1. “One Week Werewolf”
Moritz legte eine brandneue Werwolf-Kickstarter-Modifikation auf den Tisch und mit gebremster Euphorie – eingedenk der Mutterversion – machten wir uns ans Auspöppeln der Stanzteile. Dann vermisste Moritz zuerst den Startspieler-Pfeil – OK; den hätten wir uns zu Not auch noch selber schnitzen können -, dann aber einen ganzen Bogen weiterer Stanzteile. Ohne den konnten wir den Werewolf nicht spielen.
Mit ungebremster Euphorie packten wir wieder alles ein.
2. “Coimbra”
Das ist keine Stadt in Südamerika und auch keine Ort der Schande für den deutschen Fußball, sondern eine Universitätsstadt in Portugal, die 2003 sogar dort die Kulturhauptstadt war. Und was hat das alles mit dem Spiel „Coimbra“ zu tun? Nichts, rein gar nichts! In „Coimbra“ sind wir offiziell zwar „Schwarze Sheriffs“ für das Sicherheitsbedürfnis von Ratsmitgliedern, Händlern, Geistlichen und Gelehrten, aber das ist noch mehr als ein Trumpscher Fake. „Coimbra“ ist ein absolut abstraktes Spiel mit abstrakten Mechanismen, und weder Sheriffs noch Bürger sind weit und breit zu sehen.
Herz des Spiels ist ein – sehr gelungenes – Würfel-Placement. Ein Spieler würfelt mit 13 Hexawürfeln für alle, und reihum nimmt sich jeder Spieler jeweils einen davon (insgesamt 3 mal, ein Würfel bleibt übrig) und legt ihn in vier mögliche öffentliche „Einkaufsflächen“ (EF, eigenes Wording). Danach wird eingekauft.
In jeder EF fängt der Besitzer des Würfels mit der höchsten Augenzahl mit dem Einkaufen an. Wer hier als erster einen Würfel mit 6 hingelegt hat, ist von der EF-spezifischen Einkaufspriorität (fast) nicht mehr zu verdrängen. Wer hier allerdings nur eine 1 hingelegt hat und kein weiterer Spieler hat in dieser Runde in dieser EF Ambitionen gezeigt, sich hier zu bedienen, darf ebenfalls als erster einkaufen. In diesem Fall sogar als einziger.
Was gibt’s zu kaufen? Einwohnerkarten! Sie bringen
- Direkte Siegpunkte
- Direkte Einnahmen
- Rabatte für die nächsten Einkäufe
- Bewegungspunkte auf dem Pilgerpfad (kriegen wir später)
- Raubgeld und Raubsiegpunkte von den Mitspielern
- Freie Auswahl für einen weiteren Einkauf
Und was dergleichen mehr ist. (In jedem Fall alles klug konstruiert und ausbalanciert.)
Was kosten die Einwohnerkarten? Sie kosten genauso viel Geld- oder Sheriff-Einheiten, wie unser Würfel an Augenzahlen aufweist. Ein überraschend sinnvoller antagonistischer Mechanismus, der uns das Auswählen des jeweils nächsten, besten Würfels nicht so einfach macht.
Die eingehandelten Karten haben aber auch noch einen generellen Nebeneffekt: Abhängig von der gewählten Kartenfarbe schreiten wir auf 4 verschiedenen Gunst-Leitern hoch, erhalten dort spezifische Boni und am Ende nochmals dicke Siegpunkt-Batzen für dort erzielte Spitzenpositionen.
Die ausgewählten Würfel besitzen ebenfalls noch einen Nebeneffekt: Abhängig von ihrer Farbe erhalten wir neue Geld- oder Sheriff-Einheiten, Schritte auf dem Pilgerweg oder Siegpunkte.
Für einen optimalen Zug müssen wir also
- unser vorhandenes und en-passant erwerbbares Vermögen
- mit der gesamten zur Verfügung stehenden Würfel-Menge (Augenzahl + Farben)
- den Farben und Effekten der angebotenen Einwohnerkarten
- und ggf. mit Potenz und den Ambition unserer Mitspieler
in Einklang bringen. Und als guter Spieler müssen wir mindestens auch noch die jeweils erste Würfel-Wahl unser Mitspieler und auch noch unseren zweiten Zug durchkalkulieren. Insgesamt gilt es also 13 x 16 x 12 x 15 + 11 x … kurz und gut, wenn Excel richtig gerechnet hat, 81 Milliarden Kombinationen durchzurechnen. Da ein älterer Herr aber spätestens nach der einhundertsten Berechnung die ersten Ergebnisse bereits schon wieder vergessen hat, ist die Würfelauswahl eine unendliche Sisyphos-Arbeit. Das ist die Crux des Spieles, warum es von uns nur begrenztes Lob ernten konnte.
