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10.06.2015: Malen und Zahlen

Unser Host Walter weilt immer noch in Südfrankreich, um sich an der Schönheit der Landschaft und der (weiblichen) Bevölkerung zu erfreuen und so ganz nebenbei auch seiner Gattin beim Malen zuzuschauen. Als freiwilliger Ersatz-Host stellte sich unser Komponist aus dem Drei-Mühlenviertel spontan zur Verfügung. In kleiner Besetzung lagen diesmal ausschließlich Kartenspiele auf dem Tisch.

1. The Game

Nachdem beim letzten Spieleabend The Game so gar keinen Funken hat überspringen lassen, wollten wir dem Spiel noch eine Chance geben. Immerhin ist es für den Spiel-des-Jahres-Preis nominiert! Irgendetwas müssen wir doch übersehen haben.

Da wir es mit einem kooperativen Spiel zu tun haben, stellt sich die Frage, auf welche Art soll und darf hier kooperiert werden. Die Spielregel spricht ein klares Verbot aus: Keine Nennung konkreter Zahlenwerte in irgendeiner Form. Erlaubt sind aber Hinweise der Art „Auf diesen Stapel bitte nichts mehr legen!“. Im Forum der Spielbox gibt es dazu einen interessanten Thread, in dem die Zulässigkeit bestimmter Hinweise diskutiert wird. Mit urdeutscher Regelaffinität werden dort Hinweise, die konkrete Zahlenwerte bedeuten könnten oder sogar sämtliche codierte Information angeprangert und verboten. Wird nicht in einer Gruppe jeder noch so allgemeine Hinweis über die Zeit zu einem Code für eine bestimmte Spielsituation? Geht es nicht darum, dass das Spiel Spaß machen soll?

Nun ist The Game vom Ansatz her nichts anderes als ein Solitär-Puzzle, das man aber nicht nur alleine, sondern auch mit bis zu sechs Spielern spielen kann. Spiele ich alleine, habe ich die Auswahl aus 8 Karten, bei mehr Spielern entsprechend weniger. Diesen Nachteil gilt es durch eine sinnvolle Kommunikation der Spieler untereinander auszugleichen.

Unseren ersten Durchgang haben wir strickt nach Spielregel gespielt. Die Kommunikation beschränkte sich darauf, die anderen Spieler (mehr oder weniger erfolgreich) zu bitten, auf bestimmt Stapel nichts mehr zu legen. Den anderen in der Regel als Beispiel gegebenen Hinweis „Bitte auf diesem Stapel nur einen ganz kleinen Sprung machen“ haben wir nicht benötigt, denn der gilt wohl immer.

Am Ende war bei verbliebenen 12 Handkarten Schluss. Gut? Schlecht? Keine Ahnung. Also gleich noch eine Wiederholung. Allerdings diesmal entgegen der Spielregel mit maximaler Kommunikation untereinander, realisiert dadurch, dass wir mit offenen Karten spielen. Geht jetzt ein Aufschrei durch die Spielergemeinde, weil die Westpark Gamers ein Spiel kaputt machen, indem sie nicht nach den korrekten Regeln spielen? Egal, ist ja nur ein Experiment.

Dieser zweite Durchgang war insoweit interessant, als es jetzt deutlich mehr Kommunikation gab als vorher. Alle Spieler waren permanent beteiligt, um sicherzustellen, dass niemand eine geniale Zugfolge übersieht. Hier beweist das Spiel seine klaren Solitär-Qualitäten. Überraschenderweise endete das Spiel mit 19 verbliebenen Handkarten, was zumindest beweist, dass auch dieses Maximum an Kooperation nicht dazu führt, dass man besser spielt als mit minimaler Kommunikation. Uns hat übrigens der zweite Durchgang mit vollständiger Information nicht weniger Spaß gemacht als der erste.

