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24.06.2015: Royals in der Patchistory

Heikler war schon die wachsende Leidenschaft der Königin für die verschiedenen Kartenspiele, mit denen sich der Hof die Zeit vertrieb. Damit standen allerdings weder der französische Hof noch Marie Antoinette alleine da, deren Eltern beide begeisterte Kartenspieler gewesen waren.

Unseligerweise hatten Marie Antoinettes Spielabende, die sich bin in die frühen Morgenstunden hinzogen, Nebenwirkungen. Sie hielten sie davon ab, den schlafenden König zu besuchen, was vielleicht in ihrer Absicht lag, und sie verschärften ihre Geldsorgen, was sie zweifellos gerade nicht wollte.

Aber schlief die Königin auch mit dem attraktiven Graf Fersen? In Anbetracht der Möglichkeiten muss man diese Frage bejahen. Die Vorstellung einer großen, reinen Liebe, die keinen körperlichen Ausdruck findet, widerspricht den Tatsachen des Lebens und der menschlichen Natur. Antonia Fraser: „Marie Antoinette“

1. “Royals”

Passend zum Besuch der Queen servierte uns Günther dieses Spiel mit integrierter königlicher Familie. Den Prototyp dieses Spiels hatte uns unser Lippstädter Preuße bereits vor knapp einem Jahr aufgetischt und damit nur gebremsten Schaum geerntet. Dabei verläuft alles ganz rund.

Wir ziehen Karten verschiedener Farben (rot, grün, gelb und blau) von offenen oder verdeckten Stapel und sammeln sie in unserer Hand. Haben wir von einer Farbe eine bestimmte Anzahl gesammelt, können wir uns damit auf dem Spielbrett engagieren. Sinngemäß geht das ganz ähnlich wie bei „Zug um Zug“; wir punkten aber nicht über Strecken und Städteverbindungen, sondern über Einfluss und Präsenz in je drei bis fünf Städten von vier verschiedenen Ländern. Manche Siegpunkte werden sofort ausgeschüttet, manche erst bei den drei Wertungen, die in den Spielverlauf eingeschoben sind.

  • Wer als Erster eine Stadt besetzt, erhält Siegpunkte, wachsend mit der Kartenzahl, die zur Besetzung notwendig sind.
  • Wer als Erster in allen Städten eines Landes präsent ist, erhält eine Sonderprämie.
  • Wer bei einer Wertung den meisten Einfluss (via Städte-Präsenz) in einem Land hat, bekommt Sonderprämien.

“Royals” sind sieben verschiedene Titel, die den verschiedenen Positionen in den Städten fix zugeordnet sind. Wer sich z.B. in Salamanca mit drei gelben Karten engagiert, erhält einen Punkt für die “Countess”, wer sich in London mit acht roten, oder in Paris mit 8 blauen Karten engagiert, erhält einen Punkt für die Queen, die allerdings auf der “Royals”-Karte eher dem schwarz-perückten Ludwig XIV verdammt ähnlich sieht.

  • Wer sich als Erster bei allen Titeln mindestens einmal engagiert hat, erhält eine Sonderprämie.
  • Wer bei Spielende, d.h. nach der dritten Wertung, die meisten Punkte von einem Titel besitzt, bekommt titel-spezifische Sonderprämien. Hier ist dann natürlich ist eine 8-karätige Queen mehr wert als eine 3-karätige Countess.

Die Prämien liegen haufenweise auf der Straße herum, man muss sich nur bücken. Schneller als die Konkurrenz! Und dazu muss man schneller die richtige Anzahl von Karten in der richtigen Farbe gezogen haben. Mit guten Auge, gutem Glück oder guter Hoffnung.

Kampf gibt es natürlich auch: Mit einer Kampfkarte (alternativ von einem weiteren verdeckter Stapel auf dem Tisch zu ziehen) und mit den entsprechenden Farbkarten kann man einen Mitspieler aus einer Stadtposition verdrängen. Und als flüssiger Ausweg, wenn die letzte benötigte Farbkarte fehlt, kann man drei beliebige Farbkarten zu einer frei wählbaren Farbe umfärben.

