Ein Maler war am Westpark und hat dem Spielzimmer sein schönstes Weiß zurückgegeben. Erstaunlich, wie stark sich ein Altweiß von einem Neuweiß unterscheiden kann. Der Meister hat super gearbeitet und die überall herumliegenden Spiele – und all den anderen Krusch – säuberlichst geschont. Ich kann ihn bestens weiterempfehlen: Stefan Weilnböck!
Bei dieser Gelegenheit wurden die Spiele von ganz oben – die von noch über dem Bücherregal – heruntergeholt, abgestaubt und begutachtet. Bemerkenswert, was sich da alles gefunden hat:
- Scotland Yard (+), ein Spiel, mit dem die Westpark-Gamers begründet wurden. Gleich in zwei gebrauchten Exemplaren. Eines davon kann abgegeben werden.
- Civilizatilon (-) von Avalon Hill, mit dem Aaron mich in die Gefilde der mehrstündigen Brettspiele eingeführt hat.
- Freibeuter (+) : ein taktisches Seefahrerspiel mit wunderschönen Schiffsmodellen.
- Peloton (+), ungebraucht, ein gelungenes Spiel des tschechischen Templum Verlages. Leider noch mit einer Schachtel aus vorrevolutionären Zeiten.
- Halunken und Spelunken (+) von Kosmos : funktioniert, ist bei uns auch in einem Session-Report beschrieben, aber leider – via im richtigen Leben – sind die Geschmäcker verschieden.
- Downtown (von Weber und Abacus, nicht das chaotische Kartenspiel von Lee Brimmicombe-Wood und GMT) (+) : Ach Du meine Güte, dazu haben wir ja noch gar nicht unseren WPG-Senf vergeben!
- Das Börsenspiel (+), von einem Ex-Kollegen geliehen und nie mehr zurückgegeben. Wie hieß er nur? Wo wohnt er nur?
- Heimlich und Co (-) : Das Spiel von Hans im Glück, mit dem der Verlag aus seinem Garagendasein ins Rampenlicht der Welt-Spiel-Öffentlichkeit getreten ist.
- El Grande und El Caballero (-) : Der dritte Großerfolg von Hans im Glück, noch eingeschweißt. Demonstrationsobjekt für die deutsche Spielkultur des letzten Jahrhunderts.
- Die Fürsten von Florenz (-) : Vater bzw. Mutter einer ganzen Generation von ähnlichen hervorragenden Spielen.
- Die Macher (-) von Hans im Glück : Ein komplexes Polit-Spiel, das seiner Zeit um Generationen voraus war.
- Rumis (-) : Das erste Spiel mit unserem Westpark-Gamers-Logo „Spiel des Jahres“ auf der Schachtel. Natürlich hat jeder von uns ein eigenes Exemplar dieses Spieles in seiner Sammlung. Irgendwann wird sich schon ein Empfänger-Spieler finden, der dieses Duplikates wert ist.
- Das Erbe des Maloney (+) von Ravensburger : Aus der Zeit, wo Ravensburger noch ein Synonym für die besten deutschen Brettspiele war.
- Abalone (+) : Eine hexagonale Schachtel mit schönen Glaskugeln für ein abstraktes taktisches 3-Personen Spiel. Leider ist die grundsätzliche Problematik einer Trio-Taktik (einer profitiert immer von den Fehlern des Dümmsten) nicht ausreichend gelöst.
- Meisterwerke (+) von Parker : Ein Versteigerungsspiel um echte und falsche Kunstwerke. Damit alle Objekte wenigstens einen Mindestreiz beim Bieten haben, haben wir ein paar trübe William Turners durch zündende Van Goghs ersetzt.
- 1830 (-) von Avalon Hill, noch originalverpackt. Soll mich dereinst in die ewigen Spielgründe begleiten.
- Imuri (-), ein heißgeliebtes Zweipersonenspiel, eine Empfehlung von meiner Schwester, zuletzt mit unserem ach so kranken Hans gespielt. Leider ist es nur eine – später verbotene – Raubkopie von Randolph’s „Twixt“.
