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31.01.2018: Ungeborenes, Vergessenes und Erleuchtetes

„Trans Europa“, ein rundes Familienspiel und am Westpark zugleich ein beliebter Absacker, hält den 6ten Platz in unserer „ewigen Häufigsten-Liste“. 18 mal lag es bisher bei uns auf dem Tisch. „Und wie sieht hier die Grafik aus?“ wurde Aaron gefragt, als er zu Tür herein kam. Er wusste es genauso wenig wie der Gastgeber. Wenn das Spiel funktioniert, dann ist die Grafik eigentlich nebensächlich.

Nicht aber für Christof Tisch, Spielautor und Spielegrafiker, der heute unser Ehrengast war. Er hat nämlich den Auftrag bekommen, die Grafik von „Trans Europa“ für eine Neuauflage zu überarbeiten. Die Symbole auf den Städtekarten sind doch zu läppisch, von einer plakativen Gestaltung des Spielbretts ganz zu schweigen. Wir wünschen ihm dazu das gewohnte glückliche Händchen, damit das verdiente 8-Punkte-Spiel auf dem Markt noch erfolgreicher wird.

1. “Race to the Moon”

Christof studiert den Weg zum Mond

Eine Neuentwicklung von Aaron, die nicht nur für Christof, sondern auch für den Stamm der Westpark-Gamers noch unbekannt war. Christof hatte natürlich ein besonderes Interesse daran, zu erfahren, wie Aaron seine Spielentwicklung angeht. Aber auch für die anderen ist eine Neuheit jederzeit willkommen.

Wir sollen eine oder mehrere bemannte oder unbemannte Raketen zum Mond fliegen. Dazu müssen wir unsere Aktionsfreiheit dafür nutzen, die Teile für die verschiedenen Raketententypen zusammen zu fügen (Holzklötzchen), das nötige technische Know-How aufzubauen (Würfel) und geeignete Landeplätze ausfindig zu machen.

Als „spielerisches“ Beiwerk können wir anstelle von ordentlich arbeitenden Wissenschaftlern Spione einsetzen, die das Know-How nicht selber erarbeiten, sondern es von der Konkurrenz stehlen. Und wir können Gegenspione einsetzen, damit die Spione kein allzu leichtes Spiel haben, (Ein etwas unglückliches Design-Prinzip: Erst erfindet man einen mehr oder weniger guten Spielmechanismus und dann erfindet man einen weiteren Spielmechanismus, der den ersten konterkariert.)

Die Gesamtidee ist ganz schön, das Aufbauspiel hat die Entwicklungsphase 0.3 allerdings noch nicht hinter sich gelassen. Vieles läuft noch unrund und ist nicht ausbalanziert. Das ist in dieser Phase kein Wunder und kein Unglück. Aber damit das Spiel später mal am Westpark punkten kann, muss es einen klaren Charakter bekommen: Logische Aufbau-Strategien – „mehrere ganz verschiedene“ (Moritz) – mit kalkulierbarem Risiko oder das Gegenteil dazu, ein reines, lockeres Mitspieler- respektive Würfelchaos.

Es gibt noch viel zu tun. Aaron sollte sich auf seine riesige Spieler-, Spielekritiker- und Spielerdesigner-Erfahrung verlassen, und sich nicht allzuschnell von außeridrischen Beobachtern semi-funktionale Schnörkelelemente reindrücken lassen.

Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “Patchistory”


„Patchistory“ – Moritz macht uns den Günther

Aaron holte das „bisher von uns noch ungespielte“ Spiel aus der Tasche und Moritz durfte die Regeln vortragen. Doch während Moritz die Patchwork-Elemente erklärte, mit denen wir unsere Einkommensverhältnisse gestalten, dämmerte Walter, dass wir das Spiel schon einmal gespielt haben mussten. Und zwar am Westpark, da hier die einzige Station ist, an er der Brettspiele spielt. Ständig pochte er auf das Wiedererkennen. Moritz widersprach eifrig, das Spiel müsse für uns absolut neu sein.

