- Zeige keine böse Laune, wenn Du schlechte Karten bekommst oder wenn Du verlierst. Wer im Spiele nie verlieren will, der muss sich auf Blindekuh beschränken.
- Spiele nicht so unerträglich langsam, daß Deinen Mitspielern der Geduldsfaden reißt.
- Sei nicht aufgebracht, wenn Deine Mitspieler Fehler machen.
- Zeige keine laute Freude, wenn Du gewinnst. Das tut denjenigen, die verloren haben, noch mehr weh als der Verlust selbst.
- Nötige niemand zum Spielen, wenn er nicht gern oder oder wenn er schlecht spielt.
Diese Regeln sind kein Ausschnitt aus dem Kodex der Westpark-Gamers; sie schrieb vor bereits 225 Jahren ein gewisser Adolphe Freiherr von Knigge – der KNIGGE – in seinem klugen Buch „Über den Umgang mit Menschen“.
1. “Pandora und Titania”
Letzte Woche lag Bernd Eistensteins Neu-Entwicklung zum ersten Mal bei uns auf dem Tisch (siehe Session-Report vom 6.2.13). Wir schicken unsere Leute auf den Markt und zur Gilde, um Waren zu erstehen, zu verbessern und sie bei Gelegenheit (gegen Siegpunkte) zu verkaufen. Wir schicken unsere Leute in die Vorstadt, in die Kaserne, ins Bergwerk oder auf das Schlachtfeld, um sie gegen den (siegpunktträchtigen) Lebenskampf mit Munition zu versorgen und dann auch kämpfen zu lassen. Wir gehen auf die Agora, um neue Leute anzuheuern und wir schwitzen im Ackerbau, um unsere Belegschaft zu ernähren. Frivole Leute gehen auch noch in den Tempel, um dort die Büchse der Pandora zu öffnen und eine (siegpunkt-beeinträchtigende) Plage auf die Menschheit loszulassen.
Trotz eines umfangreichen Briefwechsels mit dem Autor hatten wir beim ersten Mal die Kampfregeln nicht richtig verstanden und falsch gehandhabt. Ein weiterer Klärungsdialog hat jetzt endgültig die letzten Unklarheiten beseitigt: Zuversichtlich gingen wir in eine neue Runde mit dem aus zahlreichen Elementen großzügig ausgestatteten Produkt.
Bevor die anderen ihr Pulver getrocknet hatten, ritt Aaron schon ins Schlachtfeld, hatte keine Mühe, die wehrlosen Gegner niederzustrecken und heimste beängstigend viele Siegpunkte ein. Günther stieg unverzüglichl ebenfalls auf die Schlachtfeldschiene um (von welcher Anfangstaktik eigentlich?). Dort mauschelten beide (Aaron und Günther) – in der weisen Überlegung, keine lachenden Dritten zu generieren – höchst effiziente Nicht-Verteidigungsabsprachen aus, d.h. sie kämpften jeweils gegeneinander und der jeweils Angegriffene wehrte sich nicht (gar nicht!), so dass mit minimalen Einsatzmitteln, ja sogar noch mit Kampfmittelgewinn, für jeden je eine belanglose Niederlage und ein lukrativer Sieg heraussprangen.
Walter versuchte sein Glück zuerst mit Waren, liebäugelte dann auch ein bisschen mit Pandora, sein Umstieg auf Titanium kam zu spät.
Ausgerechnet unser Krieger Moritz ließ sich von dem Gedränge auf dem Schlachtfeld beeindrucken und suchte sein Heil bis zur bitteren Neige in einer friedlichen Nische für friedliche Siegpunkt-Quellen. Nicht sehr überzeugend und auch nicht sehr erfolgreich. Hinterher bekannte er, dass ihm die eleganten Kampfwürfel abgegangen seien.
Kritikpunkte der Westpark-Gamers:
- Das Thema ist nicht wirklich präsent, „Pandora und Titania“ ist ein rein abstraktes Workerplacement-Spiel.
- Im Spiel werden zwei total unterschiedliche Spielweisen (Handel oder Kampf) angeboten, die leider total unabhängig nebeneinander herlaufen. Eine stärkere Verzahnung würde eine einheitlichere Stimmung mit mehr Variablität und Spannung fördern.
- Die nach den Regeln noch zugelassenen Mauscheleien auf dem Schlachtfeld unterlaufen den notwendigen (und sicherlich vom Autor gewünschten) massiven Materialeinsatz beim Kampf. Das darf so nicht sein.
Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.
2. “Oddville”
Wir bauen eine Stadt.
Dazu spielen wir eine von vier „Arbeiterkarten“ (aus einem für jeden Spieler identischen Set) aus und erhalten dafür Geld, verschiedene Rohstoffe (teils gegen Geld) oder Baupläne. Die vier Arbeiterkarten unterscheiden sich lediglich in der Menge des Geldes, im Wert der Rohstoffe und in der Auswahl der Baupläne. Hier sei schon einmal angemerkt, dass wir dieses Vorschalten von Aktionskarten vor unsere eigentliche Aktion ziemlich überflüssig fanden.
