1. “QE (Quantitative Easing)”
Um gleich mit dem Fazit anzufangen: Aaron und Günther hat das Spiel gefallen, 7 lockere Punkte von beiden, mir hat es nicht gefallen.
Wir ver- und ersteigern Scheiben, die aufgrund ihrer verschiedenen Eigenschaften (Farben, Formen, Namen …) in Kumulation und Diversifikation für jeden Spieler progressiv steigende Siegpunkte bringen. Der Auktionator wechselt reihum für jeweils eine Scheibe. Er fordert offen einen Mindestwert; die Mitspieler schreiben verdeckt auf, was sie zu bieten gedenken. Der Höchstbietende bekommt das Stück, der Preis bleibt, außer für den Auktionator geheim. Soweit sogut, „Modern Art – einmal reihum auf die Hand” lässt grüßen.
Wir können so viel bieten, wie wir wollen, bei jeder neuen Scheibe an unser voriges Gebot eine, zwei oder mehr Nullen anhängen. Tausend, Millionen, Billionen oder Quadrillionen, das spielt überhaupt keine Rolle. Jetzt kommt aber der Haken: Wer am Ende für seine erworbenen Objekte in Summe am meisten geboten hat, scheidet aus der Wertung aus. Ist er damit jetzt Letzter?
In unserer Dreierrunde brauchte ich bloß am wenigsten, also nur Einer, oder noch besser nur Nuller zu bieten, und schon war ich mindestens Zweiter.
Aaron verlangte als erster Auktionator für die erste Scheibe 50 Kröten, Günther bot geheim 500 und bekam damit das erste „Schnäppchen“. Ich hatte als Gebot nur eine simple 1 hingeschrieben und erntete von Günther und Aaron dafür kritische, fragende, vorwurfsvolle Blicke. Hatte ich etwas nicht verstanden? Günther verlangte für die zweite Scheibe gleich 10.000 (Zehntausend) Kröten und mir wurde ganz flau im Magen. Ich schrieb wieder nur ein 1 auf mein Gebotsschild . Aaron bekam die Scheibe; offensichtlich hatte er mehr als 10.000 investiert. Nur Günther wusste den genauen Betrag.
Für die restlichen 14 Scheiben hätte ich jetzt jeweils 700 Kröten hinblättern können, und wäre immer noch unter Aarons erstem Erwerb geblieben. Hätte ich Günther jetzt ein entsprechendes Abkommen vorschlagen können?
Bei der dritten Scheibe war ich Auktionator und verlangte wiederum nur meine obligatorische 1 Kröte. Wiederum strafende Blicke der Mitspieler, das erste Ansinnen zum Abbruch des Spiels wurde laut. Ja warum sollte ich mit meinem Eröffnungsgebot für ein Objekt, das ist nicht wollte, bis zu meiner Schmerzgrenze gehen? Wenn Aaron und Günther Interesse daran hatten – und das auch voneinander wussten, konnten sie sich auch ohne meine Vorgabe mit ihren Geboten in diejenigen Höhen begeben, die sie für richtig hielten. Sollte ich mit einem von mir absolut nicht gewünschten 20.000 beginnen, nur damit die beiden dadurch verlockt würden, vielleicht 100.000 (hunderttausend) zu bieten? Psychologen und Statistiker an die Front!
In einer Dreierrunde funktioniert das Spiel einfach nicht. Und ob es mir in einer 4er oder 5er Runde gefallen hätte, möchte ich stark bezweifeln. Es ist nicht mein Fall, ohne jeden Anhaltspunkt für irgendetwas von zweifelhaftem Wert eine hohe Summe hinzublättern, a) um es zu bekommen b) um zu verhindern, dass ein anderer es bekommt, c) um meine Mitspieler hochzutreiben, d) für etwas, was vielleicht kein anderer will, wenn e) meine hingeblätterte Summe am Ende todsicher kontraproduktiv ist.
Vielleicht könnte man das Spiel retten, wenn es die Regel aufnähme: ALLE Spieler einschließlich des Spielers mit dem höchsten Summengebot haben VERLOREN, nur ein einziger Spieler, der mit der höchsten Punktzahl, gewinnt und bekommt einen „Satzpunkt“. Soviele Sätze wie Spieler entscheiden über den Sieg.
Aber auch so hätte und hat das Spiel einen entscheidenden Design-Fehler. Ein Spielverderber kann ALLE Scheiben erwerben, indem er für jede Scheibe gigantische, in Zehnerpotenzen steigende Werte verlangt. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert.
