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03.12.2014: Der Viehdieb kehrt zurück

Es wird immer wieder mal moniert, dass wir nach einem einmaligen Spielen uns bereits trauen, ein Spiel zu bewerten und Spielberichte darüber schreiben, die den Anspruch einer Rezension haben. Moniert wird das natürlich in der Regel von Spielern, die einen anderen Geschmack haben als wir.

OK, OK, zuweilen spielen wir etwas falsch und zuweilen entsteht daraus bei uns ein falscher Spieleindruck. Nobody is perfect. Dass wir aber keine Spielregeln aus dem Regelheft abzuschreiben, ist beabsichtigt; es erspart uns Schreibarbeit und unseren Lesern Lesearbeit. Wir bringen von den Regeln nur so viel, dass ein Leser unseren Spieleindruck, unser Lob und Tadel in etwa richtig einordnen kann.

Schließlich sind wir drei, vier oder mehr Köpfe, die zu einem neuen Spiel ihr Spielgefühl entwickeln und zum Ausdruck bringen. Das sollte dann schon nicht so ganz weit weg von der Realität entfernt sein. Außerdem. Ein Spiel ist wie ein Wein: Es reicht schon ein erster Schluck um zu erkennen, ob es ein gelungenes Produkt ist oder nicht. Prost.

Übrigens: DER Wein, der mich in diesem Jahr auf Anhieb überzeugt hat, war ein Tignanello. Eine tolle Empfehlung für alle, die noch Weihnachtsgeschenke suchen oder sich am Heiligen Abend selbst etwas gönnen wollen.

1. “La Isla”

Stefan Feld war sehr fleißig. Dieses Jahr in Essen sind Aaron gleich drei Neuerscheinungen von ihm aufgefallen: „Aquasphere“ bei Pegasus Spiele, „Brügge“ – Erweiterungen bei HiG und „La Isla“ bei Ravensburger. Der Mann hat’s geschafft. – Auch wenn Ravensburger es offensichtlich nicht beim ersten Anlauf geschafft hat, „La Isla“ zum angekündigten Termin oder zu den anvisierten Herstellungskosten auf den Markt zu bringen: Der Termin wurde verschoben, die hübschen, hölzernen Forscher durch dünnes (aber immer noch funktionelles) Plastikmaterial ersetzt, und die Spielhilfe radikal auf eine Version pro Spielersprache zusammengestrichen, obwohl die Spielhilfe zum Verständnis und Merken der Bedeutung von 180 verschiedenen Aktionskarten nahezu lebensnotwendig ist.

Pro Zug zieht jeder Spieler verdeckt drei dieser Aktionskarten, begutachtet sie (mit oder ohne Spielhilfe) und ordnet sie jeweils einer Spielphase zu. In jeder Spielphase hat jede Aktionskarte eine andere Bedeutung: In der Phase 1 reiht man die entsprechende Aktionskarte in sein Portefeuille ein und darf im weiteren Verlauf ihr Privileg nutzen. Näheres kriegen wir später. In Phase 2 bekommt man einen Spielstein in einer bestimmten Farbe dafür, und in der Phase 3 darf man einen Marker auf einer von fünf Wertungsleisten nach oben schieben. Zwischen diesen Phasen darf man einmal einen seiner sechs schlanken Plastikforscher auf ein ausgewähltes Feld des 25 Felder großen Spielbretts schicken. Dort bleibt er in der Regel stehen, bis dass der Tod uns scheidet.

Ein Mitspieler darf seine Forscher auf die gleichen Felder stellen wie wir. Es herrscht keine Monogami und es kostet auch nichts extra. Frisch, fromm, friedlich wird die Insel mit Forscherpöppeln belebt.

Zwischen den Forscherfeldern des Spielbretts liegen Tierplättchen. Hat ein Spieler an den zwei, drei oder vier Ecken eines Tierplättchens seine Forscher platziert, so darf er das Tierplättchen einstreichen und bekommt dafür sofort und/oder bei Spielende Siegpunkte.

Um diese Tierplättchen könnte es eine echte Konkurrenz gegen, denn wenn das Plättchen weg ist, bekommen die Hinterbliebenen nichts mehr. Allerdings ist die Insel groß, der Forscher wenige, der Tierplättchen viele, und die Auswahl der Felder, auf die man seine Forscher stellen darf, ohnehin begrenzt, so daß große Lust an und auf Konkurrenz erst gar nicht aufkommt. Zudem spielt ein guter (Go-)Spieler bei sich selbst, so dass schon aus diesem Grund die guten Spieler sich nicht ins Gehege kommen.