Bei den Milliarden-Kombinationen muss ich ja auch noch berücksichtigen, ob und wie ich mich damit auf dem Pilgerweg engagiere und in welcher Reihenfolge ich die dort liegenden Vergünstigungen für das weitere Spiel einheimse. Ich kann auch noch optional “Expeditionen” ausstatten, um damit in der Schlusswertung weiteren Punktesegen für mich herauszuholen.
Alles wunderschön konstruiert, alles bestens ausbalanziert, alles verdient höchstes Lob. Aber es ist einfach zu viel. Wir wollen doch SPIELEN!
WPG-Wertung: Aaron: 5 (der Würfel-Auswahl-Mechanismus ist schön, die Auswahl, das Setzen und der ganze Rest ist ätzend), Günther: 6 (zu viel des Guten; ein Expansion-Set ist schon in Vorbereitung, ich warte eher auf ein Reduction-Set!)), Moritz: 6 (Thema 0 –z.B. im Vergleich zu „Puerto Rico“), Walter: 6 (eigentlich nur 5 Punkte für das „arbeite & optimiere”, aber die Architektenleistung für die Gesamt-Konstruktion verdient zweifellos eine Anerkennung).
3. “AZUL”
Reine, kurzweilige Spiel- und Schaden-Freude. Es gibt sogar eine ganze Reihe ernsthafter „Strategien“!
WPG-Wertung: Keine Änderung für ein 8,3-Punkte Super-Spiel.
03.04.2019: Der zweite Versuch mit den Architekten
Nachdem der Musenkuss zum Schreiben des Spielberichtes so lange hat auf sich warten lassen, können wir hier auch gleich den nächsten Session-Report anhängen.
1. “Architects of the West Kingdom”
Walter hatte nach der ersten Kostprobe vor zwei Wochen angedeutet, dass es das Spiel zum besseren Kennenlernen noch genau einmal spielen würde, und weil Günther damals nicht, dafür aber heute dabei war, packte Aaron den Stier bei den Hörnern und schlug „Architects“ als Auftakt vor.
Wir haben wieder etwas gelernt und sind den (spärlichen) Geheimnissen dieses Spiels ein Stück näher gekommen. Die Gewinnstrategie muss wie folgt sein:
- Lege dir in den ersten Schritten ausschließlich Gebäudekarten zu. Treffe dann eine Auswahl, welche 5 oder 6 Stück du jetzt in Angriff nehmen willst.
- Versuche bei der Gebäudeauswahl ein Minimum an Gehilfen-Kunst zu beanspruchen und dabei die Vielfalt an erforderlichen Ressourcen zu minimieren. Von einer definierten Ressource kannst Du ruhig das fünffache benötigen, falls du dann von einer anderen Ressource (fast) gar nichts brauchst. Denn wenn du dich bei einer Ressource konzentriert engagierst – egal bei welcher -, dann fällt sie dir in rauhen Mengen in den Schoß; du musst nur aufpassen, dass dich die Menge nicht erschlägt.
- Nach der Gebäudeauswahl geht es darum, jetzt die erforderlichen Ressourcen zu beschaffen. Und natürlich sollten dabei die positiven Effekte der bereits errichteten Gebäude berücksichtigt werden. Aber bei fünf oder sechs unabhängigen Einzelvorteilen sollte man auch als älterer Herr nicht den Überblick verlieren.
Bei diesem Vorgehen gehören die Effekte für das Rückholen eigenen oder fremden Personals eher nur zum Hintergrundrauschen. Sie haben zwar noch einen gewissen Einfluss auf die Qualität und Geschwindigkeit, mit denen man sein Ziel erreicht, sind ansonsten aber kein unüberwindliches Hindernis.
Einer Widerlegung dieser Schnell-Schuss-Analyse oder auch nur einem halbwegs argumentierten Widerspruch dazu wird mit Freunden entgegengesehen.
WPG-Wertung: Die bisherigen Noten waren 2 mal 7 und 1 mal 6 Punkte. Günther schloss sich der unteren Wertung an, mit der Tendenz zu 5, wenn die Siegpunkt-Strategie tatsächlich so trivial ist, wie wir sie hier skizziert haben.
2. “AZUL”
Aaron musste vorzeitig die Lokalität verlassen, und bevor sie noch vor Mitternacht ihre geliebten Ehepartner beglückten, legten Günther und Walter ein Duell in AZUL ein.
Spannend, variabel, eine gute Mischung aus besten Zügen für den eigenen Vorteil und guten Zügen für den Nachteil des Gegenüber. Alles überschaubar, alles berechenbar, und trotzdem spielerisch.
Das heutige Duell ging 1:1 aus.
WPG-Wertung: Keine Änderung für ein Super-Spiel.