Was war die Lösung? Walters Altersdemens konnte es nicht sein! Da vergisst man ja eher etwas Bekanntes als dass einem etwas Unbekanntes einfällt. Und für Moritz in vollem Saft und Kraft seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten war es ebenfalls ausgeschlossen, dass er ein bereits gespieltes Spiel vergaß.

Aaron schaute in unseren Tabellen nach, und siehe da: Vor zweieinhalb Jahren, am 26.06.2015, war das Spiel bereits am Westpark gespielt worden. MIT Walter aber OHNE Moritz. So leicht reimt sich das zusammen.

Damals hieß es im Report: „Moritz würde seine helle Freude daran gehabt haben. Wir hatten sie nicht.“ – Ujj, ein ganz schlechtes Vorzeichen! Wollen wir uns nochmals durch die “Unmenge von Mechanismen“ hindurchquälen, “von denen ein Großteil aber nicht funktioniert“.

Nach zwei Spielzügen warf Walter das Handtuch. Zwei Stunden Kampf mit den Regel- und Verständnisschwächen, sowie mit den gerade zu Beginn äußerst limitierten Aktionsmöglichkeiten wollte er nicht auf sich nehmen, um danach gerade mal erst ein Drittel des Spiels absolviert zu haben. Bei der ersten Begegnung hatten wir nach dieser Zeit nämlich dem Spiel ein Ende gesetzt. „Ohne dass einer dazu aufgerufen hatte. Es war allen einfach genug.“

Heute ging es darum, dass Moritz und auch Christof ein neues Spiel kennenlernen sollten und wollten. Im Verein mit Aaron – der hinterher bekannte, ebenfalls gerne an dieser Stelle abgebrochen zu haben – spielten sie das erste Zeitalter zu Ende

WPG-Wertung: Den bisherigen 3,75 Punkte-Durchschnitt hoben Christof und Moritz mit ihren je 5 Punkten über die 4-Punkte Grenze. „Jedes Element hat man leider so ausgeschmückt, dass es nicht mehr funktioniert.“

Kleine Insider-Frage am Rande: Christof saß auf Moritz’ Platz und Moritz machte uns den Günther. Bei der Auswürfelung des Startspielers wurde eine 1 gewürfelt. Wer durfte jetzt anfangen?

3. “Abluxxen”

Für eine gelöste, positive, spielerisch-erfüllte Stimmung und als Abschluss eines „trotz allem“ gelungenen Spielabends noch ein paar Runden „Abluxxen“. Ein Super-Spiel, dass es auf unserer 1052 Einträge enthaltenden „ewigen Häufigsten-Liste“ schon auf den 8ten Platz geschafft hat. Weiter so! Ein zweiter Platz ist erreichbar; der erste Platz, 247 mal „Bluff“, hingegen eher nicht.

WPG-Wertung: Christof vergibt 10 Punkte. Vielleicht können sich unsere vielen 8-Punktigen hieran ein Beispiel nehmen und auch noch etwas aufstocken.

24.06.2015: Royals in der Patchistory

Heikler war schon die wachsende Leidenschaft der Königin für die verschiedenen Kartenspiele, mit denen sich der Hof die Zeit vertrieb. Damit standen allerdings weder der französische Hof noch Marie Antoinette alleine da, deren Eltern beide begeisterte Kartenspieler gewesen waren.

Unseligerweise hatten Marie Antoinettes Spielabende, die sich bin in die frühen Morgenstunden hinzogen, Nebenwirkungen. Sie hielten sie davon ab, den schlafenden König zu besuchen, was vielleicht in ihrer Absicht lag, und sie verschärften ihre Geldsorgen, was sie zweifellos gerade nicht wollte.

