"Castle of Magic" und die Verarschung

von Walter Sorger

Ich liebe strategische Spiele. Das muß vorweggeschickt werden. Ich liebe aber auch generell Spielen als Freizeitzeitkultur und ich genieße unseren Spielkreis "Westpark-Gamers". Hier haben sich meine Spielambitionen schon erheblich gewandelt. Fantacy und Adventure-Games sind für mich heute nicht mehr der saure Apfel, in den ich halt auch mal beißen muß. Moritz hat für eine behutsame Umstellung der Ernährung gesorgt. Heute finde ich diese Kost manchmal sogar spannend und unterhaltend. Aber nicht immer.

Castle of Magic Nehmen wir "Caste of Magic". Nach Moritz "funktioniert diese Mischung aus 'Cluedo' und 'Talisman' sehr gut". Der Spiele-Kritiker Ray Mulford schreibt, "it is a really fun game. I'm glad to have it in my collection." Ich teile diese Euphorien nicht. Ganz im Gegenteil. Ich fühle mich verarscht.

Ich mag keine Spiele, bei denen es einzig und allein darauf ankommt, durch hundertfaches Ausprobieren dahinter zu kommen, welche eine Irrgarten-Szenerie sich ein Autorengehirn ausgedacht hat. Das bezog sich jetzt auf Indianer Jones. Ich mag keine Spiele, bei denen allein Fortuna's Liebling gewinnt. Das gilt jetzt für Lotto und Roulette. Ich mag auch nicht unbedingt Spiele, bei denen sich zwei Intelligenzbestien mit gefletschten Zähnen gegenübersitzen, bis einer bei der kleinsten Unaufmerksamkeit den anderen auffrißt. Schachspieler, verzeiht mir! Ich mag Spiele, die eine Spielrunde mit einer gehörigen Portion Interaction miteinander und gegeneinander spielt, bei denen Geschick, Psychologie, Kooperation und Konfrontation meine Gewinnchancen heben, und bei denen ich zu jeder Zeit meiner Maxime nachgehen kann, "to have a plan".

Zurück zu "Caste of Magic". Wenn das Spiel aufgebaut ist und ich meine Spieleridentität zugeteilt bekommen habe, dann fängt erst einmal die große Ritual-Rechnerei an. Heute bin ich Seballa und würde 10000 Punkte verlieren (tödlich), wenn Marus verflucht wird, dagegen gewinne ich 2000 Punkte, wenn Sorrell verflucht wird. Bilanzieren wir also die möglichen Rituale-Ergebnisse:

Ritual-Ergebnis 1 "Fluch generell aufgehoben", ganz klar, das ist gut, weil es einen Verlust von 8000 Punkten verhindert. Ritual-Ergebnis 2 "Der Besitzer der Krone muß eine Stadt seiner Wahl verfluchen". Was bedeutet das für mich? Wer am Ende die Krone besitzt, könnte mir durch seine willkürliche Entscheidung, Marus oder eine andere Stadt zu verfluchen, 10000 Punkte kosten oder 2000 Punkte einbringen. Wie kann ich seine Entscheidung voraussehen? Zunächst einmal gar nicht! Am besten ist es wohl, ich bemühe mich selber darum, die Krone in meinen Besitz zu bringen. Es gibt aber insgesamt nur 3 Objekte, um die sich 6 Mitspieler bewerben. Nur jeder zweite wird am Ende überhaupt ein Objekt besitzen. Ob für mich dabei die Krone herausspringt? Da muß ich schon kämpfen. Kämpfen heißt in diesem Spiel aber ausschließlich: Eine ganze Serie von guten Würfel-Würfen hinzulegen. Hoffentlich hat ein anderer Mitspieler nicht genauso viel Interessen an der Krone. Und dabei mehr Glück beim Würfeln.

Gott-sei-Dank gibt es noch andere Techniken, das Kronenproblem zu lösen. Falls im Laufe des Spieles erkennbar wird, daß Fortuna die Krone für einen anderen vorgesehen hat, dann könnte ich versuchen, das Ritual-Ergebnis 2 zu verhindern. Immerhin ist die A-priori-Chance dafür 87,5 %, sollte also fast von alleine gehen. Zur Sicherheit muß ich nur noch herausfinden, unter welcher Kombination von Bell-Book-Candle das Ritual-Ergebnis 2 verborgen ist. Doch dazu später.

