarkern auf dem Markierbrett.

Da es von jeder Kartenzahl fünf Exemplare gibt, auf dem Markierbrett aber nur vier Plätze für jede Kartenzahl vorhanden sind, kann es passieren, dass alle möglichen Plätze für die Restkarten in der Hand eines Spielers belegt sind und der Spieler keine Karte zugeben kann. Dies gilt als „pradox“ und beendet sofort eine Runde. Der Spieler, der den Paradoxfall ausgelöst hat, bekommt Minuspunkte für jeden Stich, den er bereits gemacht hat. Wer also auf Teufel-komm-raus Stiche kassiert hat, muss aufpassen, dass er nicht paradox wird.

Alles wohl-designt, alles wohl-ausbalanziert. Dazu zählt auch, dass die Stichzahl, die man für sich vorhersagen muss, auf die Werte 1, 2 oder 3 begrenzt ist. Wer also eine wirklich „gute“ Kartenhand hat und damit fast alle Stiche, zumindest aber mehr als 3 macht, bekommt keine Vorhersagepunkte. Wer dagegen beim Kartenausteilen mit niedrigen Werten bedacht wurde, kann versuchen, ein möglichst großes zusammenhängendes Gebiet auf dem unteren Bereich des Markierbrettes abzustecken und dann wenigstens den einen vorhergesagten Stich, notfalls per Trumpf, zu machen.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (eigentlich kann man das Spiel nach einmaligem Spielen noch nicht bewerten), Günther: 8 (ein extrem innovatives Kartenspiel), Moritz: 8 (viel Handlungsfreiheit bei der variablen Nutzung der verschiedenen Kartenaspekte; das Spielergebnis wird zu 95% durch Einschätzung und Können, und nur zu 5 % von Kartenglück und Mitspielerchaos bestimmt), Walter: 8 (eine sehr gute Mischung aus Planung, Rechnerei, Beobachtung und Glück).

3. “Bluff”

Nachdem wir lange und erfolgreich den Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine beraten, beschlossen und verabschiedet hatten, belohnten wir uns zur Entspannung und zum mentalen Ausgleich mit einem Absacker. Das konnte doch nur unser Leib-und-Magen-„Bluff“ sein, das vor mehr als zwei Jahren, am 1. Juli 2020 zu letzten Mal bei uns auflag.

Walter war im Nu draußen, David Moritz musste mit zwei Würfeln gegen die Goliaths Aaron mit fünf und Günther mit vier Würfeln antreten. Stein für Stein konnte er seine Widersacher schädigen und schlussendlich das 1:1 Endspiel gegen Günther gewinnen. Günther war hier mit Walters 1-mal-die-Vier-Strategie angetreten, 1-mal-die-Drei wäre erfolgreich gewesen.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

19.10.2022: Schichtwechsel

1. “Schichtwechsel”

Spieleautor Thomas Spitzer ist ein Fan des Ruhrgebietes und seiner Geschichte in der Zeit der Kohleförderung. Ihn faszinieren die Abläufe, die in dieser Schlüsselindustrie zum Erfolg führten. Er modellierte sie in allen seinen abendfüllenden Spiel-Kreationen. Enkel und Urenkel von Ruhrkumpels unter Tage bzw. von Direktoren der Bergämter bekommen vor Augen geführt, mit welche Problemen ihre Ahnen zu kämpfen hatten.

Moritz schwelgt in Kies und Kohle

In „Schichtwechsel“ fördern wir in fünf Runden Kohle. Sofern wir fündig werden. Wieweit das gelingt, entscheidet der Startspieler, ein Privileg, mit dem seine Rolle versüßt wird. Für jeden Mitspieler (einschließlich für sich selber) greift er in ein Säckchen, holt blind drei Einheiten heraus (Kohle, Abraum oder u.U. auch nur Wasser) und verteilt sie nach Gutdünken. Eine schöne Gelegenheit für Seilschaften und Schacherei, die wir leider ungenutzt verstreichen ließen.

Klar, dass jeder Spieler bestrebt ist, selber Startspieler zu werden, eine Rolle, die mit dem ius primae accessis (Peter!) nur Vorteile bringt. Doch hier ist das Design sehr machterhaltend orientiert: Der Startspieler kann sich mit einem ersten Zug  pro Runde sofort wieder die Startspielerrolle für die nächste Runde sichern. Der leichte Verlust (Primärstein anstelle von 2 Aktionssteinen) ist in der Größenordnung dessen, was wir entsprechend unseres jeweils nicht-maximalen Besitzstandes an vielen Arbeitsplätzen erleiden. Und wenn der ausgeloste Startspieler sich diese Rolle über allen Runden hinweg bis zur letzten Runde sichert, bekommt er zusätzlich auch noch 2 Siegpunkte. Schlichtwegs ein MUSS!