Jetzt noch zu den Privilegien auf den Aktionskarten. Für ausgewählte Forschungstätigkeiten, für das Platzieren an, bei, neben oder unter ausgewählten Stellen bekommt man Siegpunkte, zusätzliche Spielsteine, braucht weniger Spielsteine um einen neuen Forscher zu platzieren, darf einen Wertungsmarker nochmals verschieben, kann die Farben seiner Spielsteine wechseln, bekommt zusätzliche Forscher, zusätzliche Kapazitäten für seine Privilegien, zusätzliche Aktionskarten zur Auswahl, und was dergleichen Effekte mehr sind. Der gute Stefan Feld hat sich immerhin 180 verschiedene Möglichkeiten dafür ausgedacht. Fast ein Rosenberger!

Wann ist das Spiel zu Ende? Wenn die fünf Wertungsmarker sich auf eine bestimmte Wertungssumme hochgeschoben haben! Dann wird der gesammelte Besitz an Tierplättchen nochmal durch alle Wertungsmühlen gedreht. Friedlich und fromm.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel ist schnell, aber ich kann ihm nichts abgewinnen. 3 Karten ziehen und nach bestem Wissen und Gewissen einsortieren, macht mich nicht satt), Günther: 5 (komplett solitär und zufällig), Horst: 6 (gute Kombination aus schnell und überschaubar, keine lange Überlegenszeiten, hätte gerne noch vier bis fünf Runden länger gespielt, hätte dem Spiel 7 Punkte gegeben, wenn das Ende nicht so abrupt gekommen wäre), Walter: 5 (Interaktion ist gleich Null).

2. “El Gaucho”

Aarons Engelszungen und dem eigenen schlechten Gewissen, durch Anfängerfehler die geniale Spielkonstruktion zum Einsturz gebracht zu haben, war es zu verdanken, dass ein bereits halb-abqualifiziertes Spiel nochmals auf den Tisch kam. (Siehe Spielbericht von letzter Woche.) Alle richteten ihre Blicke konzentriert auf den Viehdieb; jeder hatte die Absicht, ganz vorsichtig zu agieren, d.h. nur aufsteigende Ketten von zunächst kleinen Rinderwerten zu bilden, und dem Viehdieb keine leichte fette Beute zu überlassen. Zudem liebäugelte jeder, sogar unser Gegenstrategist Aaron, mit einem halben oder ganzen Auge in die Richtung, selber Viehdieb zu werden.

El Gaucho
El Gaucho

Dabei hätte Günther die Güntherrolle (siehe Spielbox-Diskussion zu „El Gaucho“) gerne den Mitspielern überlassen; ihm geht es bei allem Siegeswillen immer auch darum, die verschiedenen Strategien eines Spiels auszuprobieren, selbst wenn da mal was in die Hose gehen könnte. Sollte er aber kalten Blutes heute zusehen, wie Walter ihm den Günther macht? Das ging dann doch über seinen Altruismus. Also schlüpfte er der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb doch wieder selber in die Rolle des Viehdiebes, holte konsequent den Mitspielern das beste Pferd aus dem Stall … und gewann erneut mit nicht unerheblichem Vorsprung.

Die Stimmung war friedlich. Jeder war ja auf diesen Ablauf gefasst gewesen, nur der Erfolg oder Misserfolg dieses Vorgehens war offen. Aber unsere Vermutung des ersten Anscheins wurde vollauf bestätigt: der beste Viehdieb gewinnt.

Alle waren mit dem Viehdieb-Mechanismus in „El Gaucho“ grundsätzlich einverstanden. Er passt thematisch und ist ein hübsches Interaktionselement, das dem ansonsten eher solitären Würfeln-und-Einherden deutlich Spannung und Lebendigkeit verleiht. Doch muss es alle anderen ehrlichen Vorgehensweisen so entscheidend dominieren? Wäre es nicht auch halbstark gegangen?

Bei uns wurde keine einzige 4er Kette von Rindern gebildet und verkauft, immer nur kürzere. Wobei eine 4er oder 5er Kette mit 5 oder 6 als wertvollstem Rind auch absolut witzlos ist. Eine 4er oder längere Kette aber, mit einer 10, 11 oder 12 am Ende – welch eine Hoffnung, welch eine Freude eines jeden Gauchisten! Allerdings weckt sie, wenn sie sich denn überhaupt bilden lässt, in jedem Fall die höchste Begehrlichkeit aller Mitspieler und ist schneller wieder zerstört als aufgebaut. Echt schade um dieses konstruktive Freudenelement! Außerdem: Ist es in einem Familienspiel überhaupt angemessen, dass ein gerissener Vater seiner ungerissenen Tochter ein 12er Rind aus der sorgsam angesammelten Herde stiehlt?