Alles rund, keine Engpässe. Und wenn man – vor allem kurz vor hereinbrechenden Wertungen – nicht scharf kalkuliert, wer jetzt wo den meisten Einfluss hat und wo man noch eine Mehrheit erringen oder kippen lassen kann, ist das Spiel auch flott. Es ist wie ein Labyrinth mit hundert Eingängen und hundert Ausgängen. Wohin auch immer man geht, es ist gut und bringt einen vorwärts.Den einen mehr, den anderen weniger. Keine Spannung mit Sackgassen, keine weit vorausschauende Planung für beste Wege, keine eingebauten Finessen, einfach vorwärts gegen. Zu einfach!

Aaron: „Keine neuen Ideen. Das Spiel hätte es einfach nicht gebraucht!“ Günther „Doch, natürlich!“ Günther ist schließlich nicht nur HiG-minded, er ist auch noch Abacus-minded. Alles-Könner, Alles-Spieler, Alles-Minded!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (seelenlos, an keiner Stelle spannend, bis man wieder dran ist, ist so viel passiert, was man nicht vorhersehen kann, insofern ist das Spiel nicht planbar. Es ist zwar sauber, aber es macht mich nicht an), Günther: 7 (fix minded), Peter: 7 (simples, reines Mehrheitenspiel, ich hatte Spaß, würde es mir aber nicht kaufen), Walter: 6 (etwas für Krämerseelen: überall Punkte zusammenkratzen, flott aber ohne Charme; man kann sogar rechnen und versuchen, die Mitspieler auszurechnen, aber wehe, wenn man es wirklich tut.).

Und was schreiben die bösesten Kritiker bei BBG über die „Royals“:

  1. ”Fühlt sich an wie viele andere Spiele, bloß nicht so gut!” (ein Amerikaner)
  2. ”Soulless simple Euro!” (ein Holländer; der mit seinem “seelenlos” glatt unserem Aaron zuvorgekommen ist. “Great minds think alike!”)

2. “Patchistory”

Patchistory – Gute Miene zum bösen Spiel
Patchistory – Gute Miene zum bösen Spiel

Beim Auspacken des nagelneuen Spiels fehlten doch glatt zwei grüne und eine gelbe Spielfigur. „Made in China“! (Sorry, bei Ludofact wäre das nicht passiert!)

Angesichts der Masse an Spielmaterial und der massigen Möglichkeiten, damit umzugehen, wollte Aaron nur eine minimale Einführung geben und ansonsten das Spiel peut-a-peut während der ersten Runde erklären. Ein schon häufiger bei uns versuchtes Vorgehen. Aber richtig geklappt hat es noch nie. Zu neugierig sind die Mitspieler auf das Wie und Warum, als dass sie einfach Loslegen, Loskaufen und Losrennen. Außerdem ist das Kennenlernen der Spielregeln doch eines der Vergnügen jedes Spieleabends!

Jeder Spieler hat ein Potential an Diplomatie, Transport, Angriff und Verteidigung, sowie ein regelmäßiges Einkommen an Geld, Nahrung, Eisen und Siegpunkten. Ersteres kann in jeder Runde in der entsprechenden Höhe genutzt werden, ungenutztes Potential geht verloren. Letzteres kann über beliebig viele Runden gesammelt und bei Bedarf in gewünschter (oder benötigter) Höhe eingesetzt werden.

Potentiale und Einkommen ergeben sich über die Zusammensetzung des Geländes, das jeder Spieler besitzt. Das „Gelände“ besteht aus zwei-mal-zwei Felder großen Ertrags-Quadraten, die in bunter Mischung die verschiedenen Einnahme-Pegel erhöhen. Zu Beginn besitzt jeder Spieler ein einziges solches Ertrags-Quadrat, pro Runde ersteigert er sich ein weiteres dazu, und baut sich so sein Gelände zusammen. Die einzelnen Quadrate müssen aber überlappend zusammengesteckt werden, so dass von den vier neu erworbenen Feldern eines Quadrates nur maximal drei, evtl. sogar nur zwei genutzt werden können.

