In der letzten Woche eines Monats findet bei uns die Wahl des „Spiel des Monats“ statt. Um genau zu sein: des Spiel des Vormonats. Noch vor zehn Jahren hatten die gewählten Spiele in der Regel eine durchschnittliche Bewertung im oberen 7er- oder sogar im 8er-Bereich. Und genau das macht die Auswahl des März-Spiels dieses Mal so schwierig: die Kandidaten “Amerigo”, “Concordia” und “Nations” haben alle Durchschnittswertungen im 6er-Bereich, mit einen leichten Vorsprung für “Nations”.
1. „Nations“
Nachdem Peter und Günther “Nations” noch nicht kannten, lag es nahe, unsere Entscheidung von dem Verdikt der beiden abhängig zu machen und deshalb lag es diesmal als erstes auf dem Tisch.
Die Regeln waren schnell erklärt und nach einer kleinen Diskussion, ob Aaron als Kenner des Spiels ein Entwicklungs-Handicap erhalten sollte (was dieser wegen nur einem einzigen vorausgegangenen Spiel vehement ablehnte), konnte es los gehen.
Peter verfolgte von Anfang an eine Bücher-Strategie und erwarb konsequent alle Fortschritte, die ihm einen Bucherzuwachs erbrachten. Günther wollte sich noch nicht festlegen, sondern versuchte sich an einen gleichmäßigen Erwerb aller Ressourcen. Aaron hatte sich vorgenommen, wenn möglich eine Weltwunder-Strategie zu verfolgen. Wie erfolgreich die sein kann, hatte Moritz vor vier Wochen bewiesen.
Leider waren diesmal die Wunder schlecht verteilt und im ersten Zeitalter waren gerade einmal zwei Weltwunder aufgedeckt worden. Damit war es unwahrscheinlich, mit einer Wunder-Strategie einen Sieg einfahren zu können. Insbesondere, nachdem Peters Bücher-Strategie aufzugehen schien. Aarons Umschwenken auf eine Militärstrategie kam aber zu spät und dazu noch zeitgleich mit Günthers Plan, ebenfalls seine Militärstärke auszubauen.
Nach der ersten Runde des zweiten Zeitalters machte sich eine allgemeine Lustlosigkeit breit und es kam der Vorschlag, am Ende des zweiten Zeitalters abzubrechen. Peter untersuchte geschwind die Entwicklungskarten des dritten und vierten Zeitalters und konstatierte, dass es keine wesentlichen Veränderungen mehr geben werde. Einstimmige Entscheidung: Abbruch nach vier Runden und 2 Stunden Spielzeit, wie schon beim ersten Spiel vor 4 Wochen. Der Siegpunkt-Endstand war ebenfalls in der gleichen Größenordnung: 24, 23, 14.
“Nations” schafft es einfach nicht, uns so zu fesseln, dass wir eine Gesamtspiellänge von 8 Runden (in vermutlich 4 Stunden) durchhalten wollen. In der Analyse der Ursachen fielen die Begriffe „Finnland“, „Asperger“ und „Rosenberg“, die aber – und schon gar nicht in dieser Kombination – zur Klärung beitrugen konnten.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (1 Punkt weniger als beim ersten Spiel, da er diesmal jegliche Dynamik, und damit Spannung, vermisste), Günther: 5 (mit Tendenz zur 6, weil es so dahinplätschert, aber nicht wirklich schlecht ist), Peter: 5 (weil es einfach öde ist).
