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09.12.2015: Deutscher Adel

Ein chinesischer Pastorensohn hat vor achtzig Jahren in Amerika eine Formel für den Nationalcharakter von Völkern entwickelt. Aus den Elementen R (= Realitätssinn), T (= Träumerei bzw. Idealismus), H (= Humor) und S (= Sensitivität), zusammen mit dem Mengenbezeichnungen 4 = ungewöhnlich stark, 3 = stark, 2 = durchschnittlich und 1 = schwach hat er für DIE Deutschen herausgefunden:

deutsch = R3T4H1S2

Fast so ein Bullshit, wie ihn Goldhagen sechzig Jahre später auf seine Art verzapft hat. In dreißig Jahren werden sich eine halbe Millionen eingeflüchteter, heimisch gewordener Syrier unter diese Formel beugen müssen!

Wir haben ja schon unlösbare Schwierigkeiten, die deutschen Spieler, eine kleine Teilmenge von R3T4H1S2 unter einen Hut zu bringen. Die einen wollen in ihrem Spielvergnügen eine reine, klare, logische Spielidee meistern, die anderen brauchen dazu mindestens noch einen Würfel, etwas Chaos und viel Glück, und die dritten benötigen drum herum ein Brimborium von Lametta und nach Möglichkeit auch noch einen Eimer voll Dreck, mit dem sie ihre Mitspieler ideell bewerfen können.

Solange wir nur Spieler sind, können wir uns als Mitspieler Gleichgesinnte heraussuchen und mit ihnen dem Spielvergnügen frönen, das alle für gut und schön empfinden. Sind wir aber Spieleautoren, die nicht nur für ihren eigenen kleinen Kreis Spiele erfinden, sondern am Markt eine gewisse Akzeptanz suchen, dann müssen wir schon eine Menge Kompromisse machen mit dem, was wir selber für gut und richtig halten und dem, was Markt und (Verlags-)Meinung uns aufs Auge drückt. Aaron weiß ein Lied davon zu singen.

1. “Celestia”

Eine Weiterentwicklung bzw. eine simple Expansion von „Cloud 9“ vom gleichen Autor Aaron (ein anderer) Weissblum. Wir sitzen im gleichen Ballon wie von „Cloud 9“; der pro Fortschritt wechselnde Pilot würfelt mit zwei bis drei Würfeln die Unbilden des Wetters aus und muss sie mit den ihm zugeteilten „Ausrüstungskarten“ meistern. Wer fürchtet, dass der Pilot die aktuellen Herausforderungen nicht schafft, darf aussteigen und bekommt eine Siegpunktkarte gemäß seinem Ausstiegspunkt. Schafft der Pilot es tatsächlich nicht, so stürzt der Ballon ab und alle übrig gebliebenen Passagiere einschließlich Pilot bekommen gar nichts. Schafft es der Pilot, so rückt der Ballon auf das nächste, an Siegpunkten progressiv ertragreichere Feld vor.

Der simplen Idee von „push your luck“ bzw. „Can’t stop“ sind in „Celestia“ noch ein paar „Machtkarten“ hinzugefügt worden, mit denen man in den normalen Spielablauf eingreifen kann:

  • Mit dem “Raketenrucksack” überlebt ein Passagier auch einen Ballon-Absturz und bekommt die Siegpunkte entsprechend dem letzten Aufstiegspunkt. – Für Warmduscher.
  • Mit dem “Unfreiwilligen Aussieg” darf jeder Passagier willkürlich einen anderen Mitspieler aus dem Ballon drängen. – Für Miesnickel und Kingmaker!
  • Die “Alternative Route” erlaubt dem Kapitän, seine Wetter-Würfel nochmals neu zu würfeln. Der “Kaputte Antrieb” zwingt ihn dazu, seine Wetter-Würfel neu zu würfeln – Das eine ist gut gegen schlechte Würfe, das andere, eher in der Hand von bereits ausgestiegenen Passagieren, gut gegen gute Würfe.
  • Mit dem “Magischen Fernglas” kann der Kapitän unabhängig von seinen Ausrüstungskarten alle über ihn hereingebrochenen Wetterunbilden meistern.

Der Kapität MUSS die Wetterunbilden meistern, falls er die entsprechenden Ausrüstungskarten hat. Jokerkarten DARF er dabei beliebig einsetzt, muss aber nicht. Der Geburtsfehler von „Cloud 9“, dass der Pilot nicht beweisen muss, dass er die benötigten Ausrüstungskarten nicht besitzt, ist auch in „Celestia“ nicht beseitigt.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (eigentlich ein 5er Spiel, aber mit schöner Grafik), Günther: 5 (so richtig hat es mich nicht begeistert), Moritz: 5 (repetitiv, die Situationen im Spiel sind alle sehr ähnlich, die statistischen Erfolgs-Chancen sind nicht abzusehen), Walter: 4 (ohne „Machtkarten“ wären es 5, aber die Machtkarten machen das bisschen statistisch-psychologische Hoffnung kaputt und fördern dazu noch bösartige Mitspieler-Willkür – igittigitt!)

2. “Nobiles”

Nobile: Der Vater und sein Kind
Nobile: Der Vater und sein Kind

Unter der Woche hatten Aaron und Walter daran gearbeitet, in Aaron’s Neuentwicklung ein paar Weichen neu zu stellen, das heutige Quartett sollte das Ergebnis begutachten.

Die reine Spielidee ist der Kampf um Unterstützung oder Verweigerung bei der Bekämpfung von Natur-Katastrophen an Frieslands Küste (oder wo auch immer), den jeder Mitspieler mit sich selber auszufechten hat. Wird der Kampf gewonnen, bekommen alle Mitspieler viele Siegpunkte und der Häuptling am meisten. Wird der Kampf verloren, so bekommen ein paar wenige Mitspieler wenige Siegpunkte, andere gar nichts.

Fazit: Die Balance zwischen den Erträgen für Häuptling und Fußvolk, zwischen Aufwand und Ertrag, sowie innerhalb der Belohnungen bei Erfolg oder Misserfolg ist schon sehr gut eingestellt. Die einen mögen jetzt noch mehr Lametta, die anderen mehr Zufall und die dritten eine stärkere Konzentration auf des Pudels Kern. Und der Autor möchte noch dazu, dass das Spiel schneller über die Bühne geht. Eine nur schwer lösbare Aufgabe innerhalb von R3T4H1S2, die nur mit Kompromissen und Enttäuschungen in die eine oder andere Richtung zu bewältigen ist.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

3. “New York 1901”

Das Spiel hat letzte Woche mit 5,5 Punkte nur begrenzte Zustimmung gefunden. Allerdings hatten wir uns da noch eine falsch verstandene Bau-Fessel angelegt. Heute, nachdem drei der vier Mitspieler sieben Tage lang die Abläufe überschlafen und verinnerlicht hatten, bekam es noch eine Chance, und Moritz sollte Oberschiedsrichter sein.

Günther hatte insbesondere den Bronze-Meister zutiefst verinnerlicht und ließ sechs seiner Bronze-Wolkenkratzer bis zum Schluss unüberbaut stehen. Mit den dafür erzielten 15 Bonus-Punkten schoss er vom letzten Platz auf den ersten Platz vor. (Frage: Wie groß war maximal der Punktabstand zwischen dem ersten und dem letzten Spieler bei Spielende?)

Moritz war mit dem Spielausgang sicherlich nicht ganz zufrieden, auf jeden Fall aber mit dem Spiel. Beim nächsten Mal würde er einiges anders machen. Wenn es denn – für “New York 1901” – am Westpark ein nächstes Mal gibt.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (bleibt, obwohl er diesmal noch mehr das Gefühl hatte, dass er gespielt wird. „entweder wurden mir alle begehrten Baupläne vor der Nase weggenommen, oder sie tauchten überhaupt nicht erst auf), Günther: 6 (bleibt), Moritz: 7 (flott, nicht überbrainy, ziemlich OK), Walter: 6 (ein Punkt mehr; auch wenn es nicht vom Hocker reißt, ist es doch eine recht saubere Konstruktion)

17.06.2015: Häuptlinge und andere Haie

Männer ohne Spiel leiden an den gleichen Entzugserscheinungen wie Männer ohne Frau. Was sich vor allem in verbalen Kraftmeiereien ausdrückt. Oder lag es diesmal an den hautnahen Begegnungen mit Transvestiten, Transgendern und Transplantationen, dass das verbale Vorgeplänkel aus dem halbseidenen Rülpsen nicht mehr herauskam? Der Verstand war jedenfalls noch eingeschaltet, denn jeder zweite Satz hieß: „Diese Äußerung bitte ja nicht ins Protokoll übernehmen!“ Beim Abschied distanzierten sich alle Mitspieler nochmals ausdrücklich vom noch ungeschriebenen Session-Protokoll. Hier ist es.

1. “Nobiles”

Aarons Neuentwicklung brachte uns zunächst wieder auf die spielorientierte Schiene zurück. Er hat sein Spiel in den letzten beiden Monaten nochmals wieder gründlich überarbeitet, nachdem im Laufe eines forcierten Reifeprozesses zu Beginn dieses Jahres sich viel Wildwuchs eingestellt hatte. Zurück zu den Quellen war seine Devise. Vor allem sollten die beiden Spannungsfelder des Spiels, das arbeitsame Engagement bei der gemeinsamen Problembewältigung und das siegpunktträchtige Einsteigen in Herrschaft und Politik, besser miteinander verzahnt werden. Einige sehr geniale Umgestaltungen brachten das Spiel jetzt Riesenschritte vorwärts. Peter erkannte es nicht wieder.

„Viel Lob, großes Lob!“ vergab er mit der größten Überzeugung. „Ein super Spiel; es besitzt keine eingefahrene Strategie, sondern ist höchst flexibel“ kommentierte Moritz. Aus bescheidenen Startbedingungen heraus und mit zunächst in verschiedenen Richtungen abtastenden Spielzügen hatte er sich im Mittelspiel noch eine Vorgehensweise zurechtlegen können, mit der er haushoch gewann. Die Mitspieler mussten das aber keineswegs bedröppelt über sich ergehen lassen. Erstens kommt das Ende sehr schnell und schmerzlos herbei, und zweitens erkannten sie – post mortem – sogleich die Fehler in ihren eigenen Zügen, die sie beim nächsten Mal vermeiden wollen. Genau das sind Voraussetzungen für ein großes, strategisches Spiel.

