Wir spielen mit Eifer soviele verschiedene Spiele, daß wir gar nicht dazukommen, unsere Lieblingsspiele immer wieder auf den Tisch zu bringen. Was waren das doch für schöne Zeiten, als wir noch Woche für Woche das gleiche “1830” gespielt haben. Oder – noch früher – Monopoly, Risiko, oder gar “Mensch-ärgere-Dich nicht”.
Doch wir wollen den vergangenen Zeiten nicht nachtrauern. In “Bluff” haben wir heute noch alle gemeinsam ein konstantes Element, und in privaten Non-Westpark-Gamers-Zirkeln kann jeder auch noch seinem Lieblingsspiel frönen. Für den einen ist es “Age of Empire”, für den anderen Bridge.
Und was ist es für den Dritten?
1. “Sechsstädtebund”
Endlich durfte auch Günther dieses für ihn als einzigem noch unbekannte Spiel kennenlernen. Hans frohlockte: “Da haben wir endlich eine Chance!”
Schnell hatte Aaron die Regeln erklärt und sogleich erkundigte sich Günther: “Gibt es auch eine Kutschenverlängerung”? Er dachte wohl an die “Schwanzverlängerung” von “Evo”, doch im Sechsstädtebund geht es recht bürgerlich zu. Die Spieler kämpfen untereinander um die lukrativsten Städte mit dem besten Warenangebot, den schnellsten Pferden und den meisten Knappen als Hilfstruppen. Mit den Waren kann man am Zielort brave, solide Punkte machen, mit den schnellen Pferden kann man die Waren der Konkurrenten zum eigenen Vorteil ausnutzen und mit den Knappen kann man sich im Kampf um die besten Plätze besser durchsetzen. Jeder entscheidet frei, auf welcher Schiene er fahren will. Alles zusammen bekommt man nicht unter einen Hut, die richtige Prioritätensetzung entscheidet über den Sieg.
Günther grübelte bei seinen Zügen recht lange darüber, was er wählen sollte. Er litt unter der Nicht-Beherrschbarkeit der vielen unbekannten Einflußgrößen, und tat das auch lautstark kund. Dann entschied er sich für das bewährte Prinzip aus hundertausend Jahren Menschheitsgeschichte: “Der erste hat immer den größten biologischen Vorteil!”.
Erst spät entdeckten alle ihre Knappenliebe, nachdem Walter ihr schon von der ersten Runde an gehuldigt hatte. Doch die Lustknaben müssen sinnvoll eingesetzt werden, in der letzten Runde sind spielen sie nur noch eine lendenlahme Rolle als Tiebreaker. Wenn überhaupt.
Die Wartezeit auf die Züge der anderen kann erheblich sein, doch normalerweise werden die Entscheidungen der Mitspieler immer mit Spannung verfolgt. Bei uns wird dieses Element natürlich weit übertrieben. In der letzten Runde mußte Walter geschlagene 30 Minuten warten, ehe die vier Vorspieler den Verdrängungswettbewerb um die Städte ausgefochten hatten. Am Ende waren die Städte dreimal für zwölf, und einmal für neun Knappen ersteigert worden. Walter konnte da nicht mehr mithalten und mußte sich für Null Knappen mit der schäbigsten Stadt begnügen.
Moritz hatte auf die Ständekarten gesetzt und war damit von Runde zu Runde weit zurückgefallen. Doch in der Schlußabrechnung durfte er sich mit seinen Ständemehrheiten noch dreimal neun Prämienpunkte hinzuzählen und kam auf den zweiten Platz. Günther hatte mit seiner Schnelle-Pferde-Strategie von Anfang an in Führung gelegen und konnte den Vorsprung bis ins Ziel retten. Hans hatte zu früh frohlockt.
WPG-Wertung: Günther blieb mit seinen 7 Punkten genau im Durchschnitt der Westparkgamers. Er hätte noch mehr Punkte vergeben, wenn ihm das Spiel nicht so viel Gelegenheit zum Grübeln gegeben hätte.
Aaron hat schon zwei Rezensionen geschrieben.
2. “Trans Europa”
Jeder bekommt fünf zufällige Städte aus einer Landkarte von Europa zugeteilt und muß sie durch eine Eisenbahnlinie verbinden. Das entstehende Schienennetz gehört allen gemeinsam. Wer als erster seine Städte verbunden hat, ist Sieger.
Mit dem hübschen Spiel zum Denken und Spielen kann man seinen Enkelkindern auch noch die Geographie Europas näherbringen. In der europäischen Variante gegenüber der amerikanischen fand Moritz zusätzlich den Vorteil, daß man die Städte leichter findet. Bei Moskau oder Madrid weiß doch ein jeder, in welcher Ecke er sie zu suchen hat. Bei Dallas oder Dulluth gilt das nicht gleichermaßen.
Keine neue WPG-Wertung.
Walter schreibt eine Rezension.
3. “Bluff”
Aaron erwies sich als Goliath. In nur zwei Runden hatte er Moritz aus dem Rennen geworfen und Hans war in die gefährdete Vordermann-Position gerückt. Doch mit einem Anzweifeln bei Pari-Stand büßte er seinen Angstgegner-Nimbus ein und Hans konnte wieder “normal” aufspielen.
Walter gelangte mit 4:1 Würfeln in ein Katz- und Maus-Endspiel gegen Günther. Jetzt hatte er noch dazu einen Bombenwurf mit zweimal Stern und zweimal Eins unter seinem Becher. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit, mit einer Einmal-die-Vier-Vorgabe ins Rennen zu gehen.
Günther wollte mit Zweimal-die-Fünf die Katze beim Schwanz packen. Doch damit hatte er alles über sich verraten. Er hatte ganz sicher keinen Stern und auch keine Eins geworfen! Warum? – Mit einem Stern hätte er aus der Position der Stärke und mit einer Eins aus der Position der Schwäche heraus langsamer gehoben? Diese Spiel-Psychologie ist doch schlüssig, oder?!
Walter konnte mit Viermal-die-Eins den Sack zumachen.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
12.03.2008: Im Märzen der Bauer
Mensch ärgere dich!
Kindliches Spiel besteht vor allem in der Realitätsbewältigung. Kinder steigen in ihren imaginären Welten zum allmächtigen Schöpfer auf, der Spielfiguren sterben und wiederauferstehen läßt. Sie lernen, gemeinsam mit anderen fiktive Welten zu verwirklichen. Das wiederum erlaubt ihnen als Erwachsene kreativ Handlungsoptionen zu durchdringen.
Für Volljährige ist es allerdings zu spät, die Nevenbahnen im Gehirn noch neu zu verlegen. Wer als Hänschen keine große Vorstellungskraft entwickelt hat, erwirbt sie als Hans wohl nimmermehr. Es ist deshalb noch unklar, welchen evolutionären Vorteil das spielerische Treiben im Erwachsenenalter besitzt. Steigern Scrabble und Monopoly möglicherweise den Fortpflanzungserfolg?
Immerhin ist erforscht, daß erwachsene Affen mit körperlichen Spielen gezielt ihre Konflikte eindämmen. Ratten liefern sich Scheinkämpfe, um die soziale Hackordnung zu etablieren. Beim Menschen dient die selbstgenügsame Beschäftigung der körperlicher Ertüchtigung und dem sozialem Zusammenhalt, sie vertreibt Langeweile und kompensiert den Alltagsfrust. Für Künstler ist es gar der Motor ihres Schaffens.
Nach einem Artikel von Hubertus Breuer in der Süddeutschen Zeitung. Dabei könnte der letzte Satz direkt aus einem Fernseh-Report über Moritz stammen.
1. “Agricola”
“Agricola” und “Sechsstädtebund” standen zur Auswahl: Das eine hatte Moritz, das andere Günther noch nicht gespielt. In der Entscheidung Künstler gegen Naturwissenschaftler setzte sich selbstverständlich der Künster durch. Vielleicht gab auch der Titelgewinn als unser nächstes “Spiel des Monats” den Ausschlag.
Günther durfte aus dem Gedächtnis und anhand des umfangreichen Spielmaterial die Regeln erklären. Die Spieler bilden sich fort, machen Anschaffungen, Renovierungen, erwerben Knecht, Magd und Vieh und alles was zu einer Bauerei dazugehört. Moritz war über die Komplexität der Regeln vorgewarnt. Deshalb konnte er gleich erleichtert kommentieren “Eigentlich ganz einfach”! In bezug auf Agricola-Spielen hat er absolut recht, aber in bezug auf Agricola-Gewinnen absolut unrecht!