Der Versteigerungsprozess neuer Ertrags-Quadrate ist sehr bemerkenswert: Wie viele Spieler, so viele Quadrate werden ausgelegt. Reihum bieten die Spieler für ein beliebiges Quadrat. Wird ein Spieler überboten, so kann er am gleichen Quadrat wiederum überbieten, oder aber die bisher gesetzte, ggf. noch erhöhte, Summe an einem anderen Quadrat einsetzen. Er darf seine Bietsumme aber nie verringern. Fazit: Wer im Laufe des Bietprozesses seine gebotene Summe immer mehr erhöht hat und schlussendlich an einem besonders gewünschten Ertrags-Quadrat einem Mitspieler dennoch unterlegen ist, muss seinen hohen Betrag jetzt ggf. an einem ungeliebten, vielleicht sogar für ihn recht nutzlosen Ertrags-Quadrat einsetzen, und ist das Geld los. Rational ist das nicht. Der Zufall kann recht schmerzhafte Verluste mit sich bringen. Oder hätte man solche Aderlässe etwas jeweils vorhersehen müssen? …

Ein weiterer krasser Zufallseffekt ergibt sich aus der Prosperity-Wertung am Ende jeder der drei Epochen eines Spiels. Jeder Spieler bringt dann eine seiner individuell zugeteilten „Prosperty Karten“ zur Abstimmung. Damit werden Extrem-Besitztümer honoriert, z.B. die meisten Wasserflächen im Gelände oder die größte Transportfähigkeit. Wer hier vorne steht, bekommt Siegpunkte, und zwar in der Höhe der Stimmen, die für diese Property-Karte abgegeben wurden. Das mag für Leserm die das Spiel nicht kennen, jetzt etwas unverständlich ausgedrückt sein, es fehlt sicherlich etwas Kontext, aber ich möchte hier ja nicht die kompletten 16 Seiten vom Regelheft wiedergeben.

Der Spielablauf wird über folgende Spielmöglichkeiten bestimmt.

  • Mit unserem Geld ersteigern wir neue Ertragsplättchen
  • Mit unserem Ertragsplättchen erhöhen wir unsere verschiedenen Potentiale.
  • Mit unserem Transport-Potential bewegen wir uns über unser Gelände und beeinflussen so dessen Erträge.
  • Mit unserem Transport-Potential bewegen wir uns weiterhin auf gegebenen Handelsrouten zu einem unserer Mitspieler, machen mit ihm ein Deal – zu gegenseitigem Vorteil – oder überziehen ihn mit Krieg – zum einseitigen Vorteil.
  • Mit Angriff- und Verteidigungspotential haben wir bessere Aussichten, einen Krieg zu gewinnen.
  • Mit Eisen können wir im Kriegsfall unsere Schlagkraft erhöhen.
  • Mit Eisen reparieren wir die Weltwunder auf unserem Gelände.
  • Mit Nahrung müssen wir in regelmäßigen Abständen unser eingesetztes Personal an Arbeitern und Helden versorgen.
  • Diplomatie ist überhaupt ein Allheilmittel für Unterstützung, Bedrohung, Allianzen, Handel, Tausch und Kinderkriegen, zum Umwandeln von Nahrung oder Eisen in Siegpunkte und zum Erwerben von Stimmen für die Abstimmung über Prosperity-Karten.

Moritz würde seine helle Freude daran gehabt haben. Wir hatten sie nicht. Es wird eine Unmenge von Mechanismen angeboten, von denen ein Großteil aber nicht funktioniert. Im Grunde genommen haben die Autoren damit eher versucht, die erheblichen Designschwächen zu verschleiern.

Nach zwei Stunden Spielzeit (einschließlich Erklärung) hatten wir gerade das erste Zeitalter geschafft und setzten dem Spiel ein Ende. Ohne dass einer dazu aufgerufen hatte. Es war allen einfach genug.

