Spielbericht vom 26.9.2018
Anwesend: Aaron, Milo, Moritz, Siri, Walter
Da Moritz seine Kinder hüten musste, verlagerten wir den Spielabend in seine Wohnung. Das hatte zudem den Vorteil, dass sein WPG-erfahrener Sohn Milo, begnadeter Chorsänger im philharmonischen Chor, und seine quicklebendige Tochter Siri, pfiffige Schulanfängerin, mitspielen konnten.
1. “Diamant”
Ein sehr leichtes Spiel, an der Grenze zum Kinderspiel. Wir gehen alle zusammen in eine Höhle. Pro Runde entscheidet jeder einzelne für sich, ob er unten bleibt und weiter Diamanten scheffelt, oder ob er auftaucht und die bisherige Beute in Sicherheit bringt. Früher oder später kommt es zu einem – zufällig ausgewürfelten – „Erdrutsch“, und wer dann noch unten ist, wird verschüttet und bekommt gar nichts. Je länger man unten bleibt und je weniger Leute unten sind, desto höher ist die – zufällig ausgewürfelte – Diamantenausbeute pro Kopf. Also eine hübsche, natürliche Balance zwischen hohem Risiko und hohem Gewinn.
WPG-Wertung: Wir haben das Spiel vor 13 Jahre, gleich bei seinem Erscheinen, zum ersten Mal gespielt. Damals mit mittleren bis guten Noten. Diese haben wir gestern bei der guten Stimmung fast durchweg um einen Punkt erhöht: Aaron und Walter je von 5 auf 6, Moritz von 6 auf 7. Milo war ebenfalls mit 7 Punkten dabei, und Siri war so begeistert, dass sie gleich 10 Punkte vergab („mein Lieblingsspiel“).
Danach, so gegen 20 Uhr, fiel ihr ein, dass sie noch Hausaufgaben zu machen hatte. Ihr Arbeitsheft wurde hervorgeholt und mit vereinten Kräften von Moritz, Aaron und Milo wurde herausgefunden, wie die Aufgaben-Zeilen auszufüllen waren. Prinzip und Lösung sind heutzutage ja nicht anders als vor 50 Jahren.
2. “7 Wonders: Cities”
Bei uns schon oft genug gespielt und bewertet. National wie international hoch dekoriert: 2010: „Spiel des Monats Oktober“ am Westpark, 2011: „Kennerspiel des Jahres“ von SdJ und „Deutscher Spiele Preis“, 2012: „As d’Or – Jeu de l’Année“ und „International Gamers Award“ in der Kategorie Strategiespiel.
Seine Qualitäten sind unbestritten und sein Marktwert entsprechend. Folglich ist auch die Flut der Expansions enorm. Leider verbessern sie das Spiel nicht, sondern hebeln die einstmals gute Balance innerhalb der verschiedenen Kartentypen (mit den zugehörigen möglichen „Strategien“) aus und lassen den Zufallseinfluss der Kartenverteilung über die vernünftigen Schranken für ein gutes „Strategiespiel“ hinaus anwachsen. Moritz: „Je mehr Expansions desto schlechter
WPG-Wertung: Trotz der Expansion-Kritik keine Änderung unserer gute Notengebung mit einem Schnitt von 7,14.
3. “Tribes: Early Civilization”
Wir entwickeln uns bzw. die Welt indem wir mit den Arbeitern in unseren Weinbergen die notwendige Kohle erackern, um die teuren Fortschritte des Paläo- bzw. Neo-Litikum sowie der Bronzezeit finanzieren zu können.
Das Spielt enthält viele vernünftige Elemente eines guten Spiels und ist sauber durchgestaltet. Doch trotz eines gewissen Wettlaufes um die ersten / besten Plätze an den Milchbrüsten der Steinzeit kommt keine richtige Spannung auf. Bewegung – in den „Weinbergen“ – ist alles, und hier, wie überall, werkelt jeder unabhängig vom anderen vor sich hin. Aaron: „ein perfektes durchschnittliches Spiel“!
WPG-Wertung: Den bisherigen Schnitt von 5,666 Punkten drückte Aaron mit einer 5 auf glatte 5,5.
Spielbericht vom 10.10.2018
Anwesend: Aaron, Günther, Walter
Diesmal wieder bei Walter
1. “Deadwood 1876”
Wir sind Goldsucher oder Banditen oder beides in den Bergen von Dakota und versuchen dort, unser Glück zu machen. Entweder finden wir Gold oder wir erschießen uns welches. Offensichtlich war diese Kombination selbst im Jahre 1876 in den Trump-Staaten noch die Regel.
Konkret zum Spiel: Jeder Spieler platziert seinen Spielstein beliebig auf zwei (oder drei, abhängig von der Spieleranzahl) möglichen Goldminen. Bis zu zwei Spieler arbeiten an der gleichen Mine (im 3er-Spiel), mindestens eine Mine hat noch freie Plätze. Als Erstausstattung bekommt jeder Spieler die ersten beiden „Schätze“ in Form von Karten zufällig ausgeteilt. Das kann ein Goldbarren im Wert von 1, 2 oder 3 sein, oder auch eine Niete. Es kann aber auch eine Waffe für den späteren „Final Showdown“ sein. Die Schätze werden verdeckt auf den Tisch gelegt und bleiben vorerst geheim.