Die ganze Spielgestaltung muß stimmen. Sowohl in der Schwerpunkt-Bildung bei der landwirtschaftlichen Produktion als auch in der Diversifizierung in Acker und Weiden, Gemüse und Getreide, Schafe und Rinder muß die richtige Dosis vorhanden sein. Mir wurde zum ersten Mal der gewaltige Unterschied bewußt zwischen “Man plant vor sich hin” und unserem Westpark-Gamers-Motto “to have a plan”.
Günther wollte die “Bettlerkarte”, die ein Spieler nehmen muß, wenn er seine Familie nicht mehr ernähren kann, gleich als “unsinnig” aus dem Spiel nehmen, doch Walter widersprach heftig. Rosenberg hat sein Spiel so ohne Fehl und Tadel durchkonstruiert, daß sicherlich auch die Bettlerkarte einen Sinn haben mußte. Wie demonstrativ vernachlässigte Walter die Nahrungsbeschaffung und handelte sich dafür gleich in der ersten Ernährungsphase eine Bettlerkarte ein. Die Demonstration ging schief, am Ende wurde er Letzter. Aber auch ohne Bettlerkarte hätte er diesen Platz eingenommen. Spricht das jetzt für oder gegen die Bettlerstrategie?
Moritz schockte seine Mitspieler mit einer kleinen Anschaffung: Er erwarb einen Forst, auf den pro Runde zwei Holz gelegt wurden, und der zusätzlich die Eigenschaft besaß: “Wer diesen Forst betritt, muß an dich 2 Nährwerte bezahlen.” Sogleich erhob sich die Frage: Darf Moritz als Forst-Eigentümer selber diesen Forst betreten? In der Spielregel ist dazu nichts beschrieben, per Abstimmung wurde Moritz dieses Recht zugestanden, doch Walter ging die Wette ein, daß dies falsch sei (um eine Schokolade). Rosenberg muß hierzu wohl noch mal persönlich seinen Senf dazugeben. Oder steht das schon im Internet unter FAQ?
Moritz’ Forst besaß am Ende doch nicht die befürchtete Wunderkraft. Er bekam zwei- oder dreimal die 2 Nährwerte von seinen Mitspielern und strich selber auch massig Holzklötzchen ein, doch was soll ein Mann mit soviel eigenem Holz vor der Hütte?
Aaron machte in Steinbau und wurde Dritter. Moritz leistete sich die umfassendste Ausbildung und hatte die prächtigsten Gemüse- und Getreideäcker; damit wurde er Zweiter. Günther ging zielstrebig auf Familienzuwachs los und hatte als einziger sein kompettes Spielfeld mit allen möglichen Utensilien zugebaut. Das reichte zum Sieg. Wo Walter mit seiner Schafzucht geblieben ist, habe ich oben schon erwähnt.
WPG-Wertung: Moritz vergab 8 Punkte und war damit um 2 Punkte besser als der bisherige WPG-Durschnitt.
Walter hat schon eine Rezension geschrieben.
2. “Flaschenteufel”
Der Teufelsstich stand nach dem zweiten Stich auf der roten 14, da spielte Moritz die gelbe Zwei aus. Eine Verzweiflungstat, aber nicht gut genug getimed. Aaron gab die 18, Günther die 22 und Walter die Eins. Ab sofort zählten nur noch die hohen Karten! Aber nicht mehr für Moritz.
Walter spielte im ersten Stich die blaue Vier aus. Das war im Gegensatz zu Moritz’ Harakiri kein Nervenkitzel, egal ob er diesen Stich bekommt oder nicht. Hat der Flaschenteufel etwa etwas mit Bridge zu tun?
Keine neue WPG-Wertung für ein vorzügliches Spiel.
26.02.2008: “Verspielt”
Lang Lang spielte Liebestod und Liebestraum in der Philharmonie. Das war am Sonntag. Moritz spielt sein eigenes Klavierkonzert in der Hochschule für Musik. Heute. Aaron läßt seine Siemens-Muskeln in Helsinki spielen, und Günther spielt Eisenbahn in unbekannten 18xx-Gefilden. Sie alle fanden heute nicht den Weg zum Westpark.
Loredana und Peter spielen auf dem politischen Parkett noch keine entscheidende Rolle, es reicht ihnen am kommenden Sonntag zwei zweite Geigen zu spielen. Schaut mal nach, wo sie auf dem BAMSZ zur Maxvorstadt Verstecken spielen! Am Westpark wollten sie diesmal den Vorreiter spielen, doch dann wurde Hans vom seinem Kreislauf ein böser Streich gespielt. Er wollte nicht mit seinem Leben spielen und sagte kurzfristig den Spielabend ab.
Walter hatte noch mit dem Gedanken gespielt, Moritz zuzusehen, wie er bei Klavierspielen das Orchester an die Wand spielt. Doch dazu war bereits zuviel Zeit verspielt. Es reichte nur noch zu einem Wortspiel.
13.02.2008: “Confucius” wird erwachsen
Moritz ist guter Dinge vom Wiener Opernball, der “Inkarnation des Schrecklichen”, wieder nach Hause gekommen. Sein “Fußballett” hatte überall Anklang gefunden, beim österreichischen Bundespräsidenten genauso wie vor den kritischen Augen der Westpark-Gamers, die natürlich alle vor der Fernsehübertragung gesessen waren.
Moritz konnte auch mit Details von hinter den Kulissen aufwarten, z.B. daß es dort einen Raum gibt, wo Roulette gespielt wird! Als Brettspieler sollten wir natürlich keine Vorurteile gegen das professionellste Tischspiel der Welt haben. Doch auf den Wiener Opernball zu gehen um sich dort an den Rouletttisch zu setzen, dazu gehört schon eine besondere Lebenseinstellung.
1. “Confucius”
Im November letzten Jahres hatten wir das Spiel erstmals als Rohversion zum Testen auf unserem Tisch. Damals lief es noch ziemlich unrund, und Moritz hatte den Autoren eine Reihe von Regeländerungen vorgeschlagen, die etwas mehr Dynamik in den Spielverlauf bringen könnten. Die Autoren haben sich das zu Herzen genommen und an den Schrauben für die Belohnungen guter taktischer Züge gedreht: Es gibt jetzt deutlich mehr Siegpunkte, für das Erreichen der Schifffahrtsziele, für die Invasion fremder Länder und für die Mehrheiten in den Ministerien.
Das wesentlichste Element, das “Confucius” von allen anderen Spielen unterscheidet, ist das Handhaben von Geschenken. Durch Geschenke verpflichte ich einen Mitspieler zu einem gewissen Wohlwollen; er muß mich bei der Kandidatenkür mit Geld unterstützen und er darf meinen Einfluß in den Ministerien nicht überbieten.
Hier hatten wir einen längeren Disput über den Begriff “exceed”. Wenn ich in einem Ministerium genauso viel Einfluß habe wie ein Gegenspieler, dem ich per Geschenk verpflichtet bin, darf ich dann meinen Einfluß erhöhen oder ist das ein verbotenes “exceed”? Zählt hier die höhere “Seniorität” beim Überholen oder darf ich bei Gleichheit grundsätzlich meinen Einfluß nicht weiter ausbauen? Wir einigten uns auf das Verbot.
Durch das Geben von Geschenken erhöht sich die Anzahl von Aktionen, die ich per Zug ausführen darf. Das ist ein starkes Motiv für Geschenke. Doch auch das Nehmen von Geschenken liefert Zusatzaktionen. Damit wird die Verpflichtung ausgeglichen, in die man dabei gerät.
Geschenke kann man überbieten. Damit hebe ich meine eigene Verpflichtung gegenüber dem Gegenüber auf und bringe ihn umgekehrt unter meinen eigenen Einfluß. Die Anzahl der zulässigen Aktionen bleibt davon unberührt. Als Moritz seinen traditionellen schwarzen Geschenkemarker von Hansens grünen Eigentumsplättchen nehmen mußte, wurde unisono der Leitsatz für diesen Session-Report formuliert:
[glowred]”Die grüne Basis geht nicht verloren!”[/glowred]
Nach drei Stunden Spiel (einschließlich einer knappen Stunde Regelwiederholung) hatten wir die zweite Testphase hinter uns gebracht. Alle leckten sich die Wunden, denn es gab mehr unerwartete Verluste als erwartete Gewinne. Doch das tat der Spiellaune keinen Abbruch. Das Spiel ist ziemlich komplex und stellt hohe Ansprüche an die Spielauffassung. Nach ein paar Testrunden kann man noch keinesfalls behaupten, daß man das Spiel beherrscht.
Aktuelle WPG-Wertung: Das Spiel hat mit der neuen Regelversion einen guten Punkt zugelegt: Günther: 6 (das Spiel ist “noch nicht fertig”), Hans 7 (ist “durch die Komplexität noch nicht durchgestiegen”), Moritz: 7 (8 Punkte nach den geplanten Verbesserungen), Walter: 7 (8 Punkte für die virtuellen Spielefreaks)
Moritz wird wieder einen Testbericht schreiben.