WPG-Wertung: Peter: 3 (unbalanciert, hat keinen Spaß gemacht), Aaron: 5 (gute Mechanismen; „Unbalanciertheit“ ist nicht erwiesen), Günther: 4 (Rosenberg ist besser), Walter: 4 (unstimming in der Mischung aus scharfer Rechnerei und enormen Zufallseinflüssen; es wären 6 Punkte gewesen, wenn das Spiel nach der erste Runde zu Ende gewesen wäre).

Aaron hat eine Nacht über unser Spielgeschehen geschlafen und anschließend folgenden Korrekturbericht verfasst:

Ich habe heute noch mal über „Patchistory“ nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich meine Wertung auf 4 korrigiere. Warum?

Das Spiel hat aus meiner Sicht einen gravierenden Designfehler: es gibt zu viele Elemente, die den Stärkeren noch stärker machen.
Beispiele:

  • Auktion der Patches: Wer reich ist, kann sich das beste Plättchen ersteigern und GLEICHZEITIG die Preise für die anderen Spieler nach oben treiben. Irgendeiner ist am Schluss der Dumme und kauft das schlechteste Teil zu einem überhöhten Preis.
  • Diplomatie: Der Spieler mit vielen Diplomatiepunkten hat die größte Flexibilität: er kann Güter tauschen, Handelsrouten bauten, Schwache bedrohen und mittels Aid Siegpunkte generieren. Und wenn das alles noch nicht reicht, kann er sich Votes kaufen, die am Ende einer Ära im Normalfall 1:1 in Siegpunkte umgewandelt werden.
  • Angriff: Bin ich reich, kann ich mein Militär ausbauen und gewinne alle Kriege gegen Schwächere.
  • Prosperity Karten: Wieder eine Siegpunktquelle, die den Starken bevorzugt. Überhaupt erscheint mir dieses Element problematisch, wenn nicht sogar broken. Mit viel Brimborium wird von jedem Spieler eine Karte verdeckt gespielt, dann diese gemischt und nacheinander aufgedeckt. Wer nicht völlig verblödet ist, spielt alle seine Votes auf seine Karte, wenn er dort die Mehrheit hat. Hat er dort keine Mehrheit, gibt es keine Information, welche Karten noch im Spiel sind und auf welche der nacheinander aufgedeckten man sinnvollerweise seine Votes spielt. Es ist dann also reine Zockerei, ob man seine Votes spielt und wohin. Da nicht gespielte Votes am Ende der Ära verfallen, hat man womöglich noch nutzlos in Votes investiert.

Das alles wäre für mich okay, wenn das Spiel relativ kurz wäre oder interessante Spannungselemente enthielte. So wie es ist, ist es zu lang, zu fummelig und hat das rich-get-richer Syndrom (vielleicht meinte Peter das mit „unbalanciert“).

Habe mich dann gefragt, warum das Spiel so viele gute Bewertungen bei BGG hat und da fiel mir auf, dass die Schwächen rich-get-richer, zu lang und kein Spannungsbogen auf ein anderes Spiel zutreffen, das ich selber auch nicht mag aber von vielen geliebt wird: Risiko.

Schade, Patchistory hat ein paar nette Ideen, die aber in ein unstimmiges Gesamtsystem eingebettet sind. 4 Punkte von mir deshalb, weil es diese Ideen enthält, sonst wären es 3.

Günther hatte noch beim Weggehen bemerkt: „Wieder haben wie ein Spiel runter gemacht! Eigentlich ist es schade!“

3. “Bluff”

Peter übte sich in Horst’s Sternen-Schiene. Erst kickte er damit Walter raus, dann sich selber. Immerhin hatte er zwischendurch auch – nach einem längeren Vorlauf – bei 7 ausstehenden Würfeln auf 7 mal die Fünf gesetzt („mir bleibt ja nichts anderes übrig“) und damit drei Mitspieler um einen Würfel erleichtert. (Diese Leistung wollte er explizit im Protokoll sehen!)