WPG-Wertung: Aaron: 7 (vorher 6), Günther: 4 (bleibt, trotz seines Doppelerfolges; fand die Diebesrolle langweilig; wenn Autor und Verlag an dieser Problematik arbeiten würden, wäre das Spiel locker 7 bis 8 Punkte wert), Horst: 7 (ein super Spiel, findet den Würfelmechanismus total geil, würde ohne das diebische Ärger-Element 9 Punkte vergeben), Walter: 5 (vorher 3, hat seine moralische Entrüstung überwunden).

3. “Abluxxen”

Schon acht mal wurde uns dieses frische, als Amuse Gueule, Vorspeise, Suppe, Hauptspeise und als Dessert gleichermaßen willkommene Gericht aus der Kramer-Kiesling-Küche serviert. Wir haben uns daran noch nicht übergessen. Ganz im Gegenteil. Immer noch die gleiche Gaumenfreude.

Auch hier gibt es Ärgerelemente. Aber sie sind absolut integriert in den grundsätzlichen Abluxxen-Mechanismus, ja sie sind sogar das Salz in der Suppe. Und wenn es weh tut, dann mit dem wehmütigen Gedanken, dass man selber im Timing etwas verkehrt gemacht hat.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

26.11.2014: So gehn die Gauchos …

Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Andrea war auf einer Spritztour, und Moritz mußte am Abend seine Kinder hüten. Deshalb lud er die Westpark-Gamers diese Woche zum Spielabend in seine Wohnung im Glockenbach Viertel ein. Beim Eintreffen die von Kennern erwartete Szenerie: die Oma kämpft erfolglos mit dem abendlichen Abfüttern; die Blagen interessieren sich natürlich mehr für die Gäste im Spielzimmer als für das Wurstbrot. Und wenn ein bestimmter Duft die Zimtsterne übertrifft, dann müssen halt die Windeln gewechselt werden. Moritz schaffte alles mit vorzüglicher Kompetenz und Gelassenheit.

Walter hat aus der Betreuung seiner Enkelkinder Ähnliches gerade genugsam erlebt. Sein Fazit: ein Hoch auf alle erziehenden Mütter und alle erziehenden Väter! Vor allem, wenn sie das alleine tun müssen!

1. “Machi Koro”

Das kleine japanische Würfelspiel kam 2012 heraus. Dieses Jahr hat es KOSMOS übernommen und für Essen nochmals herausgebracht.

Die Westpark-Gamers im Glockenbach-Viertel
Die Westpark-Gamers im Glockenbach-Viertel

Jeder bekommt als Anfangsausstattung die Gebäude-Karten „Weizenfeld“ und „Bäckerei“. Reihum wird mit einem, später optional auch mit zwei Hexawürfeln gewürfelt. Wenn irgend ein Spieler eine 1 würfelt, bekommt jeder Weizenfeld-Besitzer (also alle!) eine Münze. Die Bäckerei bringt eine Münze ein, wenn eine 2 oder 3 gewürfelt wird. Die bekommt diesmal aber nur derjenige, der diese Augenzahl gewürfelt hat.

Mit den eingenommenen Münzen legt man sich sukzessive weitere Gebäude zu, die ebenfalls Münzen einbringen, je nachdem, welche Augenzahlen gewürfelt wurden. Manche Gebäude bringen eine, manche zwei, manche sogar fünf Münzen für den richtigen Würfelwurf.

Meist kommt das Geld von der Bank. Für das „Café“ und das „Stadion“ muss sogar der Mitspieler blechen, der die segensreiche Augenzahl gerade 3 bzw. 6 gewürfelt hat. Da kommt Freude auf …

So wachsen die Gebäude-Ensembles, man bekommt pro Würfelwurf immer mehr Geld und tritt ggf. seinen Mitspielern den geforderten Obolus ab. Wenn man genügend Geld beisammen hat, legt man sich eines seiner vier Sondergebäude zu, die kein Geld sondern Vorteile beim Würfel einbringen, z.B. nochmals würfeln, mit zwei Würfeln würfeln, oder Sonderprämien bei Paschs. Wer als erster alle seine vier Sondergebäude gebaut hat, beendet das Spiel als Sieger.

