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02.05.2012: Housebreaking at Nightfall

Letzten Donnerstag ist im Domizil der Westpark-Gamers eingebrochen worden. Als der Hausherr von einem Bridge-Turnier nach Hause kam, war die Haustür von innen mit einem Stuhl verrammelt. Wollte sich die beste aller Ehefrauen etwa gegen eine unerwartete Rückkehr des besten aller … schützen? Nein, sie war es nicht gewesen, das Haus war leer und stockdunkel. Nur die Terrassentür stand sperrangelweit offen und im ersten Stock hing ein Fenster schräg im Rahmen.

Wie man es von Film und Fernsehen weiß, hatten die ungebetenen Gäste Schränke, Kommoden, Schubladen und Nachtischkästchen durchsucht und dabei ihren Inhalt (relativ säuberlich) auf dem Boden verstreut. Sie waren allerdings sehr geschmacklerisch: Für Computer, Pässe, Kreditkarten und ähnliche Dinge zeigten sie keinerlei Interesse. „Stone Age“, „Bluff“ und sogar ein fabrikneu eingeschweißtes „1830“ würdigten sie keines Blickes. Mengen von Gummibärchen, Crossies und Kartoffelchips, sowie der gesamte Weinkeller blieben unangetastet. Nur Bargeld – ausgerechnet ungarische Forinth – und Modekluncker fanden sie auflesenswert. Kein einziges der vielen, frei herumhängenden Original-Gemälde der Hausfrau ließen sie mitgehen. Dabei hätten sie sich damit bei der Künstlerin wahrscheinlich sogar ein bißchen Sympathien erwerben können …
Die Polizei kam um Mitternacht. Zuerst ein Streifenwagen zum Verfizieren, dass keine Finte vorlag. Die beiden grünen Männchen vermittelten auch gleich einen 2-Tages-Psycho-Kurs bei der Polizei, auf dem sich die Hausherren von ihrem Schock erholen können. Dann kamen drei Kriminale zur Vernehmung, und schließlich ein Spezialist von der Spurensicherung, der auch auf Anhieb den zunächst rätselhaften Einbruchsweg zum Fenster im ersten Stock ermittelte. Um halb vier Uhr morgens war die Arbeit beendet, zur gleichen Zeit wie einen Tag vorher der WPG-Spielbericht. (Und wie der von heute.)

1. “Nightfall”
„Einbruch der Dunkelheit“ übersetzt LEO den Titel. Das wird wohl auch die Stunde vom Einbruch bei den Westparkgamer gewesen sein. In „Nightfall“ sind es keine Einbrecher, mit denen wir fertig werden müssen, wir sind eher selber welche. In Form von Monster-Karten. Alle Spieler bekommen zu Spielbeginn ein identisches Kartendeck mit Anfangs-Monstern. Jedes Monster kämpft oder verteidigt, erzeugt Schadenspunkte und Wunden, verliert Leben und wird früher oder später in die Spielschachtel zurück “verbannt”.

Regelmäßig kaufen wir uns mit unserem Kartendeck neue und stärkere Monster und reichern damit unser Kartendeck an. Diese systematische Verbesserung der Kartenhand erinnerte Moritz an „Dominion“. Wohlwollend. In “Nightfall” geht es nämlich nicht konstruktiv darum, mit einem guten Kartendeck möglichst viele Siegpunkte für sich selbst zu erwerben, es geht ausschließlich destruktiv darum, mit dem Kartendeck die Mitspieler möglichst viel zu schädigen. Wer am Schluß die wenigsten Wunden hat, ist Sieger, alles andere zählt nicht: auch keine Super-Totschläger und Wunderheiler, die man unter Vertrag hat.
Nach einer vorgegebenen Farb-Harmonie-Regel schicken wir die Monster in den Kampf. Wer sich an die Farb-Harmonie gut angepaßt hat, kann einen Großteil seiner Kartenhand zum Einsatz bringen, wer hier nicht aufgepaßt hat oder vom Glück weniger begünstigt ist, macht sich als Solist auf die Socken. Letzteres allerdings nicht besonders erfolgreich. Heißt es doch schon in der Spielregel: “Sei aggressiv! Du kannst die unbarmherzige Welt von Nightfall nicht beherrschen, wenn du nur dasitzt und wartest.”