Was sagt uns das jetzt über das Spiel? Wer Solitärspiele mag, für den ist The Game als Solospiel durchaus ein netter Zeitvertreib. Mit mehr Spielern macht eine Kommunikation  der Spieler untereinander das Spiel nicht kaputt sondern ändert nur dessen Charakter hin zu einem Gemeinschafts-Puzzle. Ohne Kommunikation ist es mit mehreren Spielern ein dumpfes Glücksspiel ohne Pfiff. Und mit der nach Spielregel erlaubten Kommunikation wird es zwar etwas weniger glückslastig, birgt aber das Problem, dass sich beim Spielen in der gleichen Gruppe selbst die erlaubten Hinweise über kurz oder lang als Codes für bestimmte Situationen etablieren und damit eigentlich wieder verboten sind. Erbsenzähler hätten damit dann ein Problem.

The Game lässt uns weiterhin etwas ratlos zurück.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

2. Res Publica

Der Knizia-Klassiker von 1991, damals erschienen bei Hexagames, wurde von Queen Games  inzwischen in der 3. Auflage herausgebracht. Wir haben die Version der 2. Auflage gespielt. Gegenüber dem Original hat man dankenswerterweise die Völkerkarten so geändert, dass jetzt 5 Völker mit unterschiedlichen Anfangsbuchstaben in den Kartenecken gewählt wurden. Das erleichtert die Übersicht in der aufgefächerten Kartenhand. Außerdem gibt es zwei kleine aber wichtige Änderungen in den Regeln. So erhält man auch schon beim Ablegen von 5 Völkerkarten eine Siegpunktkarte (Wert 3). Zusätzlich wurde eine kleine Ungerechtigkeit behoben: Jetzt dürfen alle Spieler in der letzten Runde noch einmal 5er-Sets ablegen.

Vor mehr als 10 Jahren gab es bei uns unterschiedliche Meinungen  über die Qualitäten von Res Publica. Wer Verhandlungsspiele mag, dem gefällt es. Wer nicht gut verhandeln kann oder sich über schreiende Ungerechtigkeiten und Kingmakereien ärgert, dem eher nicht. Wir kamen diesmal zu dem Schluss, dass wir deutlich mehr Spaß an Res Publica hatten als an The Game.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

3. Machi Koro

Ein weiterer Spiel-des-Jahres-Kandidat. Bei uns war das Spiel bereits durchgefallen, aber aufgrund der Nominierung kam es gestern dann doch noch einmal auf den Tisch. Vielleicht würde es uns diesmal besser gefallen?

Kurz gesagt, nein, es hat auch diesmal keinen besseren Eindruck hinterlassen. Diese Mischung aus viel Würfelglück, Aufbauspiel und Ärgerelementen ist offenbar nicht so unser Ding.

Erst beim Abräumen fiel unser Blick auf die empfohlene Variante, in der nicht alle Ausbaukarten von Beginn an offen ausliegen. Also wurde noch ein zweiter Durchgang gestartet. Gefühlt war man jetzt noch etwas abhängiger vom Glück, weil man auch noch der Option der Planung seiner Aufbaustrategie beraubt wurde. Aber unser Mathematiker Günther erklärte, dass diese Variante durch die Erhöhung der Zufallseffekte eher ausgleichend wirkt. Wie auch immer, nur er fand das Spiel mit dieser Variante etwas besser.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

4. Das stärkste TierSpiel

Ohne Wale ohne Ziel
Ohne Wale ohne Ziel

Moritz als Spielesammler hütet so einige Schätze in seinem Spielzimmer, viele davon 20, 30 Jahre alt oder älter. Als absolute Rarität legte er Das stärkste TierSpiel auf den Tisch. Die kleine, nach heutigen Maßstäben nicht besonders professionell gemachte Schachtel enthält ebenso unprofessionell wirkende Spielkarten in einem eher unhandlichen Langformat. Jede Karte zeigt eine Zeichnung eines Tiers und trägt in kleiner Schrift die „Rangfolge“ und dessen Namen am oberen Rand. Die Tierbilder sind mit schwarzem Filzstift willkürlich übermalt und Günther nahm zuerst an, dass sich Moritz‘ Nachwuchs das Spiel bereits vorgeknöpft hatte. Dem war aber nicht so, denn die Bemalung ist Teil des künstlerischen Gesamtprojekts, wenn auch spielerisch völlig belanglos.

