1. “Trump: the Game”
Claro, dass dieses 28 Jahre alte, unscheinbare Spiel nach dem spektakulären Sieg seines Namensgebers wieder überall ausgegraben werden würde. Bei Boardgamegeek überschlugen sich in diesem November die neuen Bewertungen mit 1 Punkt (Demokraten) und 10 Punkten (Republikaner). Günther war natürlich auch im Besitz der Erst-Edition dieses Spieles und grub es aus den untersten Schichten seines Archivs hervor, um es am Westpark zum Besten zu geben.
Natürlich geht es um Geld, um viel Geld. Die kleinste Einheit ist 10 Millionen Dollar. Mit 400 Millionen Barvermögen fängt jeder Spieler an. Auf den ersten Anschein wirkt das Spiel wie ein verkapptes Monopoly. Der Rand eines quadratischen Spielbretts ist in Spielfelder aufgeteilt, auf denen Immobilien liegen. Wir würfeln, ziehen entsprechend der Augenzahl mit unserem einzigen Pöppel um das Spielbrett herum und lösen Käufe, Verkäufe sowie Mieteinnahmen aus. Doch außer dem vielen Geld ist alles anders als bei Monopoly.
Die herumliegenden Immobilien gehören – wie zu erwarten – zunächst mal niemandem. Wer mit seinem Pöppel darauf landet, kann es auch nicht kaufen und muss keine Miete bezahlen. Er bewirkt lediglich, dass die BANK 10 Millionen in den Tresor dieser Immobilie hineinstecken muss. Es sind andere Felder, über die ein Immobilienhandel ausgelöst wird. Wer hier mit einem Pöppel landet, kann ein beliebiges Gebäude vom Spielbrett (u.U. sogar solche, die im Besitz eines fremden Spielers sind) aussuchen und zur allgemeinen Versteigerung anbieten.
Bei der Versteigerung macht jeder Spieler geheim ein erstes Gebot. Wenn weiters kein Spieler eine „Trump-Karte“ mit „Outside Investor“ zum Erhöhen seines Gebotes spielt, war’s das dann auch schon, und das Gebäude geht an den Meistbietenden. Spielt ein Spieler eine „Outside Investor“-Karte, kann jetzt reihum mit Geld oder weiteren Investor-Karten beliebig oft und beliebig hoch gesteigert werden. Alles ganz normal. Es gibt „Trump-Karten“ mit der Aufschrift „You’re out of the bidding“, wenn man die gegen einen Mitspieler spielt, ist er aus dem Bietprozess draußen, sein Gebot ist obsolet, er darf es wieder einpacken. Allerdings kann er seinerseits eine „Trump-Karte“ mit dem Text „I’m back in the bidding“ spielen, dann ist er wieder ganz normal dabei.
Woher stammen die „Trump-Karten“, die ein Spieler spielen kann? Richtig, außer dem Würfelzug mit seinem Pöppel darf Spieler innerhalb seines Zuges auch noch jeweils eine „Trump-Karte“ von einem verdeckten Stapel ziehen. Außer den bereits genannten Sonderkarten sind auf diesen Karten zum überwiegenden Teil Mieteinnahmen verzeichnet, die ein Spieler erhält, wenn er bestimmte Gebäude oder Gebäude-Kombinationen besitzt.
Diese Trump-Karten kann ein Spieler entweder in seiner Hand sammeln und erst am Spielende sequentiell einlösen, oder er kann sie einzeln innerhalb seines Zuges ausspielen und ihren Effekt nutzen, solange das Eisen heiß ist.
Sind alle Gebäude, acht Stück sind es insgesamt, in Spielerhand, wird das Spielende eingeleitet. Jeder Spieler spielt und nutzt reihum seine Trump-Karten, wobei jetzt nur noch diejenigen für Mieteinnahmen einen besonderen Sinn machen. Da manche Mieteinnahmen nur für einen bestimmten Kombinationsbesitz gelten, können die Spieler in dieser Phase beliebige „Deals“ machen, um diese Besitzbedingungen zu erfüllen und gemeinsam an die Prämie heranzukommen, z.B. „Leih’ mir für eine Runde dein Hotel, dann bekommst Du 50 Millionen Dollar von mir.“, oder „Verkaufe mir die Miteinnahmen-Karte für die Airlines, du bekommst dafür 20 Millionen Dollar.“ Eigentlich alles linear und rechtschaffen. Nach dem Regelheft muss man alle geschäftlichen Verabredungen auch brav einhalten.