Gegen welchen Mitspieler wir losziehen, ist unserer Willkür überlassen. Dass damit von Haus aus eine gewaltige Portion Kingmakerei in das Spielgeschehen integiert ist, stört einen geborenen Warrior natürlich nicht. Er findet dahinter vielleicht sogar eine Logik.

Moritz schlug die ersten Wunden bei Aaron und erhielt postwendend von Aaron die ersten Wunden zurück. Walter war beide Male lachender Dritter und hoffe schon auf eine Allianz der reiferen Generation gegen den jungen Spielebesitzer. Schon aus tiefster Freude an diesem Genre schlug auch er auf Moritz ein. Als Aaron auch noch seinen zweiten Schag – 6 vollständige Wunden – komplett bei Moritz unterbringen wollte, regte sich von dort rhetorischer Widerstand. Das kann doch kein rationaler Vorgang sein! Um zu gewinnen müsse sich Aaron unbedingt gegen Walter wenden. Und was dergleichen Argumente mehr sind, um in einem chaotischen Rundumschlagsmodell die Schläge von sich abzuwenden. Nenne man diesen Vorgang jetzt taktisches Jammern oder nicht. Impliziert die Aussage: “Wir spielen es nachher nochmal richtig!”, dass wir – wer immer das war – es jetzt falsch gespielt haben?

Lautstark wurden Argumente ausgetauscht, denen geglaubt werden konnte oder auch nicht. Die Vergleiche bei der Unterstellung von spiel-religösem Fanatismus reichten von Benedikt XVI bis zu den Zeugen Jehovas. Aaron lies sich nicht erweichen; Moritz mußte seine geballte Monsterschlagkraft einstecken und war quasi schon aus dem Spiel. Doch moralisch war die Front aufgeweicht; in den nächsten Zügen gingen die Senioren dann schon gegenseitig aufeinander los und häuften Wunde für Wunde auf ihr Altenteil. Als der Wundendampf verzogen war, war Aaron mit 9 Wunden Sieger, ganz knapp vor Moritz und Walter. Es hatte sich also doch gelohnt, zunächst mal erst den einen Gegner total auszuschalten, bevor man sich an den zweiten heranmacht. Hätte aber auch schief gehen können.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (1 Punkt weniger als Dominion, mag keine Deck-Building-Spiele), Moritz: 9 (genausoviel wie „Dominion“), Walter: 2 (genausoviel wie „Pergamemnon“, hat keine Lust, irgendwelche Schadenspunkte nach einem nicht verstandenen Algorithmus auf seine Mitspieler zu verteilen).

2. “Die Tore der Welt – Das Kartenspiel”
Sehr ähnlich wie im Brettspiel sammeln wir die „Güter“ Baumaterial, Tuch, medizinischen Wisses und Frömmigkeit, um sie bei günstiger Gelegenheit in Siegpunkte umzutauschen.
Im Gegensatz zu „Nightfall“ handelt es sich um ein absolut friedliches, kontemplatives Spiel. Keiner kann dem andern etwas am Zeug flicken, ganz im Gegenteil: Indem man seinen eigenen Zuwachs an Gütern optimiert – hierauf legt man wohl das einzige Augenmerk- , schustert man auch den Mitspielern nur Gutes zu.

Ab und zu einmal kommen Kirche und Staat vorbei und verlangen ihren Obolus. Den sollte man beizeiten angespart haben, um bei Siegpunkten keine Verlust zu erleiden. Aber weh tut es auch nicht, wenn man Papst und Kaiser leer nach Hause schicken muss.

Ja, nichts tut weh in diesem Kartenspiel. Das Ansammeln von Gütern und der Umtauschkurs von Gütern in Siegpunkte bleibt während des gesamten Spiels annähernd konstant. Hier haben wir ein bißchen Dynamik vermißt. Und wenn es auch nur eine größere Fressgier seitens der Kirche gewesen wäre.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (1 Punkt weniger als das Brettspiel), Moritz: 4(langweilig, ich weiß nicht, ob ich es noch einmal spielen wollte), Walter: 4 (zu flach).

3. “Mondo sapiens”
Das Landschaftslegespiel von letzter Woche wurde am Wochenende mit dem Fortuna-Düsseldorf-Neffen Thilo (44 Jahre) und seinem Sohn Jonas (14 Jahre) wiederholt. Als schneller Absacker vor dem Schlafen-Gehen kam es recht gut an, 6 Punkte vom Neffen und 8 Punkte vom Großneffen („anspruchsvoll“).

