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24.05.2017: Rund um Ulm

Warum heißen die Ulmer „Spatzen“?

Zum Bau des Münsters karrten die Ulmer eines Tages einen besonders großen Balken herbei. Sie schafften es aber nicht, ihn durch das Stadttor zu bringen, da sie ihn quer transportieren wollten. Sie hatten schon beschlossen, das Stadttor einzureißen, da sahen sie einen Spatzen, der einen Zweig im Schnabel trug, um diesen in sein Nest einzubauen. Und dieser Spatz drehte den Zweig und schob ihn längs durch die Mauernische zu seinem Nest. Da ging dann auch den Ulmern ein Licht auf: sie legten den Balken der Länge nach auf ihren Karren und brachten ihn so durch das Stadttor. Tor und Münster waren gerettet!

Diese Geschichte und andere erzählt uns der Viel-Spiele-Autor Günter Burkhardt als Einstimmung in sein 2016 erschienenes bislang neuestes Werk

1. “Ulm”

„Ulm“ : im Vordergrund die hübsche, aber funktionslose Kathedrale, im Hintergrund kämpft Günther mit den beiden Regelheften

Gleich zwei Regelhefte werden uns angeboten: Eins mit acht (deutschen) Seiten zu Einführung, und eines mit achtzehn (deutschen) Seiten für die Details, einschließlich einer Einführung in die Ulmer Stadtgeschichte. Natürlich muss man beide Hefte gründlich gelesen haben, bevor man mit dem Spiel beginnen kann. Und bei Rückfragen muss man sich ebenfalls in beiden Hefte einigermaßen gut auskennen, um die Antworten zeitnah zu finden. Ein Mehrwert wird in dieser Spielregel-Erklärungs-Aufteilung nicht sichtbar.

Wir fahren mit unserer Zille (so hießen in Ulm bzw. im Donauraum die Kähne, mit denen sich die Fischer und andere Leute auf der Donau bewegten) in zehn Runden maximal 21 Donaufelder vom Start zum Ziel. Dabei gehört es aber nicht zum Sieg, als Erster die Gesamtstrecke zurückgelegt zu haben, sondern unterwegs unsere 13 Siegel optimal in den 10 Stadtbezirken verteilt zu haben, so dass wir mit ihnen die meisten Siegpunkte einheimsen konnten.

Genial ist der Zugmechanismus, nach dem ein jeder Spieler auswählt, was er in der nächsten Runde tut. Aus einem Säckchen ziehen wir verdeckt einen Aktionsstein. Diesen Stein müssen wir nach dem Prinzip des „Verrückten Labyrinths“ an einer beliebigen Seite eines quadratischen 3 mal 3 Rasters mit ebensolchen Aktionssteinen einschieben, so dass einer dieser Aktionssteine auf der anderen Seite herausgeschoben wird. Die bewegten, aber noch im Raster gebliebenen Aktionssteine einschließlich des eigenen, neu eingesetzten Aktionssteines bestimmen die drei Aktionen, die wir jetzt ausführen dürfen:

  • mit unserer Zille einen Schritt vorwärts fahren
  • eine Münzeinheit kassieren
  • Aktionssteine kassieren
  • gegen zwei Geldeinheiten ein Siegel in eines der umliegenden Stadtbezirke legen.
  • zwei Aktionssteine gegen eine Bonuskarte eintauschen.

Siegel bringen uns einmalige sofortige oder – mit Glück und Können – wiederkehrende Vorteile an Geld, Aktionssteinen, Aktionen oder Siegpunkten.

Bonuskarten bringen uns einmalige sofortige Vorteile an Besitztum oder, am Spielende, zusätzliche Siegpunkte, für unseren inzwischen angehäuften Besitz, teilweise sogar massenhaft welche.