Aber schlief die Königin auch mit dem attraktiven Graf Fersen? In Anbetracht der Möglichkeiten muss man diese Frage bejahen. Die Vorstellung einer großen, reinen Liebe, die keinen körperlichen Ausdruck findet, widerspricht den Tatsachen des Lebens und der menschlichen Natur. Antonia Fraser: „Marie Antoinette“

1. “Royals”

Passend zum Besuch der Queen servierte uns Günther dieses Spiel mit integrierter königlicher Familie. Den Prototyp dieses Spiels hatte uns unser Lippstädter Preuße bereits vor knapp einem Jahr aufgetischt und damit nur gebremsten Schaum geerntet. Dabei verläuft alles ganz rund.

Wir ziehen Karten verschiedener Farben (rot, grün, gelb und blau) von offenen oder verdeckten Stapel und sammeln sie in unserer Hand. Haben wir von einer Farbe eine bestimmte Anzahl gesammelt, können wir uns damit auf dem Spielbrett engagieren. Sinngemäß geht das ganz ähnlich wie bei „Zug um Zug“; wir punkten aber nicht über Strecken und Städteverbindungen, sondern über Einfluss und Präsenz in je drei bis fünf Städten von vier verschiedenen Ländern. Manche Siegpunkte werden sofort ausgeschüttet, manche erst bei den drei Wertungen, die in den Spielverlauf eingeschoben sind.

  • Wer als Erster eine Stadt besetzt, erhält Siegpunkte, wachsend mit der Kartenzahl, die zur Besetzung notwendig sind.
  • Wer als Erster in allen Städten eines Landes präsent ist, erhält eine Sonderprämie.
  • Wer bei einer Wertung den meisten Einfluss (via Städte-Präsenz) in einem Land hat, bekommt Sonderprämien.

“Royals” sind sieben verschiedene Titel, die den verschiedenen Positionen in den Städten fix zugeordnet sind. Wer sich z.B. in Salamanca mit drei gelben Karten engagiert, erhält einen Punkt für die “Countess”, wer sich in London mit acht roten, oder in Paris mit 8 blauen Karten engagiert, erhält einen Punkt für die Queen, die allerdings auf der “Royals”-Karte eher dem schwarz-perückten Ludwig XIV verdammt ähnlich sieht.

  • Wer sich als Erster bei allen Titeln mindestens einmal engagiert hat, erhält eine Sonderprämie.
  • Wer bei Spielende, d.h. nach der dritten Wertung, die meisten Punkte von einem Titel besitzt, bekommt titel-spezifische Sonderprämien. Hier ist dann natürlich ist eine 8-karätige Queen mehr wert als eine 3-karätige Countess.

Die Prämien liegen haufenweise auf der Straße herum, man muss sich nur bücken. Schneller als die Konkurrenz! Und dazu muss man schneller die richtige Anzahl von Karten in der richtigen Farbe gezogen haben. Mit guten Auge, gutem Glück oder guter Hoffnung.

Kampf gibt es natürlich auch: Mit einer Kampfkarte (alternativ von einem weiteren verdeckter Stapel auf dem Tisch zu ziehen) und mit den entsprechenden Farbkarten kann man einen Mitspieler aus einer Stadtposition verdrängen. Und als flüssiger Ausweg, wenn die letzte benötigte Farbkarte fehlt, kann man drei beliebige Farbkarten zu einer frei wählbaren Farbe umfärben.

Alles rund, keine Engpässe. Und wenn man – vor allem kurz vor hereinbrechenden Wertungen – nicht scharf kalkuliert, wer jetzt wo den meisten Einfluss hat und wo man noch eine Mehrheit erringen oder kippen lassen kann, ist das Spiel auch flott. Es ist wie ein Labyrinth mit hundert Eingängen und hundert Ausgängen. Wohin auch immer man geht, es ist gut und bringt einen vorwärts.Den einen mehr, den anderen weniger. Keine Spannung mit Sackgassen, keine weit vorausschauende Planung für beste Wege, keine eingebauten Finessen, einfach vorwärts gegen. Zu einfach!