WPG-Wertung: Noch keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “Island Fortress”

Valentina plus Zwei! Schön öfters hat sie unseren Spielabend “geschmissen“!
Valentina plus Zwei! Schon öfters hat sie unseren Spielabend “geschmissen“!

Seefahrer, stolzes “Archeron”, Schiffbruch, Jademinen, Gouverneur, Fort Aldenford, Gesindel und Kontrolle sind die Schlagwörter im Regenheft, die für Stimmung und Spiellust sorgen sollen. Vorweg genommen, bei uns kamen sie nicht an.

Drei Rechtecke mit je fünf mal vier internen Quadraten sind das Gelände, auf dem jeder Spieler durch Legen von Bauplättchen individuell vorgegebene tetris-artige Muster herstellen muss. Jedes fertig gestellte Muster liefert Siegpunkte. Die Spieler bauen in Konkurrenz zueinander: wenn ein Spieler gerade seine vorgegebene Tetris-Raute fertiggestellt hat, und ein böser Mitspieler eines der zugehörigen, vorgeschriebenen Bauplätten überbaut, dann sind die Siegpunkte erst einmal aufs Eis gelegt.

Zu Bauen braucht man Arbeiter, Bauplättchen und Geld, die man sich mit Hilfe seiner Aktionskarten, Anwerber, Planer und Schatzmeister geheißen, peut-a-peut besorgen kann. Der Aufseher bestimmt dann noch, in welcher der drei Gelände-Rechtecke man bauen darf, der Baumeister tut es und rechnet die Fertigstellung ab.

Es gibt noch ein paar mehr Schnörksel, die das Spielgeschehen etwas bunter machen sollen, uns kam es heute aber ziemlich grau vor. Noch dazu ist die Übersetzung der deutschen Regeln und die Druckqualität des deutschen Spielmaterials eine echte Zumutung. „Schrott“ war heute der etwas überspitzt dafür gebrauchte Ausdruck. Vielleicht lag das auch an der mitgebrachten Stimmung, den oben erwähnten Entzugserscheinungen und den hohen Erwartungen nach Aarons „Nobiles“.

Nach anderthalb Runden fragte sich Peter, wieviel Lust er am Weitergang des Spiels noch hatte. Nach einer weiteren halben Runde fragte er das uns. Zwei waren für einen lustlosen Abbruch, nur Moritz hätte noch gerne ein paar Feinheiten des Spiels kennengelernt. Dabei „war ich gerade dabei zu gewinnen“. Dieses Siegergefühl gönnten wir ihm noch eine Spielrunde, dann brachen wir ab. Zu diesem Zeitpunkt stand der Abbrecher Peter mit großem Abstand an der Spitze.

WPG-Wertung: Aaron: 4, Peter: 3 („Das sind Spiele, die jemand erfindet, der in seiner Nachtschicht genervt ist und nicht einschlafen kann.“ – Genau diese Erfindermotivation hat der Autor Bryan Johnson in seinen Designer Notes bekanntgegeben), Walter: 4 (abstrakt, langweilig, repetitiv, mit erheblichen Kingmaker-Effekten), Moritz: 7 („ich habe mich nicht gelangweilt, ich finde es echt nicht schlimm, es hätte sich noch vieles tun können“).

Kritische Leser mögen hier vorwurfsvoll anmerken, dann man nach einer Kostprobe von gerade mal zwanzig Prozent einer einzigen Durchführung ein Spiel noch nicht aburteilen kann / darf / soll. Alte Erwiderung: Ein Weinkenner kann nach einem einzigen Schluck ebenfalls schon feststellen, ob ihm der Wein zusagt. „Island Fortress” hat uns nicht zugesagt, zumindest 75 Prozent der Spieler unser heutigen Runde nicht. Das Spiel mag trotzdem gut sein. Andersgeschmackliche können sich in jedem Fall auf Moritz berufen.

Zum Schluss bekannte Aaron noch: „Ihr ahnt es sicherlich, dass es ein Kickstarter Spiel ist …“

3. “Stimmvieh”

Mein Gott, diesmal sind wir Wahlkampfmanagerinnen und setzten unsere Politikerinnen, Hinterbänklerinnen oder Spitzenkandidatinnen ein, um möglichst viel Geldinnen und/oder Stimminnen zusammen zu bekommen. Ein Spiel für 3-4 Spielerinnen von Andrea Meyer. Vier teils knackige, teils ausgeknackte Spielermännchen setzen sich an den Tisch, um Autorin Andrea auf den Zahn zu fühlen. Wohin den sonst …

Und womit? Jeder Spieler bekommt neun Karten mit Zahlen von 1 bis 9, die er reihum einzeln ausspielt, um damit aus einer offenen Auslage von insgesamt vier Geld- bzw. Stimm Karten sich eine davon anzueignen. Je höher die ausgespielte Karte, desto höher der erlaubte Wert der eingehandelten Karte.

Klar ist, dass jeder Spieler mit seiner gespielten Karte den zulässigen Höchstwert aus der Auslage nimmt, und klar ist, dass jeder Spieler eine solche Karte spielt, zu der in der Auslage eine genau passende Karte vorhanden ist. Solange die Auslage das bietet. Am Ende, wenn man nur noch wenige Karten in der Hand hat, kann die Diskrepanz zwischen dem Wert der gespielten Karte und dem Wert der bekommenen Karte ganz erheblich sein.

Die Zuordnung der Kartenwerte ist gerecht und einfältig, z.B. bekommt man für eine 1 immer 50 Tausend Euros, für eine 8 immer (maximal) 150 Tausend und für eine 9 immer (maximal) 200 Tausend. Die anderen Werte liegen nicht-linear aber proportional dazwischen. Ob ich jetzt eine 1 verfallen lassen muss, weil keine 1er Wertkarte mehr in der Auslage liegt, oder ob ich mit meiner 9 mangels Angebot nur eine 8er Wertkarte bekomme: das ist gehupft wie gesprungen, ich „verliere“ 50 Tausend Euros. So ist das ganze Spiel lediglich ein kurzes Gehupt-wie-Gesprungen, immerhin erfreulich schnell, und am Ende hat einer die Nase vorne. Bei uns war das zweimal Aaron! (Zweimal! Richtig, richtig, liebe Schnellmerker, nach dem ersten Durchgang haben wir sofort einen zweiten drangehängt. Wir waren einfach noch nicht schlüssig, ob unsere Politikerinnen wirklich so einfältig waren oder ob wir sie nur falsch behandelt haben.)

Halt, einen wichtigen Aspekt habe ich vergessen. Statt der Geld-Karten kann man ja auch Stimm-Karten aus der Auslage nehmen. Mit welchem Effekt? Wer am Ende die meisten oder zweitmeisten Stimmen einkassiert hat, darf in der Abrechnung den Wert seiner geldwerten Karten verdoppeln. Alle anderen Stimmkarten sind für die Katz.

Und die „Vorwahl“ ist ebenfalls noch erwähnenswert: Jeder Spieler muss aus seinen neun Handkarten vier Karten auswählen, die nach dem Spielen eine neue Stimmkarten in die Auslage bringen; die anderen fünf Handkarten bringen nach dem Spielen eine neue Geldkarte in die Auslage. Die jeweils nachzuziehende Karte liegt offen auf, so dass jeder ermessen kann, welche steile Vorlage er seinem Nachfolger in die Auslage legt. Gehupt oder gesprungen. Vielleicht nicht ganz so trivial, wie es der erste Durchgang suggeriert, aber immerhin noch reichlich …

Schon gar nicht trivial ist die Spielregel. Vier erfahrene Spielermännchen bissen sich fast die dritten Zähne daran aus, bis sie den trivialen Spielaufbau, die triviale Vorwahl und den trivialen Spielablauf verstanden hatten. Selbst unser knusprigster Geistes-Überflieger bekannte „Ich kapier’s nicht!“

WPG-Wertung: Aaron: 5 (möchte es nicht zu oft spielen), Moritz: 5 (sehr leichtes, sehr schnelles Kartenspiel, durchaus OK, aber mit beschissener Spielanleitung), Peter: 3 (1 Pluspunkt für die weibliche Spielanleitung. [Ob der Pluspunkt jetzt schon dabei gezählt wurde, verrate ich nicht]), Walter: 4 (kein großer Wiederspielreiz).

Auf den ersten Blick kommt das Spiel von der Aufmachung daher wie eine Kartenversion vom Polit-Seminar „Die Macher“ (ein super-geiles Spiel!), doch vom Ablauf ist es eher ein lockeres Kinderspiel, wenn das Kind erst einmal den Zahlenraum von 1 bis 9 beherrscht, und später 150 und 200 addieren kann.

4. “Bluff”

Peter gewann das 3:2 Endspiel gegen Walter in zwei Zügen.

Im letzten Zug fing er mit 1 mal die Eins an. Mit dem Rücken an der Wand hob Walter auf 3 mal die Vier. Welche Augenzahlen zeigten Peters drei Würfel und was setzte er, um Walter endgültig den Hals umzudrehen?

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

Als Absacker erzählte uns Peter noch etwas über die Fortpflanzung von Haien. Der männliche Hai habe zwei Penisse und zeuge damit recht eindringlich seinen Nachwuchs. Jetzt kann ich ihn mittels Wikipedia bei der ersten Übertreibung seines Lebens überführen: „Nur bei knapp 70% der zur Zeit lebenden Haien werden die Eier im oberen Eileiterteil des Weibchens befruchtet.“

01.04.2015: Altes, Neues und Ungeborenes

Warum hieß der gestrige Sturm eigentlich „Niklas“?

Dass die Tief- und Hochdruckgebiete Namen haben, wurde erst 1990 in der Bevölkerung so richtig wahrgenommen, als der Orkan „Wiebke“ über Deutschland wütete, und die Medien sich groß und breit darüber ausließen. Seit 1954 werden diese Namen in Deutschland vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin vergeben.

Zu Wibkes Zeiten hatten alle Tiefs noch weibliche Vornamen. Ab 1998 wurde diese Namensvergabe als eine Frauendiskriminierung betrachtet und ein jährlicher Wechsel von weiblichen und männlichen Vornamen beschlossen.