2. “Flaschenteufel”
Es mußte zwar keiner neu angelernt werden, doch nach ein paar Wochen Ausgesetzt-Haben mußten sich einige Westparker erst wieder eine Weile mit dem sich dynamisch-verändernden Stichpotential der Karten auseinandersetzen, bis sie das Prinzip der Höchste-Niedrigere wieder durchschauten.
Keine neue WPG-Wertung für ein sehr gutes Spiel
3. “Bluff”
Erstmals in unserer langjährigen Bluff-Tradition mußte für eine Regelwidrigkeit eine Lösung gefunden werden: Walter legte 4 mal die Fünf vor, Moritz war am Zug, doch Hans zweifelte außerhalb der Reihenfolge an und deckte seine vier Luschen-Würfel auf. Wie soll diese Situation gehandhabt werden?
1) Soll Hans alle seine Würfel wieder verstecken? – Die Information über seine vier Luschenwürfel ist unzulässig und verfälscht Moritz Reaktions-Alternativen.
2) Soll Hansens Anzweifeln an Moritz statt gelten? – Da könnte so mancher einem anderen den Strick drehen.
3) Sollen wir der Wurf ignorieren und alle nochmals würfeln? – Zweifellos die beste Lösung! Damit das ganze aber nicht zur Methode wird, mußte Hans zur Strafe einen Würfel abgeben.
Ach, was sind wir doch alle kluge Salomons!
Eine weitere Bluff-Premiere fand heute statt: Hans und Moritz waren blitzschnell ausgeschieden und während sie Günther und Walter das Endspiel überließen spielten sie simultan auf dem gleichen Spielbrett mit neuen Würfeln um den dritten und vierten Platz! Wie im richtigen Leben waren sie damit sogar noch schneller fertig als die wahren Finalisten.
Keine neue WPG-Wertung für ein super Spiel.
06.02.2008: Mit dem “Container” ins “Jahr des Drachen”
“Das Leben ist das einzige Spiel, bei dem es vorrangig darum geht, die Regeln zu begreifen. ” (Marc Flint). – Offensichtlich war der gute Marc kein großer Spieler!
1. “Container”
In einem demokratischen Palaver feilschten wir um die richtige Startaufstellung. Jeder hatte eine Idee wie er on-the-flight die Spielregeln verbessern konnte; am Ende setzten sich doch die Autoren Thomas Ewert und Franz-Benno Delonge durch.
Die angebotenen “Container” beziehen sich weder auf Müll noch auf Asylanten, sondern auf Frachten, die per Schiff über die Weltmeere transportiert werden.
Jeder Spieler hat eine Geländekarte vor sich liegen, auf der er Fabrikanlagen und Lagerhallen bauten kann. Sie kosten natürlich Geld, und Geld ist naturgemäß knapp. Man braucht es, um von den Mitspielern die produzierten Waren abzukaufen und in den eigenen Lagerhallen zu stapeln. Weiters braucht man Geld, um Waren auf fremden Lagerhallen aufzukaufen und auf sein Containerschiff zu verladen. Erreicht man mit seinem Schiff den Zielort, wird die Ladung versteigert. Auch dafür braucht man Geld, es sei denn, man überläßt die Ladung dem höchstbietenden Mitspieler, streicht das gebotene Geld ein und bekommt von der Bank nochmals gleichen Betrag von der Bank als Prämie ausbezahlt.
Bilanzieren wir Ausgabe-Möglichkeiten und Einnahme-Möglichkeiten:
Fast alles kostet Geld: die Immobilien in Form von Fabriken und Lagerhallen, und der Redereibetrieb in Form von Warenumschlag. Die Produktion ist kostenlos, der Schiffstransport ebenfalls, doch die Ladung zu löschen kostet schon wieder Geld. Da kriechen alle Spieler ganz schnell finanziell auf dem Zahnfleisch daher. Man kann zwar Kredite aufnehmen, um wieder flüssig zu werden, doch dann muß man dafür pro Runde zehn Prozent Zinsen hinblättern. Die Barmittel zerrinnen nur so unter den Fingern.
Einnahmen verschaffen einem die Mitspieler, wenn sie von einem die produzierte Fabrikware aufkaufen oder wenn sie Lagerware auf ihr Schiff nehmen. Doch dieser Geldverkehr bringt kein neues Geld ins Spiel, er sorgt nur für eine veränderte Verteilung innerhalb der Spieler. Damit kann die notwendige Wertschöpfung zum Kauf von Immobilien nicht erwirtschaftet werden. Nur wenn die Mitspieler eine Ladung ersteigern und die Bank den gleichen Geldbetrag nochmals dazulegt, steigt die Geldumlaufsmenge. Wenn aber Miesnickel unter sich sind und keiner dem anderen eine hohe Löschsumme vergönnt, dann kommt der Geldzuwachs nicht zustande und das Spiel zieht sich äußerst schleppend dahin. Keiner kann sein Geschäft selber in Gang setzen, jeder ist innerhalb des Wirtschaftskreislaufes mehrfach vom guten Investitionswillen der Mitspieler abhängig.
Diese Abhängigkeit von der Kauflust der Mitspieler ist ein ganz großes Problem in “Container”. Es kann auch eine willkürliche Benachteilung einzelner Spieler zur Folge haben. Wessen Waren nicht gefragt sind – das liegt teilweise an ihrer zufällig zugeteilten Siegpunktträchtigkeit – oder wer nicht genügend schöne Augen machen kann, bleibt auf seiner Ware sitzen, kann bei vollen Fabrikhalden nicht mehr produzieren, kann bei vollen Lagerhallen nichts mehr einlagern und darf seine Schiffe frachtlos über die Weltmeere schippern lassen.
Diese Situation kam gar nicht so selten vor, vor allem in der Schlußphase. Die einen wollten bestimmte Waren nicht mehr auf den Markt bringen, weil das ihre Siegpunkt-Erlöse beeinträchtigt hätte, die anderen konnten es nicht, weil sie ihre eigenen Waren nicht transportieren durfen. Es hätte zu einem Deadlock kommen können. Doch dann opferte sich Walter um das grausame Spiel zu beenden: Er erwarb eine weitere Fabrik, produzierte damit die letzte Ware einer Warenart und führte damit das Ende herbei. Seiner Meinung nach funktioniert das Spiel nicht! Es kann doch nicht sein, daß ein Spiel nur dann in Fahrt kommt, wenn die Konkurrenz sich gegenseitig anschiebt. Man stelle sich das ganze mal auf “1830” projeziert vor!
Ihm wurde von Aaron und Günther heftig widersprochen. Aaron hatte hoch gewonnen und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. “Alles, was ich machen wollte, hat geklappt!” Da war einer wohl auf dem falschen Dampfer!
WPG-Wertung: Aaron: 7 (eigentlich 8), Günther: 6, Walter: 5 (eigentlich 4)
Walter wird eine Rezension schreiben. Zieht euch warm an!
2. “Im Jahr des Drachen”
Morgen fängt das chinesische Neujahr an. Das “Jahr der Ratte”. Da dürfen wir uns heute noch mal dem “Jahr des Drachen” zuwenden.
Peters Aussitzerstrategie (“An diesem Spiel kann man nur Spaß haben, wenn man nicht auf Sieg spielt!”) wollte keiner anwenden, jeder werkelte emsig vor sich hin, um die Hungersnöte zu mildern, die Krankheiten abzuwenden, die Mongolen in Schach zu halten und das schönste Feuerwerk zu veranstalten. Es ist ein schöner, höchst vielseitiger Wettlauf um die besten Startpositionen für die meisten Siegpunkte. Jeder hat für jeden Zug eine Menge Freiheitsgrade, viele Wege führen nach Rom, man muß flexibel auf die gebotene Auswahlmöglichkeiten und auf die Züge der Mitspieler reagieren.
Hier war Aaron heute nicht gut drauf und fand an allen Ecken und Enden etwas zum Kritisieren. Bei unserem Siegpunkt-Endstand 102 : 96 : 91 behauptete er, die Zahlen seien alle “gleich”. Er vermißte eine größere Differenzierung für gutes oder schlechtes Spiel. Er vermißte auch eine Abhängigkeit von den Zügen der Mitspieler! (Als dürfe man in “1830” nur dann eine Linie floaten, wenn jeder Spieler mindestens eine Aktie davon erworben hat!) Zum Autor Stefan Feld meinte er “Der schon wieder!” (Wahrscheinlich war das nur eine gewollte Provokation!) Für ihn hätten Zufallseffekte das Spiel spannender gemacht. (Wie wenn man bei “1830” in jeder Runde würfel müßte, ob man seine Lieblingsaktien behalten darf!), ohne Zufallseinflüsse fand er es langweilig. Er wollte uns einfach den Peter machen! Sogar indem er genauso wie Peter das Spiel gewann.
