„Wer mit schlechten Karten weiterspielt, ist entweder ein echter Idiot oder ein wahres Genie.“ (Lisz Hirn, zeitgenössische österreichische Philosophin und Künstlerin)
1. “A Study in Emerald”
Ein Kartenspiel zum Anheuern und Killen von Agenten und zum Besetzen bzw. Befreien von Städten, um dadurch in den Siegpunkt-Himmel zu gelangen.
Zu Spielbeginn bekommt jeder Spieler ein identisches Kartendeck von zehn Karten. Die Karten werden gemischt, dann zieht jeder Spieler die obersten fünf Karten von seinem Deck und bestreitet damit seinen Zug.
Auf jeder Karte sind Würfel, Pfennige und/oder Bomben abgebildet.
- Pro Würfel-Symbol darf ein Spieler einen seiner Anspruchswürfel auf im Spielbrett verteilte Agenten setzen; falls er wieder am Zuge ist und bei einem Agenten die Mehrheit an Anspruchswürfeln liegen hat, gehört der ihm.
- Für je zwei Pfennig-Symbole darf sich ein Spieler einen zusätzlichen Aktionswürfel vom Vorrat nehmen.
- Mit einer festgelegten Anzahl vom Bomben-Symbolen darf er ein Attentat (a priori erfolgreich) durchführen, d.h. eine Stadt besetzen oder einen Agenten in die Luft sprengen.
Agenten und Städte sind repräsentiert durch Karten, die ebenfalls die simplen Würfel-, Pfennig- und Bombensymbole aufweisen, und nach dem Erwerb unser Kartendeck anreichern. Leider ohne meßbaren Steigerungseffekt, d.h. die Potenz der erworbenen Karten ist von der absolut gleichen Quantität und Qualität wie die, die wir bereits besitzen.
Manche Karten besitzen überhaupt keine merkantilen Qualitäten: sie geben lediglich die Erlaubnis zum Killen einer Spielkarte – es wäre ja noch schöner, wenn dafür eine einfache Bombe ausreichen würde!
Um noch ein bißchen Ungewissheit und Ansätze von Bluff, Induktion und Intuition ins Spiel zu bringen, sind die Spieler zwei gegensätzlichen Parteien zugeteilt, den Konservativen und den Revoluzzern. Dies spielt eine Rolle bei der Bestimmung des Siegers: Man kann nicht gewinnen, wenn ein Mitglied der eigenen Partei die wenigsten Siegpunkte von allen Mitspielern hat. Von der anderen Partei gewinnt dann derjenige, der die meisten Siegpunkte hat. So ist ein sanftes Kooperations-Element in ein im Prinzip individuelles Konkurrenzspiel eingebaut: Der punktstärkste Spieler einer Partei muss dem punktschwächsten helfen, um selber Sieger werden zu können. Eigentlich eine ganz sinnvolle Erfindung.
Leider ist diese Erfindung mit erheblichen Geburtsfehlern versehen.
- Die Einteilung in die beiden Parteien geschieht nicht offen, sondern geheim. Über den größten Teil des Spieles hinweg weiß man gar nicht, wer Freund oder Feind ist.
- Wenn man weiß, wer zu gleichen Partei gehört, weiß man noch lange nicht, wer der Schwächste ist. Ein Großteil der Siegpunkte ergibt sich erst aus geheimen Eigenschaften und Besitztum am Ende des Spiels; es ist also nicht erkennbar, wen man unbedingt fördern muss.
- Wenn man glaubt zu wissen, welche Mitspieler zur eigenen Partei gehören UND glaubt genau zu wissen, wer davon der Schwächste ist, kann man ihm keineswegs mir-nichts-dir-nichts Siegpunkte zuschustern. [Ehrlich gesagt, ich weiß auch jetzt beim Session-Protokoll immer noch nicht, wie man das macht, werde es aber auch nicht mehr im Regelheft nachlesen.]
Kurz gesagt: der gute alte Michael Schumacher zieht mit angezogener Handbremse seine Kreise und wundert sich, dass Mecedes nicht gewinnt.
Während Andrea, Moritz und Peter schon mit mittelfristigen Movements und Assassinations taktierten, kämpfte Walter immer noch mit den Regeln, mit der Handhabung von Nachzieh- und Ablage-Kartendeck (zum großen Leidwesen von Moritz) und mit der Einsatzmöglichkeit für seine Bombenkarten ohne Mordbefehl. Peter hingegen tüftelte schon nach vielleicht 15 Minuten Spielzeit an einem finalen Gewinnzug („Seid ihr mir böse, wenn ich das Spiel beende?“), doch hatte er dabei ein oder zwei Regeldetails übersehen: von Andrea konnte er nur einen Nebenagenten, nicht aber ihren Hauptagenten umbringen, und Moritz durfte er überhaupt nicht angreifen, der hatte noch keinen einzigen öffentlichen Siegpunkt verbucht und war deshalb noch „unknown to the authorities“.
Nach weiteren flotten zwei oder dreimal 15 Minuten konnte Peter schließlich doch noch alle Killerbedingungen erfüllen und das Spiel beenden. Und wer hat gewonnen? Blindgänger Walter wurde Sieger! Seine in London friedlich abgestauben 6 Siegpunkte hatte Peter mit seinen geheimen Mörderpunkten nicht überholt, und die an Siegpunkten führende Andrea fiel aus, da ihr gleichparteiiger Moritz sich punktuell noch nicht aus den Startlöchern begeben hatte.