(Die mit „+“ gekennzeichneten Spiele können am Westpark kostenlos abgeholt werden. Wer zuerst kommt, malt zuerst.)
1. “Die Paläste von Carrara”
Uns Westpark-Gamern wird zuweilen der Vorwurf einer Hans-im-Glück-Lastigkeit gemacht. Es ist auch eine Tatsache, dass einige von uns regelmäßig an den von der Brunnhofer-Familie veranstalteten Spielabenden teilnehmen, aber dieser Verlag kann es einfach. Von dort kam noch niemals eine Gurke heraus. Peter konnte ohne langes Nachdenken seine Präferenzen für das erste Spiel des Abends erkennen und durchsetzen.
In „Carrara“ kaufen wir nach einem sehr pfiffigen Preis-Verfalls-Mechanismus (allein der ist schon einen Pluspunkt wert) Bausteine, errichten damit verschiedene angebotene Gebäude in verschiedenen Städten Italiens, lassen an mehreren frei wählbaren Zeitpunkten unsere Gebäudetypen oder die Gebäudesubstanz in einer definierten Stadt bewerten, und bekommen dafür neues Geld (für neue Bausteine) oder Siegpunkte.
Eine hohe Interaktion bei Angebot und Preis für die Bausteine, beim Zugriff auf die gewünschten Gebäude und bei der Städtewertung sorgen für einen erheblichen spielerischen Druck. Eine gute Balance der verschiedenen Prämienarten erfordert eine wohlausgewogene Balance zwischen Konzentration und Diversifizierung unserer Investitionen.
Man muss sehr zielstrebig vorgehen. Nicht einfach seinen Zug in die nur oberflächlich als günstigst erscheindenen Alternativen verplempern. Um zu gewinnen muss man genau diejenigen Bausteine erwerben, die für das nächste Bauvorhaben benötigt werden und genau zum richtigen Zeitpunkt das richtige Gebäude in der richtigen Stadt errichten, damit Geld und Siegpunkte in genau der richtigen Dosierung fließen. (Wobei für die drei „richtig“ hier noch keine gesicherten Spieltips gegeben werden können.)
Spielerisch stimmig, taktisch herausfordernd, Westparkgamerisch gelungen!
WPG-Wertung: Aaron: 8 (schnell, wenige aber klare Mechanismen), Günther: 8, Peter: 8 (gut austariert, das zeigt sich schon daran, dass alle Endebedingungen so ziemlich gleichzeitig erfüllt wurden), Walter: 8 (stimmig).
Als Gag ist in dem Spiel ein versiegelter Umschlag „Nicht öffnen“ enthalten. Dieser Umschlag – er enthält Erweiterungskarten – soll nach Aufdruck erst dann geöffnet werden, wenn man mindestens zwei Partien des Grundspiels gespielt hat. Günther sah in diesem Gag eine unzulässige Bevormundung. Verständliche Mißbilligung eines geborenen Experten.
2. “Fremde Federn”
Friedemann Frieses Ideenanleihe bei gelungenen Spielen der Welt sollte Peters Bedürfnis nach bewährten Spielen weiterhin Rechnung tragen. In dem von seiner Hauptidee als Deckbuidling-Spiel ausgerichten „Fremde Federn“ (siehe Session-Report vom 14.11.12) zieht jeder verdeckt fünf Karten aus seinem Stapel und macht damit Siegpunkte und/oder kauft sich damit weitere, mächtigere Karten, mit denen er seinen Kartenstabel anreichtert, um für die nächsten Runden noch potentere Karten zu ziehen und noch mehr Siegpunkte zu machen oder noch lukrativere Karten einzukaufen.
Den Spielraum seiner zunächst zufällig gezogenen Karten kann jeder Spieler mittels Aktionsfelder erweitern (mehr Geld erhalten, weitere Karten nachziehen, Karten tauschen oder abwerfen) um mit seiner Kartenauslage doch noch die nächste, beste, wichtigste, ausliegende Kaufkarte erstehen zu können. Doch diese Möglichkeiten sind eng begrenzt.
