Peter und Loredana hatten zum Spieleabend eingeladen, um endlich einige der von ihnen in den letzten 12 Monaten verpassten Spieleperlen auszuprobieren.
1. Québec
Wie schon vor etwas über einem Jahr löste der bonbonfarbene Spielplan Stirnrunzeln bei den Gastgebern aus. An Stadtviertelplanung und -bebauung denkt man wohl als Letztes, wenn man den Plan zum ersten Mal sieht. Wenn er denn wenigstens funktionell wäre, aber selbst da tun sich Schwächen auf, denn ab und zu wurde von einem Spieler die Zuordnung Farbe zu Sonderaktion eines Bauplatzes verwechselt.
Aber dies ist in Anbetracht des gebotenen Spielspaßes nur eine Marginalie. Über vier Perioden hinweg spielt sich Québec flüssig und bis zum Ende spannend. Die zwei Stunden Spielzeit vergingen wie im Fluge und das Erstaunen war groß, als zum Schluss zwischen der Sieger gerade einmal 5 Siegpunkte mehr hatte als der Spieler mit den wenigsten Punkten. Ist das der Beweis, dass Québec besonders gut ausbalanciert ist?
WPG-Wertung: Loredana: 8 (kurzweilig), Peter: 10 (ein echtes Ystari-Spiel), Aaron u. Günther bleiben bei ihrer 8er-Wertung
2. Rapa Nui
Rapa Nui wurde vor ebenfalls einem Jahr von uns mit einer Durchschnittswertung von 7,8 bedacht. Das stimmige, runde Spiel
ist flott
enthält einen hübschen Spannungsbogen
mischt Glück und Planbarkeit in einer spielerischen Kombination
ist sehr interaktiv
schrieb Walter in seinem damaligen Spielbericht. Leider konnten wir Peter und Loredana von diesen Qualitäten nicht überzeugen. Schon nach wenigen Runden saßen beide gelangweilt bis missmutig vor der Kartenauslage und wünschten sich das Spielende herbei. So sah dann auch ihre Wertung aus.
WPG-Wertung: Loredana: 6, Peter: 7.
3. Love Letter
Dieses minimalistische Kartenspiel mit Bluff- und Deduktionselementen sorgte schon vor einem Vierteljahr für geteilte Meinungen wegen des großen Glückelements. Dabei bietet das Spiel mit minimalem Erkläraufwand und kurzer Spieldauer durchaus viel Spaß. Walters damaliger Vergleich mit „Mensch ärgere Dich nicht“ hinkt insoweit, als bei „Love Letter“ eben nicht nur das Glück zählt. Den Spaß, den wir in den vorherigen Runden hatten, konnten Peter und Loredana allerdings nicht so recht nachvollziehen. Gelacht wurde diesmal, glaube ich, kein einziges mal.
WPG-Wertung: Loredana: 5, Peter: 5.
4. Zoff im Zoo
P&Ls Lieblings-Absacker musste nach den beiden vorhergehenden Flops (aus ihrer Sicht) einfach auf den Tisch. Lag’s am Wetter, an den zwei Stunden Sport unmittelbar vor dem Spieleabend oder am vielen Haribo-Konfekt? Jedenfalls schaffte Aaron in den ersten drei Durchgängen gerade einmal 9 Punkte und sicherte sich damit bei Spielende den letzten Platz. Bemerkenswert.
WPG-Wertung: keine neue Wertung.
Apropos Haribo-Konfekt: Peter behauptet, dass das in Bayern nicht viel gekauft wird, dafür in Norddeutschland umso mehr. Soll am Lakritzanteil liegen. Günther und Aaron (beide aus dem Norden) teilten sich daraufhin die 500gr-Packung.
Québec convinces as a fast-paced strategy game, which thanks to its introductory rules is also family-friendly. The competition for majority in the zones of power coupled with a win-win based participation in building construction creates a game feeling free of aggression that is little known in a worker placement game like this. The continuous expansion of building sites over four rounds providing plenty of strategic options and the chance to gain victory points in each round by placing workers in the zones of power are a source of multiple strategies.
Québec weiß als schnelles Strategiespiel zu überzeugen und ist dank seiner Einsteigerregel auch noch familientauglich. Der Konkurrenzkampf um Mehrheiten in den Einflusszonen gepaart mit der auf dem Win-Win Prinzip basierenden Beteiligung am Gebäudebau der Mitspieler erzeugt ein für Aufbauspiele wenig gekanntes aggressionsfreies Spielgefühl. Die über 4 Runden dauernde Erweiterung der eigenen Gebäudegebiete mit ihren strategischen Möglichkeiten und die jede Runde neu vergebene Chance, Siegpunkte in den Einflusszonen zu erhalten, sind eine Quelle vielfältiger Strategien.