Ja selbst wenn ich die Position von Ritual-Ergebnis 2 "deduktiv" (d.h. durch systematisches Gutes-Würfeln und durch zufälliges Aufdecken des richtigen Plättchens) erfahren habe und dieses Ergebnis als Endstand nicht verhindern kann, so könnte ich durch konsequentes Einsetzen von Secret-Abfragen noch versuchen herauszufinden, ob der Besitzer der Krone mein geliebtes Marus überhaupt verfluchen will, oder nicht doch lieber eine andere Stadt. Mit Glück und Zufall erfahre ich das vielleicht. Vielleicht auch nicht. Am Endergebnis und dessen Tragweite ändert das natürlich nichts. Ich wüßte lediglich bereits ein paar Runden vor Schluß, ob ich verlieren werde oder irgendwo im Mittelfeld landen werde. Auch dafür lohnt es sich zu kämpfen, d.h. gut zu würfeln, gell Moritz?

Ach wir sind ja erst bei Ritual-Ergebnis 2. Bei Ergebnis 3 bzw. 4 stehe ich vor dem gleichen Dilemma, nur geht es hier um Amulett und Szepter anstelle der Krone. Gleiche Überlegungen, gleiche Wahrscheinlichkeiten. Ganz schön kybernetisch.

Das Ritual-Ergebnis 5 ist jetzt kontraproduktiv zum Besitzen von Objekten. Hier stirbt der Besitzer der Krone und sein Land wird verflucht. Es geht für mich also gar nicht allein darum, die Krone zu erwerben; ich muß auch noch dafür sorgen, daß am Ende nicht das Ritual-Ergebnis 5 erzielt wird. Sterben kann ich mir nicht leisten, daß ist genauso tödlich wie der Fluch über Marus. Sollte ich besser den Besitz der Krone erst gar nicht anstreben?

Für die möglichen Besitzer von Amulett und Szepter tritt die gleiche Katastrophe bei den Ritual-Ergebnissen 6 und 7 ein. Es heißt also für alle Spieler höllisch aufpassen, welches Objekt man erwirbt (freiwillig) oder loswird (unfreiwillig), welche Interessen die Spieler mit Objekten verfolgen oder nicht und welches Ritual-Ergebnis am Ende erzielt werden kann. Nur bei Ritual-Ergebnis 8 "Fluch generell beibehalten" sehe ich wieder Land: das kostet mich (Seballa) 8000 Punkte. Muß unbedingt vermieden werden, denn damit hätte ich die Medaillenränge verpaßt.

Was bedeutet das für meinen aktuellen Spielplan? Ritual-Ergebnis 1 ist besser als Ritual-Ergebnis 8, die übrigen 6 Resultate sind nicht kalkulierbar. Sie können gut sein oder schlecht sein, je nachdem welcher Spieler welches Objekt erworben hat und für welche Verfluchung sich der Ergebnis-Objekt-Träger entscheiden mag. Nichts genaues weiß man nicht.

Doch bis hierher ist das ganze nur ein Bruchteil meiner Seballa-Bilanz, das war nur die Spalte mit den beiden Zahlen für die Fluch-Auswirkung. Auf meiner Seballa-Karte stehen noch weitere 11 Zahlen mit Soll- und Haben-Punkten für verschiedene mögliche End-Fakten. Es läuft auf eine abzählbare Addition von endlichen Zahlen mit unbekanntem Vorzeichen und unbekannter Wahrscheinlichkeit hinaus. Ich kann sie alle nicht unter einen Hut bringen.

Hier konstatiere ich hier die Verarschung Nummer 1: "Identitäten-Bilanzierung": In einem hundertprozentig zufallsgesteuerten Spiel investieren die Spieler gleich zu Beginn eine Menge Zeit und Rechenleistung, um die Effekte von unbekannten Besitzverhältnissen und nicht bewertbaren Ritual-Ergebnissen zu bilanzieren. Die Menge der benötigten arithmetischen und stochastischen Fähigkeiten steht in keinem Verhältnis zu dem simplem Würfel, mit dem man sich anschließend auf dem Spielbrett bewegt und der als einziges Kriterium den Spielablauf steuert.

Ich kann natürlich versuchen, klüger zu werden. Ich kann durch systematischen Einsatz des Spielmittels "Secret" versuchen, die Identitäten, Eigenschaften und Vorlieben meiner Mitspieler aufzudecken. Lieber Gott, gibt mir eine Fünf, damit ich auf das Spielfeld Secret komme und irgendeines von Peters Geheimnisse abfragen kann.

Gott muß mir keine Fünf schenken. Jedes andere Würfelergebnis hat natürlich auch seine Bedeutung. In diesem Spiel darf man grundsätzlich nichts erbetteln. Demütig hinnehmen, was uns geschenkt wird. Wie im richtigen Leben. Irgendein Würfelergebnis wird uns immer geschenkt und jeder Wurf ist zu irgendetwas gut. Der Mensch denkt.

