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01.10.2014: Erst fing es ganz langsam an

Sechs Tage stand unserer letzter Spielbericht im Internet, und ausschließlich im eigenen Saft haben wir uns mit Kommentaren über stumpfsinnige und blödsinnige Spielweisen bei „Amun Re“ ausgelassen. Dann tauchte aus dem Autorenkreis um „Geheimsache“ als Kommentar der Verdacht auf, wir hätten dieses Spiel vielleicht nicht verstanden oder nicht richtig gespielt. Binnen 24 Stunden wurden 12 Positionen und Gegenpositionen dazu öffentlich in den Ring geworfen. Zusätzlich wurden über den nicht-öffentlichen WPG-Verteiler nochmal geschlagene 43 Mails zu diesem Thema ausgetauscht. Von Aufforderungen zu mehr Freundlichkeit gegenüber Mitspielern und Lesern ging es über die Verteidigung von Deduktionsspielen und die Qualifikation der geheimen Tester bis zur statistischen Analyse der „Wochenpläne“.

Günther war aufgefallen, dass man 5 verschiedene Farben in 120 verschiedenen Reihenfolgen präsentieren kann. „Geheimsache“ enthält aber nur 18 verschiedene Wochenpläne. Da kommen fast 80% der möglichen Kombiationen gar nicht vor. Ist dann wenigstens der Rest ziemlich „gleichverteilt“? Siehe da: überhaupt nicht! Bei mehr als der Hälfte aller Karten gibt es zu einer gegebenen Farbe für Montag und Freitag nur überhaupt ein einziges Exemplar. Damit braucht man nur diese beiden Farben herauszufinden und schon hat man die Lösung komplett. Designfehler, Material-Sparen am falschen Ende oder gewollter Autoren-Trick?

Wer Pech hat, dem wird kein solcher rachitisch-leichter Wochenplan zugeteilt. Er muss sich dann immer noch um die Mittelfarben quälen, während seine Mitspieler schon mit der Lösung triumphieren. Abbitte an „Edith“: Nein, soweit haben wir uns wirklich nicht mit dem Spiel beschäftigt. Aber wenn wir das getan hätten, dann wäre „Geheimsache“ a priori nicht auf unserem Tisch gelandet. Wo aber sonst? Das verrate ich jetzt nicht.

PS: Hallo Horst, diese nerdige Einleitung musst Du leider nochmals über Dich ergehen lassen. Ich hatte sie schon fertig verfasst, als Deine nerdisch-verzweifelte Mail eingetrudelt ist …

1. “Viking Fury”

Moritz erklärt "Viking Fury"
Moritz erklärt “Viking Fury”

Die Wikinger waren nicht nur tumbe Germanen mit Büffelhörnern auf dem Kopf, sie waren um die Wende zum ersten nachchristlichen Jahrtausend auch ein äußerst erfolgreiches Seeräuber-Volk, das rund um das ganze Europa herum alle Meeresanrainer bedrängte, beraubte und vergewaltigte. Und wenn nix ging, dann halt erst mal Handel mit den beliebäugelten Mordopfern trieb.

Dieses „Wikinger Toben“ versuchte eine Gruppe von Autoren um die Ragner Brothers als Spiel nachzustellen. Auf Inseln in der Ostsee rüsten wir unsere Schiffe aus. Wir beladen sie mit Mannschaft und/oder mit Waren und senden sie dann auf Handels-, Besiedelungs- oder Eroberungsreisen aus.

Handel ist immer erfolgreich, allerdings kriegt man im ganzen Spiel pro fremder Stadt nur eine einzige Ware los. Auch der Siegpunkt-Erlös dafür hält sich in Grenzen. Lukrativer ist schon die Besiedelung, allerdings muss man würfeln, wenn sie gelingen soll. An manchen Stellen braucht man schon eine Sechs, um sich hiern niederlassen zu dürfen. Auch für erfolgreiche Eroberungen muss man würfeln. Sie bringen zunächst mal weniger Siegpunkte als Besiedelungen, wenn man damit aber öffentlich ausliegende „Saga“-Aufträge erfüllt, kommt noch mal ein erheblicher Siegpunktbatzen dazu. Ausserdem wird die Summe der erfüllten Sagas am Ende nochmals dicke honoriert.

