Autor: Walter
am Tisch: Aaron, Loredana, Peter, Walter
auf dem Tisch: "Reef Encounter", "Dancing Dice"
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Wir befinden uns in einem Korallenriff und müssen Kleinstlebewesen wachsen und sich ausbreiten lassen, damit unser Korallenfisch möglichst reiche Beute für seine Fress-Aktionen findet.
Auf den ersten Blick erinnert das Milieu an "Ursuppe", auch da geht es um Fressen und Gefressen-Werden in einer Unterwasserlandschaft weit weg von der Menschheit. Doch im Grunde sind die beiden Spiele völlig verschieden.
Ich lasse das Thema jetzt weg und beziehe mich ausschließlich auf Plättchen, Klötzchen und Figuren, die gelegt und versetzt werden können. Die eingebaute Geschichte mit Larven, Polypen, Korallen, Algen, Krabben und Fischen hat mich nur verwirrt. Wer kann sich schon auf Anhieb merken, wie der Autor das ausgelieferte Spielmaterial irgendwelchen Namen seiner thematischen Umsetzung zugeordnet hat? Mir sind beim Regel-Erfassen und beim Spielen die gegenständlichen Objekte lieber.
Damit will ich jetzt überhaupt nichts gegen die Umsetzung des Themas bei "Reef Encounter" gesagt haben. Das Spiel braucht aber den ganzen Klimbim gar nicht. Auch ohne die Einbildung eines Meeresmilieus funktioniert es vorzüglich und bietet eine schöne Mischung von planbaren und von chaotischen Elementen.
Jeder Spieler hat pro Runde eine ganze Reihe von Zugmöglichkeiten zur Verfügung. Einige darf er nur genau einmal ausführen, andere beliebig oft, solange seine Mittel dazu ausreichen. Der Spieler kann:
Das Spiel ist so ausgelegt, daß es nicht unbedingt darauf ankommt, sich gleich am Anfang mit möglichst vielen oder lukrativen Zügen einen Vorsprung zu erarbeiten. Man kann genauso gut erst mal die notwendigen Betriebsmittel zusammensparen, und dann mit wenigen, aber effektiven Zügen sein Punktekonto mächtig nach oben treiben.
Das Spiel besitzt überhaupt eine Menge von antagonistischen Mechanismen, es bietet verschiedene gute Gewinnstrategien, die in allzu einseitiger Ausprägung angewandt automatisch wieder Nachteile nach sich ziehen. Beispiele:
In diesem Spannungsfeld von konstruktiven und destruktiven Zügen verläuft das Spiel. Beim ersten Mal kann man noch leicht den Eindruck bekommen, daß überwiegend Chaos das Spiel bestimmt. Dann entdeckt man die kleinen feinen Vorteile, die sich jedem bieten, die möglichen Optionen, die man sich offen halten soll, die verschiedenen Gewinnpläne, die die Mitspieler verfolgen, die unausweichlichen Ereignisse, die die eigene Position - meist zum Guten - beeinflussen werden, und auf die man bewußt hinarbeiten kann. Auf einmal kommt einem alles geordnet und planbar vor.
Wir schätzen den Chaos-Faktor auf höchstens 30 % ein, die Planbarkeit dementsprechend auf mindestens 70 %. Das sind für ein strategisches Mehrpersonenspiel ausgezeichnete Werte.
Zum Schluß noch ein paar Tips für gutes Spiel, die aber keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erheben:
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WPG-Wertung: 7,75
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Tanzende Würfel, Mambo, Cha-cha-cha und vor allem Tango: welches Tänzerherz hüpft da nicht höher, wenn diese Traumbegriffe angekündigt werden? Beim Auspacken der Schachtel, beim Betrachten der zierlichen Tanzschritt-Muster auf den Würfeln hat mich schon eine Vision überkommen, meine der Tango-Leidenschaft frönende Frau auch mal wieder an den Spieltisch locken zu können.
Dann fingen wir zu spielen an und von der Euphorie blieb nichts mehr übrig. Wir wendeten das Spielmaterial hin und her, wir durchsuchten die Spielregeln in allen Sprachversionen, es blieb nichts übrig, was vor den kritischen Augen von Profil-Spielern als Spielwitz, Spielvergnügen oder dergleichen Bestand haben könnte.
Nimmt man das Tanz-Motiv aus dem Spiel, bleiben für jeden Spieler 6 normale Hexa-Würfel übrig, mit denen er einmal, und bei Nichtgefallen noch einmal nachwürfelt. Alles verdeckt. Dann darf er seine Würfel - immer noch verdeckt - in zwei Reihen zu je drei Würfel ordnen. (Mogeln ist selbstverständlich verboten, aber wer kann das kontrollieren?) Alle Spieler decken ihre Ergebnisse gleichzeitig auf und vergleichen. Die Spieler mit den besten Würfen kommen unbeschadet davon, alle anderen verlieren Lebenspunkte und scheiden so nach und nach aus. Der Letzte macht das Licht aus.
Wo ist der Witz? Beim guten Würfeln? Beim Sortieren der Würfel nach optimalen Kombinationen? Wir haben keinen gefunden. Ein bißchen Bluff, ein bißchen Taktik, ein bißchen Fun, hätte man das nicht unterbringen können? 18 namentlich genannte Spieltester haben nichts dergleichen vermißt. Wir schon.
Die Regelschreiber Roberto und Andrés haben eine gute Arbeit geleistet, die Übersetzerin Ulrike ebenso. Aber Form ist nicht alles. Das neuartige Würfeldesign mit den kleinen Schrittmustern, das auf den ersten Blick sogar ganz hübsch aussieht, ist für die Funktion eher schädlich. 50 Jahre lang habe ich mich an die Standardmuster gewohnt und kann eine 5 von einer 6 auch ohne Brille unterscheiden. Bei "Dancing Dice" muß ich dafür zweimal hinschauen, und das für jeden der 6 Würfel. Ein teurer Mehrwert.
Glücklicherweise ist ein Spiel nach 20 Minuten über die Bühne. Ohne einen einzigen Lacher. Offensichtlich wird kein Lustspiel geboten. Na ja, eine Tragödie ist es wohl auch nicht. Halt nur ein Würfelspiel.
Ich fürchte, meine Frau wird weiterhin in ihre Tango-Lession gehen, wenn wir unsere WPG-Sessions abhalten. Wahrscheinlich sogar extra, wenn wieder ein "Dancing Dice" angesagt wäre.
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WPG-Wertung: 2,75
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