2015 waren mal wieder die Männer an der Reihe und für den vierzehnten Sturm des Jahres wurde „Niklas“ festgelegt. Und der war jetzt gestern am Ruder. Wer will, kann für € 379,61 eine Namenspatenschaft übernehmen. Bei Niklas war das ein Herr Niklas Meyer aus Lübeck. Die Paternschaft für das einundzwanzigste Tief dieses Jahres , das mit dem Buchstaben „U“ beginnt, wird per Ebay versteigert! (Das ist kein Aprilscherz!)

Stürme im nördlichen Atlantischen Ozean (nicht zu verwechseln mit deutschen Tiefs) werden durch das National Hurricane Center der Vereinigten Staaten benannt. Dafür wurden sechs verschiedene Namenslisten zusammengestellt, in denen sich männliche und weibliche Vornamen streng abwechseln. Die Listen werden wrap-aroung verwendet, 2015 war wieder die Liste 1 dran, und der Name des vierzehnten Sturm darin heißt „Nicholas“. (Namen von Stürmen, die aufgrund ihrer Sachschäden oder Opferzahlen sehr schwerwiegend waren, können durch die World Meteorological Organization aus den ewigen Listen gestrichen werden.)

Dass der vierzehnte Berliner mit „Niklas“ und der vierzehnte Amerikaner mit „Nicholas“ den nahezu gleichen Namen tragen, ist mehr oder weniger zufällig, schließlich wechseln die Berliner ja nur jährlich zwischen Männlein und Weiblein, die Amerikaner aber von Sturm zu Sturm. Der nächste Deutsche wird Oskar heißen, die nächste Amerikanerin Odette.

Das sechszehnte Tief und der sechzehnte Sturm heißen nach beiden Tabellen wieder gleich: Peter! Hallo Peter, blase schon mal Deine Backen auf, damit Du uns und der Welt lange genug in Erinnerung bleiben wirst. Du musst Deine allergrößten Kräfte ja nicht unbedingt in München rauslassen!

1. “Medici”

Seit 1998 auf dem Markt, vier Jahre später zum ersten Male am Westpark gespielt und im Jahresabstand noch zwei weitere Male. Nach Luding ist die aktuelle Auflage aus dem Jahre 2007 immer noch käuflich.

Ein ausgereiftes Auktionsspiel mit abstrakten Karten. Die Karten zeigen einfache Zahlen von 1 bis 5 in fünf verschiedenen Farben. Die Spieler ersteigern die Karten in Paketen, bis jeder pro Durchgang genau fünf Stück davon hat. Dann werden die Siegpunkte verteilt. Für jede Karte einer Farbe steigt ein Spieler in der entsprechenden Farb-Kategorie um eine Stufe nach oben. Wer in einer Farbe am höchsten steht, bekommt 10 Siegpunkte, der Zweite bekommt 5. Der Dritte und alle weiteren gehen leer aus. Hier kommt es also darauf an, bei wenigen Farben an der Spitze zu stehen und nicht überall ein bisschen beteiligt zu sein.

Zusätzlich wird gewertet, wer in der Summe die höchsten Kartenzahlen ersteigert hat. Hierfür gibt es Siegpunkte in der Staffelung 30-20-10-5. Neben der richtigen Farbwahl ist es also auch lukrativ – höchst lukrativ – , sich hohe Zahlenkarten zu ersteigern.

Doch das Spiel hat noch einen dritten Pfiff: Für die Versteigerung ist reihum jeweils ein Spieler verantwortlich, der nach beliebigen Gutdünken ein, zwei oder drei Karten vom verdeckten Stapel als Paket auf die Börse wirft. Die Mitspieler geben im Uhrzeigersinn je ein Gebot dafür ab, und am Ende entscheidet er, ob er dem meistbietenden Mitspieler die aufgedeckten Karten überlässt oder ob er sie – um einen Dollar mehr – selber ersteigert. Die Anzahl schon ersteigerter Karten ist ein Handicap beim weiteren Bieten, denn jeder darf nur maximal fünf Karten erwerben. Wer z.B. schon drei Karten in Besitz hat, kann nicht mitsteigern, wenn ein Paket von drei Karten aufgerufen ist. Kleiner Pfiff, aber immerhin.

Peter wurde Sieger und zeigte mit Stolz auf seinen dreifarbigen Kartenbesitz, wo er in zwei Farben kein einziges Geld und Gut verschwendet hatte.

WPG-Wertung: Aaron, Günther und Moritz blieben bei ihren schon vor zehn Jahren vergebenen 7 Punkten (uralt, hat sich aber nicht ausgespielt; mit wenig Mitteln viel erreicht), Peter blieb bei seinen 8 Punkten und Walter hob seine früheren 6 Punkte jetzt auch auf 7.

2. “Parade”

Parade : Anlegen und Nehmen von Karten
Parade : Anlegen und Nehmen von Karten
Ein kleines, hübsches Kartenspiel, bestehend aus je elf Zahlenkarten mit den Werten 0 bis 10 in sechs verschiedenen Farben. Jeder Spieler hat fünf Karten auf der Hand und legt legt reihum eine beliebige davon an das rechte Ende der Parade-Reihe. Anschließend muss er eine definierte Anzahl von Karten aus der Parade-Reihe nehmen und als Minus-Karten offen vor sich auslegen. Der Rest der Parade wird wieder zusammengeschoben.

Welche Karten muss man nehmen? Einfache Logik, trotzdem haben alle Mathematiker unter uns erst einige Fehltritte getan, bis sie das Prinzip verinnerlicht hatten.

  1. Links von der neu angelegten Zahlenkarte sind soviele Karten “geschützt” (d.h. sie brauchen nicht genommen zu werden), wie die Zahl auf der gelegten Karte angibt.
  2. Von den “ungeschützten” Karten müssen alle Karten der gleichen Farbe genommen werden.
  3. Von den “ungeschützten” Karten müssen alle Karten genommen werden, deren Zahl kleiner oder gleich der neu ausgelegten Karte ist.

Nach seinem Zug zieht der Spieler vom verdeckten Stapel eine Karte nach. Ist der Stapel aufgebraucht, so ist das Spiel zu Ende. Jeder Spieler legt noch zwei beliebige Karten aus seiner Hand zu seinen angesammelten Minus-Karten, dann wird gewertet. Von den Farben, in denen ein Spieler die Mehrheit hat, zählt jede Karte einen Minus-Punkt. Von den anderen Farben zählt jeder Zahlenwert entsprechend viele Minuspunkte.

Welche Freiheitsgrade hat ein Spieler bei seinen Aktionen?

  • Er kann immerhin aus 5 Karten wählen, welche er auslegt. Würde nur ein einziger Zug gespielt, so wäre es allerdings absolut trivial (wenn auch kein no-brainer) zu bestimmen, welches hier die beste Karte ist.
  • Ein Spieler kann versuchen, Kartenpflege zu betreiben, um für das dicke Ende möglichst viele, gute Optionen zu haben. Das beißt sich natürlich ein bißchen mit der obigen Einzel-Zug-Optimierung. Außerdem ist “Kartenpflege” hier wohl eher ein beschönigender Ausdruck, denn es gilt nicht, eine vollständige, bekannte Kartenhand zu optimieren, sondern eine zukünftige Kartenauswahl, deren Zusammensetzung weitgehend vom Zufall bestimmt und deshalb unbekannt ist.
  • Er kann vorausberechnen (vorausahnen, blindwütig vorauserraten – siehe oben unter “Kartenpflege”), von welcher Farbe er wohl die meisten Karten bekommen wird, und möglichst immer hier zuschlagen. Das ist aber nur eine Nebenstrategie zur Einzel-Zug-Optimierung.
  • Er kann alle Karten sichten, die irgendwo ausliegen (bei sich, in den Minus-Stapeln der Mitspieler, in der “Parade” und in seiner eigenen Hand), und er kann daraus ermitteln, welche Karten er noch nicht kennt, die dann (zum Teil!) noch nachgezogen werden; er kann die Züge der Mitspieler auswerten, um daraus zu schließen, welche Farben sie wohl favorisieren; er kann für jeder Farbe analysieren, wie groß seine Chancen sind, hier Mehrheiten zu bekommen; er kann … Aber das gilt alles nur für Genies, nicht für Normalsterbliche.

Im Grunde ist alles weitgehend unberechenbar. Wenn Walter solche Eindrücke als Faktum oder sanfte Kritik äußert, hakt Günther sehr gerne ein und bringt “Bridge” als Gegenbeispiel, das doch ganz ähnlich sei, und das doch als berechenbar gilt. Entschuldige bitte, lieber Günther, hier spricht ein Blinder von der Farbe! Ich bitte alle Großen Denker unter den Freunden der Westpark-Gamers um konkrete Hinweise, wie man

  • mit hohen, mittleren oder niedrigen Karten
  • der verschiedenen Farben
  • von denen man keine, einige oder schon viele Karten
  • mit niedrigen oder hohen Zahlenwerten in seinem Minus-Besitz angesammelt hat
  • unter Berücksichtigung der Auslage der Mitspieler
  • und den – teilweise – bekannten Restkarten im Nachziehstapel

umgehen soll. Ich weiß es nicht. Ich schlage vor, bei jedem Zug lediglich mehr oder weniger nach der Einzel-Zug-Logik vorzugehen. Das ist fast noch spielerisch, und damit kann man zumindest noch Vorletzter werden. Ujj – jetzt sehe ich gerade auf der Siegerliste: wie hast Du, Peter, denn das fertig gebracht, auf dem Platz zu landen, wo Du gelandet bist … ?

WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spielprinzip ist ein bisschen sperrig, das Kartenhandling auf dem Tisch etwas mühsam), Günther: 6, Peter: 6 (langweiliges Überlegen, macht nicht wirklich Spaß), Walter: 6 (nicht lustig, bedingt pseudo-intellektuell)

3. “Nobiles”

In Aarons Neuentwicklung wurden einige lästige Nebenzweige im Regelwerk zurechtgeschnitten und der Rest wieder stärker auf die Grundidee des Spiels ausrichtet: auf den Kampf um Mithilfe oder Behinderung beim Lösen von gemeinsamen Aufgaben, um hinterher als politisch Engagierter am Erfolg beteiligt zu sein oder als Nicht-Engagierter den Politikern die leichten Lorbeeren aus dem Rachen zu reißen.