Beim Ausrüsten eines Schiffes können wir es mit Runen-Zauber eindecken. Der hilft uns unterwegs beim Zuladen von Mannschaft und Ware, vor allem aber erlaubt er uns ein aggressives Vorgehen gegen unsere Mitspieler. Die einzige Art von Aggression! Ansonsten verläuft alles friedlich. Wer zuerst kommt, malt zuerst: wer zuerst handelt, verstopft den Warenfluss, wer zuerst siedelt, hat den einzigen Bauplatz ergattert, und wer zuerst erobert, der hat ohnehin nix nutz- und vögelbares hinterlassen. Etwas wenig Interaktion.

Die aggressiven Runen-Zauber besitzen erhebliche Einschlagskraft. Nicht planbar, nicht abwehrbar, aber krass. Überhaupt sind die ganzen Siegpunkt-Quellen und Senken ziemlich krass. Ein einziger normaler bis guter Würfelwurf hätte Moritz 25 Punkte bringen können (mehr als die Hälfte seines Rückstandes gegenüber dem Sieger Horst). Und mit einer einzigen Runenkarte konnte Peter seinen (konsequent ausgerechnet) schärfsten Konkurrenten Horst um 20 Punkte (16% seiner Gesamt-Siegpunkte) schädigen.

Ein bisschen mehr Balance, ein bisschen mehr Vorhersehbarkeit hätte dem Spiel gut getan. Zumindest nach heutigen Maßstäben. Aber das Spiel ist bereits 10 Jahre alt, einmal wurde es bisher am Westpark, und einmal von Moritz bei den Spuiratzn gespielt und beschrieben. „Super new game by the legendary Ragnar Brothers“ schwärmte Moritz damals in seinem Session-Report. Eine Euphorie, die sich heute nicht so recht einstellen wollte.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (4 Punkte für das zu lange dauernde Glückspiel, 1 Punkt für die Wikinger), Horst: 6 (8 Punkte für meinen Sieg und 3 Punkte für die fiese Kingmakerei), Moritz: 8 (hat von seiner früheren Wertung nichts zurückgenommen; das Spiel ist ein Klassiker, die Mechanismen sind OK, trotz der krassen Effekte mag ich dieses Spiel), Peter: 5 (früher 8, das Spiel dauert zu lange, 2 ½ Stunden!), Walter: 6 (Aaron fragte nach: „Willst Du es noch häufiger spielen?“ „Wenigstens einmal noch, mit dem heute besseren Verständnis über die Vergabe von Siegpunkten.“)

Am Westpark besitzt das Spiel leider ein großes Handicap: Das fast 1 qm große Spielbrett besteht aus einem bedrucken Stück weißes Leinen. Äußerst Rotwein anfällig! In der Aufbauphase, während des Spiels, und heute auch in der Aufräumphase …

2. “Koryo”

Moritz musste sich überwinden, diesem Absacker aus der Wilhelminischen Ära nochmals zuzustimmen. „Im ganzen Spiel trifft man genau neun triviale Entscheidungen, die sich quasi aufdrängen.“

Leider verbringt man zudem auch noch die Hälfte der Zeit mit Karten-Mischen und Austeilen. Trotzdem geht alles relativ schnell, und das ist zweifellos einer der Vorzüge des Spiels. Die anderen kommen nur dann zum Tragen, wenn man das Spiel leicht und locker angeht. Keine einfache Übung am Westpark.

WPG-Wertung: Aaron bestätigte mit seinen 6 Punkten Koryo’s Abwärtstrend am Westpark (schnell mit erheblichem Glückseinfluss).

3. “Bluff”

Im Endkampf mit 4 Würfeln gegen 2 von Aaron fing Moritz mit 1 mal die Fünf an. Aaron hob am 2 mal die Fünf und Moritz auf 3 mal die Fünf.

Aaron hatte zwei Dreien unter dem Becher und zweifelte an. Das kostete ihn einen Würfel und besiegelte gleich danach auch sein restliches Schicksal.