Vor gut sechs Jahren tat Günther mal den klugen Ausspruch: “Wenn Walter gewonnen hätte, dann hätte das Spiel einen Glücksfaktor von 1.” Genau das trifft auch für „A Study in Emerald“ zu. Hier sogar doppelt!
Immerhin, Moritz hat vollkommen Recht: “Das Spiel ist das beste Kick-Starter-Spiel, das wir je gespielt haben!” Was immer man daraus schlußfolgern kann.
WPG-Wertung: Andrea: 7 (thematisch gut unterlegt [Morden?]; es macht Spaß; man kann verschiedene Strategien einschlagen), Moritz: 7 (die Mechanismen – verdeckte Identitäten, viele Aktionsmöglichkeiten – sind gut; das Spiel besitzt thematisches Flair [er kannte die zugrunde liegende Geschichte von Neil Gaiman]), Peter: 4 (mag Dominion-Spiele nicht; das Spiel hat viele tolle Mechanismen, die meisten davon besitzen aber leider die Wallace-Krankheit: sie sind noch unausgegoren), Walter: 4 (traniges Lavieren mit Kartensymbolen, kein Steigerungseffekt; ein Großteil der Spielelemente kommt erst gar nicht ins Spiel.
2. “Ascension: Chronicle of the Godslayer”
Obwohl das Spiel ein richtiges höchstqualifiziertes Spielbrett besitzt und dazu noch schöne rote und weiße Goldnuggets als Siepunkt-Zähler, ist es doch nur ein reines Kartenspiel, ein „deckbuilding game“ (Schachtelaufdruck) a la „Dominion“, und im Gegensatz zu “Emerald” auch noch ein flottes („fast-paces“) dazu. Das Spielbrett dient lediglich zur besseren Platzierung der verschiedenen Aufnahme- und Ablage-Stapel.
Jeder hat ein eigenes Kartendeck mit phantasievoll gestalteten Karten, die im Prinzip aber nur zwei trivial-kommerzielle Eigenschaften haben: Einen Geldwert, um ausliegende Geld-Karten zu kaufen, und einen Kampfwert, um ausliegende Kampf-Karten zu besiegen. In beiden Fällen werden die neu erworbenen Karten unter das eigene Kartendeck gemischt, um bei nächster Gelegenheit dort ihren Nutzeffekt einzubringen.
Die jeweiligen Kartendecks werden wrap-around benutzt: jeder zieht die obersten fünf Karten von seinem gemischten Deck und geht damit auf den Markt. Aus Geld-Karten mach’ potentere Geld-Karten, aus Kampf-Karten mach’ potentere Kampf-Karten. Im Prinzip eine Zinseszins-Technik. Und, wia im richtigen Leben, wer gleich zu Beginn eine höhere Verzinsung erzielen kann, dem fließen auch im weiteren Spielverlauf die größeren Summen zu. Und wie erzielt man bei gleicher Ausgangsbasis eine höhere Verzinsung? Dadurch, dass die zufällig gezogene Kartenhand und das zufällige Angebot auf dem Markt halt gerade gut zusammenpassen! Das Zusammenpassen muss man sich nicht eigenes erarbeiten, es liegt einfach auf der Hand. Oder auch nicht.
Später kommen ein paar Karten mit Nebeneffekten ins Spiel. Eine Karte kann wahlweise als Geld- oder als Kampfkarte genutzt werden. (Phänomenale Strategie-Option!). Mit einer anderen Karte darf man in dieser Runde zwei weitere Karten auf die Hand nehmen. Ein dritte Karte zwingt die Mitspieler, eine Karte ihrer aktuellen Kartenhand abzuwerfen. (Wie lustig!) Eine bestimmte Kartensorte darf man offen – quasi als permantente zusätzliche Karte – auslegen, um pro Runde ihren Segen über sich herabregnen zu lassen; mit weiteren Karten kann man die offene Auslage der Mitspieler zerstören. Andrea war die eifrigste Sammlerin auslegbarer Karten. Ihr anvertrauter Lebenspartner war der eifrigste Zerstörer ihrer Sammlung. Das Spiel kennt keine Parteien, es kennt nur Siegeswillen.
WPG-Wertung: Andrea: 8 (unterhaltsam, 1 Punkt mehr, weil es halt besser ist als „Emerald“), Moritz: 8 (glücksabhängig, [AbN: gehört dazu jetzt ein „weil“ oder ein „obwohl“]), Peter: 6 (OK, harmlos, aber es spielt sich rund), Walter: 4 (der Freiheitsgrad liegt in der Größenordnung von Null; was man mit jeder seiner Kartenhand anfangen kann und muss, ist eindeutig bzw. trivial prädestiniert. [Heftiger Widerspruch von allen Seiten]).
” Matrimony Blues”
Nein, das ist kein Spiel, das lag auch nicht bei uns auf dem Tisch. Es lag einfach in der Luft, und wir haben unsere Erfahrungen und Einsichten dazu eingebracht. Start to kick, hundertprozentig kooperativ.