Heute machte uns Günther den Aaron, d.h. er würfelte grottenschlecht. 90% seiner Würfe waren Dreier, mit denen er regelmäßig sein gesamtes Geld unter die Kaffeetanten verteilen mußte. Aaron hingegen machte uns den Günther: er legte sich die durchdachtesten Gebäudekombinationen zu, so dass er schon einige Runden vor Schluss unabhängig von den noch zu würfelnden Augenzahlen der sichere Sieger war. Was haben die anderen bloß falsch gemacht? …

WPG-Wertung: Aaron: 6 (super Absacker mit Ärgerpotential), Günther: 4 (das Spiel hat schon gewisse Geschichtln [was immer er darunter verstehen mag]), Moritz: 4 (habe schon tausende von Spielen dieser Art gespielt, kein Mechanismus davon ist bemerkenswert [neu]), Walter: 4 (chaotisches Würfelspiel mit Ärger- respektive Schadenfreude-Elementen, 5 Punkte gäbe es, wenn die Enkeltochter schon im Vorschulalter wäre).

2. “El Gaucho”

Das diesjährige Essen-Spiel von Aaron’s Yunnan Argentum-Verlag. Hallo Verlag: Herzlichen Glückwunsch zum 10-jährigen Bestehen! Mit Argentum-Vorschusslorbeeren gingen wir an die Arbeit.

Aaron durfte erklären. Ohne Ausschweifungen und ohne seine Vorkenntnisse auszugraben ging er ganz linear nach dem Regelheft vor! Ganz unten auf Seite 2 steht hier auf einmal:
„Tipp: Bevor ihr anfangt, erklärt an dieser Stelle vollständig das Spiel!“
Na, wenn sich hier keine mindestens 10-jährige Vielspieler-Erfahrung ausdrückt! Alle hörten der weiteren, vollständigen Erklärung ohne Zwischenfragen zu.

Nach Ysphahan-Manier würfelt der jeweilige Startspieler mit allen (= Spielerzahl × 2 + 1) Würfeln für sich und seine Mitspieler. Reihum darf sich jetzt jeder zwei beliebige Würfel aussuchen und nutzen. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:

  1. Sich eines oder zwei der ausliegenden Rinder aneignen.
    Auf dem Spielplan liegen Rinderkarten mit aufgedruckten großen Zahlen zwischen 1 und 12. Für jeden der beiden ausgewählten Würfel darf man einen Besitzpöppel auf eine Rinderkarte stellen, die genau die entsprechende Augenzahl aufweist. Oder auf eine Rinderkarte, die genau die Summe der beiden Augenzahlen entspricht.
  2. Sich eines oder zwei der ausliegenden Rinder reservieren.
    Auf den Rinderkarte ist auch noch je eine kleine Zahl zwischen 1 und 6 aufgedruckt. Reservieren funktioniert genauso wir das Aneigenen, nur muss mit den gewählten Würfel(n) halt die kleine Zahl genau getroffen werden.
    Beim Reservieren wird der Besitzpöppel auf die Rinderkarte gelegt. In einem späteren Zug kann man durch das Wählen eines Würfels mit nochmal dieser gleichen kleinen Zahl aus dem Reservieren ein Aneignen machen.
    Allerdings unterliegt man hier dem Risiko, vorher von einem bösen Mitspieler bereits wieder verdrängt worden zu sein (siehe unten).
  3. Mit den Loserwürfen 1 bis 3 kann man bei den Rinderherden keinen großen Pappenstiel gewinnen; dafür aber darf man mit ihnen “Sonderaktionen” einkaufen, die man ab der nächsten Runde einmal beliebig nutzen kann
  • Die Sonderaktion “Wunschwurf” stellt – für den Rinderkauf – einen zusätzlichen virtuellen Würfel mit einer beliebigen Augenzahl zur Verfügung.
  • Die Sonderaktion “Rind stehlen” erlaubt es, einem Mitspieler ein beliebiges Rind aus seiner Auslage zu stehlen. (Oh Gott, oh Gott!).
  • Die Sonderaktion “Gauchos aufwecken oder verdrängen” erlaubt es,
    a) aus ein bis zwei eigenen Reservierungen jeweils ein Aneignen zu machen
    oder
    b) aus einer fremden Reservierung ein eigenes Aneignen zu machen; der fremde liegende Besitzpöppel wird entfernt und stattdessen ein eigener Pöppel auf die Karte gestellt. (oh Halbgott, oh Halbgott!).
  • Mit der Sonderaktion “Sofortverkauf” darf man eine seiner Herden sofort an die Bank verkaufen. Ansonsten ist der Verkauf nur in bestimmten Spielsituationen erlaubt.
  • Mit der Sonderaktion “Einsortieren” darf man ein irgendwann mal später erworbenes Rind an beliebiger Stelle innerhalb seiner Herden einordnen, ansonsten muss es genau ans Ende der Herde gestellt werden. Was es damit zu tun hat, kriegen wir gleich.