Nun muss man wissen, dass der Autor des Spiels, Alexeij Sagerer, Theaterregisseur, Schauspieler und Medienkünstler ist. Als er 1986 das Spiel in einer Auflage von 1000 Stück „unter Mithilfe des Walfischs und des Schnabeltiers“ im Rahmen seiner Theaterproduktion „proT“ veröffentlichte, teilte er auf der Schachtel mit: „Rettet die Tiere!!! Die Einnahmen aus dem Verkauf fließen unmittelbar in den Tieger von Äschnapur Unendlich“. Ein Geheimnis ist, was uns der Autor mit diesem Text und seinen Schreibfehlern vermitteln möchte. Wie auch immer, das Spiel sollte also seine Theater-Produktionsreihe „Der Tiger von Äschnapur“ unterstützen.

Mit den 72 Tierbilderkarten, die alle verteilt werden, spielen wir ein einfaches Stichspiel: Eine ausgespielte Karte muss gestochen werden, wenn man kann, ansonsten darf man eine beliebige Karte abwerfen. Tiere mit niedrigerem Rang stechen Tiere mit höherem. Wer einen Stich gewinnt, spielt wieder an. Wer am Ende die meisten Stiche gemacht hat, gewinnt das Spiel. Das war’s. Ach nein, den Clou hätte ich beinahe vergessen: es gibt das stärkste Tier, den Elefanten, gleich dreimal, alle anderen nur einmal. Und wer zuerst einen Elefanten spielt, gewinnt den Stich.

Ziemlich ratlos spielten wir unsere Karten von oben nach unten runter und jedes Mal gewann der zuletzt Ausspielende den Stich. Gab es eine Möglichkeit, diese Abfolge zu durchbrechen? Wir haben keine gesehen. Bei den letzten beiden Stichen entschied dann wie erwartet das Kartenglück und es gab tatsächlich noch einen Sieger.

Sollten wir irgendeine geniale Taktik übersehen haben? Oder handelt es sich bei Das stärkste TierSpiel um ein reines Kunstprojekt? Die Tatsache, dass Turnierregeln mitgeliefert werden, lässt vermuten, es ist ein ernst gemeintes Spiel. Das Beiblatt, in dem aufwändig über die Charaktere der Tiere geschrieben wird („der Damhirsch ist das damischste Tier“) lässt doch eher auf ein Kunstprojekt schließen.

WPG-Wertung: Aaron: 27 (echte Kunst), Günther, Moritz: unbewertbar

5. Diamondback

Und weil’s so schön war, legte uns Moritz gleich noch ein weiteres Schätzchen auf den Tisch: Diamandback aus dem Jahr 1978. Dieses Kartenspiel stammt ebenfalls von einem Künstler: Dave Sim, der zwischen 1977 und 1981 die 25-bändige Comic-Buchreihe „Cerebus“ veröffentlichte.

Das Spiel ist eine Poker-Variante, die je nach Spielerzahl mit 15 (2 Spieler) bis 43 (4 Spieler) Karten gespielt wird. Leider besitzt Moritz nur die 2-Spieler-Version. Dort gibt es 5 verschiedene Kartentypen (1x Magier, 2x Prinzessinnen, 3x Könige, etc.). Jeder Spieler erhält 2 Karten und der Dealer legt eine seiner Karten offen aus und macht das erste Gebot. Es wird solange geboten, bis der Dealer die Bietrunde beendet. Dann werden alle Karten offengelegt und der Spieler mit dem höchsten Paar gewinnt den Pott.

Gewöhnungsbedürftig sind die Paarwerte, die man sich irgendwie merken muss, da jede Karte in Kombination mit einer anderen Karte einen andern Wert hat.

