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20.07.2022: Druiden im Schwarzen Turm

1. “Return to Dark Tower”

„Dark Tower“ aus den 80er Jahren des vorigen Jahrtausends hat einen Nachfolger erhalten. Abenteuerlich wie bisher, jetzt aber kooperativ.

„Turm und Szenerie in „Return to Dark Tower“

Jeder Spieler besitzt eine Figur mit unterschiedlichen Eigenschaften. Wir bewegen uns unabhängig voneinander frei durch ein freies Gelände. Allein die Bewegung stärkt pro Runde unsere Kampfkraft und unseren Geist. Über allfällig anstehende Aufräumungsarbeiten (Totenschädel Beiseite-Schaffen) und „Reinforce“-Tätigkeiten in ausgewählten Lokalitäten gewinnen wir weitere Stärken und Hilfsmittel, die wir für das erfolgreiche Bestehen des finalen Entscheidungskampfes benötigen. Aber bevor es dazu kommt, tauchen immer mal wieder mystische Unholde auf, die es zu bekämpfen gilt, bevor sie und über den Kopf wachsen.

So plätschert unsere Entwicklung zwischen friedlichen und kriegerischen Aktivitäten locker und repetitiv dahin, bis wir die Bedingung für das Finale erreicht haben. (Bei uns musste Walter dafür 100 Einheiten Kampfstärke aufgesammelt haben.) Dann geht es Knall auf Fall: Jeder stürzt sich auf das letzte Monster, investiert – solange er überleben kann – alle Kampfkraft, alle Geister, alle Hilfsmittel und alle Hilfskräfte darauf, das Monster klein zu kriegen, und wenn einer von uns schlussendlich stärker ist als das geschwächte Monster, so ist das Spiel zu Ende und wir haben alle miteinander gewonnen. Wo nicht, so haben wir halt alle verloren.

Dieses Kick-Starter-Spiel hat seinen erklecklichen Preis. Gut 220 Dollar darf man hinblättern. Dafür bekommt man aber auch eine Menge Material, die nur in 2 Spieleschachteln untergebracht werden kann:
1 Turm, 4 Helden mit jeweils eigenem Spielbrett, ungezählte Schatzkarten, ungezählte Zauberkarten, ungezählte Ausrüstungskarten, ungezählte Begleiterkarten, ungezählte Feindkarten, ungezählte Vorteilsplättchen, Kriegermarker, Spirit-Marker, 8 Beschädigungsmarker, 3 Quest-Marker, ungezählte Spezialmarker und ungezählte Spezialkarten. Warum sich die Hilfsmittel für Freund und Feind in so vielen verschiedenen Kategorien inkarnieren, das ist für einen unbedarften Spieler nicht zu erkennen. Ist auch nicht so wichtig und ist mir beim Spielen auch gar nicht aufgefallen, erst jetzt hinterher beim Schmökern im Regelheft.

Der bemerkenswerteste Teil des Spielmaterials ist ein gewaltiger Turm, der in der Mitte des Spielplans steht und mittels einer eigenen App von außen gesteuert wird. Er blinkt situationsorientiert rot auf, gibt lustige oder auch beängstigende Geräusche von sich, markiert gute und (meist) böse Positionen und spuckt die Totenschädel aus, die wir ständig aufräumen müssen, um nicht darüber zu stolpern.

Moritz mit seiner schönsten Potenz

Man wird dem Spiel sicher nicht gerecht, wenn man es als alternder, nüchterner Mathematiker (anM) angeht. Man muss es mit den Augen eines Moritz, eines jungen, kreativen, phantasievollen Künstlers sehen. Dann läuft einem die Beschreibung bei BBG wie Öl durch die Kehle. Hier ist sie:

Das coolste Spiel (anM: für mich ist das „1830“), das jemals auf den Planeten kam (anM: als göttliches Geschenk vom Himmel gefallen?), erschien erstmals vor etwa 38 Jahren, mit einem elektronischen Turm, der aufleuchtete, Musik spielte und irgendwie ein episches Fantasy-Abenteuerspiel mit seiner hochmodernen technologischen Zauberei betrieb. Dieses Spiel war „Dark Tower“ (anM: Ich kenne dieses Spiel leider nicht).