Rinderkarten gibt es in fünf verschiedenen Farben. Jeder Spieler muss seine Rinder farbenweise zu einer Kette zusammenstellen. Jedes neue Rind muß rechts an die Kette der gleichfarbigen Rinder angelegt werden. Dabei müssen die großen Zahlen der Rinderkarten streng aufsteigend oder streng absteigend aufeinander folgen. Wird ein Rind erworben, bei dem diese geforderte strenge Ordnung unterbrochen wird, so wird die bisher in dieser Farbe gesammelte Herde an die Bank verkauft und mit dem neu erworbenen Rind eine neue Kette angefangen.

Der Wert einer Herde bestimmt sich aus dem höchsten Wert der darin enthaltenen Rinderkarten multipliziert mit der Anzahl der verkauften Rinder. Es ist also besonders lukrativ, beim Verkauf ein 12er Rind am Anfang oder am Ende einer Kette zu haben. Aber genau diese hohen Karten werden natürlich die bevorzugten Opfer von Viehdieben.

Günther fand mit „Rind stehlen” und “Sofortverkauf” eine Aktionskombination, die er konsequent verfolgte und mit der er alle seine Mitspieler überrundete: 204 Siegpunkte vor Moritz als Zweitplatziertem mit 142 Siegpunkten. Weil uns schien, dass diese “böse” Strategie allen anderen „guten“ konstruktiven Sammelstrategien überlegen war, geriet die positive Anfangsstimmung schnell ins Wanken. Selbst Argentum-Nibelunge Aaron konnte das anrollende Grimmen nicht mehr abfedern. Nach jedem Spielzug von Günther wurden die vergebenen WPG-Noten reduziert, bis sie schließlich bei frustrierten 2-3 Punkten stehenblieben.

Hier gehört auch noch dazu, dass Moritzens zweiterfolgreichste Strategie ebenfalls eine „böse“ war: Er ließ vorzugsweise mit „Gauchos verdrängen“ die restlichen (braven, konstruktiven) Mitspieler hinter sich. Ja, wenn „El Gaucho“ ein Familienspiel sein soll, dann darf man – schon aus erzieherischen Gründen – nicht durch Stehlen und rüpelhaftes Verdrängen gewinnen. Wie gut, dass Moritz’ Kinder schon im Bett waren.

Aber wenn „El Gaucho“ kein Familienspiel sein soll, und wenn sich alle Spieler auf raubeiniges Vorgehen einlassen müssen, dann ist der Ablauf zu chaotisch. Zu unberechenbar für den hier trotzdem noch benötigten Gehirnschmalz.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Es hat Gegenstrategien, wir haben sie einfach nicht praktiziert! [Nicht gefunden?]) Günther: 4 (Ich versuche, dem Spiel noch was Positive abzugewinnen. Das Prinzip ist ja ganz nett, leider die Destruktion aber zu dominierend), Moritz: 4 (wegen des hübschen Materials gebe ich keine 3), Walter: 3 (hübsches Design mit mancherlei netten Mechanismen; doch die negative Killerstrategie macht es kaputt!)

3. “Jungle Rumble”

Moritz errinnerte hier an „Rumble in the Jungle“, einen historischen Boxkampf zwischen George Foreman und Muhammad Ali, der am 30. Oktober 1974 in Kinshasa stattfand. Afrika gewann an Selbstwertgefühl und der Veranstalter sparte sich gemäß damaliger Rechtslage 100% der Steuern. Muhammad Ali gewann, nachdem er sich mehrere Runden lang freiwillig hatte in die Seile drängen lassen und dann Foreman in der achten Runde mit zwei schnellen Links-rechts-Kombinationen und neun aufeinander folgenden Kopftreffern niederstreckte.