Uns erschien das nicht prickelnd genug, um zu später Stunde noch ein Spiel zu beginnen, insbesondere da nur zwei von uns hätten spielen können. Ein kurzer Blick bei Boardgamegeek zeigte dann auch, dass es sich hier wohl eher um ein Sammlerprodukt für echte „Cerebus“-Fans handelt.

WPG-Wertung: keine Wertung, da nicht gespielt.

27.05.2015: Wer kehrt, oder Who Cares?

Manchmal bringen Urlaube, Krankheiten und Enkelbesuche unsere Spieleabende ganz schön durcheinander. Seit dem letzten Spielbericht sind jetzt vier Wochen vergangen und wir haben in dieser Zeit gerade einmal zwei Abende gespielt. Sei’s drum, hiermit wird der Spielbericht vom 29.4. nachgeholt und der von gestern pünktlich geliefert, auch wenn unser Lieblings-Host ihn diesmal nicht schreiben kann, weil er heute bereits in den Urlaub fährt.

1. Indoor Curling

Als in Bayern Lebende kennen wir uns natürlich mit der britischen Variante des Eisstockschießens bestens aus. Grobmotoriker und Menschen mit schlechter Hand-Auge-Koordination sind da bekanntermaßen chancenlos.

Kosmos hat versucht, die Curling-Bahn und die Steine so nachzubilden, dass damit unter Anwendung der Originalregeln so etwas ein Curling-Gefühl auf dem Spieltisch entstehen könnte. Die Bahn besteht aus einer rutschigen Kunststofffolie und die Steine aus kleinen Kunststoffteilen, die den echten Steinen in ihrer Form nachgebildet sind. Damit die dann auch möglichst widerstandslos über die Folie gleiten, besitzen sie im Innern eine Stahlkugel, die aber letztendlich über die Bahn rollt. Da ist dann auch schon der Bruch mit der Curling-Realität: Die Kunststoffsteine rollen statt zu gleiten und damit ist das wesentliches Element des Steindrehens (Curling!) nicht mehr abbildbar. Und ebenso dienen die beigelegten Schwämme nicht dazu, der Bahn unterschiedlichen Widerstand zu verleihen, sondern sind ausschließlich dafür gedacht, Fettfinger-Tatzer auf der Folie zu entfernen.

Das Gefühl, hier so etwas wie Curling zu spielen, kann also nicht wirklich aufkommen. Es bleibt beim eher munteren Losrollen der eigenen Steine Richtung Haus und der Hoffnung, die gegnerischen dabei irgendwie weg zu kicken, wobei einem die nicht immer präzise laufenden Steine dabei oft genug einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Schwächen in der Umsetzung (oder vielleicht unsere zu hohe Erwartungshaltung) dämpften den Spielspaß dann doch erheblich. Vielleicht hätten wir vorher mehr von Moritz‘ exzellentem Whisky trinken sollen…

WPG-Wertungen: Moritz 3 (kein Spielspaß), Günther 7 (funktioniert als Dödelspiel), Aaron 5 (funktioniert halbwegs, keinerlei Innovation und fehlende Anpassung an die Tischsituation)

2. Witches

Das 2013 erschienene „HeartSwitch“ wurde von Amigo im letzten Jahr als „Witches“ herausgebracht mit einem Thema, das zum ebenfalls dort vor vielen Jahren erschienenen „Wizard“ passt. Wie bei „Wizard“ haben wir auch hier ein Stichspiel vor uns. Allerdings versuchen wir nicht, die Anzahl der Stiche vorherzusagen, sondern möglichst wenige „Feuerpunkte“ zu erhalten, wenn wir einen Stich nehmen müssen, oder, als Alternative mit entsprechendem Risiko, alle Karten mit Feuerpunkten abzustauben.

Zu Beginn eines Durchgangs werden alle Spielkarten (im Wert von 1 bis 14 in 4 Farben plus 4 Zauberer ohne Farbe und Wert 0) an die Spieler verteilt. Ähnlich wie bei „Flaschenteufel“ betreiben die Spieler vor jedem Durchgang ein bisschen Kartenhandpflege, indem sie Karten an ihren Tischnachbarn weitergeben. Gespielt wird dann nach klassischen Stichspiel-Regeln: die angespielte Farbe muss bedient werden, es sei denn, man spielt einen Zauberer. Die höchste Karte der angespielten Farbe gewinnt den Stich und wird neuer Ausspieler.