Günther ging mit drei Würfeln in das Endspiel gegen Aaron mit einem Würfel. Gemäß seiner dubiosen Immer-5-Strategie, fing er mit 1 mal die Fünf an. Aaron hob auf 2 mal die Fünf. Günther zweifelte an – da stand es nur noch 2:1. Hätte er mit dem Übergewicht von 3 Würfeln, bei den akzeptablen Augenzahlen Drei, Vier und Fünf unter seinem Becher, nicht eine bessere Chance finden können als die mäßige 2-Drittel-Chance für eine Nicht-Fünf bei Aaron?

Aaron knüpfte ihm auch noch einen zweiten Würfel ab und ging mit der überlegenen Immer-4-Strategie in den 1:1-Endkampf. Günther hob auf 2 mal die Vier. Und hatte verloren! Er hatte zwar selber eine Vier unter dem Becher, Aaron aber nur eine Eins. „Bluff“ heißt das Spiel. Und die „Immer-4-Strategie“ ist ein vorzügliches Element darinnen!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

06.08.2014: Karten und Plättchen mit Wilhelm

Hanabi

Nein, heute wurde kein Hanabi mehr gespielt. Nicht direkt. Aber solange Wilhelm noch mit der Baustelle am Luise-Kiesselbach-Platz kämpfte, durfte Peter dem Oberschiedsrichter Günther die Prinzipien von Spocks Ablegemechanismus demonstrieren. Wie schon erwähnt, lassen sie sich auf die einfache Formel bringen: “Falls ein Spieler keine weitere Information mehr zum Nutzen einer Handkarte hat, so wirft er automatisch die am weitesten rechts gehaltene Karte aus seine Hand ab“.

Hebelt dieses Prinzip die Spielregeln aus? Die Meinungen gingen auseinander. Peter argumentierte: „Es ist nicht möglich, eine Regel innerhalb des Hanabi-Systems zu formulieren, die dieses Rechtsanstecken [oder war hier das Rechtsablegen gemeint?!] verhindern könnte.“ Günther wollte sich in diesem Auffassungsstreit (mal wieder) nicht klar positionieren. Walter kam Peter insofern entgegen, als er diese Ablegetechnik nur dann für illegitim hielt, wenn es auf Grund einer allgemeinen Absprache erfolgt. [„Absprachen über die Ablage von nicht-benannten Karten sind unzulässig!“] Als Schlussfolgerung aus dem über mehrere Runden lang Nicht-Benennen von Karten ist so ein Vorgehen aber durchaus spielimmanent.

Dass man diese schlussfolgernde Konvention dann auch noch bis zum Spielanfang extrapoliert, liegt höchstenfalls am Rande der Legalität. Und in Bayern gilt diese Positionierung in höchsten Kreisen immer noch als mitten drin in der Legalität.

Peter ließ noch zu Protokoll geben, dass er zweimal Recht gehabt habe. Hier steht es.

Was war eigentlich das „zweite“ Mal? Ach ja: Peter konnte seine heutige Demonstration nicht gewinnen. Es kamen einfach kein weißen und gelben Einser auf den Tisch! Aber hat das denn einer behauptet? Nicht jedes Kinderspiel muss man gewinnen können …

1. “Deutschland – Das Kartenspiel”

Wilhelm, unser Ehrengast aus dem hohen Norden (von Bayern aus gesehen), traf mit zwanzig Minuten Verspätung ein. So lange dauert es für einen Lippischen Preussen, von der Garmischer Autobahn kommend, sich durch die Tunnel-Baustelle am Autobahnende quälend, eine Stelle zum Linksabbiegen in die Krüner Straße zu finden.

Als Gastgeschenk hat er das kleine Kartenspiel mitgebracht, in dem Günter Burkhardt seinen erwachsenen (missratenen?) Sohn „Deutschland – Finden sie Minden!“ nach Wilhelms Meinung „auf den Punkte gebracht hat“.

Jeweils fünf Karten mit Namen deutscher Städte liegen auf dem Tisch. Jeder Spieler hat einen identischen Kartensatz mit den Bezeichnungen Nord, Süd, Ost und West, sowie „die meisten Einwohner“ und „die wenigsten Einwohner“. Dreimal muss man reihum verdeckt eine dieser Qualifikationskarten zu einer der Städte legen. Dabei bedeutet z.B. die Karte „Nord“, dass der Spieler die zugeordnete Stadt für die nördlichste aller ausliegenden fünf Städte hält.