Kooperation wird benötigt, und dazu in jedem Fall auch – die am Westpark verpönte – Diplomatie. Es erhob sich wieder die Frage, ob Absprachen über gemeinsames Vorgehen grundsätzlich eingehalten werden müssen, oder ob man jeden mündlich vereinbarten Kuhhandel auch platzen lassen darf. In Spielen über wenige Runden ist das eine durchaus problematische Fragestellung.

Wenn einer dazu aber noch so irrational Harakiri spielt, wie heute der Gastgeber, dann wird jegliche – unabgesprochene – Planung über den Haufen geworfen. Peter schlug als Punkt in der Spielregel vor: „Walter darf nicht mitspielen.“

Aaran fragte sich: „Ich weiß nicht, was ich von dem Spiel halten soll, wenn Günther total abkackt.“ Immerhin hat Peter gewonnen, und das ist zweifellos ein positiver Hinweis auf die intellektuelle Ausrichtung und Planbarkeit des Spiels.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

4. “Bluff”

Frage: Wenn Du im 1:1 Endspiel einen Stern unter dem Becher hast, und Dein Kontrahent mit 1 mal die Fünf anfängt, was tust Du dann? Anzweifeln bringt nichts. Du musst auf … jawohl … 2 mal die Fünf erhöhen. Mit etwa zwei Drittel Wahrscheinlichkeit hast Du verloren.

Schlussfolgerung: Wenn Du im 1:1-Endspiel eine Eins, Zwei oder Drei gewürfelt hast, dann setze auf 1 mal die Fünf und hoffe auf einen Stern beim Gegenüber. Du hast sogar auch dann gewonnen, wenn er eine Fünf gewürfelt hat. (Oh Gott, dass ist ja Günthers Immer-5-Strategie!)

Nachdem Walter diese Schlussfolgerung aus dem Endspiel von Aaron und Peter gezogen und notierte hatte, war er mit 1:1 im Endspiel gegen Aaron und bekam eine Drei unter dem Becher. Er begann mit 1 mal die Vier, Aaron hob auf 1 mal die Fünf und das war es dann auch.

Merke:

  1. Es ist immer schwer, aus eingefahrenen Gleisen auszubrechen, besonders wenn dahinter liebgewordene Gewohnheiten und Theorien stecken (Immer-4-Strategie).
  2. Es ist leichter, eine Theorie zu notieren als sie zu befolgen.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

18.03.2015: Akademie der Knappinnen

Und Gott der HErr sprach: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei. – Man wird sie Männin heißen, darum dass sie vom Manne genommen ist.“ (1 Mose 2, 18)

Was ist bloß aus dieser einstmaligen „Männin“ geworden! Es gibt kaum einen Helfer in der Welt, der seinen Herrn und Meister so vollständig hinweggefegt und die Herrschaft an sich gerissen hat. Der Name des HErrn sei gelobt!

1. “Nobelinnen”

In der heutigen 5er Runde verzichtete Autor Aaron beim Test seines neuen 4-Personen-Spiels auf einen Startplatz und Männin Andrea konnte zum ersten Mal in die Tiefen von Ostfriesland, Island, Grönland oder Neuland eintauchen. Nach Vorschlag von Argentum wurde das Spiel um einen Durchgang verkürzt – von uns zuerst skeptisch aufgenommen, dann aber einstimmig so akzeptiert: jetzt ist es jetzt gerade richtig lang und gerade richtig taktisch.

Bekanntermaßen wird am Westpark anders gespielt als in normalen „braven“ Runden. Kein einziges Mal wurden heute die Herausforderungen erfüllt, kein einziges Mal konnte eine Mitspielerin die Häuptlings-Provision einstreichen. Dafür sorgten schon die drei männlichen Mitspieler, die je einmal die Verräterin einsetzten und damit die Erfüllungshürde in unerreichbare Höhen setzten. Nur unsere Männin verhielt sich hier konstruktiv zurückhaltend. „Jönne könne“ ist ihr als Kölnerin schon von Geburt an auf die Seele gebunden worden.

Moritz gewann mit Günthers Markt-Strategie: sich total aus der Politik raushalten, eine Geld-Generierungs-Combo aufbauen und dafür auf Teufel komm’ raus Siegpunkte kaufen. Am Ende hatte er mehr Siegpunkte als alle anderen zusammen. Die Effizienz dieser Strategie muss reduziert werden, denn politisches Lavieren gehört zur Grundidee des Spiel, ohne die man – eigentlich – nicht gewinnen können sollte. Problem erkannt und auch schon beseitigt.

Trotz des weiteren Bedarfs an Feintuning dürfen wir heute schon für Spannung, Interaktion, für die vielen Strategie- und Taktik-Möglichkeiten und die hohe Freiheitsgrade im Handlungsspielraum unsere Vorschusslorbeeren vergeben.

WPG-Wertung: Keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “Medieval Academy”

Kampf in der Akademie
Kampf in der Akademie

Eine Amerikanerin hat schon prognostiziert, dass dieses Spiel das „Spiel des Jahres 2015“ werden könnte. Aber wenn Amerikanerinnen ein Spiel hoch einschätzen, dann … Aaron hat es in Essen auf Anhieb gefallen und er hat es mitgebracht.

Wir sind Knappinnen und müssen uns in sieben Turnierdisziplinen bewähren. Die Disziplinen heiße offiziell Galanterie, Lanzenstechen, Turnierkampf, Gralssuche und so weiter, aber im Prinzip ist alles das gleiche: Auf jedem Turnierplatz hat jede Spielerin je eine Pöppelin stehen und muss sie über die sechs Runden des Spiels weiter vorwärts bewegen als die Konkurrenz.

Bewegen tun wir uns mittels Bewegungskarten, die mehr oder weniger zufällig ausgeteilt werden, und die uns erlauben, auf jeweils einem fest vorgegebenen Turnierplatz zwei, drei, vier oder fünf Schritte vorwärts zu gehen. Flexibilität wird uns geboten, weil wir von den fünf uns zugeteilten Bewegungskarten nur viel ausspielen; die letzte bleibt ungespielt. Theoretisch könnte jede Spielerin gleich zu Beginn einer Runde diejenige Karte auswählen, die sie nicht spielen will, und die anderen Bewegungen alle unverzüglich durchführen. Damit hätten wir wenigstens den Freiheitsgrad 4. (Falls wir – mit Glück – keine gleichen Karten auf der Hand haben.) Da aber die schlechteste Karte unserer Hand recht eindeutig bestimmt ist, ist unser praktischer Freiheitsgrad deutlich niedriger als 4. Fast in der Größenordnung von 0 (Null)! Sechs Spielzüge mit einem Freiheitsgrad zwischen 0 und 4, und das Spiel ist zu Ende! Für ein „Spiel des Jahres“ wäre das sicherlich ein Rekord!

Da wir aber andersherum vorgehen müssen und peut-a-peut die vier tatsächlichen Bewegungskarten ausspielen, dauert das Spiel länger, das, was sich auf den einzelnen Turnierplätzen abspielt, wird spannender wahrgenommen, und wir bekommen die Suggestion, das ganze sei interaktiver. Dabei nimmt unser Freiheitsgrad von Zug zu Zug nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch ab, bis auf den Wert 1 oder 0!

Noch ein Wort zur Zufälligkeit beim Austeilen der Bewegungskarten: Hier ist tatsächlich noch ein Quäntchen Einflussmöglichkeit gegeben. A la „7 Wonders“ bekommen wir pro Runde fünf Karten ausgeteilt, dürfen davon aber nur jeweils eine behalten und müssen den Rest an unsere Nachbarin weitergeben. Viermal weiterschieben und weitergeschoben-bekommen, dann liegt unsere Kartenhand fest. Damit wird zwar der blinden Zufällin ein Riegel vorgeschoben, der einäugigen Zufällin aber keineswegs.

Günther brachte das Spielprinzip auf die Formel: „60% Zufall, der Rest ist Gaudi.“ Zweifellos für Achtjähriginnen (nach Empfehlung des Verlages).

WPG-Wertung: Aaron: 7 (schnell, unkompliziert, macht Spaß), Andrea: 7 (überdurchschnittlich kurzweilig, interaktiv), Günther: 7 (locker, mit einem bisschen [WS: positiven?] Ärgerfaktor), Moritz: 7 (locker, nicht verbissen, auch nicht wahnsinnig originell, genau in die Richtung von „Spiel des Jahres“), Walter: 5 (repetitiv, hat kein Thema, hat kaum Freiheitsgrade)

PS: Die Siegpunkt-Erträge auf jedem Turnierplatz werden per Siegpunkt-Marker an die Spielerinnen ausgegeben. Wer auf einem Platz als Letzterin oder Vorletzterin landet, bekommt dafür u.U. auch Marker für Minuspunkte.
Spieltipp für Expertinnen: Diese Minuspunkte kann man im wahrsten Sinne des Wortes leicht „unter den Tisch fallen lassen“!

3. “Bluff”

Mit seinem „besten Move“ konnte Moritz auf einen Streich alle männlichen Konkurrenten rauskicken und das 5:3-Endspiel gegen seine Männin einläuten. Es endete 3:0 für den Mann.

Im zweiten Spiel kam Andrea mit zwei Würfeln gegen Aaron mit einem Würfel ins Endspiel. Aaron ließ sich mit einer Fünf unter dem Becher zu Günthers Immer-5-Strategie verleiten. Doch Andrea konterte mit einem Doppel-Walter (sowohl unter dem Becher als auch als Ansage) und entschied so das Spiel zu ihren Gunsten.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

PS: Liebe Andrea, bei allen In- und Innen-Formulierungen bist Du explizit NICHT gemeint!