Weiterhin bekommt jeder Spieler 4 Aktionskarten, die entweder als Schusswaffe (unterschiedlicher Stärke, d.h. als Würfel mit unterschiedlicher Bestückung von Augenzahlen) oder als Sonderaktion genutzt werden kann. Nach jedem Ausspielen einer Aktionskarte wird unverzüglich wieder auf eine Kartenhand von 4 Karten aufgefüllt.
Bei Schusswaffengebrauch versucht ein Spieler, entweder einem Mitspieler einen seiner Schätze abzuknöpfen (abzuwürfeln) oder mit ihm den Platz an der Goldmine zu tauschen (tausch-würfeln); beim Gebrauch als Sonderaktion sind unterschiedliche Vergünstigungen möglich: man darf sich zwei „Schätze“ eines Mitspielers ansehen, freiwillig und ungehindert zu einem freien Platz an einer Goldmine gehen, einen beliebigen Mitspieler beim Abknöpf-Würfeln unterstützen, oder sich einige zusätzliche Aktionskarten vom Nachziehstapel nehmen und sich aus seiner jetzigen Kartenhand die besten vier Karten für das weitere Spiel aussuchen.
Eine Runde besteht aus zwei Aktionen (im 3er-Spiel) für jeden Spieler, dann kommt ein neuer Schatz verdeckt ins Angebot und wird unter den Mitspielern verlost, sprich ausgewürfelt. Nach vier Runden ist der Schatz-Verteilungs-Vorgang beendet und es kommt zum „Final Showdown“. Der ist jetzt überhaupt der Knalleffekt des Würfelspiels.
Es kommt nämlich nicht darauf an, innerhalb seiner insgesamt 8 Aktionen die meisten Goldbarren zugeteilt bekommen bzw. erwürfelt zu haben, sondern es kommt zunächst darauf an, seinen Spielstein an der Goldmine zu haben, wo in Summe alle Spieler die meisten Goldbarren liegen. Alle anderen Spieler sind schon mal als Verlierer ausgeschieden und können beim finalen Schusswechsel lediglich zusehen.
Die Arbeiter an der Mehrheits-Mine schießen jetzt – mittels ihrer verbliebenen Schusswaffen-Aktionskarten plus den als Schusswaffen zufällig erhaltenen oder planmäßig erschossenen (erwürfelten) Schatz-Karten solange aufeinander, bis nur noch einer, der Sieger, übrigbleibt. War überhaupt nur ein einziger Goldgräber / Bandit an der Mehrheits-Mine, hat er das Spiel auch ohne das finale Abknallen gewonnen.
Was ist der Pfiff / die Herausforderung des Ganzen?
- Herausfinden, bei welcher Mine bei Spielende die meisten Goldbarren gelagert sind.
- Am Ende der dritten Runde seinen Spielstein an genau dieser Mehrheits-Mine positioniert haben, d.h. sich den Platz dort erwürfelt zu haben und davon nicht wieder weggewürfelt worden zu sein.
- Durch Kartenpflege dafür sorgen, dass nach der dritten Runde a) in seiner Kartenhand und b) unter seinen Schätzen die stärksten Schusswaffen sind.
- Beim Final Showdown am treffsichersten zu würfeln.
- Und das Ganze innerhalb von 6 Aktionen erfolgreich bewerkstelligt zu haben.
Als Sonderaktion gibt es auch Schatzkarten mit der Eigenschaft: „Der Besitzer darf automatisch am finalen Abknallen teilnehmen.“ Sofern einem Spieler diese Karte zugeschustert und nicht wieder abgewürfelt wurde, braucht er sich um Gold und seine Verteilung überhaupt nicht zu kümmern, sondern lediglich Kartenpflege für die stärksten Waffen in seiner Hand zu betreiben.
Allerdings sind Schusswaffen unter den Schätzen auch nicht zu verachten – sofern man schlussendlich am Abknallen teilnehmen darf -, denn mit vielen und/oder starken Karten dieser Art, initial ausgeteilt bzw. medial erwürfelt und nicht wie abgeluchst bekommen haben, ist die finale Abknallerei schon gewonnen.
In unserer Runde bekam bzw. erwürfelte sich Walter – zufällig – drei Schatzkarten mit tatsächlich lauter Goldbarren. Günther und Walter machten gleich zu Beginn eine Würfelallianz aus – a) aus Jux und Tollerei und b) um herauszufinden, ob dadurch das Spiel ausgehebelt werden kann. Aaron, als weinender Dritter, würfelte entgegen seinem sprichwörtlichen Ruf wie ein Weltmeister und konnte trotz der 2:1-Übermacht seiner Gegner einige Schätze an Land ziehen bzw. behalten. Günther, wie auch immer, hatte vor dem Final Showdown keinen einzigen Goldbarren in der Hand, aber jede Menge finale Waffen, mit denen er eine ganze Friedensrichter-Kompanie hätte auslöschen können. Dort wäre er selbst vom Teufel nicht zu besiegen gewesen.