In den letzten Tagen erreichten uns sorgenvolle Anfragen, was denn bei den Westpark Gamers los sei und warum es kaum noch Spielberichte gibt. Daher eine kurze Erklärung: Spielberichte gibt es nur dann, wenn auch tatsächlich ein Spieleabend zustande kam und sich ein Spieler findet, der einen solchen schreibt. Und genau daran hat es in den letzten Wochen gemangelt. Zum einen fielen einige Spieleabende wegen Urlaub, Krankheit und sonstigen Gründen aus. Und anders als unser Standardberichterstatter Walter, der sich noch um 2 Uhr morgens nach anstrengendem Spieleabend hinsetzt und es schafft, einen spannenden, fast literarischen Spielbericht zu verfassen, sieht sich sein Backup Aaron dazu nicht in der Lage und schiebt diese eher lästige Aufgabe vor sich her.
Urlaubsbedingt fielen also im November zwei Spieleabende aus und Walter musste diese Woche wegen eines Termins am frühen Donnerstagmorgen als Berichterstatter passen. Auch das mitgebrachte Geschenk aus Zypern konnte ihn nicht erweichen mit nur drei Stunden Schlaf auszukommen.
1. „Québec“
Ystari’s Neuerscheinung zur Spiel 2011 kam ohne Widerspruch als erstes auf den Tisch. Die kleine Ergänzung „plus“ unter dem Verlagsnamen sorgte für Stirnrunzeln. Sollte es sich hier um eine besonders hübsch aufgemachte Sonderserie von Ystari handeln? Oder dient das plus als Hinweis darauf, dass es sich um eine Gemeinschaftsproduktion mit einem anderen Verlag handelt? Die Ystari-Website gibt darüber keine Auskunft.
Der Spielplan brachte dann die Aufklärung: seine Gestaltung in Bonbonfarben passt eher zu einem Kindergeburtstag und kaum zum Thema „Wir bauen über einen Zeitraum von 400 Jahren die schönsten Gebäude in Québec“. Also wohl keine Sonderserie. Die Farbgestaltung und Topologie des Plans bedingt eine gewisse Eingewöhnungszeit nicht unähnlich unserer Erfahrung mit Ystari’s „Metropolys“ vor drei Jahren. Danach kann man allerdings die perfekt ineinander greifenden, schönen Mechanismen des Spiels genießen.
Mit ihrem Baumeister besetzen die Spieler die für das jeweilige Jahrhundert markierten gültigen Bauplätze, um in späteren Aktionen sowohl selbst Baumaterial dorthin zu liefern, als auch die anderen Spieler zu animieren, beim Bau zu helfen. Später, wenn der Besitzer des Baumeisters entscheidet, dass genug Material zum Bau geliefert wurde, zieht er seinen Baumeister auf einen neuen Bauplatz, dreht den jetzt fertiggestellten Bauplatz um und markiert ihn mit einem Siegpunktemarker seiner Farbe. Je mehr Baumateriallieferungen erfolgten, umso mehr Siegpunkte gibt es bei Spielende.
Stellt sich die Frage, warum andere Spieler beim Bau des Gebäudes überhaupt helfen sollten, wenn doch die Siegpunkte des Gebäudes nur an den Besitzer des Baumeisters gehen? Zwei clevere Mechanismen sorgen dafür, dass es oft für einen Spieler besser ist, fremde statt eigene Bauplätze zu beliefern. Zum einen bringt jede solche Lieferung den Vorteil von Siegpunkt-trächtigen Zusatzaktionen, die dem Bauplatz zugeordnet sind. Weiterhin wird alles gelieferte Baumaterial bei Fertigstellung des Gebäudes auf eine der Bauplatzfarbe zugeordnete Einflusszone verschoben und bringt dort am Ende eines Jahrhunderts zusätzliche Siegpunkte. Da nach der Wertung einer Einflusszone die Hälfte der Steine des Spielers mit dem meisten Baumaterial dort in die nächste Zone verschoben wird, kommt es zu Mehrfachwertungen. Geschicktes Liefern von Baumaterial an Gebäude der richtigen Farbe schafft daher Mehrheiten in den Einflusszonen und einen mächtigen Strom an Siegpunkten am Ende eines Jahrhunderts.
Doch nicht nur die Lieferung des eigenen Baumaterials an die Einflusszonen will beachtet sein. So bringen fertiggestellte Gebäude bei Spielende mehr Siegpunkte, wenn sie ein großes, zusammenhängendes Gebiet bilden. Schnell lassen sich so fast 50% der Gesamtsiegpunkte bei Spielende generieren.
Um die Spieltaktik variabler zu gestalten, können die Spieler Sondereigenschaften durch „Leader“-Karten erwerben, die sie dann für die Dauer eines Jahrhunderts verwenden dürfen. Dies, zusammen mit dem variablen Spielplan und einer für jedes Spiel variablen Zusatzbedingung sorgen für einen hohen Wiederspielreiz.