Heute durfte es Moritz kennenlernen. Mit der Topologie der Landschaft kam er bestens zurecht. Erstaunlich wie konstruktiv bis fehlerfrei er seine Felder und Wiesen, Wege und Regionen, Holzhacker und Schäferinnen in Szene setzte. Selbst für die Optimierungen nach der Expertenregel hatte noch genügend Gehirnwindungen frei.

WPG-Wertung: Moritz blieb mit seinen 7 Punkten beim bisherigen Durchschnitt („Das Spiel ist zwar recht solitär, dafür aber kurz.“, Überlegt ernsthaft, ob er es für seinen Milo (4 Jahre) anschafft).

25.04.2012: Stadt und Spiel in neuer und alter Welt

Drei gesetzte, friedliche Herren trafen zusammen. Im Nachspann ging das Thema über Grass zu Friedman, Löwenthal, Bohlen, Harald Schmidt, Loddar Maddäus, Wulff, Firmenwagen und Kurzarbeitergeld. Harmonischer Austausch von Fakten und Meinungen.
Genauso harmonisch gingen wir auch die Spieleauswahl an. Ohne uns in die getroffene Auswahl eingepreßt zu fühlen. Einvernehmlich hätten wir jedes Spiel bei Nichtgefallen abgebrochen.

1. “Mondo sapiens”
Ein „Hektik“-Spiel, d.h. eine Art von Patience-Legen im Wettrennen gegen die Uhr.
Aus einer offenen Auslage suchen wir asynchron – d.h. jeder so schnell, wie er kann – quadratische Landschaftsplättchen mit Mischformen von Feld, Wald und Wasser heraus und bauen uns daraus – jeder für sich – eine neue Welt. Hinterher wird jede Welt prämiert. Kriterien dabei sind:

  • Anzahl getrennter abgeschlossener Feld-Wald-Wassergebiete
  • Anzahl Figurenbilder in der neuen Welt
  • Länge des gebildeten Straßennetzes
  • Anzahl von aktiven Vulkane in der neuen Welt (ergibt Minuspunkte)

Die Plättchen in jeder Welt müssen an ihren Kanten landschaftlich zusammenpassen. Jeder abrupte Übergang einer Landschaftsart in die andere wird mit Punktabzug bestraft.
In den Spielvarianten für Fortgeschrittene und Experten kommen weitere Landschaftspättchen zum Zug und die Prämierungsregeln werden (noch) komplizierter. Am besten setzt man sich erst einmal ganz alleine mit dem Spielmaterial auseinander, schaut welche Plättchen wie oft vorhanden sind, wie sie sich zusammenfügen lassen, wie daraus abgeschlossene Gebiete entstehen und welche Eigenschaften beim Straßenbau berücksichtigt werden müssen. In diese topologischen Betrachtungen nimmt man dann die angebotenen Figurenbilder (positiv) und die Vulkane (negativ) auf. Erst wenn man damit ausreichend Erfahrung gesammelt hat, sollte man sich an die Konkurrenz mit den Mitspielern und der mitgelieferten Stoppuhr wagen.
Bei uns legte das Spiel die unterschiedlichen Spielertypen an den Tag. Walter war in jedem Durchgang der schnellste und strich dafür die Geschwindigkeitsprämien ein; allerdings hatte seine Welt die meisten Fehler und Defizite und er landete weit abgeschlagen am Ende. Günther nahm jedes einzelne Plättchen genau unter die Lupe bevor er es in seine Welt einbaute, er war in jeder Runde der langsamste, doch die Qualität seiner Welt machte dieses Handicap mehr als wett. Aaron besetzte die goldene Mitte.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (schnell, zum Aufwärmen gut geeignet, die Expertenversion trägt die Gefahr einer Gehirnverknotung in sich), Günther: 6 (oder waren es 7?, lockeres Familienspiel), Walter: 6 (es hat Spaß gemacht, doch der Wiederspielreiz ist fraglich. Fände es noch besser, wenn eine Runde auf 1 Minute Legezeit begrenzt würde …).