Wir möchten Ihnen das gleiche Gefühl der Ehrfurcht
(anM: vor wem oder was?) und Verwunderung (anM: über das rote Blinken im schwarzen Turm?) vermitteln und die Grenzen dessen verschieben, was ein Brettspiel tatsächlich leisten kann (anM: mein Gott, welche Brettspiel-Grenzen haben die Autoren denn jemals erfahren?).

Nach 3 Jahren sorgfältiger Arbeit
(anM: an seinem absolut geilen „Friedrich“ hat Richard Sivél sogar 20 Jahre lang gearbeitet) eines Teams aus zwei Dutzend Designern, Ingenieuren und Künstlern (anM: 24 Ingenieure und Entwickler riechen eher nach Schweiß als nach Esprit und ihr Produkt riecht eher nach Bomber als nach Jäger) freuen wir uns, Ihnen ein Spiel zu präsentieren, das an dieses längst vergangene Wunder (anM: für ein neugeborenes Kind ist jeder Witz ein Wunder) erinnert, aber letztendlich anders ist als jedes Spiel, das Sie jemals erlebt haben (anM: Wenn das hübsche Weib ihren Bauersmann nicht mehr ins Heu schickt, sondern in den Wald, ist es dann etwas „anderes“?).

„Return to Dark Tower“ ist ein Spiel für 1 bis 4 Helden
(„heroes“: anM: nun ja, so heißen die Pöppel hier, und zuweilen auch anderswo), die epische Quests unternehmen, furchterregende Feinde („fearsome foes“: anM: meine Enkeltochter hat Angst vor Ameisen) bekämpfen und gegen die drohende Dunkelheit des Titelturms ihren Mut auf die Probe stellen („test their mettle“: anM: Ich habe in diesem Spiel Runde für Runde lediglich Kampfkräfte für meine Figur gesammelt und sie in geeignete Momenten mit den entsprechenden Eigenschaften von Plastik-Gegnern verglichen. Glücklicherweise fast immer zu meinen Gunsten). Jetzt mit kooperativem und kompetitivem Spiel. Entworfen von Rob Daviau und Isaac Childres – Designern der beiden bestbewerteten Spiele aller Zeiten bei Board Game Geek („highest rated games of all time“: anM: Spricht das jetzt für die Urteilsfähigkeit von BGG? Oder für deren Geschmack?) – zusammen mit Noah Cohen, Brian Neff und Justin D. Jacobson, bieten die optimierten Regeln („streamlined“: anM: Wer hat denn vorher die non- streamlined Regeln veröffentlicht?) den Spielern schwierige Entscheidungen darüber, wann sie weiterkommen wollen ihr Ziel zu erreichen, Ressourcen zu sammeln, mit Bedrohungen fertig zu werden oder aufzusteigen („difficult choices“: anM: Da gab es nicht viel zu entscheiden, schon gar nicht schwierig; die Spielerentscheidungen ergeben sich mehr oder weniger zwangsläufig aus den wechselnden Situationen heraus).

Jeder Spieler kontrolliert einen einzigartigen Helden
(„unique“: anM: Mein Gott, muss denn ein simples „unterschiedlich“ gleich als einmaliges „einzigartig“ apostrophiert werden)

Wählen Sie in der App virtuelle “Karten” aus dem einzigartigen Deck jedes Feindes
(anM: schon wieder „unique“. Mir reicht es jetzt mit den Superlativen.)

‘Return to Dark Tower‘ stellt ständig neue Herausforderungen. Der Gegner innerhalb des Turms, der Plan, auf den Turm zuzugreifen, und die Gruppe von Feinden, denen Sie gegenüberstehen, können in Tausenden von Kombinationen gemischt und kombiniert werden.“


Moritz hatte mit seiner Familie und wohl auch im Alleingang schon zig dieser Kombinationen durchexerziert, bis er uns jetzt eine weitere davon vorsetzte. Mit absoluter Kompetenz konnte er die App bedienen, ihre Äußerungen verstehen und das Spiel leiten. Bravo! Natürlich kannte er auch als einziger von uns die Fallen, in die wir hätten fallen können, wenn wir von ihm nicht so umsichtig geführt worden wären.