Aaron: „Keine neuen Ideen. Das Spiel hätte es einfach nicht gebraucht!“ Günther „Doch, natürlich!“ Günther ist schließlich nicht nur HiG-minded, er ist auch noch Abacus-minded. Alles-Könner, Alles-Spieler, Alles-Minded!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (seelenlos, an keiner Stelle spannend, bis man wieder dran ist, ist so viel passiert, was man nicht vorhersehen kann, insofern ist das Spiel nicht planbar. Es ist zwar sauber, aber es macht mich nicht an), Günther: 7 (fix minded), Peter: 7 (simples, reines Mehrheitenspiel, ich hatte Spaß, würde es mir aber nicht kaufen), Walter: 6 (etwas für Krämerseelen: überall Punkte zusammenkratzen, flott aber ohne Charme; man kann sogar rechnen und versuchen, die Mitspieler auszurechnen, aber wehe, wenn man es wirklich tut.).

Und was schreiben die bösesten Kritiker bei BBG über die „Royals“:

  1. ”Fühlt sich an wie viele andere Spiele, bloß nicht so gut!” (ein Amerikaner)
  2. ”Soulless simple Euro!” (ein Holländer; der mit seinem “seelenlos” glatt unserem Aaron zuvorgekommen ist. “Great minds think alike!”)

2. “Patchistory”

Patchistory – Gute Miene zum bösen Spiel
Patchistory – Gute Miene zum bösen Spiel

Beim Auspacken des nagelneuen Spiels fehlten doch glatt zwei grüne und eine gelbe Spielfigur. „Made in China“! (Sorry, bei Ludofact wäre das nicht passiert!)

Angesichts der Masse an Spielmaterial und der massigen Möglichkeiten, damit umzugehen, wollte Aaron nur eine minimale Einführung geben und ansonsten das Spiel peut-a-peut während der ersten Runde erklären. Ein schon häufiger bei uns versuchtes Vorgehen. Aber richtig geklappt hat es noch nie. Zu neugierig sind die Mitspieler auf das Wie und Warum, als dass sie einfach Loslegen, Loskaufen und Losrennen. Außerdem ist das Kennenlernen der Spielregeln doch eines der Vergnügen jedes Spieleabends!

Jeder Spieler hat ein Potential an Diplomatie, Transport, Angriff und Verteidigung, sowie ein regelmäßiges Einkommen an Geld, Nahrung, Eisen und Siegpunkten. Ersteres kann in jeder Runde in der entsprechenden Höhe genutzt werden, ungenutztes Potential geht verloren. Letzteres kann über beliebig viele Runden gesammelt und bei Bedarf in gewünschter (oder benötigter) Höhe eingesetzt werden.

Potentiale und Einkommen ergeben sich über die Zusammensetzung des Geländes, das jeder Spieler besitzt. Das „Gelände“ besteht aus zwei-mal-zwei Felder großen Ertrags-Quadraten, die in bunter Mischung die verschiedenen Einnahme-Pegel erhöhen. Zu Beginn besitzt jeder Spieler ein einziges solches Ertrags-Quadrat, pro Runde ersteigert er sich ein weiteres dazu, und baut sich so sein Gelände zusammen. Die einzelnen Quadrate müssen aber überlappend zusammengesteckt werden, so dass von den vier neu erworbenen Feldern eines Quadrates nur maximal drei, evtl. sogar nur zwei genutzt werden können.

Der Versteigerungsprozess neuer Ertrags-Quadrate ist sehr bemerkenswert: Wie viele Spieler, so viele Quadrate werden ausgelegt. Reihum bieten die Spieler für ein beliebiges Quadrat. Wird ein Spieler überboten, so kann er am gleichen Quadrat wiederum überbieten, oder aber die bisher gesetzte, ggf. noch erhöhte, Summe an einem anderen Quadrat einsetzen. Er darf seine Bietsumme aber nie verringern. Fazit: Wer im Laufe des Bietprozesses seine gebotene Summe immer mehr erhöht hat und schlussendlich an einem besonders gewünschten Ertrags-Quadrat einem Mitspieler dennoch unterlegen ist, muss seinen hohen Betrag jetzt ggf. an einem ungeliebten, vielleicht sogar für ihn recht nutzlosen Ertrags-Quadrat einsetzen, und ist das Geld los. Rational ist das nicht. Der Zufall kann recht schmerzhafte Verluste mit sich bringen. Oder hätte man solche Aderlässe etwas jeweils vorhersehen müssen? …

