Welches sind die bekanntesten Spieleautoren in Deutschland? Wenn man den ersten gefunden hat, findet man gleich eine ganze Reihe, denn Google referenziert auf seiner Trefferseite gleich drei bis fünf weitere Subjekte des Interesses. So kann man sich von einem zum anderen durchhangeln und ist gleich bei einer erklecklichen Anzahl bekannter Spieleautoren gelandet, von Antoine Bauza bis Hans-Jürgen Wrede.
In dieser Autoren-Referenzier-Matrix mit 17 Einträgen wird 9 mal Reiner Knizia erwähnt, 8 mal Uwe Rosenberg und je 6 mal Rüdiger Dorn und Michael Kramer. Wer von Google hier warum aufgeführt wird, bleibt deren Geheimnis. Es ist ein kleiner, feiner Kreis, aber so bekannte und erfolgreiche Autoren wie Franz-Benno Delonge, Alex Randolph, Michael Schacht und Martin Wallace kommen nicht vor. Fehler im Referenzierungs-Algorithmus?
Immerhin gibt es eine Seite im Internet, wo die „erfolgreichen Spieleautoren“, d.h. diejenigen, die schon einmal einen der begehrte deutschen Spiele-Preise bekommen haben, gleich alle (?) auf einem Schlag aufgeführt werden. Hier erfährt man auch, dass es einen Unterschied geben soll zwischen „Spiel-Autor“ und „Spiele-Erfinder“. Genaueres darüber kann man bei der SAZ (Spiele Autoren Zunft) erfahren. Bei Computerspielen heißt der Autor übrigens „Spiele-Entwickler“!
1. “Cottage Garden”
Uwe Rosenberg ist bei uns bekannt als Autor höchst komplexer Spiele mit einer ingenieurmäßig ausgetüftelten Balance. Im Gegensatz zu solchen teilweise „Spielemonstern“ hat er 2014 mit „Patchwork“ ein hübsches kleines 2-Personen-Spiel herausgebracht, in dem es ganz einfach darum geht, möglichst schnell ein 9 mal 9 Felder großes Quadrat mit einer Reihe von ausliegenden Tetris-artigen Bauteilen lückenlos zu füllen.
Auf dringenden Wunsch von Mehr-Personen-Spielgruppen hat Rosenberg diese Spielidee jetzt zu einem 4-Personen-Spiel erweitert. Hier liegen die angebotenen Tetris-Teile nicht mehr vollständig in einer Kette auf dem Tisch, sondern streng portioniert in einer 4 mal 4 Matrix, wobei jeder Spieler sein nächstes Bauteil aus genau einer wohldefinierten Spalte (oder Zeile) auswählen muss. Die Matrix wird auf dieser Weise von Zug zu Zug ausgedünnt, und erst wenn für einen Spieler nur noch ein einziges Bauteil zur Verfügung steht, wird die entsprechende Spalte (oder Zeile) wieder aufgefüllt.
Die Spieler müssen auch kein einzelnes großes 9 x 9 Patchwork-Quadrat auffüllen, sondern verschieden kleinere 5 x 5 Felder große Garten-Quadrate – jeweils zwei parallel – , die teilweise schon mit Siegpunkt-trächtigen Objekten (Blumentöpfen und Pflanzglocken) bedruckt sind. Ein gewisses Vorstellungsvermögen, welche Bauteil-Form am besten in die Garten-Quadrate eines Spieler passen, ist durchaus von Vorteil. Man darf aber beliebig lang probieren, d.h. jedes einzelne der zulässigen Bauteile auf die Hand nehmen und vor Ort im Garten drehen und wenden und einpassen, um zu schauen, ob es genehm ist. Passt keines der zulässigen Bauteile so richtig zu dem halbfertig angelegten Garten, so darf man sich auch einen simplen Blumentopf aus der Schubkarre holen und auf eines der verwaisten Felder legen. Das füllt zwar nicht besonders viel Gartenfläche, bringt aber wenigstens einen zusätzlichen Siegpunkt ein.
Rosenberg hat noch eine Anzahl kleinerer Effekte für Prämien, Zug-Varianz und Siegpunkt-Dynamik eingebaut, so dass „Cottage Garten“ einen lockeren, gefälligen, spielerischen Gesamteindruck hinterläßt. Keine Herausforderung für Nobelpreisträger im Gartenbau, aber genügend Spaß für angehende Enkel im schulpflichten Alter.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spiel ist schnell; 1 Punkt für die Niedlichkeit [in Thema und Ausstattung?]), Günther: 6 („Patchwork“ ist besser; das dortige Tableau ist eine größere topologische Herausforderung und der dortige Teile-Nehm-Mechanismus ist ebenfalls deutlich pfiffiger), Walter: 7 (Sympathiepunkte für ein auch am Westpark spielbares Familienspiel, Sympathiepunkte für einen lockeren Rosenberg).
2. “Tempel des Schreckens”
Ein kleines Kartenspiel, bei dem die Mitspieler in verdeckte Rollen von Abenteurer und Wächterinnen schlüpfen und nach einem definierten Schema die verdeckt ausliegenden Karten mit leeren, gefüllten und verzauberten Schatzkammern mehr oder weniger auf gut Glück eine nach der anderen aufdecken. Wurden am Ende zuerst alle gefüllten Schatzkammern aufgedeckt, so haben die Abenteurer (alle gemeinsam!) gewonnen, wurden zuerst die verzauberten Schatzkammern aufgefüllt, so haben die Wächterinnen (alle!) gewonnen. Wurden bis zu einem definierten Rest von Schatzkammer-Karten weder alle gefüllten noch alle verzauberten Schatzkammern aufgedeckt, so gewinnen wiederum die Wächterinnen. Ein höchst kooperativer Spielablauf zweier Parteien, von denen man a priori nicht weiß, wer zu wem gehört.