11.03.2015 Männer darf man sehen, aber nicht hören

Immer noch fassungslos über die nicht autorisierte Änderung meines Artikels über die Spiele-Autoren-Zunft, grüble ich darüber, warum eigentlich die geschlechtsneutrale Verwendung von „Autor“ weniger politisch korrekt ist als die durch Verwendung eines „Binnen-I“ verhunzte Form „AutorInnen“. Interessant, dass sich das Bundesministerium der Justiz damit auseinandergesetzt hat und in seinen „Allgemeine Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften“ schreibt:  „Der Text muss so formuliert sein, dass er auch dann verständlich ist, wenn er vorgelesen wird.“ Also liebe Genderfreunde, wie genau macht man das beim Binnen-I?

1. Nobiles

Die neuste Version lag auf dem Tisch. Diesmal mit einigen wesentlichen Änderungen. So gibt es jetzt ein Aufbauelement, das neue Strategien ermöglicht und dadurch das Spiel spannender macht.

Peter, der sonst eher meine Prototypen-Tests mit einem knappen „broken“ kommentiert, verblüffte am Ende mit der Aussage: „Das war richtig spannend. Das Spiel kann so in Produktion gehen.“ Gemach, es gibt noch viel zu tun.

WPG-Wertung: keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklung

2. The Manhattan Project

Nachdem Walter es kategorisch abgelehnt hatte, ein Spiel mit diesem Thema jemals auf seinem Spieltisch zuzulassen, nutze Günther die Gelegenheit und brachte „The Manhattan Project“ bei Peter auf den Tisch während Walter zum Enkelhüten abkommandiert war.

Mit drei Sorten Arbeitern und klassischen Worker Placement Mechanismen erschaffen wir jeder für sich eine kleine Maschine, die aus Rohstoff (Yellow Cake) und Geld angereichertes Uran und Plutonium herstellt, um damit letztendlich Atombomben zu bauen. Auf einem großen Spielplan konkurrieren wir um Geld, Rohstoffe, Arbeiter und Ausbauten. Letztere legen wir in unsere persönliche Auslage. Hier können wir weitgehend ungestört von den anderen Spielern unsere Waffenproduktion aufnehmen. Weitgehend deshalb, weil böse gesonnene Mitspieler gerne mal mit ihren Bombern unsere Fabriken plattmachen wenn wir nicht genügend Abfangjäger bevorratet haben. Das kostet den Angreifer seine Bomber und uns die Abfangjäger und Geld zur Reparatur der Fabriken. Also außer Spesen nix gewesen – für beide Seiten.

Läuft unsere Uran- und Plutonium-Produktion rund, können wir bald die erste Atombombe bauen. Je nach Größe bringt die unterschiedlich viele Siegpunkte. Wer zuerst Bomben für 60 Punkte gebaut hat, beendet das Spiel und ist Sieger.

Wie gut die Produktion läuft, steht und fällt mit den zur Verfügung stehenden Minen, Universitäten und Fabriken. Und hier offenbart sich eine große Schwachstelle des Spiels: Abgesehen von einer vorgegebenen Startaufstellung erscheinen alle weiteren Ausbauten rein zufällig und nur dann, wenn Ausbauten gekauft werden. Hatten wir hier die Karten schlecht gemischt? Jedenfalls trat schon bald der Zustand ein, dass in der Auslage der Ausbauten keine interessanten Karten mehr lagen. Dem Autor muss dies wohl bewusst gewesen sein und er hat als Gegenmittel eine „Anreicherung mit Geld“ der billigsten Karte eingebaut. Nur dauert es leider seine Zeit, bis damit eine unattraktive Karte so attraktiv wird, dass sich ein Spieler sich ihrer erbarmt (und damit den anderen Spielern eine neue, vielleicht gute Karte freigibt). Wieviel einfacher (und besser?) wäre es gewesen, wenn am Ende einer Runde die billigste Karte einfach verschwindet wenn keiner etwas aus der Auslage gekauft hat.

Letztendlich dümpelte das Spiel 2 Stunden vor sich hin bis Günther seine 60 Siegpunkte zusammen hatte und das Spiel beendete. Vielleicht spielt sich „The Manhattan Project“ in einer 4er-Runde besser, weil mehr Kartenumsatz da ist. Vielleicht haben wir auch nicht alle Facetten des Spiels erkannt, wer weiß. So jedenfalls hielt sich unsere Begeisterung in Grenzen.

Ach ja, das Thema: Ich denke mal, die verwendeten Mechanismen hätten auf jedes beliebige Produktionsthema abgebildet werden können. Autos, Joghurt oder Drogen, alles hätte funktioniert. Warum mussten es gerade Atombomben sein? Genau, damit Walter ein gerade noch mittelmäßiges Spiel erspart bleibt!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (nix Neues, zu viel Zufall), Günther: 6 (der hat gewonnen), Peter: 4 (beliebig)

04.03.2015: Chaos vs. Mitspielerchaos

Das „Gendern“ der Sprache im öffentlichen Raum wird immer emsiger vorangetrieben. So gibt es in NRW ein Gesetz, alle Begriffsbildungen mit „Studenten“ in „Studierende“ zu verwandeln, z.B. wird „Studentenwerk“ zum „Studierendenwerk“. Mein Gott, welch’ ein Fortschritt!

Diese Woche gab es im deutschen Fernsehen eine Podiumsdiskussion, wo sich ein Genderei-Vertreter doch tatsächlich zu der Behauptung verstieg, es gäbe einen BIOLOGISCHEN Unterschied zwischen Mann und Frau! Wo hat er denn diese Weissheit aufgeschnappt? Da bin ich fast 40 Jahre mit einer Frau verheiratet und habe noch nichts davon gemerkt. Der psychische Unterschied zwischen uns wird mir hingegen täglich schmerzvoll bewußt, wenn sich meine Frau über Krümel auf dem Fußboden (nicht auf dem Bettlaken!) aufregt, die ich dann mit dem Staubsauger beseitigen soll … Vive la difference!

Die Genderei hat jetzt auch die Westparker, zumindest unseren Aaron, getroffen. Er hat einen Artikel für das „institut fuer bibliotheksorganisation, bibliotheksentwicklung und lesepaedagogik“ geschrieben und bekam prompt als Antwort zurück: „Gemäß den Vorgaben unseres Trägers, des Landes Steiermark, sind wir dazu angehalten, Texte zu gendern. Ich habe mir daher erlaubt, mit dem Binnen-I bzw. der Anführung der männlichen und weiblichen Form dem Folge zu leisten.“

Dieses Ansinnen und seine Ausführung hat bei ALLEN von uns reichlich Entrüstung ausgelöst. Andrea, eines unserer wenigen Weibchen, brachte es auf den Punkt: „Don’t gender, be original, dear Aaron!“

1. “Nobiles”

Weitere Balancierungsarbeiten an Aarons Eigenentwicklung. Es gibt eine Menge unterschiedlicher Strategien (vielleicht schon zu viele?), die alle erfolgreich sein sollen:

  • Startspieler-Tricksereien vs. letztes Zünglein an der Waage sein
  • Konstruktives Mithelfen vs. destruktive Knüppel zwischen die Beine werfen.
  • frühes oder spätes Politikerwerden, auf Biegen oder Brechen
  • Siegpunkte kaufen statt sie zu erarbeiten oder erpolitisieren.
  • sich total auf den politischen Endkampf in der letzten Runde konzentrieren, wo nochmals die Hälfte aller Siegpunkte ausgeschüttet werden, und davon dem Häuptling der weitaus größte Teil in den Schoß fällt.

Es gibt viel zu denken und zu rechnen. Nicht nur die eigenen Züge müssen langfristig überlegt werden, es gilt auch noch abschätzen, welchen Absichten wohl die Mitspieler verfolgen und in welche Richtung sie ihre Aktivitäten entfalten werden. Die aktuelle Version ist nur bedingt ein Aufbauspiel. Diesmal kamen ihre diplomatischen Seiten deutlich ans Tageslicht. Und am Ende entscheiden ganz wenige, im Details nicht vorhersehbare Gegebenheiten über den Sieg. Walter gebrauchte hierfür etwas abwertend das Wort „Chaos“, was beim Autor natürlich erhebliches Stirnerunzeln hervorrief. Für Günther hingegen ist „Mitspielerchaos“ eine absolut positive Eigenschaft eines Spiels. Die Formulierung „nicht-beherrschbar“ brachte eine tragfähigen Kompromiss.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.

2. “Die Staufer”

Fünf Spiele von Andreas Steding gibt es schon in unserer Wertungsliste. Mit „Hansa Teutonica“ hat er auch schon ein „Spiel des Monats“ bei uns gelandet. Jetzt hat unser HiG-minded Günther Stedings erstes HiG-Spiel bei uns lanciert.

Die Staufer
Die Staufer: Der König in Milano

Es wird vielleicht nicht jeder wissen, aber die Könige des Mittelalters hatten keinen festen Wohnsitz, sondern zogen von Pfalz zu Pfalz, von Aachen bis Palermo, und mit ihnen der ganze Hof. So gibt es auch in „Die Staufer“ einen König, der von Pfalz zu Pfalz zieht und sein Gefolge, unsere Pöppel, sind stets um ihn herum. Hier nehmen sie für all ihren Unternehmungen ihren Ausgang. Das zum Thema. Aaron machte uns den Moritz und fand es etwas dünn. Ist aber nicht so wichtig, Hauptsache, die Mechanismen stimmen.

Wir bewegen unsere Pöppel von Pfalz zu Pfalz um die stauferische Welt herum, belegen mit unseren Kavenzmännern die dicken Positionen und mit normalen Pöppeln die Positionen für die Normal-Sterblichen. Für die Bewegung brauchen wir Bewegungspunkte, die uns in Personalunion mit unseren Pöppeln vorliegen, und die uns entsprechend bald ausgehen. So müssen wir bei unseren Zügen ständig darauf achten, neue Pöppel resp. Bewegungspunkte zu rekrutieren. Dies geschieht einmal durch „Schatztruhen“, die jedem Feld, auf das wir unsere Pöppel setzen, beigeordnet sind, und die uns verschiedene Vorteile, u.a. auch neue Pöppel einbringen. Zum anderen geschieht das, indem wir uns gar nicht bewegen, sondern uns stattdessen Nachschub aneignen, der vorzugsweise aus neuen Pöppeln besteht. Wer als Erster an einem Nachschub-Feld andockt, bekommt hier als Prämie auch noch eine Schatztruhe mit weiteren Vorteilen.