Ein weiterer krasser Zufallseffekt ergibt sich aus der Prosperity-Wertung am Ende jeder der drei Epochen eines Spiels. Jeder Spieler bringt dann eine seiner individuell zugeteilten „Prosperty Karten“ zur Abstimmung. Damit werden Extrem-Besitztümer honoriert, z.B. die meisten Wasserflächen im Gelände oder die größte Transportfähigkeit. Wer hier vorne steht, bekommt Siegpunkte, und zwar in der Höhe der Stimmen, die für diese Property-Karte abgegeben wurden. Das mag für Leserm die das Spiel nicht kennen, jetzt etwas unverständlich ausgedrückt sein, es fehlt sicherlich etwas Kontext, aber ich möchte hier ja nicht die kompletten 16 Seiten vom Regelheft wiedergeben.

Der Spielablauf wird über folgende Spielmöglichkeiten bestimmt.

  • Mit unserem Geld ersteigern wir neue Ertragsplättchen
  • Mit unserem Ertragsplättchen erhöhen wir unsere verschiedenen Potentiale.
  • Mit unserem Transport-Potential bewegen wir uns über unser Gelände und beeinflussen so dessen Erträge.
  • Mit unserem Transport-Potential bewegen wir uns weiterhin auf gegebenen Handelsrouten zu einem unserer Mitspieler, machen mit ihm ein Deal – zu gegenseitigem Vorteil – oder überziehen ihn mit Krieg – zum einseitigen Vorteil.
  • Mit Angriff- und Verteidigungspotential haben wir bessere Aussichten, einen Krieg zu gewinnen.
  • Mit Eisen können wir im Kriegsfall unsere Schlagkraft erhöhen.
  • Mit Eisen reparieren wir die Weltwunder auf unserem Gelände.
  • Mit Nahrung müssen wir in regelmäßigen Abständen unser eingesetztes Personal an Arbeitern und Helden versorgen.
  • Diplomatie ist überhaupt ein Allheilmittel für Unterstützung, Bedrohung, Allianzen, Handel, Tausch und Kinderkriegen, zum Umwandeln von Nahrung oder Eisen in Siegpunkte und zum Erwerben von Stimmen für die Abstimmung über Prosperity-Karten.

Moritz würde seine helle Freude daran gehabt haben. Wir hatten sie nicht. Es wird eine Unmenge von Mechanismen angeboten, von denen ein Großteil aber nicht funktioniert. Im Grunde genommen haben die Autoren damit eher versucht, die erheblichen Designschwächen zu verschleiern.

Nach zwei Stunden Spielzeit (einschließlich Erklärung) hatten wir gerade das erste Zeitalter geschafft und setzten dem Spiel ein Ende. Ohne dass einer dazu aufgerufen hatte. Es war allen einfach genug.

WPG-Wertung: Peter: 3 (unbalanciert, hat keinen Spaß gemacht), Aaron: 5 (gute Mechanismen; „Unbalanciertheit“ ist nicht erwiesen), Günther: 4 (Rosenberg ist besser), Walter: 4 (unstimming in der Mischung aus scharfer Rechnerei und enormen Zufallseinflüssen; es wären 6 Punkte gewesen, wenn das Spiel nach der erste Runde zu Ende gewesen wäre).

Aaron hat eine Nacht über unser Spielgeschehen geschlafen und anschließend folgenden Korrekturbericht verfasst:

Ich habe heute noch mal über „Patchistory“ nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich meine Wertung auf 4 korrigiere. Warum?