Spielhilfe. Moritz sagt, es wäre japanisch
Spielhilfe. Moritz sagt, es wäre japanisch

Ob diese Dschungel-Schlägerei für „Jumble Rumble“ der Namenspatron war, darf bezweifelt werden. Hier wird nicht geprügelt, überhaupt nicht, sondern friedliche Familien wetteifern um die Vorherrschaft auf dem Sofa. Ob diese Familien nun aus den üblichen Pöppeln, aus Katzen oder aus Mäusen bestehen, hat mit dem weiteren Thema überhaupt nichts zu tun. Es sind schlichtweg Arbeiter, aber „Jungle Rumble“ hat sie in der Inkarnation von Katzen zur Welt gebracht.

Wie vom Autor Andreas Seyfarth bei „Puerto Rico“ und „San Juan“ vorgemacht, wählt sich ein Startspieler eine von fünf Aktionen aus, die er für jede seiner aktiven Katzen ausführen darf; die Mitspieler dürfen die gleiche Aktion ebenfalls ausführen, aber nur für eine ihrer Katzen. Dann wählt der nächste Spieler für sich und alle seine Katzen eine der restlichen Aktionen aus, und wiederum dürfen die Mitspieler auf Wunsch mit einer ihrer Katzen nachziehen. So setzt sich das fort, bis in jeder Runde jeder Spieler eine Aktion wählen durfte.

Jede aktiv gewordene Katze fällt unverzüglich aus und muss für ihre nächste Aktion explizit aufgeweckt werden. Aber was tun die Katzen, wenn sie aktiv sind?

  • sie verwandeln sich in Nahrung, die a) zur Ernährung benötigt wird und b) am Ende (ein paar spärliche) Siegpunkte einbringen
  • sie verwandeln sich in Felder und Wassergräben, die pro Runde neue Nahrung und am Ende Siegpunkte liefern
  • sie verwandeln sich in Goldstücke, die a) zur Erzeugung neuer Katzen benötigt werden und b) am Ende (ein paar spärliche) Siegpunkte einbringen.
  • sie verwandeln sich und Goldstücke in zusätzliche Katzen
  • sie verwandeln sich und Goldstücke in Ladenbesitzer, die aus Nahrung und Goldstücken erklecklich mehr Siegpunkte machen können.

Einige hübsche Optimierungsszenarios können hier durchgespielt werden. Man kann Katzenzucht betreiben, schnell auf möglichst viele Katzen lossteuern und sie oft genug und progressiv wachsend in Katzenfutter verwandeln. Man kann seine Katzen kurz halten, sich vorsichtig Felder zulegen, damit kein Nahrungsengpass entsteht und man sein Aktionspotential variable und konstruktiv nutzen kann. Man kann auf Ladenbesitzer machen, um mit ihrer Hilfe sein Gold und seine Nahrung mit gesteigerter Effizienz in Siegpunkte umzuwandeln. Man kann … Kann man? Wir sind mehr oder weniger alle den haushälterischen Weg mit den Feldern gegangen. Kein einziger Ladenbesitzer wurde eingetauscht. Entsprechend einförmig war der Spielablauf. Und da man am Anfang auch nur mit sehr spärlichen Betriebsmitteln ausgestattet ist, verlief die Entwicklung der verschiedenen Katzenfamilien auch noch ziemlich schleppend. Für San Juaniter etwas unbefriedigend.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel war zu Ende, als es gerade erst in Schwung gekommen war), Günther: 4 (es funktioniert), Moritz: 5 (ich habe das Gefühl, dass wir irgendetwas falsch gespielt haben; vielleicht war es auch ein Fehler, dass wir alle zu ähnlich gespielt haben; vielleicht hätte jeder eine andere extreme Strategie wählen sollen), Walter: 5 (konstruktiv mit viel Interaktion, aber zu gleichförmig).

4. “Bluff”
Nachdem Aaron und Walter blitzschnell rausgekickt waren, lieferten sich Moritz und Günther mit 5:3 Würfeln den Kampf der Giganten.

Moritz: 2 mal die Zwei
Günther: 2 mal die Drei
Moritz: 3 mal die Vier
Günther: 2 mal Stern
Moritz: 5 mal die Zwei
Günther: 6 mal die Zwei
Moritz: 6 mal die Vier
Günther: 4 mal Stern
Moritz: 5 mal Stern
Günther: 6 mal Stern!

Jetzt zweifelte Moritz an und Günther verlor einen Würfel! Einen einzigen! Es war die erste falsche Angabe innerhalb dieser Sequenz. Was hatte ein jeder unter dem Becher?

Selbst post mortem kann man es höchstenfalls ahnen. Lediglich dass eine Menge Sterne im Spiel waren, war klar. Moritz hatte 1 mal die Vier und 4 mal den Stern und Günther hatte Zwei, Vier und einen Stern.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.