Na ja, bis jetzt ist ja noch gar kein Pfiff zu erkennen. Etwas davon ist aber doch enthalten. Jeder Spieler ist der Owner von einem Teil der Schatzkammern. Diese darf er sich anschauen und entsprechend seiner Rolle anpreisen. Ein Abenteurer kann also z.B. sagen: „In meinen Schatzkammern gibt es zu viele verzauberte! Schatzkammern, bitte die Finger davon lassen!“ oder „In meinen Schatzkammern gibt es keine einzige verzauberte Karte, Abenteurer, greift nur alle herzlich zu.“ Wenn der Spieler, der so spricht, allerdings eine Wächterin ist, dann wird wohl das Gegenteil davon wahr sein. Jetzt kann jeder Spieler darüber spekulieren, ob der entsprechende Aufklärer die Wahrheit gesagt oder gelogen hat, ob er Abenteurer ist oder Wächterin. Die Spielanleitung schreibt: „Der Spielspaß hängt stark von den Diskussionen im Verlauf des Spiels ab. Führt ruhig hitzige Diskussionen! … Blufft! Drängt die Mitspieler zu Entscheidungen, die sie hinterher bereuen.“ Natürlich, so etwas KANN Spaß machen, aber natürlich NICHT am Westpark!
Wir haben eine ganze Weile darüber diskutiert, ob es lohnenswert ist, die Wahrheit zu sagen oder zu lügen. Andeutungsweises Fazit: Die Abenteurer sollten von vorne herein die Wahrheit sagen. Es gibt viele davon, wenn man blind einem Mitspieler folgt, so ist er mit großer Wahrscheinlichkeit ein Abenteurer. Die Wächterinnen dürfen ihre Identität nicht verraten! Da es nur wenige von ihnen gibt, haben sie sofort verloren, wenn ihre Identität bekannt ist. Also sollten sie sich in den ersten Runden als Abenteurer gebärden und eine entsprechende Abenteurer-Auskunft über ihre Schatzkammern geben. Ein Argument mehr für alle Mitspieler, an die Wahrheit der Aussagen zu glauben. Erst wenn man (die Abenteurer) zum ersten Mal auf eine Wächterinnen-Lüge hereingefallen sind, heißt es aufpassen. Die entsprechende Wächterin ist aber für den Rest des Spiels (für die Mehrheit der Abenteurer) tabu. Wer trotzdem von ihr eine Schatzkammer aufdeckt, ist ebenfalls eine Wächterin. Es gibt keinen Grund für einen Abenteurer, eine Karte bei einer Wächterin aufzudecken. … Macht diese Logik Spaß?
In der dritten Runde versuchten wir, mit OFFEN ausliegenden Schatzkammern hinter das Geheimnis des Tempels zu kommen. Walter als ehrlicher Abenteurer nominierte sogleich eine gefüllte Schatzkammer. Aaron versuchte ein Versteckspiel mit einer leeren Schatzkammer. Das war aber nur ein Pseudo-Versteck. Bei dem reichlichen Angebot von gefüllten Schatzkammern würde kein wahrer Abenteuer eine leere Schatzkammer auswählen. Da hatte es Günther nicht schwer, seine ebenfalls Wächterinnen-Rolle durch die Wahl einer verzauberten Schatzkammer zu offenbaren. Anschließend konnte Aaron problemlos den Sack zumachen. Gegen zwei Wächterinnen hätte nicht einmal ein Old Shatterhand eine Chance gehabt.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (zu dritt [am Westpark] funktioniert das Spiel nicht, ich habe aber schon viele größere Runden erlebt, in denen herzlich gelacht wurde), Günther: 5 (nichts für mich. „Ich bin der Papst und gebe meinen Segen anderen Spielen“), Walter: 4 (nichts für uns, wir können nicht wild herum argumentieren, uns dabei hinter Lügen und Wahrheiten verstecken, und uns freuen, wenn jemand auf unsere Demagogie hereingefallen ist).
3. “Gold West”
Eine Reprise beendete den heutigen Spieleabend. Ein „ordentliches“, konstruktives Spiel, dessen Vor- und Nachteile wir bereits vor ziemlich genau einem Jahr kennengelernt und konstatiert haben. Sehr hübsch ist der Kalah-artige Zugmechanismus, etwas problematisch die übergroße Fülle an Möglichkeiten, Siegpunkte zu machen:
• durch konstruktives Bauen (zusammenhängend oder in prämierter Formation)
• auf den vier Einfluss-Schienen
• über ausgelobte Investment-Karten
• über Prämierungen in der Goldgräberstadt
• durch Verschiffung von Rohstoffen
Günther als Gold-West erfahrener Spieler ging vom Start weg auf Plünderungen aus. Bauholz und Bausteine für den ehrlichen Hüttenbau ließ er links liegen, sondern griff auf Teufel-komm-raus bei den Edelmetallen zu, um die ausgelobten Investments zu tätigen. Er war damit nicht erfolgreich. Aber er hat dabei wieder etwas dazugelernt, was man nicht von jeder Art Spielen sagen kann.
WPG-Wertung: Trotz Lob und Kritik, trotz Fehlern und Erfolgen blieben alle Spieler bei ihren (relativ guten) 7 Punkten.