Pöppel sind immer knapp. Haushälterisch mit diesen Resourcen umzugehen, ist eine Grundvoraussetzung für gutes Spiel.

Ja, und warum bewegen wir uns in der Stauferwelt? Nach jeweils drei Zügen ist eine Spielrunde zu Ende, und eine definierte Pfalz wird gewertet. Wer hier die meisten oder die höchstrangigen Felder besetzt hat, bekommt eine erkleckliche Anzahl von Siegpunkten. Der Zweite bekommt auch noch was. Der Dritte geht in einer Dreierrunde leer aus.

Neben der definierten Pfalz wird eine weitere, aus dem Spielablauf (Mitspielerchaos) heraus bestimmte Pfalz gewertet, z.B. diejenige, die noch die meisten Schatztruhen enthält, oder diejenige, in der die meisten Pöppel stehen.

Nach fünf Runden ist das gesamte Spiel zu Ende, und jeder Spieler erhält noch Sonderpunkte für drei verschiedene Arten von Aufträgen, die jeder zu Spielbeginn ausgeteilt bekam, z.B. wenn seine Pöppel in einer vorgegebenen Pfalz die meisten / höchstrangigen Plätze besetzen, oder wenn seine Pöppel auf dem Spielfeld in einer bestimmten Konstellation stehen.

„Die Staufer“ bieten reichlich Gelegenheit zu Optimierungsrechnungen. Für die eigenen Ziele muss rechtzeitig das notwendige Potential erworben und folgerichtig eingesetzt werden; zugleich müssen dabei die Möglichkeiten und Absichten der Mitspieler scharf im Auge behalten werden. (Genau wie bei „Nobiles“!) Vielseitig, spielerisch und – fast – unbeherrschbar.

Sehr viele Gedanken hat man sich über die Reihenfolge gemacht, nach der in jeder Runde die Spieler ihre drei Züge machen dürfen. Doch gerade WEIL man sich hierüber Gedanken gemacht und eine neue Lösung angeboten wurde, war Walter aufgebracht über einen grundsätzlichen Konstruktionsfehler. Wer als Erster einen Nachschub-Zug tut, kann sich den besten Nachschub-Zug aussuchen, bekommt obendrein noch eine Schatztruhe und ist in der nächsten Runde wieder Startspieler! Wer also Startspieler ist, darf als Erster den besten Nachschub-Zug tätigen und bleibt deshalb auch noch Startspieler, so dass er in jeder Runde den besten Zug bekommt! Das kann kein gutes Prinzip sein! Dieses Prinzip wäre sogar schlecht, wenn der erste Nachschub-Zug der schlechteste wäre und die anderen der Reihe nach immer besser würden! In diesem Fall wäre der Startspieler in jeder Runde benachteiligt!

Das Prinzip wäre tragbar, wenn die Bewegungszüge deutlich besser wären als die Nachschub-Züge, so dass sich alle Spieler erst mal dort austoben, bis irgendwann mal die Waage kippt, und auch die Nachschub-Züge lukrativ würden. Das ist aber nicht der Fall. Besonders in den ersten Runden ist der Nachschub lebenswichtig und unvermeidbar, so dass sich alle Spieler hier engagieren müssen. Es ist eine logische Fehlleistung, dass hier der erste Bevorrechtigte das ganze Spiel über der erste Bevorrechtigte bleibt. Q.e.d!

Als HiG-Nibelunge musste Günther hier natürlich widersprechen. Er lobte – ganz abstrakt – die Vorteile der Bewegungszüge, als hätte er sie selber erfunden. Nein, meine Lieben, HiG hat hier ganz einfach geschludert. Ich nehme jetzt mal an, dass dieser Zugreihenfolgbestimmmechanismus (ZRBM) im Laufe der Entwicklung vom Verlag, nicht von Autor erfunden wurde!

WPG-Wertung: Aaron: 7 (schöne Elemente, aber nicht ganz mein Spiel: es gibt ZU VIEL zu beachten), Günther: 8 (habe es jetzt zum dritten Mal gespielt, finde es immer noch ein super Spiel; ständige Interaktion, viele Gewinn-Alternativen), Walter: 6 (schönes Spiel, vielseitig und konstruktiv, 1 Punkt Abzug wegen des bescheuerten ZRBM. Ich möchte das Spiel als Letzter in der Zugreihenfolge nicht noch einmal spielen!).

25.02.2015: Petersburger Adel

Risiko – Die Ukraine

Wilhelm und „Der Postillon“ haben es empfohlen (siehe www.der-postillon.com/2015/02/hasbro-bringt-brettspielklassiker.html), und wir haben sofort zugeschlagen: Spiel der Saison 2014/15, die Risiko-Variante „Ukraine“. Entwickelt vom Autoren-Kollektiv Rumsfeld, Gates, Panetta, Hagel und Carter, zur Serienreife gebracht von der bewährten Zugreiftruppe des CIA. Es geht darum, durch Strategie, Tricks, Vortäuschungen und Anschuldigungen die Zustimmung aller Mitspieler zu erhalten, um eine Region unter seinen Einfluss zu bekommen, seinen Nachbarn zu eliminieren und als Alleinherrscher den Rest der Ära zu dominieren.

Ein Spaß für die gesamte Völkerfamilie. Danke, lieber Wilhelm, für Deinen Tipp.

Keine WPG-Wertung für ein globales Kooperationsspiel mit einem individuellen Spieler als einzigem Sieger.

1. “Das neue Sankt Petersburg”

Natürlich wird „Sankt Petersburg“, zur Zeit auf Platz 17 unserer 1000 Einträge umfassenden Rangliste, immer eines der spielerischen Highlights am Westpark bleiben, egal, wie oft es auf den Tisch kommt. Aaron und Günther waren unter den 1262 Unterstützern, die eine Wiederauflage dieses Klassikers ermöglicht haben. Günther ist zudem einer der 279 Tester, die im Regelheft von HiG namentlich erwähnt werden.

Er ist es auch, der die Produkte dieses Hauses bei uns vernehmlich propagiert und den – unbestritten – HiG-minded Tenor unsere Spielergruppe anführt. Doch unbestritten ist die auch Qualität der Produkte dieses Spieleverlages. Wenn hier z.B. 279 Tester aufgeführt werden, dann sind das keine Leute, die mal eben an Holzklötzchen und Schachtel gerochen haben, sondern da steckt ehrliche Auseinandersetzung mit dem Spiel und seinem Regelwerk dahinter. Dies wird später in der bekannten Reife aller Produkte dieses Hauses sichtbar. HiG-minded zu sein, spricht nicht gegen die Objektivität eines Spieler, eher dafür.

Heute haben wir uns nochmals die sechs neuen Module der überarbeiteten Sankt-Peterburg-Version vorgenommen und uns ein ansprechendes Mix daraus ausgesucht.

„Die Hürden“ haben uns letzte Woche schon sehr gut gefallen. Sie zwingen die Spieler zu einer Diversifizierung ihrer Kartenhand. Es genügt jetzt nicht mehr, sich zufällig oder gewollt auf eine einzige Kartenart zu stürzen, die mittels Rabatt dann auch noch immer billiger wird; um bestimmte Siegpunktschwellen überschreiten zu dürfen, muss man jetzt von jeder Kartenart eine Mindestanzahl auf der Hand zu haben.

Günther und Walter vergaßen etwas leichtfertig auf die Upgrader-Hürde bei Punkt 35 zu achten. Vollgespickt mit Siegpunkte-Potential aus ihren erworbenen Bauwerken standen sie dann ohne ausreichende Upgrader vor dieser Schranke, durften nicht darüber, und mußten massig Punkte in den Wind schreiben. Nur Aaron hatte aufgepaßt und zog hier frohlockend davon. Kein Wunder über seine Wertung: “Die Hürden sind das Beste im Spiel.”

Doch bevor Günther in Sankt Petersburg geschlagen wird, muss wohl noch viel Wasser die Isar hinabfließen. Trotz mehrmaligen Fluchens über verpasste Chancen und verfehlte Planungsziele gelang es ihm durch geschicktes Kapital- und Lager-Management am Ende acht verschiedene Adelige auf die Beine zu stellen und mit den daraus resultierenden 36 Siegpunkten seine beiden Mitspieler zu deklassieren.

Zu zwei anderen Modulen: „Die Aufträge“ sind überflüssig. Gezielt oder zufällig bekommt man am Ende für erworbenes Besitztum zusätzliche Siegpunkte. Alle ungefähr gleich viel. Zuviel Aufhebens um zu wenig Effekt. „Die Ereignisse“ hingegen sind gute Effektwandler, die in allen bisherigen Strategien eingesetzt werden können, kurzfristig einen Engpass beseitigen helfen bzw. Schicksalsunbilden abwenden können. Wenn man sie tief verinnerlicht hat, kann man sie sogar planmäßig für taktische Vorteile nutzen, aber soweit waren wir heute noch nicht.

Keine neue WPG-Wertung für ein sehr gutes Spiel.

2. “Nobiles”

Petersburger Adel bei Nobiles
Petersburger Adel bei Nobiles

Aarons Eigenentwicklung stand weiter auf dem Prüfstand. Günther versuchte wieder die Geldschiene, d.h. unberührt von Naturkatastrophen und Politik kaufte er seine Steuervorteile bei der Commerzbank ein. Sehr erfolgreich.

Aaron setzte konsequent auf den Häuptling, der für Erfolg im Kampf gegen Katastrophen fürstlich belohnt wird. Viermal schaffte er es, einmal überließ er Walter das Scheitern des Häuptlings und in der vorletzen Runde durfte kurzfristig Günther mal eine handvoll Lorbeeren ernten. Es reichte zum knappen Zweiten. Wahrscheinlich hätte er Günther die vorletzten Lorbeeren nicht so kampflos überlassen sollen.