Günther drückte eine vermittelnde Erkenntnis aus: “‘Im Jahr des Drachen’ ist ein Spiel, das der eine mag und der andere nicht!” Wer hätte das gedacht!
Den bisherigen WPG-Durchschnitt von 7 Punkten unterbot Aaron glatt um 2 Punkte! “Bevor ich’s gespielt hatte, hätte ich ihm 4 Punkte gegeben!” Schönen Gruß an Peter!
Walter wird eine Rezension schreiben. Es wird Frühling.
30.01.2008: In der “Ursuppe” von “Hamburgum”
Er ist schon längst restlos ausverkauft, der 52. Wiener Opernball am 31. Januar 2008. Deutschlands Fußballkaiser Franz Beckenbauer wird zur Live-Übertragung genauso erwartet wie Griechenlands Fußballkönig Rehakles und Englands Fußballpremier David Beckham. Österreich richtet in diesem Jahr die Fußball-Europameisterschaft aus. Fußball verbindet Kulturen, Fußball vermittelt die Botschaft einer Leidenschaft. Deshalb bringt Wien den Fußball zur Oper auf den Ball.
“Unser” WM-Spezialist Moritz ist auch dabei. Er gab bereits zur Eröffnungsfeier für die Fußball-WM 2006 in der Münchner Allianz Arena den Ton an. Eigens für den Wiener Opernball komponierte er jetzt als Auftragswerk “Am Ball – Ein Fußballett” für Tänzer und Orchester. Das Ballett für 22 Tänzer besteht aus 30 kurzen Szenen. Es treten auf: der Trainer des Heimteams, der junge Spieler auf der Ersatzbank, der Ball, zwei Torwarte, der Schiedsrichter und zwei Linienrichter. Die anderen Tänzer wechseln jeweils die Rollen, es sind Spieler, Sanitäter oder Fans.
Das Ballett soll ein volles Fußballspiel über zwei Halbzeiten, mit allen Höhen und Tiefen darstellen. Eine Liebesgeschichte ist auch eingebaut: zwischen dem jungen Spieler und dem Ball. Kriegt er ihn? Das wird nicht verraten! Heute (Donnerstag) Abend ab 21.45 Uhr kann man es life im ORF und im Bayerischen Dritten miterleben.
Hallo Moritz, schade, daß Du wegen diesem Ball heute nicht am Westpark dabei sein konntest. Selbst wenn Du gemeinsam mit Peter frühzeitig zur U-Bahn abgerauscht wärest, wäre die Anreise nach Wien immer noch ziemlich stressig geworden. Wir wünschen Dir und Deinem Werk ein erfolgreiches Ankommen und Dir und Andrea eine rauschende Ballnacht!
1. “Hamburgum”
Ein Spiel von “Eggertspiele” (kein Verwandter von unserem Moritz), wogegen Peter aus Prinzip Vorbehalte hat. Günther mußte seine eigene positive Einschätzung in die Waagschale werfen, um das Spiel auf den Tisch bringen zu dürfen.
Die Spieler wirtschaften im frühneuzeitlichen Hamburg; sie produzieren Bier, Zucker und Tuch, verkaufen diese Waren gegen Geld, mit dem Geld kaufen sie Holz und Ziegel, und unterstützen damit den Kirchenbau. Wenn die letzte Kirche fertiggestellt ist, endet das Spiel und der Spieler mit den meisten Prestigepunkten, die man im wesentlichen durch die Spenden zum Kirchenbau erhält, ist Sieger.
Hier konstatierte Peter das erste “typisch” Eggert-Syndrom: “Die Leute bauen drei mal fünf Entwicklungsstufen in den Spielablauf und glauben, das wäre Spieldesign”. Etwas zu kurz geschossen, denn mehrere Stufen im Spieldesign findet man auch bei den besten Strategie-Spielen der Welt. Und “Hamburgum” ist zweifellos ein reinrassiges Strategiespiel: Es gibt keinen Würfel, es gibt kein Zufallselement, reines Kalkül bestimmt die Spielzüge.
Die Spieler wählen ihre Züge frei auf einer runden Drehscheibe mit den zulässigen Zügen aus: auf den Waren-Feldern wird produziert, im Kontor wird gekauft und verkauft, in der “Werft” werden Schiffe gebaut (ohne Schiffe kein Warentransport), im “Rathaus” wird Wohnrecht für Bürger erworben und in der “Kirche” werden die Spenden abgeliefert. Bei der Auswahl seiner Züge darf man kostenlos ein bis drei Felder auf der Drehscheibe mit den Auswahlfeldern vorwärts ziehen. Wenn man zu einer besonders begehrten Aktion mehr Felder gehen will, kostet das Prestigepunkte. Eine gute Zugeinteilung besteht also darin, im gesamten Spielverlauf die Zugfelder so zu wählen, daß man rechtzeitig produziert, verkauft, Spendenmaterial erwirbt und es ohne Zugverlust bei der Kirche abliefert. Überall ist Optimierung angesagt, und wer einen prestige-trächtigen Zug eingefädelt hat, muß auf der Drehscheibe auch mal ein paar Prestigepunkte opfern, um in Fahrt zu bleiben.
Eine Schwäche des Spiels ist vielleicht die zu große Symmetrie innerhalb der Aktionen. Alle Spieler dürfen praktisch alles: die besetzten Felder auf der Drehscheibe sind für die Mitspieler nicht blockiert, jeder darf unbeschränkt Bier brauen oder Zucker sieden, jeder kann genügend Baumaterial erwerben und immer steht eine geeignete Kirche zur Spendenannahme bereit. So bangt man nicht mit den Zügen der Mitspieler, weil sie ggf. eine aggressive Herausforderung beinhalten könnten, sondern man wartet nur darauf, daß sie endlich damit fertig sind und man selber wieder an der Reihe ist.
Psychologisch ungeschickt ist es vielleicht auch, daß die Erträge für die verkaufen Waren im Laufe des Spiels immer geringer werden. Das mag zwar die Realität der Weltwirtschaft widerspiegeln, doch es geht auf Kosten der Spielspannung. Wenn ich für mein Bier immer geringere Erlöse erziele, verliere ich das Interesse an diesem Produktionszweig und es interessiert mich auch immer weniger, was meine Mitspieler diesbezüglich unternehmen.
Leider ist der spannungsfreie Spielablauf in “Hamburgum” auch noch gekoppelt mit einem humorfreien Klima. Wir katholischen Bayern werfen den protestantischen Nordlichtern ja oft eine sauertöpfische Grundhaltung vor. Synchron zum rheinischen Karneval möchte ich hier aus Luthers Thesen zitieren: “Mit seinem Tut Buße’ usw. hat unser Herr und Meister gewollt, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sei”! Auch an Weiberfastnacht und am Rosenmontag. In “Hamburgum” gibt es keine Sünden, kein Mord und keinen Totschlag, keinen Diebstahl, keinen Betrug und kein Begehren unseres Nächsten Weib. Alles brav und bieder. Und hanseatisch.
Günther’s Empfehlung hat seiner Seriosität keinen Abbruch getan. “Hamburgum” ist durchaus ein gutes, ein fehlerloses Spiel. Für Hanseaten.
WPG-Wertung: Günther: 7; Loredana: 6, Peter: 6 (Eggert), Walter: 6
Das hier ist ja schon fast eine Rezension.
2. “Ursuppe”
Seit drei-ein-halb Jahren stand “Ursuppe” bei uns nicht mehr auf dem Speiseplan. Heute waren wir zu viert und Loredana kannte das Spiel noch nicht. Was lag da näher, als es uns heute mal wieder vorzusetzen!
Peter gestand Walter seit Jahren mal wieder zu, (Loredana) die Spielregeln erklären zu dürfen, doch kaum hatte Walter begonnen, seinen Überblick über Spielverlauf und Spielziele mit ein paar Taktik-Tips anzureichern, wurde ihm auch schon das Wort entzogen und Peter setzte sich stattdessen in Positur. Das kann er!
Im Gegensatz zu “Hamburgum” sprühen in “Ursuppe” nur so die Gegensätze. Der eine versucht durch zahlreiche aber billige Fortpflanzung seinem Genom das Überleben im Daseinskampf zu ermöglichen, der andere durch schnelle Flucht in lebensfreundlichere Zonen, der dritte durch Genügsamkeit und Gürtel-enger-Schnallen und der vierte durch Aggressivitität und Schmarotzertum an den Mitamöben. Letzteres ist traditionsgemäß Günthers Spezialität.