Logelei: Moritz hatte mit seiner Vorgabe „3 mal die Fünf“ seinem Kontrahenten drei Bluff-Erhöhungsmöglichkeiten überlassen, die besser gewesen wären. Welche waren das? Welche davon hätte mit großer Wahrscheinlichkeit gewonnen? Mit welche Wahrscheinlichkeit hätte sie – in erster Näherung – NICHT gewonnen?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

03.09.2014: Die Mumie von Avalon Hill

Nein, wir sind noch nicht untergegangen. Während Walter im fernen Ungarnlande weilte und den Rocksaum seiner Schwiegermutter küßte, fanden zwei WPG-Spielabende statt:

Am 13.8. kamen Aaron, Günther und Wilhelm (Ehrengast) zu Peter und vergnügten sich mit

  • “Sail to India“ (neu)
  • “Die Baumeister des Mittelalters“ (Weiß der Kuckuck, was das für ein Spiel sein soll)
  • “Limes“ (eines von Wilhelms Lieblingen; für eine wortlose Scrabble-Familie; eine Woche zuvor erstmals gespielt, noch immer keine Noten vergeben)
  • “Valeo“ (Aarons Eigenentwicklung)

Am 20.8. kamen Günther, Loredana und Peter zu Aaron

  • „Egizia“ (HiG-Spiel von 2009, WPG-Notenschnitt: 7,6, wobei hier der Außenseiter Sven eine gute 8 vermasselt hat)
  • “Kingdom Builder“ (Queen Games Spiel von 2011, wobei kein Außreißer den WPG-Schnitt von 5 vermasselt hat)

Bis auf “Sail to India” nix Neues, so dass sich kein Beteiligter eines Spielberichtes erbarmt hat. Zudem hat „Sail“ außer Aaron keinem wirklich gut gefallen. „Deshalb möchte ich das noch einmal spielen, bevor wir etwas drüber schreiben.“

Wir werden sehen, ob das „noch einmal“ noch einmal stattfinden wird.

Wizard's Quest
Wizard’s Quest

1. “Wizard’s Quest”

Wenn sich eine Spielgeneration über anderthalb Jahre erstreckt, dann entspricht „Wizard’s Quest“ einem Menschenalter von etwa siebenhundert Jahren. Moritz legte eine jungfräuliche Mumie auf den Tisch und wir durften erst mal das üppige Spielmaterial an Manpower, Heros, Sorcerers, Orcs, einem Wizard, einem Dragon und 35 Petition-Cards aus ihrem gestanzten Totenschlaf heraus-pulen.

Für die Startaufstellung werden pro Spieler etwa 20 individuelle Einheiten nach festen Regeln auf den 36 Regionen der Zauberinsel „Marnon“ verteilt. Weiterhin tummeln sich hier ungezählte Orcs, sowie die beiden globalen Spielplättchen für Wizard und Dragon. Ähnlich den Völkerschlachten von „Civilisation“ oder „Vinci“ vermehrt jeder Spieler seine Bevölkerung, greift Nachbarfelder mit mitspielerischen oder orclichen Gegnern an, und versucht an seine drei Schätze heranzukommen, die von den Mitspielern möglichst weit vom Schuss abgelegt wurden. Wer seinen dritten Schatz gehoben hat, ist Sieger.

Zum Kämpfen wird gewürfelt. Geländeformation, Hero und Sorcerer bringen Würfelvorteile, ansonsten schädigt ein einzelner Angreifer nur dann, wenn er eine Eins würfel, zwei Angreifer schädigen dann, wenn sie eine Eins oder eine Zwei würfeln, usw. Moritz wußte zu extrapolieren: „Und wenn man Sex zusammenbringt, kann man auch Sex-Schaden machen.“

Zwischendurch agieren die Orcs und tun das gleiche wie wir: sie vermehren sich und greifen an. Sie wirken ähnlich wie das Schwere Wasser in den Atomreaktoren: Sie sorgen dafür, dass die freiwerdende Energie stark reduziert wird, so dass die Dominanz keines Spielers explodiert.