2. „Big Deal“
Dieses 2011 als „Cover Your A$$ets“ erschienene Kartenspiel von Brent „Skull King“ Beck wurde jetzt als “Big Deal” von Schmidt Spiele auf den deutschen Markt gebracht. Beim Lesen der Spielregeln gab es ein kleines Déjà-vu, denn hier geht es um das Abluchsen von ausliegenden Spielkarten der anderen Spieler. Das hatten wir doch neulich erst…
Aber anders als bei „Abluxxen“ vom Duo Kramer/Kieslich haben die Spieler immer 5 Karten auf der Hand, von denen sie entweder ein Pärchen vor sich ausspielen, eine Karte abwerfen oder mit einer(!) Karte das gleichfarbige Pärchen eines anderen Spielers angreifen können. Der angegriffene Spieler darf mit einer gleichfarbigen Karte parieren. Dies geschieht solange, bis ein Spieler aufgibt. Der Gewinner des Abluchs-Kampfs erhält dann die ausgespielten Kampfkarten und das gewonnene Pärchen und legt alle zusammen wieder aus. Jetzt lohnt sich das Abluchsen erst so richtig, denn mit – im besten Fall – nur einer Karte, gewinnt man nun viel mehr Karten als nur ein Pärchen.
Ach ja, da gibt es noch zwei Jokerfarben. Die sind genau das, nämlich Joker, die beliebig anstelle anderer Kartenfarben eingesetzt werden können; nur Joker-Pärchen sind verboten. Allerdings habe die Joker in der Endabrechnung gleichzeitig die höchsten Werte (10-mal höher als die niederwertigste Kartenfarbe), dafür gibt es sie aber nur halb so häufig wie die anderen (neun) Farben.
Und hier wird deutlich: „Big Deal“ hat einen extremen Glücksfaktor gepaart mit nahezu Null Entscheidungsfreiheit. Eine Kartenhandpflege ist fast unmöglich, da man nur fünf Handkarten haben darf und grundsätzlich blind nachzieht. Ein erfolgreiches Abluchsen ist in der ersten Hälfte des Spiels pures Glück, da es zu viele Kartenfarben gibt (bei zu geringer Handkartenzahl) und ein oder zwei glücklich gezogene Joker durchzubringen bedeutet wegen deren hoher Werte fast schon den Spielsieg.
Fazit: „Big Deal“ lässt bei ähnlichem Grundmechanismus leider alles vermissen, was „Abluxxen“ zu einen kleinen, leichten aber spannendem Spiel macht.
WPG-Wertung: Aaron: 3 (keinerlei Pfiff, witzloses Kartenziehen und –abwerfen), Günther: 4 (es funktioniert), Peter: 3 (es funktioniert nicht).
3. „Verräter“
Vor nun schon 16 Jahren erschien dieses kleine Kartenspiel bei Adlung und schaffte es damals auf die Empfehlungsliste der Spiel des Jahres Jury. Auch wir waren damals begeistert von diesem Spiel. Und in Anbetracht unser Diskussion über die immer niedriger werdenden Westpark Gamer Wertungen, hatte Peter genau dieses Spiel mitgebracht, um zu prüfen, ob es uns immer noch gefällt.
„Ein höchst vergnügliches Spiel. Klein aber OHO! Ein Phänomen! Komplex, spannend und begeisternd!“ schrieben wir damals und siehe da, auch dieses Mal machte es wieder richtig Spaß. Es ist faszinieren, wie mit so wenigen Karten und den wenigen, schnell erklärten Mechanismen ein so spannendes Spiel mit taktischen Tiefen und Finessen geschaffen wurde, das die Qualitäten eine Brettspiels hat.
Bereits während des Spiels fiel ein nostalgisches “Warum machen die heute nicht mehr solche Spiele?” und in der nachfolgenden Diskussion wurde bewundert, mit wie wenigen Mechanismen und Elementen es möglich ist, ein vollwertiges, intelligentes Spiel zu erfinden (immerhin hat „Nations“ als nur eines von vielen Spielelementen bereits mehr Spielkarten als „Verräter“). Der heutige Trend, mit vielen Ausbaustufen/Optionen/Siegpunktquellen das Spielgeschehen auszustatten, mag zwar den Puzzler unter den Spielern begeistern, wir empfinden sie aber zu häufig als „Nebelkerzen“. Offen bleibt weiterhin, ob das an unserem fortschreitenden Alter liegt…
Keine neue Wertung für ein tolles Spiel.