Zur Beschleunigung der Verdauungsvorgänge durfte Peter alle Mitspieler kotieren. Es reichte trotzdem nicht, vor der Mitternachts-U-Bahn das Spiel normgerecht zu beenden. Wir brachen ab, aber nicht weil der Ablauf nicht gefallen hatte, sondern weil Loredana die gewünschte Kostprobe erhalten hatte und der Sieger schon mehr oder weniger feststand: Ein Sporentierchen mit Intelligenz!
Peter bekräftigte seine Spiele-Erfahrung: “Nur gute Verlage bringen gute Spiele heraus. Nicht der Autor macht’s!” Die harten Schleifsteine der Handwerksmeister sind es, die aus den genialen Diamanten der Erfinder erst die wertvollen Juwelen machen.
Zum bisherigen WPG-Durchschnitt von 7.8 Punkten vergab Loredana auch noch mal 8 Punkte.
Walter hat schon eine Rezension geschrieben.
23.01.2008: Fünferpack im Trio
Unsere Internetseite wurde letzte Woche bei den “Board Game Internet Awards 2007” in der Kategorie “Beste Clubseite” auf den zweiten Platz gewählt, dicht hinter “Tricky Light” (http://www.boardgamenews.com/index.php/boardgamenews/comments/winners_of_the_2007_board_game_internet_awards/). Mit diesen Titeln werden von “Boardgamenews” die besten englischsprachigen Internetseiten für Brettspieler ausgezeichnet.
Wie bei dieser Auszeichnung die Plätze vergeben werden, wissen wir nicht. Gefragt wurden wir auch nicht. (Einen Preis hat es auch nicht gegeben.) Wir können wir nur ahnen, daß Günthers PC-Implementierungen von “St. Petersburg” und “Yspahan” die PC-Freaks erfreut haben, daß Moritz regelmäßige Podcasts mit Expressionen zu seinen Impressionen die Fachwelt beeindruckt haben, und daß Aaron mit der sehr informativ ausgerichteten Gestaltung unserer Seite die Trüffelsucher unter den Erbsenzählern befriedigt hat. (Wo kann man noch auf einen einzigen Knopfdruck so viele Spiele-Statistiken bekommen wir bei uns?)
Offensichtlich hat unsere halbe Kraft gereicht, uns auf den zweiten Platz zu hieven. Wenn die Juroren erst noch unsere im unverständlichen Deutsch geschriebenen Kritiken und Session-Reports hätten lesen können
1. “Die Fugger”
Die Spieler legen reihum jeweils eine Karte in den Farben rot, gelb, grün, blau oder ultra offen vor sich aus. Wenn von einer Farbe bei allen Spielern zusammen insgesamt fünf Karten ausliegen, kommt es zu einer Rundenwertung. Jeder bekommt für seine ausliegenden Karten Siegpunkte. Die Siegpunkte für eine Farbe steigen mit der Anzahl ausliegender Karten. Und – der Clou des ganzen – wenn eine Farbe den Höchstwert von 9 Punkten überschreitet, fällt sie sofort auf den Niedrigstwert 1 zurück.
Ist hier jeder Spieler seines Glückes Schmied? Wohl kaum! Man kann nicht beeinflussen, mit welcher Farbe die “Gegner” eine Rundenwertung auslösen, und ob die eigene Kartenauslage mit einem oder mit neun Punkten honoriert wird. Auch die Wertung von Zusatzeigenschaften unterliegen dem Mitwirken der mißgünstigen Konkurrenz. Eigentlich herrscht Chaos pur. An diesem Faktum bezweifelte Peter nur das “pur”! Recht hat er.
Doch reicht ein schnelles, lockeres Abspiel allein zu guten Noten? Wir waren gnädig. Für mich persönlich kann ich mit Sicherheit konstatieren, daß der Spielreiz nach wenigen Spielen zu Ende sein wird. Aaron versuchte Autor, Produzent und Spielergemeinde zu vertrösten: “Vielleicht wird’s der neue Absacker!”
WPG-Wertung:Aaron: 6, Peter: 7, Walter: 6
2. “Dschungel”
Peter stopselte die Spielregeln daher, schlimmer als Walter selbst in seinen schlechtesten Tagen, als er noch selber erklären durfte.
Die Karten mit Wegen und Sackgassen durch einen Dschungel (daher der Name) werden angeblich dschungelartig auf dem Tisch ausgebreitet, doch das entstehende Muster entspricht eher einer symmetrischen Strickvorlage: Eins-rechts-eins-links-eine-Fallenlassen. Die Karten enthalten auf Vorder- und Rückseite ähnliche Dschungel-Muster; es ist ziemlich schwer zu erkennen, auf welcher Seite sie überhaupt liegen. Aaron wurde dabei an “Emmerlaüs” erinnert. “Da hast Du ebenfalls Augenschmerzen gekriegt.”
Jeder Spieler bekommt einen Eckpunkt als Ausgangspunkt zugewiesen und muß sich einen Trampelpfad zu beiden gegenüberliegenden Seiten suchen oder durch Umstrukturierung der Karten bauen. Dabei darf man die ausliegenden Wegkarten inspizieren, vertauschen oder verlegen. Walter kamen diese Spielzüge ein bißchen wie beim Ravensburger “Labyrinth” vor, Aaron entdeckte Parallelen zu “Memory”.
Beim Spielen stellte sich immer deutlicher heraus, das Aaron mit seiner Einschätzung gar nicht so schlecht lag. Memory für ältere Herren? Das widerspricht den biologischen Gegebenheiten. Selbst unser Youngster Peter war nicht dagegen, daß wir diese Herausforderung an unser Kurzzeitgedächtnis abbrachen.
WPG-Wertung:Aaron: 4, Peter: 4, Walter: 3
3. “Tyros”
Ein schönes Martin Wallace Spiel, daß bei uns schon mit durchschnittlich 7,6 Punkten auf der Internetseite steht. Peter versprach für unseren flotten Dreier noch zusätzlichen Spaß. Aaron und Walter erinnerten sich, daß die zufällige Verteilung der Landkarten-Plättchen eine Schwäche des Spiels war.
Fazit: Das Spiel gefiel uns immer noch sehr gut; wir verbesserten sogar noch unsere vergebenen Noten, doch die Schwäche mit der Ungerechtigkeit der Plättchen ist unbestritten. Peter argumentierte zwar, daß man nicht nur dort operieren sollte, wo man dominiert, sondern dort, wo voraussichtlich die Musik spielen werde. Diese rechts-lokale Ausrichtung wird dann aber durch andere Zufälligkeiten unterminiert.
Warum liegen die Landkarten-Plättchen nicht offen aus und jeder darf frei daraus wählen, welche er für seine Expansionsbestrebungen am dringendsten braucht. Dann würde so mancher noch einen Punkt zulegen können.
WPG-Wertung:Aaron: 8 (wie bisher), Peter: 9 (was denn sonst), Walter: 8 (früher 7)
Walter hat schon eine Rezension geschrieben.
4. “Jamaica”
Gespräche über Fluglinien, HONs, SENs, Meilen, Lufthansa und Emirates, Teheran und die Kopftücher, Katar und das Beten an Bord hatten eine Menge Minuten verstreichen lassen, als Aaron noch ein “Jamaica” auf den Tisch legte. Er wollte noch mal verifizieren, ob seine allerneueste Rezension auch keine Fehldiagnosen enthielt.
Peter fürchtete schon, sein U-Bahn-Abtritt wäre gefährdet, doch Aaron konnte ihn beruhigen: “Hier braucht man nix zu erklären, da geht es einfach los!” Und so war es dann auch.
Die Spieler würfeln, segeln, scheffeln, kämpfen und lavieren einmal rund um die Insel herum: Wer als erster am Ziel ist und unterwegs dabei die besten Prämienkarten aufgesammelt hat, ist Sieger. Zufall und Würfelglück bestimmen das kurzweilige Spiel. Aaron verwahrte sich gegen die Einschätzung als fortgeschrittenes “Mensch-ärgere-Dich-nicht”. Mit Recht natürlich: die optimale Auswahl Eins-aus-Drei der richtigen Aktionskarte trägt zweifellos entscheidend zum Sieg bei. Und die nachgezogene Aktionskarte ist zweifellos auch anders als die im letzten Zug genutzte Karte.
Walter erreichte als erster das Ziel; Peter als Neuling, hatte seine Aktionskarten nicht für eine konsequente Vorwärtsbewegung genutzt, sondern seine Zeit lieber mit Schätzen vertändelt und lag abgeschlagen zurück. Aaron konnte sich ein letztes Würfelkämpfchen gegen Walter erwürfeln; er gewann und durfte ihm etwas wegnehmen: Entweder eine nutzlose Schiffsladung oder eine Prämienkarte. Die Alternative bedeutete hier: Die Schiffsladung war eine solide Besitzstandswahrung und hätte ihm den zweiten Platz gesichert; eine Prämienkarte kann Plus- oder Minuspunkte enthalten: bei vielen Pluspunkten konnte Aaron noch Erster werden, bei vielen Minuspunkten hätte er noch Letzter werden können. Wie hättet Ihr Euch entschieden?