Alles ist rund, alles ist schön. Es gibt Weichmacher beim Ziehen des verdeckten Aktionssteines, es gibt temporäre Vergünstigungen beim Bauen und Fahren, jeder Spieler hat zu jeder Zeit eine ganze Reihe von vorteilhaften Zugmöglichkeiten zur Auswahl. Aber welches sind in diesem Wettlauf um die beste Zugauswahl die Eckpfeiler, nach denen man seine Strategie und Taktik ausrichten soll? In welchen Stadtbezirken soll man seine ersten Siegel platzieren? Soll man schnell oder langsam mit seiner Zille die Donau abwärts fahren? Soll man den anderen vorauseilen, im Pulk fahren, oder darf man auch ungestraft hinterherschippern?

Als Neuling ist man hier selbstverständlich überfordert. Aber selbst für die ersten Spielwiederholungen – die am Westpark ja ziemlich selten sind – gibt es kein (vorsichtshalber ausgedrückt „kaum“) Licht im Dunkel des Züge-Tunnels. Zu vielfältig sind die Angebote und zu unmessbar klein die Unterschiede innerhalb der verschiedenen Vorteile.

Als gewiefter Spielmeister hatte Moritz selbstverständlich einen Plan. Die anderen hatten noch keinen, aber weil Moritz Startspieler war, konnten sie ihm problemlos alle Züge nachmachen. Sogar mit Vorteilen, weil man beim Schippern mit seiner Zille die anderen Ziller überspringen darf. Dafür war Moritz mit seinem zweiten Zug wieder an der Spitze und engagierte sich mit seinem Siegel beim Münzmeister, wodurch er im weiteren Spieleverlauf bei jeder Geldaktion noch eine zusätzliche Münze bekam. Walter schien das ein gewaltiger Vorteil zu sein und er moserte über den nicht ausbalanzierten Startspieler-Vorteil. Doch trotz dieses und jenes späteren ebenfalls phantastisch guten Zuges wurde Moritz nicht Erster. Er hatte ein unglückliches Mix von Bonuskarten gezogen.

Günther moserte nicht, machte auch keine besonders genialen Züge, aber er wurde Erster. Ja, ja, es ist nicht leicht auszumachen, was in „Ulm“ die gewinnbringenden Züge sind.

Einige Elemente haben wir überhaupt nicht genutzt: Kein einziger bekam das Privileg, sich neue Spatzen zu gebären. Zu schnell waren wird über die ersten Donaufelder hinweggeschippert. Kein einziges Mal legte ein Spieler ein Siegel, um dafür ein Wappen zu erhalten. Hier erschien allen der Bezirk hinter der Stadtmauer als viel lukrativer. Wäre es doch besser gewesen, langsam zu fahren und das Spatz- sowie das Wappen-Potential an Land zu ziehen? Wer weiß. Von uns wird es wohl keiner mehr erfahren. Vielleicht aber haben andere Spiele-Wissenschaftler diese Geheimnisse schon längst entschlüssel. Aber wenn man das hat, dann kann man – unserer Einschätzung nach – Ulm vollends links liegen lassen.

WPG-Wertung: Günther: 7 (fast 6, möchte es noch häufiger spielen, um es besser kennen zu lernen), Moritz: 5 (unplanbar, es gibt viele schönere Spiele am Fluß, z.B. Egizia; das Thema ist nur im graphischen Design vorhanden, in den Mechanismen überhaupt nicht; das Spiel hat weder mit Ulm noch mit dem Bau einer Kathedrale etwas zu tun. Die Papp-Kathedrale hat in Essen die Besucher angezogen: „Ujj, das müssen wir uns kaufen.“ Und hinterher ist das ein kontraproduktives Element, das für einen Teil der Spieler die bildliche Spielhilfe am entgegengesetzten Spielfeldrand verdeckt. Es fehlt total eine Punkteausschüttung für den Besitzstand am Ende. Dies dürfte nicht abhängig sein von den irgendwann mal zufällig gezogenen Bonuskarten, sondern das müsste als feststehende Regel mitgegeben sein; es gibt keine Strategie, die man einschlagen kann, deshalb wird das Spiel schnell spannungslos oder langweilig), Walter: 5 (fast 6, zu umfangreich in den Regeln, dafür zu minimal in den Effekten, kaum Interaktion, jeder spielt vor sich hin, repetitiv. 1 Sympathiepunkt für das runde Regelwerk, 1 Sympathiepunkt für die Einführung in die Stadtchronik von Ulm, und 1 Sympathiepunkt für das neuartige Zugauswahlverfahren. Bleiben aber trotzdem nur 5 Punkte für den spielerischen Eindruck).