Die Würze des Spiels sind Sondereigenschaften der Hexen-Karten (Wert 11, in der Farbe Grün auch die 12). Drei Hexenkarten bringen zusätzliche Feuerpunkte, zwei verringern oder negieren gesammelte Feuerpunkte. Falls ein Spieler alle Feuerkarten gesammelt hat, bestimmen seine Hexenkarten die Anzahl Minuspunkte, die die anderen Spieler kassieren.

„Witches“ spielt sich schnell und relativ locker und ist ein typisches Absackerspiel, das man gerne mehrmals hintereinander spielt.

WPG-Wertung: Andrea 7 (flottes Partyspiel), Günther 6 (einfach, schnell, hoher Glücksfaktor)
Moritz 7 ( mehr Feinheiten als auf den ersten Blick erkennbar), Aaron 7 (locker)

3. The Game

Kooperative Spiele sind bei uns bisher noch nie gut angekommen. Deshalb haben wir uns aus einem „6 nimmt!“ den für „The Game“ notwendigen Kartensatz selbst gebastelt, um dieses für das Spiel des Jahres nominierten Spiel einmal gespielt zu haben. Es könnte ja sein, das diesmal der Funke überspringt. Umso mehr, als das bei „The Game“ der Anführereffekt („Mach jetzt mal das!“) wegen der verdeckten Kartenhand nicht besonders stark ausgeprägt ist.

Worum geht es? Auf insgesamt 4 Kartenstapel müssen die Spieler gemeinsam versuchen, alle 98 Karten (von 2 bis 99) abzulegen, auf zwei Stapel absteigend bis zur 2, auf den beiden anderen aufsteigend bis zur 99. Es wird reihum gespielt und jeder Spieler muss mindestens 2 Karten auf beliebige Stapel ausspielen und danach seine Kartenhand wieder auffüllen. Sobald der Nachziehstapel aufgebraucht ist, dürfen die Spieler auch nur eine Karte ausspielen.

Das Ganze wäre ziemlich unmöglich, gäbe es nicht die Zusatzregel, die es erlaubt, auf den aufsteigenden Stapeln auch eine Karte zu spielen, die exakt 10 niedriger ist als die oberste dort Liegende bzw. exakt 10 höher auf den absteigenden zwei Stapeln. Es gibt also einen kleinen „Rücksetzefffekt“.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler keine Karte mehr ausspielen kann. So wie die Spielregel formuliert ist, träte das Spielende auch ein, wenn ein Spieler keine Handkarten mehr besitzt und dann wieder an der Reihe ist. Wir haben dies als Regelunschärfe definiert und so gespielt, dass dieser Spieler dann einfach übergangen wird und das Spiel weiterläuft.

Es ist laut Regeln explizit verboten, anderen Spielern Hinweise mit der Nennung konkreter Zahlenwerte zu geben. Erlaubt sind aber Hinweise darauf, auf welche Stapel die anderen Spieler möglichst keine Karte ablegen mögen (um dann z.B. ein Rücksetzen ausführen zu können, wenn man an der Reihe ist). Unser Mensa-Mitglied „Ich weiß eh alles (besser)“ mit Anführereffektneigung  nutzte diese Regel dann auch oft genug, um gleich zwei Stapel zu blockieren. Bei 5 Spielern nicht unbedingt die beste Vorgehensweise.

Unser Spiel endete, bevor alle Karten ausgespielt waren. 8 blieben übrig, wir hatten also verloren, ob nun hoch oder nicht, wissen wir nicht. Moritz hatte auch einen Vorschlag für eine geniale Gewinnstrategie: Karten mit der Endziffer 2 werden nur gespielt, wenn absolute Not am Mann ist, ansonsten aber auf der Hand gehalten, damit dann irgendwann alle Spieler in einem Super-Coup einen Stapel komplett auf die 2 zurücksetzen können. Unsere Mathematiker am Tisch bezweifelten, dass das funktioniert, was letztendlich dazu führte, dass ein zweiter Durchgang beschlossen wurde, um dies zu beweisen.