Zu erfolgreichen Kaufsaktionen, vor allem zu einer ganzen Sequenz von erfolgreichen Kaufsaktionen, gehört natürlich auch eine Menge Glück. Vielleicht zuviel für das viele Drumrum der Deckbuilder-Taktik.
Nach wenigen Runden lag Aaron ganz hinten und haderte mit seiner sprichwörtlichen Benachteiligung als Fortunas Favorit. Günther mahnte Geduld an und versicherte, dass das Spiel noch kippen könne. Aaron war skeptisch. Doch dann bekam er – Glück oder Können – die stärkste Karte des Spieles: „Landesweites Fernsehen“, mit 6 Siegpunkte pro Runde, in der er diese Karte ziehen konnte. Wenn er dazu noch ein Karten-Verdopplerfeld belegen konnte, brachte das Fernsehen gleich 12 Siegpunkte ein, mehr als alle anderen Optionen zusammen. Aaron setzte jetzt alles auf diese Karte und wählte konsequent die Aktionsfelder zum Nachziehen von unendlich vielen Karten nachzuziehen und zum Tauschen von unendlich vielen Karten. So konnte er tatsächlich noch dreimal das Fernsehen aufdecken und dreimal den doppelten Fernsehbonus einkassieren. Das reichte für genau einen Punkt Vorsprung zum Sieg vor dem stark gestarteten und später stark nachlassenden Günther. Happy End?
Peter lag auch schnell weit zurück. Auch er bekam irgendwann einmal ein „Landesweites Fernsehen“ in seinen Kartenstapel. Doch ansonsten fand er bis zum Spielende keinen richtigen Peil. (Hallo Peter, habe ich da eine taktische Genialität von Dir übersehen?) Noch dazu wurde er vom Nachziehglück auch noch statistisch übersignifikant im Stich gelassen und landete – ach das will ich jetzt nicht hinschreiben. Mit seinen frühzeitig einsetzenden und permant durchgehaltenen Negativ-Parolen hatte er wohl auch nichts Besseres verdient.
Nur Günther lies sich auch durch seinen zweiten Platz nicht verdrießen: „Ein Superspiel, ich habe echt Freude daran!“ Wahrscheinlich sogar daran, dass er von Aaron totz dessen Unkenrufen auf der Zielgeraden noch abgefangen wurde.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (kein Freund von Deckbuilder-Spielen; hat seine ursprüngliche 5 noch um einen Punkt erhöht, weil das Spiel gut ausbalanciert ist und auch einem Spätstarter noch Siegchancen einräumt), Günther: 8 (bleibt), Peter: 3 (niedriger Wiederspielwert. Warum das Spiel für ihn offensichtlich auch einen niedrigen Erstspielwert besitzt, hat er nicht mitgeteilt), Walter: 8 (bleibt für eine 3er Runde; in einer 4er Runde eher ein 7 Punkte Spiel).
3. “Siberia – Das Kartenspiel”
Pro Zug spielen wir null-bis-drei Aktionskarten aus und ziehen ein-bis-zwei Aktionskarte nach. Auf jeder Karte gibt es je ein Symbol für einen von drei Berufen (Arbeiter, Verkäufer oder Investor) und für einen von fünf Rohstoffen (Kohle, Gas, Öl, Erz oder Gold).
Beim Ausspielen einer Karte wählen wir entweder das Berufs-Symbol und erweitern unser Personal (mehr Arbeiter fördern mehr Rohstoffe, Investoren erleichtern die Förderung und Verkäufer erhöhen die Preise), oder wir wählen den Rohstoff und eignen uns dementsprechend ausliegende Rohstoffkarten an. Am Ende gewinnt der Spieler mit der wertvollsten Ausbeute.
Bei einer Kartenhand von bis zu acht Aktionskarten hat man eigentlich eine recht große Handlungsfreiheit. Doch die Optimierung zwischen dem zeitgerechten Anheuern von Belegschaft und ihrem Einsatz bei der Rohstoffgewinnung riecht nur nach trockenem Schweiß. Und nach sonst nichts.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (schnell), Günther: 4 (muss es nie wieder spielen), Walter: 3 (kein Pfiff).