2. “Weltausstellung”

Schon vor drei Monaten zum ersten Mal gespielt, aber erst letzte Woche beschrieben. Gleich heute für Walter die Wiederholung, für Günther und Moritz die Jungfernfahrt.

Ein Kampf um Exponate und um die Genehmigung, diese Exponate auch ausstellen zu dürfen. Aarons Seufzer vom ersten Mal: „Hat man Korn so fehlt’s am Winde, hat man Wind, so fehlt’s am Korn“ bewahrheitete sich auch in dieser Runde. Man hat massenweise Exponate der verschiedenen Kategorien, aber keine Genehmigung, oder man schwimmt in Genehmigungen, hat aber keine Exponate dazu.

Immerhin habe wir diesmal drei vollständige Sätze von Exponaten zusammenbekommen. Beim ersten Mal ist das keinem geglückt.

Günther wurde wieder Erster, also ist „Weltausstellung“ genauso wie auch „Ulm“ kein Glücksspiel“! Kleiner Taktik-Tipp: Für die erste Wertung sollte man nicht möglichst viele (ungenehmigte) Exponate zur Seite schaffen, sondern vielleicht nur ein oder zwei verschiedene, für die man aber zugleich auch eine Genehmigung erreicht. Damit kann man in den nächsten Runden versuchen, antizyklisch und damit konfliktfrei zu agieren. Denn der Kampf um Mehrheiten für die Genehmigung bindet nur unnötig viel Energie.

WPG-Wertung: Günther: 7 (bis 6, recht schön, schnell), Moritz: 7 (locker, nicht voll planbar, nicht länger als es sein muss), Walter: 7 (früher 6, schnell, erhebliche Freiheitsgrade, viel lockere Interaktion).

Februar bis Mai 2017: Gestern und vorgestern

Auch wenn unsere Seite zwischen dem 8. Februar und dem 17. Mai keine Sessions verzeichnet, hatten sich verschiedene Kreise doch noch mehrmals am Westpark zum Spielen getroffen. Entweder Krankheit oder mangelnder Musenkuss oder Urlaubsreisen oder Frühjahrsmüdigkeit verhinderte das Schreiben von Session-Reports.

Was noch an Notizen zusammengekratzt werden konnte, versuche ich hier jetzt unterzubringen.

1. “Alien Frontiers”

Alien Frontiers

Schönes stabiles Spielmaterial führt uns hinaus in den Weltraum. Goldmünzen und Silberquader unterstreichen die edle Ausstattung. Dazu gibt es noch 36 große dicke Würfel in sechs verschiedenen Farben, für jeden Spieler eine eigene Farbe. Die Spielausstattung verdient eine Eins.

Mit drei Würfeln fängt jeder Spieler an, würfelt und setzt die Würfel an die ungezählten aber abzählbar endlich vielen Baustellen, zu denen ihn die Augenzahlen (als einzelne Zahl, als Summer, als aufsteigene Folge oder als Zweier- oder Dreierpasch) berechtigen:

  1. beim „Solar Converter“ erzeugt man Treibstoff
  2. auf dem „Orbital Market“ tauscht man Treibstoff in Erze
  3. in der „Lunar Mine“ findet man kostenlos Erze
  4. auf dem „Shipyard“ bekommt man gegen Treibstoff und Erze Stück für Stück weitere Würfel bis zur Maximalzahl von sechs.
  5. beim „Colonist Hub“ erwerben wir uns kumulativ in mehreren Würfelschritten die Fähigkeit, auf dem „Maxwell Planeten“ eine neue Kolonie zu gründen; ein Dreierpasch erlaubt uns beim „Colony Construktur“ dies sofort zu tun; eine Sechs, ein Treibstoff und ein Erz erlauben uns an der „Terraforming Station“ das gleiche, allerdings muss man danach den benutzen Würfel in seinen Vorrat zurückgeben.
  6. am „Raider Outpost“ darf man Ressourcen von beliebigen Mitspielern stehlen. (Pfui!)
  7. bei „Alien Artifact“ bekommt man Privilegienkarten, die zusätzliche Resourcen oder Priviledigen einbringen, man darf einen Würfelwurf wiederholen, oder die Augenzahlen von Würfeln nach oben oder unten verschieben, ja sogar gegen Ressourcen eine beliebige Augenzahlen voreinstellen.

Soweit haben wir es bei „Alien Frontiers“ mit einem linearen Worker-Placement-Würfelspiel zu tun, ähnlich wie bei „Böhmische Dörfer“ von letzter Woche, nur ein wenig komplexer. Besonders auch die Würfel-Manipulationen mit Hilfe von Privilegienkarten potenzieren die verschiedenen Möglichkeiten eines gegebenen Würfelwürf. Darf man mit seiner Maximalzahl von sechs Würfeln würfeln, kommt es fast gar nicht mehr darauf an, was man konkret gewürfelt hat, praktisch jede Aktion ist möglich.

Walter hatte sich als erster alle seine sechs Würfeln erwürfelt – zusätzliche Würfel-Potenz gleich zu Beginn ist in Würfelspielen grundsätzlich ein erheblicher Vorteil. Im Folgenden schwamm er förmlich in Ressourcen, auch auf Grund – glücklich – zusammengestellter Privilegienkarten. Aaron und Moritz zogen zwar so schnell wie möglich nach, aber sie mussten schon eine ganze Weile der Potenz ihres Kontrahenten hinterhecheln.

Moritz war naturgemäß der erste „Raider“, er stahl Aaron vier Ressourcen und warf ihn damit mehr oder weniger in sein Steinzeitalter zurück. Es ist ja nur ein Spiel. Ein Würfelspiel.

Ach ja, es hat ja auch ein Ende und es gibt einen Sieger. Sobald ein Spieler seine vier Kolonisten auf den Kolonien des Maxwell-Planeten untergebracht hat, endet das Spiel. Gewonnen hat dann derjenige, der mit den Antagonismen Ausbreitung bzw. Konzentration seiner Kolonisten die beste Kombination erzielt hat.

Unsere Spielzeit von 1 Stunde und 10 Minuten (plus die Erklärungszeit von 50 Minuten) wäre angemessen gewesen, wenn es ein elegantes Kampfwürfelspiel gewesen wäre; so aber ist es lediglich ein früher oder später dröges Würfelgefummel um fast nix.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (nicht vergnüglich, zu wenig Interaktion), Moritz: 8 (unterhaltsames Würfelgefecht. [AbN: Ich habe vergessen, ob Moritz hier in seiner Bewertung das Wörtchen „kein“ eingefügt hatte oder nicht]), Walter: 6 (nach zuerst 5: wegen der hohen Würfel-Kombinierbarkeit. Man freut sich immerhin schon auf seinen nächsten Zug. Horst hätte ein Mordsvergnügen daran gefunden)

Warum ist „Verflixxt!“ besser? Weil es in 10 Minuten erklärt und in 20 Minuten gespielt ist.

2. “Flamme Rouge”

Flamme Rouge

Der Name bedeutet nicht etwa „Rote Laterne“, weder als Hinweise auf professionelle Liebesspiele, noch im Sinne des in irgendeinem Bereich Letzten (abgeleitet von den Rücklichtern des letzten Waggons eines Zuges), noch als inoffizielle Auszeichnung für den letztplatzierten Fahrer in der Gesamtwertung der Tour de France; der Name bedeutet „roter Wimpel“, das Symbol für den Beginn des letzten Streckenkilometers bei Radrennen.