Aaron wählte mit der Schiffsladung den sicheren zweiten Platz, doch mit viel Überredungskunst konnte ihm Peter noch seine eigenen Maximen auf Auge drücken:
[glowred]Nur der Sieg zählt.[/glowred]
Aaron riskierte sein Leben und – wurde Sieger.
Walter haderte mit den Würfeln, den Prämienkarten und Peters unübertroffener Rednergabe. Hat das nicht doch etwas von “Mensch-ärgere-Dich-nicht!” an sich? “Jamaica” ist sicherlich nichts für leidenschaftliche Strategen. Die Apostrophierung als “Kinderspiel” war Aaron allerdings etwas zu wenig; er argumentierte mit “Familienspiel”. Das Spiel besitzt eine hübsche Ausstattung und ansprechendes Spielmaterial. “Es funktioniert doch!”. Peter blieb skeptisch: “Das meint ihr doch alles nicht ernst!” Wer weiß?
WPG-Wertung:Aaron: 6 (“Es funktioniert doch!”), Peter: 4 (Es funktioniert gerade noch), Walter: 5 (für wen funktioniert es eigentlich?)
Aaron wird unverzüglich seine Rezension veröffentlichen.
5. “Bluff”
Peter wollte in die Analen eingehen lassen, daß von den letzten 11 Würfeln 9 Sterne waren. Er selbst hatte 3 Sterne bei 3 Würfeln, Walter hatte ebenfalls 3 Sterne bei 3 Würfeln und Aaron hatte 3 Sterne bei 5 Würfeln. Wenn ich um diese Uhrzeit noch richtig rechnen kann, dann betägt die Wahrscheinlichkeit für diese Kombination weniger als ein tausendstel Promille. In jedem Fall kommt so etwas nicht alle Tage vor.
Peter konnte rechtzeitig zur U-Bahn abdampfen. Im Endspiel mit 4 Würfeln gegen Walters letzten Würfel legte Aaron 1 mal die Eins vor. Walter hatte eine schmächtige 2 unter dem Becher. Was hättet Ihr damit angefangen?
Walter wollte (und mußte) den Stier bei den Hörnen packen und hob auf 2 mal den Stern. Doch das war bereits um zwei Sterne zu hoch. Aaron hatte “nur” 2 Einsen und 2 Fünfen unter seinem Becher.
Man kann gegen Walters 2 Sterne eine Menge einwenden, doch eine echte Change gegen Aarons 4 Würfel-Majorität zusammen mit dem Fünferpasch wird er wohl doch nicht gehabt haben.
16.01.2008: Im “Age of Empire” über “Trans Europa”
Als Hauptmenue standen drei Wiederholungen zur Auswahl: “Im Jahr des Drachen”, “Agricola” und “Age of Empire”; alle drei sind aufwändige Aufbauspiele, zu allen gab es heute Teilnehmer, denen das Spiel noch unbekannt war; kein Spiel wurde abgelehnt (! – durchaus bemerkenswert), alle drei hätten auf dem Tisch landen können! In einem konstruktiven Wettbewerb setzte sich schließlich Moritz’ Vorschlag durch; Hans und Walter waren froh, ein neues Spiel kennenlernen zu können.
1. “Age of Empire”
Pro Runde darf jeder Spieler 5 Kolonisten-Pöppel auf Aktionsfelder setzen, mit denen er seine Entdeckung / Eroberung der Neuen Welt vorantreiben will. Man legt sich Missionare oder Händler zu, natürlich auch Soldaten, denn die Natives geben ja nicht freiwillig ihr Land her; man erwirbt Sondereigenschaften, die Geld und Zusatzpöppel einbringen; man geht auf Entdeckungsfahrten, um die Natives endlich abmurksen zu können; man läßt seine Siedler in die erfolgreich abgemurksten Kolonien nachkommen und man kämpft um Startreihenfolge, Mehrheiten und Prioriäten.
Die einzelnen Berufsgruppen haben unterschiedliche Wirkung je nach den Feldern, auf denen man sie einsetzt. Gelangt ein Missionar in eine Kolonie, erzeugt er sofort einen weiteren Kolonisten. Aaron erklärte diesen Effekt mit: “Er fällt sofort über eine Einheimische her”. Moritz verdeutlichte “
und knattert sie!” Hans ergänzte in süffisanter Missionars-(Ein)Stellung: “
und konvertiert sie”!
Die Verteidigungsstärke der Natives in den Kolonien ist zufällig verteilt, ebenso die Belohnung die man für ihre vollständige Vernichtung erhält. Wer Glück hat, kassiert für den gleichen Manpower-Einsatz 7 Siegpunkte und 20 Dollar, wer Pech hat, bekommt nur 2 Siegpunkte und 4 Dollar. Aaron hatte schon im Vorfeld diesen recht hohen Zufallseinfluß in einem ansonsten streng planbaren Entwicklungsspiel kritisiert. Die Neulinge wollten in dieser unberechenbaren Komponente auch spielerische Vorteile sehen.
Hinterher entdeckte ausgerechnet der Kritiker Aaron die lukrativsten Kolonien und schwelgte nur so in Dollars; Günther hingegen entdeckte eine Lusche nach der anderen und kommentierte diese Pechsträhne nur trocken: “Soviel zu den 5 Punkte für das Spiel”!
Moritz lies die ganze Diskussion kalt; er überlies die Zufallseffekte bei den Neuentdeckungen seinen Mitspielern und wählte seine Züge so, daß er peut a peut sichere Mehrheiten in den bereits entdeckten Kolonien erwarb. Dazu provozierte er auch schnell ein paar ordentliche Schießereien, mit denen er den Kolonisten seiner Mitspieler das Licht auspustete. In taktischen Kriegsspielen ist er einfach der unangefochtene Meister.
Das Spiel bietet jede Menge Stoff zum Überlegen, und jeder kann auch denken, wenn er nicht dran ist. Doch diese Möglichkeit wurde nur selten genutzt. So zogen sich die acht Spielrunden über gute drei Stunden hin. In der Schlußphase gab es noch mal lange Palaver über die besten und gleichzeitig die fiesesten Züge, die eine jeder noch tun kann. Schließlich können gezielte Aggression gegen einzelne Spieler in vielen Kolonien noch die siegpunkt-trächtigen Mehrheiten kippen. Aaron drohte: “Moritz, soll ich dich jetzt richtig ärgern!” “Warum?” “Weil Du so doof gespielt hast!” Doch Aarons Mittel reichten nicht mehr aus, Moritz von der Siegerposition zu verdrängen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“für so starke Glückselemente dauert es zu lange”, Günther: 5 (denkt nur an die vielen Luschen), Hans: 8 (obwohl er Letzter wurde), Moritz: 9 (sicher nicht nur, weil er Erster wurde), Walter: 7 (es wären 8 Punkte geworden, wenn er wenigstens eine einzige üppige Kolonie entdeckt hätte!)
Schlußkommentare:
Moritz: “Das beste Eagle-Spiel, das kein Eagle-Spiel ist”
Aaron: Ein Strategiespiel “gemacht für Leute, die wenig Strategiespiele spielen.”
Als Lösung gegen den unerfreulichen Zufallseinfluß fanden wir die Idee, nach einem Sieg gegen die Natives die überzähligen Kolonisten nicht vom Brett nehmen zu müssen, sondern in der Kolonie zu belassen. Dann gäbe es zwar immer noch erhebliche Schwankungen in den Werten der Kolonieren, doch ein Großteil der Ungerechtigkeit wäre eliminiert. Dann würde beim “Age of Empire” allein die optimale Kolonial-Strategie den Ausschlag geben.
2. “Trans Europa”
Es ging knapp auf Mitternacht zu. Moritz schaute auf die Uhr. “Sind wir in einer halben Stunde fertig?” Aaron fragte zurück: “Machst Du uns jetzt den Peter?” Nur Peter muß immer zur U-Bahn, Moritz läßt sich den Heimweg notfalls auch mal ein Taxi kosten!
Zum normalen Spielablauf siehe den Session-Report von letzter Woche. Günther legte gleich die Expansion auf den Tisch: Jeder Spieler hat 3 private Gleisstücke, die nur ihm gehören, damit kann man sein Streckennetz von den Mitspielern abschotten. Walter sprach sich gegen dieses aggressive Zusatzelement aus; er wollte sich die konstruktive Stimmung beim Bau des gemeinsamen Verkehrsnetzes nicht nehmen lassen. Doch er wurde vom Warrior Moritz und vom Global Player Aaron sofort überstimmt.
