Lange Diskussion vor, während und nach des Spielabends, was eigentlich „Strategie“ im Vergleich zu Taktik ist. Was dazu im Internet angeboten wird, ist teilweise widersprüchlich und fand keine einhellige Zustimmung. Günther rutschte beim Wort „Strategie“ immer sofort auf das „Gewinn-Strategie“-Gleis, was innerhalb der Spiel-Theorie wenig Freiheiten offenlässt. Die anderen sahen in ihrer Strategie eher eine “Vorliebe”, einen freien Ausprobier-Luxus, den man sich hin und wieder halt auch mal gönnen kann.
Ist Schach jetzt ein Strategiespiel oder „nur“ ein Taktik-Spiel. Man wählt zwar willkürlich eine Eröffnung, geht also in Richtung des Ausprobier-Luxuses, hinterher ist aber alles Taktik: auf jeden Zug des Gegners wird mit dem Bilderbuch Gegenzug reagiert. Freiheitsgrad für kreative neue Wege sind in der Größenordnung von Null.
1. “Mystic Vale”
Eine neue Variante von Deckbuilding: Die Herausforderung besteht nicht mehr darin, durch Nehmen und Ablegen von Karten unser Kartendeck in die gewünschte Richtung zu optimieren, sondern durch Hinzunehmen von Teileigenschaften unser vorgegebenes Deck von 20 Karten so aufzupäppeln, das wir uns damit optimale „Einkaufsbedingungen“ für die nächsten Teileigenschaften sowie für ausgesprochene Siegpunkt-Karten schaffen.
Eine hübsche Fertigungsidee steckt in den Teileigenschaften: Sie sind als durchsichtige Folien mit aufgedruckten Eigenschaften realisiert. Dies Folien werden in die Schutzhüllen der Standard-Karten des Decks eingesteckt, so dass man jederzeit immer alle Eigenschaften einer Karte auf einen Blick erkennen kann, und diese Karten mit allen ihren Funktionserweiterungen immer noch als gut hantierbare Einheit vorliegen.
Wir spielen unser Deck konsequent von Anfang bis Ende durch. Wenn alle Karten verbraucht sind, mischen wir sie und spiele sie erneut von Anfang bis Ende.
Für einen Zug können wir beliebig viele Karten unseres Decks aufdecken und alle darin enthaltenen Einkaufsoptionen ausnutzen: Manna (= Geld) sowie verschiedene Symbole für entsprechende Forderungen auf den einzukaufenden Zuwachskarten. Natürlich muss in diesem Aufdecken ein Can’t Stop-Effekt eingebaut sein: Manche Karten besitzen ein „Feuersymbol“, und maximal 3 Feuersymbole dürfen in den zu nutzenden Karten enthalten sein. Hat man bereits 3 Feuersymbole aufgedeckt, dann muss man entweder sicherheitshalber aufhören, oder man zieht mit Risiko beliebig viele Karten einzeln nach. Taucht dabei ein viertes Feuersymbol auf, hat man verkackt, der Zug ist vorbei und man bekommt als Entschädigung lediglich eine Einheit Manna.
So zieht man fröhlich durch sein Kartendeck, geht ein kalkuliertes Risiko ein oder nicht, kauft mit den sichtbar gewordenen Einkaufmöglichkeiten das, was von der offenen Auslage auf dem Tisch möglich oder individuell erstrebenswert ist, überlegt kurz, welche der eigenen Karten man damit aufpäppeln will, und schon ist der nächste Spieler an der Reihe.
Viele der erworbenen Erweiterungskarten besitzen Nebeneffekte, die einen Einfluss auf Siegpunkte und Potenz der nächsten Züge haben. Doch ist es kaum möglich, hier eine sichere „Strategie“ (oder ist es nur eine „Schiene“) zu fahren, zu unsicher ist das zukünftige Angebot, und hat man sich erst mal ein paar hoffnungsvolle Eigenschaften zugelegt, ist das Spiel auch schon zu Ende. Gott-sei-Dank.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (blitzschnell erklärt [das war ohne Zweifel auch eine Leistung von Helmut, der genau wusste, wieviel Detail-Information bis zu welchem Zeitpunkt jeweils nötig war!], ), Günther: 6 (als Dominion-Fachmann und Liebhaber würde er es gerne noch ein paarmal spielen, um die inneren Abhängigkeiten der Karten kennenzulernen und so besser in den Griff zu kriegen, aktuell hat er noch keinen Durchblick über eine zielführende Strategie), Helmut: 7 (flott, wenig down time, ein neuer Blick auf den Deckbuilding-Mechanismus), Walter: 6 (spielt sich leicht, aber von der Hand in den Mund, erheblicher Zufallseinfluss, und ein „to have a plan“ steht noch hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen).
2. “Carson Hill (= Diggers)”
Aaron hat seit letzter Woche wieder an ein paar Schräubchen seiner Erfindung gedreht. Als Merker für die Geschichte dieses Spiels:
- Es gibt jetzt 6 anstelle von bisher nur 5 Schächten.
- Jeder hat nur 6 Handkarten anstelle von 7 in der letzten Woche; allerdings darf er nach dem Passen seine Restkarten behalten, bekommt 6 neue dazu und darf sich dann aus dieser Gesamtzahl seine 6 Favoriten heraussuchen.
Meiner Meinung nach, die sicherlich nicht weit weg von der Gesamtmeinung am Westpark liegt, ist das Spiel, so wie es jetzt ist, perfekt.
Helmut hatte allerdings eine Regel missverstanden und fühlte sich mit seiner Kartenhand vom Schicksal nicht gut bedacht. „Spiel ist auch eine charakterbildende Maßnahme: man lernt, Frust auszuhalten“. Das gilt wohl generell und sollte keineswegs vom Charakter von „Carson Hill“ abgeleitet sein.
WPG-Wertung: keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.
3. “Puerto Rico: Das Kartenspiel”
Die offizielle Überarbeitung eines hochgelobten, hochverdienten Kartenspiels.
Bereits 7 Reports und Strategie-Analysen gibt es dazu bzw. für die namensgleichen Vorgänger auf unserer Internetseite. Wir haben im Durchschnitt 9 Punkte vergeben, Aaron ist sogar mit einer 10 dabei. In unserer ewigen Besten-Liste liegt das Spiel an elfter Stelle. Kann mir einer klären, warum das Spiel bei uns noch nie „Spiel des Monats“ war?
Keine neue WPG-Wertung, aber die bisherige hohe Punktzahl dürfte auch für diese überarbeitete Version keine Einbußen bekommen haben.