Bevölkerungswachstum und Angriffe werden durch zufällig gezogene Petitionskarten beeinflußt: Wer Glück hat bekommt zusätzliche Leute und darf zusätzliche Angriffe starten, wer Pech hat, bekommt weniger bis gar keine Leute. Das Pech traf heute ausschließlich Moritz: Einmal hatte er deshalb so wenig Personal auf dem Spielbrett, dass er sogar gänzlich auf seinen Angriff verzichtete. Seit wann können Krieger Schaden-Nutzen-Relationen überblicken?!

Walter konnte schon in seinem ersten Spielzug die Felder von zweien seiner drei Schätze erobern. Das noch ziemlich ausgedünnte Niveau der Anfangsaufstellung sowie günstige Petitionskarten halfen ihm dabei. Damit war das Spielende schon fast greifbar, bevor der Quest überhaupt angefangen hatte. Allerdings lag sein dritter und letzter Schatz zigfach sicher bewacht in Petersburg.

Viele Runden lang wogte das Spiel jetzt hin und her. Keiner konnte mehr einen Schatz heben. Einmal war Moritz zum Greifen nahe dran, doch da spielte Peter die Petition „You may move one opponent’s treasure to any other space“ und wusch, lag der Schatz weit weg in einer anderen Ecke von Marnon.

Die Konfrontation jeder gegen jeden und alle gegen die Orcs ging allmählich in ein kooperatives bis kontemplatives Solitärspiel über. Es ging nicht mehr so sehr darum, zu gewinnen, sondern zu beobachten, was Orcs und Würfel auf dem Spielbrett so alles treiben würden. Peter wagte einen Angriff auf den Dragon. Totsicher mit sechs Leuten. Er schlug den Dragon auch tot, doch im Fallen bracht der Drachen noch Peters gesamten Sechserpack um: aus dem sicheren Gewinn war ein totsicherer Verlust geworfen.

Wiederum mit Hilfe von Petitionskarten konnte Walter einen Überraschungsangriff auf das Feld mit seinem letzten Schatz starten. Die Würfelstatistik war auf seiner Seite, und Moritz machte Peter schon den Vorwurf, warum er sein Fort nicht besser verteidigt habe. „Meinst du, dass ich darüber unglücklich bin, wenn das Spiel jetzt zu Ende geht?“ Doch der Angriff misslang. Walter wurde sogar soweit reduziert, dass er fast total eliminiert worden wäre. In diesem Fall wäre er nach den Regeln von 1979 ausgeschieden und hätte – evtl. auch noch stundenlang – seinen Mitspielern beim Würfeln und Kinderkriegen zuschauen dürfen!

Das Schicksal meinte es aber gut mit ihm. Nach zwei weiteren Runden hatte er sich wieder aufgerappelt, konnte einen zweiten Sturmangriff auf die inzwischen verwaiste Petersburg starten und das Spiel beenden. Wie heißt es so schön: „Wenn Walter gewinnt, muss es ein Glücksspiel sein.“ Das war es dann auch.

WPG-Wertung: Moritz: 6 (nicht zu vergleichen mit modernem Design; doch ganz nett auf einer CON morgens um 3 Uhr), Peter: 4 (Pluspunkte für die Nostalgie; in unserer Zeit nicht mehr brauchbar), Walter: 5 (Würfelspiel mit einem entsprechenden Unterhaltungswert)

2. “Koryo”

Wilhelms Mitbringsel für Günther lag vor genau einem Monat das erste Mal bei uns auf dem Tisch. Peter wollte sich den Spaß von damals nochmals reinziehen. Doch in einer Dreierrunde gibt es in den Zahlenauslagen zu wenig Bewegung. Der Spaß war gebremst. Für alle.

WPG-Wertung: Den WPG-Durchschnitt von 7 Punkten drückte Moritz mit seiner 5er Note gewaltig nach unten (ist kein brain burner, zu repetitiv, wünscht sich mehr Entscheidungsfreiheit)

3. “Deutschland – das Kartenspiel”

Ebenfall letzten Monat ein Mitbrinsel von Wilhelm. Ein Unterhaltungsquiz über die zu vergleichenden geographischen Positionen und Größenordnungen deutscher Städte und Kleinstädte. Seitdem uns beim letzten oder vorletzten Mal der Sonnenkönig Elsaß und Lothringen weggenommen hat, liegt Deutschland ganz schief in der ohnehin gegen den Uhrzeigersinn verdrehten europäischen Landschaft. Karlsruhe liegt östlicher als Köln, sehr viel sogar, Magdeburg liegt westlicher als Bayreuth, und Passau noch östlicher als Dresden.