Dann werden die Qualifikationskarten umgedreht, die falschen aussortiert, und die richtigen zusammengeschoben. Wessen Karte jetzt am nächsten an einer Städtekarte liegt, bekommt 3 Punkte, der zweitnäheste 2 Punkte und – falls noch vorhanden – der drittnäheste 1 Punkt.

Ein unterhaltsames, quizartiges Spielchen, bei dem man sich nicht nur ein bisschen in Deutschlands Geographie auskennen sollte, sondern bei dem man auch das Wissen seiner Mitspieler einschätzen können sollte, genauso wie das Risiko, statt eines sicheren Einzelpunktes als dritter Anleger bei der nördlichsten Stadt vielleicht doch lieber drei volle Punkte bei einer fragwürdigen kleinsten Stadt zu ernten, die die Mitspieler – vielleicht / hoffentlich – falsch eingeschätzt haben.

Wer weiß schon so genau, ob Paderborn nördlicher liegt als Kleve und welche der beiden Städte größer ist. Von Bayern aus gesehen.

WPG-Wertung: Günther: 5 (ein Wissensspiel, nichts für Halb-Wisser [und das als Kritik aus Günthers Munde!]), Peter: 6 (dabei 1 Punkt für meinen Sieg), Walter: 6 (er wird es ganz sicher mit seiner rheinruhrigen Verwandtschaft spielen), Wilhelm: 8 (das Spiel ist einfach sehr gut [er hatte zuerst 9 Punkte vergeben, ließ sich später aber davon einen Punkt runterüberzeugen])

2. “Royals”

Royals - Wilhelm zeigt Günther wo Spanien liegt
Royals – Wilhelm zeigt Günther wo Spanien liegt
Wilhelm hatte den Prototyp von Abacus für Essen 2014 mitgebracht. Die Regeln stehen, das Umschlagsbild für die Schachtel auch, am Spielmaterial wird noch gedreht.

Wir ziehen Farbkarten in den vier Farben gelb (für Spanien), blau (für Frankreich), rot (für England) und grün (für the „German States“). Entsprechend den Farben können wir uns in den vier Staaten engagieren und dort Städte in Besitz nehmen,. Für einen Slum in Sevilla reicht eine einzige gelbe Karte, für den Palacio Real in Madrid braucht man deren acht. (Oder so ungefähr.) Dafür werden wir mit der einen Karte in Sevilla auch nur ein schlichter Baron (Entschuldigung Mischa v.R., so ist nun mal die Adels-Rangfolge), mit den acht Karten in Madrid hingegen werden wir König.

Man kann einen Mitspieler auch aus einer Stadt verdrängen, dazu muss man aber rechtzeitig eine Intrigenkarte statt der Farbkarten gezogen haben.

In drei Wertungsrunden wird das aktuelle Besitztum in Siegpunkte umgesetzt. Jede Stadt bringt Punkte, genauso wie die Majorität in den vier Ländern. Für das erstmalige Besetzen einer Stadt gibt es Sonderpunkte, ebenso für die erstmalige Präsenz (auch die verdrängte) in allen Städten eines Landes. In der Schlusswertung werden dann noch Majoritäten innerhalb der Royalitäten honoriert. Reichlich Siegpunktquellen.

Ein reizvolles Abwägen zwischen den leichten naheliegenden Siegpunkten in den Slums und den etwas schwereren, dafür aber auch nachhaltigeren Siegpunkten im Königspalast. Die Taube auf dem Dach ist besser als der Spatz in der Hand. Gute Karten helfen auch ein bißchen, ein wohldosierter Zufallseinfluß in einem schnellen, höchst interaktiven Spiel.

