In kleiner Besetzung fand grippebedingt der letzte Spieleabend bei Moritz im Münchner Dreimühlenviertel statt. Dafür war die Altersspannweite der Spieler dort außergewöhnlich hoch: 55% eines ganzen Jahrhunderts!
1. Dragonscroll
Die Essen-Neuerscheinung der Lamont Brothers hatte sich Aaron zugelegt, weil er endlich auch ein Fragor-Spiel besitzen wollte, alleine schon wegen der aufwändig gestalteten Spielfiguren. In Essen gab es wie immer nur die vorbestellten Exemplare, so dass die angereisten Mitglieder der Lamont-Familie bereits am zweiten Tag ohne Spiele da saßen und sich bei schottischem Whiskey auf das Socializing beschränkten.
Wie erwartet, zeigte sich „Dragonscroll“, von der Ausstattung abgesehen, von der spielerisch eher schlichten Seite. Wir ziehen Landschaftskärtchen und erzeugen damit ein Gebiet aus Weiden, Wäldern und Gebirgen in denen sich gefährliche Zauberer, Ritter, Orcs, Elfen, Zwerge und … Ziegen tummeln. Okay, die Ziegen sind nicht wirklich gefährlich, obwohl sie sich als Schafe verkleidet haben und wir dürfen sie daher ohne Kampf einfach so verspeisen.
Beim Kampf dagegen verwenden wir unsere Feuerbälle und versuchen, die Bösewichte damit zu erwischen. Spieltechnisch werfen wir dazu eine Anzahl Holzkugeln (Feuerbälle) in den „Flammenden Turm des Todes“ und hoffen, dass sie auf der Seite des Turms wieder zum Vorschein kommen, auf der unsere Gegner abgebildet sind. Bald zeigte sich, dass bei uns die Vorderseite des Turms deutlich bevorzugt wird und damit die Orcs am einfachsten zu besiegen waren. Erst bei Spielende stellte sich heraus, dass das wohl Absicht ist, denn von den Orcs muss man für die gleiche Siegpunktzahl deutlich mehr besiegt haben als von den anderen Gegnern. Welche Gegner für einen selber besonders interessant sind, legt die zu Beginn des Spiels geheim an jeden Spieler verteilte Schicksalskarte fest.
„Dragonscroll“ spielt sich locker und ist durch seinen hohen Glücksanteil auch familiengeeignet. Leider ist die etwas sperrige Spielregel nicht jedermanns Sache und schreckt sicherlich den einen oder anderen Familienspieler ab. Gefallen hat uns der Mechanismus für die Sonderaktionen in jedem Zug, weniger gut fanden wir, dass die große Anzahl von Schriftrollenkarten im Spiel nicht wirklich von Bedeutung waren, da sie recht selten erfüllbar sind (oder haben wir nur zu viel Pech mit dem Flammenden Turm gehabt?).
WPG-Wertungen: haben wir vergessen zu erfassen
2. Egging
Moritz legte danach das Spiel „Egging“ auf den Tisch, das er von einem seiner Studenten(?) geschenkt bekommen hatte. Etwas skeptisch schauten wir auf das selbstgebastelte Spielmaterial mit Lauffeldern, Würfeln und vielen Karten.
Wie sich schnell herausstellte, ist „Egging“ aber kein „Trivial Persuit“- oder „Mädn“-Klon sondern ein Spiel, das das Leben eines zeitgenössischen Komponisten versucht mit einem Augenzwinkern zu simulieren. Letztendlich geht es darum, bei Spielende die meisten Kompositionspunkte erworben zu haben. Ob das nun durch die Teilnahme an Wettbewerben, dem Veröffentlichen von Experimentalstücken oder dem Schreiben von Streichquartetten oder Opern für die ganz dicken Punkte geschieht, bleibt jedem selbst überlassen. Voraussetzung ist immer der Erwerb von Techniken und das Sammeln von Inspiration, ob nun bei der GEMA(!), im Untergrund oder an der Hochschule. Taktische Optionen gibt es genug.
Wie Moritz versicherte, ist der Autor kein Spieler. Deshalb ist es sehr bemerkenswert, wie hier ein recht kurzweiliges Spiel entstanden ist, das auch noch recht ausbalanciert erscheint. Spaß hat es auf jeden Fall gemacht, auch den Nicht-Komponisten am Tisch.
Ach ja, zum Titel des Spiels: das englische „egging“ bedeutet auf Deutsch in etwa „zu etwas anreizen“ und ist wohl ein stehender Begriff in Moritz‘ Kompositionsklasse mit Anspielung auf dessen Nachnamen.
WPG-Wertungen: haben wir vergessen zu erfassen
3. Lost Legacy: Binbo Tantei to Inbo no Shiro
Diese Doppelausgabe des Spiels konnte Aaron am ersten Tag in Essen noch gerade eben vor dem kompletten Ausverkaufs am „Japon Brand“ Stand erwerben. Ähnlich wie bei „Love Letter“ handelt es sich um ein minimalistisches Spiel mit nur 16 Karten. Jeder Spieler bekommt eine Karte bei Spielbeginn verdeckt auf die Hand und zieht, wenn er an der Reihe ist, eine weitere Karte nach. Dann muss er, genau wie bei „Love Letter“, eine der beiden Handkarten ausspielen und deren Aktion ausführen. Ist der Nachziehstapel aufgebraucht, kommt es zu einer Schlussrunde, in der der Reihe nach jeder Spieler einmal zeigen darf, wo die „Lost Legacy“-Karte mit dem Wert 5 liegt (im verdeckten Ablagestapel oder auf der Hand eines Spielers). „Der Reihe nach“ ist hier das wichtigste Element, denn es wird beginnend mit dem kleinsten Handkartenwert nacheinander jeder Spieler gefragt.
Das Spiel ist nur zu gewinnen, wenn man bei Spielende eine möglichst kleine Karte auf der Hand hat und im Laufe des Spiels die 5 auch schon gesehen hat. Das klingt jetzt ziemlich glückslastig und ist es auch. Aber wie bei „Love Letter“ dauert eine Runde zu wenige Minuten und damit hat das Spiel durchaus Absackerqualitäten.
WPG-Wertungen: haben wir vergessen zu erfassen