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12.06.2019: Dizzle, Dassel, Dusel

1. “Dizzle”

Ablage-Tableau in Dizzle

Ein Würfelspiel. Ein Spieler würfelt mit 13 Würfeln für sich und alle seine Mitspieler. Reihum nimmt nun jeder einen Würfel aus dem gemeinsamen Angebot und baut ihn in sein privates Würfel-Ablege-Tableau ein, bis alle Würfel weg sind. Dann wird neu gewürfelt.

Für jedes Feld auf dem Tableau ist genau eine feste Augenzahl vorgeschrieben. Zudem müssen beim Einbauen alle Würfel waagrecht oder senkrecht benachbart sein. Besonderheit: Wenn man keinen Würfel in sein Tableau einbauen kann, darf man entweder passen und in diesem Durchgang keinen weiteren Würfel mehr nehmen, oder man würfelt mit allen noch vorhanden Würfeln nach. Wenn danach aber immer noch kein Würfel passt, hat man mit Zitronen gehandelt: man muss einen Würfel aus seinem Tableau wieder zurück ins Angebot geben.

Nach 12 Durchgängen wird gewertet, wer sein Tableau am besten gefüllt hat. Bestimmte Felder darin liefern hübsche Siegpunkte, manche Feldkombinationen liefern hübschere Siegpunkte, und komplett ausgefüllte Zeilen oder Spalten liefern die hübschesten Siegpunkte. Wer am meisten davon hat, ist Sieger. (Claro.)

Das Spiel läuft schnell und angenehm. Man darf die ausliegenden Würfel taxieren und in Korrelation zu den zulässigen (und angestrebten) freien Feldern seines Tableaus setzen. Eine gewisse analystische Arbeit ist also durchaus von Vorteil, wird aber nicht in einer solchen Tiefe benötigt, dass die Denkzeit lästig werden könnte. Jeder ist jederzeit involviert, zumindest was das noch freie Würfelangebot betrifft.

Bei aller lockerer Spielfreude sind zwei kleinere technische Schwächen jedoch nicht zu übersehen: 1) Es ist unhandlich, zu kontrollieren, ob ein Spieler einen gewählten Würfel auch auf ein Feld mit der entsprechenden aufgedruckten Augenzahl setzt. Natürlich könnte man bei jedem Zug nachschauen, ob alle das auch tun, aber das würde den Spielfluß gewaltig stören. 2) Genauso unpraktisch ist es, zu kontrollieren, ob ein Spieler vor dem Nachwürfeln wirklich keinen Würfel der Auslage nutzen konnte. Wir glauben das einfach, obwohl der Glaube auch bei lockeren Spiel-Konkurrenzen nicht angebracht ist.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (besser als „Ganz schön clever“, keine Herum-Optimiererei), Günther: 7 (obwohl der Spielreiz vielleicht doch bald ausgelutscht sein könnte), Moritz: 7 (nett, abwechslungsreich, eines des besseren aus diesem Genre), Walter: 7 (hübsche Mischung aus Kombinieren und Hoffen).

2. “Werwörter”

Eine Kombination von „Werwolf“ und „Begriffe-Raten“. Wir finden den Werwolf wieder, den Bürgermeister, die Seherin und die Dorfbewohner. Diese Rollen werden zu Beginn des Spieles verdeckt an die Mitspieler verteilt. Der Bürgermeister bekommt zwei.

Danach bestimmt der Bürgermeister ein Wort, das die anderen Mitspieler mittels beliebig vieler, frei formulierter Ja-Nein-Fragen („Ist es ein Gegenstand?“) erraten sollen. Außer dem Bürgermeister kennen auch der Werwolf und die Seherin das zu erratende Wort. Beide können / dürfen / sollen sich an der Raterei beteiligen.

Die Seherin könnte natürlich sofort und zielgerichtet mit ihren Fragen auf das Lösungswert hinsteuern, ja es sogar sofort nennen: „Heißt Du etwa Rumpelstilzchen?“ Doch das hat einen Haken: Wenn das Wort erraten wurde, dann darf der Werwolf angeben, welchen Mitspieler er für die Seherin hält. Stimmt das, so hat er gewonnen. Die Seherin muss also mit ihren Fragen sehr vorsichtig umgehen, um sich nicht zu verraten.

Konnte das Wort aber nicht erraten werden, so haben die Dorfbewohner die Chance, den Spieler zu benennen, der der Werwolf ist. Haben sie ihn herausgefunden, so haben sie gewonnen. Auch darin liegt ein gewisser Antagonismus für die Fragerei des Werwolfes.

In unserem ersten Durchgang war Günther Bürgermeister und Werwolf zugleich. Er brauchte also bloß darauf zu achten, wer als Seherin zu viele gute Fragen stellte. Und da die Seherin diese Gefahr noch nicht verinnerlicht hatte, lief sie ihm auch prompt ins offene Messer.

Im dritten Durchgang war Moritz Bürgermeister und Seherin zugleich. Da durfte er a priori keine klugen Fragen stellen und die Dorfbewohner waren von Haus aus zu unbedarft dazu, so dass der arme Werwolf (Walter), keinerlei Hinweis bekam, die Seherin zu entlarven.

In diesen Konstellationen, die in einer 4er Runde statistisch gesehen oft genug vorkommen, funktioniert „Werwörter“ einfach nicht. Vielleicht in einer größeren Runde. Vielleicht.