WPG-Wertung: Günther: 7 (locker), Peter: 6 (funktioniert, aber …), Walter: 6 (flüssig, vielseitiges Engagement, allerdings mit dem Hang zur Erbsenzählerei, Mitspielerchaos und – bei dem Maß an Interaktion unvermeidlich – Kingmakereffekten), Wilhelm enthielt sich als Befangener der Stimme.

Günther hielt die großzügige Landkarte für vergeudeten Platz. Man hätte die Länder besser zusammenschieben und den dadurch gewonnenen Platz als Ablage für die Nachziehkarten nutzen sollen. Peter: „Deswegen gewinnst Du auch nicht ‚Deutschland – Das Kartenspiel’“.

3. “CaCaO”

CaCao
Schachbrettmuster in “CaCao”
Ein weiterer Prototyp von Abacus, allerdings erst für Nürnberg 2015 vorgesehen. Jeder Spieler hat einen Satz mit acht grünen quadratischen Plättchen, auf denen jeweils vier Arbeiter platziert sind. Sie sind den vier Kanten zugeteilt, aber unregelmäßig, zu manchen Kanten gehören zwei oder drei Arbeiter, zu anderen Kanten gar keine.

Die grünen Plättchen werden einzeln reihum auf die imaginären weißen Felder der als Schachbrettmuster gedachten Tischdecke gelegt. Auf die schwarzen Felder kommen – sobald an mindestens zwei Kanten Arbeiterplättchen liegen, Produktionskärtchen. Jeweils drei Stück davon liegen offen aus, und der aktive Spiele wählt daraus – innerhalb enger Grenzen – welche aus: Kakao-Plantagen unterschiedlicher Ernteerträge, Kakao-Verarbeitung unterschiedlicher Erlöse, Bewässerung und einige andere Spezialeffekte.

Jeder Arbeiter an der Kante zu einem bereits ausliegenden oder gerade anschließend gelegten Produktionsplättchen kann die angebotene Produktion nutzen und bekommt dafür Siegpunkte. Wenn alle Arbeiterplättchen gelegt sind, ist Schluß.

Ein hübsches, fast kontemplatives Spielchen um das optimierte Nutzen und Erweitern der entstehenden Schachbrettauslage auf dem Tisch. Eine Menge indirekter Interaktion, ohne dabei in Aggressivität auszuarten.

WPG-Wertung: Günther: 6 (zu linear [heftiger Widerspruch von allen Seiten]), Peter: 7 (Superidee an der man allerdings noch ein bisschen herumfeilen könnte), Walter: 7 (schnell, konstruktiv, interaktiv), Wilhelm enthielt sich wieder der Stimme..

4. “Koryo”
Jeder bekommt jeweils einen Schwung Karten auf die Hand, darf einen – kleinen – Teil davon offen vor sich auslegen, und muß den Rest wieder abgeben. Das wird acht mal gemacht, die Auslagen wachsen und wachsen, und wer sich am Ende die reichhaltigste zugelegt hat, der hat gewonnen.

Wie sehen die Karten aus? Es sind Karten mit den Ziffern von 1 bis 9, dazu noch rote und schwarze Minus-1en.

Wieviele Karten bekommt man jeweils? Erst 10, dann 9, dann 8 usw., zuletzt nur noch 3.

Welche Karten darf man ablegen? Soviele man will, aber jeweils nur Karten mit den gleichen Ziffern.

Dürfen beliebig viele Karten in der Auslage sein? Nein, die Auslage ist streng begrenzt; zuerst dürfen nur 3, dann 4 usw., zuletzt nur insgesamt 10 Karten in einer Auslage sein. Man darf zwar kurzfristig mehr Karten spielen, hinterher muss man die überzähligen Karten in seiner Auslage aber bis zum erlaubten Limit wieder abräumen.

Was bedeuten die verschiedenen Ziffern? Jede Ziffernkarte in der Auslage hat einen eigenen Effekt. Die 6 erlaubt dem Spieler das Nehmen einen zusätzlichen Siegpunktchips vom öffentlichen Vorrat, die 2 erlaubt das Stehlen eines Siegpunktchips von einem Mitspieler, die 5 erlaubt des Ausspielen von Karten mit unterschiedlichen Ziffern. Und was der Effekte mehr sind.