Das Spiel hat aus meiner Sicht einen gravierenden Designfehler: es gibt zu viele Elemente, die den Stärkeren noch stärker machen.
Beispiele:

  • Auktion der Patches: Wer reich ist, kann sich das beste Plättchen ersteigern und GLEICHZEITIG die Preise für die anderen Spieler nach oben treiben. Irgendeiner ist am Schluss der Dumme und kauft das schlechteste Teil zu einem überhöhten Preis.
  • Diplomatie: Der Spieler mit vielen Diplomatiepunkten hat die größte Flexibilität: er kann Güter tauschen, Handelsrouten bauten, Schwache bedrohen und mittels Aid Siegpunkte generieren. Und wenn das alles noch nicht reicht, kann er sich Votes kaufen, die am Ende einer Ära im Normalfall 1:1 in Siegpunkte umgewandelt werden.
  • Angriff: Bin ich reich, kann ich mein Militär ausbauen und gewinne alle Kriege gegen Schwächere.
  • Prosperity Karten: Wieder eine Siegpunktquelle, die den Starken bevorzugt. Überhaupt erscheint mir dieses Element problematisch, wenn nicht sogar broken. Mit viel Brimborium wird von jedem Spieler eine Karte verdeckt gespielt, dann diese gemischt und nacheinander aufgedeckt. Wer nicht völlig verblödet ist, spielt alle seine Votes auf seine Karte, wenn er dort die Mehrheit hat. Hat er dort keine Mehrheit, gibt es keine Information, welche Karten noch im Spiel sind und auf welche der nacheinander aufgedeckten man sinnvollerweise seine Votes spielt. Es ist dann also reine Zockerei, ob man seine Votes spielt und wohin. Da nicht gespielte Votes am Ende der Ära verfallen, hat man womöglich noch nutzlos in Votes investiert.

Das alles wäre für mich okay, wenn das Spiel relativ kurz wäre oder interessante Spannungselemente enthielte. So wie es ist, ist es zu lang, zu fummelig und hat das rich-get-richer Syndrom (vielleicht meinte Peter das mit „unbalanciert“).

Habe mich dann gefragt, warum das Spiel so viele gute Bewertungen bei BGG hat und da fiel mir auf, dass die Schwächen rich-get-richer, zu lang und kein Spannungsbogen auf ein anderes Spiel zutreffen, das ich selber auch nicht mag aber von vielen geliebt wird: Risiko.

Schade, Patchistory hat ein paar nette Ideen, die aber in ein unstimmiges Gesamtsystem eingebettet sind. 4 Punkte von mir deshalb, weil es diese Ideen enthält, sonst wären es 3.

Günther hatte noch beim Weggehen bemerkt: „Wieder haben wie ein Spiel runter gemacht! Eigentlich ist es schade!“

3. “Bluff”

Peter übte sich in Horst’s Sternen-Schiene. Erst kickte er damit Walter raus, dann sich selber. Immerhin hatte er zwischendurch auch – nach einem längeren Vorlauf – bei 7 ausstehenden Würfeln auf 7 mal die Fünf gesetzt („mir bleibt ja nichts anderes übrig“) und damit drei Mitspieler um einen Würfel erleichtert. (Diese Leistung wollte er explizit im Protokoll sehen!)

Günther ging mit drei Würfeln in das Endspiel gegen Aaron mit einem Würfel. Gemäß seiner dubiosen Immer-5-Strategie, fing er mit 1 mal die Fünf an. Aaron hob auf 2 mal die Fünf. Günther zweifelte an – da stand es nur noch 2:1. Hätte er mit dem Übergewicht von 3 Würfeln, bei den akzeptablen Augenzahlen Drei, Vier und Fünf unter seinem Becher, nicht eine bessere Chance finden können als die mäßige 2-Drittel-Chance für eine Nicht-Fünf bei Aaron?

Aaron knüpfte ihm auch noch einen zweiten Würfel ab und ging mit der überlegenen Immer-4-Strategie in den 1:1-Endkampf. Günther hob auf 2 mal die Vier. Und hatte verloren! Er hatte zwar selber eine Vier unter dem Becher, Aaron aber nur eine Eins. „Bluff“ heißt das Spiel. Und die „Immer-4-Strategie“ ist ein vorzügliches Element darinnen!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.