Die erforderliche Kombination von zwei oder drei Rohstoffen erlaubt uns, einen Bauplan zu realisieren, d.h. die Stadt um eine Rechteckfläche (mit zueinanderpassenden Häusern und Wegen) zu erweitern. Diese Rechteckfläche gehört uns und liefert am Ende – abhängig vom Gesamtausbau der Stadt – Siegpunkte, z.B. für die Anzahl angrenzend bebauter Rechtecke, für die Anzahl von Rechtecken in der gleichen horizontalen oder vertikalen Linie oder für die Anzahl gleichartiger Rechtecke in der gesamten Stadt.
Für das Bauen einer Rechteckfläche erhalten wir auch noch bestimmte Vergünstigungen („Charakterkarten“), z.B. dürfen wir dann Rohstoffe beliebig gegeneinander tauschen, Baupläne mit der offenen Auslage tauschen, Geld direkt in Baupläne verwandeln oder gleichzeitig mit einem Mitspieler eine Rechteckfläche bauen.
Diese einmal erworbenen Vergünstigungen sind uns aber nicht fest zugeordnet. Wenn von einem Kartentyp keine Charakterkarte mehr ausliegt (das passiert blitzschnell), dann werden alle Charakterkarten eingezogen und die ehemals Privilegierten müssen wieder bodenständig arbeiten. Auch die Siegpunkte, die mit den Charakterkarten verbunden sind, gehen flöten. Ein bißchen Chaos gehört in ein italienisches Brettspiel schon hinein.
So verpufft die Planbarkeit. Die Abhängigkeit der eigenen Siegpunktausbeute von den weitgehend willkürlichen Bauaktivitäten der Mitspieler macht es überflüssig, über gute oder schlechte Spielzüge nachzudenken. Obwohl man es tun könnte und das am Westpark sogar versucht.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel ist nicht kaputt), Günther: 5 (diese Note ist ja noch kein Gütesiegel), Moritz: 4 (Man glaubt zu planen, aber nichts ist haltbar, auf nichts kann man bauen), Walter: 5 (locker, flüssig).
3. “Würfel-Bohnanza”
„Bohnanza“ klingt gut und der Autor „Uwe Roselberg“ auch. Doch die positiven Erwartungen, in „Würfel-Bohnanza“ irgendetwas bohnanza-artiges zu finden, werden betrogen. (Oder habt Ihr etwas gefunden ausser dem Farb-Design der Schachtel?)
Wir wurden unwillkürlich an „Bingo“ erinnert. Statt eines Wettscheins mit Zahlenkombinationen, die zentral von einem Meister mit einem Würfel ausgewürfelt werden, bekommt jeder Spieler eine „Erntekarte“ mit Würfelmuster-Kombinationen, die reihum dezentral von den Mitspielern mit sieben Würfeln ausgewürfelt werden. Jeder Wurf gilt für alle Spieler. Wenn die geworfenen Würfel das aktuelle unterste Würfelmuster der Erntekarte treffen, ist eine Ernte-Bedingung erfüllt. Wenn drei, vier oder fünf Ernte-Bedingungen erfüllt sind, darf man seine Erntekarte einstreichen und erhält dafür ein, zwei oder drei Siegpunkte.
Der aktive Würfler – nur er – hat das Recht, auf eine bestimmte Würfelkombination hinzuarbeiten, d.h. einzelne Würfel auszusondern und mit den restlichen Würfeln nachzuwürfeln. So lassen sich – mit einem gewissen stochastischen Glück – auch mal seltene Würfelmuster erwürfeln.
Wenn uns das aktive unterste Würfelmuster zu kompliziert erscheint (die Wahrscheinlichkeit dafür, es zu erwürfeln, als zu gering), dann können wir unsere Erntekarte mit dem aktuellen Ertrag (oder Nicht-Ertrag) weglegen und uns eine neue besorgen. Im Bingo entspricht das einem Abkassieren der aktuellen unvollständigen Teiltreffer auf unserem Wettschein, das Lösen eines neuen Wettscheins, und ein neues Hoffen auf Fortunas Würfelgunst für die neue Ernte-Kombination. Moritz brachte es auf den Punkt: „Man muss warten, bis sie kommt!“ und löste damit zu später Stunde noch ein homerisches Gelächter aus.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (durchgehend spannend), Günther: 6 (eine angemessene geistige Herausforderung, höchst interaktiv), Moritz: 2 (langweilig), Walter: 3 (stimmiges Würfelspiel).
Wieweit die obigen Wertungskommentare alle ernst gemeint waren, weiß nur der Kuckuck!