Dass dieser Durchgang nach der Hälfte von einen Spieler durch das Ausspielen aller Handkarten zwangsbeendet wurde (der nachfolgende Spieler konnte nirgendwo mehr anlegen), weil er keine Lust mehr hatte weiterzuspielen, verhinderte leider eine Verifikation der Moritzschen Gewinnstrategie. Keine hatte Lust auf eine dritte Runde.

WPG-Wertungen: Moritz 5 (mit Walter am Tisch: 2), Walter 3 (überhaupt kein Pfiff und keine Spannung), Peter 3 (macht keinen Spaß), Günther 3 (fällt keine Spielerrunde ein, in der ihm dieses Spiel Spaß machen würde), Aaron 4 (weiß nicht warum er dieses Spiel noch einmal spielen sollte und fragt sich, warum es nominiert wurde).

4. Broom Service

Als Nächstes lag einer der für das Kennerspiel des Jahres Nominierten auf dem Tisch. Die Nominierung ist alleine schon deshalb bemerkenswert, als dass „Broom Service“ eine Weiterentwicklung des 2008 nominierten „Wie verhext!“ desselben Autors ist. Sehen wir es mal positiv, dass die Jury durchaus auch bereit ist, einem Spiel eine zweite Chance zu geben. Bei uns war der Vorgänger mit einer Durchschnittswertung von 5,3 nicht besonders gut angekommen und wir waren gespannt, ob uns die Weiterentwicklung jetzt besser gefällt.

Broom ServiceJede der 7 Spielrunden läuft identisch ab: die Spieler wählen aus ihren 10 Charakterkarten 4 aus, die sie in dieser Runde nacheinander ausspielen. Die Charaktere besitzen unterschiedliche Eigenschaften/Aktionen wie die Generierung von Ressourcen, dem Bewegen der Spielfiguren bis hin zum Liefern von Zaubertränken an Türme für Siegpunkte. Der Clou (und Hauptmechanismus) ist die Möglichkeit, eine Charakteraktion mutig oder feige auszuführen. Spiele ich sie feige, ist die Aktion schwächer aber ich kann sie dafür sicher ausführen. Spiele ich sie mutig, ist sie stärker, aber wenn ein anderer Spieler nach mir den gleichen Charakter ebenfalls mutig ausspielt, verliere ich die komplette Aktion. Es gilt also, geschickt zwischen Risiko und Sicherheit abzuwägen.

Diese Unkalkulierbarkeit, ob man eine Aktion ausführen kann oder nicht, hatte uns schon beim Vorgänger nicht besonders gefallen. Hier ist mit der feige/mutig Entscheidung und der Bewegung auf dem Spielplan etwas mehr Berechenbarkeit ins Spiel gekommen. Leider wirkte sich das in unserer Runde nicht wirklich positiv aus. Außer Moritz war jeder der Meinung, doch zu stark von den Aktionen der Mitspieler abhängig zu sein. Diese eigentlich positiv zu wertende Interaktion wirkte auf uns eher als pures Mitspielerchaos. Vielleicht haben wir nicht lange genug über unsere Züge gegrübelt? Aber das hätte es auch nicht besser gemacht.

Für mich, der gestern eher aus dem Bauch heraus spielte, weil ich keine Lust zum Grübeln hatte, war jedenfalls nach 4 Runden der Frust dank misslungener Planungen und gefühlter völliger Abhängigkeit von den Zügen der Mitspieler das Spiel gelaufen. Die letzten 3 Runden boten ohne weiteren Spannungsaufbau nur noch „more of the same“ ohne Abwechslung.