Walter schwelgte noch in alten Strategien verflossener Versionen, in dem neu balancierten Räderwerk kam das einem Blindflug gleich. Entsprechend waren seine Ergebnisse. Bei den „Nobiles“ (oder wie immer das Spiel später heißen wird) kommt es nicht darauf an, im ruhigen Fahrwasser mitzuschwimmen, sondern scharf die Quellen für Siegpunkte auszumachen und sich hier ranzuhalten. Das ist auch gut so, vorausgesetzt, im Spiel gibt viele erfolgsversprechende Quellen. Das scheint in jedem Fall gegeben zu sein. Auch wenn bei jeder Umdrehung an den Balancierungs-Rädchen die Quellen an anderen Stellen zu sprudeln beginnen.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

11.02.2015: Wieder Höflinge in der Eisenbahn

1. “North American Railroad”

Peer Sylvesters Eigenkonstruktion (siehe Bericht von letzter Woche) lag noch einmal auf dem Tisch, diesmal mit dem entscheidenden Regelverständnis, dass jeder Spieler Aktien oder Städte-Verbindungen nicht nur aus der untersten Reihe einer 7 mal 4 Matrix wählen darf, sondern aus den untersten Karten jeder Spalte. (Hätten da erfahrene Spieler nicht von selber draufkommen können …? Bei einem so renommierten Spiele-Autor wie Peer konnte unser voriges Falschverständnis doch wohl nicht wahr sein!)

So gibt es für alle Spieler sehr viel mehr Auswahlmöglichkeiten, und die Reihenfolge, in der die Aktien- und Städte aus den jeweiligen Matrizen abgebaut werden, ist längst nicht so durchsichtig.

Als alter Empire-Builder legte sich Walter sofort für 1000 Dollar eine stolze Linie zu. Ein Signal für die Mitspieler, hier einzusteigen und entweder dem Präsidenten weitere m,äßig-teure Aktien reinzudrücken oder selber mit anerkennenswerten Preisen an einer guten Linie beteiligt zu sein. Noch dazu unter Übernahme der Präsidenten-Gewalt. Leider war das keine gute Taktik.

Sehr viel besser kam Horst weg, der sich für billiges Geld zwei kleine Linien zulegte, die wegen ihrer finanziellen Impotenz von allen Mitspielern mehr oder weniger bemitleidet wurden. Keiner wollte sich hier beteiligen, und wenn unbedingt eine seiner Aktien neu in Umlauf gebracht werden musste, da boten die Mitspieler niedigste Preise, um ja nicht selber daran beteiligt zu werden. So bekam Horst am Ende von beiden Linien je fünf der sechs Aktion für billiges Geld in die Hand. Und als am Ende auch noch der Aktienbesitz – unabhängig vom Streckennetz der Linien – in barer Münze ausgeschüttet wurde, war er der Sieger. (Unter Vernachlässigung der 100 Dollar, mit denen Günther am Ende noch die Nase vorn hatte.)

Ja, was hat Günther richtig gemacht? Zunächst reizte er den Präsidenten Aaron mit angetäuschten Beteiligungen und besserte so seine Kasse auf, bevor er selber ins Geschäft einstieg. Im Mittelspiel war er bei allen nennenwerten Gesellschaften der Mehrheitsaktionär. Der sichere Sieger, wenn nicht, wie gesagt, der lange bemitleidete Horst ihn auf der Zielgeraden noch um Haaresbreite (fast) verdrängt hätte.

Das Spiel ist ein reines Finanzmanagement und thematisch ziemlich trocken, wenn man überhaupt von Thema sprechen kann (Aaron); doch es hat – besonders für Kaufleute! Oder welches ist die Zielgruppe, lieber Peer? – durchaus einen gewissen Unterhaltungsfaktor (Horst). Wesentliches Element ist die Preisknobelei (Günther), ob gut oder schlecht, das sei hier mal dahingestellt. Die hier schlummernden mathematisch-statistischen Geheimnisse (Walter) dürften für eine Weile noch eine lohnenswerte Herausforderung sein.

Eine etwas größere Variabilität (vielleicht sogar etwas mehr Gerechtigkeit!) in den Kosten/Nutzen-Relationen der Städteverbindungen wäre zu überlegen.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “Nobiles”

Argentum ist bei Aarons „Nobiles“ eingestiegen und hat auch schon ein Reihe von Regeländerungen vorgeschlagen. Wir habe sie getestet. Die Dynamik der Effekte ist deutlich gestiegen. Dem Startspieler bieten sich jetzt eine Reihe von super-guten Zügen (mit zwei- bis dreifachem Ertrag gegenüber den Normal-Zügen), mit denen das Darben in den Materialen wie Geld oder Resourcen wurde deutlich abgemildet wurde.

Bleibt noch auszubalancieren, wie der Knalleffekt, mittels dessen der „Häuptling“ in der letzten Runde mit einem Schlag noch mehr als Hälfte seiner Siegpunkte machen kann, in eine solche Größenordnung dimensioniert wird, dass die anderen, braven, geduldigen Strategien mit den Rahmeneffekten des Spiel nicht allzu sehr in den Hintergrund gedrängt werden.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

04.02.2015: Sex, sieben, acht

Wie sexy ist Ostfriesland? Aus bayrischer Sicht mindestens so sexy wie Dortmund, das demnächst das größte Zweitligastadion der Welt besitzt. Aber wahrscheinlich bringt selbst das kleinen guten Klang in die Landschaft. „Carcassonne“ in Südfrankreich muss es schon sein, oder „Puerto Rico“ auf den Jungferninseln. Selbst das kalte „Sankt Petersburg“ scheint aus Marketing-Gesichtspunkten heraus sexy zu sein. Warum nennen wir ein Spiel mit Hexawürfeln oder hexa Würfeln nicht direkt gleich „Immer Sex“! Oder, Moritz schlug das vor, weil es einen so schönen Sprachrhythmus hat: „Immer Sex van achteren“. Beeinträchtigt solch ein Titel etwa die Verkaufserfolge in den Vereinigten Staaten?

1. “Nobiles”
AaronMoritzGuentherNobiles
Aarons zweite Eigenentwicklung ist unter Dach und Fach. Der Argentum-Verlag hat wieder zugeschlagen und sich die Rechte daran gesichert. Wenn alles gut geht, sollte es dieses Jahr in Essen herauskommen.

Nur ein knappes Jahr hat Aaron daran gearbeitet. Am 19. Februar 2014 lag es erstmals bei uns am Westpark auf dem Tisch. Damals schrieben wir: „Gegensätzliche Interessen von Bürgern und Nobiles beim Besiegen der Elemente, sowie eine Semi-Kooperation und Semi-Konkurrenz innerhalb der freien Aktionen der Mitspieler sind die Leitmotive des Designs. Doch bis zur gelungenen Balance von Kosten und Nutzen, von Einsatz und Gewinn, Mangel und Überfluss, sowie von Beteiligung und Sabotage ist noch ein weiter Weg.“

Das Leitmotiv des Designs wurde konsequent umgesetzt, an der Balance wird immer noch gedreht. Auch das heutige Spielen am Westpark diente dem Feintuning. Vereinigtes konstruktives Vorgehen sollte von Fall zu Fall von Erfolg gekrönt sein, doch ein durchdachtes, überraschendes Einsetzen des destruktiven Potentials sollte ebenfalls lustvolle Siegpunkte abwerfen können.

Auch das Umschwenken vom Dienst an der Front zum Absahnen in der Etappe sollte nicht allzu leicht vonstatten gehen. Vorausplanung, rechtzeitig ausreichend Mittel ansammeln und sich im Endspurt mit einem Knalleffekt an die Spitze setzen, so sieht der ideale Spielablauf bei den „Nobiles“ aus. Drei Stunden lang haben wir mitgedacht, mitgeplant und kritisiert. Noch ist die Ideallinie nicht gefunden, aber Argentum sucht jetzt mit.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “North American Railroads”

Als eine „1830“-Variante ohne Strecken stellte Aaron diese Eigenentwicklung von Peer Sylvester vor. Es geht um Aktien von Eisenbahn-Gesellschaften und um den Ausbau ihrer Strecken. Wer dabei am reichsten wird, gewinnt.

Die insgesamt 28 Aktien von fünf Gesellschaften liegen in zufälliger Reihenfolge in vier Spalten zu je sieben Zeilen auf dem Tisch. Wer am Zug ist, darf sich aus der untersten Zeile bedienen. Er wählt davon eine beliebige Aktie aus.

  • Ist von dieser Gesellschaft noch keine Aktie verkauft, so kann er sie für einen beliebigen Preis kaufen und wird damit Präsident der Gesellschaft. Das Geld bekommt die Gesellschaft, um später damit ihr Streckennetz zu finanzieren.
  • Ist von der gewählten Gesellschaft bereits mindestens eine Aktie verkauft, und ist der aktive Spieler selber Präsident dieser Gesellschaft, so kostet die Aktie einen festgesetzten Preis; die Hälfte des Geldes bekommt die Bank, die andere Hälfte die Gesellschaft.
  • Ist ein Mitspieler Präsident der gewählten Gesellschaft, so nennt der aktive Spieler einen beliebigen Preis, den er für die Aktie zu zahlen bereit ist. Der Präsident hat dann die Wahl, die Aktie für den genannten Preis selber zu erwerben, oder er muss sie an den aktiven Spieler verkaufen. In jedem Fall bekommt die Gesellschaft die Hälfte des Verkaufspreises; die andere Hälfte geht an die Bank oder aber an den aktiven Spieler, der als Käufer verschmäht wurde.

Jetzt werden die Städte angeschlossen. Sie stehen ebenfalls in einer zufälligen Auslage von 4 Spalten zu je 7 Reihen zur Auswahl, kosten eine variable Menge Geld und bringen später der Gesellschaft eine ebenfalls variable Menge an Einnahmen. Wie bei den Aktien wählt der aktive Spieler aus der untersten Reihe eine beliebige Stadt und ordnet sie einer der Gesellschaft zu, von der er Aktien hat. Die Stadt gilt sofort als angeschlossen, es werden keine Strecken gebaut oder benötigt.

Als letztes kassiert jede Gesellschaft ein Einkommen, das sich aus den Prämien für die angeschlossenen Städten ergibt. Das Geld wird gleichmäßig unter alle Aktienbesitzer aufgeteilt. Schnell, einfach und einfältig.