Ich habe die Fünf bekommen, und darf von Peter ein Geheimnis lüften. Ich mische den Kartenstoß mit den Geheimnissen und überreiche es Peter. Er gibt mir die erste auf ihn zutreffende Karten zurück. Ich erfahre, daß Peter kein Interesse hat, Sorrell zu verfluchen. Was weiß ich jetzt von ihm? Nichts darüber, ob er mein geliebtes Marus zerstören will und mir damit einen Platz auf dem Siegertreppchen verwehrt. Nichts darüber, ob er ein Serf ist, dessen Städte-Besitz mir Pluspunkte einbringt. Nicht ob und auf welche Stadt er ein Auge geworfen hat, nicht ob er sterben oder überleben will. Nur ob er gut ist oder schlecht, das weiß ich. Aber das wußte ich bereits vor dem Spiel.

Es ist ja noch schlimmer. Falls ich wieder mal einen Super-Wurf habe und nochmals die Gelegenheit habe, von Peter ein Geheimnis abzuringen. Dann darf ich wieder die Geheimniskarten mischen und Peter muß mir wieder ein Geheimnis offenbaren. Wenn's der Zufall will, dann zieht Peter wieder die gleiche Geheimniskarte und ich erfahre zum zweiten Male, daß er Sorrell nicht verfluchen will. So geheimnisvoll ist Peter schließlich doch nicht.

Verarschung Nummer 2: "Secrets" Es kann doch nicht sein, daß ich nach einer Reihe von mühevollen Zufallswürfen endlich auf einem Secret-Feld lande, wo ich von einem meiner 5 Mitspieler ein hochbrisantes Geheimnis erfahren darf, und er mir dann zufallsgesteuert eine Information rüberschiebt, die mich bestenfalls nicht dümmer macht, als ich ohnehin schon bin. Much ado about nothing.

Eine absolut notwendige Verbesserung wäre hier in meinen Augen, daß ich bei Secrets eine beliebige Geheimniskarte heraussuchen kann und damit einen Mitspieler fragen darf, ob die darauf beschriebene Eigenschaft auf ihn zutrifft oder nicht.

Das Spiel hat auch ein paar logisch konstruierte und durchschaubare Mechanismen. Wenn ich per Zufallswurf auf einem Feld lande, wo schon jemand ist, dann kann ich versuchen, von ihm einen beliebigen Objektpunkt abzuknöpfen. Ich muß nur im anschließenden Kampf-Würfeln besser würfeln als er. Die A-priori-Wahrscheinlichkeit dafür ist 42 %. Immerhin bekomme ich nichts abgezogen, wenn ich schlechter würfele als mein Gegenüber. Meine Sieg-Chancen kann ich sogar noch erhöhen, wenn ich im Laufe des Spieles gezielt beim Objekt der Begierde meinen Spell-Level angehoben habe. An diesem Konstrukt kann ich nichts aussetzen.

Leider hat hier Hans zu meiner Verarschung (außer Konkurrenz) beigetragen. Er war – wie der Zufall es wollte – das erste Opfer meines ersten Raubzuges. Er jammerte ganz furchtbar und lamentierte, wie unüberlegt es doch von mir wäre, gerade ihm, meinen durch die Spielblutsverwandtschaft (human – Lord) doch potentiell engsten Verbündeten, einen Krone-Punkt abzuknöpfen. Mir brach es schon fast das Herz. Am Ende stellt es sich heraus, daß er von seiner Spieleridentität her doch gar kein Interesse an irgendwelchen Objekten besaß, und daß nicht einmal die menschliche Verwandtschaft uns verbunden hatte: Er hätte davon profitiert, daß wir alle sterben. "But Hans is an honourable man." Dafür gebe ich meinem Kopf. Ich habe mich nach dem Spiel noch einmal explizit von seiner Redlichkeit überzeugt.

Ganz so redlich ist Peter nicht. Das Spiel erlaubt jedem Spieler, einmal zu einem beliebigen Zeitpunkt, einen anderen Mitspieler ins Chambre Séparé zu bitten, um mit ihm beliebige bis dahin gesammelte Informationen auszutauschen. Über Ritual-Positionen, über Identitäten und Geheimnisse, über Gewinnpunkte und gemeinsame Zielstrategien. Jeder darf es nur genau einmal.