Aaron, der herausgefunden hatte, dass Walter die meisten Goldbarren besaß, hatte mehrfach versucht, Günther aus der Günther-Walter-Mine herauszuschießen (herauszuwürfeln). Es war ihm kein einziges Mal gelungen. Im allerletzten Zug konnte Walter aber mittels einer Sonderaktion der drohenden Abknallerei von Günther entgehen und sich auf die einsame Goldmine von Aaron beamen. Jetzt wäre Günther trotz seines umwerfenden Waffenarsenals bereits draußen gewesen.
Günther hatte aber noch einen Pfeil im Köcher. Ihm war – wann auch immer – der „Silver Badge“ zugefallen und er durfte nach Ende der dritten Runde als einziger noch einen weiteren Zug tun. Er schoss Aaron von der Aaron-Walter-Mine herunter und hatte danach im Final Showdown auch keine Probleme, seinen neuen-alten Kumpel Walter ins Jenseits zu befördern. – Friedlich, freundlich, fromm.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (die Idee mit dem Lavieren seiner Schusspotenzen ist ja nicht schlecht, die Elemente sind aber nicht ausbalanziert. In einer 3er Runde möchte ich es nicht noch einmal spielen), Günther: 4 (man muss es locker sehen [WS:, was mit den Schießprügeln ja nicht ganz einfach ist]), Walter: 4 (man hat versucht, dem Würfel-Zufall durch jede Menge Beiwerk-Chaos etwas Würze zu geben. Mit den nur 8 Aktionen pro Spieler ist ein Spiel zwar relativ schnell über die Bühne, das Ergebnis ist aber – den 2 Seiten Strategie-Tipps im Regelheft zum Trotz – reiner Zufall. Ich möchte es selbst in einer 9er Runde – für so viele Spieler ist das Spiel vorgesehen – nicht noch einmal spielen.)
2. “Birds of a Feather”
Oder so ähnlich, der aktuelle Arbeitsname ist noch Schall und Rauch. Aaron hat seiner „Circles“-Neuentwicklung ein vom Redakteur gefordertes Thema untergelegt. Der deutsche Titel bzw. Untertitel wird wohl heißen: „Seid gut zu Vögeln“!
Es funktioniert so oder so, selbst Günther hatte heute daran nichts auszusetzen.
Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.
3. “Mini Rails”
Ein (ganz) kleiner Bruder des großen, unerreichten „1830“. Fast alle Elemente sind vorhanden: Eisenbahngesellschaften, Schienennetze, Aktienkurse, Kooperationen und Miesnickeligkeiten. Jede Menge Interaktion. Und auch eine wohldosierte Position Glück.
Vor einem Jahr ist das Spiel erschienen, und wir haben es lediglich wohlwollend aufgenommen. Erst heute hat sein genialer „Minimalismus“ bei uns die verdiente Würdigung erhalten. Günther und Walter hoben ihre Noten von 7 auf 8 Punkte an, Aaron blieb bei seinen 9 Punkten.
Wir forschten, ob das Spiel noch käuflich zu erwerben ist, und ob es dieses Jahr in Essen wieder dabei sein wird. Leichte Unschärfen in den Ergebnissen. Dann flatterte uns ausgerechnet jetzt, wenige Stunden später, eine Pressemitteilung von „Happyshops“ auf den Tisch:
“Mini Rails aus dem Hause Moaideas bricht das aufgeblähte Genre des Eisenbahnspiels hinunter auf die essentiellen Bestandteile: Aktien kaufen und Schienen bauen. Mehr braucht man nicht, um im Spiel des bekannten Autors Mark Gerrits für 3 bis 5 Kennerspieler ab 15 Jahren innerhalb von 60 Minuten ein Eisenbahn-Imperium zu errichten!
Inspiriert von den Genregrößen finden sich in diesem Spiel alle Feinheiten, die man erwartet, ohne dass sie in zahllosen Detailregeln verschachtelt sind. Das Spiel richtet sich sowohl an Genre-Neulinge, stellt aber auch eine besondere Herausforderung für Vielspieler dar, da jede einzelne Entscheidung wichtig ist.”
Diese Aussagen können wir uneingeschränkt unterstreichen. Wir freuen uns darauf, in zwei Wochen „Mini Rails“ auf der „Spiel 2018“ wieder begrüßen (und erwerben) zu können.
WPG-Wertung: Der WPG-Durchschnitt liegt jetzt bei 7,5 Punkten. Vielleicht kommt Moritz noch die Erleuchtung, dass Schwerter und Orcs für Eisenbahn-Aktienspiele schlichtweg ungeeignet sind, und er überdenkt seine 5 Punkte noch einmal.