Peer hat uns sein Spiel mit der Aufgabe zugeschickt, darin vielleicht eine Killer-Strategie entdecken können. Was ist das? Ist das eine Strategie, die den Gegner killt oder die das Spiel killt? Oder beides zugleich? Setzt „Strategie“ nicht eine gewisse Handlungsfreiheit voraus? In “North American Railroads” müssen wir sowohl bei den Aktien, wie auch bei den Städten eine Karte „aus der untersten Reihe der Auslage“ wählen. Der erste Spieler hat hierbei immerhin eine Auswahl von 1 aus 4. Der zweite Spieler nur noch eine Auswahl 1 aus 3; der vierte Spieler aber nur noch 1 aus 1. Da bleibt nicht mehr viel zu killen übrig. Die geringe Auswahl hat das Spiel von alleine gekillt. Oder haben wir etwas falsch gemacht, lieber Peer?

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

23.07.2014: Die Crux des Startspielers

Wie viele Buch-Autoren können von ihren Romanen leben? Wie viele Maler von ihren Bildern? Wie viele Musiker von ihren Kompositionen? Und wie viele Spieleautoren von ihren Spieleerfindungen? Solche Aktivitäten bleiben wohl immer zu 99,9% das Hobby von Idealisten, die ihr tägliches Brot woanders verdienen oder verdient haben. Idealismus muss sich von alleine auszahlen, durch Freude am Tun und Freue am Sein.

An der Universität Linz hat man vor Jahrzehnten in der EDV-Steinzeit eine Datenbank für Abfragen über das römische Recht entwickelt. Mit Lochkarten. Wer wissen wollte, ob da irgendwo „in dubio pro reo“ steht, musste per gelber Post eine Anfrage nach Linz schreiben und bekam dann mit gelber Post auch die Antwort.

Peter hatte die Idee, das Ganze in eine moderne EDV-Oberfläche zu gießen, und Günther kümmerte sich um eine perfekte Implementierung. Schon seit ein paar Monaten erfreut sich ihre „Amanuensis“-Anwendung größter Beliebtheit. Kostenlos. Ach, wie schön ist doch ein Idealismus!

Istanbul – Wer findet den schnellen Weg?
Istanbul – Wer findet den schnellen Weg?

1. “Istanbul”

Wer die Diskussion über die Startspieler-Dominanz von Istanbul in den Kommentaren zu unserem letzten Spielbericht verfolgt hat, kann sich vorstellen, mit welchen gespannten Ambitionen wir heute erstmals in einer 5er Runde das Spiel angingen.

Günther als anerkannter Fuchs bekam ohne Gegenrede die “aussichtslose” fünfte Position zugeteilt; nach unserer Standard-Sitzordnung war Walter dann Startspieler.

Schon in der halben Stunde, während Aaron die Neulinge Loredana und Peter in das Spiel einführte, analysierte er den schnellen sicheren Weg zum berühmt-berüchtigten ersten roten Moschee-Plättchen. Das Tuchlager für die dafür benötigten roten Waren lag zwei Felder entfernt vom Ausgangsfeld Brunnen in Richtung 6 Uhr. Die kleine Moschee lag drei Felder entfernt in Richtung 1 Uhr. Wie kann man diese beiden Wege in zwei Zügen zu je zwei Feldschritten zurücklegen. Eine hübsche kleine Logikaufgaben. Wobei die bisherigen Angaben zur Lösung noch nicht vollständig sind. Das beigefügte Bild zeigt die Restangaben …

Walter als Startspieler fand die Lösung nicht. Vielleicht wollte er seine Gehilfen auch nicht vom Start weg gleich so weit auseinander platzieren. Loredana als Zweiter ging diesen Weg auch nicht. Genausowenig wie Peter und Aaron. Vier Spieler waren an Andreas Daiber’s Killerzug vorbeigegangen, ehe Günther in der letzten Position die Gelegenheit beim Schopf nahm und diesen Zug tat: Er setzte seinen Meister in die Polizeiwache (ein Schritt in Richtung 12 Uhr), löste damit seinen Cousin aus und schickte ihn ins Tuchlager für die roten Waren. Im zweiten Zug konnte ihm keiner mehr verwehren, seinen Meister auch noch die zwei Schritte nach rechts in die kleine Moschee gehen zu lassen und sich das billige, aber höchst effektive rote Moschee-Plättchen anzueignen. Bravo!

Doch schon ab dieser Runde befand sich das Spiel in einem eingeschwungenem Zustand. Es gab es keine Privilegien mehr, die sich aus der Zugreihenfolge ergeben hätten. Jeder verfolgte seinen eigenen Plan, der aber von Zug zu Zug an die aktuellen Gegebenheiten angepaßt werden mußte. Die fremden Cousins lockten als Geldeinnahme genauso wie die fremden Meister durch den geforderten Obolus abstießen. Es liegt viel Geld auf den Straßen von Istanbul. Als Quellen und als Senken. Ohne ausreichende Finanzmittel sind alle Mehrzüger mit erheblichen Risiken behaftet. Und falls man doch mit ausreichenden Finanzmitteln versorgt ist, verplempert man sie keinesweg leichtfertig für Felder, auf denen fremde Meister stehen.

Kurz und gut: Aaron als vierter Startspieler (und alter Hase) wurde Sieger; Peter als dritter Startspieler (und Neuling) wurde Zweiter, und Günther als letzter Starter wurde Dritter. („Wenn Günther nicht gewinnt, muss es ein Glücksspiel sein!“) Wo Walter als erster Startspieler landete, könnt ihr euch ausrechnen, wenn ich sage, dass Lordana Vorletzter wurde. Daiber’s Startspieler-Hypothese war mit einem einzigen Gegenbeispiel ad absurdum geführt.

Allerdings: Günther hätte um ein Haar doch gewonnen. Er war unmittelbar davor, im Sultansplalast den letzten Edelstein zum Sieg zu erwerben, da besetzte Aaron dieses Feld, und Günther hatte nicht mehr genügend Geld, den jetzt für dieses Feld geforderten Obolus zu bezahlen … Ist doch etwas dran am Vorteil des schnellen roten Moschee-Plättchen? Vielleicht. Doch in der Menge an Grundrauschen von Interaktion und wohldosierten Zufallseinflüssen über Würfel, Bonuskarten, Markt-Nachfrage, Schmuggler und Gouveneur geht dieser ganz gewiss unter.

WPG-Wertung: Zu unserem bisherigen Durchschnitt von 8,2 Punkten vergaben: Loredana: 8 und Peter 9 (von zunächst 8 auf 9 verbessert, „weil es auch noch zu fünft höchst gefällig und spielerisch ist“).

2. “Blöder Sack”

Das Spiel war letzte Woche schon mehr oder weniger durchgefallen. Trotzdem wurde es heute nochmals aufgetischt. Erstens kannten es drei der heutigen Mitspieler noch nicht, und zweitens wurden den von Istanbul noch rauchenden Köpfe ein paar Minuten Abkühlung gegönnt. Ein deutlicher Pluspunkt für den Blöden Sack.

Da das Spiel nur für vier Mitspieler ausgelegt ist, verzichtete Walter freiwillig auf eine Teilnahme. Problemlos. In einem schnellen Party-Würfel-Dödelspiel macht das Zuschauen genausoviel Spaß wie das Mitspielen.

Bemerkungen während des Spielens: „Jetzt weiß ich, warum das Spiel ‚Blöder Sack’ heißt!“ „Mit meiner Schwester (?) könnte ich es den ganzen Abend (?) spielen!“ „Pervers“! … „Der Verlag gehört dafür gehauen, dass er das Spiel nicht zur Reife gebracht hat!“ „Es ist unfaßbar, dass es bei KOSMOS erschienen ist!“

Peter gewann, weil er nach dem Einläuten der Schlußrunde noch fünf Blöde Sunkte einheimsen konnte, während die Mitspieler sein letztes Sacksen nur ohnmächtig beobachten konnten. Günther gewann also wieder nicht, ja er wurde sogar Letzter. Was sagt das über den Charakter von „Blöder Sack“?

WPG-Wertung: Die heutigen Neulinge blieben noch unter dem bisherigen Durchschnitt von 4,66. Günther: 4 (bei so wenigen Siegpunkten ist das Ende unbefriedigend), Loredana: 4 (man könnte es nochmals spielen. Ein paar Säcke mehr als Bedingung für das Spielende wären besser. [Dann hätte Walter nicht so gerne freiwillig ausgesetzt!]), Peter: 4 (Die Idee ist nett, aber für die Geschmäcker am Westpark fehlt das Feintuning; Sudden-Death würde das Spiel viel besser machen).

Hallo Rüdiger, hallo Ralph, in „Blöder Sack“ verliert der Startspieler! Garantiert! :-)

3. “AbluXXen”

Mit Spannung und Spielfreude schon viermal bei uns gespielt, durfte Loredana diese hübsche kleine Kartenspiel heute kennenlernen. Sie wäre sogar als Sieger hervorgegangen, wenn sie nicht im letzten Durchgang noch von einem Mitspieler – von wem wohl ? – überholt worden wäre.

WPG-Wertung: Loredana: 9 (das Spiel ist schnell, planbar und lustig; auch das Merken lohnt sich. Und spielerisch-positive Schadenfreude gibt es reichlich.)

4. “Nobiles”

Peter und Loredana waren schon mit der vorletzten U-Bahn abgedüst, als Aaron dem interessierten Restpublikum seine neuesten Änderungen an „Nobiles“ vorstellte. Er muss hier, wie wohl jeder Autor, die Erwartungen der „Straße“ mit den Anforderungen der „Elite“ in Einklang bringen. Schon beim Bieten um die Häuptlingswürde geht es um die Frage: verdeckt oder offen? Die Straße fordert ein verdecktes Bieten, aber – wenn ich mich recht erinnere – hat Moritz das vor kurzem mal für als „eines der schlechtesten Spielelemente überhaupt“ apostrophiert. Zumindest in einem Denker spiel.

Weiterhin in Überlegung: Sollen die Ressourcen immer äußerst knapp sein? Oder wäre ein bisschen Schwelgen darin nicht ein psychologisches Zugeständnis an die Spielfreude durch erleichterte Herausforderungen? Der Zutritt zu Ämtern im Rathaus, die Kosten für das dortige Werden und Sein, sowie die Vergütungen dafür, müssen noch weiter ausbalanciert werden. Oder sollte der Häuptling nach dem „Kreml“-Prinzip nicht besser nach jeder Runde automatisch sterben und neu gewählt werden müssen …

Noch keine WPG-Wertung.