Das ist im ganzen Spiel ein Abwägen und Lavieren um die Informationen, die man sich selber erwirbt und die man gegebenenfalls von einem anderen Spieler zu erfahren gedenkt. Es gilt den Spieler herauszufinden, dessen Wissen die (bekannte) geringste Redundanz mit meinem Wissen aufweist, und der in seinen Spielzielen die (vermutlich) größte Kongruenz mit meinen aufweist, so daß wir Absprachen über Zugprioritäten treffen können. Je früher ich diesen Informationsaustausch nutze, desto weniger Informationen sind es, die ausgetauscht werden können; desto effizienter sind aber mögliche Strategie-Absprachen. Und umgekehrt. Richtig ausgewogen.

Erst arbeitet jeder konsequent und konzentriert auf den Punkt hin, wo er seine einmaligen Gelegenheit des Gedankenaustausches mit einen Spieler seiner Wahl in die Wirklichkeit umsetzen will, dann kann nach der Spielregel folgendes passieren:

  1. Der auserwählte Mitspieler will nicht und schlägt die Verabredung einfach aus. Spielzug weg – Information nicht da. Da hätte ich mir wohl einen anderen Mitspieler aussuchen müssen!
  2. Der auserwählte Mitspieler verrät mir nur die Hälfte dessen, was mich so brennend interessiert. Vielleicht sogar erst, nachdem ich meinerseits mein gesamtes eigenes Wissen offenbart habe. Das war dann zwar undiplomatisch von mir, mindert aber nicht den Verlust.
  3. Der auserwählte Mitspieler belügt mich nach Strich und Faden. Niemand kann vom anderen verlangen, daß er den Wahrheitsbeweis für seine Information mitliefert. Es ist alles Vertrauenssache. Bei unserem Spiel hat hier Peter den Moritz betrogen. Dumm gelaufen. Über Peter's Redlichkeit läßt sich halt nicht streiten.
  4. Der auserwählte Mitspieler hält sich im späteren Verlauf nicht an die ausgemachte gemeinsame Strategie. Aber das ist ja schon normal.

Diese Effekte werte ich von der Spielregeln her als eine ganze Reihe von Schwächen, die ich insgesamt zusammenfassen möchte zur Verarschung Nummer 3 : "Informationsaustausch" : Es kann doch nicht sein, daß ich mich hier im Schweiße meines Angesichtes um etwas Transparenz bemühe und dann – abhängig von den gegenläufigen Ambitionen meines Mitspielers – als begossener Pudel nach Hause geschickt werde.

Als Mindest-Ergebnis dieses Spielzuges erwarte ich, daß mir der auserwählte Mitspieler seine Identitätskarte aushändigen muß. Selbst die Herausgabe des Wissens um die Ritual-Positionen sollte noch Pflicht werden. Damit könnte man die Endphase des Spiels beschleunigen und die Zufallsergebnisse beim Spielausgang etwas mildern.

Ja der Spielausgang. Am Ritual hänget, zum Ritual dränget doch alles, ach wir Armen! Haben wir hier genügend Positionen aufgedeckt und alles in Erfahrung gebracht, was uns zuträglich ist? Hoffentlich. Wir brauchen auf jeden Fall Gewißheit über die Ritual-Positionen, deren Ergebnis für uns tödlich ist. Wieviel Zufall braucht der Mensch dazu? Angenommen, ich habe meinen Ritual-Level auf 3 hochwürfelt. Dann wäre jedes zweite Würfeln, ein Ritual aufzudecken, erfolgreich. Bei 8 Ritualen wäre die Wahrscheinlichkeit, mit 8 Würfen alles erledigt zu haben, etwa 4 Promille. Bei 9 Würfen ist sie schon über 1 Prozent. Und so geht das weiter. In einer endlichen Zeit sollte doch irgendwann jeder alles wissen. Denkste! Rein rechnerisch kann es sein, daß einer unendlich lange würfelt, ohne alle Rituale gelüftet zu haben.

Dabei laufen die realen Erfolgsquoten für die einzelnen Spieler immer weiter auseinander. Das "Gesetz der großen Zahl" besagt nämlich nicht, daß bei einer Kette von Zufallsereignissen die Ergebnisse aller Mitspieler immer enger beieinander liegen werden. Im Gegenteil, es gesagt, daß die absoluten Differenzen immer größer werden. Konkret bedeutet das für unser Spiel, daß zufallsbedingt die Menge des Ritual-Wissen der einzelne Spieler immer stärker auseinanderklafft. Während die einen schon alles erwürfelt haben und sich auf die Endposition einschießen, krebsen die anderen noch mit einem Bruchteil des benötigten Wissens herum und werden von jedem weiteren Wurf frustriert. Nein, das ist keine Verarschung, das ist nur purer Zufall. Aber vielleicht versteht jetzt einer von Euch, warum ich für dieses Spielprinzip nur 3 Wertungspunkte vergebe.