Diese Effekte darf man aber nur dann nutzen, wenn man von der entsprechenden Ziffer unter allen Mitspielern die meisten Karten in seiner Auslage hat. Bei Gleichheit gehen alle leer aus.

Um die gewinnträchtigen Auslagen der Mitspieler ein bisschen aufzumischen, gibt es die Minuskarten. Mit der roten Minus-1 darf man eine Karte aus der Auslage eines Mitspielers entfernen, mit der schwarzen Minus-1 darf man zwei Karten der Mitspieler vertauschen. Vorzugsweise werden damit Mehrheiten auseinandergenommen.

Wer gewinnt am Ende? Es werden alle Auslagen aller Spieler verglichen. Wer von einer Ziffer die meisten Karten ausliegen hat, bekommt die Ziffer in Siegpunkten. Hier ist die 9 natürlich am besten, dafür bringt sie während des Spiels keinen besonderen Effekt. Außerdem gibt es davon am meisten Karten, so dass hier die Konkurrenz am größten ist. Bei zwei mittleren Ziffern, z.B. der 7 und der 6 die Mehrheit zu haben, sollte bereits zum Sieg reichen.

WPG-Wertung: Günther: 7 (hätte 8 Punkte vergeben, wenn dem Spiel eine Spielhilfe für jeden Spieler beigelegt worden wäre, auf der man die Effekte der einzelnen Ziffern ablesen kann. [Da hat der Verlag am falschen Ende gespart! Wilhelm hat das per Hand nachgeholt!]), Peter: 7 (ist halt ein Glücksspiel, aber es hat Spaß gemacht), Walter: 7 (schnell, locker), Wilhelm: 7 (unbefangen)

5. “Limes”

Peter hatte sich von „Koryo“ die vorletzte U-Bahn verpassen lassen und war diesmal erst mit der letzten U-Bahn abgedüst. Wilhelm packte nochmals das „Limes“ aus, das vorher von Günther als „zu solitär“ abgelehnt worden war. Jetzt als Absacker und zum Kennenlernen in einer Dreierrunde nach einem recht friedlichen Karten-Plättchen-Ablege-Spielabend wurde es akzeptiert.

Jeder bekommt den gleichen Satz quadratischer Landschaftsplättchen, aufgeteilt in jeweils vier interne Landschaftsfelder: Feld, Wald, Wiese und Wasser in beliebiger Kombination. Ein Spieler zieht blind jeweils eines seiner Plättchen und alle Spieler müssen das gleiche Plättchen – ausgehend von einem vorgegebenen Startfeld – bei sich anlegen. So entsteht vor jedem Spieler langsam ein am Ende vier mal vier Quadratplättchen großes Landschaftsbild.

In der Schlußwertung bekommt man dann für ein Feld-Gebiet soviele Siegpunkte, wie Feld-Landschaften zusammenhängen. Ein Wald-Gebiet bringt soviele Siegpunkte, wie unterschiedliche Landschaften drum herum liegen. Bei einem Wassergebiet zählen die umliegenden Fischerhütten, und bei einem Wiesengebiet die waagrecht oder senkrecht dazu befindlichen Waldgebiete. Es werden aber nur diejenigen Gebiete gewertet, auf denen man während des Anlegevorgangs rechtzeitig eines seiner insgesamt sechs Männlein platziert hat.

Warum baut nicht jeder die identische Landschaft zusammen? Diese Möglichkeit des Abguckens und Nachmachens wäre doch ein gravierender Designfehler! Wie ist das gelöst? Frage an die kluge Spielergemeinde! Ganz einfach: Die Startplättchen, von denen aus jeder Spieler seinen Landschaftsgarten beginnt, sind alle unterschiedlich!

Ein hübsches 2-Personen-Puzzle-Spiel (es geht natürlich, wie gerade demonstriert auch mit mehreren Spielern), mit dem man z.B. ausknobeln kann, wer heute den Abwasch erledigt oder zuerst unter die Dusche darf …

Noch keine WPG-Wertung.