Die zugeteilten Nutzeinheiten verteilen wir auf möglichst WENIGE Loren, weil wir an den Arbeitsplätzen für die Förderung nicht Kohleeinheiten, sondern jeweils eine Anzahl Loren ans Tageslicht bringen können. Die Tageslicht-Kohle verteilen wir auf möglichst VIELE Waggons, weil später in der Kokerei nicht jede Kohleinheit, sondern jeder Waggon in eine Kokseinheit umgewandelt wird.
Kokseinheiten werden später verkauft und bringen unverzüglich einen Worker und eine D-Mark (als Super-Worker nutzbar) ein, bei Spielende auch noch jede Menge Siegpunkte.

Die hier angedeuteten Aktionen wie Kohle-Fördern, Kohle in die Kokerei liefern, Verkoken und Verkaufen werden über das Besetzen entsprechender Arbeitsplätze ausgelöst. Alle diese Arbeitsplätze sind in Bezug auf die Quantitäten, die bearbeitet werden können (1, 1 bis 2, 1 bis 3 oder gar 1 bis 4), in Bezug auf Kosten (1 Worker, 2 Worker, den Super-Worker oder 1 DM) und in Bezug auf damit zusammenhängende Vorteile (z.B. Siegpunkte) oder Nachteile (z.B. Wassereinbruch) sehr unterschiedlich. Da die „besseren“ von ihnen pro Runde nur einmal besetzt werden können, erfordert es eine scharfe Rechnung, aus den zu Beginn 20 möglichen Arbeitsplätzen denjenigen herauszusuchen, der für unsere aktuellen Ambitionen der wichtigste ist. Zugleich sollten wir natürlich auch berücksichtigen, welche Arbeitsplätze wir in unseren weiteren Zügen belegen wollen, und ob uns vielleicht unsere Mitspieler hier in die Suppe spucken können und wollen. Wer als Startspieler nur seine ersten beiden Züge und von den Mitspielern nur den ersten Gegenzug optimieren will, der sollte etwa 1.860.480 Arbeitsplatz-Kombinationen abchecken.

Günther verfiel bei seinen Zügen regelmäßig in ein minutenlanges Bartgemurmel „hier kann ich – hier könnte ich – hier kriege ich …“, während von Aaron eher zu hören war „meine Fresse, nix Gescheits“!

Nur nicht verzagen! Neben den selbstverständlichen Bewegungen von Kohle und Abraum (auch Letzteres bringt Vorteile), gilt es auch, die Transportwege via Straße, Schiene und Fluss auszubauen und unseren Obersteiger möglichst die gesamte Zechenrunde drehen zu lassen. Hier warten an allen Ecken und Enden ungezählte Vergünstigungen, Zusatzaktionen, und Siegpunkte auf. Vielleicht kann man dieses Spiel sogar gewinnen, indem man sich ausschließlich auf diesen “Nebenkriegsschauplätzen” betätigt!

Es ist, als ob Thomas Spitzer und seine Spielerfreunde bei jeder Spiel- und Test-Session neue Elemente ins Spiel einbrachten, um die Aktionen noch vielseitiger und die Gesamtherausforderung noch größer werden zu lassen, so dass sie unermüdlich viele Stunden, Tage und Wochen in dieser Szenerie schwelgen konnten. Glück auf!

WPG-Wertung: Günther: 7 (ein super Workerplacement-Spiel; natürlich muss man dabei immer aufpassen, dass man nicht öfters mal zu kurz kommt; vielleicht spielt es sich noch besser in einer Dreier-Runde), Moritz: 7 (sehr gut ausgedacht).

Günther, bist Du zufrieden?

Walters Kurzversion:
Nach unserer Erfahrung mit „Haspelknecht“ hatte ich geschrieben: „Nach „Ruhrschifffahrt“ und „Kohle & Kolonie“ jetzt das dritte Spiel einer Trilogie um Geographie, Geschichte und Technik der Kohleförderung im Ruhrgebiet. Intensiv hat sich der Autor Thomas Spitzer mit den Begriffen und Spezifika des Kohleabbaus beschäftigt und sie in ein Spiel gegossen, das thematisch überzeugt, einen ausgereifen Workerplacement-Mechanismus präsentiert und hohen spielerischen Anforderungen genügt“.

Nach unserer Erfahrung mit „Schichtwechsel“ kann ich jetzt nur schreiben: Thomas Spitzer hat sich ein weiteres Mal um dieses Thema bemüht. Es ist ihm wieder gelungen, ein thematisch fundiertes Worker-Placement-Spiel auf den Markt zu bringen. Wir fördern Kohlen, verkoken und transportieren sie, und wenn sie nicht gestorben ist, dann fördern wir sie noch heut‘. Viele Bäume, wenig Wald.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu viel Mitspielerchaos in einer Viererrunde; mich regt es auf, wenn ich immer nur den drittbesten Zug machen kann, man hätte streamlinen können/müssen), Walter: 5 (zu viele Engpässe, zu viele Optionen, zu lange Denkzeit für Denker; dieses Spiel würde ich nur dann noch einmal spielen, wenn für jeden Spieler die Denkzeit gemessen würde, und wir hinterher die Siegpunkte durch die Denkzeit dividieren; 7 Punkte für die zweifellos reife Konstruktion, auch wenn ich eine „Linie“ für gutes und richtiges Spiel darin noch nicht entdecken konnte).

"Was lag auf den Tisch?"