Das ist ja zugleich auch die Crux von solchen kooperativen Spielen: einer spielt und die anderen vertrauen und folgen ihm. Blind am besten. Die vier Köche, die sich hier um den Brei bemüht haben, waren nicht besser als der eine Chefkoch. Es waren keine vier Denker mit Gehirnschmalz gefordert, um hinter die Geheimnisse eines gemeinsamen Problems zu gelangen, sondern lediglich drei Handlanger, die Figuren bewegen und Ressourcen aufnehmen bzw. ausgeben sollten.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (ich hatte gedacht, dass der Turm mehr kann und dass die App mehr bringt), Günther: 8 (keine echten „WPG-Punkte“, sondern eher Nostalgie-Punkte), Moritz: 7 (der Turm ist super gemacht), Walter: 6 (wenn ich mehr Phantasie hätte, mehr Freizeit und mehr Lust an technischem Kinderspielzeug, könnte ich mir – vielleicht – noch eine weitere Solo-Partie vorstellen. Glücklicherweise macht am Westpark ja schon das Zusehen Freude.)

2. “Druids”

Kartenspiele gibt es wie Sand am Meer. Stichkartenspiele ebenfalls: Es gibt verschiedenen Kartenfarben und Kartenwerte und Kartenanzahl; es gibt Trümpfe oder auch keine, man muss Farbe bedienen oder auch nicht, man kann mit den meisten oder mit den wenigsten Stichen gewinnen, mit den Augen, die man dabei kassiert und mit Sonderkombinationen; man bekommt Prämien, wenn man genau oder mindestens so viele Stiche macht, wie angesagt. Und was dergleichen noch so denkbar ist.

„Druids“ ist nun ein Stichkartenspiel aus 60 Karten in 5 Farben mit den Werten von 1 bis 12 plus 5 Sonderkarten. Zu einem Durchgang erhält jeder Mitspieler 14 Karten auf die Hand, die restlichen Karten werden beiseite gelegt. Es gibt keine Trumpf-Farbe, die höchste Karte in der ausgespielten Farbe macht jeweils den Stich.

Die verschiedenen Farben in jedem Stich werden jeweils der Größe nach sortiert (niedrigste nach oben) und danach in den Stichbesitz eines Spielers übereinandergelegt. Am Ende eines Durchgangs zählt für jeden Spieler die Summe der Werte in den obersten Karten jeder Farbe als Pluspunkte.

Besonderheit: Jeder Spieler darf höchstens 4 der 5 Kartenfarben in seinem Stichbesitz haben. Hat er nach einem gewonnenen Stich von allen 5 Farben mindestens eine Karte vor sich liegen, so ist ein Durchgang sofort beendet und der entsprechende Spieler enthält Minuspunkte.

Die 5 Sonderkarten sind einmal die Karte, die den Startspieler kennzeichnet und vier Karten, die als Joker (ohne Stichpotential) jederzeit zugegeben werden können. Zwei Karten davon zwingen der Spieler, der den Stich gemacht hat, die Farbe mit dem höchsten Minimalwert aus seinem Stichbesitz abzuwerfen.

Der Spielwitz besteht also darin,
a) Stiche zu gewinnen, in denen die Minimalwerte der verschiedenen Farben möglichst hoch sind.
b) Wenn man bereits hohe Minimalwerte ausliegen hat, Stiche mit niedrigeren Minimalwerten zu vermeiden.
c) Niedrige Karten einer Farbe in Stiche zuzugeben, die ein Gegner macht.
d) Hohe Karten einer Farbe in Stichen der Gegner loszuwerden, falls von dieser Farbe bereits niedrige Minimalwerte enthalten sind.
e) Die fünfte Kartenfarbe zu vermeiden.

Wie man dazu im Detail vorgeht, ist uns nach dem ersten Kennenlernen noch nicht klar. In jedem Fall ist die Schadenfreude größer als die Freude. Wir haben gelacht.

WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther: 6, Moritz: 6 (als Stichkartenspiel ist es originell), Walter: 7 (auch wenn es von uns noch nicht beherrscht wird, so ist es doch eine Herausforderung.)