Keine Leidenschaft kann so weit führen, keine kann den Jüngling, den Mann und ganze Familien in ein grenzenloseres Elend stürzen, keine den Menschen in eine solche Kettenreihe von Verbrechen und Lastern verwickeln als die vermaledeite Spielsucht. Sie erzeugt und nährt alle nur ersinnlichen unedlen Empfindungen, geschweige, dass sie auf die schändlichste Weise die goldene Zeit tötet. (Adolph Freiherr von Knigge)
1. “DR Congo”
Normalerweise bewerten wir unsere Spiele nach nur einmaligem Kennenlernen und Spielen. Bei „Drcongo“ haben wir diesen Minimalismus sogar noch unterboten: Nach nur den halben Spielregeln haben wir es in seiner nur halben Schönheit gespielt, und geben nun unseren Senf dazu.
Das halbe Spiel, genannt Basisversion, ist ein um die besten Plätze konkurrierendes Aufbauspiel in der Demokratische Republik Kongo. Wir bauen an vorgegebenen Stellen Industrien auf und verkaufen ihre Produkte mit erheblichen Gewinnspannen in die – sofern vorhanden – grösseren Provinzstädte, oder falls nicht vorhanden für einen Spottpreis auf dem lokalen Markt. Wir opfern den Jahresertrag unserer Industrien, um dort noch nicht vorhandene Provinzstädte zu gründen oder zu erweitern, und damit an die erheblichen Gewinnspannen beim Verkauf unserer Produkte heranzukommen. Diese Provinzstädte sind später die wesentliche Quelle für Siegpunkte.
In einem Solospiel wäre es in „Drcongo“ unsere Herausforderung, zum optimalen Zeitpunkt aus der Industrie-Entwicklung auszusteigen und in Stadtentwicklung umzusteigen. Im Mehrpersonenspiel geht es auch noch darum, die knappen Plätze für die einträglichsten Industrien und für Stadtgründungen vor unseren Mitspielern zu besetzen, und unsere Produkte wegen der beim Verkauf fallenden Presie vor unseren Mitspielern zu verkaufen. Dazu ist ein einfacher aber wirksamer Startspieler-Bestimm-Mechanismus eingebaut. Ansonsten ist aber alles statisch und unspektakulär. Die besten Bauplätze sind wohl jeweils eindeutig bestimmbar (nicht VOR dem ersten Spiel, wohl aber danach), die optimale Reihenfolge beim Verkauf der eigenen Produkte ist trivial, und dass man jedes nicht unbedingt für die Industrislisierung benötigte Investitionsvolumen in den Städtebau stecken muss, das ergibt sich aus der Vergabe der Siegpunkte.
Konkurrenz oder Kampf, Pfiffigkeit oder Fallenstellen gibt es nicht, alles ist wie es ist: eine Suppe ohne Salz. Nach etwa zwei Stunden Spielzeit waren wir durch und keiner hatte sich den Magen verdorben. Dann erklärte uns Moritz die erste Erweiterungsregel: Die „Rebellionen“. In verschiedenen Provinzen entstehen nach einem Zufallsprinzip Rebellionen, die Fortschritte in der Industrialisierung oder beim Städtebau verhindern. Zu ihrer Bekämpfung müssen die Spieler einzeln oder in Kooperation „Friedenshüter“ aufstellen und mit Mehrheiten und / oder mit Würfelglück die Rebellen totschießen. Auch dafür werden Siegpunkte verteilt. Offensichtlich wird mit dieser Erweiterung der dröge, lineare Ablauf der Basisversion aufgebrochen. Ob das Spiel mit dieser Umschichtung mehr Chaos statt Planbarkeit für uns aber schöner, spannender und spielerischer wird, das steht in den WPG-Sternen.
Es gibt auch noch die Erweiterung „Regierungsspiel“. Was das ist, steht in den Spielregeln, die Moritz leider vergessen hat, hier am Westpark zurück zu lassen. Im Internet habe ich zu „DR Congo“ lediglich den Eintrag gefunden: „Die Demokratische Republik Kongo hat das Spiel um Platz drei beim Afrika-Cup gewonnen. Der Afrikameister von 1968 und 1974 setzte sich gegen Gastgeber Äquatorialguinea 4:2 im Elfmeterschießen durch.“
WPG-Wertung: Günther: 5 (Mit den Grundregeln ist es noch kein Genuss), Moritz: 7 (von der Anlage her OK; in der Basisversion zu simpel für verschiedene Strategien; er ist neugierig auf die Erweiterungsregeln. Das Thema ist noch unverbraucht; es drängt sich sozusagen auf für andere geopolitische Entwicklungen, z.B. „Aufschwung und Niedergang der Demokratischen Republik Griechenland“), Walter: 5 (einschließlich Vorschusslorbeeren für die unbekannten Regelerweiterungen)
2. “Trias”
Alle vier Jahre steht das heuer dreizehnjährige Spiel von Ralf Lehmkuhl bei uns auf dem Spielplan. Gerade in einer Dreierrunde zeigt sich die spielerische Auseinandersetzung mit dem Zerfall eines Kontinents und der Vermehrung, Wanderung, dem Versaufen-Lassen bzw der Rettung der Spieler-Herden von ihrer schönsten Seite. Moritz (!) ermahnte Günther häufiger zu schnellerem Spiel (!), doch der dachte seelenruhig weiter vor sich hin: „Wenn das kein Denkerspiel ist, möchte ich wissen, was ein Denkerspiel ist!“ – Womit er recht hatte und von vornherein jegliche Aggressivität wegen langsamen Spielens unterband.
Moritz wollte sich die gesamte Landmasse jenseits des Nordpols unter den Nagel reißen, doch Günther erkannte seine Absicht und war nicht verstimmt, sondern mischte kräftig mit. Im gegenseitigen Kampf um Verdrängen und um Majoritäten vergeudeten sie ihr Zugpotential, während Walter, der frühzeitig auf zwei kleinere Spitzbergen-Inseln abgedrängt worden war, durch geschicktes Trennen und Wiederverereinigen seiner Ländereien Zwischenpünktchen für Zwischenpünktchen auf seinem Siegpunktkonto verbuchen konnte. Es reichte – ganz knapp – zum Gesamtsieg.
Erstmals erhob sich bei uns die Frage zur Chancengleichheit für den Startspieler in „Trias“. Er hat zwar einen geringen Nachteil dadurch, dass er bei der Startaufstellung seine Herden als Erster auf dem Spielbrett verteilen muss, dafür ist er in jeder Runde der Erste, der einen Kontinent aufbrechen und dadurch eine fremde Herde ins Wasser befördern kann; ist es die letzte Herde, so ist der entsprechende Spieler von allen weiteren Aktionen an diesem Kontinent ausgeschlossen kann. Letzteres erscheint mir ein gewaltiger Vorteil; Moritz wäre es auf diese Weise fast gelungen, alleiniger Herr im Land Jenseits-des Nordpols zu werden.
Keine neue WPG-Wertung für ein 7,25 Punkte Spiel.