Als ich mit meinem letzten Zug willentlich aber den Regeln gerecht das Spielende herbeigeführt hatte, kannte ich 6 Rituale und hatte mich auch schon vergeblich um vollständige Aufklärung beim 7 (und logisch letzten) Ritual bemüht. Alle kritischen Rituale waren bereits in meinem Repertoire und die Ritual-Position stand auf einem akzeptablen Feld. Hinterher hat sich Andrea über mich beklagt, weil ich auch ohne Vollwissen das Spiel beendet hatte. Das, liebe Andrea, grenzt schon an Verarschung (außer Konkurrenz).

Natürlich war es enttäuschend für Dich, von dem einzigen möglichen Ereignis, das für Dich tödlich war, getroffen zu werden. Glaubst Du, das war ein unverdientes Pech? Die Summe des Pechs ist konstant. Irgendeinen hätte es immer treffen müssen. Ohne daß er dafür kann. Allein deshalb, weil die Mehrheit der anderen zufällig dieses End-Ergebnis eingestellt haben. Diesmal warst es halt du. Mehr liegt in diesem Spiel nicht drin.

Du bestreitest hier den Zufall? Wenn Du niemals genau weißt, in welche Richtung die anderen ziehen wollen, wenn jeder nur äußerst begrenzte Möglichkeiten hat, die Erfolgswahrscheinlichkeiten für seine Aktionen zu erhöhen, wenn die günstigen und ungünstigen Felder nicht wie in einer lieblichen Landschaft weich ineinander übergehen, sondern wie bei schroffen Felsen und Schluchten unmittelbar nebeneinander liegen, wenn es vom Würfel abhängt, ob einer überhaupt ein ritual-relevantes Objektfeld betritt und wenn dann weiterhin der Würfel entscheidet, ob einer den Objektlevel auch tatsächlich verschieben darf oder nicht, dann ist das End-Ergebnis genausowenig beeinflußbar wie eine Kugel im Gauss’schen Nagelbrett. Wenn mir hier seine Illusionen als Strategie verkaufen will, der möchte mich doch wohl auf den Arm nehmen. Ich verzichte auf die Formulierung des Verarschungsaxioms Nummer 4.

Wie wird überhaupt die Ritual-Position bestimmt? Ich brauche es den Lesern, die bis hierher gefolgt sind, nicht zu erklären. Es ist ein spannender Kampf aller gegen alle und – in meinen Augen – das bemerkenswerteste Element des Spieles. Moritz hat vollkommen recht, wenn er es hier als "spannend, unterhaltsam und aufregend" empfindet. Aber das gilt nur für diese Phase. Und ob eine solche Phase überhaupt stattfindet (und nicht zwei Spieler den Reibach bereits unter sich verteilen, während die anderen vier noch im Halbdunkel herumwürfeln), ist zufallsabhängig und keineswegs garantiert. Für diesen komplexen und langwierigen Spielaufbau viel zu unsicher.

Zum Vergleich möchte ich hier Barrikade / Malefiz entgegenhalten. Dort ist der Endkampf um das Ziel zwischen den zufällig oder gewollt entstandenen Seilschaften und deren internes Machtgerangel vergleichbar spannend, aber spielimmanent, logisch entwickelt und langdauernd. Mit vielen zusätzlichen Einflußmöglichkeiten und Überraschungseffekten. Und nicht mit so viel überflüssigem Hokuspokus. Doch ich will nicht abschweifen.

Bei "Castle of Magic" tritt das Spielende ein, wenn insgesamt 5 mal ein bestimmtes Spielfeld betreten wird. Vom gleichen oder von verschiedenen Spielern. Vor mir waren Aaron und Hans bereits 4 mal auf dem bewußten Feld. Ich war der fünfte und habe somit den Sudden Death ausgelöst. Nicht gerade emotionsgeladen und euphorisch, aber die Ritual-Position schien erfolgversprechend zu sein. Mindestens drei Augenpaare richten sich schweigend und vorwurfsvoll auf mich. Wie bei Roald Dahls "Küsschen, Küsschen" das Auge der präparierten Gehirnmasse auf die rauchende Ex-Ehefrau. "Hat er uns jetzt bösartig den Spaß verdorben?" Diese Situation, liebe Freunde, ist auch eine Art Verarschung. I rest my case.

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Link zu Moritz' Antwort auf diese Darstellung.