Das war auch gut so. Mit Kindern unter 10 Jahren ist die Nur-Konstruktivität vielleicht vorzuziehen, bei multiplen Teenagern, die wir alle waren, ist der spielerische Schuß Miesnickeligkeit durchaus ein förderliches Element.
Zum bisherigen WPG-Schnitt von 7,5 Punkten legten unseer Neulinge Aaron, Hans und Moritz noch je 8 Punkte hinzu. Auch dieses Spiel könnte bei uns noch mal Spiel des Monats werden können.
09.01.2008: “Im Jahr des Drachen” durch “Trans Europa”
Wie heißt denn unser aktuelles Kalenderjahr nach dem chinesischen Kalender? Das Jahr des Drachen? Dann ist es kein Wunder, daß Mingde, unser chinesisches Urgestein aus der Gründungszeit der Westpark-Games, in diesem Jahr Vater wird. Denn nach Peters gewöhnlich gut unterrichteten Informationsquellen gehört zum guten Ton in China, im Jahr des Drachen einen Sohn zu zeugen. Hi Mingde, wir wünschen Dir viel Erfolg!
Oder haben wir jetzt das Jahr der Ratte? Wikipedia legt es nahe! Dann war wohl Moritz’ Milo Mingdes Motivation in diesem Jahr das hohe C anzusteuern!
Im übrigen wird der chinesische Kalender heute fast ausschließlich nur noch zur Berechnung von Festen benutzt; offiziell verwenden die Volksrepublik China wie auch die meisten anderen asiatischen Länder den gregorianischen Kalender.
Zur “Gregorianik” gibt es dieses Jahr auch in Deutschland eine Besonderheit. Wann ist bei uns eigentlich Muttertag? Wie jeder gewissenhafte Vater weiß, ist er am zweiten Sonntag im Mai. Aber wenn dieser Sonntag auf Pfingsten fällt, was dann?
Der Gesetzgeber hat dafür nichts vorgegeben. Deshalb haben sich Floristen ins Zeug gelegt und für diesen Fall eine Vorverlegung auf den ersten Sonntag im Mai gefordert. Schließlich stehen 130 Millionen Euro Blumenumsatz auf dem Spiel. Und viele eifrige Kalendermacher haben darauf Rücksicht genommen.
Aber nicht alle. Als Konsequenz dieser Inkonsequenz gibt es für das Jahr 2008 einige Kalender, in denen der Muttertag an Pfingstsonntag, dem 11. Mai eingetragen ist, und und andere, in denen er schon am 4. Mai gefeiert wird. Schaun wir mal, wie es Milo halten wird. Und wie der kleine Mao Ming De! Falls er denn rechtzeitig zur Welt kommen sollte!
1. “Im Jahr des Drachen”
Dieses Spiel wird wohl unser (über-)nächstes “Spiel des Monats”, denn es ist dem jetzigen (kommenden) Sieger nur im Tie-Break unterlegen gewesen.
In einem Wettkampf um die beste Entwicklung gegen Konkurrenz und knappe Ressourcen müssen die Spieler Geld, Reis, Feuerwerk, Mörser, Helme und Prämien scheffeln, sich gegen die regelmäßig auftretenden Kalamitäten wie Krankheiten, Kriege und Hungersnöte wehren und dazu in der richtigen Reihenfolge die fähigsten Mitarbeiter wie Bauern, Architekten, Geldeintreiber, Gelehrte und Bücherwürmer anwerben, um dabei möglichst wenig Federn zu lassen und die meisten Siegpunkte einzuheimsen.
Denken ist erlaubt und sogar notwendig. Man muß Schwerpunkte setzen, denn die progress steigenden Gewinne machen die konstanten oder höchstenfalls linear steigenden Verluste aus Mangelerscheinungen mehr als wett. Doch bei aller Logik verliert das Spiel nie seine spielerische Linie.
Peter hatte sein Spiel total auf Siegpunkte angelegt, ohne jeden Geldeintreiber. Seinen Geldmangel beseitigte er durch regelmäßiges Aussetzen, ansonsten saß er das Spiel aus und ließ dafür seinen Pöppel auf der Kramerleiste Runde für Runde die meisten Felder vorrücken. Das reichte zum Endsieg. Anschließend diktierte er mir für dieses Sessiontagebuch folgenden Satz in die Feder: “Nach einem souveränen Kantersieg lehnte sich Peter gähnend zurück und meinte:’An diesem Spiel kann man nur Spaß haben, wenn man nicht auf Sieg spielt!'” Entsprechend (relativ) mager war seine Wertungsnote.
Die anderen Mitspieler hatten das Spiel von vorneherein auf Aktionismus angelegt und schalteten und walteten an allen verfügbaren Hebeln der Macht. Das machte natürlich Spaß, und sie ließen das Spiel knapp unter “sehr-gut” ansiedeln.
Wenn Peter mit seiner “öden” Strategie recht hat und das langweilige Siegpunkt-Aussitzen wirklich die beste Strategie sein sollte, dann müssen wir unsere Notengebung nochmal überprüfen. Doch das Spiel scheint so gut ausbalanciert zu sein, daß man wohl mit einer ganzen Reihe verschiedener sowohl Extrem-Vorgehensweisen als auch Mischstrategien ebenfalls ganz vorne landen kann. Man muß nur konsequent genug agieren, dann kann jeder das “Jahr des Drachen” so angehen, wie es seinem Naturell entspricht.
WPG-Wertung: Günther: 8(nach 7), Loredana: 7, Peter: 6, Walter: 7 (fast 8)
Das Spiel ist eine Rezension wert.
2. “Trans Europa”
Ein konstruktives Aufbauspiel um Eisenbahnlinien in Europa. Jeder legt abwechselnd ein bis zwei Gleisstücke im Schienennetz zwischen Moskau und Lissabon. Die gebauten Linienabschnitte blockieren sich nicht gegenseitig, sondern sie sind gemeinsames Eigentum und jeder darf sie in seine Verkehrsplanung einbeziehen. Wenn der erste Spieler seine fünf vorgegebenen Städte verbunden hat, ist eine Runde beendet. Alle Mitspieler bekommen soviele Strafpunkte, wie Bauabschnitte zu ihren Zielbahnhöfen noch fehlen, und schon beginnt die nächste Runde. Wer am Ende die wenigsten Strafpunkte hat, ist Sieger.
Das ist ein feiner, schneller Wettkampf um den Streckenbau. Und absolut konstruktiv ist die Stimmung. Man kann den Konkurrenten ja nicht schaden sondern nur nutzen. Das ganze Bestreben geht allein darum, den anderen möglichst so wenig wie möglich zu nutzen. Da gibt es natürlich keine Tränen, sondern eitel Freude und Wonne.
Ein hübscher Spaß für alle großen und kleinen Amateure, und ein gelungener Absacker für alle Profis. Wir hätten spontan einen weiteren Rundenzyklus angesetzt, wenn als Alternative nicht unser Über-Absacker gewartet hätte.
WPG-Wertung: Günther: 7, Loredana: 8, Peter: 6, Walter: 8
Das Spiel ist eine Anschaffung wert.
3. “Bluff”
Keine besonderen Vorkommnisse. Günther verlor mit antizyklischen Erhöhungen hinter einem ehrlichen Walter und vor einer mißtrauischen Loredana Haus und Hof. Entweder lag er mit seinen eigenen individualistischen Vorgaben entschieden zu hoch oder die Würfel der Restgemeinschaft übertrafen seine ungläubigen Außenseitervorstellungen noch um Längen. Sein höchster Verlust waren fünf Würfel auf einen Streich, weil er zu früh (!!) angezweifelt hatte. Dabei besaß er selber aber nur noch einen einzigen Würfel. Beim nächsten Mal muß er mit Minus-Vier anfangen!
02.01.2008: Friedrichs
Im Zentrum des heutigen Spielabends stand “Friedrich”. Ein phantastisches Spiel, bei dem man über jeden einzelnen Verlauf ganze Romane schreiben könnte. Darauf will ich diesmal verzichten und stattdessen etwas ganz anderes tun. Schauen wir uns mal bei Google um, was es alles zu “Friedrich” zu sagen hat.
55.200.000 Worte-Einträge gibt es dazu und 1.220.000 Bilder. Mein Gott, wer hatte nicht alles diesen Vornamen, nicht nur der König von Preussen! Einige Kostprobe davon will ich hier zum Besten geben und wer Lust hat, kann damit ein heiteres Personenraten zum Neuen Jahr beginnen: Welcher Friedrich verbirgt sich hinter welcher Beschreibung? (Auf Anfrage versende ich die Lösungen.)
1. Friedrich: Heute ist eine Universität nach ihm benannt, in der es ihn jahrelang gehungert hat. Wortwörtlich hätte sie ihn “im Arsche lecken können”, wenn er wo anders seinen Lebensunterhalt hätte verdienen können.