Wer’s weiß, kriegt Punkte. Wer’s früher weiß, kriegt mehr Punkte. Walter machte heute den Günther (in bezug auf Geographie-Kenntnisse.)

WPG-Wertung: Den bisherigen WPG-Durchschnitt von 6 Punkten toppte Moritz mit 8 (für das, was es ist, ist es gut)

4. “Trans Europa”

Als Absacker noch ein schneller Gleisbau in Europa, von Madrid bis Moskau. Moritz hätte lieber in Amerika gebaut, doch dann hätte das Spiel „Trans Amerika“ heißen müssen.

Peter hat das Spiel noch nie gewonnen. Auch heute nicht. Woran liegt das? Ist „Trans Europa“ ein Glücksspiel? Benötigt man geographisch-topologische Kenntnisse? Nützt Einfühlungsvermögen in Aufgaben und Ambitionen der Mitspieler?

Walter hat mal wieder gewonnen. Also ist es ein Glücksspiel.

Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.

06.08.2014: Karten und Plättchen mit Wilhelm

Hanabi

Nein, heute wurde kein Hanabi mehr gespielt. Nicht direkt. Aber solange Wilhelm noch mit der Baustelle am Luise-Kiesselbach-Platz kämpfte, durfte Peter dem Oberschiedsrichter Günther die Prinzipien von Spocks Ablegemechanismus demonstrieren. Wie schon erwähnt, lassen sie sich auf die einfache Formel bringen: “Falls ein Spieler keine weitere Information mehr zum Nutzen einer Handkarte hat, so wirft er automatisch die am weitesten rechts gehaltene Karte aus seine Hand ab“.

Hebelt dieses Prinzip die Spielregeln aus? Die Meinungen gingen auseinander. Peter argumentierte: „Es ist nicht möglich, eine Regel innerhalb des Hanabi-Systems zu formulieren, die dieses Rechtsanstecken [oder war hier das Rechtsablegen gemeint?!] verhindern könnte.“ Günther wollte sich in diesem Auffassungsstreit (mal wieder) nicht klar positionieren. Walter kam Peter insofern entgegen, als er diese Ablegetechnik nur dann für illegitim hielt, wenn es auf Grund einer allgemeinen Absprache erfolgt. [„Absprachen über die Ablage von nicht-benannten Karten sind unzulässig!“] Als Schlussfolgerung aus dem über mehrere Runden lang Nicht-Benennen von Karten ist so ein Vorgehen aber durchaus spielimmanent.

Dass man diese schlussfolgernde Konvention dann auch noch bis zum Spielanfang extrapoliert, liegt höchstenfalls am Rande der Legalität. Und in Bayern gilt diese Positionierung in höchsten Kreisen immer noch als mitten drin in der Legalität.

Peter ließ noch zu Protokoll geben, dass er zweimal Recht gehabt habe. Hier steht es.

Was war eigentlich das „zweite“ Mal? Ach ja: Peter konnte seine heutige Demonstration nicht gewinnen. Es kamen einfach kein weißen und gelben Einser auf den Tisch! Aber hat das denn einer behauptet? Nicht jedes Kinderspiel muss man gewinnen können …

1. “Deutschland – Das Kartenspiel”

Wilhelm, unser Ehrengast aus dem hohen Norden (von Bayern aus gesehen), traf mit zwanzig Minuten Verspätung ein. So lange dauert es für einen Lippischen Preussen, von der Garmischer Autobahn kommend, sich durch die Tunnel-Baustelle am Autobahnende quälend, eine Stelle zum Linksabbiegen in die Krüner Straße zu finden.

Als Gastgeschenk hat er das kleine Kartenspiel mitgebracht, in dem Günter Burkhardt seinen erwachsenen (missratenen?) Sohn „Deutschland – Finden sie Minden!“ nach Wilhelms Meinung „auf den Punkte gebracht hat“.