Wir sind also Rennfahrer bzw. Manager eines Rennstalls aus zwei Fahrern. Mittels Bewegungskarten müssen wir unsere Fahrer über den Parcours bringen. Aus einem verdeckten Set identischer Karten für alle Spieler ziehen wir jeweils vier Karten mit Entfernungsangaben (Zahlen zwischen 3 und 7), wählen zwei davon aus, und ordnen sie unseren Fahrern zu, die in der aktuellen Runde um die entsprechende Anzahl von Feldern vorwärts ziehen. Die genutzten Bewegungskarten werden abgelegt.

Nach dem Ziehen wird der „Windschatten“ ausgewertet: Von hinten beginnend schließt jeder Pulk von Fahrern, der genau ein Feld hinter dem nächsten Pulk liegt, an diesen Pulk an. Dadurch entsteht ein neuer, gemeinsamer Pulk, für den jetzt ebenfalls geprüft wird, ob er nur ein Feld hinter dem nächsten Pulk liegt, und schließt gegebenenfalls an dieses an. Auf dieser Weise können – bei glücklicher Staffelung – die hinteren Fahrer nochmals ganz schön nach vorne katapultiert werden. Das ist auch nötig, denn der Satz von ausgeteilten Bewegungskarten reicht keinesfalls aus, den kompletten Parcours zu bestehen.

Fahrer, die nach der Auswertung vom „Windschatten“ vor sich ein freies Feld haben, das gilt insbesondere für den das Gesamtfeld anführenden Fahrer, bekommen eine zusätzliche Bewegungskarte („Erschöpfungskarte“) in ihr Set, das später leider nur zwei Felder vorwärts bringt. Damit wird der Durchschnitt der restlichen Kartenwerte in einem Set ganz schön nach unten gedrückt. Es ist höchste Taktik vonnöten, natürlich auch vom Glück bzw. von den Ambitionen der Mitspieler abhängig, seine Bewegungskarten so einzusetzen, dass einem möglichst viel Windschatten zugute kommt, dass man dabei aber keinesfalls abgehängt wird, und dass man erst spät, aber nicht zu spät in Führung geht und Erschöpfungskarten auf sich nimmt, wenn man mehr oder weniger vor dem Zieleinlauf steht.

Die einzuschlagende Fahrtaktik wird noch durch besondere Streckenabschnitte verkompliziert. Auf Bergstrecken darf ein Fahrer maximal fünf Felder vorwärts ziehen. Ordnet ein Spieler einem Fahrer eine höhere Bewegungskarte zu, so verfallen die überzähligen Felder. Außerdem zählt auf Bergstrecken kein Windschatten. Auf abschüssigen Strecken hingegen zählt jede Bewegungskarte als mindestens fünf Felder. Hier kann man sehr schön seine Erschöpfungskarten loswerden.

Jedes Spiel bringt neue Erfahrungen über gute und schlechte Renntaktik. Wer das Spiel schon häufiger gespielt hat, kennt die Probleme, wenigstens ein paar davon, die es zu vermeiden gilt. Wir haben das Spiel zweimal hintereinander gespielt, soviel Spaß hat es gemacht und soviel Ehrgeiz war geweckt, den zweiten Durchgang besser zu gestalten. Aber immer noch gab es böse Überraschungen. (Leicht und locker zu nehmen!) Die Spielregel empfiehlt sogar, erfahrenen Spielern schon vom Start weg eine oder zwei Erschöpfungskarten mehr in das Set zu geben. Aber so weit werden wir üblicherweise am Westpark mit Flamme Rouge (leider!) nicht kommen.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (locker und schnell), Moritz 7 (das Spiel funktioniert und ist bezüglich richtiger Einteilung der Kräfte und taktischem Positionieren was Radrennen betrifft recht realistisch, ich mag Rennspiele mit Kartenmanagement), Walter 7 (wenn man sich hinterher über seine Fehler im Klaren ist und das nächste Mal – noch – besser spiele will, spricht das für die Herausforderung des Spieldesigns).