Das beste am Spiel war die App, mit der das Spiel gesteuert wurde. „Alle schließen die Augen.“ – „Bürgermeister mache die Augen auf und suche dir ein Wort heraus.“ „Bürgermeister, mache die Augen zu! Werwolf, mache die Augen auf und sieh dir das ausgewählte Wort an!“ Und so weiter. Mit einer sehr angenehmen Stimme, einer funktionell angebrachten Geschwindigkeit und mit klaren Ansagen. Das war gekonnt. Dem hätte man noch stundenlang zuhören können.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bezogen auf unserer 4er Runde), Günther: 7 (in größerer Runde OK, aber für ein SdJ doch etwas zu hoch gehandelt) , Moritz: 7 (besser als „Werwolf“, allerdings in einer größeren Runde), Walter: 5 (mag Begriffs-Raterei grundsätzlich nicht. Nur die App wäre noch einen weiteren Sympathiepunkt wert).

Moritz mit der gigantischen Spieleschachtel von “Glorantha”

3. “The Gods War – Glorantha”

Wie funktioniert ein Götterkrieg? Genauso wie die Spiel-Kriege hier auf Erden auch. Als kleine Sippe fangen wir an, breiten uns aus, bis der unbevölkerte Platz erschöpft ist. Dann – oder auch schon etwas früher – fangen wir mit dem Militär an. Entweder zerstreut, um unsere Siedlungen zu schützen, oder konzentriert, um unvorhergesehens zum Nachbarn zu ziehen und dort loszuschlagen, seine Leute umzubringen und seine Häuser zu übernehmen.

Nichts Neues unter der Sonne, auch wenn unsere Häuser hier Shrines, Temples, Zikkurats oder sonst wie heißen, unsere Krieger sterbliche oder unsterbliche Barbarians, Champions, Stormbrothers und Thunderkings sind, und die Gebiete außer irdischen Phantasienamen auch noch Himmel und Hölle beinhalten. Gekämpft wird mit Würfeln, wie denn sonst, und Sieg, Tod, Vertreibung werden fast statisch abgewickelt.

In „Glorantha“ führt jeder Spieler einen eigenen Götterclan mit spezifischen statischen und dynamischen Eigenschaften. Die einen sind von Start weg eher schwach, werden aber im Laufe des Spiels immer stärker, bei anderen ist es eher umgekehrt. Die einen dürfen nicht in Gebieten bauen, die bereits besetzt sind, die anderen dürfen das und müssen das sogar, weil sie nur dafür Siegpunkte bekommen. Jeder legt sich im Laufe des Spiels weitere – für die anderen unerwartete – Eigenschaften zu, mehr Kampfkraft, mehr Widerstandskraft, mehr Bewegungsfreiheit oder mehr Siegpunkte. Alles ist höchst asymmetrisch ausgelegt.

Orlanth-Zeus (Mitte) mit der stürzenden Europa (links)

Das Ganze ist früher bzw. eher später ein chaotisches Aufeinanderschlagen. Natürlich könnte man einen systematischen militärischen Aufmaschplan verfolgen, um zu einem entscheidenden Zeitpunkt gezielt loszuschlagen und massig Siegpunkte einzuheimsen. Moritz versuchte das. Doch leider ging das Spiel schon eine Runde zu früh zu Ende. Er konnte weder Günther noch Walter dazu überreden, auf den führenden Aaron einzuschlagen, so dass Aaron die finale Siegpunktmarke überschreiten konnten, bevor Moritz den Knalleffekt seiner geballten himmlischen Heerscharen zum Einsatz bringen konnte.

Bemerkenswert: Die Hälfte der unkalkulierbaren Spielelemente sind reine Kingmakerei. Da kann man z.B. „Runen“ gewinnen, mit denen man Siegpunkte bekommt und IRGENDEINEM BELIEBIGEN Mitspieler Siegpunkte wegnimmt. Absolut regelgerecht darf nach jeder Runde ein Spieler einen Teil seiner Potenz dafür einsetzen, um 4 Siegpunkte für sich einzukaufen und anschließend den Mitspielern in BELIEBIGER Zuordnung 1, 2 oder 3 Siegpunkte zuzuschustern. Allein für diese – am Westpark absolut indiskutablen – Effekte kann das Spiel bei uns nicht punkten.

Moritz brachte es auf den Tisch. Er kannte von Kindesbeinen an die Geschichte und war mit jedem der Götter innerlichst vertraut. Die Spielfiguren sind tatsächlich in extrem aufwändiger Machart realisiert. „Orlanth“, der König der Sturmgötter ist z.B. eine gigantische Mischung aus Karl Marx, Dschingis-Khan, Flaschengeist und Cassius Clay, sein Champion ist ein gestreckter Stier, der gerade versucht, die auf ihm reitende Europa abzuschütteln. Doch all das konnte die Herzen der Westpark-Gamers nicht höher schlagen lassen.

Nur das von Moritz. Der liebt solche Figuren und solcher Szenerien. Es ist Ihm dabei auch fast egal, wie seine Mitspieler darauf reagieren. Natürlich wäre ihm lieb gewesen, wenn sie sich ebenfalls in ihre Götterrolle hineinsteigern würden. Aber notfalls reicht es ihm auch, wenn sie nur die Kulisse bilden, in der er seine Freude an prügelnden Göttern und Menschen ausleben kann.

WPG-Wertung: Moritz: 8 (ohne Kommentar) Aaron, Günther ,und Walter vergaben keine Noten. Es ist einfach nicht ihr Spiel.