Jeweils fünf Karten mit Namen deutscher Städte liegen auf dem Tisch. Jeder Spieler hat einen identischen Kartensatz mit den Bezeichnungen Nord, Süd, Ost und West, sowie „die meisten Einwohner“ und „die wenigsten Einwohner“. Dreimal muss man reihum verdeckt eine dieser Qualifikationskarten zu einer der Städte legen. Dabei bedeutet z.B. die Karte „Nord“, dass der Spieler die zugeordnete Stadt für die nördlichste aller ausliegenden fünf Städte hält.

Dann werden die Qualifikationskarten umgedreht, die falschen aussortiert, und die richtigen zusammengeschoben. Wessen Karte jetzt am nächsten an einer Städtekarte liegt, bekommt 3 Punkte, der zweitnäheste 2 Punkte und – falls noch vorhanden – der drittnäheste 1 Punkt.

Ein unterhaltsames, quizartiges Spielchen, bei dem man sich nicht nur ein bisschen in Deutschlands Geographie auskennen sollte, sondern bei dem man auch das Wissen seiner Mitspieler einschätzen können sollte, genauso wie das Risiko, statt eines sicheren Einzelpunktes als dritter Anleger bei der nördlichsten Stadt vielleicht doch lieber drei volle Punkte bei einer fragwürdigen kleinsten Stadt zu ernten, die die Mitspieler – vielleicht / hoffentlich – falsch eingeschätzt haben.

Wer weiß schon so genau, ob Paderborn nördlicher liegt als Kleve und welche der beiden Städte größer ist. Von Bayern aus gesehen.

WPG-Wertung: Günther: 5 (ein Wissensspiel, nichts für Halb-Wisser [und das als Kritik aus Günthers Munde!]), Peter: 6 (dabei 1 Punkt für meinen Sieg), Walter: 6 (er wird es ganz sicher mit seiner rheinruhrigen Verwandtschaft spielen), Wilhelm: 8 (das Spiel ist einfach sehr gut [er hatte zuerst 9 Punkte vergeben, ließ sich später aber davon einen Punkt runterüberzeugen])

2. “Royals”

Royals - Wilhelm zeigt Günther wo Spanien liegt
Royals – Wilhelm zeigt Günther wo Spanien liegt
Wilhelm hatte den Prototyp von Abacus für Essen 2014 mitgebracht. Die Regeln stehen, das Umschlagsbild für die Schachtel auch, am Spielmaterial wird noch gedreht.

Wir ziehen Farbkarten in den vier Farben gelb (für Spanien), blau (für Frankreich), rot (für England) und grün (für the „German States“). Entsprechend den Farben können wir uns in den vier Staaten engagieren und dort Städte in Besitz nehmen,. Für einen Slum in Sevilla reicht eine einzige gelbe Karte, für den Palacio Real in Madrid braucht man deren acht. (Oder so ungefähr.) Dafür werden wir mit der einen Karte in Sevilla auch nur ein schlichter Baron (Entschuldigung Mischa v.R., so ist nun mal die Adels-Rangfolge), mit den acht Karten in Madrid hingegen werden wir König.

Man kann einen Mitspieler auch aus einer Stadt verdrängen, dazu muss man aber rechtzeitig eine Intrigenkarte statt der Farbkarten gezogen haben.

In drei Wertungsrunden wird das aktuelle Besitztum in Siegpunkte umgesetzt. Jede Stadt bringt Punkte, genauso wie die Majorität in den vier Ländern. Für das erstmalige Besetzen einer Stadt gibt es Sonderpunkte, ebenso für die erstmalige Präsenz (auch die verdrängte) in allen Städten eines Landes. In der Schlusswertung werden dann noch Majoritäten innerhalb der Royalitäten honoriert. Reichlich Siegpunktquellen.

Ein reizvolles Abwägen zwischen den leichten naheliegenden Siegpunkten in den Slums und den etwas schwereren, dafür aber auch nachhaltigeren Siegpunkten im Königspalast. Die Taube auf dem Dach ist besser als der Spatz in der Hand. Gute Karten helfen auch ein bißchen, ein wohldosierter Zufallseinfluß in einem schnellen, höchst interaktiven Spiel.