WPG-Wertung: Moritz 8 (habe immer einen Plan gehabt), Walter 3 (Pseudoplanspiel genau wie Robo Rally), Peter 2 (reines Glücksspiel, das viel zu lange dauert), Günther 5 (Mitspielerchaos mit Planungselementen), Aaron 4 (kein Spannungsbogen und zu viele Frusteffekte)

5.Viticulture

Wieder mal eines dieser berüchtigten Kickstarter-Projekte. Nachdem in der vorliegenden 2. Auflage einige grobe Schnitzer ausgemerzt wurden und die Resonanz in Vielspielerkreisen überaus positiv ist, habe ich mir das Spiel nun doch zugelegt. Der etwas hohe Preis wird mit einer exzellenten Ausstattung belohnt: viele Holzteile in den Spielerfarben, und zwar nicht die üblichen Standardformen und Farben sondern Spezialteile abgestimmt auf das Spielthema. Das Spielbrett und die Spielertafeln sind zweiseitig bedruckt, eine mit Erläuterungen und die andere mit der reinen Illustration. Ob es das alles gebraucht hätte sei mal dahingestellt, ist aber vielleicht typisch für erfolgreiche Kickstarterprojekte mit vielen „stretch goals“. Nun stellt sich die Frage, ob hinter dem vielen Chrom auch ein ebenso feines Spiel steckt.

Jeder Spieler betreibt ein Weingut, dass in seiner Startaufstellung aus drei leeren Feldern, zwei Pinot-Reben und drei Arbeitern mit etwas Geld besteht. Die Reben gilt es zu pflanzen, weitere Reben zu erwerben und ebenfalls zu pflanzen, die Trauben zu ernten, den Wein zu keltern und letztendlich damit Aufträge zu erfüllen, um Siegpunkte zu kassieren. Das Spiel endet, sobald der erste Spieler 20 SP besitzt.

Das Thema ist mit seinen vielen Details stimmig umgesetzt. So gibt es die 4 Jahreszeiten mit den wichtigen Aktionen im Sommer und im Winter, unterschiedliche Ausbauten wie Spaliere oder Bewässerungssysteme, die erst erworben werden müssen, um einige Rebsorten anpflanzen zu können oder Saisonarbeiter bzw. –gäste, die einem Vorteile gewähren. Und über die Merkwürdigkeiten, dass Roséwein ebenso wie der Schaumwein aus roten und weißen Trauben gemischt wird, wollen wir mal im Sinne der Vereinfachung der Spielmechanismen hinwegsehen, oder wird das in den USA tatsächlich so gemacht?

Wegen der recht knappen Startausstattung beginnt das Spiel etwas schleppend und wird massiv von verdeckt gezogenen Karten beeinflusst. Das hat einerseits den Vorteil, dass sich die Aktionen der Spieler schnell in unterschiedliche Richtungen entwickeln, aber auch den Nachteil, dass es gefühlt seeehr langsam losgeht und man sich gerne vom Pech beim Kartenziehen benachteiligt fühlt. Das Rad dreht sich dann aber nach ein paar Runden immer schneller und die Zunahme an Siegpunkten pro Runde nimmt gerade für Zurückliegende eine bedrohliche Größenordnung an.

Leider konnten wir das Spiel nicht zu Ende spielen, da unser Mensa-Mitglied für das Erreichen der optimalen ÖPNV-Verbindung mit einer Einsparung von immerhin 8 Gehminuten gerne einmal alles stehen und liegen lässt. Alle hatten zu diesem Zeitpunkt ihre Weingüter soweit ausgebaut, dass sie rund liefen und das Spiel in einer, spätestens zwei Runden beendet sein würde. Schade.

WPG-Wertung: Moritz 6 (Thema stimmig umgesetzt, Karteneffekte etwas zu krass), Walter 6 (eigentlich ein 8-Punkte-Spiel aber etwas zu langatmig zu fünft, Planbarkeit durch Karteneffekte eingeschränkt), Peter 7 (im Weggehen zugerufen), Günther 6 (etwas zu kartengetrieben), Aaron 7 (zu fünft zu lang, ansonsten stimmig und interaktiv)