Und was ist nun der berühmte „Trump-Effekt“? Bei uns kam er nicht vor, weil wir nicht darauf aus waren, und weil auch die richtigen Karten-Kombinationen nicht zusammenkamen. Mit der Trump-Karte „Force the sale“ kann man einen Spieler zwingen, sein eigenes Gebäude zu ver- bzw. ersteigern. Wenn ein auf diese Weise herausgeforderter Spieler eine erkleckliche Summe hingeblättert hat, um sein eigenes Gebäude zu behalten, und wenn dann der nächste Spieler nochmals eine solche Force-the-Sale-Karte gegen das gleiche, inzwischen erheblich wertvoller gewordene Gebäude spielt, könnte ein Spieler u.U. seine gesamte Liquidität allein für die Erhaltung seines Besitzes investieren müssen. Der übernächste Spieler könnte dann mit einer „You’re out of the bidding“-Karten dafür sorgen, dass der Spieler sein wohlgehütetes Besitztum doch noch für einen Appel-und-Ei verscherbeln muss. Oder man wendet die Trump-Karte „Zwangstausch“ auf ihn an und tauscht sein bestes Pferd im Stall gegen einen lahmenden Klepper. „Millions of dollars can be won or lost in seconds“ – heißt es im Regelheft, aber zutreffender ist wohl der andere Satz“ It’s not whether you win or lose but whether you win!“
WPG-Wertung: Aaron: 2 (das ist die Trump-Version vom „Spiel des Lebens“), Günther: 4 (ein Pluspunkt für die 90er Jahre, in denen das Spiel entstanden ist; komisch ist die Endphase mit der absoluten Freiheit bei der Definition von Deals), Walter: 4 (einschließlich eines Pluspunktes für die Aufmachung; es muss nicht noch einmal sein, aber es ist schon bemerkenswert, was auf der Monopoly-Seite des Atlantiks alles geboren wird.)
2. “Tragedy Looper”
Aaron hat das Spiel am Wochenende auf der DinxCon in Brixen kennengelernt, es mit Begeisterung gespielt und sich sofort ein eigenes Exemplar bestellt. Heute ist es angekommen und landete sogleich auf dem Spieltisch am Westpark. „Ein Spiel anders als alle anderen Spiele.“
Bei der Regeleinführung tat Aaron sehr geheinmnisvoll. Bei fast jeder Detailfrage kam nur eine ausweichende Antwort; wir sollten das alles wohl erst während des Spiels selber herausfinden. Offentlich geht es um eine Deduktion.
Es gibt einen „Main-Plot“ und bis zu drei „Sub-Plots“, in welcher Zusammensetzung wir damit konfrontiert werden, blieb offen. Es gibt acht „Rollen“, von der Key-Person über den Killer bis zum Friend und eine noch größere Anzahl von „Charakteren“, z.B. einen Doktor mit Patienten, einen Polizei-Offizier mit einem Informer, und was man sich noch so alles vorstellen kann. Ob sie alle auftreten, irgendeine eine Rolle oder gar welche Rolle sie spielen, das bleibt ein Geheimnis. Vielleicht ist das sogar das Geheimnis, das wir „Protagonisten“ herausfinden sollen. Ich habe die Aufgabestellung eigentlich bis zum Schluss nicht verstanden, aber ich gestehe, dass ich in aller Regel die erste Zeile eines Overview-Bogens vom Tragedy-Looper-Kaliber bereits vergessen habe, wenn ich irgendwo in der Mitte angelangt bin. Vom Ende, mit den „Incidents“ und „Effects“ ganz zu schweigen.
Ein Mastermind-Spieler versucht uns Protagonisten innerhalb der fünf Durchgänge eines „Loops“ abzumurksen, und wir versuchen das zu verhindern. Er spielt verdeckt insgesamt drei Karten mit „Intrigue“, „Paranoia“, „Goodwill“ oder „Movement“ auf einzelne Charaktere oder Örtlichkeiten. Und wir spielen ebenfalls je drei Karten mit „Goodwill“, „Forbid Intrigue“ oder „Movement“. Was dann passiert, welche Person sich wohin und wozu durch die insgesamt vier Örtlichkeiten bewegt, das steht in den Sternen. Und was die einzelnen Personen mit den angesammelten Intrigues, Goodwills und Paranoias anfangen, ebenfalls. Na ja, manches steht auch im Overview-Bogen, aber was soll so ein Bogen, wenn man weder Einblick noch Überblick noch Durchblick hat.
Es gibt ein „Player’s Handbook“, mit 44 Seiten, das man wohl gründlich gelesen haben sollte, bevor man sich in die Tragödie begibt. Und es gibt ein 40 seitiges „Mastermind’s Handbook“, mit einer großen Warnung auf dem Deckblatt: „Wer Protagonist sein will, darf dieses Buch NICHT lesen.“ Das sollte also offensichtlich nur der böse Gegenspieler lesen. Ich schaue auch jetzt beim Protokoll-Schreiben nicht hinein. Nicht, weil ich noch einmal in meinem Leben ein Protagonist sein möchte. Das bin ich glücklicherweise jeden Tag, aber nicht in der Tragedy. Gott-sei-Dank.
Nach dem ersten Durchgang des ersten Loop war die „Loss condition“ (was immer das ist, und welche das jetzt auch immer gewesen war) bereits eingetreten, offensichtlich waren wir alle tot und der Loop (oder ein Durchgang) zu Ende. Wir hätten zum zweiten Loop oder zum zweiten Durchgang antreten dürfen. Aber wir verzichteten weise auf den nächsten Loop der Reise.
Aaron musste nicht zur vorletzten U-Bahn, sondern mit dem Auto zum Bahnhof, um seine Frau abzuholen. Im Abspann konnte Günther noch mitteilen, dass er solche Knobeleien im Prinzip sehr mag, aber nicht als Spiel, wo vielleicht sogar noch ein ungeduldiger Gastgeber zum nächsten Zug (move) drängt. Er mag solcher Knobeleien in ruhigen Stunden, wo er kontemplativ über Aufgabenstellung und Lösung meditieren, und sie zur in einer harmonische Konstruktion verbinden kann.
Noch keine WPG-Wertung.