WPG-Wertung: Günther: 7 (locker), Peter: 6 (funktioniert, aber …), Walter: 6 (flüssig, vielseitiges Engagement, allerdings mit dem Hang zur Erbsenzählerei, Mitspielerchaos und – bei dem Maß an Interaktion unvermeidlich – Kingmakereffekten), Wilhelm enthielt sich als Befangener der Stimme.

Günther hielt die großzügige Landkarte für vergeudeten Platz. Man hätte die Länder besser zusammenschieben und den dadurch gewonnenen Platz als Ablage für die Nachziehkarten nutzen sollen. Peter: „Deswegen gewinnst Du auch nicht ‚Deutschland – Das Kartenspiel’“.

3. “CaCaO”

CaCao
Schachbrettmuster in “CaCao”
Ein weiterer Prototyp von Abacus, allerdings erst für Nürnberg 2015 vorgesehen. Jeder Spieler hat einen Satz mit acht grünen quadratischen Plättchen, auf denen jeweils vier Arbeiter platziert sind. Sie sind den vier Kanten zugeteilt, aber unregelmäßig, zu manchen Kanten gehören zwei oder drei Arbeiter, zu anderen Kanten gar keine.

Die grünen Plättchen werden einzeln reihum auf die imaginären weißen Felder der als Schachbrettmuster gedachten Tischdecke gelegt. Auf die schwarzen Felder kommen – sobald an mindestens zwei Kanten Arbeiterplättchen liegen, Produktionskärtchen. Jeweils drei Stück davon liegen offen aus, und der aktive Spiele wählt daraus – innerhalb enger Grenzen – welche aus: Kakao-Plantagen unterschiedlicher Ernteerträge, Kakao-Verarbeitung unterschiedlicher Erlöse, Bewässerung und einige andere Spezialeffekte.

Jeder Arbeiter an der Kante zu einem bereits ausliegenden oder gerade anschließend gelegten Produktionsplättchen kann die angebotene Produktion nutzen und bekommt dafür Siegpunkte. Wenn alle Arbeiterplättchen gelegt sind, ist Schluß.

Ein hübsches, fast kontemplatives Spielchen um das optimierte Nutzen und Erweitern der entstehenden Schachbrettauslage auf dem Tisch. Eine Menge indirekter Interaktion, ohne dabei in Aggressivität auszuarten.

WPG-Wertung: Günther: 6 (zu linear [heftiger Widerspruch von allen Seiten]), Peter: 7 (Superidee an der man allerdings noch ein bisschen herumfeilen könnte), Walter: 7 (schnell, konstruktiv, interaktiv), Wilhelm enthielt sich wieder der Stimme..

4. “Koryo”
Jeder bekommt jeweils einen Schwung Karten auf die Hand, darf einen – kleinen – Teil davon offen vor sich auslegen, und muß den Rest wieder abgeben. Das wird acht mal gemacht, die Auslagen wachsen und wachsen, und wer sich am Ende die reichhaltigste zugelegt hat, der hat gewonnen.

Wie sehen die Karten aus? Es sind Karten mit den Ziffern von 1 bis 9, dazu noch rote und schwarze Minus-1en.

Wieviele Karten bekommt man jeweils? Erst 10, dann 9, dann 8 usw., zuletzt nur noch 3.

Welche Karten darf man ablegen? Soviele man will, aber jeweils nur Karten mit den gleichen Ziffern.

Dürfen beliebig viele Karten in der Auslage sein? Nein, die Auslage ist streng begrenzt; zuerst dürfen nur 3, dann 4 usw., zuletzt nur insgesamt 10 Karten in einer Auslage sein. Man darf zwar kurzfristig mehr Karten spielen, hinterher muss man die überzähligen Karten in seiner Auslage aber bis zum erlaubten Limit wieder abräumen.

Was bedeuten die verschiedenen Ziffern? Jede Ziffernkarte in der Auslage hat einen eigenen Effekt. Die 6 erlaubt dem Spieler das Nehmen einen zusätzlichen Siegpunktchips vom öffentlichen Vorrat, die 2 erlaubt das Stehlen eines Siegpunktchips von einem Mitspieler, die 5 erlaubt des Ausspielen von Karten mit unterschiedlichen Ziffern. Und was der Effekte mehr sind.