Günther wies gleich zu Beginn des Spiels auf die möglichen Siegstrategien und deren Gleichwertigkeit hin. Der weitere Spielverlauf zeigte schnell, dass die Wichtigkeit der Mehrheiten in den Einflusszonen nicht zu unterschätzen ist. Aaron schaffte es damit, in den ersten beiden Jahrhunderten einen deutlichen Vorsprung herauszuarbeiten, während sich die anderen Spieler eher auf wertvolle Bauplätze und zusammenhängende Gebiete konzentrierten. Im dritten und vierten Jahrhundert schwenkte Horst auf die Einflusszonenstrategie um, und Aaron begann, ein großes zusammenhängendes Gebiet zu bebauen, während Walter und Günther ihre „von allem etwas“ Strategie beibehielten. Bei Spielende führte Horst mit 122 Siegpunkten vor Günther, Aaron und Walter – jeweils mit einem Abstand von fünf Siegpunkten.
WPG-Wertung: Günther: 8 (nicht zu glückslastig), Horst: 7 (nicht unspannend), Walter: 7 (dynamische Spannung fehlt, viel Interaktion, gut ausbalanciert), Aaron: 8 (spannend, kaum Grübelei)
2. „Caravelas“
Auf der Spiel 2011 in der zweiten Auflage verfügbar, war „Caravelas“ sowohl Günther als auch Aaron aufgefallen. Beide hatten das Spiel dort kurz angespielt und danach sofort zugegriffen. Vom Thema und Mechanik erinnert „Caravelas“ an „Navegador“. Könnte das der Grund gewesen sein, warum die Erstauflage auf der Spiel 2010 so wenig beachtet wurde?
Der Spielplan zeigt die fünf Kontinente und die Ozeane. Wichtige Häfen gilt es anzulaufen, dort als erster ein Denkmal zu errichten und Güter auf die eigenen Schiffe zu verladen und zurück nach Lissabon zu bringen und dort gegen Siegpunkte zu verkaufen. Zu Spielbeginn bekommt jeder Spieler 8 Zielkarten, die zusätzliche Siegpunkte bringen, falls der Spieler dort ein Denkmal errichtet hat.
Das Navigieren der Schiffe wird durch Meeres- und Windströmungen erschwert bzw. erleichtert. Gleichzeitig birgt das Kap der guten Hoffnung die Gefahr eines Schiffsuntergangs und in besonders gefährlichen Meergebieten sorgen Ereigniskarten oder Piraten für ungeplante Manöver.
Unser Spiel begann recht spannend, als alle Spieler versuchten, möglichst viele ihrer Zielhäfen als erste zu erreichen. Schnell stellte sich dann der erste Frust ein, als klar wurde, dass die zufällige Verteilung der Zielkarten gepaart mit den möglichen Navigationsrouten einen großen Glücksfaktor ins Spiel bringt. Nachdem sich diese Anfangsenttäuschung gelegt hatte, versuchten alle Spieler, möglichst viele weitere Denkmäler zu setzen und gleichzeitig ihre Schiffe mit den notwenigen Waren zu beladen. Hier geben die Wind- und Strömungsverhältnisse die sinnvolle Route weitestgehend vor. Und leider führen die Ereigniskarten in schwierigem Gebiet wieder einen Glücksfaktor ein, der schwer vorauszuplanen ist.
Sind dann die Schiffe beladen, geht es zurück nach Lissabon zum Warenverkauf. Wie bereits auf dem Hinweg ist das Kap der guten Hoffnung mit seinen gefährlichen Strömungen erneut zu meistern und wieder besteht die 50%ige Chance, dass ein Schiff mitsamt Ladung sinkt. In Lissabon angekommen, werden alle Waren verkauft oder geladener Pfeffer für die doppelte Siegpunktanzahl in den Bau eines Klosters investiert. Sobald fünfmal in den Klosterbau investiert wurde endet das Spiel.
Bevor das erste Schiff zurück in Lissabon war, hatten wir alle Häfen angelaufen und damit alle verfügbaren Denkmäler gesetzt. Was jetzt also übrig blieb, war immer die gleiche Route zu den Warenhäfen zu navigieren, dort die Waren aufzuladen und nach Lissabon zu bringen. Klar, dass zurückliegende Spieler nicht in den Klosterbau investieren werden, um das Spieleende nicht zu beschleunigen. Auch klar, dass sich der immer gleiche Ablauf wiederholen wird, bis endlich das fünfte Klosterteil gebaut wurde. Und ebenfalls klar, dass wir das Spiel bereits vor dem ersten Klosterbau abbrachen. Zu wenig Spannung blieb für die restlichen Runden übrig, zu wenig Interaktion und Taktikoptionen.
Schade, „Caravelas“ hat stimmige Mechanismen und einen dazu passenden Spielplan. Aber es ist nicht ausgereift und nach den ersten Runden völlig spannungslos. Wer das Glück hatte und viele Zielhäfen als erster erreichte wird das Spielende beschleunigen (und damit wieder mehr Punkte als die anderen erhalten), während die anderen Spieler hinterherhecheln aber keine Chance haben, aufzuholen.
WPG-Wertung: Günther: 4 (Zielkarten bringen zu viel Chaos), Horst: 3 (Idee gut, Umsetzung katastrophal), Walter: 4 (zu viel Glück, Pseudoplanspiel), Aaron: 4 (nicht ausbalanciert, kein Drive)