Erkennt ein einziger Spieler diese Spielverderber-Technik und bietet mit, so läuft er damit Gefahr, den Schwarzen Peter zu bekommen. Der Spielverderber braucht mit dieser Politik aber auch erst ab der zweiten Scheibe beginnen und kann so den Ersteigerer der ersten Scheibe zum Sieger machen. Er kann auch erst in den letzten Runden mit seinen irrwitzigen Geboten anfangen, einen willkürlichen Spielstand mit dieser Methode einfrieren und so den dann gerade führenden Spieler zum Sieger machen. Kingmakern nennt man das. Und kein Milligramm der Spielregel versucht, das zu verhindern.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (mit so jemandem wie Walter, ansonsten mit Tendenz zu 7; locker, man muss sich nur auf die Spielidee einlassen können), Günther: 7 (locker, ungewöhnlich), Walter: 3 (ich habe das Spielprinzip nicht verstanden; und was ich davon verstanden habe, macht mir keinen Spaß).
2. “Old London Bridge”
Wir setzen unseren einen Pöppel auf einen von 7 Arbeitsplätze und erwerben damit ein Bauteil für unsere private London Bridge; jedes Bauteile hat eine Ordnungszahl; die einzelnen Bauteile müssen mit monoton abfallenden Ordnungszahlen lückenlos nebeneinander eingebaut werden; hat das erworbene Bauteil eine höhere Ordnungszahl als unser aktuelles Endstück, dürfen wir es nicht dort einbauen, sondern müssen damit eines unserer fertigen Bauteile – an der passenden Stelle – ersetzen. Unsere Brücke wird damit nicht länger, was bei Spielende in einem empfindlichen Punkteabzug endet.
Außer einem Bauteil bekommen wir abhängig vom Arbeitsplatz auch noch 1 bis 3 Siegpunkte. Die Zuordnung Siegpunkte / Arbeitsplatz ändert sich von Runde zu Runde.
Außerdem bekommen wir alternativ einen der folgenden Nebeneffekte:
- eine Aktionsprioritätenkarte mit Zahlenwerten zwischen 1 und 4, anhand der die Reihenfolge bestimmt wird, in der die Spieler ihren Pöppel setzen dürfen.
- Fortschritte auf der Prioritätenleiste; wer weiter vorne ist, darf vor einem Mitspieler mit gleichwertiger Aktionsprioritätenkarte ziehen.
- Die Erlaubnis, an der aktuellen Stelle unserer gebauten Brücke die Monoton-Absteigend-Regel zu unterbrechen.
- Siegpunkte; die sind natürlich begehrt, aber oft genug passt das Bauteil nicht.
- Die Erlaubnis, uns auf Seitenwege zu begeben, wo abschnittsweise Zusatz-Siegpunkte verteilt werden.
- Eine Multifarbenkarte; jedes Bauteil hat eine definierte Farbe; die Effekte für Siegpunkte, Fortschreiten, Geld etc. sind um so höher, je mehr Bauteile dieser Farbe wir bereits in unserer Brücke haben. Da gelten solche Multifarbenkarten als Joker.
So bauen wir unsere Brücke lustig fort. Nach 12 Runden ist Schluss. In der 3er Runde, die wir waren, hat keiner keinem weh getan. Irgend ein Bauteil oder irgend Nebeneffekt ist immer gut.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (kleine Zufallseffekte, z.B. bei der Priorität, können sich hoch auswirken), Günther: 5 (zu dritt nur 4 ½; lockeres Familienspiel mit wenig Konkurrenz), Walter: 5 (lieb und brav, Planung nicht nötig und nicht möglich, wir leben von der Hand in den Mund und müssen Zug für Zug aus der gegebenen Situation das Beste machen).
3. “Cat in the Box”
Auf den ersten Blick kommt dieses Karten-Stichspiel, bei dem jede Karte jede andere stechen kann, recht chaotisch daher. Aber wenn man erst mal das Prinzip verstanden und seine Haken und Ösen kennengelernt hat, dann verlangt (und erlaubt) es auf einmal eine wohldurchdachte Vision, in welcher Reihenfolge man seine Karten ausspielt und wieviel Stiche man damit machen kann und möchte. Oder auch nicht.
Keine neue WPG-Wertung für ein 8 Punkte Spiel.