Diese Effekte darf man aber nur dann nutzen, wenn man von der entsprechenden Ziffer unter allen Mitspielern die meisten Karten in seiner Auslage hat. Bei Gleichheit gehen alle leer aus.

Um die gewinnträchtigen Auslagen der Mitspieler ein bisschen aufzumischen, gibt es die Minuskarten. Mit der roten Minus-1 darf man eine Karte aus der Auslage eines Mitspielers entfernen, mit der schwarzen Minus-1 darf man zwei Karten der Mitspieler vertauschen. Vorzugsweise werden damit Mehrheiten auseinandergenommen.

Wer gewinnt am Ende? Es werden alle Auslagen aller Spieler verglichen. Wer von einer Ziffer die meisten Karten ausliegen hat, bekommt die Ziffer in Siegpunkten. Hier ist die 9 natürlich am besten, dafür bringt sie während des Spiels keinen besonderen Effekt. Außerdem gibt es davon am meisten Karten, so dass hier die Konkurrenz am größten ist. Bei zwei mittleren Ziffern, z.B. der 7 und der 6 die Mehrheit zu haben, sollte bereits zum Sieg reichen.

WPG-Wertung: Günther: 7 (hätte 8 Punkte vergeben, wenn dem Spiel eine Spielhilfe für jeden Spieler beigelegt worden wäre, auf der man die Effekte der einzelnen Ziffern ablesen kann. [Da hat der Verlag am falschen Ende gespart! Wilhelm hat das per Hand nachgeholt!]), Peter: 7 (ist halt ein Glücksspiel, aber es hat Spaß gemacht), Walter: 7 (schnell, locker), Wilhelm: 7 (unbefangen)

5. “Limes”

Peter hatte sich von „Koryo“ die vorletzte U-Bahn verpassen lassen und war diesmal erst mit der letzten U-Bahn abgedüst. Wilhelm packte nochmals das „Limes“ aus, das vorher von Günther als „zu solitär“ abgelehnt worden war. Jetzt als Absacker und zum Kennenlernen in einer Dreierrunde nach einem recht friedlichen Karten-Plättchen-Ablege-Spielabend wurde es akzeptiert.

Jeder bekommt den gleichen Satz quadratischer Landschaftsplättchen, aufgeteilt in jeweils vier interne Landschaftsfelder: Feld, Wald, Wiese und Wasser in beliebiger Kombination. Ein Spieler zieht blind jeweils eines seiner Plättchen und alle Spieler müssen das gleiche Plättchen – ausgehend von einem vorgegebenen Startfeld – bei sich anlegen. So entsteht vor jedem Spieler langsam ein am Ende vier mal vier Quadratplättchen großes Landschaftsbild.

In der Schlußwertung bekommt man dann für ein Feld-Gebiet soviele Siegpunkte, wie Feld-Landschaften zusammenhängen. Ein Wald-Gebiet bringt soviele Siegpunkte, wie unterschiedliche Landschaften drum herum liegen. Bei einem Wassergebiet zählen die umliegenden Fischerhütten, und bei einem Wiesengebiet die waagrecht oder senkrecht dazu befindlichen Waldgebiete. Es werden aber nur diejenigen Gebiete gewertet, auf denen man während des Anlegevorgangs rechtzeitig eines seiner insgesamt sechs Männlein platziert hat.

Warum baut nicht jeder die identische Landschaft zusammen? Diese Möglichkeit des Abguckens und Nachmachens wäre doch ein gravierender Designfehler! Wie ist das gelöst? Frage an die kluge Spielergemeinde! Ganz einfach: Die Startplättchen, von denen aus jeder Spieler seinen Landschaftsgarten beginnt, sind alle unterschiedlich!

Ein hübsches 2-Personen-Puzzle-Spiel (es geht natürlich, wie gerade demonstriert auch mit mehreren Spielern), mit dem man z.B. ausknobeln kann, wer heute den Abwasch erledigt oder zuerst unter die Dusche darf …

Noch keine WPG-Wertung.