3. “Futschikato”

Peter hat das FF-Spiel letzte Woche beschrieben, fand es aber für müßig, dem Spiel wegen einer „nur“ 4er Runde Noten zu vergeben. Es sollte zu mehreren gespielt werden; bis zu acht Mitspieler sind vorgesehen.

Was die mehreren Mitspieler für Mehrwert bringen sollen, ist mir nicht klar. Aus einem Handset von maximal 5 Karten spielen wir eine Karte, die eine Runde überlebt, wobei unsere Handset dann immer kleiner wird, oder nicht überlebt, wobei wir dann eine neue Karten in unser Handset aufnehmen müssen. Wir haben aber keinerlei Einfluß darauf haben, welche Karte es ist.

Besonders wenn man nur noch wenige Karten in der Hand hat, geht der Freiheitsgrad gegen Null. Da kann man auch in einer größeren Runde noch lange frustriert vor sich hindümpeln, Karte vom Stapel ziehen, eine Karte ablesen und beten. Natürlich kann man in „Futschikato“ auch ein bisschen Schadenfreude für sich reklamieren, aber wenn das alles ist, der Rest aber Frust …?

WPG-Wertung: Aaron: 6 (vom Spielwitz ähnlich wie „Alien Frontier“, nur bedeutend kürzer), Moritz: 4 (für Friedemann Friese eher ein mageres Spiel, 15 Minuten lang Karten auf den Tisch legen …), Walter 5 (keine Strategie, nicht mal der Ansatz einer Strategie, geringer Spielwitz, absolut kartenabhängig).

4. “Weltausstellung 1893”

Weltausstellung 1893

Das Spielfeld besteht aus einem Rondell (Riesenrad) mit fünf Gebieten. In jedem Gebiet liegt eine – mehr oder weniger – zufällige Anzahl von Wertungskarten der drei Typen

  • Exponate
  • Einflussreiche Personen
  • Midway-Tickets

Jeder Spieler setzt reihum einen Pöppel in ein frei wählbares Gebiet, nimmt sich die dort liegenen Wertungskarten und legt von einem verdeckten Stapel drei neue Wertungskarten aus: eine in das Gebiet, das er gerade beackert hat, sowie je eine in die beiden benachbarten Gebiete.

Die Exponate werden bis zum Spielende gesammelt, müssen allerdings noch „genehmigt“ werden, um bei Spielende Siegpunkte zu liefern. Die eingesammelten Einflussreichen Personen müssen jeweils in der nächsten Runde gespielt werden und bewirken, dass man weitere Pöppel in definierte Gebiete setzen oder gegnerische Pöppel versetzen darf. Die eingezogenen Midway-Tickets bringen ihren Besitzern direkte Siegpunkte, zugleich geben sie die Anzahl von Schritten an, die der Rundenzähler fortschreitet: nach einer festgelegten Anzahl von Schritten wird eine Wertung ausgelöst.

Bei der Wertung werden aktuelle Mehrheiten an Pöppeln in den fünf Gebieten honoriert.

Die Herausforderung des Spieles ist es, bei seinem Zug seinen nächsten Pöppel in das optimale Gebiet zu setzen, wo die meisten und/oder kurz- mittel- oder langfristig lukrativsten Karten liegen, dabei seine Pöppel auf wenige Gebiete zu konzentrieren, wo man eine Mehrheit erzielen kann, und zugleich zu diversifizieren, um möglichst verschiedenen Exponante zu erhalten, deren Wert in der Schlusswertung quadratisch mit ihrer Verschiedenheit wächst.

Wenn zwischen Konzentrieren und Diversifizieren eine optimale Balance erzielt worden ist, kann man gewinnen. Wenn ein böser Mitspieler allerdings durch den Einsatz von Personenkarten die sorgfältig berechnete Balance zerstört, dann war’s wohl nix.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spiel ist rund, das Mitspielerchaos gefällt mir weniger, mit den Personenkarten wird das Spiel unkalkulierbar), Helmut: 8 (das Spielmaterial ist hübsch, die Spielmechanismen sind zwar bekannt, greifen aber gut ineinander; das Spiel ist schnell und man kann dabei denken), Walter 6 (Personenkarten mit Ärgereffekten, z.B: fremde Pöppel entfernen oder verschieben, sind für mich heutzutage ein NO-GO).