2. Friedrich: Meist als erster Wagnerianer apostrophiert. Besuchte das Musiker Ehepaar woimmer es sich herumtriebschen mußte.
3. Friedrich: Deutscher Lyriker; wollte sich einen Begriff vom Objekt “Frau” machen, geriet dabei aber an die falsche Frau, bzw. an den richtigen Ehemann, der ihn zum Teufel jagte.
4. Friedrich: Großer Geist, der meistens mit dem Attribut “der alte” genannt wird. Stammt wie der älteste Geist der Westpark-Gamers immerhin aus Aschaffenburg.
5. Friedrich: Hat noch einen “Carl” vor seinem Friedrich und wird wegen seiner Summenformel eher mit dem Nachnamen genannt.
6. Friedrich: Donnerwetter! Nicht mehr lange blitzt er in München und Freising herum!
7. Friedrich: Fast gleichrangig mit dem Donnerer, von der Farbe aber eher lila als schwarz. Wir müssen ihn hier schon allein aus Proporzgründen anführen.
8. Friedrich: Landesherr eines Revoluzzers. Wenn er nicht gewesen wäre, dann gäbe es vielleicht heute noch in Westeuropa ausschließlich Parteigenossen unseres Benediktiners.
9. Friedrich: Stand 35 Jahre lang ganz oben und war ein Höhepunkt seiner Zeit, bis er leider ertrunken ist. Seit dem schaut er immer nach, ob die Raben noch fliegen. Besitzt auch eine eigenen Therme und dazu jede Menge Wasser.
10. Friedrich: Das “Erstaunen der Welt” genannt, war er hochgebildet und beherrschte mehrere Sprachen, unter anderem Italienisch, Französisch, Latein, Griechisch, Mittelhochdeutsch und Arabisch.
11. Friedrich: Hat den Schiller dransaliert. Und wenn er es nicht selber war, dann war es sein Vater! Doch dieses Faktum wird in seiner Biografie natürlich verschwiegen.
12. Friedrich: Eine Kaiserin! Kein Druckfehler, wirklich ein weibliches “in” am Ende. Auch sonst alles weiblich an ihr.
13. Friedrich: War entgegen allem Anschein kein König, sondern ein Buchdrucker und Erfinder der Schnellpresse.
14. Friedrich: Auch nur ein Bürgerlicher, aber immerhin ein Politiker, der knapp 6 Jahre lang so etwas wie die Nachfolge unseres vertriebenen Kaisers ausüben durfte.
15. Friedrich: Hat eine Stiftung gestiftet. Oder stiften lassen. Diese wiederum enthält eine virtuelle Akademie. Ich weiß nicht, ob da nur virtuelle Studenten studieren dürfen.
16. Friedrich: Beileibe kein Engel, ging aber als einer der Marx-Brothers in den roten Himmel ein.
17. Friedrich: Professor für Staatswissenschaften, Erfinder der Schutzzölle, was immer man darunter verstehen mag. Wird meist verwechselt mit einem Musiker, der aber noch ein unhörbares “Z” in seinem ansonsten gleichlautenden Nachnamen hat. Letzterer hieß mit Vornamen eigentlich Franz.
18. Friedrich: Bekannt durch einen Kreidefelsen, den heutzutage jeder Deutscher freizügig besuchen kann.
19. Friedrich: Heine nannte ihn “den großen Bettler”, und mutmaßte, er hieße jetzt Grobianus.
20. Friedrich: Wer kennt ihn noch, den Langen aus einer großen Elf? Vor kurzem noch von allen zugejubelt, jetzt schon fast allen entschwunden. Dabei blieb er fast ausschließlich hinten.
21. Friedrich: Der von ihm geprägte Begriff “Kindergarten” wurde unübersetzt in 22 Sprachen übernommen.
22. Friedrich: Er unterhält einen Podcast mit Erzählungen über das Leben und Wirken als Musiker bei den Berliner Philharmonikern; damit ist er fast schon so bedeutend wie unser Moritz.
23. Friedrich: Immerhin der Name einer Univerität. Doch der Namensgeber war kein einzelner Großer, sondern eher zwei kleine. Ihr könnt sie Euch ja bei Google heraussuchen.
24. Friedrich: Endlich der Namensgeber des Spiels vom heutigen Abend. Hat von der Geschichte noch andere Namen bekommen. Welche?
1. “Friedrich”
Für Peter und Loredana war dieses geniale Kriegsspiel aus dem Jahre 2004 noch Neuland, Hans und Walter waren alte Hasen. Da stellte sich gleich die Frage nach der Startaufstellung: Wer sollte welche Länder führen? Für die Preussen mit seinen 8 Armeen und tausenden notwendigen Winkelzügen im Fünf-Fronten-Krieg kam nur ein alter Hase in Frage, aber keiner der lange denkt: also Walter. Für die Franzosen, die nur ganz langsam mit sehr viel Geduld und Umsicht ins Spiel gebracht werden dürfen, kam auch nur ein alter Hase in Frage, einer der die langsame Entwicklung kennt und gleich von Beginn an auf die Endphase hinarbeitet: also Hans. Unser Peter ist eigentlich prädestiniert für die Österreicher: da hat er eine Menge Schalthebel in der Hand und kann in Angriff und Verteidigung das beste Timing ausbalanzieren. Er bedauerte auch sogleich, daß ihm auf preussischer Seite ohne Moritz der gleichwertige Gegner fehlt. Doch Loredana wollte sich aus weiblich-irrationalen Gründen die Reichsarmee nicht entgehen lassen; dafür nahm sie auch die Österreicher mit in Kauf. So blieben für Peter nur die Russen und die Schweden übrig.
Russland fing – nach eigenem lautstarken Bekunden – einen Stellvertreterkrieg an, um den Schweden zum Sieg zu verhelfen. Von dieser verbalen Drohung ließ sich Preussen täuschen und steckte viel Energie in einen Vernichtungskrieg gegen die Schweden. Zu viel Energie, denn die Schweden wurden durch die erste Ereigniskarte gleich in den Separatfrieden geschickt, und dafür brannte es in ganz Preussen an allen Ecken und Enden. Die Russen eroberten alle Städte in Ostpreussen und rückten in einer geschlossen Front nach Westen auf die Städte in Pommern und Brandenburg vor, es war nur eine Frage der Zeit, wie lange sie noch aufgehalten werden konnten. Österreich hatte langsam aber sicher die Vorherrschaft in Schlesien zurückgewonnen und war daran, im Süden seine Siegbedingungen zu erfüllen. Selbst die kleine Reichsarmee träumte trotz einer vernichtenden Niederlage in den ersten Scharmützeln wieder von einem Endsieg in Sachsen. Doch wie das Leben so spielt und wie es in “Friedrich” oft vorhergesagt wird: Frankreich konnte Hannover in die Knie zwingen und seine Siegbedingungen mit der Eroberung von Magdeburg vollenden, bevor noch Zar und Kaiser zum Schulterschluß kamen.
Peter mit 8 Punkten (“tolles Spiel, bin froh, daß ich es gekauft habe”) und Loredana mit nur 7 Punkten (ihr war wohl die Reichsarmee nicht schlagkräftig genug) drückten den WPG-Schnitt von bisherigen 8,6 auf immer noch sehr gute 8,3 Punkte.
Moritz und Walter haben schon eine Rezension geschrieben.
2. “Bluff”
Im ersten 2:2 Endspiel Loredana gegen Hans legte Hans den Standard 1 mal die Vier vor. Loredana zweifelte erbarmungslos an. Mit Recht: Keiner der vier Würfel war eine Vier. Der Rest war nur noch Formsache.
Im zweiten Endspiel lies sich Peter mit 4 Würfeln gegen Loredanas einen Würfel seine materielle Überlegenheit nicht mehr aus der Hand nehmen. Er hatte eine Eins, eine Zwei und zweimal die Fünf unter seinem Becher und begann mit 1 mal die Eins. Loredana hob auf 1 mal die Zwei. Für Peter war das genug Information: Loredana war ganz sicher nicht im Besitz einer Fünf. Mit 2 mal die Fünf machte er den Sack zu.
Das dritte Endspiel bestritt Peter gegen Hans mit Würfel-Gleichstand 2:2. Er begann langsam mit 1 mal die Eins, Hans hob auf 1 mal die Fünf und Peter steigerte auf 2 mal die Fünf. Jetzt schockte Hans mit 2 mal Stern!
Peter hatte eine Eins und einen Stern unter seinem Becher. Was tun?
Mit dem Mut der Verzweiflung legte er seinen Stern raus, hob auf 3 mal den Stern und würfelte nach: Einen Stern! Das war’s. Hansens Widerstand war zum zweiten Male gebrochen.