2. “Die Speicherstadt – Kaispeicher”
Vor zwei Jahren erschien die Grundversion und hatte uns auf Anhieb sehr gut gefallen. Herzstück des Ganzen ist ein Bietsystem um siegpunktträchtige Karten (Aufträge, Waren, Sondergebäude, Sondereffekte). Der erste Spieler, der auf eine Karte geboten hat, bekommt das Vorkaufsrecht. Allerdings muß er auch am meisten für diese Karte berappen: Für jeden Spieler, der beim Bieten noch dabei ist, muss er eine Münze zahlen. Er kann auf den Kauf auch verzichten, dann darf nächste Spieler entscheiden, ob er seinerseits kauft oder verzichtet.
Das Geld ist immer sehr knapp. Manchmal krebsen wir mit nur 2-3 Münzen in der Hand durch den Hafen. Allein durch das Mitbieten auf eine Karte können uns die miesnickeligen (= strategisch ausgerichteten) Mitspieler eine Karte unerschwinglich teuer machen.
Mit der Erweiterung „Kaispeicher“ kommen neue Karten (für Aufträge etc.) ins Spiel. Doch das wesentlich Neue daran ist eine weitere Kartenauslage, in der die Karten nicht nach dem ursprünglichen Bietsystem vergeben werden, sondern in der sich jeder Spieler in Zugreihenfolge eine beliebige Karte vorreservieren kann. Die Anzahl der Vorreservierungen entscheidet am Ende über den Preis. Hier gibt es eine sehr destruktive Interessen-Tendenz: Begehrte Karten, die man nicht selber ersteigern will, wählt man zuerst für die Vorreservierung aus. Die werden dann die teuersten und kommen oft nicht zum Zug.
Aaron gefiel diese Erweiterung nicht. Sie verlängert die Spielzeit und räumt dem Zufall (zufällig optimale Karten in der Auslage bei günstiger Startspielerreihenfolge) einen größeren Einfluß ein. Günther und Walter fanden die Erweiterung deutlich als Bereicherung. Die Preisbildung paßt sich gut in die Mechanismen beim bisherigen Bietsystem ein, doch man muß man nicht so viel Hoffnungs-Biet-Schweiß vergießen, um eine bestimmte gewünschte Karte zu bekommen; man kann zur Abwechslung einfach zulangen.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (ein Punkt weniger als ohne Erweiterung), Günther: 8 (für Vielspieler ist die Erweiterung besser, für Gelegenheitsspieler empfielt er eher die „reine“ Variante, Walter: 8 (ein Punkt mehr; das Spiel wird besser, mehr Geld, weniger Entwicklungssackgassen).

3. “Elfmeterschießen Real – FCB”
Gerade rechtzeitig zum Elfmeterschießen war die Speicherstadt zusammengepackt worden. Jubel beim Gastgeber, verhaltene Emotionen bei den Non-Fußballern.
Aus Barcelona kam per Facebook noch blitzschnell der Kommentar:
“Felicidades desde Catalunya !! Aquí la gente tira petardos, Bayer campeón. Força Bayer !!!“

4. “Trans Europa”
Zu früh für einen Absacker, zu spät für ein spielerisches Vollprogramm. Die Frage: „Zu welchem der vielen, von uns hochbewerteten Brettspielen hätten jetzt ein jeder noch wirklich Lust?“ Keine spontane Antwort. Bedenklich, oder? Günther entdeckte oben auf einem Spielestapel das „Trans-Europa“. Unangefochten für alle die beste Wahl des Augenblicks.
Eingekleidet in das Verlegen von Eisenbahnschienen werden wir vor ein hübsches Transportoptimierungsproblem gestellt. In einem mehr oder weniger gemeinsam zu bauenden Eisenbahnnetz muß jeder Spieler fünf vorgegebene Städte verbinden. Sobald es der erste geschafft hat, ist das Spiel zu Ende.
In einer Dreierrunde gibt es viel weniger Gewurrl in der Mitte des Spielplans als mit vier, fünf oder gar sechs Mitspielern. Viel länger kann jeder sein eigenes Streckensüppchen kochen, und hoffen, dass die Mitspieler nolens volens die notwendigen Verbindungen in den anderen Teilen Europas herstellen. Voraus-zu-Ahnen, wohin die anderen bauen müssen, ist der halbe Sieg. Die andere Hälfte liefert ein günstiges Glück beim Verteilen der individuellen Städteaufgaben, die jeder Spieler lösen muss.
Im Regelheft steht: „Es ist meist vorteilhaft, nicht zu nahe neben dem Startpunkt eines anderen Spielers mit seiner Strecke zu beginnen.“ Ist das zutreffend? Wahrscheinlich ein bis heute ungelöstes geographisches, mathematisches und psychologisches Problem.
Keine neue WPG-Wertung für 8-Punkte Spiel.