5. “Barracuda”

Barracuda

Auf dem Tisch liegen 12 Karten symbolisch für je eine Bar. Die Karten sind verdeckt, d.h. man weiß nicht, um welche Bar es sich handelt, insbesondere nicht, wieviel Pacht für sie Runde für Runde bezahlt werden muss.

Zu Beginn des Spiel wählt jeder Spieler eine der verdeckten Bar-Karten und „eröffnet“ sie, indem er die Karte umdreht und einen seiner Barkeeper darauf setzt. Hat er Glück, dann hat er eine „billige“ Bar eröffnet, die ihn pro Runde nur 1000 Dollar kostet, Wenn er Pech hat, muss er pro Runde das sechsfache berappen.

Jetzt ist das Spiel eingeschwungen und jeder Spieler darf in seinem Zug (nachdem er die Pacht bezahlt hat) folgende Aktionen ausführen:

  • eine neue Bar eröffnen: er dreht eine weitere Bar-Karte um, ist erfreut oder entsetzt über die demnächst zu zahlende Pacht, und sieht mit Bangen auf seine schwindende Barschaft.
  • sich bei einem Mitspieler als Kompagnon einkaufen: man bietet einem Mitspieler – einschließlich sich selbst – eine Summe Geldes, die man als Einmal-Betrag entrichtet, und setzt dann einen zusätzlichen Barkeeper in die bereits eröffnete Bar. – Die Pacht dafür zahlt weiterhin nur der Besitzer.
    Nimmt der Mitspieler das Angebot als Kompagnon nicht an, so ist zwar die gebotene Summe futsch, der Mitspieler muss aber die gleiche wie die gebotene Summe an die Bank zahlen.
  • eine fremde Bar übernehmen: man bietet eine Summe Geldes für die Übernahme einer Bank. Nimmt der Mitspieler das Angebot an, ist alles klar.
    Nimmt er es nicht an, so muss der die angebotene Summe zurückgeben, und – als “Schutzgeld” – zusätzlich noch einmal die gesammte Summe drauflegen
  • eine eigene Bar versteigern: alle Mitspieler bieten verdeckt eine Summe, der Höchstbietende bekommt die Bar. Es sei denn, der Versteigerer ist mit keinem Mitspieler-Gebot zufrieden, er bezahlt 1000 Euro “Renovierungsgeld” und die Bar wird geschlossen. Höchst risikoreich.

Jeder Spieler bekommt 50.000 Euro Startkapital. Hat man zufällig als erstes die 6.000-Euro Bar erstanden, so kann man das – wenn man keinen weiteren Pfennig mehr ausgibt – 13 Runden lang durchhalten. Dann ist man pleite. Aber natürlich eröffnet man eine zweite Bar, dann dauert das Spiel maximal nur noch 8 Runden. Versucht sich ein böser Mitspieler auch noch für eine zu geringe Summe als Kompagnon einzukaufen, ist man schon wieder Geld los. Das Spiel geht rasend schnell zu Ende.

Wir wurden alle blitzschnell unsere Barschaft los. Fünf Barkeeper hätten wir irgendwo unterbringen müssen. Ich weiß nicht mehr, ob es einem Spieler geglückt ist, oder ob wir vorher schon alle pleite waren. Oder haben wir hier irgend etwas nicht verstanden?

WPG-Wertung: Aaron: 5 (zu dritt nicht wirklich gut. [Peter hätte demnach noch keine Noten ermittelt bzw. veröffentlicht]), Helmut: 8 (eigentlich ein Bluff- & Verhandlungsspiel; ich begreife es aber noch nicht), Walter 5 (Thema verfehlt: Bars macht man auf, um damit Geld zu verdienen, aber nicht, um damit Geld loszuwerden).